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ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY 369 Elsevier Sequoia S.A., Lausanne - Printed in The Netherlands POLAROGRAPHIE DER DIAZOAMINOBENZOLE (TRIAZENE) 1. DAS VERHALTEN IN W.g,SSRIGEN LOSUNGEN L. HOLLECK UND G. KAZEMIFARD Chemisches Institut der Hochschule, Bamber 9 (B.R.D.) (Eingegangen am 26. Juli 1971) W/ihrend fiber die polarographischen Untersuchungen an Azobenzolderivaten schon ein umfassenderes Material vorliegt, finder man keine systematische Arbeit iiber das elektrochemische Verhalten des Diazoaminobenzols (DAB) und dessen Derivate (Triazene). Dies ist zweifellos dadurch mitbestimmt, dass diese Verbindungen sehr reaktive, relativ unbest~ndige Substanzen darstellen. Die Untersuchungen von Diazoaminobenzol und einer Reihe von para- substituierten Derivaten wurden im Sinne der Erfahrungen, die an einer Reihe von Untersuchungen fiber das polarographische Verhalten substituierter Azoverbin- dungen sowohl in w/issrigen 1 wie auch nicht-w/issrigen 2 L6sungen gewonnen wurden, durchgefiihrt. EXPERIMENTELLES Die Diazoaminobenzolderivate sind nach der in der Literatur beschriebenen Methode 3 hergestellt worden, auch p-Cyano und p-,~thoxycarbonyldiazoamino- benzol, die in der Literatur noch nicht beschrieben waren. Die Verbindungen wurden mehrmals ausAthylalkohol umkristallisiert. Die nach Umkristallisationen konstanten Schmelzpunkte und Spektren sowie die konstanten polarographischen Daten sprachen fiJr die Reinheit der Verbindungen. Die physikalischen Daten ffir p-Cyano- und p-,~thoxycarbonyldiazoaminobenzol sind in der zitierten Literatur 8 tabelliert. Ffir die verschiedenen pH-Bereiche wurden die von Theorell und Stenhagen 4 angegebenen Pufferl6sungen verwendet. Die Substanzen zur Bereitung von Pufferl6sungen und das Methanol waren vom analytischen Reinheitsgrad. Die EntliJftung der L6sungen erfolgte mit reinem Stickstoff. Die Polarogramme wurden mit einem Radiometer-Polarographen PO 4 bzw. mit dem Metrohmger/it Polariter aufgenommen. Als Zelle ist jene, seinerzeit von Hol- leck und Exner s beschrieben, benutzt worden, bei der ein seitlicher Ansatz durch eine feinporige Glasfritte abgschlossen ist, wodurch die Verbindung zu der w~ssrigen KC1-L6sung einer ges~ttigten Kalomelelektrode (GKE) hergestellt ist. Die mittlere Tropfzeit betrug 1.9 s. Die pro sec ausfliessende Quecksilbe?menge wurde bei offenem Stromkreis bestimmt und betrug m=4.9 mg s-1. Die pH-Messungen erfolgten mit einem pH-Meter der Firma Radiometer, Kopenhagen, (Modell PHM 22), mittels alkalifester Glaselektroden. Die spektralphotometrischen Messungen wurden mit dem Beckman-Spektralphotometer DB durchgefiihrt. Alle Versuche wurden bei Zimmertemperatur zwischen 20-22°C durchgeftihrt. J. Electroanal. Chem., 35 (1972)

Polarographie der diazoaminobenzole (triazene): 1. Das verhalten in wässrigen lösungen

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ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY 369 Elsevier Sequoia S.A., Lausanne - Printed in The Netherlands

POLAROGRAPHIE DER DIAZOAMINOBENZOLE (TRIAZENE)

1. DAS V E R H A L T E N IN W.g, SSRIGEN L O S U N G E N

L. H O L L E C K UND G. K A Z E M I F A R D

Chemisches Institut der Hochschule, Bamber 9 (B.R.D.)

(Eingegangen am 26. Juli 1971)

W/ihrend fiber die polarographischen Untersuchungen an Azobenzolderivaten schon ein umfassenderes Material vorliegt, finder man keine systematische Arbeit iiber das elektrochemische Verhalten des Diazoaminobenzols (DAB) und dessen Derivate (Triazene). Dies ist zweifellos dadurch mitbestimmt, dass diese Verbindungen sehr reaktive, relativ unbest~ndige Substanzen darstellen.

Die Untersuchungen von Diazoaminobenzol und einer Reihe von para- substituierten Derivaten wurden im Sinne der Erfahrungen, die an einer Reihe von Untersuchungen fiber das polarographische Verhalten substituierter Azoverbin- dungen sowohl in w/issrigen 1 wie auch nicht-w/issrigen 2 L6sungen gewonnen wurden, durchgefiihrt.

EXPERIMENTELLES

Die Diazoaminobenzolderivate sind nach der in der Literatur beschriebenen Methode 3 hergestellt worden, auch p-Cyano und p-,~thoxycarbonyldiazoamino- benzol, die in der Literatur noch nicht beschrieben waren. Die Verbindungen wurden mehrmals ausAthylalkohol umkristallisiert. Die nach Umkristallisationen konstanten Schmelzpunkte und Spektren sowie die konstanten polarographischen Daten sprachen fiJr die Reinheit der Verbindungen. Die physikalischen Daten ffir p-Cyano- und p-,~thoxycarbonyldiazoaminobenzol sind in der zitierten Literatur 8 tabelliert. Ffir die verschiedenen pH-Bereiche wurden die von Theorell und Stenhagen 4 angegebenen Pufferl6sungen verwendet. Die Substanzen zur Bereitung von Pufferl6sungen und das Methanol waren vom analytischen Reinheitsgrad. Die EntliJftung der L6sungen erfolgte mit reinem Stickstoff.

Die Polarogramme wurden mit einem Radiometer-Polarographen PO 4 bzw. mit dem Metrohmger/it Polariter aufgenommen. Als Zelle ist jene, seinerzeit von Hol- leck und Exner s beschrieben, benutzt worden, bei der ein seitlicher Ansatz durch eine feinporige Glasfritte abgschlossen ist, wodurch die Verbindung zu der w~ssrigen KC1-L6sung einer ges~ttigten Kalomelelektrode (GKE) hergestellt ist. Die mittlere Tropfzeit betrug 1.9 s. Die pro sec ausfliessende Quecksilbe?menge wurde bei offenem Stromkreis bestimmt und betrug m=4.9 mg s-1. Die pH-Messungen erfolgten mit einem pH-Meter der Firma Radiometer, Kopenhagen, (Modell PHM 22), mittels alkalifester Glaselektroden. Die spektralphotometrischen Messungen wurden mit dem Beckman-Spektralphotometer DB durchgefiihrt. Alle Versuche wurden bei Zimmertemperatur zwischen 20-22°C durchgeftihrt.

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ERGEBNISSE

1. Stromspannungskurven (SSK) yon unsubstituiertem DAB Nachdem sich DAB in saueren L6sungen zersetzt, lassen sich Polarogramme

nur im neutralen und alkalischen Bereich aufnehmen. Da die methanolischen Stamm- 16sungen auch nur begrenzt haltbar sind, wurden sie zweckmassigerweise stets erst vor den Untersuchungen hergestellt.

In Abb. 1 sind SSK yon gepufferten L6sungen im pH-Bereich zwischen 7.4 und 14 wiedergegeben. Die Gesamtstufenh6hen entsprechen einer 4-elektronigen Reduktion. W~thrend bei pH 7.45 eine einzige Stute dieser H6he auftritt, teilt sich diese bei pH-Steigerung in Doppelstufen auf, wobei die anwachsende zweite Stufe bei konstant bleibendem Halbstufenpotential liegt, also unabh/ingig vom pH-Wert der L6sung ist, w~ihrend die erste Stufe sich mit steigendem pH zu negativeren Werten verschiebt. Bei etwa pH 12 ergibt sich wieder eine einheitliche Stufe fast der vollen H6he, die sich allerdings bei weiterer pH-Steigerung verringert. Auf diesen Effekt wird im .sp~iteren noch einzugehen sein.

Die Reduktion verl~iuft irreversibel und ist diffusionsbedingt. Dies wurde aus den wechselstrompolarographischen Kurven (keine ausgepr~igten Spitzen) und der Abh/ingigkeit des Grenzstromes yon der Hg-Niveauh6he id = k ~/h festgestellt. Die

1 1 . 8 4

i/tZ 1 2 . 8

- 0 . 8 - t .2 -1 8 - 210 - 0 . 8 - 1 . 2 - 1 . 6 - 2 . 0 E/V(G K E ) E/V(GKE)

Abb. 1. Stromspannungskurven von 5 x 1 0 - 4 M Diazoaminobenzol in Pufferl6sungen (50~ Methanol, 0 .0 l~ Gelatine).

Abb. 2. Stromspannungskurven yon 5 × 10 -4 M p-Methoxydiazoaminobenzol in Pufferl6sungen (50~o Methanol, 0.01~, Gelatine).

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POLAROGRAPHIE DER TRIAZENE IN WASSER 371

Stufenh6he der pH-unabhfingigen, zweiten Stufe ist zum Teil kin6tisch begrenzt.

2. SSK yon p-substituierten Diazoaminobenzolen Da sich die Substitution in Parastellung stets am weitestgehenden und unge-

st6rt auswirkt, sind Untersuchungen mit einer Reihe derartig substituierter Diazo- aminobenzole durchgeftihrt worden. Es zeigt sich, dass neben der zu erwartenden Beeinflussung der Stufenlage, also der Halbstufenpotentiale der beiden Stufen, auch der Charakter des Kurvenlaufs in gewissen Ffillen eine Ver/inderung erF, ihrt. Wfihrend sich die Verbindungen mit elektronenspendenden Substituenten gleichartig verhalten und einen analogen Kurvenverlauf wie der des DAB zeigen (Abb. 2), findet man bei Substitution mit Elektronenakzeptoren als augent~,illigstes Merkmal der SSK eine scheinbare Einstufigkeit mit einer pH-Abh/ingigkeit des Halbstufenpotentials bis zu hohen pH-Werten (Abb. 3).

Bei den logarithmischen Analysen der Kurven (log [i/(i d - i)]/E) zeigte sich, dass im schw/icher alkalischen Bereich eine einzige Stufe vorhanden ist, w/ihrend im mittelalkalischen pH-Bereich eine Doppelstufe und im st~irker alkalischen Bereich wieder eine einzige Stufe auftritt. Die zweite Stufe ist im Gegensatz zu DAB und dessen donatorsubstituierten Derivaten pH-abhfingig.

-0.5 -1.0 -1.5 -2 .0 E/V(GKE)

Abb. 3. Stromspannungskurven yon 5 x 10 .4 M p-Cyanodiazoaminobenzol in Pufferl6sungen (50~ Methanol, 0.01~ Gelatine).

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3. Die pH-Abhiingiykeit der Halbstufenpotentiale Die im messbaren Bereich ermittelten Halbstufenpotentiale ergeben einen

linearen Verlauf, wie in Abb. 4 wiedergegeben. Die bereits erw/ihnten Unterschiede bei Substitution mit Elektronendonatoren

und -akzeptoren werden daraus besonders deutlich und zwar durch den (abgesehen vonder Potentialverschiebung) eingeengten Messbereich im ersteren Fall, wfihrend im letzteren Fall auch im alkalischen Bereich die Halbstufenpotentiale wesentlich posi- tiver liegen und es zu keiner pH-Unabhfingigkeit der zweiten Stufe kommt.

Zur Charakterisierung der Potentiallagen, bzw. der pH-Abhfingigkeit sind, angesichts der Linearitgt derAbhfingigkeit, die Werte ffir a und b der Potentialgleichung

E ~ = a + b . p H

in der Tabelle 1 verzeichnet, a stellt somit einen aufpH 0 extrapolierten Potentialwert dar (unabhfingig davon, wieweit man messend die SSK verfolgen kann) und b ergibt die pH-Abh/ingigkeit. In der letzten Spalte ist der Bereich abgegrenzt, in welchem die lineare Beziehung Giiltigkeit besitzt, bzw. messend verfolgt werden kann.

TABELLE 1

Verbindung a~ b/ J~r den V(GKE) V(pH) 1 pH-Bereich

H -0.600 -0.062 7 12 N-N=N N HOH (-- 1.565) (0.0) 8 .5-12

H

N-N=N OCH 3 -0.595 -0.062 7-12 (-- 1.550) (0.0) 8.5-14

H ~ } _ 1 _ ~ ) -0.570 -0.062 712

N--N=N (-- 1.525) (0.0) 8.5 14

H

- o 5 6 o _ 0 0 6 1 7 1 2 (- 1.500) (0.0) 8.5-14

H i ~ -0.560 -0.055 4--10 N=N-N COOC2Hs (--0.380) (--0.076) 8 14

H --0.550 --0.055 4--10 N=N-N CN (--0.370) (-- 0.076) 8 14

4. Einfluss yon Inhibitoren (a) Gelatinewirkun9. Bei der Reduktion der Triazene an der Hg-Tropfelektrode

in Pufferl6sungen treten verschiedenartige Maxima auf. Diese setzen sich offenbar aus zwei Effekten zusammen :

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POLAROGRAPHIE DER TRIAZENE IN WASSER 373

E/V(GKE)

-1.5

. 1

-0.9 . / / "

- 0 . 7 , L , I

Abb. 4. pH-Abhfingigkeit der Halbstufenpotentiale der Triazene.

H - - x ~ - - x x - - x ~ - - x x - -

- O C N 3 - - * - -

/4- -H / y

- C I . : . /¢~

- C O O C 2 H 5 - - . - -

- C N

i

pH

8

il~A

I I I 0 oO

/ /

° •

I I Y I I

-0 .6 -1.0 -1.5 - 2.0 -0 .7 ' " -1.0 -1.5 -2.0 E/V(GKE) E/V(GKE)

Abb. 5. Stromspannungskurven von 5 x 10 -4 M Diazoaminobenzol in 40% Methanol, pH 8.6: (O---O) ohne Zus~itze, ~ ) mit 0.0025 %, A----A) mit 0.005 %, ( x x ) mit 0.01%, ( - - . - - ) mit 0.02 %, (-- . ---) mit 0.04%, ( . . . . - - ) mit 0.1% Gelatine, ( . . . . . . . - - ) rnit 0.1% TPO.

Abb. 6. Strornspannungskurven yon 5 × 10 ¢ M Diazoaminobenzol in 40 % Methanol, pH 9.22: (O---O) ohne Zus/itze, (E:]---~) mit 0.0025 %, ( ~ ) mit 0.005 %, ( x - - - x ) mit 0.01%, ( - - . - - ) mit 0.02 %, ( - - . ' - - ) mit 0.04%, ( . . . . - - ) mit 0.1% Gelatine, ( . . . . . . . - - ) mit 0.1% TPO.

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(e) Maximum 1. Art, das mit steigendem pH abnimmt und ab pH 9 nicht mehr auftritt.

(/~) Ein Pseudomaximum, das infolge eines Stromst~irkeminimums im Zuge der Potentialsteigerung im Bereich der ersten Reduktionsstufe aufscheint.

Das Maximum 1. Art l~isst sich durch 0.01 ~o Gelatine bereits vollkommen un- terdrticken (Abb. 5).

Das Minimum im Bereich des Anstiegs der zweiten Stufe fiillt sich mit steigen- dem Gelatinezusatz (bis zu 0.01~) teilweise auf, was auf eine Katalysewirkung der Gelatine 6, im Zusammenhang mit einer Verdrfingung des offenbar inhibierenden Reduktionsprodukts, zuriickgeftihrt wird. H6here Gelatinezusfitze (ab 0.01~) be- wirken ein Absinken der ersten Stufe zugunsten der zweiten, entsprechend einer Inhi- bition des Protonierungsschrittes (Abb. 5, 6).

(b) Triphenylphosphinoxid (TPO)- und Tylose-Wirkun 9. Dutch Zusatz des wirksamen Inhibitors TPO wird die erste Stufe des DAB bei pH 8.6 bis auf 1/5 und bei pH 9.2 bereits auf 1/9 der Gesamtstufe verringert. Die Gesamtstufenh6he und die Potentiallage bleiben im wesentlichen unverfindert (Abb. 5, 6). )khnliche Inhibi- tionswirkungen k/fnnen auch durch Tylosezusatz beobachtet werden.

Die bereits erwfihnten Unterschiede der zweiten polarographischen Stufen bei Substitution mit Elektronendonatoren und -akzeptoren lassen sich, zumindest in einem bestimmten pH-Bereich (pH 8-12), durch Zusatz yon TPO beseitigen. Hier- durch entstehen bei Substitution mit Elektronenakzeptoren auch pH-unabhfingige

i/p.A

4

L I i J I I i I

-0 .8 -1.0 -1.5 -2.0

E/V(GKE) Abb. 7. Stromspannungskurven von 5 x 10 4 M Diazoaminobenzol in 50~/o Methanol, pH 9.3 : (C>-O) ohne Zusfitze, ( x - - x ) mit 0.06 M CsC1, (~- -A) mit 0.02 M Tetrafithylammoniumjodid.

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Stufen, die parallel zu den zweiten Stufen des DAB bzw. den donatorsubstituierten Triazenen verlaufen.

5. Einfluss yon Tetraalkylammonium- und Ciisium-Ionen W/ihrend die ungeladenen stark oberfl~chenaktiven Stoffe, wie TPO, eine in-

hibierende Wirkung auf die ersten Stufen des DAB austiben, fiihrt eine Zugabe von Tetraalkylammoniumionen (NR4) + zu einer Katalyse der Reduktion, wobei ausser der Beseitigung des Maximums auch die zweite Stufe zugunsten der ersten ver- schwindet. Die weniger adsorbierbaren Cs+-Ionen haben eine schwfichere katalysie- rende Wirkung. In diesem Falle wird die zweite Stufe des DAB um etwa 160 mV posi- tiviert (Abb. 7).

Die katalisierende Wirkung der vorgenannten Ionen bleibt bei einer Substitu- tion mit Elektronenakzeptoren aus 7.

6. Spektralphotometrische Messunyen Die bemerkenswerten Anderungen im polarographischen Verhalten der

Triazene bei Variation des pH-Wertes und die unterschiedlichen Verhalten bei Sub- stitution mit Elektronendonatoren und -akzeptoren veranlassten uns, diese spektral- photometrisch zu untersuchen.

Abbildung 8 zeigt die Spektren von DAB, das sich auch spektralphotometrisch, wie die donatorsubstituierten Triazene, verh/ilt. Die Verschiebung der Absorptions- maxima durch Steigerung des pH-Wertes beruht aufAbdissoziation des Wasserstoffes der -NH-Gruppierung. Diese erfolgt bei Substitutionen mit Elektronenakzeptoren leichter, wie die ermittelten pK-Werte der Tabelle 2 zeigen :

T A B E L L E 2

R PKdiss

- C N 12.2 - C O O C 2 H s 12.6 - C I 13.1 - H 13.8 -- O C H 3 14.0

2o i / / / ':~k /7/ii\

'.¢ t ill"" 4o i . /

.':.! I I 8O

1OO / ~ , ~ , L 600 550 500 450 400 350 300 250

~./nm

Abb. 8. Die Spekt ren von 5 x 10 5 M D i a z o a m i n o b e n z o l in 50 % M e t h a n o l : (

( - - . - - ) pH 13.6, ( - - . . - - ) pH 13.8, ( . . . . . ) pH 14.

) p H 7 - 1 2 , ( ~ ) pH 13,

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0

m 20i o

'~ 40' i/}

g ~- 60'

80

100

/ / / , \

/ii ,// # / /

-L--- --7 " ~ . . . . 600, 550 500 450 400 350 300 250

~,/nm Abb. 9. Die Spektren yon 5 x 10- s M p-Cyanodiazoaminobenzol in 50~ Methanol : ( pH 11, ( - - - - - ) pH 1 2 , / - - " - - ) pH 13, ( . . . . - - ) pH 14.

) p H 7 10, ( - - - - )

Die stfirkere Verschiebung der Absorptionsmaxima bei p-Cyano- (Abb. 9) und p-Athoxycarbonyldiazoaminobenzol im alkalischen Bereich, die mit einer starken Farbfinderung nach Rot verbunden ist, fiihren wir auf eine Chinoidisierung, d.h. Bildung der chinoiden mesomeren Grenzform zuriick s.

DISKUSSION

Das Absinken der ersten polarographischen Stufe der Triazene mit steigendem pH und die Ausbildung einer zweiten Stufe lfisst u.a. an das Vorhandensein zweier Formen im Gleichgewicht denken, deren Verhfiltnis von pH abbfingt. Hier sollen drei M6glichkeiten fiir diese Erscheinung diskutiert werden:

(i) Sie wird durch Tautomerie 9 des Depolarisators verursacht. Diese Annahme ist nicht haltbar, da erstens die Doppelstufe auch bei unsubstituiertem Diazoamino- benzol auftritt, und zweitens bei p-substituierten Triazenen die Energiedifferenz zwischen beiden Tautomeren sehr gering ist (0.1-0.4 kcal/mol*l°).

(ii) Sie beruht auf der Abdissoziation des Wasserstoffes im alkalischen Bereich, entsprechend :

+H ®

wobei DAB (bzw. die substituierten DAB) und das Anion miteinander im Gleichge- wicht stehen. Beim Auftragen der Stufenh6he gegen pH ergibt sich fiJr die untersuchten Triazene eine ,,Dissoziationskurve" mit einem fast konstanten pK-Wert von 10.1- 10.3. Die durch Spektralphotometrie ermittelten pK-Werte sind dagegen stark ver- schieden und steigen, wie schon erwfihnt, beim fJbergang von akzeptorsubstituierten zu donatorsubstituierten Triazenen. Ausserdem ergibt sich demnach fi.ir p-Methoxy- diazoaminobenzol einen pK-Wert zu 14 und DAB zu 13.8, so dass nicht anzunehmen ist, dass die zweite Stufe, die schon bei pH 8.5 entsteht und bei pH 12 ihre volle H6he auf Kosten der ersten Stufe erreicht, vonder Reduktion des Anions herrtihrt.

* I ca1=-4.184 J.

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(iii) Sie beruht auf zwei verschiedenen Reduktionsmechanismen, wobei die potentialbestimmenden Schritte mit und ohne Beteiligung von Protonen zu formulie- rend sind. Die erste Stufe entspricht dann prim/ir einer Reduktion mit gleichzeitiger Elektronen- und Protonenaufnahme, wobei die Protonenaufnahme aus dem Puffer erfolgt. Die zweite Stufe entspricht einer Reduktion unter prim/irer Aufnahme eines Elektrons, die Protonenaufnahme aus dem L6sungsmittel schliesst sich an. Diese Annahme wird durch die pH-Unabh~ingigkeit der zweiten Stufe und ihren z.T. kineti- schen Charakter best~tigt. Auch die Versuche mit oberfl~ichenaktiven Stoffen (Inhibi- toren, Katalysatoren) sprechen ftir diese Annahme. Das unterschiedliche Verhfiltnis von erster und zweiter Stufe wird also durch unterschiedliche Protonierungsgeschwin- digkeit mitbestimmt. Dass die Protonierung in diesem pH-Bereich im wesentlichen durch einen Grenzflfichenprozess erfolgt, ist aus Versuchen mit starken Inhibitoren, wie TPO, ersichtlich. Hierdurch wird die als Grenzfl~chenreaktion ablaufende Pro- tonenaufnahme inhibiert 11,12.

Die Abnahme der Grenzstr6me im alkalischen Bereich, die bei Substitution mit Elektronenakzeptoren schon ab pH 8 auftritt, lfisst sich auf die vorher formulierte Dissoziationsreaktion zurtickfiihren. Das zum Teil entstandene Anion ist schwerre- duzierbar und sein Reduktionspotential liegt erst nach der Abscheidung des Puffer- kations, so dass seine Reduktionsstufe nicht auf dem Polarogramm zu beobachten ist. Ein Vergleich zwischen den pK-Werten (Tabelle 2) und den Abnahmen der Grenzstr6me (Tabelle 3) lfisst diese Schlussfolgerung zu.

TABELLE 3

R Abnahme der Grenzstr6me yon pH 7.85 bis pH 11.4 in %

- C N 13.5 - C O O C 2 H 5 10.5 - C1 7.5 - H 5.O - OCH3 3.5

Die Unterschiede in der pH-Abh~ngigkeit der zweiten Stufen bei Substitution mit Elektronendonatoren und -akzeptoren sind auch auf verschiedene Protonierungs- geschwindigkeiten der bei h6herem pH prim~ir entstehenden Radikalanionen zurtick- zufiihren, wobei die letzteren leichter protoniert werden. Auch diese Protonierungs- reaktionen k6nnen dutch TPO inhibiert werden, dadurch entstehen, wie bereits erw/ihnt, pH-unabh/ingige Stufen, die parallel zu den pH-unabhfingigen Stufen, der anderen Triazene verlaufen.

Das vortibergehende Absinken der Stromstfirke im Potentialbereich der Aus- bildung der zweiten Stufe in den Abbildungen 5 und 6 erfolgt offenbar durch die Hem- mung der Protonierungsreaktion durch ein im Zuge des Elektrodenprozesses auf- tretendes Intermedi/irprodukt, wie es z.B. auch im Zuge der Reduktion von p- Dinitrobenzol im mittleren pH-Bereich der Fall ist 13. Wie schon bei den Ergebnissen, Abschnitt 4, interpretiert, kann das inhibierende Reduktionsprodukt durch Gelatine- zusatz weitgehend verdrfingt werden, wobei die Gelatine in geringer Konzentration eine Protonentibertragung begiinstigt, in h6herer Konzentration jedoch die inhibie- rende Wirkung der adsorbierten Gelatine iiberwiegt.

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Der Redukfionsmechanismus stellt sich nach dem bisher gesagten und anhand der Identifizierung der Reduktionsprodukte s wie folgt dar:

INN

IN It

IN

©

INH

INH

+ 20 ~ + 2 H @ H - N - H + H-N~-H

IN-H

l+ H20 IN e

IN'

A + H20 - O H @

INH II + 2 e O

©

+ 2 H20

- 2 O H E)

l e 2e 4e R e d u k t i o n

DANKSAGUNG

Dem Bundesministerium ffir Wirtschaft danken wir ftir zur Verffigung gestellte Forschungsmittel.

Herrn Prof. Dr. R. Pfleger sei gedankt ffir f6rdernde Untersttitzung des einen yon uns (G.K.).

ZUSAMMENFASSUNG

Das polarographische Verhalten yon Diazoaminobenzolen ist hinsichtlich ihrer elektrochemischen Reaktivitfit untersucht worden. Die Messungen erfolgten im neutralen und alkalischen pH-Bereich, da im Saueren eine Spaltung der Verbindungen stattfindet. Die Bestfindigkeitsgrenze wird durch Substitution in p-Stellung beeinflusst. Die Reduktion verlfiuft insgesamt 4-elektronig zu Anilin und Phenylhydrazin bzw. den substituierten Derivaten. Ein Absinken der Grenzstromst/irken im Alkalischen beruht auf der Abdissoziation des Wasserstoffs der NH-Gruppe; die Reduktion des resultierenden Anions erfolgt erst im Bereich der Abscheidung der Pufferkationen. Das Ausmass der Erniedrigung des Grenzstroms, damit auch der Beginn des Ab- sinkens bei pH-Steigerung, ist abhS~ngig vom--spektralphotometrisch bestimmten-- pK der untersuchten substituierten Diazoaminobenzole.

Aus Kurvengestalt, Bereich der Ausbildung yon Doppelstufen, deren pH- Abh~ngigkeit und deren Beeinflussbarkeit durch grenzflfichenaktive Stoffe, werden Aussagen fiber die Protonierungsschritte im Zuge der Reduktion gemacht; diese er-

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weisen sich zum Teil als ausgesprochene Grenzflfichenreaktion. Die Auswirkungen einer parast/indigen Substitution durch Elektronendonatoren und -akzeptoren wer- den untersucht. Aus den experimentellen Ergebnissen wird ein Reduktionsschema fiir den zugfinglichen pH-Bereich abgeleitet.

SUMMARY

The polarographic behaviour of diazoaminobenzenes has been investigated with regard to their electrochemical reactivity. The measurements are made in neutral and alkaline medium as the compounds decompose in acidic medium. Their stability is influenced by substituents in the para position. The reductions are four-electronic and the products are aniline and phenylhydrazine or their substitution products, respec- tively. The diffusion currents are decreased by increasing the pH of the buffer solution. This decrease is due to the dissociation of the NH-group to give the anion which is not reduced at the mercury electrode before the discharge of the buffer cations. The extent of the decrease depends on the pK, measured spec~rophotometrically, of the substituted diazoaminobenzenes investigated.

The nature of the polarograms and the range of formation of double waves depending on pH as well as the influence of surface active substances on these waves reflect the protonation steps during the reduction process, which in some cases are definite surface reactions. The influence of the electron donor and acceptor substitu- ents in the para position is studied. From these results the reduction mechanism has been derived.

LITERATUR

l L. HOLLECK UND G. HOLLECK, Monatsh. Chem., 95 (1964) 990; G. HOLLECK, Diplomarbeit, Univ. Freiburg/Br., 1963.

2 L. HOLLECK, D. JANNAKOUDAKIS UND A. WILDENAU, Electrochim. Acta, 12 (1967) 1523. 3 L. GATTERMANN, Praxis des or 9. Chemikers, Walter de Gruyter, Berlin, 34. Aufl., 1952, S. 263. 4 T. TEORELL UND S. STENHAGEN, Biochem. Z., 229 (1939) 417. 5 L. HOLLnCK UND H. J. EXNER, Z. Elektrochem., 56 (1952) 46. 6 G. HOLLECK UND L. HOLLECK, Naturwiss., 51 (1964) 433. 7 L. HOLLECK UND G. KAZEMIFARD, Z. Naturforsch., 26b (1971) 969. 8 G. KAZEMIFARD, Dissertation, Univ. Erlangen, 1970. 9 H. BEYER, Lehrbuch der or 9. Chemie, Hirzel-Verlag, Leipzig, 10. Aufl., 1963, S. 466.

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