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PharmaNews Ausgabe 12 – Frühjahr 2012 Themen: Optimierung der Pharmadistribution Neue Herausforderungen für den Pharmaeinkauf Was „Finance Masters“ auszeichnet Medizintechnik: Zukunft durch neue Wachstumschancen sichern Interview: Birgit Fischer über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz Erfolgsfaktoren für integrierte Nachhaltigkeit

PharmaNews - Accenture · lungen und Trends aus der Pharmaindustrie für Sie zusammengetragen. In dieser Ausgabe erläutern wir Ihnen ungenutzte Kosten senkungspotenziale in der Pharmadistribution

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PharmaNewsAusgabe 12 – Frühjahr 2012

Themen:

Optimierung der Pharmadistribution

Neue Herausforderungen für den Pharmaeinkauf

Was „Finance Masters“ auszeichnet

Medizintechnik: Zukunft durch neue Wachstumschancen sichern

Interview: Birgit Fischer über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz

Erfolgsfaktoren für integrierte Nachhaltigkeit

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen zur Frühjahrsausgabe 2012 von PharmaNews, dem Accenture­Newsletter für die pharmazeutische Industrie.

Wieder haben wir aktuelle Marktentwick­lungen und Trends aus der Pharmaindustrie für Sie zusammengetragen. In dieser Ausgabe erläutern wir Ihnen ungenutzte Kosten­senkungspotenziale in der Pharmadistribution und effektive Stellhebel zur Distributions­optimierung, z.B. Bestandsoptimierung durch Vernetzung. Lesen Sie auch über neue Herausforderungen und sich daraus er gebende Optimierungspotenziale des Pharma einkaufs.

Aus der Accenture High Performance Finance­Studie stellen wir Ihnen Kernergebnisse zur Ausrichtung erfolgreicher Finanzorganisatio­nen vor. Des Weiteren zeigen wir Ihnen neue Wachstumschancen und Geschäftsmodelle in der Medizintechnik, die sich beispielsweise aus dem Einsatz von innovativer IT und der Komplementierung des reinen Produkt­geschäfts durch „Value­adding Services“ ergeben.

Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), spricht über die Chancen und Heraus­forderungen des Arzneimittelmarktneuord­nungsgesetzes (AMNOG). In einem weiteren Beitrag informieren wir Sie über Erfolgsfak­toren für integrierte Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und verbleibe mit herzlichen Grüßen

Michael BrücknerGeschäftsführer

Optimierung der Pharmadistribution

Ungenutzte Kosten­senkungspotenziale aufdeckenBis zu drei Prozent ihres Umsatzes wenden Arzneimittelhersteller heute für die Distribu­tion ihrer Produkte von der Herstellung bis zum Kunden auf. Oft zu viel, wie Untersu­chungen zeigen. Anders als beispielswei­se die Konsumgüterindustrie, haben die Pharmaunternehmen bisher nur wenig in die Optimierung ihrer Lieferprozesse investiert. Dies wird sich in naher Zukunft ändern.

Jederzeit vollständig und pünktlich sollen sie sein, die Arzneimittellieferungen der Pharmaindustrie: Großhandel, Krankenhäuser und Apotheken setzen voraus, dass jedwedes Produkt in weniger als 24 Stunden bereit­gestellt werden kann. Doch diese Logistik ist nicht ohne Preis. Tatsächlich werden die Distributionskosten in den nächsten Jahren sogar noch weiter steigen: Die Zahl der Pro­dukte mit Kühlanforderung oder zumindest Temperaturkontrolle wächst, die lückenlose Nachverfolgung fordert ihren Tribut – und nicht zuletzt werden steigende Kraftstoff­preise die Transportkosten in den nächsten Jahren weiter in die Höhe treiben. Und das in einer Zeit, in der Patente auslaufen, Absatz­preise unter Druck geraten und Neuzulassun­gen immer kostspieliger werden.

Höchste Zeit, in die Optimierung der Distri­bution zu investieren. Die gute Nachricht ist, dass es hierfür viele Ansatzmöglichkeiten gibt. Untersuchungen zufolge sind Einspa­rungen von 15 bis 25 Prozent, in manchen Fällen auch bis zu 50 Prozent möglich. Drei Aspekte stehen im Vordergrund:

• DiesystematischeOptimierungbeginntmit dem richtigen Mix der Distributions­kanäle. Für die Belieferung des Pharma­großhandels braucht ein Hersteller nur ein reduziertes Liefernetz, dafür muss ein Teil der Marge an den Handel abgetreten wer­den. Die Belieferung von Krankenhäusern und Apotheken hingegen sichert zwar eine größere Marge, treibt aber die Zahl der Distributionszentren und damit die Kosten wesentlich nach oben. Zum Vergleich: Konzentriert sich ein Pharmaunterneh­men auf die europaweite Belieferung des Großhandels, reichen drei bis vier Distribu­tionszentren, wohingegen eine Direktbelie­ferung der Krankenhäuser und Apotheken die dreifache Zahl an Distributionszentren erfordert. In Abhängigkeit von Produkt­ und Markenportfolio sind die Lieferwege bestmöglich zu balancieren. Entscheidet

sich ein Pharmahersteller für den aufwen­digeren Weg der direkten Distribution, muss er nicht unbedingt selbst in ein dich­teres Lagernetzwerk investieren. Kollabora­tion mit Wettbewerbern und die Nutzung von Dienstleistern kann ein schnellerer und kostengünstigerer Weg sein.

• EinzweiterPunktistdieBestandsoptimie­rung durch Vernetzung: Pharmahersteller haben heute praktisch keine Einsicht in die Bestandshöhen ihrer Kunden oder deren Bedarfsprognose. In der Folge arbeiten die meisten Pharmahersteller mit einer überhöhten Zahl an Lagerstandorten und deutlich überhöhten Sicherheitsbestän­den. Eine engere Zusammenarbeit von Herstellern, Großhandel, Krankenhäusern und Apotheken in der Bedarfs­ und Be­standsplanung und ­prognose, wie sie im Konsumgüterbereich längst üblich ist, kann wesentlich dazu beitragen, die Bestände auf allen Seiten bedarfsgerecht zu senken und zu optimieren – und so Kosten und Verfügbarkeiten zu verbessern. Wertschöp­fungspartner in der Konsumgüterindustrie haben mit der Vernetzung entlang der Lieferkette bereits eine nie da gewesene Transparenz geschaffen und ihre Bestände um bis zu 40 Prozent gesenkt – ohne die Versorgung zu gefährden. Es ist an der Zeit, solche Konzepte auch in der Pharmaindus­trie zu etablieren.

• InteressantfürKostenoptimierungundUmsatzsicherung speziell in der Kun­dengruppe Krankenhäuser sind Vendor­Managed­Inventory(VMI)­Lösungen: Darunter versteht man ein System, bei dem der Hersteller logistische Tätigkeiten in der Krankenhausapotheke übernimmt, nämlich die Überwachung, Auffüllung und Verwaltung der Bestände für die von ihm gelieferten Arzneimittel. Für Krankenhäu­ser ist dies attraktiv, weil ihnen oft die Mittel fehlen, ihre Supply­Chain­Prozesse eigenständig zu optimieren. Ihnen hilft VMI, Kapitalbindung, Bestands­ und Pro­zesskosten zu senken. Umfragen zufolge erwarten Krankenhäuser diesen Service von Pharmaherstellern sogar.

Fazit: Pharmahersteller finden in der Dis­tribution Ansätze für Kostenoptimierungen. Entscheidend ist hierbei die gleichzeitige Analyse der Absatzkanäle und Einbeziehung der Bestandshebel, welche zu einem Distri­butionskonzept führt, das nicht nur operative Kosten, sondern auch gebundenes Kapital minimiert und für alle Kundengruppen und Patienten eine schnelle Belieferung bei hoher Verfügbarkeit sicherstellt.

Ansprechpartner: [email protected]

Herausforderungen von Finanz­organisationen

Was „Finance Masters“ auszeichnetFinanzbereiche haben Kompetenzen und Effizienz signifikant optimiert. Die Besten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur Kosteneffizienz, sondern auch Unterneh­menswachstum in den Fokus rücken.

Die jüngste Finanz­ und Wirtschaftskrise hat die Finanzbereiche vieler Unternehmen gestärkt: Während noch 2008 nur wenige Führungskräfte erklärten, ihr Finanzwesen arbeite auf hohem Niveau, sind 2011 bereits sieben von zehn Topmanagern mit der hohen Leistung ihrer Finanzbereiche sehr zufrieden.

Bereits zum vierten Mal untersuchte Accenture, welchen Herausforderungen Finanzbereiche gegenüberstehen – und was Finance Masters besser machen als ihre Wettbewerber. Über 800 Finanz­ und Topmanager (darunter 20 Life­Science­Unter nehmen) nahmen an der aktuellen Studie teil.

Die größten Herausforderungen sehen CXOs in der Komplexitätsreduktion sowie in der Volatilität der Märkte, der sie mit verbes­serten Planungs­ und Steuerungsverfahren begegnen wollen. Life­Science­Unterneh­men kämpfen zudem mehr als andere mit veränderlichen Regulierungsvorgaben.

Entscheidungsträger in Life­Science­Unter­nehmen sehen noch erheblichen Nachholbe­darf in der Effizienz ihrer Finanzorganisation. Allerdings zeichnen sich ihre Finanzorgani­sationen dadurch aus, dass sie sich wesent­lich mehr an strategischen Entscheidungen beteiligen und ihre Fähigkeiten besser an den Wachstumsstrategien ihrer Unternehmen ausrichten als andere.

Merkmale von Finance Masters • Arbeitenhocheffizient.Dabeigehensie

behutsam vor. Qualität und Leistungs­vermögen können darunter leiden, wenn Kosten zu stark reduziert werden.

• Konzentrierensichkontinuierlichdarauf,Komplexität in Organisation, Prozesse und Systemen zu reduzieren.

• HabenwertschöpfendeFähigkeiten(z.B.strategische Planung) überdurchschnittlich verbessert.

• BegegnenVolatilitätdurchflexibleAnaly­se­, Planungs­ und Steuerungssysteme.

• SindenginunternehmerischeEntschei­dungsprozesse eingebunden und unter­stützen Wachstumsstrategien.

Ansprechpartner: [email protected]

Wertbeitrag liefern

Neue Herausforde­rungen für den PharmaeinkaufPharmaunternehmen galten lange als renditestarke Wachstumsgaranten. Doch auch diese Wall­Street­Darlings sind unter Druck geraten. Gesundheitsreformen, steigende Forschungskosten und Patentver­luste schmälern den Profit und rücken den Einkauf als einen wichtigen Bestimmungs­faktor in den Fokus der Optimierer. Die Herausforderung umfasst heute allerdings mehr, als Preise neu zu verhandeln oder Beschaffungsvolumina unternehmensweit zu bündeln, um Kosten zu sparen: Der Ein­kauf soll heute Wertbeiträge liefern und das Unternehmenswachstum unterstützen.

Das kann heißen, die Lieferanten so zu entwickeln, dass sie Innovationskraft, Wettbewerbsdifferenzierung und Unter­nehmenserfolg maßgeblich unterstützen. Außerdem sollten Unternehmen einen neuen Kostenbegriff einführen, mit dem Waren und Dienstleistungen nicht mehr nur nach ihrem direkten Preis bewertet werden, sondern auch nach dem Wert, den

sie für ein Unternehmen haben. Unter dem neuen Total Value of Ownership werden neben klassischen Lebenszykluskosten auch Umweltkosten (z.B. Ressourcenverbrauch), Compliance­ und Risikokosten (z.B. Waren­kennzeichnung) sowie Imagekosten (z.B. Reputation, Kundenbindung) konsolidiert; ferner der Gebrauchs­ und Innovationswert einer Ware für das Unternehmen oder ihr Effekt auf Prozessoptimierung und Kapital.

Pharmaunternehmen haben hier Nachholbe­darf: Ihre Einkaufskompetenzen fallen häu­figer hinter die anderer Branchen zurück, so die aktuelle High Performance Procurement­Studie von Accenture. Unter den Procure­ment Mastern sind Pharmaunternehmen rar.

Um zu den Procurement Mastern aufzu­schließen, können Pharmaunternehmen die „Closed Loop“­Methodik zum Management

von Gemeinkosten unterstützen. Kos­tenstrukturen werden transparenter und varia bler gestaltet sowie Ausgaben mit An­gebots­ und Nachfrageschwankungen har­monisiert, indem die Einkaufsnomen klatur eindeutig und nachhaltig der Finanzlogik angepasst wird. Eine notwendige Vorausset­zung für den Erfolg ist die Verankerung des Ansatzes in der Unternehmenskultur.

Der Aufbau entscheidender Kompetenzen (z.B. via Talent Management), eine inten­sivere Zusammenarbeit mit den operativen Bereichen, die Abstimmung von Beschaf­fungs­ und Geschäftsstrategie sowie eine integrierte, wertorientierte Zusammenar­beit mit den Lieferanten sind die weiteren Schlüssel zum Erfolg. Ansprechpartner: [email protected]

Ob Diagnostik, Intensivmedizin, Dialyse oder das Implantat: Der Umsatz mit Medizintechnik wächst, vor allem in den Schwellenländern, in denen in den kom­menden Jahren mit zweistelligen Wachs­tumsraten zu rechnen ist. Aber auch der deutsche Markt wuchs nach dem Krisenjahr 2009 im Jahr 2010 mit knapp zehn Pro­zent überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Industriestaaten. Die Attraktivität der Medizintechnik spiegelt sich auch in der Kooperation mit Pharma bis hin zur Integra­tion von Medizintechnik und Pharmasparte in einem Unternehmen wider.

Die Aussichten sind immer noch vielver­sprechend. Nichtsdestotrotz muss sich die BranchegegenabflachendesWachstumwappnen: Gesundheitsreformen, die länder­übergreifend nicht nur auf Arzneimittel­preise und ­kosten drücken, gehören ebenso zu den Herausforderungen wie der Trend zur ökonomischen Bewertung und zum Ver gleich des Nutzens der angewendeten Instrumente und Hilfsmittel. Zudem wurde das „perfekte Bild“ der Industrie in den ver gangenen Jahren durch Qualitätsmängel getrübt, die teils zu Rückrufaktionen führten und das Vertrauen der Anwender schwächten.

Um dem zu begegnen, gilt es, neue Mög­lichkeiten für die Diversifikation und Entwicklung des Produktportfolios zu suchen, die stets den Nutzen des Patienten in den Mittelpunkt stellen. Vor allem der intensivere Austausch von Informatio­nen – insbesondere durch die Vernetzung der Geräte – bietet dafür ein bis heute nur ansatzweise genutztes Innovationspotenzial. Der vermehrte Einsatz von IT in der Medi­zintechnik macht neue und lukrative, aber auch komplexe Geschäftsmodelle möglich: Intelligente Implantate (z.B. Herzschritt­macher), die Vitaldaten sammeln und auto­matisch zur Kontrolle an den zuständigen Arzt übermitteln, sind ebenso denkbar wie die uneingeschränkte Vernetzung der Labor­ und Gerätemedizin eines Krankenhauses.

Vernetzte IT im Gesundheitswesen ist ein wichtiges Fundament für eine optimierte Versorgungsforschung und Nutzenbewer­tung, mit der sich die Erstattungsfähigkeit von Produkten faktenbasiert begründen

lässt. Ein weiteres Aktionsfeld mit hohem Wachstumspotenzial ist der Schritt vom reinen Produktgeschäft zu integrierten Servicemodellen. Oft spezialisiert sich Medizintechnik noch auf die reine Ent­wicklung und den Vertrieb von Produkten, während Services noch selten als Umsatz­bringer begriffen werden. Insbesondere die „Value­adding Services“ (z. B. anwendungs­orientierte Schulungen) für Patienten und Anwender versprechen ein hohes Potenzial, um künftiges Wachstum zu erzielen und das Produktportfolio zu stärken.

Servicedifferenzierung und die Ausnutzung von Marktnischen können erfolgreiche Strategien sein. Angesichts einer zunehmend personalisierten Medizin können auch Ko­operationen zwischen Medizintechnik­ und Pharmaunternehmen Wachstumschancen erschließen.

Um Wachstumspotenzial in der Medizin­technikindustrie auszuschöpfen, stehen der

Branche also vielfältige attraktive Möglich­keiten zur Verfügung. Allem voran wird es wichtig, sich mit innovativen Technologien auf die sich ändernden Marktgegebenheiten sowie neue Anwender­ und Patientenbe­dürfnisse einzustellen. Entscheidend ist, dass es gelingt, mit Portfolio­Optimierung und der Integration von Mehrwertservices einen höheren Patientennutzen zu erzielen, zu at­traktiven Preisen anbieten zu können – und heutige Geschäftsmodelle entsprechend auf den Prüfstand zu stellen.

Ansprechpartner: [email protected]

Medizintechnik

Zukunft durch neue Wachstumschancen sichernDie Medizintechnik zählt mit einem weltweiten Umsatz von über 300 Milliarden US­Dollar zu den innovativsten, aber auch wettbewerbs­intensivsten Branchen. Das Besondere: Trotz Kostendrucks und Regulierung im Gesundheitswesen wuchs dieser Life­Science­Sektor bisher auf anhaltend hohem Niveau. Die Nachfrage aus den Schwellenmärkten und die alternde Bevölkerung tragen dazu bei. Allerdings könnten eine zunehmende Nutzendiskussion und jüngste Qualitätsmängel bei ausgewählten Produkten die schwunghafte Entwicklung dämpfen. Neue Ansätze sind gefragt, um das Wachstum langfristig zu sichern.

Birgit Fischer ist Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Sie spricht über die Chancen und Her­ausforderungen, die das Arzneimittelmarkt­neuordnungsgesetz (AMNOG) für Pharma­unternehmen in Deutschland bringt.

Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungs­gesetz (AMNOG) wurde der deutsche Pharmamarkt 2011 neu geordnet. Vor wel­che Herausforderungen stellt das AMNOG die Arzneimittelhersteller in Deutschland?Neu ist der Nachweis des Mehrnutzens eines neuen Arzneimittels im Vergleich zur Standardtherapie, um den Nutzen von Innovationen zu belegen und zugleich die Etablierung eines Verfahrens zur Preis­reglementierung. Diese Verfahren bei der Bewertung durch den G­BA und das IQWiG stellen die Unternehmen vor hohe inhalt­liche und bürokratische Herausforderun­gen und Aufwände bei der Erstellung von Dos siers. Sowohl eine Nutzenbewertung als auch Verhandlungen im Rahmen von Preisreglementierungen sind für die Unter­nehmen nicht vollkommen neu. Aber der spezielle „deutsche Weg“ ist neu: mit einer frühen Nutzenbewertung, der Selbstverwal­tung als Verhandlungspartner, der Paralle­lität und mangelnden Verzahnung mit der Arbeit der Zulassungsbehörden, den hohen bürokratischen Aufwänden, um nur einige Beispiele zu nennen. Dieser Prozess, der an mehreren Stellen gleichzeitig ansetzt und noch keine synchronisierten Abläufe und Verfahren sicherstellt, stellt für die Unter­nehmen ein hohes Risiko dar. Jede irrational oder fehlerhaft getroffene Entscheidung hat für die Unternehmen unmittelbar und mittelbar massive Auswirkungen auf dem deutschen, europäischen und internationa­len Markt mit irreparablen Folgen.

Eröffnen die Änderungen im Rahmen des AMNOG den Arzneimittelherstellern auch Chancen?Wenn es bei der Umsetzung des AMNOG gelänge, faire Verfahren zu etablieren, könnten Ressourcen für die Refinanzierung von Innovationen gewonnen werden. Eine höhere Effizienz in der Versorgung wird die Grundvoraussetzung sein, um Forschungs­wissen und innovative Arzneimittel auch zukünftig in der therapeutischen Versorgung der Patienten einsetzen zu können und den medizinischen Fortschritt in Deutschland voranzutreiben. Eine versorgungsrelevante Forschung und Entwicklung, deren Refi­

nanzierungsmöglichkeiten und der direkte Zugang zu Arzneimittelinnovationen für Patienten werden die zukünftigen Erfolgs­parameter sein – für Patienten, das Gesund­heitswesen in Deutschland, die Pharma­unternehmen und die Volkswirtschaft gleichermaßen. Dabei wird ein Wettbewerb um die beste Versorgung unter Einbeziehung der Industrie die Gesundheitswirtschaft in Deutschland stärken. Industrie, Krankenkas­sen und Ärzteschaft als Verhandlungspartner werden ihren Beitrag dazu leisten müssen.

Welche Veränderungen am AMNOG sind aus Ihrer Sicht notwendig?Das AMNOG muss sich als ein lernendes System beweisen, das Erfahrungen aktiv nutzt, Nachjustierungen und Weiterentwick­lungen gezielt realisiert und Schwachstellen nachbessert. Insbesondere müssen alle Akteure damit leben lernen, dass nicht jedes Detail bis ins Letzte geregelt werden kann, aber trotz Unsicherheiten eine bestmögliche Planungssicherheit zu gewährleisten ist. Das setzt ein konstruktives Miteinander der Akteure voraus, die sich bisher eher konfron­tativ gegenüberstanden.

Einige Beispiele und geforderte Nachbesse­rungen konkret:• Eine frühe Nutzenbewertung darf nicht

mit nachzuweisenden Belegen überfordert werden, die als Kenntnisse erst in der Versorgungsrealität und nicht allein unter Laborbedingungen gewonnen werden können.

• Bei der Festlegung der Vergleichstherapie ist eine Abstimmung mit den Zulassungs­behörden zwingend zu gewährleisten, um widersprüchliche Anforderungen zu verhindern.

• Die frühe Nutzenbewertung ist an medizi­nischen und wissenschaftlichen Kriterien auszurichten und darf indirekte Preisbe­wertungen nicht vorwegnehmen.

• Der notwendige Aufwand und der Umfang der Dossiers dürfen in Deutschland nicht exorbitant höher sein als in anderen euro­päischen Ländern.

• Den Unternehmen sollte die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Zweitmeinung zugestanden werden, mit der sich der G­BA bei einer umstrittenen Entschei­dung erneut zu befassen hat.

• Andere europäische Länder müssen bei der Preisreferenzierung eine mit Deutsch­land vergleichbare Wirtschaftskraft aufweisen.

• Einsparungen in der Versorgung durch den Einsatz innovativer Arzneimittel müssen sowohl versorgungssektoren­übergreifend ermittelt als auch bei der Nutzenbewertung und Preisfindung berücksichtigt werden.

• Wie auch in anderen europäischen Län­dern sollte eine Preisreferenzierung auf den offiziell zugänglichen Preis (Listen­preis) erfolgen.

• Erstattungsbeträge sind wie in anderen europäischen Ländern vertraulich zu behandeln, um Marktverzerrungen auszu­schließen und bestmögliche Erstattungen in dem jeweiligen Land zu erzielen.

Wie stellen Sie sich langfristig eine part­nerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Pharmaherstellern, Krankenkassen, Be­handlern und den übrigen Akteuren in der Gesundheitsversorgung vor?Ein konstruktives Zusammenwirken der Akteure ist nicht durch einen Beschluss herstellbar, sondern muss gemeinsam ent­wickelt werden. Voraussetzung ist eine Ver­ständigung über gemeinsam ausgehandelte Ziele, die Bereitschaft, eigene Kernkompe­tenzen einzubringen und die Bedingungen der jeweils anderen Seite wahrzunehmen und zu verstehen, um sich nicht gegenseitig zu überfordern. Für die Arzneimittelher­steller gilt insbesondere die Notwendigkeit, über die Produkte hinaus den Blick auf den Patientennutzen, die Versorgungssituation und die Akteure im Gesundheitswesen zu richten. Die Industrie selbst muss sich mehr als Teil einer Gesundheitswirtschaft sehen.Für die Akteure im Gesundheitswesen gilt im Umkehrschluss die Bereitschaft, sich mit der Forschung und Entwicklung von Innovationen sowie den internationalen Rahmenbedingungen für Pharmaunter­nehmen auseinanderzusetzen. Dazu gehört unweigerlich die Bereitschaft, sich mit Verfahren und Gegebenheiten in anderen europäischen Ländern zu befassen, um nicht allein spezifisch deutsche Regelungs­muster zu entwickeln. Dabei gilt es auch, interne Strukturen des deutschen Gesund­heitswesens zu überwinden und sektoren­übergreifend zu agieren.

Beide Seiten brauchen einen Mentalitäts­wandel, der auf Kooperation anstatt auf Konfrontation setzt.

Birgit Fischer über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG):

Das AMNOG muss sich als lernendes System beweisen

Sustainability

Erfolgsfaktoren für integrierte NachhaltigkeitDer Pfad der nachhaltigen Entwicklung birgt für die Pharmaindustrie Chancen für mehr „Shared Value“ – also wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen. Um diese Chan­cen zu nutzen, gilt es, Nachhaltigkeit von der Peripherie ins Kerngeschäft der Unter­nehmen zu rücken.

Wie die von UN Global Compact (UNGC) und Accenture erstellte CEO­Studie „A New Era of Sustainability“ zeigt, ist dies leichter gesagt als getan. So fehlt es häufig an der Anerkennung durch den Finanzmarkt oder auch an der Fähigkeit der Unternehmen, den „Shared Value“ oder den „Business Case of Sustainability“ dem Kapitalmarkt zu kommunizieren. Trotz oder sogar wegen der wirtschaftlich angespannten Lage gewinnen Nachhaltigkeitsbestrebungen aber auch in der Pharmaindustrie an Gewicht. Sie schaf­fen Vertrauen, erhöhen die Innovationskraft und steigern so die Ertragsmöglichkeiten oder decken Kosteneinsparungen auf und führen zu Arbeitgeberattraktivität.

Laut UNGC­Accenture­Studie gilt unter den CEOs der Pharmaindustrie die Bildung aller Menschen als kritischer Erfolgsfaktor für den Gesundheitssektor. Damit indirekt gekoppelt sind weitere Voraussetzun­gen wie einerseits die Bereitstellung von sauberem Wasser und Sanitärsystemen. Andererseits werden der Umgang mit Infektionskrankheiten (HIV/AIDS) und auch die Eindämmung der Kindersterblichkeit künftig noch relevantere Themen für die Pharmaindustrie sein. Es bedarf daher einer Prüfung der Beziehungen zwischen Krank­heit, Ressour cenverbrauch und Healthcare­Access­Möglichkeit.

Aus der Sicht von CEOs der Pharma industrie sind für die „integrierte Nachhaltigkeit“ zwei kritische Punkte zu beachten:

•BildungundFörderungvonEinstellungenund Fähigkeiten, die künftige Führungs­kräfte benötigen, um Nachhaltigkeit besser im Unternehmen voranzubringen.

•AufbaueinerpräzisenBewertungder Nachhaltigkeitsleistung mit Verknüpfung zu finanziellen Kennzahlen.

Ansprechpartner: [email protected]

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Über Accenture

Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit mehr als 246.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Spezialist für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekterfah-rung, fundierte Fähigkeiten über alle Bran-chen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirt-schaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2011) einen Nettoumsatz von 25,5 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de.