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Wissenschaftlicher Tell. 96. L. Rosenthaler, Bern: Phytochemische Notizen. Eingegangen am 15. Juli 1925. 1. Mannit in Jalapenknollen. In der Literatur findet sich zwar die Angabe, da8 Mannit in Jalapenknollen vorkomme, allein stets in bezweifelnder Weise, so in We h m e r s Pflanzenstoffen und in T s c h i r c h s Handbuch der PElarmakognosie. Die Angabe geht suriick auf eine Arbeit von W i d 5 m a n n I), in der sich folgendes findet: ,,200 Gran der gepulverten Wurzel gaben an absoluten Alkohol 50'/2 Gran ab, woraus 45l/2 Cran eines hellgelben leicht zerreiblichen Harzes, welches in Schwefelather nicht loslich war, erhalten wurden; dcr Rest bestand aus 4 Gran einer in Wasser und Alkohol loslichen, in strahliger Form kristallisierenden Substanz, dem Mannazuckcr ilhnlich, und 1 Gran eines sauren hygroskopischen Stoffes (Humus: saurq!k findet sich nichts mehr dariiber in der kleinen Arbeit, und man sieht ohne weiteres, da8 die Gegenwart von Mannit in Jalapa damit in keiner Weise bewiesen ist. Dies hat mich veranlafit, die Sache nochmals zu untersuchen. 500 g grub gepulverte Jalapenknollen wurden mit kaltem Wasser ausgezogen. Der Auszug wurde im Vakuum zur Trockne gedampft und der Ruckstand mit Weingeist aufgenommen. Beim freiwilligen Ver: dunsten des weingeistigen Auszugs schieden sich glanzende Kristalle ab, die wiederholt aus Weingeist umkristallisiert wurden. Sie schmo'zen dann bei 165--166O, dcm Schmelzpunkt des Mantiits. Die Elementaranalyse2) ergab C 39.36, H 7.72'10. Berechnet fur Mannit C 39.54, H 7.75O/0. Die Kristalle sind also Mannit und dessen An.: wcsenheit in Jalapenknollen ist damit sicher bewiesen. Es ist immer: hin von Interesse, zu sehen, daf3 in der Jalapa nicht nur weingeist: losliche Stoffe, die bckannten Glykoside, vorhanden sind, die die abfiihrendc Wirkung bedingen, sondern daO auch ein wasserloslicbcr Stoff vorhanden ist, der dieselbe Wirkung hervorbringen kann. Quantitativ durfte allerdings der Anteil, den der Mannit der Jalapa an h e r Abfiihrwirkung hat, sehr zurucktreten. 2. Saccharose aus Belladonnawurzel. Gelegentlich einer phytochemischen Arbeit mit Rad. Belladonnae wurde beobachtet, da8 sich aus dem weingeistigen Auszug Kristalle abschieden. Die Kristalle wurden mehrmals aus Weingeist umkristallis siert und schmolzen dann bei 185-186O. Sie gaben die allgemeinen Kohlenhydratreaktionen und reduzierten alkalische Kupferlosung 1) B u c h n e r s Repertorium fur die Pharmazie, 54, 220 (1835). 2) Als Mikroanalyse ausgefiihrt von Herrn V e t t e r , Graz. Archiv uud Berichte 1825. 3F

Phytochemische Notizen

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Wissenschaftlicher Tell. 96. L. Rosenthaler, Bern: Phytochemische Notizen.

Eingegangen am 15. Juli 1925.

1. M a n n i t i n J a l a p e n k n o l l e n . In der Literatur findet sich zwar die Angabe, da8 Mannit in

Jalapenknollen vorkomme, allein stets in bezweifelnder Weise, so in W e h m e r s Pflanzenstoffen und in T s c h i r c h s Handbuch der PElarmakognosie. Die Angabe geht suriick auf eine Arbeit von W i d 5

m a n n I), in der sich folgendes findet: ,,200 Gran der gepulverten Wurzel gaben an absoluten Alkohol

50'/2 Gran ab, woraus 45l/2 Cran eines hellgelben leicht zerreiblichen Harzes, welches in Schwefelather nicht loslich war, erhalten wurden; dcr Rest bestand aus 4 Gran einer in Wasser und Alkohol loslichen, in strahliger Form kristallisierenden Substanz, dem Mannazuckcr ilhnlich, und 1 Gran eines sauren hygroskopischen Stoffes (Humus:

saurq!k findet sich nichts mehr dariiber in der kleinen Arbeit, und man sieht ohne weiteres, da8 die Gegenwart von Mannit in Jalapa damit in keiner Weise bewiesen ist. Dies hat mich veranlafit, die Sache nochmals zu untersuchen.

500 g grub gepulverte Jalapenknollen wurden mit kaltem Wasser ausgezogen. Der Auszug wurde im Vakuum zur Trockne gedampft und der Ruckstand mit Weingeist aufgenommen. Beim freiwilligen Ver: dunsten des weingeistigen Auszugs schieden sich glanzende Kristalle ab, die wiederholt aus Weingeist umkristallisiert wurden. Sie schmo'zen dann bei 165--166O, dcm Schmelzpunkt des Mantiits. Die Elementaranalyse2) ergab C 39.36, H 7.72'10. Berechnet fur Mannit C 39.54, H 7.75O/0. Die Kristalle sind also Mannit und dessen An.: wcsenheit in Jalapenknollen ist damit sicher bewiesen. Es ist immer: hin von Interesse, zu sehen, daf3 in der Jalapa nicht nur weingeist: losliche Stoffe, die bckannten Glykoside, vorhanden sind, die die abfiihrendc Wirkung bedingen, sondern daO auch ein wasserloslicbcr Stoff vorhanden ist, der dieselbe Wirkung hervorbringen kann. Quantitativ durfte allerdings der Anteil, den der Mannit der Jalapa an h e r Abfiihrwirkung hat, sehr zurucktreten.

2. S a c c h a r o s e a u s B e l l a d o n n a w u r z e l . Gelegentlich einer phytochemischen Arbeit mit Rad. Belladonnae

wurde beobachtet, da8 sich aus dem weingeistigen Auszug Kristalle abschieden. Die Kristalle wurden mehrmals aus Weingeist umkristallis siert und schmolzen dann bei 185-186O. Sie gaben die allgemeinen Kohlenhydratreaktionen und reduzierten alkalische Kupferlosung

1) B u c h n e r s Repertorium fur die Pharmazie, 54, 220 (1835). 2) Als Mikroanalyse ausgefiihrt von Herrn V e t t e r , Graz. Archiv uud Berichte 1825. 3F

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nicht direkt, wohl aber nach Kochen mit verdunnter Salzsaure. Einc wasserige Losung der Kristalle, die 4.005 g in 100 ccm enthielt, drehte 2.71' nach rechtss). Daraus berechnet sich eine spezifische Drehung von + 67.6O. Durch Behandlung mit Invertin ging die Rechtsdrehung in Linksdrehung iiber und die Flussigkeit reduzierte dann alkalische Kupferlosung. Diese Feststellungen lassen keinen Zweifel dariiber, dais die isolierten Kristalle nicht anderes sind als Saccharose (Schmp. 185-186O; [ a ] ~ = + 66.5O), zumal sie auch SUB schmecktcn und die ResorcinSSa1zsaure:Reaktion gaben.

3. U b e r d a s B l a u s i i u r e g l y k o s i d d e r R i n d e v o n P i r u s

Pirus aucuparia Gaertner ist zuerst (1828) durch G r a B m a n n &)

auf Blausaure untersucht worden. Er fand sie u. a. in Wurzeb und Stammrinde. Diese Angaben wurden dann spater durch W i c k e ">.

L e h m a n n 6 ) und J o a c h i m ~ w i t z ~ ) bestatigt. Nach L e h m a n n solltc die Rinde Laurocerasin enthalten. Da aber das Laurocerasin kein chemisches Individuum ist, so war eine nochmalige Unter: suchung geboten.

Wir haben ca. 4 kg Stammrinde mit einem Blausauregehalt von 30,7 mg O/O nach dem in solchen Fallen ublichen Verfahrens) verarbeitct. Dcr zunachst erhaltene amorphe Ruckstand wurde wiederholt mit wasserfreiem Essigather und Chloroform umgelost, bis schliefllich nach einigen Wochen Kristallisation eintrat. Da die Menge der crs zielten Kristalle, die auhrdem nicht vollig rein waren, nicht aus: reichte, um damit die notwendigen Feststellungen zu machen, so wurde mit der Mutterlauge der letzten Kristallisation der enzymolyr tische Index nach B o u r q u e 1 o t Q, bestimmt. Er wurde zu 560 ge: funden. Von den in Betracht kommenden Glykosiden ist es das Mandelnitrilglykosid, dessen Index 517 dem ermittelten am nachstcn steht. DaB es sich um dieses Glykosid handeln durfte, geht weiter daraus hervor, daf3 ein Teil der Mutterlauge, mit rauchender Salzsaure verseift, LMandelsaure lieferte. Um diese herauszuarbeiten, wurdc die salzsaure Flussigkeit ausgeathert, der Ather abdcstilliert und dcr Ruckstand aus Benzol umkristallisiert.

4. U b e r d a s V o r k o m m e n e i n e s B l a u s i i u r e g l y k o s i d c s

V Q ~ einiger Zeit habe ich bereits darauf hingewiesenlO), dat3 Achillea millefolium eine Blausaurepflanzc ist. Ich fand darin im Juni 1922 3mg0/0, Ende Mai 1924 7mg0/0 und Mitte Mai 1925 6mgo/0 Blau

R o s e n t h a 1 e r , Bern

a u c u p a r i a G a e r t n e r (gemeinsam mit F. K o l l e ) .

, i n A c h i l l e a m i l l e f o l i u m L.

2) Die Losung war leicht triib, die Ablesung deshalb nicht ganz scharf. 4) B u c h n e r s Repertorium f . Pharmazie, 27, 238 (1828). 5) Annal. d. Chem. und Pharm., 79, 79 (1851). 6 ) Pharm. Zeitschrift f . RuRland, 24, 353 (1885). 7 ) Pharmazeuti#sche Presse, 27, 24 (1922). 8 ) L. R o s c n t h a 1 e r , Grundziige der chem. Pflanzenuntersuchung

0) Journ. Pharm. Chem., (6) 4,481 (1901); Archiv d. Pharm., 245, 164 (1907). 1") Biochem. Zeitschr., 134, 219 (1922).

2. hufl., S. 32.

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saure. Da ich friiher schon neben Blausaure Benzaldehyd nachgewiesen hatte, so war zu erwarten, daf3 es sich um ein Glykosid des Benzs aldehydcyanhydrins handelte. Es wurde deshalb mit 600 g Kraut der enzymolytische Index nach €3 o u r q u e 1 o t bestimmt. Die Drehung in der 2~dmaRohre sank nach der Behandlung mit Emulsin um O . W , der Zuwachs an Zucker betrug auf 100 ccm 141,4 mg. Es ist also zweif ellos in Achillea millefolium ein Glykosid des Benzaldehydcyans hydrins vorhanden. Der aus den angegebenen Zahlen berechnete Index stimmt mit keinem bekannten iiberein. Ob nun in Achillea millefolium in der Tat ein unbekanntes Blausaureglykosid vorliegtll), kann nur die Untersuchung des isolierten Glykosides zeigen.

5. U b e r d a s V o r k o m m e n v o n B l a u s a u r e i n C h l o r i s p e t r a e a.

DaB das siidafrikanische Gras Chloris petraea eine Blausaures pflanze ist, wurde bereits in dem Laboratorium von Prof. A. T h e i 1 e r in Pretoria festgestellti2). In Material, das mir von Herrn Prof. T h e i 1 e r gutigst ubersandt wurde, wurde ein Blausauregehalt von 2 mg '/n ermittelt. Im Destillat konnte aui3erdem Aceton mit der Jodo5 formreaktion und der Probe von L e g a 1 nachgewiesen werden. Eine eingehende Untersuchung erschien bei dem geringen Gehalt an Blau5 saure aussichtslos. Es mag wohl sein, dai3 die frische Pflanze mehr Blausaure enthielt; sehr vie1 kann es wohl nicht sein, da zahlreiche Futterungsversuchc. die Prof. T h e i 1 e r vornahm, negativ verliefen, also nicht zu Vergiftungen fiihrten.

97. L. Rosenthaler, Bern : Uber die Einwirkung von Emulsin auf Amygdalin.

(Aus dem Pharmazeutischen Institut der Universitat Bern.)

Eingegangen am 6. September 1925.

Die beriihmte Arbeit von L i e b i g und W o h l e r l ) uber das Amygdalin klarte seine Zersetzung durch Emulsin soweit auf, als sie durch folgende Formel dargestellt wird:

I.

Amygdalin Benzaldehyd Blausaure Glucose

1') Es ware moglich, da8 in Anbetracht der geringen Menge des Glykosides die Fehler besonders grol3 werden; es ist aber auch darauf aufs merksam zu machen, daB die Berechnung des enzymolytischen Index bei Gegenwart von mehr als einem Glykosic! unbrauchbar wird.

C,,H,,NO,, -t 2HZO CaHECHO + HCN + 2C,H,,O,

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12) Mitteilungen der Berner Naturforschenden Gesellschaft 1921. 1) Annal. d. Pharmazie 22, 1 (1837).

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