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Qualität in der Kita – eine Herausforderung für alle! Bayerischer Bildungsdialog 2016 11.4.2016, München Pädagogik und Verantwortung: Die Qualitätsfrage in der Kita Susanne Viernickel

Pädagogik und Verantwortung: Die Qualitätsfrage in der Kita · Qualität in der Kita – eine Herausforderung für alle! Bayerischer Bildungsdialog 2016 11.4.2016, München Pädagogik

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Qualität in der Kita –eine Herausforderung für alle!Bayerischer Bildungsdialog 201611.4.2016, München

Pädagogik und Verantwortung:Die Qualitätsfrage in der Kita

Susanne Viernickel

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Gliederung

1. Pädagogik – Verantwortung – Qualität

2. Weshalb die Qualitätsfrage gestelltwerden muss

3. Wie gute Qualität entstehen kann

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Pädagogik – Verantwortung - Qualität

v Pädagogik: altgriechisch παιδαγωγία paidagogía,„Erziehung, Unterweisung“

v Wortstämme: παῖς pais, „Kind“ und ἄγειν ágein, „führen,leiten“

v Die Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern istdurch ein Ungleichverhältnis und Machtgefällegekennzeichnet à zur Pädagogik gehört immer auch dieindividuelle Auseinandersetzung mit Macht undMachtmissbrauch

v PädagogInnen sind Ausführende und Gestaltende einesgesellschaftlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags und(mit)verantwortlich für das gesamte pädagogischeArrangement der Institution, in der sie tätig sind

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Pädagogik – Verantwortung - Qualität

v Qualität als systemisch zu verstehende und zubearbeitende Dimension von Pädagogik

Pädagogische Qualität inder Kindertagesbetreuung

IndividuelleVerant-

wortung

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Pädagogik – Verantwortung - Qualität

v Qualität als systemisch zu verstehende und zubearbeitende Dimension von Pädagogik

Pädagogische Qualität inder Kindertagesbetreuung

Institution-elle Verant-

wortungIndividuelle

Verant-wortung

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Pädagogik – Verantwortung - Qualität

v Qualität als systemisch zu verstehende und zubearbeitende Dimension von Pädagogik

Pädagogische Qualität inder Kindertagesbetreuung

Politische/gesell-

schaftlicheVerant-

wortung

Institution-elle Verant-

wortung

IndividuelleVerant-

wortung

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

v 1. Argument: Immer mehr Kinder verbringen immermehr Zeit in Kindertagesbetreuung

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v Bayern: Ab dem Alter von drei Jahrenbesuchen 92% aller Kinder eine Kita

v 29% der Einjährigen und 51% der Zweijährigenbesuchen eine Tageseinrichtung oderKindertagespflegestelle

v Ca. ein Drittel dieser Kinder sind bis zu 25Wochenstunden in der Kita, ein weiteres Drittel25-35 Wochenstunden, 13% mehr als 45Stunden wöchentlich (Bertelsmann Stiftung2015).

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

v 2. Argument: Das Verhältnis von Familie undGesellschaft ist in Änderung begriffen

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v „Kultur des Aufwachsens“ mit geteilterVerantwortung von Familie und Gesellschaft für eingutes Aufwachsen von Kindern

v Individualisierte und flexibilisierte Lebensentwürfe,sich verändernde Berufswelten undErwerbsbiographien

v Verfügbarkeit von Ressourcen ist ungleich verteiltv Notwendigkeit einer funktionierenden und den

individuellen Bedarfen angepasstenfamilienergänzenden Infrastruktur

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

Qualitativ gute Kindertageseinrichtungen habenLangzeiteffekteBeispiel: Perry-Preschool-Program (Schweinhart, 2004):

v Selteneres Schulversagen (Sitzenbleiben)v Geringere Kriminalitätsratenv Geringere Abhängigkeit von sozialer Wohlfahrtv Höhere Bildungsabschlüsse und Einkommenv Höheres Steueraufkommenv Kosten-Nutzen-Analysen sehr positiv

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

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v 3. Argument: Der Bildungsauftrag des Kindergartenserhält zunehmend mehr Bedeutung

v Hohe Entwicklungs-geschwindigkeit der erstenLebensjahre

v Frühe Erfahrungen haben Einfluss auf spätereErfahrungs-möglichkeiten

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

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v 4. Argument: Kinder, die gute Kitas besuchen,haben Entwicklungsvorteile

European Child Care and Education Study (EPPE)

Qualität der Kindertageseinrichtungà kognitive Entwicklung, Schulerfolg mit 8Jahren

NICHD Study of Early Childcare and Youth DevelopmentQualität der Kindertageseinrichtungà kognitiver und sprachlicher

Entwicklungsstand, sozial-emotionale Entwicklung, positives Verhalten mitPeers

1. Klasse: Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung

Ende der 3. Klasse: bessere Schulleistungen in Lesen und Mathematik

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Weshalb die Qualitätsfrage gestellt werden muss

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v 5. Argument: Gute Kitas sind notwendig, damitIntegration gelingt

v Über 50 Millionen Menschen sind laut UNHCRgegenwärtig auf der Flucht

v Ein Drittel aller nach Deutschland einreisendenFlüchtlinge sind Kinder und Jugendliche

v Kita bedeutet: Chance auf Bildung & Spracherwerbund auf kulturelle und soziale Integration

Berthold, T. (2014). In erster Linie Kinder. Flüchtlingskinder in Deutschland. Deutsches Komitee fürUNICEF e.V..https://www.unicef.de/blob/56282/fa13c2eefcd41dfca5d89d44c72e72e3/fluechtlingskinder-in-deutschland-unicef-studie-2014-data.pdf

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Ebene der pädagogischen Fachkräfte

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àDie Absicherung bzw. Weiterentwicklung professionellen Handelns ist einbesonders bedeutsames Element von Qualitätssicherung und –entwicklung

© Jakob Held

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Kompetenzen als Grundlagen verantwortlichenHandelns

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Kompetenzen als Grundlagen verantwortlichenHandelns

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Die professionelle Haltung steht „hinter“jedem professionellen Handlungsvollzug.Sie ist relativ situationsunabhängig, kannsich aber dennoch durch dieDifferenzierung von Wissen undMethoden und durch Erfahrungen in derPraxis und deren Reflexion verändern

àPädagogische Verantwortung wahrzunehmen bedeutet also auchVerantwortung für sich selbst im Sinne lebenslangen Lernens und beinhaltetdie Bereitschaft, das eigene Denken und Handeln immer wieder kritisch zubefragen und zu begründen.

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Ebene von Team und Leitung

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Drei „typische“ Umgangsformen mit professionellenAnforderungen:

v Typ 3: Das Bildungsprogramm als negativerGegenhorizont – Distanzierung und Ablehnung(distanziert)

v Typ 2: Das Bildungsprogramm als positiverOrientierungshorizont – Umsetzungsdruck undAnwendungsoptimierung (umsetzungsorientiert)

Viernickel, S., Nentwig-Gesemann, I., Nicolai, K., Schwarz, S. & Zenker, L. (2013). Schlüssel zu guter Bildung,Erziehung und Betreuung. Bildungsaufgaben, Zeitkontingente und strukturelle Rahmenbedingungen inKindertageseinrichtungen. Berlin: Paritätischer Wohlfahrtsverband, Diakonisches Werk der Evangelischen KircheDeutschland und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hrsg.).

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Ebene von Team und Leitung

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Drei „typische“ Umgangsformen mit professionellenAnforderungen:

v Typ 1: Pädagogischer Wertekern undprofessionelle Haltung als zentralerOrientierungshorizont – Reflexion und Herstellungvon Passgenauigkeit (wertekernbasiert)

àZeit und Raum, um in einen Reflektions- und Aushandlungsprozess überpädagogische Werte, Ziele und Methoden einzutretenà Partizipations- und Gestaltungsmöglichkeiten, Unterstützung undWertschätzung von Leitung und Träger

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Ebene der kollektiven / gesellschaftlichenVerantwortung

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Wissenschaftlich begründete Standards für dieFachkraft-Kind-Relation in Kindertageseinrichtungen:Unter einjährige Kinder: 1:2Ein- bis unter dreijährige Kinder: 1:4Kinder von drei Jahren bis Schuleintritt: 1:9

Viernickel, S. & Fuchs-Rechlin, K. (2015). Fachkraft-Kind-Relationen und Gruppengrößen in Kindertageseinrichtungen.Grundlagen, Analysen, Berechnungsmodell. In: Viernickel, S., Fuchs-Rechlin, K., Strehmel, P., Preissing, C., Bensel, J.& Haug-Schnabel, G. (2015). Qualität für alle. Wissenschaftlich begründete Standards für die Kindertagesbetreuung(S. 11-130). Freiburg: Herder.

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

20Bock-Famulla, K.; Lange, J. & Strunz, E. (2015). Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2015. Transparenzschaffen – Governance stärken (S. 68/69). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Ebene der kollektiven / gesellschaftlichenVerantwortung

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Qualifikation des pädagogischen Personalsv 50,5% einschlägiger Fachschulabschluss

(ErzieherIn)v 37,0% Berufsfachschulabschlussv 4,4% HochschulabschlussAnstellungsverhältnissev 42% Vollzeitarbeitsplätze, 18% < 21h/Wochev 20% befristete Arbeitsverhältnisse

Bock-Famulla, K.; Lange, J. & Strunz, E. (2015). Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2015. Transparenzschaffen – Governance stärken (S. 215). Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung.

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Wie Qualität in Kindertageseinrichtungen entstehenkann

v Bedeutung der Zusammenarbeit mit Familien

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v Qualität ist wesentlich mit demBeziehungsgeschehen zwischen Kindern,Eltern und pädagogischen Fachkräftenverknüpft

v Erziehungs- und Bildungspartnerschaft,Familienorientierung undElternbeteiligung als Qualitätsindikatoren

v Partizipative Qualitätsentwicklunggemeinsam mit Eltern und anderenAkteuren im Sozialraum

Schneider, A., Herzog, S., Kaiser-Hylla, C. & Pohlmann, U. (2015). Kindertageseinrichtungen:Qualitätsentwicklung im Diskurs. Opladen Berlin: Barbara Budrich.

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Pädagogik und Verantwortung:Die Qualitätsfrage in der Kita

Susanne Viernickel