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06/09/11 Pharmazeutische Biologie – Genetik – 6. Vorlesung Prof. Theo Dingermann Institut für Pharmazeutische Biologie Biozentrum Max-von Laue-Str. 9 60438 Frankfurt am Main [email protected] Donnerstag, 9. Juni 2011

Pharmazeutische Biologie – Genetik – 6. Vorlesungdingerma/Podcast/6.Genetik_SS2011.pdf · 06/09/11 26 Erbkrankheiten Hardy-Weinberg-Gleichgewicht Die Mukoviszidose (Phänotyp

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06/09/11

Pharmazeutische Biologie– Genetik –6. Vorlesung

Prof. Theo DingermannInstitut für Pharmazeutische Biologie

BiozentrumMax-von Laue-Str. 9

60438 Frankfurt am [email protected]

Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/112

+/a +/a

männlichweiblichkrankTräger

Erbkrankheiten

Rezessiver Erbgang

Typisch:• heterozygote Personen sind gesund (aber Träger)• kranke Personen selten (nicht in jeder Generation)• unabhängig vom Geschlecht• gesunde Nachkommen können das Allel weitervererben (Träger)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Mukoviszidose, Cystische Fibrose (CF)

autosomal-rezessiv vererbtFrequenz ca. 1:2.500Träger ca. 1:25 (= 4% der Bevölkerung!)

betroffenes Gen: CFTR; Locus: 7q31.2(cystic fibrosis transmembrane conductance regulator)1480 Aminosäuren, Chlorid-Transporter

Mehr als 550 verschiedene Mutationen im CFTR-Gen sind bekanntHäufigste Mutation: ΔF508

Viele Organe betroffen, insbesondere Lunge und Pankreasverschiedene Therapie-MöglichkeitenModell für Gentherapie-Entwicklung

Donnerstag, 9. Juni 2011

Mukoviszidose, Cystische Fibrose (CF)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Hämochromatose (HFE)

autosomal-rezessiv vererbtFrequenz ca. 1:1.000 jeder 8. - 10. in Nordeuropa ist Träger!

betroffenes Gen: HFE1; Locus: 6p21.3H = Häm; Fe = Eisen

Problem: Patienten haben statt 4 - 5 g Eisen bis zu 80 g EisenTherapie: regelmäßiger Aderlass

Donnerstag, 9. Juni 2011

Hämochromatose (HFE)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Phenylkenonurie

autosomal-rezessiv vererbtFrequenz ca. 1:10000

betroffenes Gen: Phenylalanin-Hydroxylase (PAH); Locus: 12q22-q24.2

Verminderte Umwandlung von Phenylalanin in TyrosinFolge: schwere Störungen der Gehirnentwicklung bei Säuglingen

Keine Therapiemöglichkeit außer lebenslange Einhaltung einer strikt phenylalanin-armen Diät

Donnerstag, 9. Juni 2011

Phenylkenonurie

autosomal-rezessiv vererbtFrequenz ca. 1:10000

betroffenes Gen: Phenylalanin-Hydroxylase (PAH); Locus: 12q22-q24.2

Verminderte Umwandlung von Phenylalanin in TyrosinFolge: schwere Störungen der Gehirnentwicklung bei Säuglingen

Keine Therapiemöglichkeit außer lebenslange Einhaltung einer strikt Phenylalanin-armen Diät

Donnerstag, 9. Juni 2011

Sichelzell-Anämie

autosomal-rezessiv vererbtSichelzell-Anämie: Häufigkeit 1:500 in Afrika

betroffenes Gen: β-Globinnormales Hämoglobin: Heterotetramer α2β2

Falschsinn-Mutation in Codon 6 (GAG —> GTG; Glu —> Val)veränderte Löslichkeit von Deoxy-Hämoglobinveränderte Morphologie der Erythrozytenchronische hämolytische AnämieGefäßverschlusskrisen

Donnerstag, 9. Juni 2011

Vergleich Sichelzell-Anämie und Thalassämie

beide autosomal-rezessiv vererbt

Sichelzell-Anämie: Bildung eines nicht funktionellen β-GlobinsThalassämien: Störungen in der Bildung von α- oder β-Globin

heterozygote Träger sind weitgehend resistent gegen Malaria

Sichelzell-Anämie Thalassämien

Donnerstag, 9. Juni 2011

Erbkrankheiten

Rezessiver Erbgang: Humangenetische Beratung

Wenn ein Elternpaar bereits ein erkranktes Kind hat, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zweites Kind

ebenfalls krank sein wird?

+a +a

++ +a aa+a

+ a + a

X

gesund krank25%

Donnerstag, 9. Juni 2011

Erbkrankheiten

Rezessiver Erbgang: Humangenetische Beratung

Fallbeispiel:Das Ehepaar Helga und Hans hat je ein Geschwister, das die autosomal-rezessive Krankheit Mukoviszidose aufweist. Sie selbst und ihre Eltern leiden nicht daran. Bislang wurde auch nicht festgestellt, ob einer von ihnen heterozygoter Genträger ist.Wie groß etwa ist das Risiko für ein Kind dieses Paares, an der Mukoviszidose zu erkranken?

Donnerstag, 9. Juni 2011

Erbkrankheiten

Autosomal-rezessiver Erbgang

1/3 1/3 1/3

Eltern von Helga

1/3 1/3 1/3

Eltern von Hans

Helga Hans

Wahrscheinlichkeit für diese Paarung:1/3 x 1/3 = 1/9 (11%)

Wahrscheinlichkeit krankes Kind:0%

Helga Hans

Wahrscheinlichkeit für diese Paarung:2X (1/3 x 1/3) = 2/9 (22%)

Wahrscheinlichkeit krankes Kind:0%

Donnerstag, 9. Juni 2011

Erbkrankheiten

Autosomal-rezessiver Erbgang

1/3 1/3 1/3 1/3 1/3 1/3

Eltern von Hans

Helga Hans

Wahrscheinlichkeit für diese Paarung:4X (1/3 x 1/3) = 4/9 (44%)

Wahrscheinlichkeit krankes Kind:4/9 x 1/4 = 1/9 (11%)

1/4 1/41/4 1/4

Eltern von Helga

Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/1115

Erbkrankheiten

X-chromosomaler Erbgang

Typisch:• weibliche, heterozygote Träger sind gesund• nur männliche Nachkommen können erkranken (müssen aber

nicht)• über mehrere Generationen auftretend• gesunde männliche Nachkommen können das Allel nicht

weitervererben

X/Y X/X

X/X

Donnerstag, 9. Juni 2011

Hämophilie A

X-chromosomal vererbtFrequenz ca. 1:10.000verschiedene Schweregrade

betroffenes Gen: Faktor VIII

Substitutionstherapie: rekombinanter Faktor VIIIModell für kausale Therapie (Gentherapie)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Duchenne Muskeldystrophie (DMD)

X-chromosomal vererbtFrequenz ca. 1:10.000Progressiver Verlust der MuskelentwicklungMuskel-Fehlfunktionen in multiplen OrganenSymptome nach ca. 3 JahrenLebenserwartung ca. 30 Jahre

betroffenes Gen kodiert Dystrophin3.685 Aminosäurennotwendiges Strukturelement in Muskelzellen

keine kausale Therapie möglich

Donnerstag, 9. Juni 2011

Fragiles X-Syndrom

X-chromosomal vererbtFrequenz ca. 1:2.000-1:8.000Trinukleotid-Expansions-MutationAllgemeine mentale Retardation(Minderbegabung, Lernschwäche, geistige Behinderung)

betroffenes Gen: FMR1; Locus: Xq27.3

(CGG)n-Wiederholungen im FMR1-Gen(CGG)6-50 ist normal(CGG)52-500 ist pathologisch

keine kausale Therapie möglich

Donnerstag, 9. Juni 2011

Erbkrankheiten

X-chromosomaler Erbgang: Humangenetische Beratung

Wenn ein Elternteil weiß, dass es Träger ist, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, einen kranken Jungen zu bekommen ?

XY XX

XX XX XYXY

X Y X X

krank

25%Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/1120

Erbkrankheiten

Plasmatischer (mitochondrialer) Erbgang

Donnerstag, 9. Juni 2011

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Erbkrankheiten

Plasmatischer (mitochondrialer) Erbgang

Typisch:• Erbgang folgt NICHT den Mendel'schen Regeln!• ausschließlich maternal vererbt• Schwere der Erkrankung hängt ab von der Zahl der betroffenen

Mitochondrien• meist Gene der oxidativen Phosphorylierung betroffen• manifestiert in Geweben mit hohem Energieumsatz (Gehirn,

Muskeln, Herz, Leber, Niere)

Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/1122

Erbkrankheiten

Hardy-Weinberg-Gleichgewicht

Das Hardy-Weinberg-Gleichgewicht (HWG) ist ein Begriff der PopulationsgenetikZur Berechnung dieses mathematischen Modells geht man von einer in der Realität nicht vorzufindenden idealen Population aus, in der sich weder die Häufigkeiten der Allele noch die Häufigkeiten der Genotypen verändern, da diese sich im modellierten Gleichgewicht befinden. Dies bedeutet, dass in einer idealen Population keine Evolution stattfindet, da keine Evolutionsfaktoren greifen und diese den hier konstanten Genpool verändern.

Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/1123

Erbkrankheiten

Hardy-Weinberg-Gleichgewicht

Das Hardy-Weinberg-Gleichgewicht (HWG) ist ein Begriff der Populationsgenetik

Donnerstag, 9. Juni 2011

06/09/1124

Erbkrankheiten

Hardy-Weinberg-GleichgewichtDie beiden Formeln für das Hardy-Weinberg Gleichgewicht lauten:

p2 + 2pq + q2 = 1p + q = 1

weiblichweiblichA(p) a(q)

männlich A(p) AA(p2) Aa(pq)männlicha(q) Aa(pq) aa(q2)

Allelfrequenzen• Die Allelfrequenz eines Genpools ist in einer Idealpopulation konstant.• Die relativen Häufigkeiten der betrachteten Allele sind zueinander

komplementär.• p + q = 1• p: relative Häufigkeit des Auftretens des Allels A• q: Allelfrequenz des (zu A komplementären) Allels a

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Erbkrankheiten

Hardy-Weinberg-GleichgewichtDie beiden Formeln für das Hardy-Weinberg Gleichgewicht lauten:

p2 + 2pq + q2 = 1p + q = 1

weiblichweiblichA(p) a(q)

männlich A(p) AA(p2) Aa(pq)männlicha(q) Aa(pq) aa(q2)

Genotypfrequenzen• Die Genotypenfrequenz eines Genpools ist in einer Idealpopulation

konstant.• p2 + 2pq + q2 = 1• p2 = h(AA)• 2pq = h(Aa)• q2 = h(aa)

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06/09/1126

Erbkrankheiten

Hardy-Weinberg-GleichgewichtDie Mukoviszidose (Phänotyp A) ist autosomal-rezessiv (Erkrankung nur bei Genotyp AA) und betrifft in Deutschland eins von 2.500 Kindern.Die Häufigkeit des Genotyps AA beträgt daher F(AA)= 1:2.500 = 0,0004.

• Berechnung von p: p2 = F(AA) = 0,0004 <=> Wurzel aus p2 = p = 0,02 (d.h. 2 % der Allele in der Bevölkerung sind defekt)

• Berechnung von q: q = 1 - p = 1 - 0,02 = 0,98 (d.h. 98 % der Allele sind gesund)

• Berechnung der Heterozygotenfequenz: F(Aa) = 2 pq = 2 x 0,02 x 0,98 = 0,0392 (d.h. ca. 4 % der Bevölkerung sind gesunde Träger des defekten Gens).

• Häufigkeit homozygot Gesunder F(aa): F(aa) = q2 = 0,982 = 0,9604

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