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Pflichtübung aus Straf- und Strafprozessrecht
Univ.- Ass. Mag. Martin Stricker
Fall 3
Die Polizei wird zu einem Verkehrsunfall gerufen. Ein Fußgänger ist
schwer verletzt worden, ein Auto (Unfallwagen) ist beschädigt. Die
Polizisten befragen eine Frau und einen Mann, die bei dem Auto stehen.
Die beiden sagen aus, dass die Frau gefahren sei und den Fußgänger
offenbar übersehen habe. Weiters sei die Frau nicht sehr geübt im
Autofahren, wäre aber gefahren, weil ihr Mann wegen seiner erkennbaren
Alkoholisierung nicht mehr fahren konnte. Im Krankenhaus passiert
Unglaubliches. Nach der Einlieferung wird auf die Behandlung des
Fußgängers mehrere Stunden vergessen. Als er dann tatsächlich noch
behandelt wird, ist es zu spät, der Fußgänger verstirbt.
Auf welcher Rechtsgrundlage vernehmen die Polizisten die Frau und den Mann? Was ist dabei zu beachten?
Gegen die Frau wird wegen § 80 StGB ermittelt und Anklage erhoben.
In welcher Form wird Anklage erhoben? Kann der Verteidiger etwas dagegen unternehmen?
Fall 3 - Lösung
Erkundigung
§ 152 StPO; Informationspflichten nach § 152 Abs 2 StPO; Umgehungsverbot
Anklage
Zuständigkeit bei BG § 30 Abs 1 StPO; Strafantrag § 210 Abs 1 StPO;
Kein Einspruch, keine Anregung nach § 451 Abs 2 StPO
Fall 3
In der Hauptverhandlung wird die Frau tatsächlich wegen § 80 StGB
schuldig gesprochen und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Verteidiger hat prozessordnungsgemäß die Umstände im
Krankenhaus aufgeworfen, blieb aber erfolglos. Das Gericht vermeinte,
dass der Tod in jedem Fall der Unfallverursacherin zuzurechnen sei,
unabhängig davon, was sich im Krankenhaus ereignet hat.
Welches Rechtsmittel mit welcher Begründung (welchen Begründungen)
sollte der Verteidiger ergreifen?
Fall 3 - Lösung
Rechtsmittel
Volle Berufung
- wegen Nichtigkeit: § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 10 fehlerhafte rechtliche
Beurteilung des RZ oder Feststellungmangel.
- § 468 Abs 1 Z 4 iVm § 281 Abs 1 Z 10a denkbar.
- § 464 Z 2 Berufung wegen Strafe
Fall 3
Nach der Anmeldung des Rechtsmittels kommt die Frau zu ihrem
Verteidiger und erzählt ihm folgende Geschichte: Nicht sie sei gefahren,
sondern ihr Ehemann. Er habe zu viel getrunken (4 Krügerl), was auch sie
gewusst habe, und habe alkoholbedingt den Fußgänger übersehen. Sie
selbst habe eine Gehirnerschütterung und ein paar Prellungen bei diesem
Unfall erlitten. Aber das ist ihr egal. Da ihr Mann den Führerschein beruflich
benötigt, habe er sie eindringlich gebeten, den Unfall auf ihre Kappe zu
nehmen. Sie war einverstanden – was hätte sie anderes tun sollen – und
beide hätten gleich nach dem Unfall vor den Polizisten ausgesagt, dass sie
gefahren sei. Ihr Mann hat das dann auch in der Hauptverhandlung
wiederholt. Sie möchte aber wirklich nicht für ihren Mann ins Gefängnis
gehen.
Angenommen der Sachverhalt stimmt: Wie haben sich Mann und Frau strafbar
gemacht?
Was kann der Anwalt tun, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen?
Fall 3 - Lösung
Strafbarkeit des Ehemanns§ 88 Abs 4 2.Fall StGB; Übernahmsfahrlässigkeit
§ 88 Abs 1 StGB an Frau– Einwilligung?
§ 297 StGB an Frau– Einwilligung?
§ 288 Abs 1 StGB
§ 299 Abs 2 StGB
Strafbarkeit der Ehefrau
Beitrag an § 297 StGB ?
Kein § 298 StGB; Kein § 288 Abs 4 StGB
§ 299, aber § 299 Abs 3 StGB
Anwalt
Berufung wegen Nichtigkeit betrifft auch die Schuld § 467 Abs 3 StPO; kein Neuerungsverbot, daher
in der Berufungsausführung angeben.
Nach Rechtskraft:
Wiederaufnahme nach § 353 Abs 1 Z 1 StPO - falsche Beweisaussage, auch Z 2, weil neue Beweise
Fall 3
Hauptverhandlung in einem Verfahren wegen § 87 Abs 1 StGB
(Messerstich in die Bauchgegend, Verursachung schwerer Verletzungen):
Bei seiner Einvernahme gibt das Opfer kund, dass es den Angeklagten
eindringend gebeten hatte, ihn zu töten. Es wollte damals sterben, da
Krebs bei ihm diagnostiziert wurde. Der Angeklagte bestätigt diese
Aussage. Aus Freundschaft und versicherungstechnischen Überlegungen
habe er bisher geschwiegen.
Was hat in der Hauptverhandlung zu geschehen?
Fall 3 - Lösung
Hauptverhandlung
SV deutet auf Strafbarkeit nach § 77 StGB
Idente Tat gegeben daher Belehrung nach § 262 StPO; Gehör gewähren
Zuständigkeit der Schöffen gem § 31 Abs 2 Z 3 StPO
Unzuständigkeitsurteil gem § 488 Abs 3 StPO