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Antje Kaiser PD Dr. Thomas Schmitz Europarechtliches und öffentlich-rechtliches Seminar: Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten (Wintersemester 2001/02) Deutsches Kartellrecht und Art. 81, 82 EG-Vertrag - Zur Problematik des Nebeneinanders von europäischem und nationalem Kartellrecht

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Antje Kaiser

PD Dr. Thomas Schmitz

Europarechtliches und öffentlich-rechtliches Seminar: Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten

(Wintersemester 2001/02) Deutsches Kartellrecht und Art. 81, 82 EG-Vertrag - Zur Problematik des Nebeneinanders von europäischem und nationalem Kartellrecht

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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung ............................................................................................................... 1

A. Die Problemstellung ......................................................................................... 1

B. Einführung in das Wettbewerbsrecht................................................................ 2

II. Grundzüge des deutschen Kartellrechts.............................................................. 3

A. Das Verbot horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen nach § 1 GWB

und Ausnahmen ................................................................................................ 4

B. Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen ........................................................... 5

C. Mißbrauchsaufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen............... 6

III. Grundzüge des europäischen Kartellrechts ........................................................ 7

A. Ziele des europäischen Kartellrechts ................................................................ 7

B. Das Verbot horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen

gem. Art. 81 EGV............................................................................................. 7

C. Das Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden

Stellung gem. Art. 82 EGV............................................................................... 9

IV. Die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen deutschem und

europäischem Kartellrecht.................................................................................. 10

A. Zwischenstaatlichkeitsklausel......................................................................... 11

B. Zweischrankentheorie..................................................................................... 12

C. Vorrang des Gemeinschaftsrechts .................................................................. 12

V. Eine einheitliche Wettbewerbsordnung für Europa? ...................................... 14

A. Inländerdiskriminierung.................................................................................. 14

B. Möglichkeiten zur Rechtsangleichung............................................................ 16

1. Harmonisierung "von oben" ....................................................................... 16

2. Harmonisierung "von unten" ...................................................................... 18

VI. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Reform des

europäischen Kartellrechts ................................................................................. 19

A. Das Reformvorhaben ...................................................................................... 19

B. Konsequenzen für das nationale Kartellrecht ................................................. 20

VII. Zusammenfassung ............................................................................................... 22

Anhang ........................................................................................................................... 24

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I. Einleitung A. Die Problemstellung Das Jahr 1958 stellt sowohl für das deutsche als auch für das europäische Wettbewerbs-recht eine entscheidende Wegmarke dar. Zeitgleich zum 01. Januar 1958 traten die Rö-mischen Verträge und mit ihnen die Wettbewerbsregeln des damaligen EWG-Vertrages sowie das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft. Von diesem Zeitpunkt ab, standen in der Anwendung des Wettbewerbsrechts das nationale Kartellrecht und das supranationale europäische Wettbewerbsrecht nebeneinander. Seit-her erfolgt der Vollzug der wettbewerbsrechtlichen Regelungen im Spannungsfeld zwi-schen nationalstaatlichen und europäischen Regelungen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll dieses Spannungsfeld in den Mittelpunkt der Analyse rücken. Dabei steht die Beantwortung folgender Fragen im Vordergrund: Wel-che Probleme ergeben sich aus dem gleichberechtigten Nebeneinander von nationalem und europäischem Recht, insbesondere dann, wenn es zu Konflikten zwischen den ein-zelnen Rechtsordnungen kommt, und welche Möglichkeiten und Wege lassen sich be-streiten, um zu einer Harmonisierung bzw. Angleichung der Rechtsordnungen zu gelan-gen. Anhand des Wettbewerbsrechts läßt sich dabei exemplarisch zeigen, welche Pro-blemfelder sich aus dem europäischen Integrationsprozeß mit der Schaffung einer eige-nen Wirtschaftsverfassung1 für das nationale Recht und die ihm Unterworfenen ergeben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsvereinheitlichung innerhalb der Europäischen Union einzugehen. Dabei läßt sich zeigen, welch weiten Weg sowohl die Europäische Union als auch ihre Mitgliedstaaten zurücklegen mußten und müssen, um der Anforderung der Konstituierung einer Rechts-gemeinschaft2 auch gerecht zu werden. Die Problematik unterschiedlicher Kartellrechte hat vor allem auch aus aktuellem Anlaß an Schärfe gewonnen. In ihrem Weißbuch über die Modernisierung der Vorschriften zur Anwendung der Art. 81 und 82 EG-Vertrag hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, daß das bisher für horizontale Wettbewerbsbeschränkungen geltende Verbotsprinzip mit Administrativausnahme durch ein Verbotsprinzip mit Legalausnahme ersetzt werden soll.3 Ein solcher Systemwechsel würde jedoch dem deutschen Kartellrecht diametral gegenüberstehen und würde die Frage nach dem

1 Zur Auffassung, daß der EG-Vertrag eine Wirtschaftsverfassung darstellt vgl. Mestmäcker, in Die

sichtbare Hand des Rechts, S. 23. 2 Vgl. Everling, in Festschrift Schmidt, S. 175. 3 Vgl. Europäische Kommission, Weißbuch.

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Rangverhältnis zwischen deutschem und europäischem Wettbewerbsrecht neu aufwerfen.4 In der vorliegenden Untersuchung werden in einem ersten Schritt die Grundzüge des deutschen und europäischen Kartellrechts kurz skizziert. Hier sollen vor allem Gemein-samkeiten und Unterschiede im materiellen Regelungsgehalt dargestellt werden. Im zweiten Schritt soll sodann die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen europäischem und deutschem Wettbewerbsrecht beantwortet werden. Daran anschließend werden die Probleme der Existenz unterschiedlicher Kartellrechte dargestellt sowie ein daraus resultierender Harmonisierungsbedarf und mögliche Harmonisierungswege diskutiert. Abschließend soll auf die aktuelle Diskussion über die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Reform des europäischen Kartellrechts eingegangen und weiter beste-hende Probleme aufgezeigt werden. B. Einführung in das Wettbewerbsrecht Jede Wettbewerbsordnung stützt sich im wesentlichen auf folgende drei Säulen: Rege-lungen bezüglich horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen, Mißbrauchs-aufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen und die Zusammenschlußkon-trolle. Von horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen spricht man dann, wenn diese zwischen Unternehmen stattfinden, die auf dem gleichen relevanten Markt tätig sind. Die bekann-teste Form einer solchen horizontalen Wettbewerbsbeschränkung bilden die Kartelle. Bei Kartellen handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, die die wettbewerbsrelevante Handlungs- und Entschließungsfreiheit derselben in bezug auf den Einsatz eines oder mehrerer Aktionsparameter beschränkt.5 Zu den wettbewerblichen Aktionsparametern gehören vor allem Preisgestaltung, die Angebotsmengen, gehandelte Qualitäten oder auch Werbung und Serviceleistungen. Das bedeutet, daß man nicht nur dann von einem Kartell spricht, wenn sich die Unternehmen hinsichtlich der Preisgestaltung absprechen, sondern auch dann, wenn sich bspw. die Unternehmen darauf einigen, ihr Produkt nach einer bestimmten DIN-Norm anzubieten (Ausschaltung des Qualitätswettbewerbs), oder wenn sich Zigarettenhersteller im Rahmen einer gemeinsamen Vereinbarung selbst verpflichten, ihre Werbung zu beschränken (Ausschaltung des Werbungswettbewerbs). Neben den Kartellen zählt auch das nicht vertragsbedingte aufeinander abgestimmte Verhalten zu den horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen. Dagegen spricht man von vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, wenn sie zwischen Unternehmen stattfinden,

4 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten, S. 26 f. 5 Vgl. Schmidt, I., S. 120.

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die auf vor- oder nachgelagerten Märkten tätig sind, also in einem Käufer-Verkäufer Verhältnis stehen. Hierbei handelt es sich um eine Beschränkung der wettbewerbsrelevanten Handlungs- und Entschließungsfreiheit in bezug auf den Einsatz eines oder mehrerer Aktionsparameter durch Austauschverträge, in denen zumindest einer der Vertragspartner in der Freiheit der Gestaltung des Inhalts von mit Dritten zu schließenden Verträgen beschränkt wird.6 Hierzu gehören vor allem Preis-, Ausschließlichkeits- und Alleinvertriebsbindungen sowie Kopplungsverträge Die Mißbrauchsaufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen bildet die zweite zentrale Säule der Wettbewerbskontrolle. Sie ist ausschließlich als Verhaltenskontrolle ausgelegt und trägt der Tatsache Rechnung, daß marktbeherrschende und marktstarke Unternehmen dazu in der Lage sind, ihre Macht im Wettbewerbsprozeß wettbewerbsbe-schränkend einzusetzen. Dabei wird Marktmacht nicht per se als schlecht angesehen, sondern nur der Mißbrauch von Marktmacht. Mit der Mißbrauchsaufsicht soll eine Be-hinderung von Mitwettbewerbern und die Ausbeutung vor- oder nachgelagerter Wirt-schaftsstufen aufgrund von Marktmacht untersagt werden können. Die dritte Säule eines funktionsfähigen Wettbewerbsrechts bildet die Zusammenschluß-kontrolle. Mit ihrer Hilfe soll das Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung präven-tiv verhindert werden. Hierbei müssen sämtliche Zusammenschlüsse von Unternehmen, wenn sie bestimmte Größenkriterien erfüllen, den Wettbewerbsbehörden zur Genehmi-gung angemeldet werden. Die Wettbewerbsbehörden können dann die Unternehmenszu-sammenschlüsse untersagen, wenn diese eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken. Im Rahmen dieser Arbeit sollen ausschließlich nur die ersten beiden Säulen thematisiert werden. Der Grund für diese Verkürzung findet sich darin, daß die Regelungen zur Zu-sammenschlußkontrolle sowohl auf der Ebene des deutschen als auch auf der Ebene des europäischen Kartellrechts äußerst komplexer Natur sind, so daß eine Darstellung dieser Problematik den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. II. Grundzüge des deutschen Kartellrechts Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), welches am 01. Januar 1958 in Kraft trat, löste die bis dahin in Deutschland geltenden alliierten Dekartellierungsbestimmungen von 1947 ab. Mit ihm sollte eine weitgehend liberale Wirtschaftsordnung verwirklicht werden.7 In seiner Auslegung ist das GWB daher von vornherein sowohl dem Individualschutz, d.h. der Sicherung der Handlungs- und Entschließungsfreiheit der Marktbeteiligten, als auch dem Institutionsschutz, im Sinne

6 Vgl. Schmidt, I., S. 124. 7 Vgl. Kartte/Holtschneider ,in Handbuch des Wettbewerbs, S. 199 ff.

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der Aufrechterhaltung funktionsfähigen Wettbewerbs als anonymen Kontroll- und Steuerungsmechanismus ausgerichtet, wobei letzten Endes beide gleichermaßen der angestrebten Verwirklichung einer freiheitlichen Marktordnung dienen.8 Seit Inkrafttreten ist das GWB bis zur Gegenwart insgesamt sechsmal tiefgreifend novelliert worden. Seine Grundkonzeption ist dabei jedoch beibehalten worden: Verbotsprinzip für horizontale Kartelle, differenzierte Regelungen für vertikal wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen. Nachfolgend soll diese Grundkonzeption näher erörtert werden. A. Das Verbot horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen nach § 1 GWB und

Ausnahmen Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist charakterisiert durch ein grundsätz-liches Verbot von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhal-tensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (§1 GWB). Sanktioniert wird ein solcher Verstoß gem. § 134 BGB sowie §§ 32-34 GWB und gem. § 81 I Nr. 1 GWB. Dabei bezieht sich das Kartell-verbot auf alle Vereinbarungen, die zwischen aktuellen oder potentiellen Konkurrenten für den Markt geschlossen werden, auf dem sie miteinander in Wettbewerb stehen.9 Dieses strikte Verbotsprinzip ist allerdings in den §§ 2-8 GWB für bestimmte Tatbe-stände gelockert bzw. aufgehoben worden. In Form eines enumerativen Ausnahmenka-talogs wird vor allem der Tatsache Rechnung getragen, daß es aus ökonomischen Grün-den durchaus erwünscht sein kann, in bestimmtem Maße horizontale Wettbewerbsbe-schränkungen zuzulassen. Unter den dort genannten Voraussetzungen können bestimmte Kartellvereinbarungen oder -beschlüsse legalisiert werden. Die Ausnahmen von dem Verbot horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen betreffen folgende Tatbestände: • Normen- und Typenkartelle (§ 2 I GWB)10, • Konditionenkartelle (§ 2 II GWB)11, • Spezialisierungskartelle (§ 3 GWB) und Rationalisierungskartelle (§ 5 GWB)12, • Mittelstandskartelle (§ 4 GWB)13, 8 Vgl. Mestmäcker, in Der Betrieb 1968, S. 790. 9 Vgl. Köhler, in WuW 1999, S. 448, Rittner, in WuW 2000, S. 704 f. und Schmidt, K., in Die Ak-

tiengesellschaft 1998, S. 551. 10 Hierzu gehört bspw. die Absprache sämtlicher Hersteller von Elekrosteckern, diese nach einer ein-

heitlichen DIN-Norm zu produzieren. 11 Hierzu zählen alle Absprachen bezüglich einer einheitlichen Anwendung von allgemeinen Geschäfts-,

Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. 12 Hierzu zählen sämtliche Kooperationen zwischen Unternehmen in den Bereichen Forschung und

Entwicklung oder Einkauf und Vertrieb.

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• Strukturkrisenkartelle (§ 6 GWB),14 • sonstige Kartelle, soweit sie zu einer Verbesserung der Marktentwicklung unter an-

gemessener Beteiligung des Verbrauchers führen (§ 7 GWB)15 und • Ministerkartelle (§ 8 GWB)16. In den §§ 2 bis 6 und 8 GWB wird das Enumerationsprinzip für Einzelfreistellungen vom Kartellverbot sichtbar.17 Der Vorteil dieses Enumerationsprinzips ist vor allem darin zu sehen, daß es bereits auf der Ebene der gesetzlichen Tatbestände differenzierte Regelungen erlaubt. Die Einzeltatbestände können in unterschiedlicher Art und Weise den einzelnen wettbewerbspolitischen Fragen und Problemen entsprechend gestaltet werden. Somit haben die Kartellbehörden und Kartellgerichte auch nur einen eng gefaßten Beurteilungsspielraum, während die Gesamtverantwortung der Gesetzgeber trägt.18 Problematisch am Enumerationsprinzip ist, daß es der Anwendung der Ausnahmetatbestände einen engen Rahmen setzt, der wenig flexibel ist und damit die Gefahr besteht, daß die Gesetzgebung mit der raschen wirtschaftlichen Entwicklung nicht mithalten kann. B. Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen Gemäß § 14 GWB sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen über Waren oder ge-werbliche Leistungen, die sich auf einen deutschen Markt beziehen, verboten, soweit sie den Beteiligten in der Freiheit der Gestaltung von Preisen oder Geschäftsbedingungen bei solchen Vereinbarungen beschränken, die er mit Dritten über die gelieferten Waren, über andere Waren oder über gewerbliche Leistungen schließt. Damit werden sogenannte Inhaltsbeschränkungen in Zweitverträgen erfaßt. Geschützt wird somit die Freiheit der Unternehmen bei der Gestaltung von Zweitverträgen.19 Danach soll es den Unternehmen freistehen, die Preise und Geschäftsbedingungen festzulegen, zu denen sie ihre Waren oder gewerblichen Leistungen anbieten.20 Dies bezieht sich auf Inhaltsbindungen bezüglich der Preis- und Geschäftsbedingungsgestaltung. Somit darf

13 Hierzu gehören sämtliche Formen der Zusammenarbeit von kleinen- und mittleren Unternehmen zur

Mittelstandsförderung, bspw. im Bereich von Einkaufskooperationen. 14 Hierbei handelt es sich um Kartelle zur Überwindung von Strukturkrisen, die insbesondere dann an

Relevanz gewinnen, wenn einzelne Branchen, z.B. der Stahl- oder Textilindustrie, besonders schwer vom Strukturwandel betroffen sind.

15 § 7 GWB wurde im Rahmen der 6. GWB-Novelle in das GWB eingefügt. Er soll als mögliche Auf-fangklausel für alle Kooperationen dienen, die nicht explizit über die Freistellungsvoraussetzungen nach §§2-6 GWB verfügen. In der bisherigen Anwendungspraxis hat diese partielle Generalklausel jedoch noch keine Rolle gespielt.

16 Der Bundeswirtschaftsminister hat die Kompetenz, aus überwiegenden Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls Kartelle vom allgemeinen Kartellverbot freizustellen.

17 Vgl. Emmerich, S. 61. 18 Vgl. Köhler, in wrp 1996, S. 841. 19 Vgl. Zinssubventionen in WuW/E BGH 2819 ff. 20 Vgl. Bechtold, S. 144,

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der Hersteller seinem Händler-Abnehmer nicht vorschreiben, zu welchen Preisen und Konditionen er die von ihm bezogenen Waren verkauft. Allerdings gilt das Verbot vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen nicht ohne Ausnah-men. So sind gem. § 15 GWB Verlagserzeugnisse vom Preisbindungsverbot ausgenom-men. Ausschließlichkeits- und Kopplungsbindungen21 unterliegen gem. § 16 GWB lediglich einer Mißbrauchsaufsicht. Lizenzverträge im Sinne der §§ 17 und 18 GWB sind nur insoweit verboten, als sie dem Erwerber oder Lizenznehmer Beschränkungen im Geschäftsverkehr auferlegen, die über den Inhalt des allgemeinen Schutzrechtes hinausgehen. C. Mißbrauchsaufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen Nach § 19 GWB ist mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen per se verboten. Diese Verbot umfaßt sowohl den sogenannten Ausbeutungsmißbrauch gegenüber vor- und nachgelagerten Wirtschafts-stufen (vertikal) als auch den Behinderungsmißbrauch gegenüber anderen Unternehmen (i.d.R. horizontal).22 Als marktbeherrschend gem. § 19 II GWB wird ein Unternehmen dann angesehen, wenn es ohne Wettbewerber ist (Monopolfall) oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausge-setzt ist (Teilmonopol) bzw. eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat (marktstarkes Unternehmen). Unternehmensgruppen gelten gem. § 19 II (Satz 2) GWB dann als marktbeherrschend, soweit innerhalb der Unternehmensgruppe kein wesentlicher Wettbewerb besteht (enges Oligopol) oder die Unternehmensgruppe gegenüber anderen Unternehmen eine überragende Marktstellung innehat (enges Teiloligopol). Aufgrund der geringen Justitiabilität des unbestimmten Rechtsbegriffs "Marktbeherrschung" führt § 19 Abs. 3 GWB einige Legalvermutungen an, bei deren Erfüllung von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen werden kann. Ein einzelnes Unternehmen gilt danach als marktbeherrschend, wenn es mindesten ein Drittel des relevanten Marktes kontrolliert. Für eine Unternehmensgruppe gilt die Legalvermutung dann, wenn drei oder weniger Unternehmen einen Marktanteil von mindestens 50 Prozent haben oder wenn fünf oder weniger Unternehmen zusammen einen Marktanteil von mindestens zwei Dritteln haben.23

21 Von Ausschließlichkeitsbindungen spricht man dann, wenn sich die Vertragsbeteiligten verpflichten,

keine anderen Waren von Dritten zu beziehen (Alleinbezugsbindung des Händlers) oder an Dritte abzugeben (Alleinabsatzbindung des Lieferanten). Kopplungsverträge sind eine Verpflichtung, be-stimmte andere, sachlich oder handelsüblich nicht zugehörige Waren oder Leistungen abzunehmen. Vgl. Schmidt, I., S. 132 f.

22 Vgl. Herdzina, S. 166 ff. und 208 ff., und Schmidt, I., S. 170 f. 23 Vgl. Bechtold, S. 203 ff.

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Weiterhin wird das allgemeine Mißbrauchsverbot einer marktbeherrschenden Stellung in § 20 I und III GWB konkretisiert, wonach es marktbeherrschenden Unternehmen ver-boten ist, andere Unternehmen unbillig zu diskriminieren. III. Grundzüge des europäischen Kartellrechtes A. Ziele des europäischen Kartellrechts Von Beginn der europäischen Integration an galt die europäische Wettbewerbspolitik als ein wesentliches Instrument zur Erfüllung integrationspolitischer Ziele. Innerhalb des europäischen Integrationsprozesses gilt der Wettbewerb nicht als Selbstzweck, sondern wird stets als Mittel zur Erreichung der in Art. 2 EGV genannten allgemeinen Vertrags-ziele angesehen.24 Demnach dient das europäische Kartellrecht der Errichtung eines ech-ten Binnenmarktes. Von zentraler Bedeutung ist die Integration der nationalen Märkte und damit die Verhinderung von Handelsschranken zwischen den Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund fordert Art. 3 lit. g EGV die Errichtung eines Systems, "das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt". Die erfolgreiche Schaffung eines echten Binnenmarktes setzt voraus, daß keine nationalen Monopole, Kartelle oder marktbeherrschenden Unternehmen dazu genutzt werden können, die na-tionalen Märkte wieder voneinander abzuschotten. Aus dieser Sicht wird deutlich, warum der europäischen Wettbewerbspolitik und mit ihr der kartellrechtlichen Regelun-gen eine so überragende Bedeutung im Integrationsprozeß zukommt. Eine funktionsfä-hige Wettbewerbsordnung ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarktes. Insofern ist die europäische Wettbewerbspolitik zuallererst Integrationspolitik.25 B. Das Verbot horizontaler und vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen gem.

Art. 81 EGV Nach Art. 81 I EGV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung innerhalb des Gemeinsamen Marktes26

24 Vgl. Kerber, S. 185. 25 Vgl. Van Miert, in Gerken, S. 219. 26 Obwohl mit der Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte der Terminus des Binnen-

marktes Eingang in den EG-Vertrag gefunden hat, wird in den Wettbewerbsregeln nach wie vor der Begriff des Gemeinsamen Marktes verwendet. Nach Dauses , in EuZW 1990, S. 10 kann der Ge-meinsame Markt als Vorstufe zum Binnenmarkt angesehen werden, d. h. die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes ist eine notwendige Voraussetzung für die Schaffung des Binnenmarktes. In-sofern mußte auch im Rahmen der Wettbewerbsregeln der Begriff des Gemeinsamen Marktes nicht durch den des Binnenmarktes substituiert werden, da all das, was der Schaffung des Gemeinsamen Marktes dient, auch gleichzeitig der Verwirklichung des Binnenmarktes dient.

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bezwecken oder bewirken. Alle hiergegen verstoßenden Vereinbarungen und Beschlüsse sind gem. Art. 81 II EGV nichtig. Im Gegensatz zum deutschen Wettbewerbsrecht unterscheidet das europäische Kartellrecht nicht zwischen horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen. Das strikte Verbotsprinzip des Art. 81 I EGV ist jedoch in Art. 81 III EGV einge-schränkt worden. Die Europäische Kommission kann danach das Verbot auf bestimmte Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen für nicht anwendbar erklären. Die Erklärung kann entweder durch Einzelfreistellung oder aber durch soge-nannte Gruppenfreistellungen erfolgen, wodurch bestimmte Vertragstypen generell von der Anwendung des Art. 81 I EGV ausgenommen sind (Verbotsprinzip mit Administra-tivausnahme). Zur Erteilung einer Freistellung müssen gem. Art. 81 III EGV folgende Bedingungen erfüllt sein:27 • Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder Förderung des technischen

und wirtschaftlichen Fortschritts. Die Prüfung dieser Freistellungsvoraussetzung er-fordert ein Abwägen der gesamtwirtschaftlichen Vor- und Nachteile.

• Angemessene Beteiligung der Verbraucher am entstehenden Gewinn, d.h., die Vor-teile der ersten Freistellungsvoraussetzung müssen an die Marktgegenseite weiterge-geben werden.

• Unerläßlichkeit der Wettbewerbsbeschränkung, d.h., die gesamtwirtschaftlichen Fol-gen dürfen nicht durch mildere Mittel erreichbar sein.

• Nichtausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der betroffenen Wa-ren, d.h., die Wettbewerbsfunktionen müssen gewahrt bleiben.

Im Unterschied zum deutschen GWB, daß ebenfalls Ausnahmen vom Kartellverbot vor-sieht, werden diese Ausnahmebereiche nicht durch das Enumerationsprinzip geregelt, sondern mittels einer Generalklausel. Der Vorteil einer solcher Generalkausel ist vor al-lem darin zu sehen, daß sie eine raschere und flexiblere Anpassung an sich schnell än-dernde wirtschaftliche Verhältnisse ermöglicht. Sie trägt den Besonderheiten des Einzel-falls Rechnung und macht Freistellungsentscheidungen für die Wirtschaft erkenn- und berechenbar.28 Eine Generalklausel ist jedoch auch mit erheblichen Nachteilen verbun-den. So kann sie als eine Art Generalermächtigung angesehen werden, die ungewöhnlich große Ermessensspielräume der jeweils zu entscheidenden Behörde einräumt. Insofern spielen hier vor allem die politischen und institutionellen Rahmenbedingungen eine große Rolle.29 So wird im Rahmen der bisherigen Anwendungspraxis der Europäischen Kommission immer wieder vorgeworfen, diese

27 Vgl. die detaillierte Auflistung bei Bellamy/Child, S. 137 ff. 28 Vgl. Köhler, in wrp 1996, S. 840 29 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten, Kapitel VI.

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Generalklausel allzu großzügig auszulegen. Dies hängt damit zusammen, daß die Europäische Kommission nicht nur allein der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Wettbewerbs verpflichtet ist, sondern ebenfalls regional- und beschäftigungspolitische Ziele verfolgt.30 Die Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften zum Schutz des Wettbewerbs in der Europäischen Union obliegt fast ausschließlich der Kommission. Zwar sehen Art. 84 EGV in Verbindung mit Art 9 III VO Nr. 1731 grundsätzlich bei der Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften eine konkurrierende Zuständigkeit der Kommission und der Kartellbehörden der Mitgliedstaaten vor, jedoch bestimmt der gleiche Artikel, daß die Behörden der Mitgliedstaaten für die Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften des EG- Vertrages nur solange zuständig sind, wie die Kommission noch kein Verwal-tungsverfahren eröffnet hat. Eröffnet die Kommission durch förmlichen Beschluß das Verwaltungsverfahren, so geht die Zuständigkeit ausschließlich auf die Kommission über. Somit wurde der Kommission ein dominierende Rolle bei der Anwendung der kar-tellrechtlichen Vorschriften zugewiesen. Auch die Anwendung der Freistellungsvoraussetzungen gem. Art. 81 III EGV obliegen gem. Art. 9 I VO Nr. 17 der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission. Das Frei-stellungsmonopol der Kommission war dabei stets Gegenstand der öffentlichen Kritik und trug wesentlich dazu bei, daß die nationalen Wettbewerbsbehörden kaum die Vor-schriften des EG-Vertrags anwendeten.32 Gegen eine dezentrale Anwendung des euro-päischen Kartellrechts sprach vor allem das Primat einer möglichst einheitlichen Rechts-anwendung im Binnenmarkt. Da die wettbewerbspolitischen Auffassungen in den Mit-gliedstaaten mitunter erheblich differieren, bestünde die Gefahr, daß es zu gemein-schaftsweiten Auseinandersetzungen über die Anwendung der Freistellungsvoraus-setzungen kommen würde.33 C. Das Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden

Stellung gem. Art. 82 EGV Art. 82 EGV verbietet die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder eines wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dadurch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden kann. Ähnlich wie § 19 GWB umfaßt das Mißbrauchsverbot sowohl den Ausbeutungs- als auch den Behinderungsmißbrauch.

30 Vgl. Gleiss/Hirsch, Rn. 1783 und den Fall Ford/Volkswagen, in: ABl EG 1993 Nr. L 20, S. 14 ff. 31 Vgl. Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den

Artikeln 85 und 86 des Vertrages, in: ABl EG 1962, S. 205 ff. 32 Vgl. Wolf, in Gerken, S. 240. 33 Vgl. Ehlermann, in WuW 1993, S. 998.

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Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt ein Unternehmen dann als marktbeherrschend, wenn es auf dem relevanten Markt die Fähigkeit zur Entwicklung unabhängiger Markt-strategien besitzt, d.h., wenn es über einen vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrol-lierten Verhaltensspielraum verfügt. Das ist dann der Fall, wenn ein Unternehmen ohne große Rücksichtnahme auf Wettbewerber (horizontal) bzw. Lieferanten oder Abnehmer (vertikal) handeln kann.34 Dabei ist es nicht erforderlich, daß das Unternehmen im Be-reich der gesamten Gemeinschaft eine beherrschende Stellung besitzt; vielmehr reicht es aus, wenn eine solche in einem wesentlichen Teil vorliegt.35 Zur besseren Justitiabilität des Mißbrauchsverbots enthält Art. 82 EGV vier Regelbei-spiele, die die generelle Mißbrauchsklausel konkretisieren. Verboten sind danach der Preis- und Konditionenmißbrauch, Einschränkungen der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher, Diskriminierung von Han-delspartnern sowie die sachlich nicht gerechtfertigte Kopplung verschiedener Leistungen. IV. Die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen deutschem und europäischem

Kartellrecht Nachdem die materiell-rechtlichen Grundzüge sowohl des deutschen als auch des euro-päischen Kartellrechtes dargestellt worden sind, steht nun die Frage nach dem Rangver-hältnis der beiden Kartellrechte im Vordergrund der Analyse. Spannungen zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht können sich aus zweierlei Hinsicht ergeben. Zum einen können sie dadurch entstehen, daß es Unterschiede im materiellen Recht gibt, und zum anderen können sie auf unterschiedlicher Rechtsanwendungspraxis der jeweils zu entscheidenden Behörden beruhen. Vergleicht man die materiell-rechtlichen Regelungen zwischen dem deutschen und dem europäischen Kartellrecht, so stellt man auf dem ersten Blick fest, daß die Unterschiede nicht allzu groß sind. Sieht man einmal vom deutschen Enumerationsprinzip und der Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen ab, so sind sich die Kartellrechte einander sehr ähnlich. Dennoch darf dies den Blick nicht dafür verstellen, das es zu Unterschieden kommt.36 So ist das europäische Kartellrecht darum bemüht, allen Wirtschaftsbereichen eine umfassende Wettbewerbsordnung bereitzustellen. Daher kennt es auch weniger Ausnahmebereiche wie das deutsche Kartellrecht. Darüber hinaus neigt das deutsche Kartellrecht viel stärker als das europäische Kartellrecht dazu, Wettbewerber gegen Wettbewerber zu schützen.37 Dabei 34 Vgl. Chiquita-Bananen, in: WuW/E EWG/MUV 425 ff; La Roche-Vitamine, in: WuW/E EWG/MUV

447 ff., und Eurofix-Bauco/Hilti, in: WuW/E EV 1326ff. 35 Vgl. Schröter, in v.d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Rdnr. 128 ff. 36 Vgl. Steindorff, in FIW, S. 31. 37 Vgl. Knöpfle, in BB 1987, S. 1960 ff.

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ist das GWB stärker auf Strukturbewahrung ausgerichtet, während der Binnenmarkt und das Gemeinschaftsrecht für den Strukturwandel nach europäischer Dimension offen sind und beispielsweise die Kooperation und Zusammenarbeit von Unternehmen vermehrt fördert.38 Dies zeigt sich vor allem auch in der Rechtsanwendungspraxis, bspw. in der ausufernden Anwendung der Gruppenfreistellungen gem. der Generalklausel nach Art. 81 III EGV. 39 Die Unterschiede in der Rechtsanwendung lassen sich vor allem auch darauf zurückführen, daß die Europäische Kommission in ihrer Entscheidungspraxis nicht nur allein dem Schutz des Wettbewerbs verpflichtet ist, sondern auch industrie-, regional-, sozial-, beschäftigungs- und umweltpolitische Aspekte berücksichtigt.40 Dabei ist die mangelnde Isolierung der Wettbewerbsregeln von den anderen Aufgaben der Gemeinschaft zu beklagen.41 Daß der Schutz des Wettbewerbs hinter anderen Zielen der Gemeinschaft zurücktreten muß, ist auch durch die Rechtsprechung des EuGH42 bestätigt worden. Aus den dargestellten Gründen kann im Ergebnis nach über 40jähriger Anwendungspraxis des europäischen Kartellrechts im Vergleich zum deutschen Kartellrecht konstatiert werden, daß die Wettbewerbspolitik auf der europäischen Ebene weniger restriktiv gehandhabt wird. Insofern ist die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen den beiden Rechten, insbesondere dann, wenn es zum Konfliktfall kommt, nach wie vor von Relevanz. A. Zwischenstaatlichkeitsklausel Um die Frage nach dem Rangverhältnis zu erörtern, ist es in einem ersten Schritt zu-nächst notwendig, den Geltungsbereich der beiden Kartellrechte gegeneinander abzugrenzen. Der Geltungsbereich des GWB erstreckt sich ausschließlich auf den nationalen Markt, der Bundesrepublik Deutschland. Im Hinblick auf internationale Sachverhalte gilt gem. § 130 II GWB das Auswirkungsprinzip, d. h., es kommt allein darauf an, ob sich die Wettbewerbsbeschränkung im Geltungsbereich des Gesetzes auswirkt. So kann das Bundeskartellamt auch bei internationalen Wettbewerbsverstößen tätig werden, wenn sie sich auf den Wirtschaftsraum der Bundesrepublik auswirken.43

38 In diesem Zusammenhang ist auch auf die industriepolitische Klausel des Art. 157 EGV zu verweisen.

Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrien der Gemeinschaft wird explizit die Förderung eines für die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen günstigen Umfeldes genannt, was nur die Erleichterung von Kooperationsabsprachen bedeuten kann. Vgl. Immenga, S. 157.

39 Vgl. Martinek/Habermeier, in ZHR 1994, S. 107 ff., sowie Möschel, in: RIW 1985, S. 265. 40 Vgl. Van Miert, in WuW 1995, S. 554. 41 Vgl. Ehlermann, in RIW 1993, S. 793. 42 Vgl. Procureur de la Republique/ ADBHU, in: EuGH Slg. 1985 Rs. 240/83 (531) 549, Continental

Can/Kommission der EG, in: EuGH Slg 1973 Rs. 6/72 (215) 245. 43 Vgl. Bechthold, S. 929 ff., sowie den Fall Morris/Rothmans, in: WuW/E BKartA 2191 ff. und

WuW/OLG 2403 ff.

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Der Geltungsbereich des europäischen Kartellrechts wird durch die sogenannte Zwi-schenstaatlichkeitsklausel geregelt. Art. 81 und 82 EGV setzen voraus, daß die fragliche wettbewerbsbeschränkende Maßnahme geeignet ist, den Handel zwischen den Mitglied-staaten zu beeinträchtigen. Damit wird der Anwendungsbereich der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln von den nationalen abgegrenzt. Allerdings ist die praktische Bedeu-tung der Zwischenstaatlichkeitsklausel nach der Rechtsprechung des EuGH nur noch gering. Die Zwischenstaatlichkeitsklausel gilt bereits dann als erfüllt, wenn die betref-fende Maßnahme aufgrund der gesamten Umstände geeignet ist, unmittelbar oder mittelbar den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.44 Mit der weitgehenden Vollendung des Binnenmarktes erscheint diese Zwischenstaatlichkeitsklausel ohnehin überholt, da Wettbewerbsbeschränkungen, auch wenn sie nur auf einem Teil des Binnenmarktes stattfinden, immer dazu geeignet sind, die Handelsströme und damit die Wettbewerbsverhältnisse im gesamten Binnenmarkt zu beeinflussen.45 Allerdings muß die Beeinflussung des zwischenstaatlichen Handels spürbar sein. Das Spürbarkeitskriterium gilt dann als erfüllt, wenn eines der beteiligten Unternehmen einen Marktanteil von 5 % hat, oder wenn 10 % der Einfuhren aus einem Mitgliedstaat in einen anderen betroffen sind.46 B. Zweischrankentheorie Die mit der extensiven Auslegung der Zwischenstaatlichkeitsklausel einhergehende er-weiterte Reichweite des Gemeinschaftsrechts vergrößert den Raum, in dem es zu Kon-flikten zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Kartellrecht kommen kann. Da der Europäische Rat bisher gem. Art. 83 II lit. e EGV nicht von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, per Verordnung das Verhältnis zwischen den Wettbewerbsregeln des Vertrages und dem nationalen Kartellrecht festzulegen, ist die Rechtslage im Kollisionsfall immer noch unklar. In der juristischen Literatur wurde lange Zeit die Zweischrankentheorie als vorherrschend angesehen, die für den Regelfall von der gleichberechtigten Anwendung beider Wettbewerbsordnungen, der europäischen und nationalen ausging.47 Im Konfliktfall solle sich letztlich immer die strengere Wettbewerbsordnung durchsetzen, gegebenenfalls auch die nationale gegenüber der europäischen. C. Vorrang des Gemeinschaftsrechts

44 Vgl. LTM/MBU, in: EuGH Slg. 1966 Rs. 56/65 281 (303), Coöperative Stremsel – en Kleursel-

fabriek/Kommsion der EG, in: EuGH Slg. 1981 Rs. 61/80 861 (867). 45 Vgl. Müller-Graff, in ZHR 1988, S. 433. 46 Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 16.05.1984 in ABl EG 1984 Nr. L 136, S. 9 ff.

und SVCB/Kerpen&Kerpen, in: EuGH Slg. 1983 Rs. 319/82 4173 (4180). 47 Vgl. Emmerich, S. 376 f. mit weiteren Fundstellen.

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Die Zweischrankentheorie ist jedoch mit der Walt Wilhelm Entscheidung des EuGH über den generellen Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht unvereinbar.48 Dem Gemeinschaftsrecht ist daher im Konfliktfall grundsätzlich Vorrang einzuräumen. Nationales Recht dürfe folglich nur dann Anwendung finden, wenn dadurch die einheitliche Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts und die Wirksamkeit der zum Vollzug beschlossenen Maßnahmen auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigt werden. Die allgemeinen Vertragsziele, insbesondere die Förderung einer harmonischen Entwicklung des Wirtschaftslebens, wären auch kaum zu gewährleisten, wenn die Geltungskraft des Vertrages von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat durch unterschiedliche nationale Rechte variieren würde.49 Insofern bekennt sich der Gerichtshof zur Konkurrenz der unterschiedlichen nationalen Kartellrechte bei gleichzeitigem Vorrang des Gemeinschaftsrechts. Die Auffassung des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts wurde 1987 vom BVerfG aus-drücklich bestätigt:50

"Rechtsakten des Gemeinschaftsrechts kommt für den Fall eines Widerspruchs zu innerstaatlichem Gesetzesrecht auch vor deutschen Gerichten der Anwen-dungsvorrang zu".

Konflikte zwischen nationalem und europäischem Kartellrecht ergeben sich immer dann, wenn eine bestimmte Verhaltensweise gemeinschaftsrechtlich verboten, nach nationalem Recht aber erlaubt ist oder umgekehrt. Im ersten Fall gilt der Vorrang des gemeinschaftsrechtlichen Verbots. Dies ergibt sich aus Art 10 EGV, wonach nationalstaatliche Maßnahmen die Verwirklichung der Vertragsziele nicht gefährden dürfen. Diesen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit hat der EuGH im Rahmen des Kartellverfahrens in seinem Urteil "Delimitis" näher konkretisiert. Danach sollen nationale Gerichte, wenn sie über angeblich wettbewerbswidrige Praktiken oder Vereinbarungen urteilen, zu denen noch eine Entscheidung der Kommission ergehen kann, Entscheidungen vermeiden, die einer von der Kommission möglicherweise beabsichtigten Entscheidung entgegenstehen.51 Im zweiten Fall geht man im allgemeinen davon aus, daß die Anwendbarkeit des nationalen Rechts dann ausgeschlossen ist, wenn mit der Entscheidung der Europäischen Kommission positive Eingriffe hinsichtlich der Förderung einer harmonischen Entwicklung der Gemeinschaft verbunden sind und die Anwendung des nationalen Rechts die einheitliche Anwendung und volle Wirkung der Entscheidung auf dem Binnenmarkt beeinträchtigen würde. Beispielsweise darf bei einer allzu großzügigen Freistellungspraxis der Kommission das

48 Vgl. Walt Wilhelm/Bundeskartellamt, in: EuGH Slg. 1969 Rs. 14/68 1 (14 ff.) und auch Procureur de

là Républic/Giry/Guerlain, in: EuGH Slg. 1980 Rs. 253/78 und 1 bis 3/79 2327 (2359 f.). 49 Vgl. Rehbinder, in Immenga/Mestmäcker, S. 53 ff., und Zuleeg, in: EuR 1990, S. 125 ff. 50 BVerfG 75 (1980), S. 244. 51 Vgl. Stergios Delimitis/Henninger Bräu, in: EuGH Slg. 1994 Rs. C 234/89 I-935 (I 991 ff.).

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strengere nationale Recht die Freistellung in ihrer Substanz nicht antasten.52 Um sich widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, hat die Kommission 1993 eine Be-kanntmachung über die Zusammenarbeit mit den Gerichten der Mitgliedstaaten erlas-sen.53 Hierbei wird das Auskunftsverfahren zwischen Gericht und Kommission geregelt. Nationale Richter können dabei aufgrund der Auskünfte das Verfahren aussetzen, um eine Kommissionsentscheidung abzuwarten. Zusammenfassend kann im Hinblick auf das Rangverhältnis zwischen nationalem und europäischen Kartellrecht konstatiert werden, daß in der gegenwärtigen Rechtsprechung vom Vorrang des Gemeinschaftsrechts auszugehen ist. Die nationale Kartellrechtsan-wendung verpflichtet sich, auf ergangene oder zu erwartende Kommissionsentscheidun-gen Rücksicht zu nehmen und die Wirksamkeit solcher Entscheidungen nicht zu beein-flussen. V. Eine einheitliche Wettbewerbsordnung für Europa? A. Inländerdiskriminierung Die nach wie vor bestehenden unterschiedlichen Kartellrechte innerhalb der Europäischen Union lassen die Frage nach der Notwendigkeit einer einheitlichen Wett-bewerbsordnung in der Union aufkommen.54 Diese Frage stellt sich um so dringlicher, je mehr es zu Divergenzen zwischen dem gemeinschaftlichem Recht und dem nationalen Recht kommt.55 Zunächst läßt sich konstatieren, daß Rechtsdivergenzen innerhalb der Europäischen Union auch in vielen anderen Bereichen, bspw. im Strafrecht oder der unternehmerischen Mitbestimmung beobachtbar sind.56 Problematisch sind solche Rechtsdivergenzen dann, wenn sie die Chancengleichheit im Binnenmarkt verzerrt, d.h. wenn sie zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Insofern setzt die Verwirklichung eines echten Binnenmarktes auch eine Harmonisierung des Rechts voraus. Für den Bereich des Wettbewerbsrechts ergeben sich solche Wettbewerbsverzerrungen dann, wenn bspw. wie im Bereich der Genehmigung von Kartellen und Unternehmenszusammenschlüssen auf europäischer Ebene, eine großzügigere Praxis zu beobachten ist, als auf nationaler Ebene. Dann stellt sich der

52 Vgl. Bunte/Sauter, S. 192 ff. 53 Vgl. ABl EG 1993 Nr. C 39, S. 6 ff. 54 Vgl. VerLoren van Themaat, in WuFGM 1963 S. 97 f., Günther, S. 145 ff., Rittner, in. FIW S. 31 ff.,

Hommelhoff, in Festschrift Nirk, S. 471 ff, Dreher, in Die Aktiengesellschaft 1993, S. 437 ff., und Gäblein in Festschrift Beusch, S. 267 ff.

55 Vgl. Dreher, in FIW, S. 5. 56 Vgl. Dreher, in: EuZW 1990, S. 476.

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Verdacht ein, daß die Inländer, die dem restriktiveren Recht unterliegen, diskriminiert werden würden.57 Allerdings ist es fraglich, ob unterschiedliche Regelungen, die die jeweiligen Staatsangehörigen und die den dortigen Regeln gegebenenfalls unterliegenden Unionsbürger im Verhältnis zu Konkurrenten in anderen Mitgliedstaaten bevorzugen oder benachteiligen, tatsächlich eine Inländer- oder Umkehrdiskriminierung darstellen, da Inländer und andere Unionsbürger im Einflußbereich der jeweiligen mitgliedstaatlichen Regelungen gleich behandelt werden.58 Vielmehr ist die Existenz des Nebeneinanders von unterschiedlichen Rechtsordnungen eine Ausdruck der territorialen Souveränität der jeweiligen Mitgliedstaaten, die auch der EG-Vertrag ausdrücklich anerkennt. Daher ist es in der Tendenz fraglich, ob unterschiedliche Regelungen mit den Begriffen der Umkehrdiskriminierung bzw. Inländerdiskriminierung umschrieben werden können. 59 Sowohl der EuGH als auch der BGH zuletzt in seiner Backofen-Entscheidung haben in der Rechtsprechung den Einwand der Inländerdiskriminierung zurückgewiesen.60 Eine Diskriminierung ist bereits deswegen zu verneinen, weil das deutsche Kartellrecht auf alle Sachverhalte Anwendung findet, die sich auf dem deutschen Markt nach §130 II GWB auswirken. Das GWB gilt dabei unterschiedslos sowohl für deutsche als auch ausländische Unternehmen.61 Darüber hinaus ist zu bedenken, daß unterschiedliche Rechtsordnungen darauf beruhen können, daß in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Präferenzen der Bürger bezüglich verschiedener Regulierungsniveaus vorliegen. Das heißt, unterschiedlich existierende Regulierungsniveaus sind das Ergebnis unterschiedlicher Bürgerpräferenzen. Damit handelt es sich jedoch bei Unterschieden in den Rechtsordnungen nicht mehr um Wettbewerbsverzerrungen, sondern um unterschiedliche Standortbedingungen.62. Insofern ist ein Zwang zur Harmonisierung der Kartellrechte aus Gründen der Vermeidung von Inländerdiskriminierung nicht zu erkennen. Obwohl aus den oben genannten Argumenten kein unmittelbarer Zwang zur Harmonisierung der Kartellrechte abgeleitet werden kann, ist jedoch eine Entwicklung zur Harmonisierung bzw. Angleichung der Kartellrechte durchaus wünschenswert. Dies bezieht sich vor allem darauf, daß aus einer anzustrebenden Rechtsvereinheitlichung

57 Vgl. Nicolaysen, in EuR 1991, S. 107 ff, König, in AöR 1993, S. 598 ff, und Dreher, in WM 1995, S.

517 f. 58 Vgl. Hammerl, S. 41, und Steindorff, FIW 165, S. 33. 59 Vgl. Epiney, S. 22 ff. 60 Vgl. Volker Steen/Deutsche Bundespost, in: EuGH Slg. 1992 Rs. 332/90 I-341 (I-357) und Back-

ofenmarkt in WuW/E BGH 3026. 61 Vgl. auch Brinker, in WuW 1996, S. 553. 62 Vgl. Vaubel, S. 176.

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und der damit einhergehenden Reduktion von Transaktionskosten63 Effizienzgewinne zur realisieren wären. So läßt sich zeigen, daß aus der Territorialität des Rechts Transaktionskosten resultieren, von denen einen handelshemmende Wirkung ausgeht.64 Um handelshemmende Wirkungen im Binnenmarkt zu vermeiden, läßt sich durchaus die Notwendigkeit einer Rechtsangleichung konstatieren.65 Insoweit stellt sich nun die Frage, inwieweit eine solche Rechtsangleichung erreicht werden kann und in welchem Umfang sie realisiert werden soll.

63 Zu den Transaktionskosten zählen alle Kosten, die bei der Anbahnung, Abwicklung und Kontrolle von

ökonomischen Aktivitäten entstehen. 64 Vgl. Herdegen, S. 27. 65 Kritisch dazu Möschel, in: EuZW 1995, S. 818.

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B. Möglichkeiten zur Rechtsangleichung Der europäische Binnenmarkt erfordert eine einheitliche Wettbewerbsordnung. Aller-dings sind aufgrund von Präferenzunterschieden die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Mit der Schaffung einer einheitlichen Wettbewerbsordnung kann daher unmöglich gemeint sein, daß sich nationales und europäisches Kartellrecht im Sinne einer Totalharmonisierung jeweils genau entsprechen. Vielmehr sollte sich die Einheitlichkeit auf besonders wichtige kartellrechtliche Grundstrukturen erstrecken.66 Hierbei wäre insbesondere an ein Kartellverbot, der Erfassung vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen und einer Mißbrauchsaufsicht gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen zu denken. Der Bereich der kartellrechtlichen Detailregelungen67 sollte vielmehr weiterhin den Mitgliedstaaten unterliegen. Sie könnten dann entsprechend ihren Bedingungen, das Kartellrecht anpassen. Zur Prüfen ist nun vor allem die Frage, wie eine solche Rechtsvereinheitlichung im Sinne einer Mindest- oder Sockelharmonisierung erreicht werden könnte. 1. Harmonisierung "von oben" Die Wege der Rechtsvereinheitlichung lassen sich in solche "von oben" und solche "von unten" differenzieren.68 Harmonisierung "von oben" bedeutet immer Rechtsangleichung durch Richtlinie. Die Rechtsgrundlage für eine solche Richtlinie ließe sich in Art. 95 EGV finden. Der Art. 95 EGV fand mit der Verabschiedung der Einheitlichen Euro-päischen Akte Eingang in den EG-Vertrag. Um das dort formulierte Ziel, die Errichtung eines Binnenmarktes, schneller realisieren zu können, kann gem. Art. 95 I EGV der Eu-ropäische Rat Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben, mit qualifizierter Mehrheit erlassen. Ausgenommen davon sind die Bestimmungen des Steuer- und Arbeitsrechtes (Art. 95 II EGV). Insgesamt betrach-tet, wird damit die Relevanz, welche der Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes zukommt, in Art. 95 EGV bekräftig und erweitert.69 Dies ist vor allem im Zusammenhang mit der in Art. 3 lit. h EGV geforderten Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu sehen. Die Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften gehört somit zu den Grundaufgaben der Gemeinschaft. Ohne

66 Vgl. Dreher, in FIW, S. 6 f. 67 Diese Detailregelungen beziehen sich vor allem auf die Gestaltung der Freistellungsbedingungen, die

durchaus länderspezifisch geregelt werden können. 68 Vgl. Zweigert, in Festschrift Dölle, S. 401 ff. 69 Vg. Everling, in Festschrift Pescatore, S. 237 ff., und Schwartz, in Festschrift v.d. Groeben, S. 365.

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Zweifel fällt das Wettbewerbsrecht aufgrund seiner zentralen Bedeutung für den Binnenmarkt unter den Anwendungsbereich des Art. 95 EGV. An der Notwendigkeit einer solchen Richtlinie im Bereich des Wettbewerbsrechts sind jedoch dennoch ernsthafte Zweifel angebracht. So haben sich mittlerweile alle Mitglied-staaten der Europäischen Union eigene Kartellrechte zugelegt, in denen sie dem Weg der Rechtsangleichung in Grundfragen von selbst eingeschlagen haben.70 Daher würde ohne Not mittels einer Richtlinie in den derzeit laufenden Prozeß der parallelen Fortentwicklung und Annäherung der nationalen Kartellrechte eingegriffen werden. Darüber hinaus wäre zu erwarten, daß eine solche Oktroyierung eher auf Widerstand in den einzelnen Ländern stoßen würde, was sich vielleicht sogar kontraproduktiv auf den Prozeß der Rechtsangleichung auswirken würde. Weiterhin ist zu überprüfen, ob eine Rechtsangleichung "von oben" möglicherweise mit dem seit dem Maastrichter Vertrag konstitutionalisierte Subsidiaritätsprinzip71 in Konflikt geraten würde. So bestimmt Art. 5 EGV (Satz 1), daß die Gemeinschaft nur innerhalb der ihr im Vertrag zugewiesenen Befugnisse und Ziele tätig werden darf. Damit wird der Grundsatz der limitierten Einzelermächtigung betont.72 Darüber hinaus legt Satz 3 des gleichen Artikels ein Übermaßverbot des Gemeinschaftshandelns fest, indem die Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele des Vertrags erforderliche Maß hinausgehen dürfen. Die eigentliche Definition des Subsidiaritätsprinzips und damit die relevanten materiell-rechtlichen Bestimmungen zu dessen Anwendung ergeben sich aus dem Wortlaut des Art. 5 (Satz 2) EGV. Das Subsidiaritätsprinzip bezieht sich demnach auf alle Bereiche, innerhalb derer Gemeinschaft und Mitgliedstaaten konkurrierend tätig sind. Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Fall konkurrierender Zuständigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten verlangt für eine Verlagerung der Tätigkeiten auf die Gemeinschaftsebene die Erfüllung zweier Kriterien. Erstens muß die Erfordernisklausel erfüllt sein, die dadurch bestimmt wird, daß "die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können". Darüber hinaus muß zweitens sichergestellt werden, daß diese Ziele hinsichtlich ihrer Wirkungen und ihres Umfanges auf der Gemeinschaftsebene besser erreicht werden können (Besserklausel). Somit setzt die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Bereich der Wettbewerbsregeln voraus, daß in diesem Bereich keine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft besteht. Es ist sicherlich unstreitig, daß der Wettbewerbspolitik, wie eingangs aufgeführt, hinsichtlich der Verwirklichung des Binnenmarktes und der damit

70 Vgl. Rittner, in FIW, S. 58. 71 Vgl. Schlecht, in Festschrift Mestmäcker, S. 754. 72 Vgl. Möschel, in Gerken, S. 93 f.

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verbundenen Ziele im Rahmen der europäischen Integration eine herausragende Bedeutung zukommt. Trotz dieses zentralen Stellenwertes der europäischen Wettbewerbspolitik fällt entsprechend den Grundsätzen des primären Gemeinschaftsrechtes die Wettbewerbsaufsicht weder wettbewerbs- noch wirtschaftspolitisch in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft. Vielmehr betrachtet der EG-Vertrag sie in jeder Hinsicht als konkurrierende Aufgabe, sowohl der Gemeinschaft als auch der Mitgliedstaaten.73 So sieht Art. 84 EGV explizit die Beteiligung der Behörden der Mitgliedstaaten "im Einklang mit ihren eigenen Rechtsvorschriften" an der Wettbewerbspolitik vor. Nach dem EG-Vertrag ist daher der Schutz des Wettbewerbs der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten gleichermaßen zu-gewiesen und fällt daher unter den Anwendungsbereich des Subsidiaritätsprinzips.74 Da-her ist es denkbar, daß eine Rechtsangleichung "von oben" in Konflikt mit dem Subsi-diaritätsprinzip geraten könnte. 2. Harmonisierung "von unten" Aus diesen Gründen scheint für eine Rechtsangleichung im Bereich der Kartellgesetze in der Europäischen Union die Harmonisierung "von unten" der geeignetere Weg zu sein. Bei der Rechtsvereinheitlichung "von unten" haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, staatsvertraglich oder unverbindlich, untereinander "Modellgesetze" auszuhandeln, die sie dann zur Annahme empfehlen.75 So könnte eine Rechtsvereinheitlichung durch den nationalen Gesetzgeber erfolgen. Darüber hinaus könnte eine Rechtsvereinheitlichung "von unten" auch mittelbar durch die Behörden selbst erfolgen.76 Dies wäre vor allem durch Kooperation zwischen den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten einerseits und durch Kooperation zwischen den Wettbewerbsbehörden und den europäischen Institutionen andererseits denkbar. Dadurch würde eine Annäherung der nationalen Wettbewerbsgesetze an das europäische Wettbewerbsrecht durch Auslegung erfolgen. Als wesentlicher Nachteil der Rechtsangleichung "von unten" ist zu nennen, daß sie auf nationaler Initiative beruht. Im gesamten Binnenmarkt fallen diese Initiativen in aller Regel zeitlich weit auseinander. Auf diesem Wege wird kaum kurzfristig eine Harmonisierung erreicht werden können. Das der Prozeß der Rechtsangleichung von unten vielmehr als langfristig anzusehen ist, zeigen nicht zuletzt die Bemühungen der 6. GWB Novelle, mit der vor allem das Ziel verfolgt wurde, eine Angleichung des deutschen Kartellrechts an das europäische Recht zu erreichen. Im wesentlichen wurde

73 Vgl. Bundeskartellamt, S. 6 f. 74 Vgl. Jung, S. 180. 75 Vgl. Zweigert, S. 411 ff. 76 Vgl. Kögel, S. 262.

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eine solche Harmonisierung, bis auf die Anpassung des §1 GWB, indem im Wortlaut sich das Kartellverbot jetzt auch auf "aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen" in Anlehnung an Art. 81 I EGV bezieht, nicht erreicht.77 Darüber hinaus bleibt es bei den Kartellrechten bei getrennten Rechtsmassen. Demgegenüber kann als Vorteil vor allem eine höhere Akzeptanz der Regeln in den ein-zelnen Mitgliedstaaten genannt werden. Wie bereits beschrieben, scheint trotz beobacht-barer Rückschläge, wie bei der 6. GWB Novelle, die aktuelle Entwicklung die Vorstel-lung einer Rechtsharmonisierung "von unten" in dem Bereich des Kartellgesetzes zu be-stätigen. Seit 1957 wurden über nationalstaatliche Initiativen Rechtsdivergenzen in den Mitgliedstaaten erheblich abgebaut.78 Ein weiterer Vorteil der Harmonisierung "von un-ten" ist darin zu sehen, daß sich aus diesem Entwicklungsprozeß auch positive Rückwir-kungen auf die Weiterentwicklung des europäischen Kartellrechts selbst ergeben könn-ten.79 Auch das europäische Kartellrecht weist ebenfalls immer noch Defizite auf. Zu denken wäre hierbei beispielsweise an die Schaffung einer unabhängigen Wettbewerbs-behörde, um Defizite insbesondere in der Rechtsanwendung abzubauen.80 Aber auch im problematischen Bereich der Gruppenfreistellungsverordnungen, könnten vom nationalen Kartellrecht positive Ausstrahlungseffekte auf das europäische Recht ausgehen. Damit könnte bei einer Harmonisierung "von unten" die Innovationsfunktion des Wettbewerbs zwischen verschiedenen Kartellrechten genutzt werden.81 Vor dem Hintergrund dieser Argumente und der empirisch evidenten Entwicklung der Kartellrechte der einzelnen Mitgliedstaaten scheint die Wahl zwischen der Harmonisie-rung "von oben" und der Harmonisierung "von unten" zugunsten der letzteren auszufallen. Der Wandel der nationalen Kartellrechte sollte unbeeinflußt von einer Harmonisierungsrichtlinie von oben seinen kontinuierlichen Fortgang nehmen können. VI. Die Vorschläge der Kommission zur Reform des Europäischen Kartellrechts A. Das Reformvorhaben Neue Nahrung hat das Spannungsverhältnis zwischen europäischem Wettbewerbsrecht und den nationalen Wettbewerbsrechten durch die Vorschläge der Europäischen Kom-mission zur Reform der Anwendung der Art. 81 und 82 EGV erhalten. In ihrem Weiß-buch schlägt die Kommission vor, daß das bisher für horizontale Wettbewerbsbeschrän-kungen geltende Verbotsprinzip mit Administrativausnahme durch ein Verbotsprinzip

77 Vgl. Van den Bergh/Camesasca, in WuW 1998, S. 1147 ff. 78 So auch die Europäische Kommission 1996. 79 Vgl. Dreher, in Die Aktiengesellschaft 1993, S. 448. 80 Vgl. Bartodziej, S. 94 ff., Janicki/Molitor, in Wirtschaftsdienst 1995, S. 36 ff.; Seliger, in WuW 1997,

S. 878 ff., Wolf, D., in Frankfurter Institut S. 32 f., und Schmidt, A. 1999, in JfNöSt, S. 447 f. 81 Vgl. Kötz, in RabelsZ 1986, S. 1 und 12.

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mit Legalausnahme ersetzt werden soll. 82 Mußten nach der bisherigen Regelung die Unternehmen die Freistellung vom generellen Kartellverbot nach Art. 81 I bei der Euro-päischen Kommission erst beantragen, könnten sie nun bei Inkrafttreten der neuen Re-gelungen die Wettbewerbsbeschränkung unter Berufung der Freistellungsvoraussetzung nach Art. 81 III EGV gleich praktizieren. Das bisherige Anmeldeverfahren würde durch ein Widerspruchsverfahren ersetzt werden. Das bedeutet, daß über ein Kartellverbot nur noch dann entschieden werden kann, wenn gleichzeitig festgestellt wird, daß die Freistellungsvoraussetzungen für Art. 81 III EGV nicht vorliegen. Art. 81 I EGV wäre daher stets nur integrativ mit Art. 81 III EGV anzuwenden.83 Damit wird jedoch vom Unrecht wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens abstrahiert.84 Für diese Entscheidung sollen neben der Kommission auch die nationalen Behörden und Gerichte zuständig sein, um eine weitgehende Dezentralisierung der Anwendung der Wettbewerbsregeln zu erreichen. Hintergrund dieser Reformbestrebungen bildet die erhebliche Arbeitsbelastung der Kommission, die ihrer Ansicht nach aus der Vielzahl von Anmeldungen und dem Prinzip der präventiven Kontrolle resultiert. Mit Hilfe der angestrebten Reformen verspricht sich die Kommission eine erhebliche Arbeits-entlastung.85 Die Umsetzung der Vorschläge des Weißbuchs würde jedoch einen Systemwechsel im europäischen Kartellrecht bewirken.86 Das bisherige Kartellverbot würde durchbrochen werden, wenn es nur zusammen mit der Ausnahmevorschrift unmittelbar anwendbar sein würde. Alle Kartelle wären solange rechtswirksam, bis ihre Unvereinbarkeit durch eine Entscheidung der Kommission, der nationalen Kartellbehörden oder der nationalen Gerichte festgestellt ist. Die bloße Feststellung einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung eines Kartells würde für ein Verbot nicht mehr ausreichen, vielmehr müßte nachgewiesen werden, daß das Kartell nicht zu den wirtschaftlichen Vorteilen beiträgt, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten, wird die postulierte Dezentralisierung in der Anwendung der Wettbewerbsregeln dadurch eingeschränkt, daß sich die Kommission die Befugnis vorbehält, abweichend von den Entscheidungen der nationalen Instanzen, Vereinbarungen zu untersagen oder Positiventscheidungen zu treffen. B. Konsequenzen für das nationale Kartellrecht

82 Vgl. Europäische Kommission, Weißbuch. 83 Vgl. Möschel, in Wirtschaftsdienst 1999, S. 504. 84 Vgl. Fikentscher, in WuW 2001, S. 446 ff, und 458. 85 Vgl. Schaub, S. 13 ff. 86 Vgl. Mestmäcker, in EuZW 1999, S. 523 ff.

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Die Reformvorschläge haben weitgehende Konsequenzen für die nationalen Kartell-rechte. Zur Umsetzung der Reformvorschläge möchte die Europäische Kommission eine neue KartellDurchfVO87 erlassen, die das bisher geltende zentralisierte System der ge-meinschaftlichen Wettbewerbskontrolle nach der VO Nr. 17 durch ein dezentrales System der parallelen Zuständigkeiten von Kommission, nationalen Wettbewerbsbehör-den und nationalen Gerichten ersetzen soll. Danach sollen die nationalen Instanzen nicht nur wie bisher für die Anwendung der Verbotsnormen nach Art. 81 I EGV und 82 EGV zuständig sein, sondern sie dürfen in Zukunft auch von den Freistellungsmöglichkeiten nach Art. 81 III EGV Gebrauch machen. Mit dieser geplanten Dezentralisierung der Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbe-werbsregeln sind jedoch zahlreiche Gefahren verbunden.88 Als erstes ist hierbei die Ge-fahr einer unterschiedlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch die nationalen Instanzen zu nennen. Hierbei ist zu beachten, daß die nationalen Instanzen häufig in den Traditionen ihrer Gesetzgebung entscheiden. Mit dem Übergang vom Verbotsprinzip mit Administrativausnahme zum Verbotsprinzip mit Legalausnahme, das die integrative Anwendung von Art. 81 III EGV fordert, wird mit den Traditionen der nationalen Kartellrechte, insbesondere des GWB, gebrochen. Aufgrund des bisherigen Freistellungsmonopols der Kommission verfügen sowohl das BKartA als auch die nationalen Gerichte über keinerlei Rechtstradition bei der Anwendung dieser Generalklausel. Somit stellt sich die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen sowohl auf der Ebene zwischen Kommission und nationalen Instanzen als auch auf der Ebene zwischen verschiedenen nationalen Gerichten. Der Kommissionsvorschlag versucht dieser Gefahr zu entgehen, in dem Art. 16 der ge-planten KartellDurchfVO deklaratorisch festlegt, daß die nationalen Behörden und Ge-richte aufgrund des Loyalitätsgrundsatzes gem. Art. 10 EGV und nach dem Grundsatz der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts, keine Entscheidungen erlassen dürfen, die zu den Wettbewerbsentscheidungen der Kommission im Widerspruch stehen. Darüber hinaus sollen in einem Vorab-Dialog-Verfahren zwischen Kommission und nationalem Gericht die Rechtsauffassungen aneinander angenähert und koordiniert werden. Sollte es dennoch zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen, so kann die Kommis-sion eine Entscheidungsrevision vornehmen und die Vereinbarung entweder in einer Negativentscheidung untersagen oder in einer Positiventscheidung erlauben. Damit wird jedoch im Ergebnis die Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht dezentralisiert, sondern zentralisiert, da durch hoheitliche Entscheidungen der Europäischen

87 Vgl. Europäische Kommission, Vorschlag. 88 Vgl. Karmann/Horstkotte, in WuW 2001, S. 467.

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Kommission, auch die nationalen Kartellrechte faktisch ausgehebelt werden können.89 Diese Gefahr wiegt um so schwerer, als die Kommission nicht nur die kohärente Anwendung des Gemeinschaftsrechtes durch nationale Instanzen einfordert, sondern auch eine mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehende Anwendung des nationalen Rechts beansprucht. Damit wird fraglich, ob die Kartellbehörden überhaupt noch auf eine strengeres nationales Kartellrecht zurückgreifen können. Mit den Reformvorschlägen der Europäischen Kommission wird daher im Ergebnis zu-nächst der Widerspruch zwischen Gemeinschaftsrecht und dem GWB erhöht. Dies liegt vor allem daran, daß das bisherige Kartellverbot durch Administrativausnahme durch ein Kartellverbot mit Legalausnahme ersetzt wird. Damit muß bei Kartellentscheidungen immer auch der Freistellungstatbestand nach Art. 81 III EGV beachtet werden. Da bei der Anwendung der Freistellungsvoraussetzungen im vollem Umfang vom Vorrang des Gemeinschaftsrechts auszugehen ist, könnte auf diesem Weg das Kartellrecht der Mitgliedstaaten unterlaufen und gleichgeschaltet werden.90 Insofern würde bei einem Inkrafttreten der Reformvorschläge eine Harmonisierung der Kartellrechte von oben auch ohne Richtlinie durchgesetzt werden können. Damit würde das EU-Recht in den meisten Mitgliedstaaten das nationale Kartellrecht faktisch außer Kraft setzen. VII. Zusammenfassung Im Rahmen der vorliegenden Arbeit, wurden die Probleme, die sich aus dem Nebenein-ander nationaler Kartellrechtsordnung und dem Kartellrecht der Gemeinschaft ergeben, thematisiert. Das Fortbestehen von Rechtsunterschieden innerhalb der Europäischen Union ist dabei ein Phänomen, welches sich nicht nur ausschließlich auf das Wettbewerbsrecht erstreckt, sondern auch im Bereich des Mitbestimmungsrechts, des Gesundheitsrechts und vor allem im Steuerrecht anzutreffen ist. Insofern steht das Wett-bewerbsrecht hier nur exemplarisch für viele Rechtsgebiete, in denen es, trotz weitrei-chender Integrationsschritte, nach wie vor zum Nebeneinander unterschiedlicher Rechts-ordnungen kommt. Das Spannungsverhältnis zwischen diesen Rechtsordnungen kann stets mit der Frage nach Rechtsangleichung und möglichen Wegen zu deren Umsetzung umschrieben werden. Dabei ist jedoch vor allem auch zu fragen, wieviel Autonomie den Mitgliedstaaten noch zuerkannt werden soll, entsprechend ihren Traditionen und Bedin-gungen eigene Rechtsordnungen zu gestalten. Für das Wettbewerbsrecht wurde hierbei die Harmonisierung "von unten" als eine geeignete Strategie empfohlen, da sie zum einen als Mindestharmonisierung ein Mindestmaß an Chancengleichheit im

89 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten, S. 27. 90 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten, S. 27, sowie Randzio-Plath/Rapkay, in Wirtschaftsdienst

2001, S. 458.

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Binnenmarkt schafft und zum anderen Raum für eigene Detailregelungen der Mitgliedstaaten beläßt. Tragend ist hierbei, daß die Anpassung der Rechtsvorschriften auf Initiative der Mitgliedstaaten selbst erfolgt, was insbesondere wohl am ehesten mit dem Grundsatz der Subsidiarität vereinbar ist. Normativ betrachtet, scheint die Forderung "ein Binnenmarkt - ein Recht" ihre Gültigkeit zu haben. In der Realität jedoch sind die Bedingungen in den einzelnen Ländern aufgrund ihrer charakteristischen Wirtschaftsstrukturen unterschiedlich. Die Wettbewerbs- und Marktbedingungen sind bspw. in Dänemark oder Luxemburg nicht in allen Bereichen mit denen in Deutschland identisch. Insofern sollte deren Unterschiedlichkeit auch mit unterschiedlichen Ausprägungsformen des Kartellrechts Rechnung getragen werden. Dabei steht außer Zweifel, daß überall dort, wo Unterschiede in den Kartellrechten die Verwirklichung des Binnenmarktes untergraben und zu Wettbewerbsverzerrungen führen, diese Unterschiede beseitigt werden müssen. Dies konnte mit der bisherigen Anwendungspraxis unter dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit erreicht werden. Ob es dazu jedoch den Weg der kalten Harmonisierung bedarf, wie ihn jetzt die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag zur Reform des Europäischen Kartellrechts beabsichtigt, muß fraglich bleiben.

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Anhang §1 GWB (Kartellverbot) Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Be-schlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltenswei-sen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs be-zwecken oder bewirken, sind verboten. Artikel 81 EGV (Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und Verhaltensweisen) (1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beein-trächtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbeson-dere a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder son-

stiger Geschäftsbedingungen; b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Ent-

wicklung oder der Investitionen; c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen; d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegen-

über Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; e) die an den Abschluß von Verträgen geknüpfte Bedingung, daß die Vertragspartner

zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig. (3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf − Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, − Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen, − aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den beteiligten Unternehmen a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht

unerläßlich sind, oder

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b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

Artikel 82 (Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Aus-nutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu füh-ren kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dieser Mißbrauch kann insbesondere in folgendem bestehen: a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder

Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen; b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung

zum Schaden der Verbraucher; c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen

gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; d) der an den Abschluß von Verträgen geknüpften Bedingung, daß die Vertragspartner

zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

Artikel 84 (Entscheidung über wettbewerbsrechtliche Vereinbarungen) Bis zum Inkrafttreten der gemäß Artikel 83 erlassenen Vorschriften entscheiden die Be-hörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren eigenen Rechtsvorschriften und den Bestimmungen der Artikel 81, insbesondere Absatz 3, und 82 über die Zulässigkeit von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen sowie über die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt.