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Planet der Gräber

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Atlan - Der Held vonArkon

Nr. 246

Planet der Gräber

Flug ins Unbekannte - am Zielortwartet das Unheil

von Clark Darlton

Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn esmuß sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren, Feindesind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zuschaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, derenHabgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen. Gegen diese inneren Fein-de ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, be-reits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmuti-gen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orba-naschol III. den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Gegenwärtig ist Atlan allerdings nicht in der Lage, an diesem Kampf mitzuwirken,da er sowie ein paar Dutzend seiner Gefährten von der ISCHTAR im Bann Akon-Akons, des Psycho-Tyrannen, stehen, gegen dessen Befehle es keine Auflehnunggibt.

Akon-Akon, der mit Atlans und Fartuloons Hilfe den »Stab der Macht« in Besitznehmen konnte, treibt die von ihm beherrschte Gruppe von Männern und Frauendurch immer neue Gefahren zu einem Ziel, an dem der Hypnosuggestor »sein« Volkzu finden hofft.

Zur Zwischenstation der Reise ins Ungewisse wird für Atlan und seine Gefährtender PLANET DER GRÄBER …

Die Hautpersonen des Romans:Akon-Akon - Der Willenstyrann landet auf dem Planeten der »Gräber«.Atlan, Fartuloon, Ra, Karmina Arthamin und Brontalos - Akon-Akons unfreiwillige Begleiter.Vandra von Laggohn - Kommandantin eines akonischen Transporters.Karlakon - Ein Akone, der sich mit Insekten beschäftigt.

1.

Als Saruhl, der ehemalige Kolonialplanetder Akonen, in den Tiefen des Alls versun-ken war, kam es Vandra von Laggohn erstso recht zu Bewußtsein, was geschehen war.

Sie war eine Gefangene an Bord ihres ei-genen Schiffes, eines500-Meter-Kugelraumers, der im Dienst derakonidischen Flotte dem 14. Demontagege-schwader zugeteilt war. Ahnungslos war sieauf Saruhl gelandet, und ehe sie die Situati-on hatte sondieren können, wurde ihr Schiffüberraschend von Arkoniden gestürmt undin Besitz genommen.

Man zwang sie zum Start mit unbekann-tem Ziel.

*

Mir war ebenfalls nicht klar, was Akon-Akon mit uns vorhatte. Seinen Plan, einenPlaneten zur Besiedlung zu suchen, hatte eraufgegeben. Aber wir waren noch immer ge-zwungen, seinen Befehlen zu gehorchen, dieer uns mit hypnosuggestiver Kraft erteilte.Seit er den Kerlas-Stab besaß, war seineMacht über uns noch größer geworden.

Sein Einfluß erstreckte sich auch auf dieAkonen, was jedoch nur dem geheimnisvol-len Kerlas-Stab zuzuschreiben war. Auf sei-ne hypnosuggestiven Befehle reagierten sienicht.

Wohl aber wir, und wir konnten nichts da-gegen tun. Was immer Akon-Akon auchsagte, es wurde von uns befolgt. In gewis-sem Sinn jedoch hatte sich sein Verhältniszu uns gebessert. Fartuloon machte seinemÄrger trotzdem mehr als einmal Luft, und erwar nur schwer zu beruhigen.

Auch Vorry, der Magnetier, hätte den

Jungen am liebsten an seine stählerne Brustgedrückt, aber es blieb auch hier nur beidem Wunsch. Mit von der Partie waren nochdie Sonnenträgerin Karmina Arthamin, ehe-mals Kommandantin der Arkon-Flotte, Ra,der Barbar, und einunddreißig Männer undFrauen der ISCHTAR, die – so hoffte ich –längst zu meinem Stützpunkt Kraumon un-terwegs war.

Ich hatte zusammen mit Brontalos, der ei-niges von Astronavigation verstand, die Wa-che in der Kommandozentrale übernommen.Natürlich weil Akon-Akon es so angeordnethatte. Aber wahrscheinlich hätten wir es indieser Situation auch freiwillig getan, dennviel Entgegenkommen hatten wir von denAkonen kaum zu erwarten.

Vandra von Loggohn kümmerte sich nichtum uns. Akon-Akon hatte einen Kurs pro-grammieren lassen, der uns vorerst nirgend-wohin führte. Wahrscheinlich legte er Wertdarauf, erst einmal eine möglichst großeEntfernung zwischen sich und Saruhl zubringen, um einer eventuellen Verfolgung zuentgehen.

Vandras silberne Haarlocken waren straffnach hinten gelegt, bemerkte ich, währendich sie beobachtete. Die enganliegende blaueKombination brachte ihre schlanke Figur gutzur Geltung, aber das interessierte mich imAugenblick weniger als der entschlosseneAusdruck ihres Gesichts, der anzudeutenschien, daß sie früher oder später den Ver-such unternehmen würde, ihr Schiff wiederzurückzugewinnen.

Ich konnte es ihr nicht übelnehmen.Brontalos beugte sich zu mir herüber.»Sie könnte gut eine arkonidische Prin-

zessin sein«, flüsterte er bewundernd. »Aberich traue ihr nicht.«

»Das tut keiner von uns«, gab ich ebensoleise zurück. »Behalten Sie den Navigator

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im Auge.«»Es ist noch zu früh für Tricks, Atlan.«Der Meinung schien Akon-Akon auch zu

sein, denn er hatte sich in eine der unbesetz-ten Kabinen zurückgezogen und verließ sichganz auf uns. Wenn er auch niemals schlief,so brauchte er doch hin und wieder Ruhe.Doch auch in solchen Augenblicken ließsein Einfluß auf uns nicht nach.

»Tricks, Brontalos, die gegen Akon-Akonoder gegen uns gerichtet sind?« fragte ich.

Er machte eine Geste der Unsicherheit.»Gegen ihn und uns, nehme ich an.«Ich nickte und schwieg, um mich nicht zu

sehr von dem ablenken zu lassen, was in derKommandozentrale vor sich ging. Zwar hat-ten wir die Akonen entwaffnet, aber es warihr Schiff. Sie kannten es besser als wir. Siekonnten uns hereinlegen, wenn sie wollten.

Die Akonen hatten es über die Jahrtausen-de hinweg verstanden, ihr Heimatsystem ge-heimzuhalten. Niemand wußte, wo es sichbefand, und wenn man davon sprach, nannteman es nur das »Versteck«.

Orbanaschol III. Imperator von Arkon,hätte sicherlich einen Arm dafür geopfert(nicht seinen natürlich), wenn er die Koordi-naten des Verstecks erfahren könnte. Michpersönlich interessierte es weniger. Ich hatteandere Aufgaben, und zur vordringlichstengehörte die, den Mörder meines Vaters zuentlarven und unschädlich zu machen – ebendiesen Orbanaschol.

Vandra von Laggohn überließ das Schiffden Kontrollen und drehte sich zu mir um.

»Haben Sie eine Ahnung, was dieserAkon-Akon von uns will? Er trägt den Ker-las-Stab, das verpflichtet uns, und wir müs-sen ihm gehorchen, aber was haben Sie da-mit zu tun? Wohin fliegen wir?«

»Ich weiß nicht mehr als Sie«, gab ich zu-rück. »Aber es wird besser für uns alle sein,wenn wir tun, was er anordnet. Er wird unsnoch früh genug in seine Pläne einweihen.«

»Und das Demontagekommando, das wirauf Saruhl zurückließen?«

»Man wird früher oder später erfahren,was dort geschehen ist, und die Leute abho-

len. Der Transmitter, der dort steht, wurdesoweit demontiert, daß er unbrauchbar ge-worden ist, aber ich nehme an, man besitztnoch Funkgeräte. Sie brauchen sich also kei-ne Sorgen zu machen.«

Sie warf mir einen durchdringenden Blickzu und wandte sich dann wieder ab. DieAkonen und wir waren Verbündete auf Zeit,wenn es offiziell auch anders aussah.

Fartuloon kam mit drei der Gefangenen,um Vandra und ihre Leute in der Zentraleabzulösen. Das bedeutete auch für Brontalosund mich eine Ruhepause, denn Fartuloonwürde die Wache übernehmen.

»Was Neues?« erkundigte sich Fartuloonund löste die Fesseln der Ablösung, um sieVandra und ihren Männern anzulegen, damitich sie in ihre Kabine zurückbringen konnte.»Akon-Akon scheint sich noch immer zuüberlegen, was er anfangen soll. Er redet im-mer von ›seinem Volk‹, wen immer er auchdamit meint. Die Akonen vielleicht …«

Ich schüttelte den Kopf und wandte michan die Akonin. »Vandra, kommen Sie bittemit.«

Fartuloon ließ sich in einem der Sesselnieder und stützte sich auf den Griff seinesSchwertes Skarg, von dem er sich nur trenn-te, wenn er badete. Ich glaube, er schliefauch damit. Kein Wunder, denn das Skargwar kein gewöhnliches Schwert, sondern ei-ne hervorragende Waffe mit vielen überra-schenden Eigenschaften.

Ich schloß die Akonen ein und betrat nacheinem kleinen Kontrollgang meine Kabine,in der Karmina Arthamin und Ra auf michwarteten. Sie sahen mir erwartungsvoll ent-gegen, stellten aber keine Fragen. Ich wußteauch so, was sie gern erfahren hätten.

»Nichts«, sagte ich deshalb sofort.»Akon-Akon hat noch keinen bestimmtenKurs befohlen. Wir entfernen uns von Sa-ruhl, das ist alles.«

Karmina mochte etwa 27 Arkonjahre altsein, war von edler Abstammung und Träge-rin des höchsten Ordens, den das Imperiumzu vergeben hatte. Für meinen Geschmackwar sie ein wenig zu hager und groß, aber

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ich war froh, sie als Verbündete gewonnenzu haben. Trotz ihres zart und fast gebrech-lich wirkenden Gesichtes war sie sachlichund von erstaunlicher Härte, wenn es darumging, ein Ziel zu erreichen.

Ra, der Barbar von einer unbekanntenWelt, erhob sich, als ich die Tür hinter mirschloß.

»Wo ist Akon-Akon?« wollte er wissen.»Er hat sich zurückgezogen, aber du

brauchst dir keine falschen Hoffnungen zumachen. Er hat uns unter Kontrolle, und diesetzt in dem Augenblick ein, in dem du aufdumme Gedanken kommst.«

Ich setzte mich Karmina gegenüber. AuchRa nahm wieder Platz.

»Kommandantin Laggohn ist sehr hüb-sch«, sagte sie ohne jeden Zusammenhangund sah mich dabei an.

Ich nickte.»Häßlich ist sie gerade nicht«, gab ich

dann zu. »Aber das hat leider mit unserer Si-tuation nichts zu tun. Was also soll deineFeststellung?«

»Ich meinte nur so«, erwiderte sie etwasverlegen.

Ich wechselte das Thema:»Akon-Akon wird bald seine Anordnun-

gen treffen, dann erfahren wir endlich, wo-hin die Reise geht.«

Ich stand auf, ging zu meinem Bett undstreckte mich darauf aus.

»Du möchtest jetzt schlafen?« fragte Kar-mina. »Dann gehen wir.«

»Bleibt, bitte. Ich will nicht schlafen, nurliegen. In den nächsten Stunden wird einigesgeschehen, und ich möchte es nicht verpas-sen.«

»Was soll denn geschehen?« Ra schüttelteden Kopf. »Ich glaube nicht, daß etwas pas-siert.«

»Es wäre aber besser«, sagte ich ruhig,»denn sonst fliegen wir bis zum Ende desUniversums, ohne etwas dagegen tun zukönnen.«

Karmina wollte etwas sagen, blieb aberstumm, als der Interkom des Schiffes eineVerbindung ankündigte. Als der kleine Bild-

schirm hell wurde, erkannten wir das Ge-sicht Akon-Akons.

»Ich habe meine Entscheidung getroffen«,sagte er in fast akzentfreiem Arkonidisch.»Kommt alle in den Versammlungsraum,den sie Messe nennen. Begleitet mich in dieKommandozentrale und bringt die Gefange-nen mit. Ich möchte meine Anweisungen ge-ben.«

Ich schaltete das Gerät wieder ab.»So, er möchte seine Anweisungen be-

kanntgeben«, knurrte Ra wütend über unsereHilflosigkeit. »Der Herr befehlen, und wirhaben zu gehorchen. Möchte wissen, wannmeine Geduld zu Ende geht.«

»Im richtigen Moment, hoffe ich.« Wirverließen meine Kabine. Auf dem Weg zurMesse trafen wir die anderen Arkoniden, diegemeinsam mit mir ein Schiff erobert hatten,ohne daß es uns nun gehörte. »Warten wirab, was Akon-Akon uns zu sagen hat.«

»Uns und den acht Akonen!« erinnertemich Karmina.

Der Kontrollraum bot uns allen genugPlatz. Fartuloon und Brontalos bewachtendie acht gefangenen Akonen. Vandra bliebhinter ihren Kontrollen sitzen, als ginge siedas alles nichts an. Sie schwenkte den Sesselerst herum, als Akon-Akon hereinkam undsich so hinsetzte, daß er uns alle im Augebehalten konnte.

Er trug ebenfalls die Standardausrüstungder arkonidischen Flotte und unterschiedsich rein äußerlich kaum von uns. Den Ker-las-Stab hielt er in der Hand.

»Vandra von Laggohn«, begann Akon-Akon mit sanfter Stimme, »höre meinen Be-fehl: du wirst uns mit diesem Schiff in dasVersteck bringen. Programmiert den Kurs!«

Vandras Gesicht verlor ein wenig an Far-be.

»Du verlangst Unmögliches, Träger desKerlas-Stabes. Ich darf deinen Befehl nichtausführen.«

Akon-Akon war von der Weigerung of-fenbar so überrascht, daß er für einige Se-kunden stumm blieb und die gefangeneKommandantin nur anstarrte.

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»Ich fordere es von dir, Kommandantin!Programmiere den Kurs in das Versteck derAkonen! Sofort!«

»Die Koordinaten sind seit Jahrtausendendas streng gehütete Geheimnis meines Vol-kes. Verlangst du von mir, daß ich zum Ver-räter werde? Das kannst du nicht tun …«

»O doch, ich kann es, denn ihr alle seidmeine Diener!« Er sah nun auch mich an,und ich verspürte das Unbehagen, das seineWorte bei mir auslösten. »Jeder wird dastun, was ich von ihm verlange. Auch du,Vandra von Laggohn!«

»Ich muß mich an die Anordnungen derFlotte halten!«

»Du wirst dich an die meinen halten!«Akon-Akons Stimme gewann an Schärfe.»Wer außer mir ist Träger des Kerlas-Sta-bes?«

»Ich kenne niemanden«, gab Vandra zu.»Damit ist die Diskussion beendet. Pro-

grammiere den Kurs!«Vandra von Laggohn wirkte für meine

Begriffe jetzt unentschlossen, was ich nichtganz verstand. Bisher hatte sie sich standhaftgeweigert, dem Befehl Akon-Akons Folgezu leisten, darum erschien mir die plötzlicheUnentschlossenheit unlogisch.

Es war mir klar, daß sie eine Entschei-dung zu treffen hatte, fragte mich aber, wel-che. Daß sie freiwillig Akon-Akons Befehlnicht ausführen würde, war mir klar. Nie-mals würde sie die Koordinaten des unbe-kannten Sonnensystems verraten, das vonden Akonen »Versteck« genannt wurde.

»Nun, wird es bald?« erkundigte sichAkon-Akon mit unheimlicher Ruhe. »Dusolltest nicht so lange überlegen, Vandravon Laggohn, sonst wirst du nie mehr Kom-mandantin eines akonidischen Schiffessein.«

»Und wenn ich mein Volk verrate werdeich es erst recht nie mehr sein!« gab sie ent-schlossen zurück. »Ich achte dich als Trägerdes heiligen Stabes, Akon-Akon, aber ichverweigere dir in diesem Augenblick denGehorsam. Gehörtest du zu unserem Volk,würdest du mich sicherlich verstehen. Ver-

giß auch nicht, daß sich in diesem Schiff Ar-koniden aufhalten. Sie sind die letzten, dieich ins Versteck bringen würde.«

»Sie werden keine Gelegenheit mehr er-halten, es jemals zu verlassen.«

Das waren ja herrliche Aussichten, dieAkon-Akon da von sich gab. Er wollte unsden Akonen ausliefern, die man nicht geradeals Freunde der Arkoniden bezeichnenkonnte. Ich hätte gern protestiert, aber eswar unmöglich, sich gegen Akon-AkonsEinfluß zu wehren.

Aber diesen Einfluß hatte er nicht auf dieAkonen.

»Du bist frei, sobald wir das Versteck er-reichen«, sagte Akon-Akon.

Sie lehnte ab:»Ich gebe nichts auf deine Versprechun-

gen, auch wenn du Träger des Kerlas-Stabesbist. Ich darf ihnen keinen Glauben schen-ken. Der Friede meines Volkes ist wichtigerals deine Wünsche.«

Ich bemerkte, daß Akon-Akon die Zor-nesröte ins Gesicht schoß. Nur noch müh-sam beherrschte er sich, aber ich wußte, daßes nicht mehr lange dauern würde, bis er ex-plodierte. Fartuloon, der neben mir stand,stieß mich sachte an. Eine überflüssige Ge-ste, denn wir konnten nicht eingreifen, ob-wohl ich es diesmal gern zugunsten derAkonen getan hätte.

»Du wirst gehorchen, Vandra von Lagg-ohn!« brüllte er sie an.

»Nein!«Mit der rechten Hand hob er den Kerlas-

Stab.»Du kennst die Kräfte des Stabes nicht,

aber ich versichere dir, sie sind furchtbar.Und ich werde sie benutzen, um dich zuzwingen! Niemand kann der Macht des Sta-bes widerstehen. Ich frage dich zum letztenMal: Bist du bereit, dieses Schiff zum Ver-steck zu bringen?«

Sie erwiderte seinen zwingenden Blickmit plötzlicher Entschlossenheit.

»Lieber werden wir alle sterben!« sagtesie und rief dann in einer mir unbekanntenSprache ein Wort. Es mußte ein Kodewort

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sein, ein akustischer Impuls zum Unterbe-wußtsein der acht Akonen.

In derselben Sekunde, in der sie das Wortaussprach, erstarrten ihre sieben Besatzungs-mitglieder und sie selbst zur völligen Bewe-gungslosigkeit, dann fielen sie um.

Ich konnte noch hinzuspringen und Van-dra auffangen, aber ich spürte, daß ihr Kör-per steif wie Holz geworden war. Das Lebenschien aus ihm entflohen zu sein. Währendich sie auf den Boden legte, legte ich meineHand auf ihre Brust – und spürte den ver-langsamten Herzschlag.

Langsam richtete ich mich wieder auf.Akon-Akon war von dem, was sich vor

seinen Augen abspielte, wie gelähmt. Er ließdie Hand mit dem Stab wieder sinken.

»Was war das?« fragte er ratlos.»Wahrscheinlich ein posthypnotischer

Befehl, dessen Durchführung von dem Ko-dewort abhing«, sagte ich. »Jedenfalls wer-den wir jetzt nicht mehr so schnell die Koor-dinaten des Verstecks der Akonen erfahren.«

»O doch, wir werden sie erfahren!« ent-gegnete Akon-Akon. »Bringt die Akonen inihre Zelle zurück, man soll sie untersuchen.Vielleicht können wir einen von ihnen auf-wecken. Und wenn nicht, dann werden wirselbst den Navigationsspeicher des Schiffeserforschen. Er muß die Koordinaten enthal-ten! Wir werden sie finden!«

»Die Technik der Akonen unterscheidetsich von der der Arkoniden«, erinnerte ichihn. »Um sie kennenzulernen, benötigen wirZeit.«

»Zeit ist das, was wir nicht haben!« fuhrer mich an. »Beginnt mit der Arbeit, oder ihrzieht euch meinen Zorn zu.«

Fartuloon nickte mir zu. Wir brachten diestarren Körper der Akonen in die Kabine,legten sie auf die Betten und schlossen dieTür.

»Es existiert eine gewisse Verwandtschaftzwischen akonischer und arkonidischerTechnik«, sagte Fartuloon, als wir wiederauf dem Weg zur Kontrollzentrale waren.»Das sollte uns die Arbeit erleichtern.«

»Wir sind erledigt, wenn wir wirklich das

Versteck finden sollten«, gab Karmina zubedenken. »Habt ihr das vergessen?«

»Natürlich nicht«, beruhigte ich sie.»Sobald wir einigermaßen mit dem Schiffumgehen können, wird uns schon etwas ein-fallen, das wir durchführen können, ohne di-rekt den Anordnungen Akon-Akons zuwi-derhandeln. Ich muß allerdings zugeben, daßmich die Koordinaten schon interessierenwürden …«

»Vergiß es lieber wieder!« riet sie mir.Nicht in bester Stimmung erreichten wir

die Zentrale. Einige unserer Techniker er-warteten uns bereits. Brontalos hatte sich amNavigationscomputer zu schaffen gemacht.

»Wo ist Akon-Akon?« fragte ich.»Der Herr hat sich zurückgezogen«, gab

Brontalos Auskunft. »Er muß nachdenken.«»Das kann er dann gleich für uns mitbe-

sorgen«, meinte Ra bissig. »Es kommt sooder so nichts Vernünftiges dabei heraus.«

»Kommen Sie mit dem Computer klar,Brontalos?« fragte ich.

Er hob beide Hände in einer Geste desBedauerns.

»Noch nicht, Atlan, aber ich kann Paralle-len zu unserer eigenen technischen Entwick-lung entdecken. Es sollte möglich sein, dasDing zur Preisgabe seiner Geheimnisse zubewegen.«

»Ich lege keinen Wert auf die Koordina-ten des Verstecks«, eröffnete ich ihm.»Wenn wir sie finden, löschen wir sie. Nochbesteht kein hypnotischer Zwang, es nichtzu tun.«

»Die einzige Möglichkeit«, gab Fartuloonein wenig neidisch zu, weil er nicht selbstauf den Gedanken gekommen war.

Akon-Akons Befehle wurden erst dannzwingend, wenn er sie erteilt hatte. Zwarhatte er uns die Anordnung gegeben, die be-treffenden Koordinaten zu finden, aber erwar so leichtsinnig gewesen, uns nicht dieÜbergabe ausdrücklich zu befehlen.

Das war ein kleiner, aber wichtiger Unter-schied.

Ich kümmerte mich nicht mehr um dieKoordinaten, sondern setzte mich hinter die

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Hauptkontrollen des Schiffes. Im Nebenses-sel saß bereits Karmina.

Auf dem Panoramaschirm standen dieSterne eines Teils des Universums, das ichnicht kannte. Wenigstens nicht so gut, ummich zurechtzufinden. In diesem Gebiet, daswußte ich inzwischen, hatte es viele Koloni-alplaneten der Akonen gegeben, die inzwi-schen von ihnen aufgegeben worden waren.Deshalb waren die Demontagekommandosunterwegs. Niemand sollte vielleicht nochintakte Transmitter finden.

Sie führten vielleicht mitten ins Versteck.In aller Ruhe studierte ich die Kontrollen.

Obwohl sie in der Anlage und Konstruktioneine gewisse äußere Ähnlichkeit mit jenenauf unseren Schiffen hatten, waren sie dochfremd. Es würde schwer sein, ihre einzelnenBedeutungen richtig zu erfassen.

»Gar nicht so unkompliziert, Atlan«,meinte Karmina, und es klang nicht sehr op-timistisch. »Ich fürchte, Akon-Akon mutetuns ein wenig zuviel zu.«

»Du hast recht, Karmina. Im Augenblickfallen wir ohne Antrieb und Steuerung mitUnterlicht durchs All. Es gibt kein Ziel, dasprogrammiert worden wäre. Vandra und ihreAkonen liegen in totenähnlicher Starre in ih-rem Gefängnis. Sie können uns nicht helfen.Selbst wenn sie wollten, könnten sie esnicht.«

»Sie dürfen es nicht!« berichtigte ich sie.Sie deutete auf eine kleinere Schalttafel.»Das wird für die Orter sein, nehme ich

an. Aber wo sind die Kontrollen für Antriebund Transition?«

»Das können wir uns aussuchen«, erklärteich ihr und zeigte mit einer großartigen Ge-ste auf die tausend Knöpfe, Schalter und He-bel. »Aber wir dürfen keinen falschen betäti-gen, sonst …«

Das war ihr ebenfalls klar.Brontalos sprach mit Fartuloon, der kurz

darauf zu mir kam.»Ziemlich komplizierter Vorgang, Atlan.

Es gibt gespeicherte Daten, aber wie sollenwir herausfinden, welche zum Versteck ge-hören? Der bisher zurückgelegte Kurs jeden-

falls ist im Speicher nicht enthalten. HöchsteGeheimhaltung auch hier. Es ist, als ob dieAkonen mit der Kaperung ihres Schiffes ge-rechnet hätten.«

»Sie sind vorsichtig«, vermutete ich.»Wie steht es mit den Entfernungen der Ko-ordinationspunkte?«

»Unterschiedlich. Das nächststehende Sy-stem müßte 32 Lichtjahre entfernt sein. Dasweiteste in vierhundert Lichtjahren. Kannstdu damit etwas anfangen?«

»Vielleicht«, gab ich zurück, während inmeinem Gehirn ein Plan zu reifen begann,der nicht im Widerspruch zu den BefehlenAkon-Akons stand. »Brontalos soll mir diegenauen Daten der nächsten verzeichnetenSonne geben. Ich nehme an, es handelt sichum jene Systeme, in denen sich einer derehemaligen Kolonialplaneten befindet.«

Fartuloon staunte:»Wie kommst du denn auf diese Idee?«»Ohne besonderen Grund, mein Lieber.

Ich nehme es nur an, das ist alles. Vielleichthabe ich sogar recht.«

Er schüttelte den Kopf und ging zurück zuBrontalos.

»Es wäre fast logisch«, meinte Karmina.»Vandra, wie du sie zu nennen pflegst, hat jaschließlich die Aufgabe, derartige Weltenanzufliegen, um die Kommandos nach Er-füllung ihres Auftrags abzuholen.« Sie sahmich forschend an. »Was hast du eigentlichvor, Atlan?«

Ich lächelte vorsichtig.»Ehrlich gesagt, das weiß ich selbst noch

nicht. Aber wir müssen Zeit gewinnen, dasdürfte auch dir klar sein. Wir müssen Akon-Akon in Sicherheit wiegen und dafür sorgen,daß Vandra bald erwacht. Vielleicht verrätsie sich.«

Sie warf mir einen undefinierbaren Blickzu und schwieg.

Ich begriff ihre Eifersucht auf die Akoninnicht, ganz abgesehen davon, das sie völliggrundlos war. Mit beiden Frauen verbandmich lediglich der Umstand, daß wir Gefan-gene Akon-Akons waren. Nun ja, ich mußtezugeben, daß ich Karmina länger kannte und

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daß sie sich schon früher auf meine Seite ge-schlagen hatte, aber das gab ihr noch langenicht das Recht, mich in meiner persönli-chen Bewegungsfreiheit einzuengen.

»Um die Betriebstechnik des Schiffesrichtig kennenzulernen, müssen wir landen –falls wir wenigstens das können. Wir müs-sen ja Akon-Akon nicht unbedingt auf dieNase binden, wieviel wir herausfinden oderbereits herausgefunden haben.«

Ich deutete auf die Kontrollanlage, mitder sich Brontalos die ganze Zeit über be-schäftigt hatte. Karmina nickte.

»Ja, ich weiß – die Transitionsprogram-mierung. Da wir genaue Koordinaten haben,dürfte es nicht schwierig sein, den Kurs zudiesen 32 Lichtjahren entfernten Planeten zuberechnen. Ich frage mich nur, ob uns daswirklich weiterhelfen wird.«

»Versuchen müssen wir so ziemlich al-les«, gab ich zurück.

Sie nickte mir zu und machte sich wiederan die Arbeit.

Fartuloon kam aus der Orterzentrale, diemit der Funkzentrale durch eine Tür verbun-den war.

»Es hat wenig Sinn, Funksprüche loszuja-gen«, sagte er und setzte sich zu mir. »Werweiß, wer sie auffängt …? Bestimmt keiner,den wir zu sehen wünschen. Und was dieOrter angeht: nichts! Aber die Fernortungkann das System ausmachen, von dem wirsprachen. Wenn Brontalos mit der Program-mierung nicht zurechtkommt, könnten wirfast eine Transition auf Sicht wagen.«

»Ziemliches Risiko«, machte ich ihn auf-merksam.

Er zuckte die Schultern.»Na, und wenn schon? In der Sonne wer-

den wir nicht gerade landen.Und Korrekturen können wir immer noch

vornehmen.«»Keine Sorge!« mischte sich Brontalos

ein. »Ich glaube, ich komme mit der Pro-grammierung klar. Wie gut, daß ich vorheraufgepaßt habe.«

»Du hast die Akonen beobachtet?« fragteich ihn.

»Natürlich habe ich das. Wir hätten siedoch nicht ewig hinter den Kontrollen lassenkönnen. Zwar hatte ich mir den Kommando-wechsel auch anders vorgestellt, aber dasspielt nun keine Rolle mehr. In einer halbenStunde bin ich soweit. Aber mehr als die 32Lichtjahre möchte auch ich nicht riskieren.«

»Das wird vorerst auch nicht notwendigsein.« Ich sah Fartuloon an. »Kommst dumit? Ich möchte mir die Akonen ansehen.«

Ich ignorierte Karminas Seitenblick undverließ mit Fartuloon den Kontrollraum.

»Blöde Situation!« knurrte er, als wir imKorridor waren. »Wenn das so weitergeht,verlieren wir unser eigentliches Ziel völligaus den Augen. Wir kommen keinen Schrittvorwärts.«

»Seien wir froh, wenn es nicht rückwärtsgeht«, versuchte ich ihn zu trösten, aber esklang nicht sehr überzeugend. »Wir habendoch Mediziner in der Gruppe. Kümmernsie sich um Vandra und ihre Besatzung?«

»Wir werden ja sehen …«In der Tat waren zwei Arkonidinnen bei

den so plötzlich erstarrten Akonen und un-tersuchten sie. Und als wir eintraten, richtetesich eine von ihnen auf.

»Ich bin Karelia, eine Medizinerin. Es tutuns leid, aber wir können die Ursache der …der Erkrankung nicht feststellen. Alle Le-bensfunktionen sind nahezu erloschen, abersie sind nicht tot. Wir müßten Spezialappa-raturen zur Verfügung haben, dann ließesich Näheres feststellen.«

»Müßten an Bord sein«, gab ich zurückund bückte mich, um Vandras Hals abzuta-sten. »Die Körpertemperatur ist stark abge-sunken.«

»In diesem Zustand würden sie monate-lang ohne Nahrung auskommen können, At-lan. Eine künstliche Hibernation, würde ichsagen.«

»Man müßte sie aufwecken.«Sie schüttelte energisch den Kopf.»Das könnte ihren Tod herbeiführen. Ein

posthypnotischer Befehl darf nicht ohneweiteres unterbrochen werden. Außerdemhaben wir uns in der Krankenabteilung des

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Schiffes umgesehen. Viel ist da nicht vor-handen, das uns nützen könnte. Wir sind aufunsere eigenen Mittel angewiesen.«

Ich betrachtete Vandras Gesicht. Die Au-gen waren geschlossen, aber es kam mir sovor, als bewegten sich die feinen Nasenflü-gel der Akonin. Ihre Haut fühlte sich aberkalt und leblos an. Sie war steif wie einBrett.

Fartuloon sagte:»Wir können hier nichts tun, Atlan. Wir

können nur warten, bis sie von selbst wiedererwachen.«

Ich richtete mich wieder auf.»Hoffentlich tun sie das im richtigen Au-

genblick. Vielen Dank, Karelia. Sie bleibenhier?«

»Solange Akon-Akon uns nicht daran hin-dert, ja.«

»Er hat ebenfalls ein Interesse daran, daßsie wieder lebendig werden. Ich glaube da-her nicht, daß er etwas dagegen hat, wennSie hierbleiben. Wir werden ab und zu her-einschauen.«

Wieder auf dem Gang hörte ich das Sum-men eines Interkoms. Schnell drückte ichauf den Empfangsknopf. Auf dem Bild-schirm über der Anlage erschien KarminasGesicht. Sie sah mich forschend an, dannsagte sie:

»Brontalos ist mit der Sichtberechnungfertig, Atlan. Sollen wir die Transitiondurchführen?«

»Ohne Akon-Akon zu fragen?«»Warum sollen wir ihn fragen? Er hat uns

ja auch die Transition nicht verboten.«Das stimmte allerdings. Er hatte uns freie

Hand gelassen, um nach einer Lösung zu su-chen. Wir hatten eine gefunden.

»Wartet, bis wir in der Zentrale sind.«Wir beeilten uns, denn ich hatte das Ge-

fühl, keine Zeit mehr verlieren zu dürfen.Ra, dem wir begegneten, folgte uns, ohneFragen zu stellen.

Brontalos blickte uns entgegen.»Sichere Transition mit einem Faktor von

plus oder minus einem Lichtjahr. Wenn mansich Zeit läßt, kommt man schon hinter den

technischen Kram hier. Man merkt doch,daß ein gemeinsamer Ursprung vorhandenist. Das Resultat ist fast identisch.«

»Aber auch nur fast«, erwiderte ich undsetzte mich.

»Wie geht es den Akonen?« fragte Karmi-na.

»Sie schlafen tief und fest«, gab ich kurzzurück.

Brontalos erklärte mir die einzelnenFunktionen der Transitionsanlage, und ichmußte ihm recht geben. Die Ähnlichkeit mitden arkonidischen Anlagen war unverkenn-bar.

»Also gut, versuchen wir es«, sagte ich,ohne viel zu überlegen. »Gibt es schon Da-ten des Systems, das wir anfliegen wollen?«

»Ein paar«, warf Karmina ein. »Eine Son-ne mit drei Planeten. Der zweite scheintrecht gute Lebensbedingungen zu bieten.«

»Wenn unsere Vermutungen richtig sind,muß er es zumindest vor einigen tausendJahren getan haben«, schränkte ich ihrenOptimismus ein. »Bald wissen wir mehr.«

»Die Bezeichnung im Speicher lautet›Gonwarth‹ damit ist wohl der zweite Planetgemeint.«

»Wir werden sehen«, sagte ich.»Brontalos … fertig?«

»Schon lange!«Ich schaltete den Interkom ein, um die

Besatzung auf die bevorstehende Transitionvorzubereiten. Das war schon bei einer nor-malen Transition üblich, ganz zu schweigenvon der bevorstehenden. Niemand konntevollkommen sicher sein, ob sie gelang odernicht.

Heimlich befürchtete ich das EingreifenAkon-Akons, aber er meldete sich nicht. Ichwar sicher, daß er den Interkom abhörte undsomit unterrichtet war, was wir planten. Daßer keine Reaktion zeigte, schien mir ein Zei-chen für sein Einverständnis zu sein.

Ich nickte Brontalos zu.»Einleiten!«Fartuloon und ich hatten die Gurte ange-

legt. Nun konnten wir nichts anderes tun, alsauf den Bildschirm zu starren und abzuwar-

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ten.Die Sterne verschwanden. Gleichzeitig

setzte der Entzerrungsschmerz ein, und zwarmit solcher Intensivität, daß ich fast das Be-wußtsein verlor.

Aber nur eine kaum meßbare Zeit dauerteder materielose Zustand, dann wurde derPanoramaschirm wieder hell. Neue Konstel-lationen erschienen, und genau in ihrer Mittestand eine helle, flammende Sonne.

Wir fielen genau auf sie zu.Vier oder fünf Lichtstunden, schätzte ich

die Entfernung, also Zeit genug, Vorberei-tungen zu treffen. Das Schiff flog mit halberLichtgeschwindigkeit.

Ich löste die Gurte, Fartuloon und die an-deren folgten meinem Beispiel.

»Scheint ja gutgegangen zu sein«, sagteBrontalos, und ich konnte seiner Stimmeentnehmen, daß er darüber genauso verblüfftwar wie ich. »Keine weitere Transition mehrnötig.«

Die Tür öffnete sich. Akon-Akon erschi-en.

»Ist die Transition gelungen?« erkundigteer sich. Er sah die helle Sonne. »Was istdas?«

»Der Stern des Planeten Gonwarth, aufdem wir landen werden, um das Schiff bes-ser kennenzulernen«, klärte ich ihn auf. »Ineinigen Tagen werden wir mehr wissen,vielleicht sogar die Koordinaten des Ver-stecks, das uns die Akonen nicht verratenwollten.«

Er machte keine weitere Bemerkung undverschwand wieder.

Fartuloon sah ihm skeptisch nach.»Er hat nichts zu meckern?« wunderte er

sich. »Das nenne ich ein Wunder.«»Ich hoffe, wir erleben noch mehr solche

Wunder in Zukunft.« Ich stand auf und gingzu Brontalos. »Gut gemacht, mein Freund.Sie haben gut aufgepaßt und den Akonen ei-ne Menge abgesehen.«

»Die Landung wird ein Kinderspiel sein.«Das war Karmina, die sich anscheinendübergangen fühlte. »In zehn Stunden werdenwir landen. Oder soll ich die Geschwindig-

keit erhöhen, Atlan?«»Das ist überflüssig. Versuche lieber, die

Daten für die Umlaufbahn zu errechnen, da-mit wir sicher landen können. Fartuloon undich kümmern uns um Orter und Massetaster.Vorsichtshalber werden wir auf Funkemp-fang bleiben, damit es keine Überraschun-gen gibt. Es könnte ja gut sein, daß auf Gon-warth ein Demontagekommando der Ako-nen bei der Arbeit ist.«

»Das fehlte uns gerade noch!« entfuhr esFartuloon.

»Allerdings!« gab ich ihm recht.»Aber soweit wir den Speichern entneh-

men können, war zum Beispiel der PlanetSaruhl gelöscht worden. Daraus ist zu fol-gern, daß nur jene Welten mit ihren Koordi-naten gespeichert sind, die noch angeflogenwerden müssen. Und dazu gehört auch Gon-warth. Wir dürfen also hoffen, daß uns dortniemand erwartet, daß wohl aber jemand ir-gendwann in der Zukunft eintreffen wird.«

»Genauso unangenehm«, meinte Fartu-loon peinlich berührt.

Die Stunden vergingen mit Messungen.Mit den betreffenden Instrumenten kamenwir einigermaßen klar. Akon-Akon ließ sichnicht sehen. Karelia berichtete, daß keineVeränderung im Befinden der acht Akoneneingetreten sei.

Der Planet Gonwarth besaß eine atembareSauerstoffatmosphäre, normale Gravitati-onsverhältnisse, eine Rotation und erträgli-ches Klima. Es gab einige kleinere Meereund zwei Hauptkontinente. Die Instrumenteverrieten eine gleichmäßig auf der Oberflä-che verteilte Vegetation.

»Hört sich gut an«, meinte Fartuloon. »Dahalten wir es ein paar Wochen aus, wennnichts dazwischenkommt.«

»Wir haben keine Zeit zu verlieren – unddoch haben wir Zeit«, erwiderte ich mitzwiespältigen Gefühlen. »Jedenfalls versäu-men wir in unserer augenblicklichen Lagenicht viel, denn solange Akon-Akon bei unsist, ist jeder Zeitverlust zugleich auch einZeitgewinn.«

Fartuloon grinste.

Planet der Gräber 11

»Sehr weise gesprochen, mein Sohn. Ichhätte es nicht besser ausdrücken können.«

Sein Spott kränkte mich nicht, denn ichkannte ihn schließlich schon lange genug.Schließlich war er mein Lehrmeister, seit ermich im Alter von vier Jahren zu sich ge-nommen hatte, kurz nachdem mein Vater er-mordet worden war.

Ich gab sein Grinsen zurück und wandtemich an Karmina.

»Wann erreichen wir die Umlaufbahn?«»In dreißig Minuten. Dann kann ich die

Landung programmieren.«»Wir suchen uns einen guten Platz aus«,

schlug ich vor. »Die Massetaster haben be-reits angesprochen. Kann sein, daß wir aufAnhieb die alte Station der Akonen finden,samt Transmitter.«

Ich setzte mich wieder vor den Panorama-schirm, auf dem Gonwarth von Minute zuMinute an Größe und Umfang zunahm.Meere und Kontinente waren deutlich zu un-terscheiden. Die Wolkendecke war nur dünnund meist unterbrochen, so daß der Blick aufdie Oberfläche fast ständig frei blieb.

Ein Bild, wie ich es schon hundertmal er-lebt hatte, und doch eine fremde, unbekannteWelt.

Eine Warnung kam von meinem Extra-hirn, doch ich ignorierte sie. Ich wußte ausErfahrung, daß es manchmal auch gefühls-mäßig reagierte.

»Die Massetaster zeigen eine ziemlichgleichmäßig verteilte Metallansammlung aufdem größeren Kontinent an«, informiertemich Fartuloon. »Es könnte sich sehr gut umeine Station handeln.«

Eine Station …? Ich hatte nichts dagegeneinzuwenden, denn mit einer Station war zu-meist auch ein Depot und ein Transmitterverbunden. Ob uns das aus der Klemmehalf, blieb abzuwarten.

Wir glitten in die Umlaufbahn.Karmina sammelte die hereinkommenden

Daten und ließ sie vom Computer bearbeitenund auswerten. Auf der Oberfläche warennun Einzelheiten zu erkennen. Mehr als nureinmal glaubte ich in der Vergrößerung Bau-

ten oder zumindest Ruinen zu entdecken,war mir aber meiner Sache nicht sicher. Vongroßer Höhe aus gesehen, wirkten manchenatürlichen Formationen wie künstlich ange-legt – und umgekehrt.

»Jetzt ist die Station genau unter uns«,sagte Fartuloon.

Das Gebiet lag in der Mitte des Bild-schirms. Rein optisch konnte ich keine Be-sonderheiten bemerken, die auf eine künstli-che Beeinflussung der Oberfläche hingedeu-tet hätten. Im Gegenteil: ich erblickte nichtsals riesige Savannen, Steppen, flache Gebir-ge und Wälder. Manchmal kam es mir sovor, als gäbe es gewaltige Einbrüche auf densonst ebenen Flächen, dann wieder glaubteich lange Reihen von kleinen Türmen zu se-hen, die allerdings nicht exakt ausgerichtetwaren. Ich hatte sie schon vorher beobach-tet. Wenn die Akonen sie einst errichtet hat-ten, so blieb mir ihr Zweck vorerst noch einRätsel.

»Die Berechnung ist fertig«, unterbrachKarminas Stimme meinen fruchtlosen Ge-dankengang. »Soll ich einleiten?«

Ich nickte ihr zu.Die Tatsache, daß Akon-Akon uns ge-

währen ließ, bereitete mir Sorgen, so para-dox das auch klingen mochte. Sonst hatte eruns ständig bewacht.

Das Schiff verlangsamte die Fahrt undsank tiefer. Wir überflogen das Meer undden kleineren Kontinent und erreichten wie-der ein Meer. Als am Horizont abermalsLand auftauchte, wußten wir, daß es dergroße Kontinent mit der Station war – wennes überhaupt eine war. Aber alle Anzeichendeuteten darauf hin.

Über allen Problemen durfte ich unsereHauptaufgabe nicht vergessen: wir mußtendie Technik des Akonenschiffs studierenund kennenlernen. Notfalls mußten wir inder Lage sein, es ohne Schwierigkeiten zujedem Platz der Galaxis zu steuern. Mit oderohne diesen Akon-Akon, der uns allen all-mählich auf die Nerven ging.

Die Küstenlinie lag nur noch wenige Ki-lometer unter uns, als wir den Ozean hinter

12 Clark Darlton

uns ließen. Der programmierte Landeplatzlag im Landesinnern, mehr als tausend Kilo-meter vom Meer entfernt. Wir gingen tieferund näherten uns ihm. Dann standen wirsenkrecht darüber, und nun hatte ich Gele-genheit, das Gelände besser sondieren zukönnen.

Der Bildschirm zeigte die nähere Umge-bung des Landesplatzes in allen Einzelhei-ten.

In drei Kilometern Entfernung entdeckteich einen dieser Einbrüche, die mir schonvorher aufgefallen waren. Er besaß einenDurchmesser von etwa zwei Kilometern undwar nahezu rund. Er sah aus wie ein Krater,aber er war mit Sicherheit keiner. Der typi-sche Ringwall fehlte völlig. Das Geländewar einfach eingebrochen, so, als habe esdarunter einen riesigen Hohlraum gegeben,dessen Decke das Gewicht der darüber la-gernden Massen nicht mehr tragen konnte.

Das Schiff landete sanfter, als ich gehoffthatte.

Karmina desaktivierte ihre Kontrollen undsah mich triumphierend an.

»Wir sind gelandet«, sagte sie.Ich stand auf und ging zu ihr.»Gut gemacht«, lobte ich. »Du bist ein

erstklassiger Pilot.«Diesmal grinste Brontalos, wie ich mit ei-

nem Seitenblick feststellte.»Und was nun?« wollte Fartuloon wissen.

»Sehen wir uns die Gegend an?«»Später! Ich glaube, es ist ratsam, wenn

wir uns um Akon-Akon kümmern. Bis jetzthat er uns ja freie Hand gelassen, aber wirmüssen ihm zeigen, daß wir auf seine An-ordnungen warten, sonst schiebt er unsererFreiheit einen Riegel vor.«

»Das klingt vernünftig«, stimmte mir Far-tuloon sofort zu.

»Ich gehe zu ihm.« Sie sahen mir nach,bis ich auf dem Korridor stand.

Ich ging langsam, um Zeit zu gewinnen.»Was sage ich ihm?« überlegte ich laut.

2.

Wir erhielten von Akon-Akon die Geneh-migung zum Verlassen des Schiffes, aber ermachte uns darauf aufmerksam, daß unsereHauptaufgabe das Studium der Antriebskon-trollen und der übrigen technischen Anlagensei, nicht das Erforschen einer längst verlas-senen Station der Akonen.

»Es wäre aber möglich«, warf ich ein,»daß in dieser Station Unterlagen über dasVersteck zu finden sind.«

»Das ist auch der Grund, warum ich euchden Ausflug erlaube. Ich jedenfalls werdeim Schiff zurückbleiben und es bewachen.Sollten die Akonen wieder zu sich kommen,werden sie keine Gelegenheit zur Flucht er-halten.«

»Die Arkoniden kümmern sich um sie.«»Auch Arkoniden verstehen es, mit

Raumschiffen umzugehen«, gab er zurück.»Sie könnten auf dumme Gedanken kom-men, wenn ich von Bord gehe.«

Von seinem Standpunkt aus hatte er na-türlich recht, aber leider war der seine nichtauch der unsere. Solange er sich im Schiffaufhielt, bestand nicht die geringste Chance,es eventuell zu kapern und damit seinemEinfluß zu entfliehen.

Zusammen mit Fartuloon und Ra unter-nahm ich den ersten Ausflug auf die Ober-fläche von Gonwarth. Karmina wollte unteraller Umständen dabei sein, aber ich erklärteihr, daß die erste Inspektion viel zu gefähr-lich sei, um sie daran teilnehmen zu lassen.

»Außerdem«, fügte ich leise hinzu, »istuns allen wohler, wenn jemand an Bord zu-rückbleibt, den wir für besonders zuverlässighalten.«

Damit gab sie sich zufrieden.Fartuloon nahm sein Skarg mit, Ra und

ich die Impulsstrahler. Mit dem Telekomkonnte ich notfalls Verbindung mit Karminaaufnehmen.

Das Gras war hoch und üppig, aber nichthöher als einen halben Meter. Darüberspannte sich ein blauer Himmel mit feinenWolkenschleiern, die jedoch die Sonnenein-strahlung kaum abschwächten. Es war ange-nehm warm und die Luft gut.

Planet der Gräber 13

Wir waren weit genug von der Einbruch-stelle entfernt gelandet, um das Schiff nichtzu gefährden. Sicher und fest stand es aufseinen Teleskopstützen, unter sich gewach-senen Boden, der bald in Fels überging. Dashatte der Massetaster verraten.

Fartuloon übernahm die Führung, dasSkarg in der Hand. Ich bemerkte, daß seinLederwams dringend einer Reinigung be-durfte. Es war speckig und voller Flecken.Die Hosen sahen auch nicht viel besser aus.

Wir folgten einer Art Pfad, ohne uns Ge-danken über seinen Ursprung zu machen.Vielleicht gab es hier Tiere, Gras zum Wei-den jedenfalls würden sie genügend vorfin-den. Vom Raum aus hatten wir allerdingsnichts von einer Fauna registrieren können.

Fartuloon blieb stehen.»Und so wunderbare Welten haben die

Akonen damals aufgegeben, nur um sich inihr Versteck zurückzuziehen – die müssenverrückt gewesen sein!«

»Sie hatten sicher ihre Gründe«, warf ichein.

»Diese Welt erinnert mich ein wenig anmeine Heimat«, sagte Ra. »Auch sie besitztweite Steppen, aber auch viel Wälder undFlüsse. Es ist eine wilde, urwüchsige Welt,meine Heimat.«

Immer wieder konnte ich seinen Wunschspüren, die Heimat wiederzusehen, aber ichkonnte ihm nicht helfen. Niemand kanntedie Koordinaten des Sonnensystems, ausdem er einst von Sklavenhändlern entführtworden war. Es stand weit außerhalb der Re-gion, die vom Großen Imperium beherrschtwurde.

Wenn ich meine mir selbst gestellte Auf-gabe erfüllt hatte und der Tod meines Vatersgerächt war, blieb mir vielleicht Zeit undGelegenheit, Ras Herzenswunsch zu erfüllenund zumindest nach seiner Heimat zu su-chen.

»Hier gibt es ebenfalls Wälder, Ra, wiewir feststellen konnten, aber wir haben an-dere Dinge zu tun. Dort vorn muß die Stati-on liegen, vielleicht unter der Oberfläche.Vielleicht hat der Einbruch damit zu tun.«

Fartuloon war weitergegangen. Ohne sichumzudrehen, meinte er:

»Ob es wirklich ein Einbruch ist, werdenwir noch feststellen müssen. Ich kann mirnicht vorstellen, daß die hochtechnisiertenAkonen ihre Station über einem Hohlraumerrichteten, von dem sie annehmen mußten,daß er eines Tages zusammenstürzen könn-te.«

Ich sah ein, daß es wenig Sinn hatte, wei-ter über Ursache und Wirkung nachzuden-ken. Außerdem näherten wir uns unseremZiel, dem Rand des Einbruchs.

Wir blieben stehen und sahen hinab aufdas, was einst die Station der Akonen gewe-sen war.

Das riesige Loch war nicht exakt rund,sondern mußte einst fast quadratisch gewe-sen sein. Nach und nach waren die Ränderabgebröckelt und hatten der Mulde ihre jet-zige Form verliehen. Nahezu senkrecht fie-len die Wände nach unten, allerdings nichtbesonders tief. Zwanzig oder dreißig Meterunter uns erhoben sich in dem Loch einzelneHügel, deren gleichmäßige Formen aufeinen künstlichen Ursprung schließen lie-ßen. Sie waren mit Erde und Sand bedecktund zum Teil mit Gras bewachsen.

Stumm betrachteten wir die Reste deseinst sicherlich imposanten Bauwerks undversuchten, eine Erklärung für das zu finden,was hier geschehen war. Die einleuchtendstewar die, daß es von Anfang an einen Hohl-raum gegeben hatte, über den man die Stati-on errichtet hatte, aber das widersprach ein-deutig jeder Vernunft. Also mußte der Hohl-raum erst viel später entstanden sein.

Aber wie?Mir kam der Gedanke, daß die Katastro-

phe absichtlich herbeigeführt worden war,alles deutete darauf hin. Auf der anderenSeite hätten die Akonen, wenn sie damalsdie Absicht gehabt hätten, ihre Station zuvernichten, einfach eine Bombe legen kön-nen.

»Wenn wir uns das nicht näher ansehen,werden wir nie dahinterkommen«, sagte Far-tuloon.

14 Clark Darlton

»Es ist ja auch nicht unsere eigentlicheAufgabe«, erinnerte ich ihn. »Wir sollen dasakonische Schiff und seine Anlagen studie-ren.«

»Immerhin sollen wir aber auch versu-chen, die Koordinaten des Verstecks zu fin-den, und du hast selbst die Vermutung geäu-ßert, die könnten in den Speichern der Stati-on enthalten sein.«

»Du weißt genau, warum ich das sagte,Fartuloon.«

Er nickte.Ra fragte:»Soll ich hinabklettern? Die Erde am

Rand des Hanges scheint einigermaßen festzu sein.«

»Allein kommst du da nicht wieder hoch,Ra.«

Er sah mich an.»Na, dann müßt ihr mir eben dabei hel-

fen.«»Warte noch!« hielt ich ihn zurück, als er

mit dem Abstieg beginnen wollte. »Es wirdbesser sein, wir holen Verstärkung. Nie-mand weiß, was uns dort unten erwartet.«

»Ich habe keine Angst!«»Das ist es ja eben«, erklärte ich. »Wenn

du Angst hättest, würdest du vorsichtigersein.«

Wir gingen weiter, immer in der Nähe desRandes, und umrundeten das Loch, wozuwir fast eine Stunde benötigten. Die Sonnesank allmählich dem westlichen Horizontentgegen. Unseren Berechnungen nach muß-te in zwei Stunden die Dämmerung einset-zen. Heute würden wir nicht mehr viel un-ternehmen können.

»Gehen wir zurück zum Schiff«, schlugich vor. »Morgen ist auch noch ein Tag.«

»Und morgen klettere ich hinab!« sagteRa bestimmt.

»Wir werden sehen …«Auf dem Rückweg sprachen wir nicht

viel. Vor uns in der Ebene stand der fünf-hundert Meter hohe Kugelraumer, der unshierher gebracht hatte. Er würde uns auchwieder fortbringen – dachte ich.

Vor dem Schiff sah ich einige Gestalten.

Akon-Akon hatte den Arkoniden also er-laubt, sich ins Freie zu begeben. Vielleichtwollte er uns bei guter Laune halten.

Brontalos war es, der uns entgegenkam.»Nun?« fragte er. »Habt ihr etwas gefun-

den?«»Die Station«, sagte Fartuloon an meiner

Stelle, als ich nicht sofort antwortete. »Sieist eingebrochen und wahrscheinlich zer-stört. Morgen werden wir sie uns näher an-sehen.«

»Das wird auch gut sein, Fartuloon. Wirhaben inzwischen festgestellt, daß hier nichtalles geheuer ist.«

Fartuloon warf mir einen aufforderndenBlick zu. Also übernahm ich die Fortfüh-rung des Gesprächs.

»Nicht geheuer? Wie meinen Sie das,Brontalos?«

Und er berichtete, was geschehen war.

*

Karmina Arthamin sah uns nach, als wirzu der verschütteten Station gingen. Sie hat-te keine Lust mehr, in der Kommandozen-trale weiterzuarbeiten. Sie wollte raus ausdem Schiff und sich die Beine vertreten. DieArkoniden, die sie fragten, stimmten ihr zu.

Akon-Akon hörte sich ihre Bitte an undgab zehn Arkoniden die Erlaubnis, dasSchiff zu verlassen, befahl ihnen aber, sichin der Nähe zu halten und uns auf keinenFall zu folgen.

Brontalos nahm in einer romantischenAnwandlung seine Tagesration an Konzen-tratwürfeln mit, um einmal wieder »im Frei-en das Abendbrot« zu verzehren, wie er sichausdrückte. Er fand einen geeigneten Platzdicht bei einer der äußeren Teleskopstützen,setzte sich in das dichte Gras und genoß zu-erst die Aussicht. Das Paket mit den Kon-zentratwürfeln legte er neben sich.

Karmina und einige der Wissenschaftle-rinnen entfernten sich fast fünfhundert Me-ter vom Schiff, ehe Akon-Akon sie überFunk zurückrief. Er beobachtete sie alsoständig.

Planet der Gräber 15

Brontalos saß da und döste vor sich hin.Es war warm, und fast wäre er eingeschla-fen, wenn er nicht ein schleifendes Geräuschgehört hätte. Es war ganz dicht bei ihm, aberer sah nichts. Das Gras war viel zu niedrig,als daß sich jemand an ihn hätte heranschlei-chen können, um ihn vielleicht zu er-schrecken. Raumfahrer, die endlich mal wie-der festen Boden unter den Füßen spürten,kamen manchmal auf derartig kindische Ge-danken.

Brontalos suchte nicht weiter. Arglos griffer nach seinem Lunchpaket – aber seineHand fand es nicht sofort.

Er blickte fassungslos auf die Stelle, ander es gelegen hatte. Das Gras war noch nie-dergedrückt, und ein schmaler Pfad eben-falls flachliegenden Grases führte von ihrweg.

Brontalos blieb ganz ruhig sitzen undüberlegte.

Einer der Männer konnte ihm das kleinePaket nicht gestohlen haben, dazu war dieSpur zu schmal. Sie war nicht breiter als ei-ne Hand. Und derjenige, der sie verursachthatte, konnte auch nicht schwerer als einpaar Pfund gewesen sein, denn das Gras be-gann sich bereits wieder aufzurichten.

Der ersten Verblüffung folgte der Ärgerüber die Frechheit, er stand auf und sah sichsuchend nach allen Seiten um, ohne etwasVerdächtiges entdecken zu können. Dannfolgte er der Spur, die jedoch bereits nacheinigen Dutzend Metern in einem kleinenLoch endete.

Damit war Brontalos endlich klar, was ge-schehen sein mußte.

Es gab Leben auf Gonwarth, wenn auchin primitiver Form.

*

Ich hatte mir seine Geschichte angehört,ohne ihn zu unterbrechen.

Fartuloon sagte ironisch:»Ich werde dafür sorgen, Brontalos, daß

Sie eine neue Ration erhalten. Schließlichsind Sie der erste von uns, der Leben auf

Gonwarth festgestellt hat – eine umwälzen-de Entdeckung.«

Daß es Tiere auf dieser Welt gab, bereite-te mir keine Sorgen – noch nicht. Es handel-te sich wahrscheinlich um dieselbe Gattung,die auch die Pfade in der Steppe verursachthatte, wenngleich diese auch breiter warenals die Spur, die Brontalos gefunden hatte.Doch das hatte nicht viel zu bedeuten. Woein Tier nur einmal ging, entstand eine Spur.Benutzten aber mehrere Tiere immer wiederdie gleiche Spur, entstand allmählich einfestgetretener Pfad.

»Spotten Sie nur, Fartuloon«, beschwertesich Brontalos. »An meiner Stelle hätten Sieauch einen Schreck bekommen, nicht nurwegen der verschwundenen Konzentrate.Aber das Tier hätte ja auch gefährlich seinund mich anfallen können. Zum Glück istdas nicht geschehen. Wir müssen herausfin-den, was es ist und wovon es lebt.«

»Heute jedenfalls von Raumfahrerverpfle-gung«, sagte ich. »Ist sonst noch etwas pas-siert?«

»Nicht daß ich wüßte«, gab Brontalosverdrossen Auskunft.

Karmina kam herbei.»Komische Sache, nicht wahr?« fragte sie

und deutete auf Brontalos. »Wir haben sonstkeine Spuren gefunden, obwohl wir alles ab-gesucht haben.«

Fartuloon sagte ungeduldig:»Nun laßt uns endlich mit diesem Getier

in Frieden, wir haben andere Sorgen. Mor-gen nehmen wir Gerätschaften mit und un-tersuchen die Station. Vielleicht finden wireinen Eingang, der sich freigraben läßt. Wasmachen die Akonen?«

»Da müßt ihr Karelia fragen«, teilte sieuns schnippisch mit und stolzierte davon,um bald darauf im Schiff zu verschwinden.

Fartuloon sah ihr nach und meinte:»Wenn die einen Mann kriegt, so ist der

schon heute zu bedauern. Sie wird seinKommandant sein.«

Abends saßen wir noch in der Messe zu-sammen und unterhielten uns über die Ereig-nisse des Tages.

16 Clark Darlton

Zum Leidwesen von Brontalos schiensich niemand für sein verschwundenes Päck-chen und den geheimnisvollen Dieb zu inter-essieren.

Die verschüttete Station war es, die jedenfaszinierte.

*

Mit einiger Mühe gelang es uns, die imHangar gelagerten Antigravplatten gefahrlosaus dem Schiff zu manövrieren und voll be-laden zu dem Loch schweben zu lassen, andessen Rand sie landeten. Bald häuften sichdort die Geräte, die wir vermutlich benöti-gen würden.

Bevor wir sie zu der Station hinabschaff-ten, wollten wir eine genauere Erkundungvornehmen. Ra und ich legten uns auf eineder Platten und hielten uns fest. Fartuloonsteuerte sie von dem Fernlenkautomaten aus.

Langsam glitten die zerbröckelnden Wän-de nach oben, während wir nach unten san-ken. Wir landeten auf einem der Hügel. Ichwinkte Fartuloon zu, daß alles in Ordnungsei.

Mühsam bahnten wir uns einen Wegdurch das Gebüsch und rutschten dann zureigentlichen Talsohle hinab.

Jetzt wirkten die Bauten keineswegs mehrwie natürliche Hügel, denn die zum Teilnoch senkrecht stehenden Metallwände wa-ren nicht mit Erde bedeckt worden. Dumpfund kalt blinkten sie im schräg einfallendenSonnenlicht.

»Wird ja wohl eine Tür zu finden sein«,knurrte Ra und stand auf. Er zog seinenStrahler, faßte ihn beim Lauf und klopfte mitdem Griff vorsichtig gegen die Metallwand.»Nicht sehr dick. Im Notfall schmelzen wirsie durch.«

Wir wanderten durch die engen »Gassen«,bis wir endlich das größte der Gebäude er-reichten. Das mußte die eigentliche Trans-mitterstation gewesen sein. Vielleicht aberauch nur ein riesiges Depot.

Einen Eingang konnten wir nicht finden,und noch widerstrebte es mir, mit Gewalt

einzudringen. Wahrscheinlich war die Erd-schicht mehrere Meter dick und hatte dieTüren und Fenster verschüttet. Was wir sa-hen, waren nur die obersten Etagen.

»Nun, was ist?« fragte Fartuloon über Te-lekom.

Ich berichtete ihm, was wir gefunden hat-ten und bat ihn, entsprechende Gerätschaftenund einige Arkoniden herabzuschicken.

Dann begannen wir damit, den unterenTeil des großen Bauwerks freizulegen.

*

Die Sonne stand schon hoch, als wir esendlich geschafft hatten und den Eingangfanden. Er lag sieben Meter unter der eigent-lichen Talsohle und war geöffnet, so, als ha-be gerade jemand das Gebäude verlassenwollen, als der Hohlraum darunter zusam-menbrach.

Vorsichtig stiegen wir über Steine undGeröll und drangen ein. Es war dunkel, undwir mußten die Lampen einschalten. ÜberTelekom hörte ich Fartuloon sagen:

»Wartet, ich komme mit! Das muß ichmir ansehen!«

Wir standen in einem nicht übermäßiggroßen Raum ohne jede Einrichtung. Seinursprünglicher Verwendungszweck warnicht mehr zu erraten. Immerhin gab es dreiTüren, die in verschiedene Richtungen führ-ten.

Fartuloon erschien schnaufend, als sei erden Hang herabgeklettert und nicht ge-schwebt. Auch er schaltete seine Lampe ein.

»Weiter, Freunde! Was stehen wir hiernutzlos herum?«

Wir öffneten die mittlere Tür ohne Müheund kamen in einen breiten Korridor, der voreiner Sicherheitswand endete, die wir nurmit den Strahlern beseitigen konnten, weilwir trotz allen Suchens die Kontrollen nichtfanden.

Wenn wir gehofft hatten, den großen in-terstellaren Materietransmitter hier zu fin-den, so sahen wir uns getäuscht.

Wir standen in einem ausgeräumten De-

Planet der Gräber 17

pot, von dem aus die ehemalige Kolonie ver-sorgt worden war. Lange Reihen von leerenRegalen zeugten von der einst reichhaltigenAuswahl der hier aufbewahrten Gegenstän-de, ohne die eine Niederlassung nicht exi-stieren konnte.

Wir ließen uns Zeit mit der Durchsu-chung, aber es war offensichtlich, daß derAuszug vor vielen tausend Jahren in allerRuhe und mit peinlicher Sorgfalt durchge-führt worden sein mußte. Wir fanden nichts,keinen einzigen lockeren Gegenstand, denman vielleicht vergessen hatte.

Treppen führten nach unten in Räume, indenen noch Maschinenanlagen standen; diejedoch keinen funktionsfähigen Eindruckmehr machten. Die Schalttafeln sahen soaus, als habe jemand sie mit Beilen bearbei-tet.

Akon-Akon rief uns über den Telekomvom Schiff aus.

»Habt ihr die Speicheranlagen gefunden?Was ist mit den Koordinaten, die ich habenwill?«

Fartuloon wollte antworten, aber ich kamihm zuvor:

»Noch nicht, Akon-Akon, aber wir su-chen danach. Wenn die Speicher nicht ge-löscht oder mitgenommen wurden, findenwir sie auch.«

»Ich hoffe es im Interesse aller.«Er schaltete wieder ab.»Da kann er aber lange warten«, murmel-

te Fartuloon kaum hörbar.Wir durchforschten den ganzen Komplex,

aber so etwas Ähnliches wie eine Transmit-teranlage war nicht zu entdecken, allerdingsauch keine Speicher mit Koordinaten oderanderen Daten, die uns weitergeholfen hät-ten.

Hier jedenfalls, das war uns allen klar,würde ein akonisches Demontagekommandonicht mehr viel zu tun haben.

Wir durchsuchten noch einige der halb-verschütteten kleineren Gebäude, fandenaber nichts von Bedeutung. Enttäuscht undmüde standen wir später wieder auf demGrund des Loches und kletterten auf die An-

tigravplatten, um uns nach oben bringen zulassen.

Die anderen kehrten zum Schiff zurück,Fartuloon, Ra und ich blieben noch. Wirsetzten uns ins Gras und schalteten die Tele-komgeräte ab, damit niemand unser Ge-spräch belauschen konnte.

»Alles verdammt merkwürdig«, faßte Far-tuloon zusammen.

»Ob das Loch von selbst entstanden ist?«fragte Ra.

Ich schüttelte den Kopf. »Es sieht so aus,aber ich glaube es nicht. Jedenfalls stehtfest, daß die Katastrophe erst dann eintrat,als die Akonen Gonwarth bereits verlassenhatten. Darauf deutet so ziemlich alles hin.Der Einbruch ist also keineswegs die Ursa-che für die Aufgabe der Station. Den Spurennach zu urteilen, muß es vor zwei- oder drei-tausend Jahren passiert sein.«

»Aber warum?« bohrte Fartuloon. »DieAkonen waren doch nicht so dumm, einederartige Anlage über Hohlräumen zu er-richten!«

»Das haben wir bereits schon einmal fest-gestellt«, meinte ich. »Jemand muß also spä-ter hierhergekommen sein und die Stationbewußt zerstört haben. Aber wer?«

Darauf wußte natürlich niemand eine Ant-wort.

Wir rätselten noch lange hin und her, ka-men aber zu keinem Ergebnis. Schließlichschalteten wir die Telekome wieder ein, umkeinen Verdacht bei Akon-Akon zu erregen.

Jemand rief uns, und ich glaubte, Bronta-los' Stimme zu erkennen.

Fartuloon meldete sich.Es war Brontalos.»Könnt ihr zurückkommen? Wir haben

etwas Interessantes gefunden.«»Was denn?«»Kommt und seht es euch an! Keine fünf-

hundert Meter vom Schiff entfernt.«Fartuloon stand ächzend auf.»Die halten uns ganz schön in Bewe-

gung«, beschwerte er sich.Da die anderen alle Schwebeplatten mit-

genommen hatten, gingen wir zu Fuß. Am

18 Clark Darlton

Schiff vorbei gelangten wir auf die andereSeite der Grassteppe, die sich allmählich ab-senkte. Darum hatten wir auch unsere Leuteund Brontalos nicht sehen können, die unszuwinkten.

Ra beschleunigte seine Schritte. Ich sah,wie Brontalos auf ihn einredete und immerwieder auf die pyramidenähnlichen Gebildedeutete, die wir ebenfalls vorher nicht hattensehen können.

Sie standen in unregelmäßiger Anordnungin der riesigen Senke, manche bis zu zehnMeter hoch. Es waren mindestens zwanzigStück, und sie waren – das konnten wir jetztdeutlich erkennen – durch Wege verbunden.

Richtige Wege waren es natürlich nicht,aber das Gras war niedergetreten oder sogarabsichtlich beseitigt worden. Jedenfalls wa-ren sie deutlich als benutzte Pfade zu identi-fizieren.

Endlich erreichten wir die Gruppe.»Ich fand sie zufällig, als ich mich ein

wenig vom Schiff in dieser Richtung ent-fernte«, erzählte Brontalos aufgeregt. »Wasist das?«

Mir war klar, daß es keine künstlichenGebilde waren, schon gar keine, die von denAkonen hier zurückgelassen worden waren.Welchen Sinn sollten sie auch schon gehabthaben? Das Material war Erde, ganz norma-le Erde wie jene, auf der wir standen. Da-zwischen bemerkte ich eingeflochtene Gras-halme, die dem Ganzen Halt zu geben schie-nen.

Ich bröckelte ein wenig ab und zerrieb esauf der Hand. Sehr haltbar war die Zusam-mensetzung nicht gerade, aber die Sonnehatte das ihrige getan, die Pyramidenbautenwiderstandsfähig zu machen.

»Insektenbauten«, teilte uns Fartuloonüberzeugt mit. »Das haben Insekten getan.Aber sie müssen ziemlich groß sein.«

»So groß wie dein Arm«, bestätigte ichseine Vermutung. »Nur glaube ich nicht, daßes sich bei den Pyramiden um Bauten han-delt. Ich nehme an, es ist überflüssige Erde.«

»Ich teile deine Meinung nicht«, wider-sprach Fartuloon. »Überflüssige Erde wür-

den sie einfach hier oben verstreuen, statt zuPyramiden aufzuhäufen. Diese Hügel habenalso einen ganz bestimmten Zweck. Ich neh-me auch nicht an, daß sie in ihnen hausen,aber vielleicht dienen sie als Aussichtstür-me.«

Ich verzichtete auf eine Fortsetzung derDiskussion. Wenn es hier wirklich größereInsekten gab, so brauchten wir uns deshalbnicht den Kopf zu zerbrechen. Immerhinnoch besser, als würden riesige Saurier dieGegend unsicher machen.

Die anderen mochten ähnlich denken,denn in Grüppchen kehrten sie wieder zumSchiff zurück. Fartuloon und ich folgten ih-rem Beispiel. Ra gesellte sich zu uns.

»Auf meinem Heimatplaneten gab esauch Insekten, die ähnliche Bauten errichte-ten«, sagte er und beschrieb sie als manch-mal bis zur Länge eines Fingers werdendeTiere. »Gefährlich waren sie nicht, aber siekonnten lästig und schädlich werden, wennein Zug von ihnen unsere Dörfer überfiel.Sie waren nicht aufzuhalten, und selbst Flüs-se konnten sie überqueren. Als mir dann dieGoldene Göttin das Feuer brachte, bekämpf-ten wir sie damit und vertrieben sie.«

»Ähnliche Insekten sind mir auch be-kannt«, erklärte Fartuloon. »Es gibt sie über-all, warum nicht auch hier.«

Als wir im Schiff waren, verlangte Akon-Akon von mir einen Bericht. Ich suchte ihnin seiner Kabine auf.

»Ihr habt keine Anzeichen eines Koordi-natenspeichers gefunden«, stellte er fest, eheich beginnen konnte. »Es wird also bessersein, ihr vergeßt die verschüttete Station undkümmert euch um die Kontrollen des Schif-fes, das ist wichtiger.«

»Ohne einen Hinweis auf die ungefähreLage werden wir das Versteck der Akonenniemals finden«, machte ich ihn aufmerk-sam. »Es würde ein sinnloses Suchen wer-den. Vielleicht gibt es noch andere Stationenauf Gonwarth. Wir müssen sie alle durchsu-chen.«

»Wir wollen nicht unser halbes Leben aufdieser Welt zubringen, Atlan! Ich lasse euch

Planet der Gräber 19

noch einen Tag, die Station zu erforschen,dann darf niemand mehr aus dem Schiff.«

»Zwei Tage«, versuchte ich zu handeln,und ich hatte Glück.

»Also gut, zwei Tage, aber dann istSchluß!«

Ich teilte den anderen Akon-Akons Ent-schluß mit. Niemand war sonderlich über-rascht, denn jeder wußte, wie verrückt derJunge danach war, das Versteck der Akonenausfindig zu machen. Das erinnerte mich anVandra und ihre sieben Besatzungsmitglie-der.

Karelia meldete keinerlei Veränderung imZustand der Erstarrten. Keiner von ihnenhatte sich bisher gerührt oder auch nur dieAugen geöffnet. Aber sie lebten noch.

»Das kann Wochen, ja Monate dauern«,vermutete die Medizinerin. »Es hat sogarschon Fälle gegeben, die von einem Erwa-chen erst nach Jahren berichten.«

Ich wußte davon. So sehr ich auch bedau-erte, daß Vandra sich gezwungen gesehenhatte, sich und ihre Leute auf diese seltsameArt und Weise jeder Verantwortung zu ent-ziehen, so froh war ich auf der anderen Seitedarüber. Niemand von uns hatte wirklich einInteresse daran, das Versteck der Akonen zufinden, denn wir würden es nie mehr leben-dig verlassen dürfen. Das stand fest.

An diesem Abend begaben wir uns alleziemlich ratlos zur Ruhe.

*

Wir durchsuchten am nächsten Tag nocheinmal alle verschütteten Gebäude und dran-gen auch in jene ein, deren Eingänge wirvorher nicht hatten finden können. Bei demEinbruch waren sie regelrecht umgekipptund von den nachfolgenden Erdmassen be-graben worden.

Eine zweite Gruppe von uns war unter derLeitung Karminas ein Stück nach Osten indie Steppe hinausgewandert, wo in einigenKilometern Entfernung ebenfalls ein kleine-rer Einbruch stattgefunden hatte. Wir hoff-ten, dort eine zweite Station zu finden.

Gegen Mittag meldete sich Karmina überTelekom.

»Es handelt sich um ein einzelnes Gebäu-de, das etwa zehn Meter tief unter die Ober-fläche sank. Die Umstände erinnern an dasLoch, das wir gestern inspizierten. Wir ha-ben keine Erklärung.«

»Könnt ihr eindringen?«»Wir haben eine Öffnung geschmolzen.

Es muß sich um eine Art Labor oder Werk-statt gehandelt haben, aber viel ist davonnicht mehr vorhanden. Einige Maschinenund Metallblöcke. An manchen Stellen siehtes so aus, als habe man Wände oder Bodenmit Säure übergossen.«

»Säure?« Ich warf Fartuloon, der nebenmir stand, einen bedeutsamen Blick zu.»Wie meinst du das, Karmina?«

»Das Metall wirkt zerfressen oder dochzumindest angegriffen. Ob die Akonen keineSpuren hinterlassen wollten, als sie abzo-gen?«

»Das hätten sie wirkungsvoller habenkönnen. Es muß eine andere Erklärung dafürgeben. Sucht weiter.«

Ich kehrte früher als die anderen zumSchiff zurück, weil Brontalos mir wegen derInsektenbauten keine Ruhe ließ.

»Ich wollte es den anderen nicht sagen«,begann er, als ich ihn auf halbem Wege zwi-schen dem Schiff und den Insektenbautentraf. »Eben habe ich so ein Biest gesehen.«

»Ein Insekt?«»Ich bin sicher, daß es ein Insekt war,

denn es verschwand in einem der Löcher,die wir rings um die Pyramiden bemerkten.Die Größe stimmt ungefähr. Nun weiß ichauch, wer mir das Paket mit den Konzentra-ten gestohlen hat.«

»Wie groß war es denn?«Er hielt mir seinen Unterarm vor die Na-

se.»So groß, vielleicht etwas größer. Sie ha-

ben einen dunkelbraun schimmernden Pan-zer – wenigstens nehme ich an, daß es einerist. Kaum sah es mich, da flitzte es auchschon davon und verschwand.«

»Chitinpanzer«, vermutete ich sofort.

20 Clark Darlton

»Wieviel Beine?«»Das konnte ich nicht so schnell sehen,

aber ich glaube acht. Die beiden vorderenBeine jedenfalls sind sehr breit und erinnernan Schwimmflossen. Aber hier in der Nähegibt es doch gar kein Wasser.«

Ich dachte mir meinen Teil, behielt abermeine Vermutung für mich, eine Tatsache,die ich noch bereuen sollte.

»Wir müssen versuchen, eins dieser Tiereeinzufangen, Brontalos. Aber Vorsicht! DasBeste wird sein, wir betäuben es.«

»Mit dem Paralysestrahler?«»Ja. Es muß geschehen, bevor sie Gele-

genheit haben, sich zu organisieren.«Er starrte mich an.»Wie ist das gemeint? Sie halten sie doch

wohl nicht für intelligent?«Ich schüttelte den Kopf.»Die Insekten auf allen uns bekannten

Welten haben eine ähnliche Entwicklungdurchgemacht und eine gewisse Kollektivin-telligenz erworben. Das einzelne Insektdenkt nicht für sich allein, sondern für dasganze Volk. Sie sind Kollektivwesen, dasunterscheidet sie von uns. Und sie sind inder Lage, sich zu organisieren, und vielleichtsogar anzugreifen, wenn es ihnen einfällt.«

Brontalos wirkte nicht gerade überzeugtdurch meine Warnung, aber er versprach,sich um die Sache zu kümmern. Von nun anwürde er hier mit dem Strahler auf der Lauerliegen und versuchen, eines der Tiere einzu-fangen.

Ich kehrte ins Schiff zurück und traf un-terwegs Karmina.

Sie berichtete noch einmal ausführlich,was sie entdeckt hatte.

»Es sieht nach einer absichtlichen Zerstö-rung aus«, schloß sie ihre Schilderung ab.»Nicht nur das mit der Säure, sondern über-haupt der ganze Einbruch. Nur noch Metallist geblieben, alles andere ist verschwun-den.«

»Habt ihr Insektenbauten gesehen?« frag-te ich.

»Nein, dort sind keine. Aber wir habenein paar von den Tieren gesehen, ziemlich

große. Sie rannten davon, als sie uns be-merkten, so als hätten sie schon schlechteErfahrungen mit uns gemacht. Ob sie sichnoch an die Akonen erinnern können, dieschon vor Jahrtausenden Gonwarth verlas-sen haben?«

»Das ist möglich – eine Art Generationen-gedächtnis. Wir werden das untersuchenmüssen.«

Sie blieb stehen.»Ich glaube kaum, daß Akon-Akon dafür

sein Einverständnis geben wird. Warumsollte er sich auch für die Insekten interes-sieren?«

»Weil sie vielleicht eine Antwort daraufgeben können, was hier passiert ist.«

Ich war weitergegangen. Sie folgte mirund sprach kein Wort mehr. Dafür war siesehr nachdenklich geworden.

*

Der nächste Tag sollte zugleich der letztesein, den wir auf Gonwarth selbst verbrin-gen durften. So wenigstens wollte es Akon-Akon.

Im Grunde genommen hatte ich inzwi-schen jedes Interesse an den nutzlos gewor-denen Stationen der Akonen verloren, undschon gar nicht hoffte ich, dort noch Koordi-naten zu finden. Warum ich versuchte,Akon-Akon hinzuhalten, war mir selbstnicht ganz klar. Wollte ich lediglich Zeit ge-winnen?

Zeit – wozu?Heute weiß ich, daß ich unbewußt nur auf

eine Gelegenheit wartete, ihn auszuschalten,gegen seinen Einfluß und Hypnobefehl, ihnniemals anzugreifen. Nur der Zufall konnteuns da noch zu Hilfe kommen, und ich wuß-te auch, daß alle Zufälle Zeit benötigen.

Brontalos teilte mir mittags mit, daß esihm gelungen sei, ein Insekt zu paralysieren.

Ich war gerade außerhalb des Schiffes.»Wo?« fragte ich über den Telekom zu-

rück.»Vor den Pyramiden Richtung Schiff.

Bringt etwas mit, wo wir es hineinlegen

Planet der Gräber 21

können, anfassen tue ich das Biest nicht.«»Wir sind gleich da, Brontalos!«Ich nahm zwei Arkoniden mit, die taten-

los herumstanden. Einer von ihnen hatteeinen Beutel aus dem Schiff geholt. Wir sa-hen Brontalos winken. Da ich schneller warals meine Begleiter, war ich als erster beiihm.

Das Insekt sah genauso aus, wie er es be-schrieben hatte. Der dunkelbraune Panzerschimmerte im Licht der Sonne. Die Vorder-beine erinnerten an kleine Schaufeln. Damitgruben sie ihre Gänge und bauten die Pyra-miden. Zwei starre Augen blickten mich an,als ich mich bückte. Das Tier war bei Be-wußtsein, konnte sich aber nicht mehr bewe-gen. Die zwei feinen Fühler waren in sichzusammengefallen.

»Sehen aus wie Antennen«, meinte einerder beiden Arkoniden, die mich begleitethatten. »Sollen wir es einpacken?«

»Aber vorsichtig«, bat ich sie und dachteüber die Grabfüße und die Fühler nach.

Brontalos erzählte mir, daß er mehrereStunden gewartet habe, ehe sich eins derTiere sehen ließ. Es schien ihn nicht bemerktzu haben und kam ihm ziemlich nahe. Dannhabe er es paralysiert.

»Es war allein?« vergewisserte ich michungläubig.

»Ganz allein!«Das paßte wieder nicht ganz in das Bild,

das ich mir von einem Kollektivwesen ge-macht hatte. Entwickelten die Insekten etwaEigenleben?

Akon-Akon hatte natürlich wieder etwaseinzuwenden, als ich ihn unterrichtete, aberich konnte ihn davon überzeugen, daß eswichtig für uns alle sei, mehr über die Insek-ten zu erfahren, die vielleicht für den Rück-zug der Akonen vor Jahrtausenden verant-wortlich waren.

Abends waren wir wieder alle im Schiffversammelt. Die einzelnen Berichte der Un-tersuchungsgruppen ergaben keine Neuig-keiten. Brontalos, der den Biologen beimStudium des gefangenen Insektes geholfenhatte, informierte uns:

»Solange es paralysiert war, konnten wires in aller Ruhe betrachten und untersuchen.Pflanzenfresser, soweit wir feststellen kön-nen, aber sicher sind wir nicht. Sehr emp-findliche Sehorgane, was von einem Lebenin Dunkelheit zeugt. Grabfüße, ganz klar.Die Antennen scheinen zum Senden undEmpfang von Impulsen eingerichtet zu sein,doch auch das ließ sich nicht endgültig fest-stellen, da unser Objekt plötzlich sehrschnell wieder lebendig wurde. Im letztenAugenblick gelang es uns, den Coumarg ineinen der durchsichtigen Plastikbehälter zuwerfen und den Deckel zu schließen.«

»Wen?« fragte ich.»Wir haben das Tier ›Coumarg‹ getauft,

weil es ein Gräber ist.«Coumarg war die Bezeichnung für eine

auf Arkon heimische Insektenart, die durchihre unermüdliche Wühlarbeit unter der Er-de bekannt war. Ich war lange nicht mehrauf Arkon gewesen, und schon damals hatteman mit der Ausrottung dieses Schädlingsbegonnen. Vielleicht gab es ihn schon langenicht mehr.

»Wie benahm sich der Coumarg?« fragteich.

»Wie ein Raubtier, das man in einen Kä-fig gesperrt hat. Er wollte uns wütend an-greifen, wurde aber durch den Plastikstoffdaran gehindert. Natürlich konnte er uns se-hen, und ich denke noch jetzt an seine Au-gen, in denen ich so etwas wie tödlichenHaß zu bemerken glaubte. Er begann dentransparenten Plastikstoff zu zernagen.«

»Und?«»Wir haben das Tier wieder paralysieren

müssen.«Fartuloon riet:»Wir sollten es freilassen, ehe es Schaden

anrichten kann. Warum sollten wir es tö-ten?«

»Das hat niemand vor«, hielt ich ihm ent-gegen. »Aber du hast recht. Weitere Unter-suchungen sind überflüssig. Vielleicht legtes bei seinen Artgenossen ein gutes Wort füruns ein …«

Das war natürlich ironisch gemeint, denn

22 Clark Darlton

keiner von uns traute den Coumargs mehrals eine allgemeine kollektive Intelligenz zu.

Brontalos ging, um das Tier ins Freie zubringen.

Wir saßen noch einige Zeit zusammen,dann trennten wir uns, um schlafen zu ge-hen.

Keiner von uns wußte, was der morgigeTag bringen würde.

3.Ein paar Jahrtausende vorher …

Das Depot und die Nebenanlagen warenfertiggestellt worden, und man hatte die fürdie nächsten Jahre benötigten Vorräte einge-lagert. In regelmäßigen Abständen trafen dieTransportschiffe ein. Sie brachten weitereGebrauchsgüter und Bauteile für einenGroßtransmitter.

Das alles interessierte den Biologen Kar-lakon nur am Rande.

Mehr als einmal schon war er beim Kom-mandanten der Station vorstellig geworden,um seine Forderung vorzutragen, aber denKommandanten wiederum interessierten dieInsekten nicht, die Karlakon studieren woll-te.

»Unsere Aufgabe ist es, diese Station zuerrichten, und sonst nichts. Ich verstehe Ih-ren Wunsch nicht.«

»Wir leben nun schon sehr lange auf die-ser Welt, und meine Aufgabe ist es, das tieri-sche und pflanzliche Leben hier zu untersu-chen. Sie wissen das, und Sie wissen auch,daß mir die Unterstützung der Station undihrer Einrichtungen zusteht. Ich habe bisjetzt feststellen können, daß die großen In-sekten, die wir hin und wieder beobachten,eine gewisse Intelligenz besitzen. Wir habensie ›Coumargons‹ genannt, weil sie dengrößten Teil ihres Daseins unter der Oberflä-che verbringen und riesige Tunnels graben.Sie scheinen harmlos und verständigungsbe-reit zu sein. Darum bitte ich Sie noch ein-mal, mir den Bau einer Forschungsstation zugenehmigen und entsprechende Schritte zuunternehmen.«

»Was beabsichtigen Sie?«»Mir ist der Gedanke gekommen, daß wir

die Insekten unter Umständen beim Bau un-terirdischer Anlagen einsetzen können.«

Der Kommandant starrte den Biologenverständnislos an.

»Sind Sie verrückt geworden?« erkundig-te er sich. »Selbst dann, wenn Ihnen die Ver-ständigung mit den Coumargons gelänge, istder Gedanke absurd. Wir haben entspre-chende Maschinen, wozu brauchen wir dadie Insekten?«

Karlakon, dem es in erster Linie um dasStudium, weniger um einen Arbeitseinsatzder Insekten ging, verteidigte seinen Stand-punkt mit allen möglichen Argumenten, biser den Kommandanten halbwegs überzeugenkonnte. Eine entsprechende Anfrage beimFlottenoberkommando wurde positiv beant-wortet.

Karlakon erhielt die erforderlichen Mittelzum Bau eines Forschungslabors, außerdemwurde ihm ein Assistent zugeteilt, der zu-gleich Spezialist für Funkwesen war.

Tonkan war ebenfalls von der Lebenswei-se der Coumargons fasziniert und froh, eineSpezialaufgabe erhalten zu haben, der ersich nun voll und ganz widmen konnte. Sei-ne Faszination stieg, als er von Karlakonmehr Einzelheiten erfuhr.

»Es gibt Stellen, an denen man in ihre un-terirdische Welt eindringen kann, ohne Zer-störungen anzurichten, Tonkan. Sie wissen,daß die Eingänge meist nur schmal undklein sind, aber Sie werden sich wundern,wie geräumig die Gänge und Kammern un-ter der Erde sind. Das ist es auch, was michauf den Gedanken brachte, die Tiere zumBau unserer Anlagen einzusetzen.«

»Ein kühner Gedanke, Karlakon.«»Nicht wahr? Aber Sie werden sehen, er

ist zu verwirklichen. Doch zuerst müssenwir versuchen, Verbindung mit ihnen aufzu-nehmen, besonders mit einer ihrer Königin-nen. Ich halte sie für ziemlich intelligent.«

»Sie denken an Funk?«»Ja, richtig, Tonkan. Daß sie untereinan-

der durch Gedankenimpulse kommunizie-

Planet der Gräber 23

ren, habe ich bereits herausgefunden. Ichkonnte sogar vereinzelte Impulse auffangen,wenn auch leider noch nicht entziffern.«

»Gedankenimpulse?« wunderte sich Ton-kan. »Glauben Sie nicht, daß es eher Fun-kimpulse sind, die organisch erzeugt wer-den?«

Karlakon winkte ab.»Das spielt keine so große Rolle. Wichtig

ist nur, daß wir ihnen antworten können.Während mit dem Bau des Labors begonnenwird, unternehmen wir die ersten Ausflügezu den Coumargons. Später werden wir ein-zelne Exemplare einfangen und untersuchen.Wenn wir sie gut behandeln und dann wie-der freilassen, müßten sie unseren gutenWillen erkennen und entsprechend kooperie-ren. Wenigstens hoffe ich das.«

Am nächsten Tag flogen sie mit einemder Gleiter ein Stück nach Norden, wo dergroße Wald begann. Dort hatte Karlakondurch Messungen festgestellt, daß großeTeile des unwegsamen Geländes unterhöhltwaren. Manche der Gänge führten bis tiefunter den Wald und sogar hinein in das imWesten ansteigende Gebirge. Demnach wa-ren die Coumargons in der Lage, selbst Felszu bearbeiten.

Hunderte von Pyramiden zeugten vondem unermüdlichen Fleiß der Tiere und er-innerten, von oben gesehen, an eine seitJahrhunderten verlassene Stadt, in der eskein Leben mehr gab.

Sie landeten und stiegen aus.Tonkan trug ein kleines Funkgerät, das er

in einem schlanken Zylinder untergebrachthatte. Wenn er durch einen der unterirdi-schen Gänge kroch, konnte er es leicht vorsich herschieben, ohne es zu beschädigen.

In der Nähe des Landeplatzes waren eini-ge Coumargons damit beschäftigt, eine neuePyramide zu errichten. Sie gingen dabei sosystematisch und geschickt vor, daß man ih-nen eine gehörige Portion von Intelligenznicht absprechen konnte. Trotzdem wurdendie beiden Forscher den Eindruck nicht los,daß sie nicht selbständig, sondern nach ge-nauen Anweisungen arbeiteten.

Einige der Tiere scharrten die aus demGang geworfene Erde zusammen und scho-ben sie auf einem Haufen zusammen. Ande-re wiederum krabbelten auf diesem Haufenherum, der sich allmählich zu formen be-gann, bis er zu einer der bekannten Pyrami-den wurde. Kaum damit fertig, begannen dieCoumargons mit dem Bau der nächsten.

Um die beiden Akonen kümmerten siesich nicht.

»Sie haben keine Angst mehr vor mir«,erklärte Karlakon triumphierend. »Sie ken-nen mich bereits, und an Sie werden sie sichauch mit der Zeit gewöhnen.«

»Wie sollen wir einen Eingang finden, dergroß genug für uns ist?«

»Drüben am Abhang, der zum Fluß führt.Die Höhleneingänge sind dort größer als inder Ebene und führen meist waagrecht inden Berg hinein. Viele von ihnen sind wohlnatürlichen Ursprungs.«

Sie ließen den Gleiter unter dem Schutzdes Energieschirms zurück und gingen dichtan den arbeitenden Coumargons vorbei. Ei-nige der Tiere stellten für wenige Sekundenihre Tätigkeit ein, um die beiden Männerneugierig zu betrachten. Dabei bewegtensich ihre langen Fühler wie spielerisch hinund her. Karlakon war überzeugt, daß sie ih-rer Königin Informationen übermittelten undAnweisungen von ihr erhielten.

Dann nahmen sie ihre Arbeit wieder auf.Als das Gelände zum Fluß abfiel, hielten

sie an.Karlakon hatte nicht zuviel versprochen.

Der Abhang, unterschiedlich steil, war mitLöchern regelrecht übersät. Die meisten wa-ren nicht größer als eine Hand, andere wie-derum hätten zwei Männern zugleich Platzgeboten.

Tonkan war stehengeblieben und beob-achtete einige Coumargons, die auf schma-len Verbindungspfaden dahineilten, um voneinem Bau in den anderen zu gelangen. Sienahmen kaum Notiz von den Akonen, ähn-lich wie die Pyramidenbauer.

»Sie haben noch keine schlechte Erfah-rungen mit Akonen gemacht«, konstatierte

24 Clark Darlton

Karlakon befriedigt. »Um so leichter werdenwir es mit ihnen haben.«

»Was planen Sie eigentlich wirklich?«fragte Tonkan. »Glauben Sie im Ernst daran,sie in Arbeitstiere für unsere Zwecke ver-wandeln zu können?«

»Der Gedanke ist immerhin frappierend,das müssen Sie doch zugeben.«

»Ich halte nicht viel davon, wenn ich Ih-nen auch am Anfang zustimmte. Mir geht esin erster Linie um den Kontaktversuch.Wenn er gelingt, ergeben sich daraus unge-ahnte Möglichkeiten zur Entwicklung ent-sprechender Funkeinrichtungen. Ich denkeda an Kommandoübermittlung per Funk.«

»Wir könnten der Königin Befehle ertei-len, die sie befolgen müßte!« stimmte Karla-kon begeistert zu. »Sie wiederum leitet dieseBefehle an ihr Volk weiter. Sehen Sie, dasist ja genau das, was ich plane!«

»Eigentlich ja, trotzdem interessiert michder Arbeitseinsatz der Coumargons nicht be-sonders, nur das Experiment selbst. HabenSie sich schon einen Bau ausgesucht?«

Karlakon ging weiter.»Wir nehmen den da vorn. Der Gang da-

hinter scheint groß genug zu sein. Haben SieIhr Gerät eingeschaltet?«

»Noch nicht.«»Dann tun Sie es. Versuchen Sie, Impulse

aufzufangen. Haben Sie den Translator da-zwischengeschaltet?«

»Wie besprochen, aber ich glaube nicht,daß es so einfach sein wird. Impulse werdenwir empfangen und auch registrieren kön-nen, aber ob uns der Translator helfen wird,sie auch zu verstehen, möchte ich bezwei-feln. Versuchen können wir es ja …«

Karlakon kümmerte sich nicht um die Be-denken seines Assistenten. Zielstrebig ginger auf den Tunneleingang zu und wich denentgegenkommenden Coumargons aus. Ton-kan folgte ihm, so schnell er es vermochte.Sein Funkgerät arbeitete bereits und emp-fing erste Impulse. Wie erwartet, ergaben siekeinen Sinn, aber eine gewisse Systematikder Zeichen war durchaus erkennbar.

Im Eingang saß eines der Insekten. Es sah

ihnen entgegen. Seine Fühler bewegten sichspielerisch auf und ab, hin und her.

Karlakon zögerte ein wenig, als er denEingang erreichte, dann bückte er sich undsprach auf das Tier ein, was Tonkan völligsinnlos erschien. Er registrierte stärkere Fun-kimpulse auf den Instrumenten, so als wolledas Insekt antworten.

Sonst gab es keine Reaktion.Vorsichtig stieg Karlakon über den Grä-

ber hinweg und drang in den schräg nachunten führenden Stollen ein. Tonkan folgteihm mit einem flauen Gefühl im Magen. Erbegriff nicht, warum die Coumargons soteilnahmslos zusahen, wie Fremde ihr Reichbetraten.

Schon nach wenigen Metern mußten siedie Lampen einschalten und konnten nurnoch gebückt weitergehen. Der Boden, dieWände und die Decke des Ganges warenglatt. Für die relativ kleinen Insekten mußteihre Bearbeitung alles andere als einfach ge-wesen sein, und Tonkan fragte sich, warumsie so große und hohe Tunnels benötigten.

Mehrmals begegneten ihnen Coumargons,die zum Ausgang eilten. Das Licht schiensie zu irritieren, aber sie liefen unbeirrt wei-ter, ohne die Eindringlinge aufzuhalten. Diebeiden Forscher hatten selten so friedfertigeLebewesen kennengelernt, was ihre Hoff-nung auf einen Erfolg nur noch steigerte.

»Waren Sie schon einmal in diesem Bau,Karlakon?«

»Nein, aber sie ähneln sich alle in der An-lage. Wenn dieser hier keine Ausnahme dar-stellt, werden wir bald den Verteiler errei-chen und uns entscheiden müssen.«

»Verteiler?«»Eine Art Halle, von der aus weitere Gän-

ge in verschiedene Richtungen führen. Einerdavon geht direkt zur Festung der Königin.«

»Woher wissen Sie das?«»Dies ist nicht mein erster Besuch bei den

Coumargons, wie Sie wissen. Die Königinist größer als ihre Untertanen, vor allen Din-gen besitzt ihr Panzer eine andere Farbe. Erist fast weiß.«

Tonkan hätte gern noch mehr erfahren,

Planet der Gräber 25

aber er mußte sich um sein Gerät kümmern,dessen Zeiger immer heftiger ausschlugen.Aus dem Lautsprecher kamen seltsamePfeiftöne. Sie klangen fast wie Warnrufe,aber das konnte auch Einbildung sein.

Als sie den Verteilerraum erreichten, hieltKarlakon an.

Eine Weile lauschte er den Geräuschen,die aus dem Funkgerät kamen. Dann meinteer:

»Warum antworten wir eigentlich nicht?Vielleicht werden wir gerufen.«

»Welchen Gang nehmen wir nun?« fragteTonkan, ohne auf Karlakons Bemerkungeinzugehen. »Ich sehe vier Eingänge.«

»Drei führen fast eben weiter, nur einergeht weiter nach unten. Das wird der richti-ge sein. Obwohl ich keinen Grund dafür er-kennen kann, scheinen sich die Königinnenmöglichst tief unter der Oberfläche am si-chersten zu fühlen. Vielleicht ist das einÜberbleibsel der uns nicht bekannten Ver-gangenheit der Coumargons. Heute habensie keine natürlichen Feinde mehr, aber daskann früher anders gewesen sein.«

Tonkan sagte:»Möglich. Ich lasse auf jeden Fall ab jetzt

den Tonspeicher mitlaufen, dann können wiruns die Aufzeichnungen später in aller Ruheanhören. Jetzt bleibt uns doch zu wenig Zeitzum Studium.« Die Reichweite der Sendun-gen, stellte Tonkan durch seine Beobachtun-gen fest, war nicht sonderlich groß. Erschätzte sie auf ungefähr zwei Kilometer.Die der Königin schien größer zu sein. Daswar offensichtlich überflüssig, denn wasnützte ihr eine größere Reichweite, wenn siedamit ihre Untertanen nicht erreichte. Aberauch hier wußte Karlakon eine Erklärung. Erwar davon überzeugt, daß die Königinnender verschiedenen Völker untereinander inständigem Kontakt standen. Das bedeutete,daß sich eine Information sehr schnell aus-breiten konnte, auch wenn die einzelnenStämme und Siedlungen weiter als zwei Ki-lometer auseinander lagen.

Die Tiefenmesser zeigte einhundert Meteran, und die Luft war stickiger geworden.

Der säuerliche Beigeschmack war unver-kennbar.

Immer öfter begegneten ihnen nun die In-sekten, und es schienen keine gewöhnlichenArbeiter zu sein. Ihr Panzer war etwas hel-ler, die Fühler kürzer. Die meisten waren da-mit beschäftigt, Schäden am Gang auszubes-sern und die Wände mit ihren Grabschaufelnglatt zu polieren. Sie achteten ebenfalls nichtauf die Eindringlinge, und Tonkan vermute-te, daß sie von ihrer Königin entsprechendeAnweisungen erhalten hatten.

Der Gang mündete in eine große und ho-he Halle, in der es von Coumargons gerade-zu wimmelte. Die beiden Akonen konntenbemerken, daß sie nicht einfach wahllosdurcheinanderliefen, sondern eine gewisseOrdnung in ihren Bewegungen beibehielten.

Karlakon und Tonkan waren unwillkür-lich stehengeblieben. Etwas erhöht auf ei-nem Podest sahen sie den weißen Panzer derKönigin schimmern, die ihnen mit starrenAugen entgegenblickte. Sie hatte besonderslange Fühler, die sie den Fremden entgegen-streckte. Tonkan mußte die Lautstärke sei-nes Geräts vermindern, denn die Pfeiftönewurden so schrill, daß sie zu schmerzen be-gannen. Es war offensichtlich, daß die Köni-gin versuchte, Kontakt zu ihnen aufzuneh-men.

Tonkan versuchte es mit der Tongeberta-ste. Er schickte Signale in gleichbleibendemRhythmus aus, die zwar ohne Bedeutungblieben, dessen Systematik jedoch Verstän-digungsbereitschaft und Intelligenz verriet.

Die schrillen Pfeiftöne kamen im gleichenRhythmus zurück.

Der Anfang war gemacht.

*

Einige Wochen später konnten die beidenForscher ihr inzwischen fertiggestelltes La-bor beziehen. Jetzt erst waren sie technischin der Lage, ihre auf mehreren Ausflügengesammelten Tonaufnahmen richtig und sy-stematisch auszuwerten. Auf Karlakons Bit-te hatte der Kommandant des Depots ihm

26 Clark Darlton

einen weiteren Spezialisten zugeteilt, so daßsie nun drei Männer waren, die sich mit denCoumargons befaßten.

Per hatte sich sein Leben lang mit demBau ferngesteuerter Roboter befaßt, eine Tä-tigkeit, die ihn selbstverständlich auch mitder Funktechnik vertraut gemacht hatte.Tonkan hatte ihm erklärt, worum es ging,nachdem es endlich gelungen war, einige Si-gnale der Coumargons zu entziffern und ihreBedeutung zu erkennen.

Sie entwickelten gemeinsam einen Kode,der den aufgefangenen und enträtselten Si-gnalen entsprach, darunter auch Befehlssi-gnalen der Königin an ihre Untertanen, Sol-daten wie auch Arbeiter. Die Sendeimpulsewurden derart gespeichert, daß auf Abruf je-derzeit das gewünschte Signal ausgestrahltwerden konnte. Umgekehrt übersetzte einesinnvolle Einrichtung, von Tonkan ent-wickelt, die eintreffenden Signale der Köni-gin.

Karlakon zeigte sich über die Zusammen-arbeit seiner beiden Gehilfen äußerst befrie-digt. Was er allerdings mit ferngesteuertenRobotern im Sinn hatte, verriet er vorerstnoch nicht.

Einige Tage nach dem Umzug wurde dieFunkanlage praktisch erprobt. Die»Unterhaltung«, mit der Königin des amFlußufer wohnenden Coumargon-Volkes be-schränkte sich nur auf gut zwei Dutzend Be-griffe, die sich allerdings miteinander kom-binieren ließen und so andere Bedeutungenerhielten. Karlakon versicherte der Königin,ein Freund ihres Volkes zu sein und ihm kei-nen Schaden zufügen zu wollen. Dann stell-te er die Frage, ob man nicht etwas tun kön-ne, um die guten Absichten unter Beweis zustellen.

Es stellte sich heraus, daß die Coumarg-ons Versorgungsprobleme hatten. Sie lebten– nur der Not gehorchend – von der Vegeta-tion, die auf ihrer Welt wuchs. Einige Tier-sorten, die es früher einmal gegeben hatte,und die als Hauptnahrung galten, waren aus-gestorben. Es gab nur noch selten Fleisch inden Wäldern zu erbeuten, und jedes Volk

schickte im Sommer Jäger aus. Dabei kames oft zu Zusammenstößen und blutigenAuseinandersetzungen der Coumargons un-tereinander.

Karlakon versprach der Königin Hilfe, so-bald er mit dem Kommandanten gesprochenhabe, dann machte er einen Vorschlag.Wenn die Coumargons bereit wären, beimBau der Station zu helfen, würde er dafürsorgen, daß sie Lebensmittel erhielten. Dazusei es allerdings notwendig, daß gewissetechnische Apparate in den unterirdischenBauten installiert würden, um eine ständigeKontaktaufnahme zwischen den Insektenund den Akonen zu ermöglichen.

Die Königin erbat sich Bedenkzeit undließ durchblicken, daß sie sich mit den Köni-ginnen der benachbarten Völker beratenmüsse.

Zufrieden mit dem ersten Ergebnis seinerBemühungen, verließ Karlakon mit seinenBegleitern den Bau der Coumargons undkehrte zum Labor zurück. Hier hörte er sichnoch einmal die von Tonkan gemachte Auf-zeichnung an, ehe er sagte:

»Per, Ihnen steht alles Material zur Verfü-gung, das Sie benötigen, um kleine flugfähi-ge Roboter zu bauen. Tonkan wird sich be-mühen, Mikrofunkgeräte zusammenzuba-steln, die unsere Befehlsimpulse auf Verlan-gen abstrahlen können. Damit haben wir dieKöniginnen unter Kontrolle und können sieso zwingen, unseren Anordnungen Folge zuleisten. Natürlich geschieht das zu Beginnfreiwillig, denn wir versorgen sie dafür mitLebensmitteln. Mit der Zeit jedoch werdendiese Impulse zu einem fast hypnotischenZwang, und es wird keiner Königin mehrmöglich sein, sich unseren Anordnungen zuwidersetzen.«

Tonkan gab zu bedenken, daß man mitdieser Methode ein kosmisches Gesetz ver-letze, das einwandfrei die Versklavung einesanderen Volkes verbot. Karlakon verspotteteihn und fragte, seit wann Tonkan Insektenmit einer Kollektivintelligenz als »Volk« be-zeichne.

Per enthielt sich jeden Kommentars, denn

Planet der Gräber 27

er wußte nur zu gut, daß es dem Biologen le-diglich darum ging, seinen Ehrgeiz zu be-friedigen. Ob die Akonen arbeiten mußtenoder nicht, war ihm ziemlich egal.

Er versprach, sofort mit der Konstruktionder Roboter zu beginnen.

Nach etlichen Wochen hatte Per einenPrototyp zusammengebastelt, den er mitTonkan in einen weiter entfernten Coumar-gonbau brachte, um ihn zu testen. Mehr auseiner Laune heraus hatte er dem RoboterForm und Größe der Königin gegeben, wasdie Insekten im ersten Augenblick zu irritie-ren schien. Im Innern dieses künstlichenCoumargons befanden sich Sender, Empfän-ger und Speicheranlage mit Abrufautomatik.

Die Königin des Volkes, mit der vorhernoch kein Kontakt bestanden hatte, war of-fensichtlich von dem Vorhaben unterrichtetworden, denn sie verhielt sich neutral undabwartend. Das war ein weiterer Beweis da-für, daß die einzelnen Bauten und Völker inständiger Verbindung waren.

Trotzdem atmeten die beiden Akonen er-leichtert auf, als sie wieder draußen im Frei-en standen. Sie kletterten in ihren Gleiter,der startbereit auf sie wartete. Hier erst be-gannen sie mit dem geplanten Experiment.

Durch die raffinierte Kombination derentschlüsselten Impulse gab Tonkan der Kö-nigin den Befehl, von einem dicht unter derOberfläche liegenden Seitengang einenQuerstollen zur Oberfläche zu treiben undvier Pyramiden zu errichten.

Dann warteten sie, nachdem sie Karlakonvom bisherigen Verlauf des Experiments be-richtet hatten.

Vorerst geschah nichts, das sie hätten be-obachten können. Immerhin würde die Län-ge des Querstollens etwa zehn Meter betra-gen. Aber dann bewegte sich an der errech-neten Stelle die Erde, ein winziger Hügelentstand – und dann kroch ein Coumargondurch ein kleines Loch an die Oberfläche. Erbegann sofort damit, Gras und Erde mitein-ander zu vermischen und das Fundament derPyramide auszulegen.

Immer mehr Coumargons erschienen, der

Erdhaufen wurde größer.»Es klappt wahrhaftig!« berichtete Ton-

kan über Funk. »Sie haben einen schmalenGang, gegraben, den sie nun vergrößern.Zwei Pyramiden stehen bereits …«

Per sagte nicht viel. Er betrachtete vollerFaszination die Insekten, die ohne jeden Wi-derspruch den Befehl des Funkroboters aus-führten, so sinnlos der Querstollen zur Ober-fläche für sie auch sein mochte.

»Sehr gut!« hörten sie Karlakons Stimme.»Nun kommt zurück! Ihr dürft mir glauben,daß sie Stollen und Pyramiden noch heutefertigstellen, ohne Pause zu machen. Wir ha-ben es geschafft!«

Nach dem Vorbild des Prototyps wurdenmehr als zwei Dutzend Funkroboter gebaut,die in einer jeweiligen Entfernung von zweiKilometern in den Bauten installiert wurden.So konnte man ein ziemlich großes Gebietunter Kontrolle bekommen, ohne auf dieeinzelnen Königinnen angewiesen zu sein.

Der Kommandant der Station zeigte sichhocherfreut über den Erfolg des Wissen-schaftlers, wenn er auch keinen hervorragen-den Nutzen sehen konnte. Die Coumargonswurden zu allen möglichen Arbeiten einge-setzt und erhielten anfangs auch die verspro-chenen Lebensmittel. Dann wurden die Lie-ferungen eingestellt. Die Königinnen prote-stierten, aber es war bereits zu spät.

Sie waren schon längst zu willenlosenSklaven der Funkroboter geworden, die siepositronisch überwachten, und sie mußtenden Befehlsimpulsen gehorchen, ob siewollten oder nicht.

Ehe weiter entfernte Völker, durch dieVorgänge alarmiert, die Revolte organisie-ren konnten, geschah etwas anderes:

Der Kommandant der Station erhielt vomOberkommando der akonischen Flotte denBefehl, das Depot und den Planeten zu räu-men.

Es war soweit. Die Akonen zogen sich fürimmer in ihr Versteck zurück.

Als das letzte Schiff im Himmel ver-schwunden war, gab es für die Königinnender Coumargons keine Befehlsimpulse

28 Clark Darlton

mehr. Sie waren plötzlich wieder frei, abersie ließen die nun toten Roboter an ihrenPlätzen – vielleicht, um in alle Ewigkeitenan sie und an das Unheil, das sie gebrachthatten, erinnert zu werden. Der Sturm aufdie Station der verschwundenen Akonen be-gann.

Die Coumargons trieben von allen Seitenihre unterirdischen Gänge gegen die Statio-nen vor, in erster Linie gegen das Hauptde-pot. Tief unter der Anlage entstand im Ver-lauf einiger Wochen ein gewaltiger Hohl-raum, der jeden Augenblick einstürzenkonnte – was dann auch geschah. WievielUntertanen bei dieser absichtlich herbeige-führten Katastrophe den Tod fanden, bliebauch den Königinnen verborgen, aber derZweck war erreicht worden. Wenn dieZweibeiner zurückkehrten, würden sie nurnoch Trümmer vorfinden.

Doch auch für diesen Fall der Rückkehrsorgten die Königinnen gemeinsam vor. VonGenerationen zu Generationen wurden dieGeschehnisse übermittelt, damit sie niemalsin Vergessenheit gerieten. Die Kugelschiffeder Fremden blieben im Gedächtnis derCoumargons haften. Sie wurden das Symbolfür Vorsicht – und für blindwütigen Haß.

Wenn jemals wieder ein solches Schiffauf ihrer Welt landen sollte, würde man wis-sen, was zu tun war.

4.

Von all diesen Vorkommnissen hatte ichnatürlich nicht die geringste Ahnung, ich er-fuhr die ganze Geschichte erst nach undnach. Eigentlich gingen Fartuloon und ichähnlich vor wie jener akonische Biologe, nurmit einer anderen Zielsetzung.

Wir brauchten den Kontakt mit den Cou-margons, und das kam so:

*

Akon-Akon befahl, die Luken zu schlie-ßen und erließ noch einmal das Verbot, dasSchiff zu verlassen. Die gesamte Mann-

schaft sollte sich intensiv in das Studium derKontrollen vertiefen, so daß wir in der Lagesein würden, das Schiff an jeden beliebigenPunkt der Galaxis zu bringen.

Von dem Haß der Coumargs und ihrenPlänen wußten wir zu diesem Zeitpunktnoch nichts. Sie hatten sich uns gegenüberabwartend verhalten. Wir hatten keinenGrund zum Mißtrauen.

Brontalos konnte bereits am dritten Tagmelden, daß die Navigationsanlage kein Pro-blem mehr für ihn darstellte, während Kar-mina und ich dem Antrieb sämtliche Ge-heimnisse entlockten. Ähnlich erging es denanderen Gruppen, die sich ebenfalls bemüh-ten, die Unterschiede zwischen akonischerund arkonidischer Technik und Bauweise zuerkennen.

Akon-Akon war es, der zu dieser Zeit öf-ter allein Spaziergänge auf Gonwarth unter-nahm, nachdem wir von ihm den zwingen-den Befehl erhalten hatten, nicht ohne ihn zustarten. Es wäre natürlich für uns die ein-fachste Lösung gewesen – aber es war un-möglich. Wir mußten ihm gehorchen, ob wirwollten oder nicht.

Aber wir konnten miteinander reden.»Ich glaube, daß sogar unsere acht Ako-

nen wieder zu sich kämen, wenn wir ohneAkon-Akon im Raum wären.« Fartuloonsagte es mit der ihm eigenen Bitterkeit, dieseine ganze Hilflosigkeit ausdrückte. »Wiegeht es ihnen übrigens?«

»Ich war bei ihnen. Unverändert.«»Ich würde es ja mit einem Belebungsmit-

tel versuchen, wenn es nicht so gefährlichwäre. Vandra und ihre Leute unterliegennicht dem hypnotischen Zwang Akon-Akons. Sie könnten trotz seines Verbots dasSchiff starten. Und dann …«

»Vergiß es gleich wieder«, unterbrach ichihn. »Karelia hat alles versucht, aber wirdürfen das Leben der Akonen nicht aufsSpiel setzen. Sie müssen den Zeitpunkt ihrerRückkehr zum Leben selbst bestimmen –und haben es wahrscheinlich bereits.«

Fartuloon biß sich auf die Unterlippe. Ra,der sich zu uns gesetzt hatte, sagte hitzig:

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»Aber unsere ganze Existenz hängt davonab, daß wir hier wegkommen, und zwar oh-ne Akon-Akon! Er hat uns den Start verbo-ten, aber nicht das Wiederbeleben der gefan-genen Akonen. Das ist unsere einzige Mög-lichkeit!«

Ich nickte ihm zu.»Das wissen wir auch, Ra, aber das Risi-

ko ist zu groß. Ich will jetzt nichts mehr da-von hören. Die letzten Entscheidungen trifft,wie immer, Akon-Akon. Eines Tages wirder einen verhängnisvollen Irrtum begehen,und darauf wollen wir warten.«

Bevor es dunkelte kam Akon-Akon insSchiff zurück. Er fragte:

»Wie weit seid ihr? Könnt ihr das Schifffliegen, ohne daß die Gefahr von Fehltransi-tionen besteht? Kennt ihr nun die Technikder Akonen? Wann starten wir?«

Vorsichtig erwiderte ich:»Es kann nicht mehr lange dauern, Akon-

Akon. Unsere Teams haben hart arbeitenmüssen, aber nun beherrschen sie ihre Spe-zialgebiete. Es wäre gut, wenn jeweils einErsatzteam bereitstünde, falls das eine oderandere ausfallen sollte. Also: jede Gruppemuß mindestens zwei Gebiete absolut sicherim Griff haben. Das dauert eben noch einoder zwei Tage.«

Das sah Akon-Akon ein.Wir erhielten eine neue Frist.Die Schulung konnte am Abend des zwei-

ten Tages abgeschlossen werden. Nicht ohnegewisse Beklemmung machte ich Akon-Akon die Vollzugsmeldung.

Er schien befriedigt und ordnete den Startfür den kommenden Tag an. Wir sollten unsausschlafen.

Ich konnte an diesem Abend nicht ein-schlafen, obwohl es spät geworden war. Ru-helos wälzte ich mich auf meinem Bett hinund her. Die Ungewißheit, was morgen allesgeschehen würde, lastete schwer auf mir.Welche Koordinaten würde Akon-Akon be-stimmen …?

Jene, die wir suchten, besaßen wir nochimmer nicht. Und wenn wir sie in dem De-pot der Akonen gefunden hätten, wäre mir

auch nicht wohler zumute gewesen. Ob einZiel oder nicht, unsere Zukunft lag in abso-luter Dunkelheit.

Gegen Mitternacht muß ich dann endlicheingeschlafen sein, aber um so erschrecken-der war dann das Erwachen kurz vor Mor-gengrauen des Tages, der unser letzter aufGonwarth sein sollte.

Zuerst weckte mich ein fernes Grollen,dann gab es eine Erschütterung, die michaus dem Bett schleuderte. Krampfhaft hieltich mich an dem verankerten Tisch fest, umnicht davonzurutschen, als meine Kabinesich zu neigen begann. Lose herumstehendeGegenstände folgten dem Gesetz derSchwerkraft und fielen zu Boden.

Dann hatte ich plötzlich das Gefühl, daßwir fielen – wir alle und das Schiff.

Dieser Zustand dauerte etwas mehr alsfünf oder sechs Sekunden, dann erfolgte derAufprall. Ich erwartete ihn und war gewarnt.Trotzdem wurde ich derart zusammenge-staucht, daß ich fast das Bewußtsein verlo-ren hätte.

Die Coumargs!In diesen wenigen Sekunden wurde mir

fast alles klar, wenn mir die Motive auchnoch verborgen blieben. Das Depot und dasForschungslabor der Akonen war durch dieInsekten vernichtet worden. Sie hatten einenHohlraum geschaffen und dann zum Ein-sturz gebracht. Damals mit den Stationenund heute mit unserem Schiff.

Ich versuchte aufzustehen und hielt michan den verankerten Einrichtungsgegenstän-den fest. Die Beine und der Rückenschmerzten. Der Fußboden war schräg, aberer bot noch Halt genug. Langsam arbeiteteich mich zur Tür vor und öffnete sie.

Draußen auf dem Gang waren Schreieund aufgeregtes Rufen. Ich konnte mir gutvorstellen, daß es Verletzte gegeben hatte.Meiner Schätzung nach waren wir mit demSchiff mindestens zweihundert Meter tiefgestürzt, es würde also fast bis zum Antrie-bswulst in Höhe des Äquators in der Erdestecken.

Fartuloon kam aus der Nebenkabine.

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»Was war denn das? Hat jemand ver-sucht, das Schiff zu starten?«

»Eher das Gegenteil«, sagte ich und er-klärte ihm meine Theorie. »Wir sitzen fest,nehme ich an, aber darüber rege ich michkaum noch auf. Wir haben eine Frist bekom-men.«

»Hoffentlich dauert sie keine Ewigkeit«,knurrte er und rieb sich die Arme. »So blitz-artig bin ich noch nie aus dem Bett gefal-len.«

Ein kurzer Inspektionsgang überzeugteuns davon, daß niemand ernstlich verletztworden war. Akon-Akon nahm unseren Be-richt mit unbewegtem Gesicht entgegen undverschob jede Entscheidung auf den kom-menden Tag. Dann verschwand er wieder.

Karelia kümmerte sich um die erstarrtenAkonen. Sie waren in ihrem Gefängnisdurcheinandergekollert, und es war nichtfestzustellen, ob sie Knochenbrüche oderVerrenkungen davongetragen hatten. Ihr Zu-stand jedenfalls hatte sich offensichtlichnicht verändert. Sie wurden wieder in ihreBetten gelegt und alleingelassen.

Ich überzeugte mich davon, daß der Pan-oramaschirm noch arbeitete, und erhielt soeinen ersten Überblick. Das Schiff war halbunter die Oberfläche von Gonwarth gesun-ken und saß fest. Ohne fremde Hilfe würdenwir so schnell nicht wieder freikommen. DasAktivieren der Triebwerke unter den gege-benen Umständen würde lebensgefährlichsein.

Schlafen konnte ich nicht mehr. Karminaund ich überprüften die Funktionen der ein-zelnen Kontrollanlagen und kamen zu demerfreulichen Ergebnis, daß kein nennenswer-ter Schaden entstanden war. Sobald wir denRingwulst am Schiffsäquator freigelegt hat-ten, würden wir starten können. Wie wir dasallerdings anstellen sollten, war mir vorerstnoch ein Rätsel.

Die Coumargs! Sie hatten uns in diese La-ge gebracht, daran konnte kein Zweifel be-stehen. Daß sie uns gegenüber neutral ge-blieben waren, wenigstens dem Schein nach,bestärkte mich nur noch in meiner Meinung,

daß sie über eine gewisse Intelligenz verfüg-ten. Aber warum wollten sie uns dann amStart hindern? Was überhaupt wollten sievon uns?

Auch die sinnloseste Tat hatte eine Ursa-che.

Ich wollte sie herausfinden.

*

Fartuloon und Brontalos begleiteten micham Vormittag hinaus ins Freie. Akon-Akonhatte keine Einwände erhoben. Wir solltendas Schiff so schnell wie möglich wiederflottmachen, das war sein Befehl.

Wir konnten keinen einzigen Coumargentdecken. Sie schienen sich ausnahmslos inihr unterirdisches Reich zurückgezogen zuhaben. Hatten sie Angst vor unserer Rache?

Am Rand der Einbruchstelle entdecktenwir die Eingänge zu den Stollen der Cou-margs. Sie waren von allen Seiten gekom-men und hatten eine riesige Höhle geschaf-fen, die das halbe Schiff aufnahm. MeineFrage, wo sie die überflüssige Erde gelassenhatten, blieb unbeantwortet. Ich konnte kei-ne neuen Pyramiden in der näheren Umge-bung sehen.

Nun kam ich auf die gleiche Idee wie derAkone Karlakon vor Tausenden von Jahren.

»Fartuloon, wir müssen versuchen, Kon-takt mit ihnen aufzunehmen. Sie verständi-gen sich durch Impulse, das haben wir her-ausgefunden. Mit einem empfindlichen Te-lekom müßte es gelingen.«

Ganz so einfach war es allerdings nicht.Brontalos machte einige Verbesserungsvor-schläge, um die Empfangsqualität zu stei-gern und die Leistung des Geräts zu verstär-ken. Während er daran arbeitete, drangenFartuloon und ich, mit Strahlern bewaffnet,in einen Bau der Insekten ein.

Die Coumargs wußten von unserem Kom-men, das wurde uns sofort klar, da wir kei-nem einzigen begegneten. Sie wurden ge-warnt, wahrscheinlich von ihrer Königin.

Wir erreichten ihre Kammer, und hierwurden wir aufgehalten. Eine ganze Armee

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von Coumargs erwartete uns in drohenderHaltung, ohne jedoch anzugreifen.

Die Königin betrachtete uns mit starrblickenden Augen. Ihre Fühler bewegtensich in unsere Richtung. Seitlich auf einemzweiten Podest sah ich plötzlich etwas, daswie ein versteinerter Coumargs aussah, aberes war keiner. Ich näherte mich dem Gegen-stand und stellte durch eine kurze Berührungfest, daß er aus Metall war. Vorn am »Kopf«saßen zwei unbewegliche Antennen – eben-falls aus Metall.

Natürlich konnte ich nicht ahnen, daß icheinen der Funkroboter von Karlakon gefun-den hatte.

Als nichts geschah, nahm ich den Gegen-stand von seinem Podest und trat den Rück-zug an. Fartuloon folgte mir mit gezogenemStrahler. Die Coumargs blieben bei ihrerKönigin und ließen uns ziehen.

Wir kehrten zum Schiff zurück. Brontalosgeriet sichtlich in Aufregung, als wir ihmden künstlichen Coumargs vor die Füße leg-ten. Er begann sofort mit der Untersuchungund vergaß sein eigenes Funkgerät, an demer herumbastelte.

Schließlich sagte er:»Wenn es von dem Ding einen Schaltplan

gäbe, so würde er dem meinen sehr ähnlichsehen.« Er deutete auf einige Notizen, die ersich zum Umbau des Telekoms gemacht hat-te. »Da muß schon einmal jemand den glei-chen Gedanken wie wir gehabt haben, wahr-scheinlich damals, als die Akonen noch hierwaren.«

Wir waren der Lösung um einen Schrittnähergekommen.

*

Am nächsten Tag schickte Akon-Akonuns alle ohne Ausnahme aus dem Schiff undfolgte als letzter. Wir sollten versuchen, dienachgerutschten Erdmassen fortzuräumen,damit der Antriebswulst wieder frei wurde.

Maschinen und Arbeitsroboter hätten wirnicht einsetzen können, auch wenn wir siebesessen hätten. Wir begannen also mit ein-

fachstem Gerät, den Willen Akon-Akons zuerfüllen. Er selbst hatte sich ein Stück vomSchiff entfernt und auf einem Hügel nieder-gelassen, von wo aus er uns ständig im Augebehalten konnte.

Fartuloon, Brontalos und ich hatten unsabgesondert und studierten den Funkroboterder Akonen. Sein Zweck wurde uns erstklar, als wir die ersten Impulse auffangenkonnten, die von den Coumargs unter derErde abgestrahlt wurden. Brontalos entdeck-te dann den gespeicherten Kode, und nunwar es nur noch eine Frage der Zeit, bis wirihn entziffern konnten.

Wir hatten das größte Hindernis genom-men, denn nun konnten wir Kontakt zu denCoumargs aufnehmen.

Noch am gleichen Nachmittag, versuch-ten wir es, nachdem wir Akon-Akon unter-richtet hatten.

Wir drangen nicht in den Bau ein, sondernblieben davor sitzen. Fartuloon setzte ausden vorhandenen Symbolen einen kurzenSpruch zusammen, den wir dann abstrahlten.Brontalos hielt den inzwischen gesäubertenund wie neu blinkenden Robot auf demSchoß.

Die Botschaft lautete übersetzt:»Wir kamen in friedlicher Absicht und

wollen diese Welt für immer verlassen. Seidihr bereit, uns dabei zu helfen?«

Eine Zeitlang geschah nichts, außer daßunzählige chaotisch wirkende Impulse zu-rückkamen, die sich nicht entziffern ließen.

Dann, nach einer Pause, empfingen wirungleich stärkere und viel deutlichere Signa-le, die wir speicherten, um sie später ent-schlüsseln zu können.

Sonst geschah nichts.»Den Sinn habe ich ungefähr begriffen«,

meinte Fartuloon, als wir zum Schiff zu-rückgingen. »Sie wollen, daß wir sie in Ru-he lassen, weil sie uns hassen. Grund: siewären von uns versklavt worden.«

Sie verwechselten uns mit den Akonen,die vor uns hier waren!

5.

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Als Vandra von Laggohn aus der Hypno-starre erwachte und spürte, daß ihr Bett, aufdas man sie gelegt hatte, nicht mehr waag-recht stand, fiel sie nicht wieder sofort inden ursprünglichen Zustand zurück. Nur sieallein war es, die in gewissen Zeitabständenfür einige Minuten »lebte«, um die Situationzu überprüfen.

Sie blieb auf dem Bett liegen. Die siebenMänner rührten sich nicht. Erst wenn sie dasentsprechende Kodewort aussprach, würdenauch sie erwachen.

Das Schiff stand schief auf der Oberflächeeines Planeten, das war ihr klar. Hatte es ei-ne Bruchlandung gegeben, weil die Arkoni-den nicht richtig mit den Kontrollen umge-hen konnten? Jedenfalls mußte etwas ge-schehen sein, das nicht eingeplant war.

War das die Chance, auf die sie gewartethatte?

Sie blieb so lange liegen, bis das Blutwieder richtig zirkulierte und der Körperwieder ihren Befehlen gehorchte. Dann er-hob sie sich vorsichtig und hielt sich an derWand fest, um nicht das Gleichgewicht zuverlieren. Sie fühlte sich schwach und unsi-cher. Wie lange sie »geschlafen« hatte, wuß-te sie nicht, denn die Arkoniden hatten ihnenalle Instrumente abgenommen. Sichtlukenbesaß die Kabine, in die man sie eingesperrthatte, nicht.

Vandra untersuchte die Tür und stelltefest, daß sie nicht durch ein positronischesSperrschloß abgesichert war. Der Mechanis-mus der Normalverriegelung war ihr be-kannt. Die Tür konnte mit einigen Tricksauch von innen geöffnet werden.

Aber noch zögerte sie.Sie wußte nicht, was geschehen war und

ob der richtige Augenblick zum Handelnnoch auf sich warten lassen mußte. Sollte siedie Männer aufwecken oder noch damit war-ten?

Sie überlegte, daß ihr Risiko geringer war,wenn sie versuchte, die Lage allein zu er-kunden. Sie konnte sich jederzeit in die Star-re versetzen, wenn sich das als notwendigerweisen sollte. Ihre Mannschaft jedoch

nicht.Behutsam öffnete sie das Schloß der Tür.Draußen auf dem Gang herrschte völlige

Stille. Sie hatte das Gefühl, allein in demriesigen Schiff zu sein. Ihre Zuversicht stieg.Ohne ein Geräusch zu verursachen, schlichsie weiter, vorbei an geschlossenen Kabi-nentüren und Seitengängen, bis sie denHauptkorridor erreichte. Niemand begegneteihr.

Sie kannte sich hier bestens aus, darumwählte sie den kürzesten Weg zu einer derbevorzugten Kabinen, die Sichtluken hatten.

Draußen war Tag, und die Sonne schien.Vandra sah hinaus und stellte mit einemBlick fest, daß etwas nicht stimmte. Sie be-fand sich im oberen Teil des Schiffes, unddoch war die Oberfläche des ihr unbekann-ten Planeten nur knapp fünfzig Meter unterihr.

Dann entdeckte sie die Arkoniden und dasLoch, in dem das Schiff festsaß. Die Dumm-köpfe hatten tatsächlich eine Bruchlandunggemacht! Und nun versuchten sie, das riesi-ge Schiff wieder auszugraben.

Vandra überlegte blitzschnell und wog dieChancen gegeneinander ab. Vor allen Din-gen mußte sie jetzt sicher sein, daß sich au-ßer ihr und ihren Leuten niemand mehr imSchiff aufhielt, besonders nicht dieser jungeMann, der ihr mehr als nur unheimlich er-schienen war.

Sie entdeckte ihn bei den Arkoniden, dieam Rand des Einbruchs standen.

Das gab den Ausschlag.So schnell sie konnte, eilte sie in ihr bis-

heriges Gefängnis zurück und sprach dasKodewort aus. Es dauerte einige Minuten,bis sich die Akonen zu rühren begannen undeiner nach dem anderen erwachte. Auch siemußten einige Minuten, die Vandra wieEwigkeiten erschienen, ruhig liegen bleiben,bis sie die Kontrolle über ihre Körper zu-rückerlangten.

Vandra nutzte die unliebsame Wartezeit,um ihren Leuten zu berichten, was gesche-hen war. Es war ihnen klar, daß sie nun kei-ne Zeit mehr verlieren durften, wenn sie die

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einmalige Gelegenheit, das Schiff zurück-erobern zu können, nicht sofort nutzten.

»Wir besorgen uns zuerst Waffen«,schlug Vandra vor. »Falls die Arkonidenvorzeitig ins Schiff kommen sollten, müssenwir sie daran hindern. Außerdem werden wirdie Einstiegluke von innen schließen. Abervielleicht öffnen sie sie mit Gewalt, wennsie keinen anderen Ausweg sehen. Seid ihrbereit?«

Sie standen auf und massierten sich ge-genseitig, bis sie sich wieder richtig bewe-gen konnten. Vandra ordnete an, daß manzusammenblieb und sich nicht trennte. Inder Waffenkammer nahm jeder einen Hand-strahler an sich, dann schlossen sie die Ein-stiegluke, die knapp über dem Rand des Ab-bruchs lag. Kein Arkonide war zu sehen, sodaß es eine Weile dauern konnte, bis diesebemerkten, was geschehen war.

Als sie sich der Kommandozentrale nä-herten, vernahmen sie Geräusche.

»Mehr als zwei oder drei Wachen könnenes nicht sein«, vermutete Vandra. »Wir müs-sen sie überraschen, ehe sie in der Lage sind,die Energiebarriere einzuschalten.

Wenn ihnen das gelingt, war alles um-sonst.«

Sie bewegten sich mit äußerster Vorsichtund hofften, daß die Wachen in der Zentraleso sorglos gewesen waren, den Bild-In-terkom nicht einzuschalten. Aber wenn sieihre Gefangenen ständig beobachtet hätten,wäre ihnen auch nicht entgangen, daß Van-dra aus ihrer Starre er wacht war.

Die Tür zur Kommandozentrale war nurhalb geschlossen.

Vandra gab zwei der Männer einen Wink.Sie selbst blieb mit den anderen zurück,während die beiden mit entsicherten Waffenweiterschlichen und die Tür mit einem Rucköffneten.

Sie hatten nicht die Absicht, die Arkoni-den zu töten, die ihnen wertvolle Informatio-nen über die augenblickliche Situation imGroßen Imperium liefern konnten.

»Aufstehen und herkommen!« befahl ei-ner von ihnen.

Die beiden Arkoniden warfen sich einenBlick zu und zögerten. Sie sahen nur zweiAkonen, die anscheinend frühzeitig aus ihrerStarre erwacht waren. Natürlich mußten sieannehmen, es nur mit diesen beiden zu tunzu haben, und das gab den Ausschlag.

Wie auf Kommando sprangen sie in ver-schiedenen Richtungen davon und rissen dieImpulsstrahler an sich, die an der Wand hin-gen. Sie kamen aber nicht mehr dazu, sie zuentsichern, denn ihre Gegner waren schnel-ler und nahmen keinerlei Rücksicht.

Die beiden Arkoniden waren tot, ehe sieein Energiebündel abstrahlen konnten.

Vandra war darüber nicht gerade glück-lich, aber sie machte ihren beiden Männernkeinen Vorwurf. Das hatte Zeit bis später.Ruhig und entschlossen gab sie ihre Befehle.Jetzt war sie wieder die umsichtige und klu-ge Kommandantin, die nichts als ihren Auf-trag kannte und sich durch nichts an seinerDurchführung hindern ließ.

Die Energiesperre wurde aktiviert. Sieisolierte die Kommandozentrale mit Funk-und Orteranlagen vom übrigen Teil desSchiffes. Selbst wenn es den Arkoniden ge-lang, jetzt noch an Bord zu kommen, sowürde ihnen das nichts nützen. SämtlicheFunktionen konnten von der Zentrale aus ge-steuert werden. Die Arkoniden hatten keineChance mehr, das Schiff zurückzuerobern.

Vandra wußte, daß sie sich nun Zeit las-sen konnte.

Nur an eins hatte sie in der Eile nicht ge-dacht: an Lebensmittel.

Die lagerten tief unten im Schiff in denKühlräumen, und um zu ihnen zu gelangen,mußte die Sperre abgeschaltet werden. Nie-mand hätte später zu sagen vermocht, obdieser Umstand mit jenen Ereignissen zu-sammenhing, die noch folgten.

*

Wir waren alle völlig ahnungslos und mitunseren eigenen Problemen beschäftigt. AnBord hatten wir zwei zuverlässige Männerzurückgelassen, obwohl selbst das überflüs-

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sig schien. Auch Karelia hatte ihre Schütz-linge allein gelassen und war ins Freie ge-kommen.

Die Grabarbeit unserer Männer und Frau-en nahm ihren Fortgang, während Fartuloon,Ra und ich weiterhin versuchten, einenbrauchbaren Kontakt zu den Coumargs her-zustellen. Brontalos half uns.

Den Kode hatten wir einigermaßen entzif-fern können, allerdings mit der unfreiwilli-gen Hilfe der Insekten, die zu unserer Ver-blüffung allen Befehlen folgten, die wir überden Funkrobot ausstrahlten.

Das machte uns zuversichtlicher.Mit einiger Mühe versuchte ich der Köni-

gin, aus deren Bau wir den Robot geholt hat-ten, klarzumachen, daß wir nicht jene waren,für die sie uns hielt. Es war sehr kompliziert,aus den wenigen uns bekannten Kodebegrif-fen eine vernünftig klingende Informationzu kombinieren. Aber wir hofften, daß wirrichtig verstanden wurden.

Auf unsere Aufforderung hin schickte dieKönigin zehn Coumargs an die Oberfläche,was uns einwandfrei bewies, daß sie ver-stand und gehorchte. Vielleicht sogar gegenihren Willen.

Der Anfang war gemacht.Brontalos übernahm die weitere Kontakt-

aufnahme mit den zehn Coumargs und nahmsie mit zum Einbruch, um ihnen zu zeigen,was wir von ihnen wollten, während ichAkon-Akon Bericht erstattete. Er zeigte sichzufrieden über den Erfolg unserer Bemühun-gen und ordnete an, daß wir versuchen soll-ten, die Coumargs als Hilfskräfte einzuset-zen. Schließlich hatten uns die Insekten indiese Klemme gebracht, nun sollten, sieauch dafür sorgen, daß wir wieder freika-men.

Als ich zu den anderen zurückkehrte, hieltich verblüfft inne.

Brontalos hatte bereits gehandelt.Von überall her kamen unübersehbare

Kolonnen von Coumargs herbeigekrochen,ließen sich den Abhang des Einbruchs hina-brutschen und begannen unverzüglich damit,die Erde um den Äquatorwulst abzutragen.

Sie schoben sie einfach in die Gänge hinein,von wo aus andere Arbeiter sie weiterbeför-derten.

Fartuloon und Ra kamen zu mir.»Gratulation!« Fartuloon setzte sich ins

Gras und deutete in das Loch hinab. »Ichkann mir ungefähr vorstellen, was hier voreinigen Jahrtausenden passiert ist. Die Ako-nen haben die Coumargs als Hilfskräfte ein-gesetzt, so wie wir es jetzt auch tun. Irgend-ein kluger Kopf hat ähnlich gedacht und ge-handelt wie wir, allerdings konnte er nichtdamit rechnen, daß sich die Insekten rächenund das Depot zerstören würden. Erstaunlichist nur, daß die Coumargs die Geschehnissevor so langer Zeit nicht vergaßen. Im Ge-genteil: die Erinnerung daran muß so frischsein, daß sie sofort zu handeln begannen,kaum daß wir gelandet waren.«

Brontalos kam zu uns, seinen Funkroboterim Arm.

»Sie arbeiten nun ohne Aufsicht weiter«,teilte er uns mit. »In ein oder zwei Tagen istdas Schiff frei, und wir können starten.«

»Von mir aus können sie länger brau-chen«, murmelte Ra.

Karmina Arthamin erschien ebenfalls. Ih-re Bordkombination war verschmutzt. Ver-ärgert meinte sie:

»Ihr bildet euch wohl ein, eine Ausnahmemachen zu können, was?«

Ra grinste breit und hielt ihr seine schwie-ligen Hände hin.

Ich machte ihr klar, daß weder sie nochdie anderen Arkoniden künftig einen Fingerzu rühren brauchten, weil die Coumargsschließlich die Arbeit für alle übernommenhatten. Ihre Miene glättete sich, denn nunbegriff sie die Zusammenhänge.

»War auch nicht so gemeint«, gab sie ver-söhnt zu.

Als ein Viertel des Antriebswulstes frei-gelegt worden war, summte die Rufanlagemeines Telekoms. Das Signal mußte ausdem Schiff kommen.

Ich drückte den Knopf ein und meldetemich.

Als ich Vandra von Laggohns Stimme

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hörte, hielt ich für Sekunden die Luft an.Ich wußte sofort, daß etwas Entscheiden-

des geschehen war.

*

»Wir haben das Schiff zurückerobert undstellen nun unsere Bedingungen, Atlan«,sagte sie, als sie meine Stimme erkannte.»Leider kamen dabei Ihre beiden Leute inder Zentrale ums Leben. Sie waren unver-nünftig genug, sich zur Wehr zu setzen. Siehaben eine wunderbare Bruchlandung voll-führt, das muß ich schon sagen. Sehen Siezu, daß unser Schiff wieder freikommt.«

Ich hatte mich inzwischen von meinerÜberraschung erholt. Wenn Vandra glaubte,alle Trümpfe in der Hand zu haben, so solltesie sich geirrt haben. Aber ich beschloß, ersteinmal abzuwarten, was sie von uns wollte.Drüben auf dem Hügel sah ich Akon-Akonaufmerksam lauschen. Er hatte den Anrufgehört und sein Gerät ebenfalls eingeschal-tet.

»Sie sind also aus der Starre erwacht«, er-widerte ich vorsichtig. »Was haben Sie nunvor?«

»Wir bleiben drinnen, Sie draußen. SetzenSie die Arbeiten fort.«

»Warum? Damit Sie starten und uns hierzurücklassen? Damit sind wir nicht einver-standen.«

»Das werden Sie wohl müssen. Wir kön-nen jeden einzelnen von Ihnen von hier ausgenau beobachten. Zwingen Sie uns, mit Ge-walt zu drohen?«

»Wenn Sie das Feuer auf uns eröffnen,kommen Sie nie mehr von hier weg, Vandra.Das garantiere ich Ihnen. Bequemen Sie sichzu einem für beide Seiten annehmbarenKompromiß, dann können wir weiter ver-handeln.«

Ich gab Brontalos einen Wink, den er so-fort verstand. Als sei weiter nichts gesche-hen, erhob er sich und spazierte mit seinemFunkroboter in Richtung des nächsten Cou-margbaus davon. Ra flüsterte ich zu:

»Geh mit ihm! Stoppt die Insekten!«

Vandra hatte zwar meine Worte nicht ver-standen, wohl aber gesehen, daß zwei vonunserer Gruppe aufstanden und weggingen.

»Was soll das bedeuten? Wohin gehensie?«

»Aber Vandra, Sie stellen zu indiskreteFragen. Wollen Sie uns auch noch in reinpersönlichen Angelegenheiten nachspionie-ren? Ihre Haltung zeugt von wenig Selbstsi-cherheit.«

Das hatte gesessen, denn sie stellte keineFragen mehr.

Ich auch nicht.Wir saßen in einer Klemme, und es würde

schwer sein, da wieder herauszukommen.Abgesehen davon, daß das Schiff festgehal-ten wurde, waren wir auf Gnade oder Un-gnade den Akonen ausgeliefert. Sie waren inihren Methoden nicht gerade zimperlich,denn zwei von unseren Leuten hatten bereitsden Tod gefunden. Wenn Vandra sich in derKommandozentrale verschanzte, bestand füruns so gut wie keine Möglichkeit, wieder inden Besitz des Schiffes zu gelangen. Wahr-scheinlich konnte uns da auch Akon-AkonsZauberstab nicht weiterhelfen.

Oder doch …?Ra schlenderte herbei und flüsterte mir

zu:»Die Coumargs beginnen sich zurückzu-

ziehen. Sie verschwinden in noch freienGängen, die Akonen können das Einstellender Arbeit also vorerst nicht feststellen.«

»Du kannst laut reden, ich habe den Tele-kom abgeschaltet. Übrigens hat Akon-Akonmich gerufen. Mal sehen, was er zu sagenhat.«

Den Kerlas-Stab zwischen den Knien, saßer auf dem Hügel im Gras. Sein Gesichts-ausdruck verriet keine Unruhe, und er ver-zichtete auch darauf, mir Vorwürfe zu ma-chen. Schließlich wußte er, daß er zumindestdie gleiche Last von Schuld trug wie ich.Wir hätten beide vorsichtiger sein müssen.

»Die Akonen haben uns überlistet, nungilt es, noch listiger zu sein als sie. Waswerden wir tun?«

»Die Arbeiten sind eingestellt worden,

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Akon-Akon. Das Schiff kann sich unmög-lich von selbst befreien. Falls die Akonendas versuchen sollten, geschieht eine Kata-strophe. Mehr als siebzig Prozent des Trieb-werkwulstes steckt im Erdreich. Die Energiewürde somit gestaut und flösse zurück. Dashalten die Absicherungen nicht aus. Explo-sionen innerhalb des Schiffes sind die Folge.Die Akonen wissen das ohne jeden Zweifel.Sie werden es also nicht allein sein, die Be-dingungen stellen können.«

Akon-Akon nickte.»Sie sind demnach auf uns angewiesen –

und wir auf sie. Ob wir da eine Lösung fin-den werden?«

»Das bleibt abzuwarten, Akon-Akon.«»Sie haben sich gut mit der Kommandan-

tin verstanden, wie ich beobachten konnte.Reden Sie mit ihr. Versprechen Sie ihr alles,was sie haben möchte. Ob wir dann späterunser Wort halten werden, bleibt uns über-lassen. Ich bleibe hier und hoffe.«

Nicht sonderlich ermuntert kehrte ich zuden anderen zurück. Es half mir auch nichtviel, daß Karmina auf Vandra zu schimpfenbegann und immer wieder betonte, sie hättevon Anfang an gewußt, daß wir noch Ärgermit ihr haben würden. Fartuloon grinste nurmüde.

Es wurde später Nachmittag und dannAbend. Zum Glück waren die Nächte aufGonwarth recht warm, so daß wir im Freienbleiben konnten, ohne frieren zu müssen.Wir zogen uns bis hinter die ersten Hügelzurück, wo man uns vom Schiff aus nichtsehen konnte.

Ich sorgte dafür, daß sämtliche Telekomeabgeschaltet waren.

Akon-Akon blieb auf seinem Hügel.

*

In dieser Nacht meldete sich Vandra nichtmehr. Ich hätte das Anrufsignal mit Sicher-heit gehört, da es mich geweckt hätte. DieAkonen schienen noch nicht bemerkt zu ha-ben, daß die Coumargs ihre Ausgrabungsar-beiten eingestellt hatten, wenn sie überhaupt

davon wußten.Als der Morgen graute, ging ich auf den

Hügel und sah hinüber zum Schiff. Dort hat-te sich nichts verändert. Es lag noch immerschief in der Grube, die Luken waren ge-schlossen. Auf dem Hügel rechts danebensaß Akon-Akon, den Stab zwischen den Bei-nen. Vielleicht hatte er die ganze Nacht sozugebracht.

Karmina wickelte sich aus der Decke, diezufällig jemand aus dem Schiff mitgenom-men hatte. Das erste Problem tauchte auf.

»Wo kriegen wir ein Frühstück her?«fragte Brontalos. »Der ganze Kram ist imSchiff.«

Wir hielten einen Kriegsrat ab. Den ret-tenden Gedanken hatte schließlich Fartu-loon:

»Die Vorräte lagern im unteren Teil. Wirmüssen nur ins Schiff gelangen, dann kön-nen wir an sie heran. Aber wie? Die Akonenwerden die Luke verschlossen haben.« Dannleuchtete es in seinem Gesicht auf. »Aber,wer arbeitet, soll auch essen! Wir machenVandra darauf aufmerksam, daß wir keinenHandschlag mehr tun können, wenn sie unskeine Lebensmittel gibt.«

Ehe wir darauf reagieren konnten, kamder Signalruf des Interkoms.

Ich gab den anderen einen Wink und mel-dete mich.

»Ihr seid noch nicht bei der Arbeit«, stell-te Vandra sachlich fest. »Beginnt damit,oder wir müssen deutlicher werden.«

»Ohne Essen können wir nicht arbeiten,Vandra, das sollten Sie einsehen. GestattenSie, daß zwei von unseren Leuten das Schiffbetreten und Konzentrate holen. Sie kom-men unbewaffnet.«

»Wir werden auf keinen Trick mehr her-einfallen«, gab sie kalt zurück. »Niemandwird das Schiff betreten! Wenn Sie heutefleißig arbeiten, werden wir Ihnen amAbend Ihre Rationen zuteilen. Das ist unserletztes Angebot.«

Ich glaubte, ihrer Stimme ein wenig Unsi-cherheit entnehmen zu können, die ich mirallerdings nicht erklären konnte. Fartuloon

Planet der Gräber 37

hielt mir einen Zettel hin, auf dem geschrie-ben stand: »Erkläre dich einverstanden!«

»Also gut, Vandra, wir tun, was du ver-langst. Aber es wird Tage dauern, bis dasSchiff startklar ist. Wir müssen noch darüberverhandeln, was dann geschieht.«

»Das bestimmen wir!« kam es zurück.Ich schaltete den Telekom ab. Fartuloon

sagte:»So, und nun werden wir etwas unterneh-

men. Die Coumargs hat Vandra noch nichtbemerkt und somit auch nicht ins Kalkül ge-zogen.

Wir werden so tun, als setzten wir die Ar-beit fort, aber von den Sichtluken aus kön-nen die Akonen nicht viel sehen. Der Antrie-bswulst ist dazwischen, und die Luken dar-unter stecken in der Erde. Zwei von unsdringen in das Schiff ein und versuchen, andie Lebensmittel zu gelangen. Und wenn wirdie Luke mit Gewalt sprengen müssen.«

»Wozu eigentlich?« fragte ich ihn. »Wirerhalten doch noch heute die Konzentrate.«

»Um die geht es gar nicht!« klärte er michauf. »Die Akonen sollen wissen, daß wirnicht so ohne weiteres aufgeben und uns ih-rem Diktat beugen. Außerdem nehme ich an,daß sie sich in der Kommandozentrale ver-schanzt haben. Wenn sie feststellen, daß je-mand von uns im Schiff ist, müssen sie blei-ben, wo sie sind. Es sei denn, sie stellen sichoffen zum Kampf. Aber das traue ich ihnennicht zu. Wir haben ihr Schiff schon einmalerobert, warum also sollte es nicht zumzweiten Mal gelingen?«

»Beim ersten Mal haben wir sie über-rascht!«

»Das ist richtig, Atlan, aber diesmal über-raschen wir sie noch viel mehr. Außerdemwill ich sie nur bluffen. Sie sollen sich nichtaus der Kommandozentrale herauswagen,und darum müssen sie glauben, im unterenTeil des Schiffes lauerte jemand auf sie.Glaubt ihr, sie wären in der Eile so umsich-tig gewesen, an Lebensmittel und. Wasserzu denken? Die Notvorräte im Kommando-teil sind schnell aufgebraucht. Ich habe Van-dras Stimme gehört und analysiert, als sie

davon sprach. Ihre Stimme klang unsicher.«Ich wußte, daß Fartuloon ein sehr guter

Beobachter war. Er irrte sich nur selten.»Wer geht?« fragte ich.»Ich werde Fartuloon begleiten«, rief Ra.Damit war der Fall erledigt.Wir verließen nach einiger Zeit die schüt-

zenden Hügel und kehrten zum Schiff zu-rück, wo wir wieder mit der Arbeit began-nen, nur daß wir den freigelegten Teil desWulstes wieder zuschütteten. Fartuloon undRa schlichen sich vor bis zur Einstieglukeund benutzten ihre Strahler, um sie zu öff-nen. Später, wenn sich das Schiff wieder imWeltraum aufhielt, würde man darauf achtenmüssen, daß die innere Luke geschlossenblieb.

Ungehindert gelangten sie in die Lager-räume und schleppten soviel Kisten mitKonzentraten, wie sie nur tragen konnten, indie Luftschleuse, wo sie von den Arkonidenin Empfang genommen wurden.

Sie gingen dreimal, dann summte die In-terkomanlage des Schiffes.

»Aha, jetzt endlich haben sie es bemerkt«,knurrte Fartuloon und meldete sich. »Ja,Vandra von Laggohn, was gibt es?«

»Sie haben meine Anordnungen nicht be-folgt! Was fällt Ihnen ein?«

»Wir hatten keine Lust, ohne Frühstückzu arbeiten. Möchten Sie, daß wir Ihnen ausder Küche eine kräftige Mahlzeit servierenlassen?«

»Ihnen wird der Spott noch vergehen!«kam es wütend zurück. »Verlassen Sie unserSchiff, und zwar sofort!«

»Sicher werden wir das, aber einer vonuns wird bei der Luke bleiben.«

»Dann werden wir weitere Energiesperrendazuschalten.«

»Schön, und wir werden langsamer arbei-ten.«

Zornig schaltete sie ab.Fartuloon grinste, als er mit Ra die letzten

Kisten aus der Luke schob. Sie wurden hin-ter die Hügelkette transportiert. Niemandvon uns kam auf den Gedanken, im Schiffzu übernachten, wenn der Tag vorbei war.

38 Clark Darlton

Ich glaube, das war unsere Rettung.

6.

Brontalos, Ra und ich hatten uns hinterdie Hügel zurückgezogen. Fartuloon bliebbei den anderen und kommandierte herumwie ein General, um bei den beobachtendenAkonen den Eindruck zu erwecken, es wür-de kräftig gearbeitet.

Brontalos nahm seine Puppe aus Metallund strahlte einige Impulse ab. Es dauerteauch nicht lange, bis etwa ein Dutzend Cou-margs erschienen und damit begannen, denschräg in die Erde führenden Gang zu ver-größern.

Ra sah mit Interesse zu, dann meinte er:»Wenn wir Fartuloon mitgenommen hät-

ten, müßten die armen Tierchen sich nochmehr anstrengen, weil er dicker ist. Die Kö-nigin will uns also empfangen?«

»Jedenfalls vergrößert sie den Gang, wieich anordnete«, gab Brontalos zurück. »Siescheint also einverstanden zu sein.«

Ich versprach mir einiges davon, direktenKontakt mit den Coumargs aufzunehmen. Esmußte ihnen noch einmal gesagt werden,daß es die Akonen waren, die sie vor Jahr-tausenden versklavt hatten, nicht die Arkoni-den. Außerdem sollten sie erfahren, daß sichdie Akonen in den Besitz unseres Schiffesgebracht hatten, wobei der Begriff »unser«natürlich rechtlich nicht ganz einwandfreiwar, aber das mußten die Coumargs ja nichtunbedingt wissen. Vielleicht würden sie un-ter diesen Umständen bereit sein, uns nochmehr als bisher zu helfen.

»Wie weit sind sie?« fragte ich nach einerhalben Stunde.

»Die Königin gibt gerade bekannt, daßwir kommen können«, sagte Brontalos,nachdem er die Impulse entschlüsselt hatte.

Sehr groß hatten sie den Gang nicht ge-macht. Wir mußten uns zuerst bücken, undspäter kamen wir sogar nur noch auf allenvieren voran. Dann stießen wir auf einenHauptkorridor, so daß wir uns wieder auf-richten konnten. Wenige Minuten später er-

reichten wir die Kammer der Königin.Es war eine andere als jene, der wir schon

einmal begegnet waren. Ich sah mich um,konnte aber keinen Funkroboter entdecken.Es gab sie also nicht in jedem Bau.

Auch hier lag die Königin auf ihrem Po-dest, um sich ihre Leibwache. Die nun fol-gende Unterhaltung mit ihr war mühsam undzeitraubend, da nicht sehr viele Begriffe zurVerfügung standen. Aber Brontalos hatte be-reits eine solche Übung im Kombinieren,daß Fehlinterpretationen völlig ausblieben.

Die Unterhaltung verlief in etwa folgen-dermaßen:

»Wir sind nicht jene, für die ihr uns haltet,Königin. Wir wissen, daß euer Volk vor lan-ger Zeit von Wesen versklavt wurden, dieuns ähnlich sahen. Sie ließen euch diese Me-tallköniginnen zurück, die jederzeit wiederaktiviert und zu euren Diktatoren werdenkönnen.«

»Ihr seid nicht Angehörige desselben Vol-kes?«

»Nur acht von uns, aber sie sind unsereFeinde. Sie haben unser Schiff in Besitz ge-nommen, können aber nicht starten, weil ihres unterhöhlt und halb verschüttet habt, ähn-lich wie die Stationen.«

»Wenn sie eure Feinde sind, ist das gutso.«

»Auf der einen Seite ist es gut, da gebeich dir recht. Aber irgendwann wird es unsgelingen, das Schiff zurückzuerobern. Bisdahin werden wir euch nicht um Hilfe bitten.Wir könnten befehlen, und ihr müßtet gehor-chen, aber wir möchten eure freiwillige Hil-fe.«

Die Königin versprach, sich mit ihrenKolleginnen der anderen Völker zu beraten.Eigentlich konnte uns das Ergebnis gleich-gültig sein, denn wir besaßen jederzeit dieMöglichkeit, sie zu zwingen. Aber es warmeine Absicht, die von Natur aus friedlichenCoumargs für immer von der drohenden Ge-fahr einer künftigen neuen Versklavung zubefreien.

Im Augenblick jedoch mußten wir in er-ster Linie an uns selbst denken, denn beson-

Planet der Gräber 39

ders rosig war unsere Lage gerade nicht.Ich erklärte der Königin, daß sie und ihr

Volk und auch die benachbarten Völker vor-erst nichts unternehmen sollten, um dieAkonen im Schiff nicht noch weiter zu be-unruhigen. Wenn wir neue Aktionenwünschten, würde sie entsprechende Anwei-sungen erhalten.

Dann begann ich in der Vergangenheit zuforschen, und nach und nach erfuhren wirdie ganze Geschichte mit den Akonen, demBiologen Karlakon und seinen beiden Assi-stenten, denen es gelungen war, die Cou-margs unter ihre Kontrolle zu bringen.

Als wir zum Schiff zurückkehrten, dun-kelte es bereits.

»Ist es nicht immer so?« fragte Ra, als wiruns den Hügeln näherten und wir das Lager-feuer schon sehen konnten. »Die Schwäche-ren werden stets unterdrückt und ausgebeu-tet, obwohl beide Seiten mehr Nutzen hät-ten, wenn kooperiert würde.«

»Sicher«, gab ich ihm recht, schränkteaber sofort wieder ein: »Den Stärkeren gehtes aber in erster Linie um ihren eigenen Vor-teil, nicht um den der Schwächeren, darumdie Versklavung. Die Geschichte hat jedochbewiesen, daß diese Methode mit der Zeitimmer wieder zur Niederlage der herrschen-den Schicht führt – früher oder später.«

»Ich bin nicht ganz Ihrer Ansicht, Atlan«,griff Brontalos das Thema auf, um nach-denklich fortzufahren: »Es gab schon Versu-che der Kooperation zwischen Herrschendenund Unterdrückten. Die Starken räumten denSchwächeren gleiche Rechte und Pflichtenein. Und was war die Folge? Die vorherVersklavten machten den Fehler, nur dieRechte zu sehen, die Pflichten jedoch zuignorieren. Sie mißachteten das uralte Ge-setz, daß Rechte auch Pflichten mit sichbringen. Unter gleichen Rechten verstandensie die Rache an jenen, die sie vorher ausge-beutet hatten und die ihnen nun die Freiheitzurückgaben. Das Resultat war das Chaos,der Rückzug der vorherigen Unterdrückerund schließlich die eigene Diktatur der vor-mals Versklavten. Sie hatten nichts gewon-

nen.«»Im Gegenteil«, meinte Ra, »nun hatten

sie alles verloren.«Ich antwortete nicht, denn ich wußte, daß

Brontalos recht hatte. Zu oft hatte ich dieseDinge selbst erlebt. Zumindest hatte ich vonihnen gehört. Sie wiederholten sich immerwieder im Großen Imperium. Sie wiederhol-ten sich wahrscheinlich in allen Imperien.

Die Frage nach Ursache und Wirkung unddamit nach dem endgültig Schuldigen bliebjedoch offen. Keine der beiden Seiten schienlernen zu wollen.

Karmina stand auf, als sie uns kommensah.

»Vandra hat sich wieder gemeldet«, be-richtete sie. »Du hast es wahrscheinlichnicht hören können, da du gerade im Bauder Coumargs warst. Sie verlangt, daß kei-ner von uns das Schiff betritt.«

»Und warum?«Sie zuckte die Schultern.»Das hat sie uns nicht verraten. Aber Far-

tuloon meint, er wüßte die Erklärung.«Wir setzten uns ans Feuer.Fartuloon sagte:»Wie ich vermutet habe, Atlan. Sie sitzen

in der Kommandozentrale ohne Lebensmit-tel fest und wagen es nicht, den Energie-schirm abzuschalten. Ich wundere mich, daßsie nicht den Gesamtschirm aktivieren, dannwären sie völlig sicher. Aber dann könnteauch niemand mehr raus aus dem Schiff,und noch sind sie auf unsere Hilfe angewie-sen. Wenn wir sie nicht freischaufeln,stecken sie bis in alle Ewigkeit im Dreck.«

»Vielleicht wollen sie auch nur Energiesparen«, vermutete Ra.

»Die haben mehr Energie, als sie jemalsverbrauchen können«, klärte Karmina ihnauf. »Ich glaube, Fartuloons Theoriestimmt.«

»Ist jemand von uns im Schiff?« erkun-digte ich mich.

»Akon-Akon wollte mit ihnen sprechen«,gab Fartuloon Auskunft.

»Er wird kein Glück haben, denn sie las-sen ihn mit seinem Kerlas-Stab bestimmt

40 Clark Darlton

nicht zu sich. Vor ihm haben sie noch mehrAngst als vor uns.«

Ich beugte mich vor.»Karmina, glaubst du, daß es möglich wä-

re, auch gegen den Willen der Akonen einender Gleiter aus dem Hangar zu holen? Ichhabe bemerkt, daß eine der Ladeluken überder Einbruchstelle liegt.«

»Was willst denn mit einem Gleiter?«»Bitte, beantworte meine Frage.«Sie schürzte die Lippen, was ihr recht gut

stand.»Vielleicht ist es möglich, ich weiß es

nicht. Aber was sollten sie dagegen haben?Mit einem Gleiter kann niemand von unsdiesen Planeten verlassen. Wir sitzen sooder so fest.«

»Schön, ich wollte nur deine Meinung hö-ren. Morgen besorgen wir uns einen Gleiter.Und dann suchen wir eine vielleicht noch in-takte Station der Akonen.«

»Wenn du Vandra schöne Augen machst,gibt sie dir vielleicht freiwillig einen«, sagteKarmina bissig.

Ich grinste vor mich hin und antwortetenicht.

Fartuloon hingegen hatte begriffen.»Ich weiß schon, Atlan, was du willst. Es

könnte ja sein, daß nicht alle Depots undStationen so zerstört wurden wie diese hier.Vielleicht finden wir sogar den Transmitter.Allerdings wüßten wir kaum, wohin er unsbringt, falls er überhaupt noch funktioniert.«

»Wir brauchen den Transmitter nicht,denn wir holen uns das Schiff zurück«, er-öffnete ich ihm voller Optimismus. »Alleinkommen sie nicht weg von hier, und wennwir ihnen helfen, dann nur unter gewissenBedingungen.«

*

Wir holten uns den Gleiter am anderenTag.

Akon-Akon hatte mich unterrichtet, daßsein Vermittlungsversuch gescheitert war.Vandra hatte sich strikt geweigert, die Ener-giebarriere abzuschalten und ihn zu empfan-

gen. Sie schien sich offensichtlich vor demAnblick des Kerlas-Stabes zu fürchten.

Und dann teilt er uns mit:»Wenn sie starten, wollen sie nur mich

mitnehmen. Ihr sollt auf Gonwarth zurück-bleiben, und zwar so lange, bis ein Schiffdes Demontagegeschwaders eintrifft – fallsjemals eines kommen sollte. Das ist alles,was ich in Erfahrung bringen konnte.«

Die Nachricht war alles andere als erfreu-lich. Nun kam es nur noch darauf an, wieAkon-Akon sich entschieden hatte. Ich frag-te ihn.

»Keine Sorge«, erwiderte er, und ich sahihn ein wenig lächeln, was selten genug ge-schah. »Ich habe das Angebot abgelehnt. Ichbleibe auf Gonwarth und fliege nicht mit ih-nen – falls sie überhaupt hier wegkommen.Es liegt nur an uns, ob sie starten könnenoder nicht. Jedenfalls ist die Reihe an Van-dra, den nächsten Vorschlag zu machen.«

Fartuloon und ich bestiegen erleichtertden Gleiter, um einen ersten Erkundungsflugzu unternehmen. Wir waren davon über-zeugt, daß es auf Gonwarth noch mehrereStationen geben mußte, aber wir hatten nichtdie geringste Ahnung, was wir Nützlichesfür uns dort finden konnten. Vielleicht wares auch nur die erzwungene Untätigkeit, dieuns dazu bewog, etwas zu unternehmen.

Brontalos versuchte uns zu überreden, ihnmitzunehmen, damit wir über »seinen« Fun-kroboter Kontakt zu fremden Völkern derCoumargs aufnehmen konnten, aber ichkonnte ihn davon überzeugen, daß es dazunoch zu früh war. Außerdem wußten wirnicht, wie jene Coumargs reagieren würden,die niemals versklavt worden waren.

Wir flogen in nördliche Richtung, in einGebiet also, das wir noch nicht erforscht hat-ten.

Der »Diebstahl« des Gleiters war ohneKomplikationen verlaufen. Ohne bemerkt zuwerden, war ich mit drei Arkoniden in dasSchiff eingedrungen. Vandra schien in derTat nicht zu wissen, ob immer jemand vonuns im Schiff wachte oder nicht. Nur als wirden Hangar betraten, schaltete sich der auto-

Planet der Gräber 41

matische Alarm ein. Vandra meldete sichund fragte nach der Ursache. Ich erklärte ihr,daß wir einen Gleiter benötigten, um in einerweiter entfernten Station vielleicht techni-sche Hilfsmittel auftreiben zu können, diedas Ausgraben des Schiffes beschleunigenkönnten. Nach einigem Zögern gab sie dannihre Erlaubnis.

Fartuloon überzeugte sich davon, daß dieFunkanlage und unsere Armbandtelekomeabgeschaltet waren, ehe er sagte:

»Sie ist ganz schön auf unseren Trick her-eingefallen, deine hübsche Vandra.«

»Fang du nicht auch noch mit diesem Un-sinn an!« riet ich ihm. »Mir genügen Karmi-nas dumme Bemerkungen. Mit Vandra ver-bindet mich überhaupt nichts, und warumsollte ich mir ihren Haß zuziehen? Damitwäre keinem von uns gedient.«

Fartuloon lachte aus vollem Hals.»Junge, Atlan, kannst du dir denn nicht

vorstellen, daß solche Anspielungen einenungeheuren Spaß bereiten? Nun ja, vielleichthat Karmina andere Motive, ich jedenfallshabe meine Freude daran, dich wütend zumachen.«

»Merkwürdige Art von Humor«, knurrteich. »Wir fliegen übrigens auf eine Gebirgs-kette zu. Du mußt höher steigen.«

Die Warnung war überflüssig, denn Fartu-loon war ein ausgezeichneter Pilot. Sehrhoch waren die Berge nicht, aber sie bilde-ten eine fast lückenlose Wand, die sich vonOsten nach Westen erstreckte und den Kon-tinent in zwei Teile spaltete.

Wir glitten dicht über die Gipfel dahin,bis wir die andere Seite erreichten. Vor unserstreckten sich bis zum Horizont endloseSteppen und dichte Wälder. Rechts war inder Ferne der dunkle Streifen des Ozeans zuerkennen.

»Ich möchte wissen, Atlan, ob es einenKontakt zwischen den Coumargs nördlichund südlich des Gebirges gibt. Glaubst du,daß sie bereits soviel soziales Verhalten ent-wickelt haben?«

Ich wußte es genausowenig wie er. Aberes spielte auch keine Rolle. Allerdings konn-

te ich mir nicht vorstellen, daß es den Insek-ten gelungen war, Tunnels durch das Fels-massiv zu graben, und weiter als zwei Kilo-meter reichten ihre Funkimpulse auch nicht.

»Da vorn!« rief Fartuloon plötzlich unddeutete nach Nordwesten. »Was ist das?«

Ich sah es sofort.Ein kuppelartiger Bau erhob sich aus der

Grasebene. Sein Durchmesser betrug fasteinen Kilometer, und er war mindestens halbso hoch. Die riesige Anzahl der Insektenpy-ramiden, die sich darum herum gruppierte,wirkte dagegen wie ein Haufen winzigerSplitter, die jemand in die Oberfläche vonGonwarth gespießt hatte.

»Eine Station, Fartuloon, und zwar einenoch intakte. Wer weiß, wie viele es davonnoch auf Gonwarth gibt. Diese jedenfalls ha-ben wir gefunden. Wir landen.«

Nachdem die Akonen abgezogen waren,hatten sich hier die Coumargs nicht um dieverlassene Station gekümmert. Der BiologeKarlakon war also niemals bis hierher ge-kommen.

Wir landeten in dem hohen Gras dicht beiden Pyramiden der Insekten, die uns einfachignorierten und ihrer Tätigkeit nachgingen.

Ohne Brontalos und den Funkroboterfehlte uns natürlich jede Möglichkeit, mitden Coumargs Kontakt aufzunehmen, aberschon an ihrem Verhalten uns gegenüberglaubten wir zu bemerken, daß sie mit denAkonen keine schlechten Erfahrungen ge-macht hatten.

Aber darauf waren wir schon einmal her-eingefallen.

Wir fanden den Eingang zur Kuppel. Erwar ordnungsgemäß verschlossen, was je-doch für uns kein unüberwindliches Hinder-nis darstellte, wohl aber für die Insekten. Esgelang Fartuloon sogar, die Sicherheitssper-re ohne jede Beschädigung zu beseitigen.

Dann allerdings erlebten wir eine herbeEnttäuschung.

Die Kuppel war in fünf Stockwerke unter-teilt, die durch Treppen miteinander verbun-den waren. Die Räume hinter den Türen derRundgänge waren leer. Ich nahm an, daß sie

42 Clark Darlton

als Unterkünfte gedient hatten. Die eigentli-chen Forschungsanlagen fanden wir unterder Oberfläche, aber die Maschinen und Ge-räte waren verstaubt und voller Rost. Die amtiefsten gelegene Anlage war von Grund-wasser überflutet.

»Eine Transmitterstation ist es auf jedenFall nicht«, faßte Fartuloon das Ergebnis un-serer Durchsuchung zusammen. »Hier fin-den wir nichts, das uns weiterhelfen könn-te.«

Enttäuscht kletterten wir wieder in denGleiter und starteten.

Ich nahm Verbindung mit Karmina aufund gab ihr einen kurzen Bericht. Sie bestä-tigte ihn und sagte dann:

»Hast du schon jemals in deinem Lebenetwas von einem Blauen System gehört?«

»Noch nie!« gab ich zurück. »Was solldas sein?«

»Akon-Akon erwähnte es. Er behauptet,Vandra hätte davon gesprochen, und zwei-fellos müsse es sich dabei um das Versteckder Akonen handeln. Wahrscheinlich nen-nen sie es so nach einem besonders blaustrahlenden Stern.«

»So leichtsinnig würde Vandra nichtsein«, meinte ich, denn ich wußte, wie vor-sichtig sie bisher gewesen war. »Die Koor-dinaten des Verstecks sind das größte Ge-heimnis der Akonen, und sie lassen es sichnicht entreißen.«

»Ich kann nur wiederholen, was Akon-Akon gesagt hat. Sie wollen ihn ja mitneh-men und wollen ihm die Geschichte viel-leicht schmackhaft machen. Verstehst du üb-rigens, warum er ablehnt, wenn er vorherdoch so scharf darauf war, die Koordinatenzu erfahren?«

»Dafür gibt es vorerst keine logische Er-klärung, Karmina. Vielleicht hält er unsdoch für die wertvolleren Verbündeten.«

»Sklaven wäre wohl der treffendere Aus-druck dafür.«

Ich widersprach nicht.»Wir werden noch ein Stück nach Westen

fliegen und dann umkehren, Karmina.«Eine Station fanden wir nicht mehr, dafür

aber immer mehr Bauten der Coumargs undzum ersten Mal auch andere Lebewesen au-ßer den Insekten. Als wir wieder nach Südenflogen, entdeckten wir auf einer grasigenHochebene riesige Herden kleiner, vierbei-niger Pflanzenfresser.

»Hier oben haben sie sich noch gehalten«,sagte Fartuloon. »Es gibt auch kaum Cou-margs hier, denn ich sehe keine Bauten. DieVierbeiner sind schneller als sie und wahr-scheinlich keine leichte Beute. Sie habensich ins Gebirge geflüchtet und leben relativsicher. Darum konnten sie sich auch so zahl-reich vermehren.«

»Und die Coumargs stellen sich auf vege-tarische Nahrung um«, fügte ich hinzu.

Fartuloon nickte.»So lange, bis das ökonomische Gleichge-

wicht abermals gestört wird, weil es keinePflanzen mehr gibt.«

»Der Natur wird immer wieder etwasNeues einfallen.«

Wir überflogen das Gebirge nun von Nor-den nach Süden und verringerten die Ge-schwindigkeit, um besser beobachten zukönnen, aber unsere Vermutung, die Akonenkönnten vielleicht in großer Höhe auch eineStation errichtet haben, traf nicht zu. Auchdie Massetaster zeigten nichts an.

Wohlbehalten landeten wir schließlichwieder hinter den Hügeln, wo uns Karminaund die Arkoniden mit Erleichterung inEmpfang nahmen.

*

Es war für uns alle kein Geheimnis mehr,daß wir an einem toten Punkt angelangt wa-ren.

Vandra und ihre sieben Akonen hatten dasSchiff, wenn sie auch da mit nicht startenkonnten. Wir dagegen hockten untätig imFreien herum und warteten. Jedenfalls konn-ten wir nichts unternehmen.

Zu meinem Mißvergnügen experimentier-te Brontalos weiter mit den Coumargs. Ichwollte ihn daran hindern, aber Ra meinte, essei ganz gut, wenn die Insekten in Übung

Planet der Gräber 43

blieben. Niemand könne wissen, wozu dasnoch einmal gut sei.

Selbstverständlich sorgte ich dafür, daßimmer einige von uns in dem Loch»arbeiten«, aber ich wußte, daß nicht mehrviel dabei herauskam. Das Schiff saß nunendgültig fest, der Ringwulst war völlig ver-schüttet. Wenn Vandra sich erkundigte, er-hielt sie die Auskunft, daß es noch einigeTage dauern würde, bis der Antrieb einge-schaltet werden konnte.

Ich konnte spüren, daß ihre Geduld all-mählich zu Ende ging.

Nicht mehr lange, dann mußte es zur Ka-tastrophe kommen. Sie brauchte nur einenihrer Männer aus dem Schiff zu schicken,um nachzusehen, dann wußte sie, was ge-spielt wurde.

Trotzdem war es gerade das, worauf wirwarteten.

Fartuloon und ich unternahmen noch wei-tere Flüge mit dem Gleiter, aber wir fandennichts mehr, was uns weitergeholfen hätte.Es war einfach unmöglich, die gesamteOberfläche von Gonwarth systematisch ab-zusuchen.

Am vierten Tag nach unserem ersten Er-kundungsflug geschah dann genau das, waswir zugleich befürchteten und erhofften.

Vandra rief mich über Funk an.»Wie lange dauert das denn noch, Atlan?«»Uns fehlt das richtige Werkzeug, das

sagte ich Ihnen doch bereits. Sie müssen Ge-duld haben.«

»Wir nehmen an, Sie verzögern die Ar-beit. Ich werde einen meiner Männer hinaus-schicken. Stellen Sie sich drüben am Randdes Einbruchs auf, damit ich sie zählenkann!«

»Wir verlieren nur Zeit, und …«»Tun Sie, was ich Ihnen sage!« unter-

brach sie mich in scharfem Ton.»Na schön, wie Sie meinen.«Ich wußte, daß sie uns mit einem einzigen

Feuerstoß aus dem Schiff erledigen konnte,und wenn wir in Deckung blieben, würde esfür uns künftig unmöglich sein, an denRaumer heranzukommen.

Als Vandra festgestellt hatte, daß wirvollzählig waren und niemand in einem Ver-steck lauerte, ordnete sie an:

»Und nun verschwindet hinter den Hü-geln, auch Akon-Akon! Laßt euch nicht se-hen, bis ich es sage. Vergeßt nicht, daß einermeiner Männer am Feuerleitstand sitzt. Erhat Befehl, jeden zu töten, der sich demSchiff nähert.«

Wir zogen uns zurück.Fartuloon meinte voller Bedenken:»Und wenn sie nun merkt, daß wir sie

hereingelegt haben? Ich fürchte, sie wirdziemlich wütend werden.«

»Das macht nichts, Fartuloon«, erwiderteich mit zwiespältigen Gefühlen, denn ichwar mir meiner Sache durchaus nicht sicher.»Sie wird sich vielleicht eher zu Verhand-lungen bereit erklären, wenn sie sieht, daßwir hart geblieben sind. Sie hat auch keineandere Wahl. Sie braucht uns, wenn sie frei-kommen will.«

»Ich weiß nicht«, entgegnete Fartuloonpessimistisch. »Sie kann einen Mann in derKommandozentrale am Feuerleitstand zu-rücklassen und selbst versuchen, das Schifffrei zu graben.«

»Dazu würde sie ein halbes Jahr benöti-gen.«

Wir lagen hinter den Hügeln und spähtenüber den Kamm hinweg. Viel war nicht zusehen, auch die Ausstiegluke nicht. AberVandra hielt Funkkontakt mit dem Mann,den sie zur Erkundung losschickte.

Der Akone öffnete die Luke und berichte-te dann, was er sah. Für Vandra konnte daskeine sehr erfreuliche Nachricht sein, dennwir hörten sie fluchen. Sie kündigte uns eineblutige Vergeltung an, wenn wir nicht sofortmit der Arbeit beginnen würden. Und zwarunter der Aufsicht eines Akonen.

Ich stellte meine Bedingung:»Gut, Vandra, ich garantiere Ihnen, daß

wir das Schiff in zwei Tagen freibekommen,aber nur dann, wenn Sie die Zentrale verlas-sen und sich in meine Obhut begeben. Eswird Ihnen nichts geschehen, aber ich mußsicher sein, daß Sie uns keine Falle stellen.

44 Clark Darlton

Wir haben keine Lust, für immer auf Gon-warth zu bleiben.«

»Ich soll mich freiwillig zurück in die Ge-fangenschaft begeben? Niemals, Atlan!«

»Dann bleiben Sie, wo Sie sind!«Es entstand eine lange Pause. Wahr-

scheinlich beriet sie sich mit ihren Leuten.Wir hingegen brauchten nicht zu beraten.Wir warteten.

Endlich sagte Vandra:»Ich werde Ihnen morgen meinen Ent-

schluß mitteilen, Atlan.«»Lassen Sie sich nur Zeit«, gab ich zu-

rück. »Aber erwarten Sie nicht, daß wir in-zwischen eine Hand rühren werden, um dasSchiff auszugraben. Unsere Lebensmittelreichen noch für einige Wochen, außerdemhaben wir eine gute Fleischquelle entdeckt.Überlegen Sie also gut, wie Sie sich ent-scheiden.«

»Was ist mit Akon-Akon? Will er nochimmer bei Ihnen bleiben?«

»Sieht so aus, Vandra. Fragen Sie ihndoch!«

Sie verzichtete darauf und schaltete ab.Wir verbrachten den Rest des Tages mit

außerordentlicher Gelassenheit, denn wirwaren fest davon überzeugt, die Akonen ineine für sie aussichtslose Lage manövriert zuhaben. Vandra mußte nachgeben, oder es aufeine endlose Belagerung ankommen lassen.

Und im Notfall konnten wir den Cou-margs noch befehlen, einen weiteren Hohl-raum unter dem Schiff zu erzeugen, damit esvöllig unter die Oberfläche versank.

Aber eine solche Anordnung wollte icherst dann geben, wenn kein anderer Auswegmehr blieb.

Abends saßen wir wieder um unser Lager-feuer, während ein Mann auf den HügelnWache hielt. Akon-Akon saß abseits undschien zu träumen. Mit weit geöffneten Au-gen starrte er in den Nachthimmel, als wolleer die Sterne zählen.

*

Der Hügel vermochte nicht, die Druck-

welle völlig abzufangen, die uns gegen Mit-ternacht aus dem Schlaf riß.

Ich wurde einige Meter weit durch dieLuft geschleudert und landete in einer Pyra-mide der Coumargs, die den Aufprall mil-derte. Ein greller Feuerblitz blendete mich,und als er erlosch, konnte ich minutenlangnichts sehen. Das Donnern der Explosionenmachte mich halb taub.

Größere und kleinere Splitter surrten mithoher Geschwindigkeit über uns durch dieLuft, nur wenige hatten so geringenSchwung, daß sie bei uns landeten und sichin die Erde bohrten.

Sie kamen alle aus der Richtung desSchiffes.

Der Arkonide, der auf dem Hügel ge-wacht hatte, kam herbeigerannt. Er blutetean der Stirn. Seine Waffe hatte er unterwegsverloren.

»Das Schiff!« keuchte er. »Ich glaube, siewollten starten …«

Fartuloon rollte sich aus einer Mulde, inder er gelegen hatte.

»Vandra muß verrückt geworden sein«,keuchte er.

»Sie hat die Nerven verloren«, sagte ichund ging den Abhang hinauf, bis ich dasSchiff sehen konnte.

In der rötlich schimmernden Glut aberkonnte ich nur erkennen, daß der Krater nunauch einen Ringwall bekommen hatte …

7.

Vandra hatte die Nerven verloren und denStart befohlen.

Als es hell wurde und wir etappenweise indas fast vollends zerstörte Schiff eindrangen,konnten wir die Ereignisse der vergangenenNacht rekonstruieren.

Obwohl Vandra wissen mußte, daß derRingwulst mit den Antriebsstrahlern fastvöllig verschüttet war, hatte sie den Befehlzum Start gegeben. Vielleicht hatte sie ge-hofft, doch freizukommen und dabei überse-hen, daß die Wirkung der Antriebsenergie inentgegengesetzter Richtung freiwerden

Planet der Gräber 45

konnte.Es erfolgte ein sogenannter Energieum-

schlag, der im Bruchteil einer Sekundesämtliche Aggregate und Reaktoren überla-stete und zur Detonation brachte.

Mühsam nur konnten wir uns den Wegdurch die zusammengeschmolzenen Trüm-mer bahnen. Es war uns allen klar, daß die-ses Wrack nie mehr fliegen würde. Selbst inder bestausgerüsteten Werft wäre es irrepa-rabel gewesen.

Es dauerte zwei Stunden, bis wir dieKommandozentrale erreichten. Wenn dieVerwüstungen hier auch nicht so schlimmaussahen, hatte die plötzliche Entladung derzurückfließenden Energie genügt, Vandraund ihre sieben Akonen zu töten. Ihre Lei-chen waren zum Teil verkohlt und nichtmehr zu identifizieren.

Ich teilte Akon-Akon, der draußen geblie-ben war, mit, was geschehen war. Er zeigtesich nicht sonderlich berührt von demSchicksal der Akonen, und auch die Tatsa-che, daß wir nun endgültig auf Gonwarthfestsaßen, schien ihn kaum zu erschüttern.

»Nun könnten uns auch die Coumargsnicht mehr helfen«, stellte Brontalos bedau-ernd fest, und ich mußte ihm zustimmen.»Aber vielleicht finden wir unten in denHangars noch ein brauchbares Beiboot. Da-mit könnten wir das nächste System ansteu-ern. Wenn alles danebengeht, müssen wireben einen Notruf abstrahlen.«

»Und die Akonen hierherlocken?« Ichschüttelte den Kopf. »Das würde unser Endebedeuten, Brontalos, vergessen Sie dasnicht.«

Fartuloon gab nicht so schnell auf.»Trotzdem werden wir das Wrack von

oben bis unten systematisch durchsuchen.Wir müssen etwas finden, das uns weiter-hilft!«

»In dem Trümmerhaufen ist nichts mehrheil«, behauptete ich. »Wir haben ein paarWaffen und den Gleiter, mit mehr könnenwir nicht rechnen.«

»Aber wir leben!« gab Fartuloon störrigzurück. Aus dem ewigen Pessimisten war

mal wieder ein Optimist geworden, wie im-mer, wenn die Lage aussichtslos war. »Undwir können uns wieder frei bewegen.«

»Also bewegen wir uns«, meinte ich ohneviel Hoffnung.

Akon-Akon schien sich kaum für unsereRettungsversuche zu interessieren. Mankonnte ihn im Augenblick nicht gerade alsunfreundlich bezeichnen, wohl aber als völ-lig teilnahmslos. Ich wurde das Gefühl nichtlos, daß er den Ausweg aus unserer schlim-men Situation bereits kannte. Aber ich fragteihn nicht danach.

Wir versiegelten die Kommandozentraleund ließen die Überreste der Akonen in ihr.Ein besseres Begräbnis konnten sie alsRaumfahrer nicht bekommen. Sie blieben inihrem Schiff – für alle Zeiten.

Zur Funkzentrale gab es einen zweitenEingang. Während Fartuloon mit den ande-ren die systematische Durchsuchung desWracks einleitete, machte ich mich mit Vor-ry daran, die Hyperfunkanlage zu untersu-chen. Der Magnetier besaß ein gewisses Ta-lent für technische Dinge, und sein Instinktin dieser Hinsicht war unübertroffen.

Zum Glück hatten wir unsere Telekome,so daß ich mich mit den anderen jederzeit inVerbindung setzen konnte, wo immer sieauch gerade waren.

Zu meinem Erstaunen war die Anlage nurwenig beschädigt worden. Wenn wir an dasErsatzteillager heran konnten und die ent-sprechenden Dinge dort fanden, würde esnicht schwierig sein – so wenigstens meinteVorry –, die Geräte in Ordnung zu bringen.

Nach zwei Stunden gab er mir eine Liste.Ich nahm Kontakt zu Fartuloon auf.

»Nun, wie sieht es aus?« fragte ich ihn.»Fürchterlich! Man könnte meinen, im In-

nern des Schiffes hätte ein Kampf getobt.Man kommt von einer Sektion in die ande-re.«

»Wie sieht es mit dem Ersatzteillageraus?«

»Wir arbeiten uns gerade in die unterenRegionen vor. Da wird es noch schlimmersein, weil dort auch die Energiereaktoren

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sind. Warum?«Ich erklärte ihm, was wir haben wollten.

Er versprach, sich zu melden, sobald er amZiel angelangt sei. Immerhin mußten wirdrei Stunden warten, ehe das geschah. Vorrygab die Nummern und Bezeichnungen dergewünschten Ersatzteile durch.

»Ist ein herrliches Durcheinander hier un-ten«, sagte Fartuloon. »Regale und Schränkesind umgekippt, der ganze Kram liegt ver-streut herum. Aber ich will es versuchen …«

»Soll ich ihm nicht helfen?« erbot sichVorry.

»Warte damit noch«, riet ich. »Bis du daunten bist, hat Fartuloon vielleicht schon Er-folg.«

Vorry baute inzwischen die beschädigtenTeile aus den Geräten aus und legte sie feinsäuberlich der Reihe nach auf den Tisch, da-mit es keine Verwechslungen geben konnte.Ich bemerkte, daß die Unterschiede zu denentsprechenden arkonidischen Werkstückenmeist nur geringfügig waren.

Brontalos meldete sich am Nachmittagund schlug vor, die Coumargs wieder an dieArbeit zu schicken. Er meinte, es könnenicht schaden, wenn sie den unteren Teil desWracks frei gruben. Ich lehnte mit der Be-gründung ab, daß die Hitze in der Äquator-gegend und damit in Wulsthöhe die Erde zuGlas geschmolzen hatte. Außerdem erschienes mir sinnlos, ein flugunfähiges Schiff frei-zulegen.

Als es schon dunkelte, teilte uns Fartu-loon mit, daß er alle gewünschten Ersatzteilegefunden habe.

Wir trafen uns bei der Luke. Vorry zeigtesich befriedigt und versprach, noch in derNacht den Hyperfunk in Ordnung zu brin-gen. Ich legte ihm ans Herz, auf keinen Fallden Sender auszuprobieren, nur den Emp-fänger. Morgen wollten wir den Raum umuns systematisch abhorchen und feststellen,ob Schiffe in der Nähe waren.

Wir verbrachten die Nacht wie gewohntim Freien. Akon-Akon erkundigte sich, wiees im Innern des Schiffes aussah und gabsich mit der Mitteilung zufrieden, daß es

noch Tage dauern würde, bis wir alle Sektio-nen durchstöbert hätten.

Mir schien, als warte er auf eine ganz be-stimmte Nachricht.

*

Ich war überrascht, wie gut ich in dieserNacht geschlafen hatte. Vielleicht deshalb,weil zumindest eine Ungewißheit von unsgenommen worden war, wenn auch einegrößere blieb.

Fartuloon beobachtete mich eine Weile,dann kam er zu mir und setzte sich nebenmich auf einen Stein. Ich hatte gerade meinFrühstück beendet.

»Man könnte manchmal meinen, du wür-dest dich auf einen ständigen Aufenthalt hiervorbereiten. Hast du deine ursprünglichenZiele vergessen, Atlan?«

Ich reagierte mit einem Lächeln auf seineüberflüssige Frage.

»Wie könnte ich jemals vergessen, welcheAufgabe vor uns liegt, mein väterlicherFreund? Aber warum soll ich meine Kräftevergeuden und mich aufregen, wenn es nutz-los ist? Wir werden eine Lösung finden, sooder so. Auch kann ich mir nicht vorstellen,daß Akon-Akon sich so fatalistisch in seinSchicksal ergeben würde – und sieh ihn diran! Er ist die Ruhe selbst. Warum wohl?«

»Das frage ich mich auch die ganze Zeit.«»Es gibt nur eine Antwort: er ist davon

überzeugt, daß wir einen Ausweg findenwerden.«

»Und welchen?«»Ja, wenn ich das wüßte!« Ich stocherte in

der restlichen Glut des Feuers. Die anderenSchiffbrüchigen – so waren wir wohl nunwirklich zu bezeichnen – gingen in Gruppenzum Wrack, um ihre Tätigkeit wieder aufzu-nehmen. »Vielleicht vermutet er etwas imSchiff, das uns weiterhelfen kann, und erüberläßt es uns, dieses Etwas zu finden.«

»Ein Beiboot vielleicht? Da hat er Pech.Wir haben gestern den Hangar gefunden.Total zerstört! Alle Beiboote sind unbrauch-bar, berichtete Ra. Brontalos hat es bestä-

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tigt.«»Vielleicht ist es etwas anderes …«Fartuloon erhob sich abrupt.»Dann sucht weiter! Ich kümmere mich

… nun, ich suche auch weiter! Was soll ichsonst tun?«

Ich begleitete ihn zur Luke.Von den Coumargs war nichts zu sehen.

*

Vorry hatte auch den Funkspeicher inOrdnung gebracht, daß er mitlief und allehereinkommenden Sendungen aufnahm undkonservierte. Es war ihm tatsächlich gelun-gen, die Anlage wieder funktionsfähig zumachen. Lediglich für den Sender fehlten ei-nige wichtige Ersatzteile, die nicht mehraufzutreiben waren.

Auf verschiedenen Frequenzen empfingenwir verschlüsselte Signale, die wir mit Hilfeder gefundenen Kodebücher entziffernkonnten. So erfuhren wir, daß die Demonta-geflotten noch immer bei der Arbeit waren.Früher oder später würden sie auch nachGonwarth gelangen.

Eine Aussicht, die nicht gerade beruhi-gend auf mich wirkte.

Anhand der Sternkarten und Positions-meldungen konnten wir uns ein ungefähresBild von der Verteilung der akonischenSchiffe machen. Räumlich betrachtet, hattensie unseren Sektor fast eingekreist, wennman die unterschiedlichen Entfernungen zuGonwarth nicht berücksichtigte. Die Koordi-naten gaben jedoch keinen Hinweis auf dieAusgangsbasis der Schiffe. Die Position desVerstecks blieb somit auch weiterhin unbe-kannt. Nicht einmal seine ungefähre Lagewar zu vermuten.

Ich nickte Vorry zu.»Du kannst abschalten, mehr wollte ich

nicht wissen.«Vorry wirkte enttäuscht.»Und dafür die ganze Arbeit?«»Sie hat sich gelohnt, glaube mir. Aber

nun wollen wir den anderen helfen. Es kannWochen dauern, bis wir das ganze Schiff

durchsucht haben.«»Was hoffst du eigentlich zu finden?«Ich sah an ihm vorbei, als ich antwortete:»Es wäre besser, du würdest Akon-Akon

danach fragen, denn ich selbst weiß es nicht.Wir suchen einfach, das ist alles.«

Am Abend ging ich zu Akon-Akon, deroben auf dem Hügelkamm saß und nachWesten in die Dämmerung schaute. ImOsten war es bereits dunkel geworden.

»In ein paar Tagen kennen wir jeden Win-kel des Wracks, Akon-Akon. Die Beibootesind vernichtet. Lebensmittel sind genügendvorhanden. Warum sollen wir weitersu-chen?«

Er betrachtete mich fast eine Minute lang,dann sagte er:

»Ich vernahm, daß nicht alle Sektionendes Schiffes völlig zertrümmert wurden. Wirwürden uns eine Menge Arbeit ersparen,wenn wir einen genauen Plan besäßen. Wostehen in den Schiffen der Arkoniden dieMaterietransmitter?«

Nun wußte ich, was er zu finden hoffte:Einen Transmitter!

»Niemand weiß, ob die Akonen einenTransmitter an Bord hatten«, dämpfte ichseinen Optimismus. »Und wenn, dann ist ersicherlich beschädigt worden. Es sind sehrempfindliche Geräte.«

»Findet ihn, Atlan!« sagte er ruhig undbestimmt. Ich erhob mich.

»Na schön, ich werde morgen dafür sor-gen, daß nach nichts anderem gesucht wird.Wenn wir ihn gefunden haben, geben wirsofort Bescheid.«

»Gute Nacht«, erwiderte Akon-Akon undversank erneut in Nachdenken.

Ich kehrte zum Lagerfeuer zurück.Fartuloon und Karmina unterhielten sich,

als ich mich zu ihnen setzte. Sie wußten, daßich bei Akon-Akon gewesen war.

»Was will er von uns?« fragte die Arkoni-din. »Er hat schon lange nicht mehr befoh-len.«

Ich berichtete ihnen von meinem Ge-spräch mit dem Jungen.

Fartuloon schüttelte den Kopf.

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»So ein Unsinn! Wenn das seine ganzeHoffnung ist, können wir uns schon jetzt be-graben lassen. Selbst wenn es einen Trans-mitter in dem Wrack gibt und selbst dann,wenn er nicht total zerstört wurde, kann eruns nichts nützen. Ganz abgesehen davon,daß wir nicht wissen können, wohin er unsbringt.«

»Mitten hinein ins Versteck!« mutmaßteKarmina, ohne es richtig ernst zu meinen.

»Niemals!« sagte ich überzeugt. »Wennes auf dem Schiff einen Transmitter gab,dann nur einen für kurze Strecken. Nichteinmal interplanetarische Entfernungen wür-de er bewältigen. Aber Akon-Akon wünscht,daß wir ihn suchen, also müssen wir es tun.Morgen fangen wir damit an.«

»Ist ja auch völlig egal, wonach wir su-chen!« Karmina erhob sich. »Ich gehe jetztschlafen«, verkündete sie und ging.

Fartuloon sah ihr nach.»Sie ist ein ganz passables Weib, aber

wenn ich es mir recht überlege, bin ich ganzfroh, daß ich allein geblieben bin.«

*

Vorry arbeitete als Rammbock und räum-te die Trümmer beiseite. So gelangten wir ineine Region, die wir bisher noch nichtdurchsucht hatten. Aber der Unterschied warnicht besonders groß. Auch hier fanden wirin erster Linie nur Trümmer.

Zusammen mit Ra drang ich ins Zentrumdes unteren Teils vor, der schon zweihundertMeter unter der Oberfläche von Gonwarthlag. Es fiel mir auf, daß hier die Verwüstun-gen nachließen. Die Druckwellen der Deto-nationen waren kaum bis hierher gekom-men. Einige der geschlossenen Schottentü-ren hatten sogar gehalten.

Hinter ihnen allerdings, in den Antriebs-räumen, sah es hoffnungslos aus. Wir ver-zichteten auf eine Inspektion.

Eine grüne Metalltür weckte unsere Neu-gier.

Fartuloon versuchte sie zu öffnen, aber esgelang ihm nicht. Als er seinen Strahler zog,

hielt ich seinen Arm fest.»Halt, nicht mit Gewalt, Fartuloon! Wir

wissen nicht, was dahinter ist. Vielleicht et-was, das keine Wärme verträgt. Die Tür je-denfalls ist auffällig, das mußt du zugeben.Wir sollten Akon-Akon unterrichten.«

Ich rief ihn über Telekom. Er meldete sichsofort.

»Eine grüne Tür …?« fragte er dann lang-sam, wie um sich zu vergewissern. »Und ausMetall? Seht ihr ein Zeichen darauf?«

»Nur ein einziges, aber es scheint ohneBedeutung.« Ich beschrieb es ihm, so gut ichkonnte.

»Das genügt, Atlan. Wartet, ich komme!Versucht nicht, mit Gewalt einzudringen!«

Fartuloon schob den Strahler in den Gür-tel zurück.

»Du scheinst mit deiner Vermutung rechtzu haben. Vielleicht ist es der gesuchteTransmitter.«

Ich lehnte mich gegen die Wand des Kor-ridors.

»An soviel Glück glaube ich nicht.«Es dauerte fast zwei Stunden, bis Akon-

Akon eintraf. Karmina hatte ihm den Weggezeigt.

Er trug seinen Kerlas-Stab, von dem ersich niemals trennte. Ich hätte ein Vermögendafür gegeben, wenn ich sein Geheimnis er-gründen könnte, aber das war ein aussichts-loser Wunsch. Fartuloons Skarg war gegenden geheimnisvollen Stab ein harmlosesSpielzeug.

Akon-Akon starrte lange auf das rätsel-hafte Zeichen im oberen Teil der grünenTür, dann bat er uns, ein Stück zurückzutre-ten. Er hob den Stab und legte den Ring amoberen Ende genau auf das Zeichen.

Ohne jedes Geräusch öffnete sich die Tür,die vorher fest verschlossen gewesen war.Es war unbegreiflich.

Akon-Akon betrat den Raum und winkteuns zu.

Wir folgten ihm.In der Mitte stand auf einem Podest der

typische Gitterkäfig eines Kleintransmitters.An den Wänden waren die Kontrollen, aber

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die verstellbare Ziel-Koordinaten-Kartefehlte.

Karmina sagte enttäuscht:»Wir hatten einen ähnlichen Transmitter

auf meinem Schiff. Die Reichweite ist nurgering. Sie bringt uns nicht einmal aus die-sem Sonnensystem hinaus.«

Akon-Akon warf ihr einen Blick zu, indem ich Bestätigung zu lesen glaubte. Erschien sich keiner Illusion hingeben zu wol-len.

»Richtig, ein Kleintransmitter mit gerin-ger Reichweite. Mehr hat wohl auch keinervon uns erwartet.«

»Und was sollen wir damit?« wollte Kar-mina ungeduldig wissen.

Und wieder sah ich Akon-Akon lächeln,wenn auch nur flüchtig.

»Ihn benutzen«, sagte er dann und batuns, den Raum zu verlassen. Er schloß dieTür wieder. »Ich werde zu euch ans Lager-feuer kommen und euch dort meine Absichtmitteilen. Geht schon vor.«

*

Wir waren alle beim Lagerfeuer versam-melt, als Akon-Akon den Hügel herabge-schritten kam. Er setzte sich auf den freienStein, den Kerlas-Stab zwischen den Knien.

»Es ist sinnlos, Fragen zu stellen«, beganner, nachdem er sich davon überzeugt hatte,daß wir vollzählig versammelt waren. »Ichkönnte euch nicht antworten, selbst wennich es wollte. Ich weiß genau so wenig wieihr, wohin uns der Transmitter bringt, sobaldich ihn aktiviert habe. Aber ich vermute, daßes auf jedem ehemaligen Kolonialplanetender Akonen Empfangsstationen gibt, viel-leicht tief unter der Oberfläche, auf die dieSchiffstransmitter geeicht sind. Das würdebedeuten, daß wir vielleicht eine solche Sta-tion erreichen und dort rematerialisieren.«

»Ein ziemliches Risiko«, warf Fartuloonein, obwohl er wissen mußte, daß Akon-Akon keine Unterbrechungen liebte.

Aber der Junge verriet keinen Unmut.»Natürlich gehen wir ein Risiko ein, aber

wollt ihr hier warten, bis das Demontage-kommando der Akonen eintrifft? Immerhinbesteht doch die Möglichkeit, daß wir durchden kleinen Transmitter eine Großstationfinden, die uns weiterbefördert, wohin auchimmer.«

»Warum geht nicht einer von uns voran?«fragte Karmina. »Er könnte zurückkommenund berichten, was geschieht.«

Akon-Akon stützte sich auf den Ring sei-nes Stabes.

»Es handelt sich um einen Einwegtrans-mitter, der nur von der anderen Seite herwieder auf Empfang geschaltet werden kann– soweit ich das beurteilen kann. Es gibt al-so wahrscheinlich kein Zurück mehr für uns.Wir werden einer nach dem anderen dasTransmitterfeld betreten und entmaterialisie-ren, ohne eine Spur zu hinterlassen. Morgen!Hat noch jemand etwas zu sagen?« Er sahsich suchend in der Runde um, begegneteaber nur zweifelnden Blicken und betroffe-nem Schweigen. Er stand auf. »Also gut!Verbringen wir die letzte Nacht auf demPlaneten Gonwarth in Frieden …«

Wir sahen ihm stumm nach, bis er in derDunkelheit jenseits des flackernden Feuer-scheins untertauchte.

Es war Brontalos, der das Schweigenbrach.

»Die Coumargs, Atlan!« sagte er, als gäbees keine anderen Sorgen. »Wir wollten ih-nen doch helfen …«

Ich beruhigte ihn:»Das habe ich keineswegs vergessen,

Brontalos. Morgen haben wir noch Zeit da-zu. Jetzt ist es zu spät.«

In dieser Nacht machte ich kaum ein Au-ge zu.

*

Als es hell wurde, machten sich Ra, Bron-talos und ich auf den Weg zum Bau der Kö-nigin, der wir den Funkrobot abgenommenhatten. Wie am ersten Tag empfing sie unsmit ihrer Leibwache. Wenig später war dieVerbindung hergestellt.

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Geduldig erklärte ich ihr die Funktion derweißen Puppe und die Gefahr, die von ihrfür sie und ihr Volk ausging. Ich machte siedarauf aufmerksam, daß sie mit Hilfe desFunkrobots auch in der Lage war, die be-nachbarten Völker zu versklaven, wenn sievon den Akonen die entsprechenden Befehlerhielt.

Sie begriff, was eine Kettenreaktion war.Wenn sie Anordnungen erhielt, mußte siediese weitergeben an die nächste Königin.Diese wiederum mußte ebenfalls gehorchen– und es nahm kein Ende.

Ich zeigte ihr den winzigen Knopf imHinterkopf des Funkrobots.

»Ihr seid kräftig genug, ihn einzudrücken,Königin. Aber tut es erst dann, wenn ihr dievon uns erhaltene Information weitergege-ben habt – es ist euer letzter Befehl an dieanderen Völker und ihre Königinnen. Siesollen es ebenfalls tun. Wenn das geschehenist, werdet ihr für alle Zeiten frei und unab-hängig sein. Habt ihr das verstanden?«

Wir erhielten die Bestätigung und Impul-se des Dankes.

Dann gingen wir zurück zum Wrack, wowir schon von Akon-Akon und den anderenerwartet wurden.

So wie gestern gelangten wir in denTransmitterraum. Akon-Akon schloß hinteruns die Tür, nachdem er sich abermals da-von überzeugt hatte, daß niemand fehlte.Dann trat er vor den Transmitter und hobden Kerlas-Stab.

Drüben an der Wand leuchteten plötzlichdie Kontrollampen auf, ohne daß Akon-Akon etwas berührt hatte. Auch am Eingangzum Transmitter war nun ein Licht, das dieBetriebsbereitschaft anzeigte.

Der leuchtende Torbogen verriet nichts.Dahinter lag absolute Finsternis – und diequälende Ungewißheit, was der Schritt indie Dunkelheit bringen würde.

Akon-Akon sah uns der Reihe nach mitzwingendem Blick an.

»Folgt mir, einer nach dem anderen«, be-fahl er.

Er brauchte nicht zu befürchten, daß auchnur einer den Befehl verweigern würde.Aber in diesem Augenblick mußte ich dochseinen Mut bewundern, als erster zu gehen.

In Wirklichkeit machte das keinen Unter-schied. Keiner von uns wußte, was mit demvor ihm Gehenden geschah.

Wir würden alle das gleiche Schicksal er-leiden. So oder so.

Ich wartete, bis alle verschwunden waren,dann betrat ich den Transmitterkäfig unddurchschritt den Lichtbogen.

Um mich herum wurde es dunkel, und fürden Bruchteil einer Sekunde existierte ichnicht mehr.

ENDE

E N D E

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