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194 | Phys. Unserer Zeit | 4/2006 (37) www.phiuz.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim MAGAZIN | SCIENCE CENTER | Auf insgesamt rund 9000 m 2 Aktions- fläche haben die Besucher vielfältige Möglichkeiten, die faszinierende Welt der Phänomene zu entdecken. Im Mittelpunkt stehen 250 größtenteils interaktive Experimentierstationen, die zum Ausprobieren und Erfor- schen einladen. Jeder Besucher folgt auf seiner Entdeckertour durch die Experimentierlandschaft seiner eige- nen Neugier,eine feste Wegeführung oder Reihenfolge der Experimente gibt es nicht. Der Ausgang der Expe- rimente ist offen und unbestimmt. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Auf diese Weise kann jeder seinem indivi- duellen Interesse folgen. Dabei kann er bei acht Themenclustern seine Schwerpunkte setzen: Materie, Ener- gie, Licht und Sehen, Mikro/Makro, Bewegung,Wind und Wetter, Infor- mation sowie Leben. Phæno – das ist auch die wohl größte begehbare Skulptur Deutsch- lands, ein Bauwerk, geschaffen von der Stararchitektin Zaha Hadid (Ab- bildung 1). Besucher werden in diese Skulptur „hineingezogen“ und schlüpfen in die Rolle von Wissen- schaftlern. Jedes der Experimente lässt sich unter verschiedenen Ge- sichtspunkten betrachten und thema- tisch einordnen. Natürlich ist es aber auch möglich, eine gezielte Auswahl von Experimentierstationen zu ei- nem Themenkomplex zusammenzu- fassen. Phæno unterstützt dies durch Vorschläge für Entdeckertouren zu bestimmten Themen und Problem- stellungen, wie sie beispielsweise in der Schule behandelt werden. Mit Hilfe eines Handzettels können aus- gewählte Experimentierstationen zum Thema bearbeitet werden. Entdecken, Erleben, Empfinden Doch auch bei diesen Aufgaben geht es um das eigene Erleben und Emp- finden der Besucher, phæno will ja gerade nicht Menschen bevormun- den und ihnen die phæno-eigene Sicht der Dinge aufdrängen. So ge- hen auch die Besucherbetreuer phænomen und phænowomen indi- viduell auf den Gast ein. Sie holen ihn ab, beantworten nur die Fragen, die der Besucher auch wirklich stellt und stehen im Gegensatz zum tra- dierten Museumsführer als Mitaben- teurer und -entdecker helfend zur Seite, ohne das Besuchererlebnis vor- zugeben. In den Besucherlaboren Tech-Lab und Life-Lab werden wech- selnde Programme mit unterschiedli- chen Schwerpunkten angeboten. Im Tech-Lab können neben Workshops zu Themen der Physik wie „ich ent- decke – die Induktion“ oder „ich ent- decke – die Schallspeicherung“ auch Werkstattkurse zu handwerklichen Themen wie UMT-Werkstatt oder Musikinstrumentenbau durchgeführt werden (Abbildung 2). UMT steht für Universelles Mediensystem für den Technikunterricht. Das ist ein Kon- struktionssystem, bei dem man nicht nur das Modell zusammensteckt, son- dern auch die Bauteile selbst fertigt und handwerkliche Fähigkeiten er- lernt. Im Life-Lab finden die Besucher vornehmlich Angebote zu Biologie oder Chemie wie „Die Chemie im Su- permarkt“ oder „ich entdecke – Feu- er,Wasser, Erde, Luft“. Während der Woche können diese Angebote von Gruppen und Schulklassen gebucht werden, am Wochenende ist stets ei- nes der Labore in offener Organisati- on für alle Besucher zugänglich. Das Wissenschaftstheater (ab Herbst 2006) und das Ideenforum er- gänzen das Angebot von phæno. Das Wissenschaftstheater bietet Raum für Vorträge, Experimentalshows, Thea- teraufführungen, aber auch Lesungen und Konzerte sind denkbar. Beim Ideenforum handelt es sich um eine variabel nutzbare Fläche, auf der Abb. 1 Das spektakuläre Bauwerk der Stararchitektin Zaha Hadid aus der Stadtperspek- tive (Foto: Klemens Ortmeyer). Phæno Wolfsburg – die Welt entdecken In Deutschlands jüngstem Science Center, dem phæno in Wolfsburg, öffnet sich die faszinierende und spannende Welt von Naturwissen- schaft und Technik. Die Besonderheit und Schönheit verblüffender, grundlegender und auch rätselhafter naturwissenschaftlicher Phänomene am eigenen Leib zu erleben, dies ist das Thema von phæno.

Phæno Wolfsburg – die Welt entdecken

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194 | Phys. Unserer Zeit | 4/2006 (37) www.phiuz.de © 2006 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M AG A Z I N |

S C I E N C E C E N T E R |

Auf insgesamt rund 9000 m2 Aktions-fläche haben die Besucher vielfältigeMöglichkeiten, die faszinierende Weltder Phänomene zu entdecken. ImMittelpunkt stehen 250 größtenteilsinteraktive Experimentierstationen,die zum Ausprobieren und Erfor-schen einladen. Jeder Besucher folgtauf seiner Entdeckertour durch dieExperimentierlandschaft seiner eige-nen Neugier, eine feste Wegeführungoder Reihenfolge der Experimentegibt es nicht. Der Ausgang der Expe-rimente ist offen und unbestimmt. Esgibt kein Richtig und kein Falsch. Aufdiese Weise kann jeder seinem indivi-duellen Interesse folgen. Dabei kanner bei acht Themenclustern seineSchwerpunkte setzen: Materie, Ener-gie, Licht und Sehen, Mikro/Makro,Bewegung, Wind und Wetter, Infor-mation sowie Leben.

Phæno – das ist auch die wohlgrößte begehbare Skulptur Deutsch-lands, ein Bauwerk, geschaffen vonder Stararchitektin Zaha Hadid (Ab-bildung 1). Besucher werden in dieseSkulptur „hineingezogen“ undschlüpfen in die Rolle von Wissen-schaftlern. Jedes der Experimentelässt sich unter verschiedenen Ge-

sichtspunkten betrachten und thema-tisch einordnen. Natürlich ist es aberauch möglich, eine gezielte Auswahlvon Experimentierstationen zu ei-nem Themenkomplex zusammenzu-fassen. Phæno unterstützt dies durchVorschläge für Entdeckertouren zubestimmten Themen und Problem-stellungen, wie sie beispielsweise inder Schule behandelt werden. MitHilfe eines Handzettels können aus-gewählte Experimentierstationenzum Thema bearbeitet werden.

Entdecken, Erleben, EmpfindenDoch auch bei diesen Aufgaben gehtes um das eigene Erleben und Emp-finden der Besucher, phæno will jagerade nicht Menschen bevormun-den und ihnen die phæno-eigeneSicht der Dinge aufdrängen. So ge-hen auch die Besucherbetreuer phænomen und phænowomen indi-viduell auf den Gast ein. Sie holenihn ab, beantworten nur die Fragen,die der Besucher auch wirklich stelltund stehen im Gegensatz zum tra-dierten Museumsführer als Mitaben-teurer und -entdecker helfend zurSeite, ohne das Besuchererlebnis vor-zugeben. In den Besucherlaboren

Tech-Lab und Life-Lab werden wech-selnde Programme mit unterschiedli-chen Schwerpunkten angeboten. ImTech-Lab können neben Workshopszu Themen der Physik wie „ich ent-decke – die Induktion“ oder „ich ent-decke – die Schallspeicherung“ auchWerkstattkurse zu handwerklichenThemen wie UMT-Werkstatt oder Musikinstrumentenbau durchgeführtwerden (Abbildung 2). UMT steht fürUniverselles Mediensystem für denTechnikunterricht. Das ist ein Kon-struktionssystem, bei dem man nichtnur das Modell zusammensteckt, son-dern auch die Bauteile selbst fertigtund handwerkliche Fähigkeiten er-lernt.

Im Life-Lab finden die Besuchervornehmlich Angebote zu Biologieoder Chemie wie „Die Chemie im Su-permarkt“ oder „ich entdecke – Feu-er, Wasser, Erde, Luft“. Während derWoche können diese Angebote vonGruppen und Schulklassen gebuchtwerden, am Wochenende ist stets ei-nes der Labore in offener Organisati-on für alle Besucher zugänglich.

Das Wissenschaftstheater (abHerbst 2006) und das Ideenforum er-gänzen das Angebot von phæno. DasWissenschaftstheater bietet Raum fürVorträge, Experimentalshows, Thea-teraufführungen, aber auch Lesungenund Konzerte sind denkbar. BeimIdeenforum handelt es sich um einevariabel nutzbare Fläche, auf der

Abb. 1 DasspektakuläreBauwerk derStararchitektinZaha Hadid ausder Stadtperspek-tive (Foto: KlemensOrtmeyer).

Phæno Wolfsburg – die Welt entdecken

In Deutschlands jüngstem Science Center, dem phæno in Wolfsburg,öffnet sich die faszinierende und spannende Welt von Naturwissen-schaft und Technik. Die Besonderheit und Schönheit verblüffender,grundlegender und auch rätselhafter naturwissenschaftlicher Phänomene am eigenen Leib zu erleben, dies ist das Thema von phæno.

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sowohl Sonderausstellungen als auchweitere Workshopangebote stattfin-den können. So wird dort gegenwär-tig „Low Cost – High Tech“, einWorkshop rund um die Physik hinteralltäglichen Nutzgegenständen, wie E-Gitarre, Airbag oder Touchscreen,angeboten.

250 ExperimentierstationenDie 250 Experimentierstationen ste-hen jedoch im Mittelpunkt: Sie kom-men aus acht verschiedenen Ländernvon mehr als 30 verschiedenen Her-stellern. Sowohl bewährte Konzepteanderer Science Center als auch Pro-totypen sind unter ihnen zu finden.Eine Besonderheit sind 40 von Künst-lern gestaltete Exponate, die eineweitere Perspektive auf Naturwissen-schaften und Technik eröffnen. Sosteckt beispielsweise hinter „Littleyellow chair“ von Arthur Ganson ne-ben dem Überraschungsmoment derentstehenden Figur eine komplexeMechanik, die dem Besucher einigeszum Thema Energieübertragung ver-mittelt.

Die Experimentierstationen imphæno zeigen das reale Phänomen,die Besucher sollen nicht durch dasDrücken von Knöpfen oder das Able-sen von Informationen von Monito-ren lernen, das „Begreifen“ im bestenWortsinne steht im Vordergrund underhält den Vorzug vor Computer-simulationen oder multimedial aufbe-

reiteten Installationen. Wer würdewohl ohne es auszuprobieren glau-ben, dass der „große Hängelinienbo-gen“ (Abbildung 3) seine Standfestig-keit erst durch den Schlussstein erhält oder eine Metallscheibe ganzsachte nach unten gleiten kann,wenn sie durch Wirbelströme ge-bremst wird.

Auch gängige Theoreme wie derSatz des Pythagoras finden sich inverschiedenen Darstellungsformen inder Experimentierlandschaft: So be-steht ein Exponat aus drei unterein-ander verbundenen Quadraten, dieüber den Seiten eines rechtwinkligenDreiecks montiert sind. Das Dreieckkann um seinen Schwerpunkt ge-dreht werden und die Flüssigkeit, diesich beispielsweise im Quadrat überder Hypotenuse befand, fließt in diebeiden Quadrate über den Katheten.So ist der Satz des Pythagoras ein-drucksvoll bewiesen.

Nicht auf den ersten Blick hinge-gen lässt sich der Bezug des „Ringhoch 3“ zum Satz des Pythagoras her-stellen, seine drei Ringe sind im Ver-hältnis 3:4:5 angelegt, was dem ein-fachsten pythagoräischen Tripel ent-spricht. Auf diese Weise lassen sichfür verschiedene Phänomene auchverschieden komplexe Formen derDarstellung in der Experimentier-landschaft finden.

Mit phæno hat die Stadt Wolfs-burg eine Investition in die geistige

Zukunft Deutschlands getätigt undwill die Erfahrungskette des selbst-ständigen Experimentierens, des Neu-gierig-werdens und des sich anschlie-ßenden Lernens in Gang setzen.Gerade und vor allem junge Men-schen sollen motiviert und interes-siert werden, sich mit naturwissen-schaftlichen Themen und techni-schen Problemen auseinander zu setzen – nicht durch Formeln an derTafel, sondern durch eigenes Expe-rimentieren.

Dabei sieht sich phæno nicht alsKonkurrenz zur Schule, sondern willPartner sein. Für Lehrerinnen undLehrer, die phæno für ihren Unter-richt nutzen wollen, gibt es daher ei-ne Reihe von Angeboten. Da sind zu-erst die Lehrerinfo-Treffen, bei denenLehrerinnen und Lehrer einenganzen Nachmittag Gelegenheit ha-ben, kostenlos phæno zu erkundenund die Möglichkeiten zu testen. Ge-plant sind in der Zukunft fachlicheund fachdidaktische Fortbildungsver-anstaltungen zu den Phänomenen inder Experimentierlandschaft, zur„Physik dahinter“ und zu ergänzen-den Schülerexperimenten, die miteinfachen Mitteln auch im Schulunter-richt durchgeführt werden können.

Phæno, Willy-Brandt-Platz 1,Infotelefon 0180/ 10 60 600 (bundes-weit zum Ortstarif), www.phaeno.de

Peter Rösner, phaeno.

<< Abb. 2 DieUMT-Werkstatt imTech-Lab Modell-bau (Foto: RainerJensen).

< Abb. 3 Der Gro-ße Hängelinien-bogen erhält seineStandfestigkeiterst durch denSchlussstein (Foto:Lars Landmann).