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PharmaNewsAusgabe 12 – Frühjahr 2012
Themen:
Optimierung der Pharmadistribution
Neue Herausforderungen für den Pharmaeinkauf
Was „Finance Masters“ auszeichnet
Medizintechnik: Zukunft durch neue Wachstumschancen sichern
Interview: Birgit Fischer über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz
Erfolgsfaktoren für integrierte Nachhaltigkeit
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen zur Frühjahrsausgabe 2012 von PharmaNews, dem AccentureNewsletter für die pharmazeutische Industrie.
Wieder haben wir aktuelle Marktentwicklungen und Trends aus der Pharmaindustrie für Sie zusammengetragen. In dieser Ausgabe erläutern wir Ihnen ungenutzte Kostensenkungspotenziale in der Pharmadistribution und effektive Stellhebel zur Distributionsoptimierung, z.B. Bestandsoptimierung durch Vernetzung. Lesen Sie auch über neue Herausforderungen und sich daraus er gebende Optimierungspotenziale des Pharma einkaufs.
Aus der Accenture High Performance FinanceStudie stellen wir Ihnen Kernergebnisse zur Ausrichtung erfolgreicher Finanzorganisationen vor. Des Weiteren zeigen wir Ihnen neue Wachstumschancen und Geschäftsmodelle in der Medizintechnik, die sich beispielsweise aus dem Einsatz von innovativer IT und der Komplementierung des reinen Produktgeschäfts durch „Valueadding Services“ ergeben.
Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), spricht über die Chancen und Herausforderungen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG). In einem weiteren Beitrag informieren wir Sie über Erfolgsfaktoren für integrierte Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und verbleibe mit herzlichen Grüßen
Michael BrücknerGeschäftsführer
Optimierung der Pharmadistribution
Ungenutzte Kostensenkungspotenziale aufdeckenBis zu drei Prozent ihres Umsatzes wenden Arzneimittelhersteller heute für die Distribution ihrer Produkte von der Herstellung bis zum Kunden auf. Oft zu viel, wie Untersuchungen zeigen. Anders als beispielsweise die Konsumgüterindustrie, haben die Pharmaunternehmen bisher nur wenig in die Optimierung ihrer Lieferprozesse investiert. Dies wird sich in naher Zukunft ändern.
Jederzeit vollständig und pünktlich sollen sie sein, die Arzneimittellieferungen der Pharmaindustrie: Großhandel, Krankenhäuser und Apotheken setzen voraus, dass jedwedes Produkt in weniger als 24 Stunden bereitgestellt werden kann. Doch diese Logistik ist nicht ohne Preis. Tatsächlich werden die Distributionskosten in den nächsten Jahren sogar noch weiter steigen: Die Zahl der Produkte mit Kühlanforderung oder zumindest Temperaturkontrolle wächst, die lückenlose Nachverfolgung fordert ihren Tribut – und nicht zuletzt werden steigende Kraftstoffpreise die Transportkosten in den nächsten Jahren weiter in die Höhe treiben. Und das in einer Zeit, in der Patente auslaufen, Absatzpreise unter Druck geraten und Neuzulassungen immer kostspieliger werden.
Höchste Zeit, in die Optimierung der Distribution zu investieren. Die gute Nachricht ist, dass es hierfür viele Ansatzmöglichkeiten gibt. Untersuchungen zufolge sind Einsparungen von 15 bis 25 Prozent, in manchen Fällen auch bis zu 50 Prozent möglich. Drei Aspekte stehen im Vordergrund:
• DiesystematischeOptimierungbeginntmit dem richtigen Mix der Distributionskanäle. Für die Belieferung des Pharmagroßhandels braucht ein Hersteller nur ein reduziertes Liefernetz, dafür muss ein Teil der Marge an den Handel abgetreten werden. Die Belieferung von Krankenhäusern und Apotheken hingegen sichert zwar eine größere Marge, treibt aber die Zahl der Distributionszentren und damit die Kosten wesentlich nach oben. Zum Vergleich: Konzentriert sich ein Pharmaunternehmen auf die europaweite Belieferung des Großhandels, reichen drei bis vier Distributionszentren, wohingegen eine Direktbelieferung der Krankenhäuser und Apotheken die dreifache Zahl an Distributionszentren erfordert. In Abhängigkeit von Produkt und Markenportfolio sind die Lieferwege bestmöglich zu balancieren. Entscheidet
sich ein Pharmahersteller für den aufwendigeren Weg der direkten Distribution, muss er nicht unbedingt selbst in ein dichteres Lagernetzwerk investieren. Kollaboration mit Wettbewerbern und die Nutzung von Dienstleistern kann ein schnellerer und kostengünstigerer Weg sein.
• EinzweiterPunktistdieBestandsoptimierung durch Vernetzung: Pharmahersteller haben heute praktisch keine Einsicht in die Bestandshöhen ihrer Kunden oder deren Bedarfsprognose. In der Folge arbeiten die meisten Pharmahersteller mit einer überhöhten Zahl an Lagerstandorten und deutlich überhöhten Sicherheitsbeständen. Eine engere Zusammenarbeit von Herstellern, Großhandel, Krankenhäusern und Apotheken in der Bedarfs und Bestandsplanung und prognose, wie sie im Konsumgüterbereich längst üblich ist, kann wesentlich dazu beitragen, die Bestände auf allen Seiten bedarfsgerecht zu senken und zu optimieren – und so Kosten und Verfügbarkeiten zu verbessern. Wertschöpfungspartner in der Konsumgüterindustrie haben mit der Vernetzung entlang der Lieferkette bereits eine nie da gewesene Transparenz geschaffen und ihre Bestände um bis zu 40 Prozent gesenkt – ohne die Versorgung zu gefährden. Es ist an der Zeit, solche Konzepte auch in der Pharmaindustrie zu etablieren.
• InteressantfürKostenoptimierungundUmsatzsicherung speziell in der Kundengruppe Krankenhäuser sind VendorManagedInventory(VMI)Lösungen: Darunter versteht man ein System, bei dem der Hersteller logistische Tätigkeiten in der Krankenhausapotheke übernimmt, nämlich die Überwachung, Auffüllung und Verwaltung der Bestände für die von ihm gelieferten Arzneimittel. Für Krankenhäuser ist dies attraktiv, weil ihnen oft die Mittel fehlen, ihre SupplyChainProzesse eigenständig zu optimieren. Ihnen hilft VMI, Kapitalbindung, Bestands und Prozesskosten zu senken. Umfragen zufolge erwarten Krankenhäuser diesen Service von Pharmaherstellern sogar.
Fazit: Pharmahersteller finden in der Distribution Ansätze für Kostenoptimierungen. Entscheidend ist hierbei die gleichzeitige Analyse der Absatzkanäle und Einbeziehung der Bestandshebel, welche zu einem Distributionskonzept führt, das nicht nur operative Kosten, sondern auch gebundenes Kapital minimiert und für alle Kundengruppen und Patienten eine schnelle Belieferung bei hoher Verfügbarkeit sicherstellt.
Ansprechpartner: [email protected]
Herausforderungen von Finanzorganisationen
Was „Finance Masters“ auszeichnetFinanzbereiche haben Kompetenzen und Effizienz signifikant optimiert. Die Besten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur Kosteneffizienz, sondern auch Unternehmenswachstum in den Fokus rücken.
Die jüngste Finanz und Wirtschaftskrise hat die Finanzbereiche vieler Unternehmen gestärkt: Während noch 2008 nur wenige Führungskräfte erklärten, ihr Finanzwesen arbeite auf hohem Niveau, sind 2011 bereits sieben von zehn Topmanagern mit der hohen Leistung ihrer Finanzbereiche sehr zufrieden.
Bereits zum vierten Mal untersuchte Accenture, welchen Herausforderungen Finanzbereiche gegenüberstehen – und was Finance Masters besser machen als ihre Wettbewerber. Über 800 Finanz und Topmanager (darunter 20 LifeScienceUnter nehmen) nahmen an der aktuellen Studie teil.
Die größten Herausforderungen sehen CXOs in der Komplexitätsreduktion sowie in der Volatilität der Märkte, der sie mit verbesserten Planungs und Steuerungsverfahren begegnen wollen. LifeScienceUnternehmen kämpfen zudem mehr als andere mit veränderlichen Regulierungsvorgaben.
Entscheidungsträger in LifeScienceUnternehmen sehen noch erheblichen Nachholbedarf in der Effizienz ihrer Finanzorganisation. Allerdings zeichnen sich ihre Finanzorganisationen dadurch aus, dass sie sich wesentlich mehr an strategischen Entscheidungen beteiligen und ihre Fähigkeiten besser an den Wachstumsstrategien ihrer Unternehmen ausrichten als andere.
Merkmale von Finance Masters • Arbeitenhocheffizient.Dabeigehensie
behutsam vor. Qualität und Leistungsvermögen können darunter leiden, wenn Kosten zu stark reduziert werden.
• Konzentrierensichkontinuierlichdarauf,Komplexität in Organisation, Prozesse und Systemen zu reduzieren.
• HabenwertschöpfendeFähigkeiten(z.B.strategische Planung) überdurchschnittlich verbessert.
• BegegnenVolatilitätdurchflexibleAnalyse, Planungs und Steuerungssysteme.
• SindenginunternehmerischeEntscheidungsprozesse eingebunden und unterstützen Wachstumsstrategien.
Ansprechpartner: [email protected]
Wertbeitrag liefern
Neue Herausforderungen für den PharmaeinkaufPharmaunternehmen galten lange als renditestarke Wachstumsgaranten. Doch auch diese WallStreetDarlings sind unter Druck geraten. Gesundheitsreformen, steigende Forschungskosten und Patentverluste schmälern den Profit und rücken den Einkauf als einen wichtigen Bestimmungsfaktor in den Fokus der Optimierer. Die Herausforderung umfasst heute allerdings mehr, als Preise neu zu verhandeln oder Beschaffungsvolumina unternehmensweit zu bündeln, um Kosten zu sparen: Der Einkauf soll heute Wertbeiträge liefern und das Unternehmenswachstum unterstützen.
Das kann heißen, die Lieferanten so zu entwickeln, dass sie Innovationskraft, Wettbewerbsdifferenzierung und Unternehmenserfolg maßgeblich unterstützen. Außerdem sollten Unternehmen einen neuen Kostenbegriff einführen, mit dem Waren und Dienstleistungen nicht mehr nur nach ihrem direkten Preis bewertet werden, sondern auch nach dem Wert, den
sie für ein Unternehmen haben. Unter dem neuen Total Value of Ownership werden neben klassischen Lebenszykluskosten auch Umweltkosten (z.B. Ressourcenverbrauch), Compliance und Risikokosten (z.B. Warenkennzeichnung) sowie Imagekosten (z.B. Reputation, Kundenbindung) konsolidiert; ferner der Gebrauchs und Innovationswert einer Ware für das Unternehmen oder ihr Effekt auf Prozessoptimierung und Kapital.
Pharmaunternehmen haben hier Nachholbedarf: Ihre Einkaufskompetenzen fallen häufiger hinter die anderer Branchen zurück, so die aktuelle High Performance ProcurementStudie von Accenture. Unter den Procurement Mastern sind Pharmaunternehmen rar.
Um zu den Procurement Mastern aufzuschließen, können Pharmaunternehmen die „Closed Loop“Methodik zum Management
von Gemeinkosten unterstützen. Kostenstrukturen werden transparenter und varia bler gestaltet sowie Ausgaben mit Angebots und Nachfrageschwankungen harmonisiert, indem die Einkaufsnomen klatur eindeutig und nachhaltig der Finanzlogik angepasst wird. Eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg ist die Verankerung des Ansatzes in der Unternehmenskultur.
Der Aufbau entscheidender Kompetenzen (z.B. via Talent Management), eine intensivere Zusammenarbeit mit den operativen Bereichen, die Abstimmung von Beschaffungs und Geschäftsstrategie sowie eine integrierte, wertorientierte Zusammenarbeit mit den Lieferanten sind die weiteren Schlüssel zum Erfolg. Ansprechpartner: [email protected]
Ob Diagnostik, Intensivmedizin, Dialyse oder das Implantat: Der Umsatz mit Medizintechnik wächst, vor allem in den Schwellenländern, in denen in den kommenden Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten zu rechnen ist. Aber auch der deutsche Markt wuchs nach dem Krisenjahr 2009 im Jahr 2010 mit knapp zehn Prozent überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Industriestaaten. Die Attraktivität der Medizintechnik spiegelt sich auch in der Kooperation mit Pharma bis hin zur Integration von Medizintechnik und Pharmasparte in einem Unternehmen wider.
Die Aussichten sind immer noch vielversprechend. Nichtsdestotrotz muss sich die BranchegegenabflachendesWachstumwappnen: Gesundheitsreformen, die länderübergreifend nicht nur auf Arzneimittelpreise und kosten drücken, gehören ebenso zu den Herausforderungen wie der Trend zur ökonomischen Bewertung und zum Ver gleich des Nutzens der angewendeten Instrumente und Hilfsmittel. Zudem wurde das „perfekte Bild“ der Industrie in den ver gangenen Jahren durch Qualitätsmängel getrübt, die teils zu Rückrufaktionen führten und das Vertrauen der Anwender schwächten.
Um dem zu begegnen, gilt es, neue Möglichkeiten für die Diversifikation und Entwicklung des Produktportfolios zu suchen, die stets den Nutzen des Patienten in den Mittelpunkt stellen. Vor allem der intensivere Austausch von Informationen – insbesondere durch die Vernetzung der Geräte – bietet dafür ein bis heute nur ansatzweise genutztes Innovationspotenzial. Der vermehrte Einsatz von IT in der Medizintechnik macht neue und lukrative, aber auch komplexe Geschäftsmodelle möglich: Intelligente Implantate (z.B. Herzschrittmacher), die Vitaldaten sammeln und automatisch zur Kontrolle an den zuständigen Arzt übermitteln, sind ebenso denkbar wie die uneingeschränkte Vernetzung der Labor und Gerätemedizin eines Krankenhauses.
Vernetzte IT im Gesundheitswesen ist ein wichtiges Fundament für eine optimierte Versorgungsforschung und Nutzenbewertung, mit der sich die Erstattungsfähigkeit von Produkten faktenbasiert begründen
lässt. Ein weiteres Aktionsfeld mit hohem Wachstumspotenzial ist der Schritt vom reinen Produktgeschäft zu integrierten Servicemodellen. Oft spezialisiert sich Medizintechnik noch auf die reine Entwicklung und den Vertrieb von Produkten, während Services noch selten als Umsatzbringer begriffen werden. Insbesondere die „Valueadding Services“ (z. B. anwendungsorientierte Schulungen) für Patienten und Anwender versprechen ein hohes Potenzial, um künftiges Wachstum zu erzielen und das Produktportfolio zu stärken.
Servicedifferenzierung und die Ausnutzung von Marktnischen können erfolgreiche Strategien sein. Angesichts einer zunehmend personalisierten Medizin können auch Kooperationen zwischen Medizintechnik und Pharmaunternehmen Wachstumschancen erschließen.
Um Wachstumspotenzial in der Medizintechnikindustrie auszuschöpfen, stehen der
Branche also vielfältige attraktive Möglichkeiten zur Verfügung. Allem voran wird es wichtig, sich mit innovativen Technologien auf die sich ändernden Marktgegebenheiten sowie neue Anwender und Patientenbedürfnisse einzustellen. Entscheidend ist, dass es gelingt, mit PortfolioOptimierung und der Integration von Mehrwertservices einen höheren Patientennutzen zu erzielen, zu attraktiven Preisen anbieten zu können – und heutige Geschäftsmodelle entsprechend auf den Prüfstand zu stellen.
Ansprechpartner: [email protected]
Medizintechnik
Zukunft durch neue Wachstumschancen sichernDie Medizintechnik zählt mit einem weltweiten Umsatz von über 300 Milliarden USDollar zu den innovativsten, aber auch wettbewerbsintensivsten Branchen. Das Besondere: Trotz Kostendrucks und Regulierung im Gesundheitswesen wuchs dieser LifeScienceSektor bisher auf anhaltend hohem Niveau. Die Nachfrage aus den Schwellenmärkten und die alternde Bevölkerung tragen dazu bei. Allerdings könnten eine zunehmende Nutzendiskussion und jüngste Qualitätsmängel bei ausgewählten Produkten die schwunghafte Entwicklung dämpfen. Neue Ansätze sind gefragt, um das Wachstum langfristig zu sichern.
Birgit Fischer ist Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Sie spricht über die Chancen und Herausforderungen, die das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) für Pharmaunternehmen in Deutschland bringt.
Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) wurde der deutsche Pharmamarkt 2011 neu geordnet. Vor welche Herausforderungen stellt das AMNOG die Arzneimittelhersteller in Deutschland?Neu ist der Nachweis des Mehrnutzens eines neuen Arzneimittels im Vergleich zur Standardtherapie, um den Nutzen von Innovationen zu belegen und zugleich die Etablierung eines Verfahrens zur Preisreglementierung. Diese Verfahren bei der Bewertung durch den GBA und das IQWiG stellen die Unternehmen vor hohe inhaltliche und bürokratische Herausforderungen und Aufwände bei der Erstellung von Dos siers. Sowohl eine Nutzenbewertung als auch Verhandlungen im Rahmen von Preisreglementierungen sind für die Unternehmen nicht vollkommen neu. Aber der spezielle „deutsche Weg“ ist neu: mit einer frühen Nutzenbewertung, der Selbstverwaltung als Verhandlungspartner, der Parallelität und mangelnden Verzahnung mit der Arbeit der Zulassungsbehörden, den hohen bürokratischen Aufwänden, um nur einige Beispiele zu nennen. Dieser Prozess, der an mehreren Stellen gleichzeitig ansetzt und noch keine synchronisierten Abläufe und Verfahren sicherstellt, stellt für die Unternehmen ein hohes Risiko dar. Jede irrational oder fehlerhaft getroffene Entscheidung hat für die Unternehmen unmittelbar und mittelbar massive Auswirkungen auf dem deutschen, europäischen und internationalen Markt mit irreparablen Folgen.
Eröffnen die Änderungen im Rahmen des AMNOG den Arzneimittelherstellern auch Chancen?Wenn es bei der Umsetzung des AMNOG gelänge, faire Verfahren zu etablieren, könnten Ressourcen für die Refinanzierung von Innovationen gewonnen werden. Eine höhere Effizienz in der Versorgung wird die Grundvoraussetzung sein, um Forschungswissen und innovative Arzneimittel auch zukünftig in der therapeutischen Versorgung der Patienten einsetzen zu können und den medizinischen Fortschritt in Deutschland voranzutreiben. Eine versorgungsrelevante Forschung und Entwicklung, deren Refi
nanzierungsmöglichkeiten und der direkte Zugang zu Arzneimittelinnovationen für Patienten werden die zukünftigen Erfolgsparameter sein – für Patienten, das Gesundheitswesen in Deutschland, die Pharmaunternehmen und die Volkswirtschaft gleichermaßen. Dabei wird ein Wettbewerb um die beste Versorgung unter Einbeziehung der Industrie die Gesundheitswirtschaft in Deutschland stärken. Industrie, Krankenkassen und Ärzteschaft als Verhandlungspartner werden ihren Beitrag dazu leisten müssen.
Welche Veränderungen am AMNOG sind aus Ihrer Sicht notwendig?Das AMNOG muss sich als ein lernendes System beweisen, das Erfahrungen aktiv nutzt, Nachjustierungen und Weiterentwicklungen gezielt realisiert und Schwachstellen nachbessert. Insbesondere müssen alle Akteure damit leben lernen, dass nicht jedes Detail bis ins Letzte geregelt werden kann, aber trotz Unsicherheiten eine bestmögliche Planungssicherheit zu gewährleisten ist. Das setzt ein konstruktives Miteinander der Akteure voraus, die sich bisher eher konfrontativ gegenüberstanden.
Einige Beispiele und geforderte Nachbesserungen konkret:• Eine frühe Nutzenbewertung darf nicht
mit nachzuweisenden Belegen überfordert werden, die als Kenntnisse erst in der Versorgungsrealität und nicht allein unter Laborbedingungen gewonnen werden können.
• Bei der Festlegung der Vergleichstherapie ist eine Abstimmung mit den Zulassungsbehörden zwingend zu gewährleisten, um widersprüchliche Anforderungen zu verhindern.
• Die frühe Nutzenbewertung ist an medizinischen und wissenschaftlichen Kriterien auszurichten und darf indirekte Preisbewertungen nicht vorwegnehmen.
• Der notwendige Aufwand und der Umfang der Dossiers dürfen in Deutschland nicht exorbitant höher sein als in anderen europäischen Ländern.
• Den Unternehmen sollte die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Zweitmeinung zugestanden werden, mit der sich der GBA bei einer umstrittenen Entscheidung erneut zu befassen hat.
• Andere europäische Länder müssen bei der Preisreferenzierung eine mit Deutschland vergleichbare Wirtschaftskraft aufweisen.
• Einsparungen in der Versorgung durch den Einsatz innovativer Arzneimittel müssen sowohl versorgungssektorenübergreifend ermittelt als auch bei der Nutzenbewertung und Preisfindung berücksichtigt werden.
• Wie auch in anderen europäischen Ländern sollte eine Preisreferenzierung auf den offiziell zugänglichen Preis (Listenpreis) erfolgen.
• Erstattungsbeträge sind wie in anderen europäischen Ländern vertraulich zu behandeln, um Marktverzerrungen auszuschließen und bestmögliche Erstattungen in dem jeweiligen Land zu erzielen.
Wie stellen Sie sich langfristig eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Pharmaherstellern, Krankenkassen, Behandlern und den übrigen Akteuren in der Gesundheitsversorgung vor?Ein konstruktives Zusammenwirken der Akteure ist nicht durch einen Beschluss herstellbar, sondern muss gemeinsam entwickelt werden. Voraussetzung ist eine Verständigung über gemeinsam ausgehandelte Ziele, die Bereitschaft, eigene Kernkompetenzen einzubringen und die Bedingungen der jeweils anderen Seite wahrzunehmen und zu verstehen, um sich nicht gegenseitig zu überfordern. Für die Arzneimittelhersteller gilt insbesondere die Notwendigkeit, über die Produkte hinaus den Blick auf den Patientennutzen, die Versorgungssituation und die Akteure im Gesundheitswesen zu richten. Die Industrie selbst muss sich mehr als Teil einer Gesundheitswirtschaft sehen.Für die Akteure im Gesundheitswesen gilt im Umkehrschluss die Bereitschaft, sich mit der Forschung und Entwicklung von Innovationen sowie den internationalen Rahmenbedingungen für Pharmaunternehmen auseinanderzusetzen. Dazu gehört unweigerlich die Bereitschaft, sich mit Verfahren und Gegebenheiten in anderen europäischen Ländern zu befassen, um nicht allein spezifisch deutsche Regelungsmuster zu entwickeln. Dabei gilt es auch, interne Strukturen des deutschen Gesundheitswesens zu überwinden und sektorenübergreifend zu agieren.
Beide Seiten brauchen einen Mentalitätswandel, der auf Kooperation anstatt auf Konfrontation setzt.
Birgit Fischer über das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG):
Das AMNOG muss sich als lernendes System beweisen
Sustainability
Erfolgsfaktoren für integrierte NachhaltigkeitDer Pfad der nachhaltigen Entwicklung birgt für die Pharmaindustrie Chancen für mehr „Shared Value“ – also wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen. Um diese Chancen zu nutzen, gilt es, Nachhaltigkeit von der Peripherie ins Kerngeschäft der Unternehmen zu rücken.
Wie die von UN Global Compact (UNGC) und Accenture erstellte CEOStudie „A New Era of Sustainability“ zeigt, ist dies leichter gesagt als getan. So fehlt es häufig an der Anerkennung durch den Finanzmarkt oder auch an der Fähigkeit der Unternehmen, den „Shared Value“ oder den „Business Case of Sustainability“ dem Kapitalmarkt zu kommunizieren. Trotz oder sogar wegen der wirtschaftlich angespannten Lage gewinnen Nachhaltigkeitsbestrebungen aber auch in der Pharmaindustrie an Gewicht. Sie schaffen Vertrauen, erhöhen die Innovationskraft und steigern so die Ertragsmöglichkeiten oder decken Kosteneinsparungen auf und führen zu Arbeitgeberattraktivität.
Laut UNGCAccentureStudie gilt unter den CEOs der Pharmaindustrie die Bildung aller Menschen als kritischer Erfolgsfaktor für den Gesundheitssektor. Damit indirekt gekoppelt sind weitere Voraussetzungen wie einerseits die Bereitstellung von sauberem Wasser und Sanitärsystemen. Andererseits werden der Umgang mit Infektionskrankheiten (HIV/AIDS) und auch die Eindämmung der Kindersterblichkeit künftig noch relevantere Themen für die Pharmaindustrie sein. Es bedarf daher einer Prüfung der Beziehungen zwischen Krankheit, Ressour cenverbrauch und HealthcareAccessMöglichkeit.
Aus der Sicht von CEOs der Pharma industrie sind für die „integrierte Nachhaltigkeit“ zwei kritische Punkte zu beachten:
•BildungundFörderungvonEinstellungenund Fähigkeiten, die künftige Führungskräfte benötigen, um Nachhaltigkeit besser im Unternehmen voranzubringen.
•AufbaueinerpräzisenBewertungder Nachhaltigkeitsleistung mit Verknüpfung zu finanziellen Kennzahlen.
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Über Accenture
Accenture ist ein weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit mehr als 246.000 Mitarbeitern, die für Kunden in über 120 Ländern tätig sind. Als Spezialist für große Business-Transformationen bringt das Unternehmen umfassende Projekterfah-rung, fundierte Fähigkeiten über alle Bran-chen und Unternehmensbereiche hinweg und Wissen aus qualifizierten Analysen der weltweit erfolgreichsten Unternehmen in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit seinen Kunden ein. Accenture erwirt-schaftete im vergangenen Fiskaljahr (zum 31. August 2011) einen Nettoumsatz von 25,5 Mrd. US-Dollar. Die Internetadresse lautet www.accenture.de.