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W er im vergangenen Jahr in den Anbau- gebieten Mosel, Baden und Württem- berg auf ökologischen Weinbau umgestellt hat, der musste sehr schnell die Erfahrung machen, was eine frühe Peronospora-Infek- tion bedeuten kann. In den Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz war es hingegen eher ein normales und ruhiges Jahr. Die „extre- men“ Wetterkapriolen traten schon mit Be- ginn des Turbo-Austriebes im April auf. War der März noch winterlich kalt, kam es durch die früh-sommerliche Erwärmung im April zu einem raschen Austrieb, der auch einen frü- hen Blütebeginn erwarten ließ. In einigen Regionen setzte dann auch die Blüte schon Ende Mai ein, dauerte dann aber bedingt durch das regnerisch-kühle, aprilhafte Juni- Wetter bis zu drei Wochen. Dieser Zeitraum verlangte von den Winzern höchstes Können und zeitgerechtes Arbeiten. In Baden traten die ersten Bodeninfektionen durch Peronospora schon vor der Blüte Mitte Mai auf, was zu einer frühen Behandlung mit Kupfer sowie Frutogard führte. Diese Be- handlungskombination wurde dann auch bis in die abgehende Blüte hinein weiter verfolgt. In den anderen Anbaugebieten kam die Pero- nospora erst zum Zeitpunkt Blüte, dafür umso heftiger. Nur wer rechtzeitig einen ausreichen- den Schutz gegen Peronospora in Form von Kupfer oder Frutogard ausgebracht hatte und dabei auch in die Blüte behandelte, kam mit einem blauen Auge davon. Wer zu spät kam, den bestrafte wie schon in den vorangegan- genen Jahren die Peronospora mit starkem Gescheinsbefall sowie späterem Beerenbefall. Durch die sommerliche Witterung im Juli/ August kam es dann nicht mehr zu weiteren stärkeren Infektionen. Allerdings machte sich an der Mosel in die- sem Entwicklungsstadium zusätzlich die Schwarzfäule bemerkbar. Auch hier konnte durch die rechtzeitige und kontinuierliche Behandlung mit Kupferpräparaten sowie Schwefel und Frutogard eine Ausbreitung und eine Ertragsschädigung vermieden werden. In den Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz konnte hingegen mit geringerem Aufwand an Kupfer beziehungsweise mit Myco-Sin Vin ein optimaler Behandlungserfolg erzielt werden. Die durch das Jahr 2008 erwartete Oidium- epidemie blieb trotz einzelner Zeigertriebe und auskeimender Kleistothecien auf einem sehr geringen Level. Die empfohlenen Be- handlungsstrategien, bei im Jahr 2008 stark befallenen Anlagen schon früh mit einer Be- handlung zu beginnen, ging bei den Austriebs- temperaturen voll auf. Die Behandlungen zum Stadium Erbsengröße sowie zum Trau- benschluss mit einer Kombination aus Kali- um-bicarbonat und HF-Pilzvorbeuge sowie Kali-Seife mit hoher Wassermenge sorgten zusätzlich für einen optimalen Behandlungs- erfolg. Durch die Erfahrungen aus 2008 wur- Pflanzenschutz und Pflanzenpflege im ökologischen Weinbau Fotos: Hofmann/Hintergrund: DWI Wie die Pflanzenschutzsaison im Ökoweinbau für das Jahr 2009 verlief, berichtet Dr. Uwe Hofmann, Internationale Beratung im Ökologischen Weinbau. Gleichzeitig informiert er über die für 2010 zugelas- senen Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel. Abb. 1: Fressen und gefressen werden Abb. 2: Schwarzfäule- befall am Blatt Erfahrungen aus dem Jahr 2009 ÖKOWEINBAU 25 das deutsche weinmagazin • 8/17. April 2010 Hofmann_08_10_rechts.indd 25 08.04.2010 13:35:06

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Wer im vergangenen Jahr in den Anbau-gebieten Mosel, Baden und Württem-

berg auf ökologischen Weinbau umgestellt hat, der musste sehr schnell die Erfahrung machen, was eine frühe Peronospora-Infek-tion bedeuten kann. In den Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz war es hingegen eher ein normales und ruhiges Jahr. Die „extre-men“ Wetterkapriolen traten schon mit Be-ginn des Turbo-Austriebes im April auf. War der März noch winterlich kalt, kam es durch die früh-sommerliche Erwärmung im April zu einem raschen Austrieb, der auch einen frü-hen Blütebeginn erwarten ließ. In einigen Regionen setzte dann auch die Blüte schon Ende Mai ein, dauerte dann aber bedingt durch das regnerisch-kühle, aprilhafte Juni-Wetter bis zu drei Wochen.

Dieser Zeitraum verlangte von den Winzern höchstes Können und zeitgerechtes Arbeiten. In Baden traten die ersten Bodeninfektionen durch Peronospora schon vor der Blüte Mitte Mai auf, was zu einer frühen Behandlung mit Kupfer sowie Frutogard führte. Diese Be-handlungskombination wurde dann auch bis in die abgehende Blüte hinein weiter verfolgt. In den anderen Anbaugebieten kam die Pero-nospora erst zum Zeitpunkt Blüte, dafür umso heftiger. Nur wer rechtzeitig einen ausreichen-den Schutz gegen Peronospora in Form von Kupfer oder Frutogard ausgebracht hatte und dabei auch in die Blüte behandelte, kam mit einem blauen Auge davon. Wer zu spät kam, den bestrafte wie schon in den vorangegan-genen Jahren die Peronospora mit starkem Gescheinsbefall sowie späterem Beerenbefall. Durch die sommerliche Witterung im Juli/ August kam es dann nicht mehr zu weiteren stärkeren Infektionen.

Allerdings machte sich an der Mosel in die-sem Entwicklungsstadium zusätzlich die Schwarzfäule bemerkbar. Auch hier konnte durch die rechtzeitige und kontinuierliche Behandlung mit Kupferpräparaten sowie Schwefel und Frutogard eine Ausbreitung und eine Ertragsschädigung vermieden werden. In den Anbaugebieten Rheinhessen und Pfalz konnte hingegen mit geringerem Aufwand an Kupfer beziehungsweise mit Myco-Sin Vin ein optimaler Behandlungserfolg erzielt werden. Die durch das Jahr 2008 erwartete Oidium-epidemie blieb trotz einzelner Zeigertriebe und auskeimender Kleistothecien auf einem sehr geringen Level. Die empfohlenen Be-handlungsstrategien, bei im Jahr 2008 stark befallenen Anlagen schon früh mit einer Be-handlung zu beginnen, ging bei den Austriebs-temperaturen voll auf. Die Behandlungen zum Stadium Erbsengröße sowie zum Trau-benschluss mit einer Kombination aus Kali-um-bicarbonat und HF-Pilzvorbeuge sowie Kali-Seife mit hoher Wassermenge sorgten zusätzlich für einen optimalen Behandlungs-erfolg. Durch die Erfahrungen aus 2008 wur-

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Wie die Pfl anzenschutzsaison im Ökoweinbau für das Jahr 2009 verlief, berichtet Dr. Uwe Hofmann, Internationale Beratung im Ökologischen Weinbau. Gleichzeitig informiert er über die für 2010 zugelas-se nen Pfl anzenschutz- und Pfl anzenstärkungsmittel.

Abb. 1: Fressen und

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Abb. 1: Fressen und

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Abb. 2: Schwarzfäule-

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Erfahrungen aus dem Jahr 2009

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den von den Betrieben die empfohlenen und notwendigen Laubarbeiten sehr konsequent und zeitgenau durchgeführt, auch diese kulturtechnischen Maßnahmen trugen in der Gesamtheit zum Behandlungserfolg bei. Zu-sätzlich wurde durch ertragsregulierende Maßnahmen wie frühes Entblättern sowie Traubenteilen ebenfalls die Gesunderhaltung der Trauben gefördert.

Die Schädlinge der Rebe konnten durch die natürlichen Gegenspieler, die durch blühende Begrünungen oder Blühstreifen entlang der Weinberge angezogen wurden, weitestgehend in Schach gehalten werden. Zwischen den einzelnen Gegenspielern stellt sich ein Gleich-gewicht ein, sodass „neue“ Schädlinge wie der Ohrwurm im ökologischen Weinbau keine größeren Schäden anrichten. Für die Tiere

wird ein ausreichender Lebensraum mit tro-ckenen Blättern in der Laubwand, Rückzugs-möglichkeiten am Holzpfahl sowie in der

verkrauteten Begrünung ermöglicht, sodass sie nicht auf die Trauben als Rückzugsgebiet angewiesen sind. Gleichzeitig treten aber auch Spinnen sowie Vögel als natürliche Re-gulatoren im ökologischen Weinbau auf. Es herrscht ein ständiges „Fressen und gefressen werden“.

Die „drei“ Generationen der Traubenwick-ler (Einbindiger und Bekreuzter Trauben-wickler) werden zusätzlich mit der für den Weinbau sehr wichtigen Verwirrmethode (Mating disruption) durch Sexual-Pheromone erfolgreich großflächig insektizidfrei be-kämpft. Wo eine Ausbringung der Pheromone an der Flächengröße scheitert, wird mittels Bacillus-thuringiensis-Präparaten eine Be-kämpfung durchgeführt, dabei können je nach Intensität des Auftretens der Schädlinge

Tab. 1: Zugelassene Pflanzenschutzmittel für den ökologischen Weinbau

Krankheiten / Schädlinge Mittel / Indikation Wirkstoff Beschränkung

PILZKRANKHEITEN

Peronospora (Nebenwirkung auf Roten Brenner und Schwarzfäule)

Cuprozin-flüssig Kupferhydroxid (300 g Cu/l)

Maximal zwei Anwendungen nach der Blüte mit einer Aufwandmenge von max. 960 g Reinkupfer / ha*

Funguran Kupferoxychlorid (450 g Cu/kg)

Keine Beschränkung der Anwendungshäufig-keit – max. Kupfermenge 3 kg/ha und Jahr (*kumuliert über die drei Präparate)

Cueva Kupferoctanoat (18 g Cu/l)

Bis 10 Anwendungen bei max. 16 l / ha*

Oidium (Nebenwirkung auf Schwarzfäule)

Kumulus WG, Netzschwefelit WG, Netzschwefel WG

Netzschwefel Stulln

Thiovit Jet, Asulfa Jet, Sufran Jet

Schwefel Vorblüte 3,6 – 4,8 kg ab ES 09 – ES 61

Nachblüte 2,4 – 3,2 kg

8 Anwendungen

SCHÄDLINGE

Einbindiger & Bekreuzter Traubenwickler / Heu- und Sauerwurm

Dipel ES, XenTari Bacillus thuringiensis (var. kurstaki, var. aizawei)

Heu- und Sauerwurm je 2malige Anwendung Keine Zulassung gegen den Süßwurm! Keine Wartezeit

RAK 1+ 2 Pheromone Ausbringung bis Mitte April

RAK 1 Neu Einbindiger TW Wirkung auch gegen die 3. Generation gegeben

Rhombenspanner, Springwurm, Einbindiger & Bekreuzter Trauben-wickler / Heu- und Sauerwurm

Spintor Spinosad Bis zu vier Behandlungen pro Jahr, stark bienengefährlich, fisch- und algentoxisch, daher keine Anwendung bei blühendem Begrünungsbestand

Spinnmilben MICULA, Schädlingsfrei Naturen, Celaflor Schäd-lingsfrei

Rapsöl Austriebsbehandlung, max. 1 Anwendung ES 05 – 11

Promanal Neu, Para Sommer Paraffinöle Austriebsbehandlung, max. 1 Anwendung ES 05 – 11

Pocken-Blattgallmilbe Thiovit Jet, Asulfa Jet, Sufran Schwefel 3,6 ES 09 – 4,8 kg / ha ES61 4 Anwendungen

Kräuselmilbe Thiovit Jet, Asulfa Jet, Sufran Jet Schwefel 3,6 ES 09 – 4,8 kg / ha ES61 4 Anwendungen

MICULA, Schädlingsfrei Naturen, Celaflor Schäd-lingsfrei

Rapsöl Austriebsbehandlung, max. 1 Anwendung ES 05 – 11

Reblaus in Nichtertrags-anlagen (Rebschulen, Rebmuttergarten)

Neem Azal-T/S Azadirachtin 3l / ha, max. 2 Anwendungen ab Sichtbar- werden des Befalls

Maikäfer Neem Azal-T/S Azadirachtin Einsatz im Vorblütebereich

Abb. 3: Ausbringung von Raubmilben mittels Filzstreifen

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bis zu drei Behandlungen notwendig werden. Eine Bekämpfung der dritten Generation ist damit derzeit nicht möglich, auch wenn die zugelassenen Mittel keiner Wartezeit unter-liegen.

Vereinzelt traten im Frühjahr verstärkt Kräuselmilben auch in älteren Anlagen auf. Es zeigt sich, dass bei fehlender blühender Begrünung im Sommer die Vermehrung der Raubmilben reduziert wird und somit beim Austrieb im Folgejahr nicht genügend Gegen-spieler für die Schadmilben vorhanden sind. Negative Auswirkungen der eingesetzten Stär-kungsmittel wie Kaliumbicarbonat oder Was-serglas auf die Raubmilben konnten bisher nicht nachgewiesen werden, beim Einsatz von HF-Pilzvorbeuge sowie diversen Kräutertees konnte sogar eine Zunahme der Raubmilben beobachtet werden.

Durch den Einsatz von Bicarbonaten sowie Wasserglas konnte auch eine Reduktion der Grünen Rebzikade beobachtet werden. Die Tiere werden nicht unmittelbar abgetötet, aber durch den austrocknenden und abrasie-ven Effekt der Kristalle in ihrer Lebensfunkti-on stark beeinträchtigt. Mit den zusätzlich vorhandenen Nützlingen konnte damit einer Massenvermehrung ausreichend entgegen-gewirkt werden, sodass die Grüne Rebzikade nur noch als „Gelegenheits“-Schädling im ökologischen Weinbau angesehen wird.

Zulassungssituation im Jahr 2010In der Tabelle 1 sind die in 2010 für den öko-logischen Weinbau zugelassenen Pflanzen-schutzmittel in Deutschland mit ihrer jewei-ligen Indikation aufgeführt. Wie schon in den

letzten Jahren stellt die Peronosporabekämp-fung nach dem derzeitigen Zulassungsstand für Kupferpräparate eine große Herausforde-rung für die ökologisch arbeitenden Winzer dar. In 2009 wurde von der zuständigen EU- Kommission die Listung der Kupferpräparate in Annex 1 der EU-Pflanzenschutzverordnung durchgeführt. Darin sind die Wirkstoffe Kup-ferhydroxid, Kupferoxychlorid, Kupferoxid sowie dreibasisches Kupfersulfat und Bor-deaux-Brühe aufgeführt und bis 2016 vorerst zugelassen. Kupferoctanoat (Cueva) wurde nachträglich ebenfalls gelistet und steht damit bis 2013 weiter zur Verfügung. Die Zulassung für Funguran wurde im Mai 2009 erneuert, mit einer Begrenzung der auszubringenden Rein-Kupfermenge von 3 kg/ha und Jahr. Die Lis-tung von Kupfer-Wirkstoffen in Annex 1 der EU VO 91/414 gilt nur für sieben Jahre und ist gekoppelt an nationale Minimierungsstrate-

Abb. 4: Florfliege als natürlicher Gegenspieler von Weinbauschädlingen

gien. Diese drücken sich schon in der Begren-zung der Ausbringmenge auf maximal 3 kg Rein-Kupfer/ha und Jahr kumuliert über die drei zugelassenen Präparate Funguran, Cueva sowie Cuprozin flüssig aus. Im vergangenen Jahr wurde im Rahmen eines nationalen Ak-tionsprogramms zur Kupferminimierung die mehrmalige Anwendung von Kupferhydro-xid (Cuprozin flüssig neu) bei geringerer Kup-feraufwandmenge im Vergleich zu Funguran getestet, diese Versuche werden auch in die-sem Jahr gemäß §11 des Pflanzenschutzge-setzes mit Genehmigung des BVL durchge-führt. Eine wichtige Entscheidung in Richtung Kupferminimierung ist durch die weitere Lis-tung von Frutogard beziehungsweise ALINU-RE Bio-Schutz als Pflanzenstärkungsmittel durch das BVL gefällt worden (siehe http://www.bvl.bund.de). In den Peronospora-Be-kämpfungsstrategien stellt damit Frutogard ein sehr wesentliches Glied in der Ertrags- und Qualitätssicherung und des betrieblichen Er-folgs als ökologisch wirtschaftender Weinbau-betrieb dar. Im Vorblütebereich lässt sich Kupfer zusätzlich durch die Anwendung des Stärkungsmittels Myco-Sin VIN in Aufwand-mengen von 2 bis 4 kg reduzieren oder erset-zen. Bei den Mitteln auf Phosphonat-Basis (Frutogard, ALGINURE Bio-Schutz) ist darauf zu achten, dass der optimale Einsatz im Zeit-raum Vorblüte bis abgehende Blüte, Frucht-ansatz-Stadium BBCH 68 liegt. Spätere An-wendungen erzielen bei weitem nicht den gewünschten Erfolg. Bei geringem bis mittle-ren Befallsdruck durch Peronospora ist mit einer mehrmaligen Anwendung von Myco-Sin VIN mit ausreichendem Behandlungserfolg

Tab. 2: Liste der im ökologischen Weinbau einsetzbaren Pflanzenstärkungsmittel

Pflanzenstärkungsmittel Indikation Wirkprinzip

Myco-Sin VIN 0,5% 2 – 5 kg / ha Peronospora (Schwarzfäule?) Al-Ionen als Auslöser der Phytoalexinbildung, induzierte Resistenz

Frutogard, ALGINURE Bio-Schutz, 3 – 5 kg / ha bis BBCH 68

Peronospora (Schwarzfäule) Algenextrakte, Huminsäuren, Phosphorige Säure als Auslöser induzierter Resistenz

Kalium-Wasserglas 5 l / ha als Austriebsbehandlung

Wintereier Spinnmilben; Kräuselmilben (in Verbindung mit Netzschwefel)

Abtötung über Luftabschluss, Tracheenverklebung

2,5 – 3 l / ha Schwarzfleckenkrankheit, Oidium, Botrytis Verkieselung, Verhärtung der Epidermis, pH-Wert-Veränderung

Equisetum Plus / Schachtelhalmextrakt Schachtelhalmtee

Oidium, Botrytis Verkieselung, Verhärtung der Epidermis, Auslösung unspezifischer Resistenzen

Natrium-Kaliumhydrogencarbonat, Steinhauers Mehltauschreck, VitiSan, SaluCarb

Oidium Auslösung unspezifischer Resistenz, pH-Wert-Veränderung

HF-Pilzvorbeuge Oidium Auslösung unspezifischer Resistenz

Brottrunk für Pflanzen Oidium Auslösung unspezifischer Resistenz, Antagonisten-tätigkeit der Milchsäurebakterien, Düngung

Pflanzenextrakte / Kompostextrakte Ferment Getreide Flüssig, BIOCOS, Huminsäuren, AlgenextrakteSiapton, Bio Aminosol, AminoVital

allg. Pflanzenstärkung – Erhöhung der Widerstandskraft

Phytoncide und Auslöser von Phytoalexinen, induzierte Resistenz, Erhöhung der Mikroorganismen-Aktivität im Boden, Stressminderung, Düngung und Vitalisierung der Pflanze

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zu rechnen, allerdings reicht die Widerstands-induzierende Wirkung des Mittels nicht mehr aus, wenn es bei starken Niederschlägen und höheren Temperaturen zu einem massiven Peronosporadruck kommt. In diesen Fällen ist im Zeitraum Blüte bis abgehende Blüte Frutogard oder ALGINURE Bio-Schutz einzu-setzen und im Nachblütebereich Cuprozin flüssig. Zur Abschlussbehandlung sollte grundsätzlich ein Kupferpräparat eingesetzt werden.

Für die Krankheiten „Roter Brenner“ sowie „Schwarzfleckenkrankheit“ und „Schwarzfäu-le“ sind derzeit keine im ökologischen Wein-bau einsetzbaren Pflanzenschutzmittel zuge-lassen. Aus den Versuchen zur Schwarzfäule-Bekämpfung im Öko-Weinbau (siehe Beitrag von Molitor, Baus und Berkelmann-Löhnertz in „das deutsche weinmagazin“, Ausgabe 5/6 vom 20. März 2010, S. 26 ff.) konnte allerdings schon nachgewiesen werden, dass durch die Kombination von Kupfer und Schwefel eine Bekämpfung möglich ist. Dies stößt aber durch die aktuelle Zulassungssituation von Kupferpräparaten und die eingeschränkte Anwendungshäufigkeit sehr schnell an seine Grenzen. Zusätzlich konnte eine Wirkung der phosphonathaltigen Algenpräparate nachge-wiesen werden. Gegen Oidium können alle zugelassenen Schwefelpräparate eingesetzt werden. Zu beachten ist bei der Kombination von Schwefel mit Stärkungsmitteln die Misch-barkeit (s. Tab. 3).

Für die Schädlinge „Grüne Rebzikade“ und „Schildläuse“ sind derzeit keine Pflanzen-schutzmittel zugelassen. Eine deutliche Ne-benwirkung auf die Grüne Rebzikade hat aber der mehrmalige Einsatz von Bicarbonaten (Backpulver).

Zur Austriebsbehandlung gegen Blattgall-milben sowie Kräuselmilben stehen mit den Rapsöl-Präparaten Micula und Celaflor Schädlingsfrei gut wirksame Mittel zur Verfü-gung. Wichtig ist vor der Anwendung dieser Präparate, sich eine Erklärung der Hersteller über die Gentechnikfreiheit (Raps) zu besor-gen. Ein früher Einsatz mit Beginn des Knos-

penschwellens ist nur in letztjährig befallenen Anlagen notwendig. Zusätzlich können die Schwefelpräparate Thiovit Jet, Asulfa Jet und Sufran Jet bis Entwicklungsstadium 61 (Blü-tebeginn) mit bis zu 4,8 kg/ha gemäß §18 PfSG – Indikationszulassung gegen Kräusel-milben – eingesetzt werden. Eine Kombinati-on von Schwefel und Kali-Wasserglas hat sich als sehr wirkungsvoll auch gegen Schwarzfle-cken und Oidium im frühen Entwicklungssta-dium erwiesen. Bei befallenen Junganlagen sollte, wenn möglich schon im Winter, spätes-tens aber ab Beginn der Blattentwicklung, eine Ansiedlung von Raubmilben vorgenommen werden. Diese Ansiedlung kann über altes Holz aus stark mit Raubmilben besiedelten Anlagen sowie über speziell vermehrte Raub-milben erfolgen.

Gegen die beiden Traubenwicklerarten sind in der kommenden Saison nur noch die Mittel Dipel ES und XenTari zugelassen. Da keines der Mittel eine Zulassung gegen die dritte Generation der beiden Traubenwick-lerarten hat, kann es beim Auftreten des „Süß-wurm“ zu erheblichen Schäden infolge von Botrytis kommen. Wo immer möglich sollte die Traubenwicklerbekämpfung mittels Phe-romonen großflächig durchgeführt werden und damit auch die dritte Generation be-kämpft werden.

Eine direkte Bekämpfung des Rhomben-spanners, der Fraßschäden an den Knospen verursacht, ist seit 2008 mit dem Präparat Spintor (Spinosad) möglich. Spintor sollte auch nur gegen den Rhombenspanner einge-setzt werden, hat aber auch eine Zulassung

gegen Springwurm und Traubenwickler. Das Mittel sollte aber wegen seiner hohen Bienen-gefährlichkeit nicht gegen Traubenwickler eingesetzt werden, da zu diesen Anwendungs-zeitpunkten auch ein hohes Blütenangebot in den Reben vorhanden sein sollte. Ein Absam-meln der Larven des Rhombenspanners kann auch zur Befallsreduzierung beitragen. Gene-rell ist aber zur Reduzierung der Schädlinge auf ein hohes Angebot an Gegenspielern, Nützlingen zu setzen.

Neben den Pflanzenschutzmitteln gibt es noch eine Vielzahl von Pflanzenstärkungsmit-teln. In der Tabelle 2 wird ein Überblick über die gebräuchlichsten Pflanzenstärkungsmittel gegeben. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Auswahl der Stär-kungsmittel erfolgte nach ihrer Bedeutung sowie vorliegenden Erfahrungswerten und Versuchsergebnissen zur Wirkung im ökolo-gischen Weinbau. Durch die besondere recht-liche Stellung der Pflanzenstärkungsmittel im Deutschen Pflanzenschutzgesetz §31 fallen diese nicht unter den §6 der EU Bio-Verord-nung 834/2007 sowie 889/2008 und dürfen somit im ökologischen Anbau eingesetzt wer-den.

Die Tabelle zur Mischbarkeit der Präparate (Tab. 3) basiert auf langjährigen Erfahrungs-werten aus der Praxis, Empfehlungen der Herstellerfirmen sowie Versuchsergebnissen. Dennoch passiert es immer wieder, dass trotz gegenteiliger Empfehlung Myco-Sin Vin mit Kupfer gemischt ausgebracht wird und zu starken phytoxoischen Schäden führt (Abb. 5). Aktuelle Änderungen in der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln für den Ökologischen Weinbau sowie der Registrierung von Pflan-zenstärkungsmitteln können über das Inter-netportal des BVL unter www.bvl.bund.de erfragt werden.

Dr. Uwe Hofmann

Eco-Consult – Internationale Beratung im Ökologischen Weinbau

(0 67 22) 98 10 00Fax: (0 67 22) 98 10 02E-Mail: [email protected]

W e i t e r e i n f O s

Abb. 6: Schwarzfäule-befall an Trauben

Abb. 5: Verbren-nungen durch die

Mischung von Myco-Sin Vin und Kupfer Fo

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Tab. 3: Mischbarkeitstabelle von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenstärkungsmitteln im ökologischen Weinbau

Mittel Schaderreger, Wirkprinzip

PFLANZENSCHUTZMITTEL

ParaffinölePromanal Neu, Para Sommer

Nicht mischbar, nur separat ausbringen

Rapsöl Micula, Celaflor Schädlingsfrei

Nicht mischbar, nur separat ausbringenEine Mischung mit Schwefel ist bis Mausohrstadium möglich

Neem Azal Nicht mischbar, nur separat ausbringen

Spintor (Spinosad) Nicht mischbar, nur separat ausbringen

Bacillus thuringiensis-PräparateDipel ES, Xen Tari

Mischbar mit: Myco-Sin VIN, Cu-oxychlorid, Cu-hydroxid, Cu-octanuat, Netzschwefel, Pflanzen-, Algen-, Kompost-extrakten, HF-Pilzvorbeuge

Nicht mischbar mit: Wasserglas, VitiSan, Natrium-bicarbonat

Netzschwefel max. 5,0 kg/ha Thiovit, Stulln, Asulfa

Kumulus

Keine Einschränkung in der MischbarkeitMischung mit HF-Pilzvorbeuge kann zu phytoxischen Schäden führen, insbesondere im Stadium Fruchtansatz

Nicht mischbar mit: Myco-Sin VIN

KupfermittelCu-oxychlorid, Cu-hydroxid

Cu-octanuat

Mischbar mit: Wasserglas, HF-Pilzvorsorge, Pflanzen-, Algen-, Kompostextrakten, Schwefel, VitiSan, Bacillus thuringiensis-Präparaten

Nicht mischbar mit: Myco-Sin VIN

Cueva: Nicht mischbar mit: HF-Pilzvorbeuge, Wasserglas, VitiSan, Na-bicarbonaten, Myco-Sin VIN etc.!!!

PFLANZENSTÄRKUNGSMITTEL

Myco-Sin VIN 0,5 %(ph der Tankmischung ≤ 4)

Mischbar mit: Netzschwefel (Thiovit, Sufran, Asulfa, Stulln), Kräuterextrakte – Tees (Wasserauszüge), Algenextrakt, Bacillis thuringiensis

Empfohlene Mischung für die Praxis: 1:1 Myco-Sin VIN + Schwefel, max. 5 kg Schwefel

Nicht mischbar mit: Kupferpräparaten, Wasserglas, Kalium-(Natrium-)bicarbonat, Netzschwefel (Kumulus), Pflanzenseife, Aminovital, Algomin

FrutogardAlgenextrakt + Kalium-Phosphonat

Mischbar mit: Kupferhydroxid (Cuprozin fl.), Netzschwe-fel, HF-Pilzvorsorge, Bacillus thuringiensis-Präparaten

Empfohlene Mischung: 3 – 5 l Frutogard + 50 –100 g Kupfer + Schwefel 2 – 5 kg + 0,5 l HF-Pilzvorsorge

Nicht mischbar mit: Myco-Sin VIN, Kupferoxy- chlorid, Kupferoxid, Kupfersulfat, Kalium-(Natrium-) bicarbonat, Wasserglas

Kalium-Wasserglas Mischbar mit: Kupferpräparaten, Netzschwefel, Pflanzen-, Algen-, Kompostextrakten, HF-Pilzvorbeuge

Empfohlene Mischungen:

3 l Wasserglas + 3 kg Schwefel (gegen Kräuselmilben,Oidium, Schwarzfleckenkrankheit)

3 l Wasserglas + 3 kg Schwefel oder 2,5 l Wasser-glas + 2,5 l HF-Pilzvorbeuge (Oidium)

3 – 5 l Wasserglas (Botrytis, Hagel)

Nicht mischbar mit: Myco-Sin VIN, Bacillus thuringiensis, Kalium-(Natrium-)bicarbonat

Natrium-Kaliumbicarbonat VitiSan, SaluCarb, Steinhauers Mehltauschreck

Mischbar mit: Kupferpräparaten, Netzschwefel

Empfohlene Mischungen:

8 – 10 kg VitiSan oder 10 –15 kg Natriumbicarbonat (Oidium)

8 – 10 kg VitiSan + 1 – 2 l HF-Pilzvorbeuge (Oidium-befall)

8 – 10 kg VitiSan + 1 – 2 l HF-Pilzvorbeuge + 2 l Cocona-Seife (min. 1 000 l Wasser) (Traubenwäsche)

Nicht mischbar mit: Myco-Sin VIN, Bacillus thuringiensis, Wasserglas, Pflanzen-, Kompostextrakten, Brottrunk

HF-Pilzvorbeuge Keine Einschränkung in der Mischbarkeit Mischung mit Schwefel kann Probleme geben (Phytotox insbesondere im Stadium Fruchtansatz)

Empfohlene Mischungen:

2,5 l HF-Pilzvorbeuge + 2,5 l Wasserglas + Kupferpräparate (Oidium, Botrytis)

2,5 l HF-Pilzvorbeuge + 8 – 10 kg VitiSan + Kupferpräparate (Oidium)

1 – 2 l HF-Pilzvorbeuge + 8 – 10 kg VitiSan (Oidiumbefall)

1 – 2 l HF-Pilzvorbeuge + 8 – 10 kg VitiSan + 2 l Cocona-Seife (min. 1 000 l Wasser) (Traubenwäsche)

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