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Regionale Postgeschichte Post in Krumbach und im Landkreis Günzburg Mielschwäbisches Heimatmuseum 86381 Krumbach (Schwaben) Ausstellung 17.9.-23.10.2011

Post in Krumbach und im Landkreis Günzburg ... · 7 W ie kommt ein Mensch wie ich, der nicht gerade als Philatelist ausgewiesen ist dazu, eine Ausstellung zu eröffnen und mit einem

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Regionale PostgeschichtePost in Krumbach und im Landkreis GünzburgMittelschwäbisches Heimatmuseum86381 Krumbach (Schwaben)

Ausstellun

g / 17.9

.-23.10.2011

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ImpressumHerausgeber: Thomas Heitele für das Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach, 2011Leihgeber: Prof. Dr. Ing. e.h. Karl KlingTexte: Dr. Barbara Wolf, Florian Arnold M.A., Thomas Heitele M.A.Fotos, Grafik und Satz: Wolfgang Mennel, Ziemetshausen Georg Drexel, Krumbach (S. 8) Florian L. Arnold, Oberelchingen(S. 10)Druck: Gerd Krautmacher, Thannhausen

heimatmittelschwäbisches

museum krumbach

K U R T U N D F E L I C I T A S V I E R M E T Z S T I F T U N G

A U G S B U R G

3 c V e r s i o n

1 c S c h w a r z V e r s i o n

1 c w e i ß V e r s i o n

Mit freundlicher Unterstützung von:

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Regionale PostgeschichtePost in Krumbach und im Landkreis Günzburg

Begleitschrift zur Ausstellung im Mittelschwäbischen Heimatmuseum Krumbach

17.9.–23.10.2011

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Inhaltsverzeichnis

VorworteSeite 6 .......Erster Bürgermeister Hubert Fischer, Vors. Zweckverband Seite 7 .......Dr. Theo Waigel, Bundesminister a.D.Seite 8 .......Prof. Dr. Ing e.h. Karl Kling

Seite 10 ......... 1 Die Sammlung KlingSeite 12 ......... 2 Von der niederländischen Post der Taxis zur Kaiserlichen Reichspost der Thurn und TaxisSeite 16 ......... 3 Der Übergang zur Königlich Bayerischen StaatspostSeite 18 ......... 3.1 Vormarkenzeit an Beispielen aus der RegionSeite 22 ......... 3.2 Der schwarze EinserSeite 26 ......... 4 Vom Deutsch-Österreichischen Postverein zum WeltpostvereinSeite 28 ......... 5 Die Krumbacher Postchronik von Postamtmann Alois SchneiderSeite 38 ......... 6 Florian L. Arnold: Posthilfsstellen im Altlandkreis Krumbach / PostroutenSeite 44 ......... 7 Florian L. Arnold: BahnpostSeite 48 ......... 8 Barbara Wolf: Das Postamt Krumbach – ein Relikt der Münchener PostbauschuleSeite 55 ......... 9 Feldpost aus drei Kriegen

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Abb. 1:Brief von Krumbach an Georg Reichle in Obergünzburg Obergünzburg, 3 Kreuzer, Briefmarke mit Krumbacher Mühlradstempel 168 und Halbkreisstempel

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Die philatelistisch überaus reichhaltige Sammlung von Prof. Dr. Ing. e.h. Karl Kling, der über Jahrzehnte auf der Suche nach Briefmarken und Ganzsachen mit engem Bezug zur Heimatregion war, ist Grundlage der Ausstellung zur regionalen Postgeschichte im Mittelschwäbischen Heimat-museum.

Anhand dieser Ausstellung zeigt sich einmal mehr die enge Verbindung Herrn Prof. Dr. Ing. eh Karl Klings zum Mittelschwäbischen Heimatmuseum Krumbach, die sich nicht zuletzt schon in der Ausstellung zu regionalen Aspekten des Zwangsarbeiterwesens zwischen 1939 bis 1945 dokumentiert hatte. Anlass war die Entdeckung einer Postkarte, welche die in Krumbach zur Arbeit verpflich-tete Zwangsarbeiterin Olga Schewtschenko am 13.9.1943 an ihre Familie in die Ukraine schrieb, die dort jedoch nie angekommen war. Sie tauchte 1999 im Antiquitätenhandel auf, wo sie von Herrn Prof. Dr. Ing. e.h. Karl Kling entdeckt und erworben werden konnte.

Diese Postkarte und einige weitere Objekte aus der Sammlung Kling sind inzwischen fester Bestandteil der Dauerausstellung des Museums geworden. Im Zuge der Durchsicht der Sammlung Kling reifte der Entschluss, zusätzlich eine Sonderausstellung zur regionalen Postge-schichte vorzubereiten. Die Ausstellung ermöglicht einen Blick auf die Geschichte der Post auf deutschem Boden. Ferner zeigt sie am Beispiel der Krumbacher Post das Funktionieren einer regionalen Postdienststelle mit den

vielen Hilfspoststellen in den umgebenden Gemeinden sowie die Besonderheiten der Bahnpost.

Die Sammlung Kling zeigt ebenso Raritäten wie beispielsweise Briefe von prominenten und bekannten Persönlichkeiten. Von beson-derem Wert für die regionale Postgeschichte ist der sog. „Schwarze Einser“, die erste Briefmarke in Deutschland, die 1849 von der Königlich Bayerischen Staatspost herausgegeben wurde. Das in der Ausstellung gezeigte Exemplar wurde in Krumbach gestem-pelt.

Namens der Stadt Krumbach und als Vorsitzender des Zweckverbandes Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach danke ich Herrn Prof. Dr. Ing. e.h. Karl Kling sehr herzlich für das Öffnen seiner privaten Sammlungen, was diese Sonderausstellung erst ermöglicht hat.

Hubert FischerErster Bürgermeister der Stadt Krumbach (Schwaben) und Vorsitzender des Zweckverbandes Mittelschwäbisches Heimatmuseum

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Wie kommt ein Mensch wie ich, der nicht gerade als Philatelist ausgewiesen ist dazu, eine Ausstellung zu eröffnen und mit einem Grußwort aufzuwarten. Es ist einmal die Freundschaft zu Karl Kling, die nunmehr 50 Jahre währt, ein Zeitraum, der unsere Heimat, Deutschland und Europa entscheidend verändert hat. Als wir uns Mitte der 50er Jahre erstmals begegneten, waren erst 10 Jahre seit dem deutschen Inferno vergangen. Die Vergangenheit bedrückte unser Leben und doch gab es zarte Hoffnungs-strahlen für die Zukunft. Von unseren Träumen, Hoffnun-gen und Erwartungen ist vieles, ja das meiste in Erfüllung gegangen. Ein erfülltes persönliches Leben und ein Paradig-menwechsel des politischen Geschehens, der Deutschland die Einheit, Europa die Einigung und unserem Kontinent einen seit Jahrhunderten nicht erlebten Frieden bescherte. Davon zeugen die Exponate, die Karl Kling dem Heimatmu-seum zur Verfügung stellt. Es gibt die Rückbesinnung auf die Kaiserliche Reichspost der Thurn und Taxis und auf die Königlich Bayerische Staatspost. Daneben spielen natürlich die Krumbacher Post, der Postverein und der Briefwechsel in den Weltkriegen mit Persönlichkeiten eine dominierende Rolle.

Als das Bundespostministerium für Post und Fernmel-dewesen aufgelöst wurde, gelang es mir, die Kompetenz für die Herausgabe von Briefmarken in das Bundesministerium der Finanzen zu verlagern. Dies gab mir die Möglichkeit mit Neuem in Verbindung zu treten. Die Welt der Briefmarken wird angesichts der modernen Kommunikationsmöglich-

keiten des Computers von Emails und SMS zu-rückgehen. Die Ausstel-lung zeugt von unserer Jugend, und wie unsere Vorfahren miteinander kommunizierten. Mich hat es besonders berührt, für die überzeugten Demokraten Josef Felder und Andreas Hermes eine Sonderbriefmarke herausgeben zu können. Auch die Sonderbrief-marke zum Jubiläum des Dominikus Ringeisen Werkes bleibt mir in steter Erin-nerung. Ich habe großen Respekt vor den fachkundigen Philatelisten, zu denen ich Karl Kling zähle. Es ist bemer-kenswert, dass das Krumbacher Heimatmuseum diesem Sektor unserer Heimat- und Weltgeschichte eine bleibende Aufmerksamkeit schenkt.

Dr. h.c. Theo WaigelBundesminister a.D.München, 29. Juli 2011

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Die Sammlung in Jahrzehnten von Briefen, Briefmarken und Postkarten aus meiner Heimatstadt Krumbach und dem Landkreis Günzburg sind wertvolle Dokumente der Zeitgeschichte. Briefe und Briefmarken erzählen stumm gewordene Geschichten von Generationen aus zwei Jahr-hunderten. Aus erfolgreichen, wie traurigen Zeiten. Sie sind Raritäten der Philatelie und einer Postgeschichte mit Kutschen, Pferden, Briefträgern, Poststellen, Posthilfsstel-len und Postillions, die Tag für Tag Nachrichten in jedes Haus überbrachten. Sie sind spannende Fingerabdrücke wechselvoller Geschichten im Auf und Ab der Lebenslinien. Familien: Namenlos und mit Namen, Kriege, Vertreibung, Königreiche und Diktaturen, Inflation und Wiederaufbau, Vertreibung unserer jüdischen Mitbürger, Zeugnisse des Wiederaufbaues nach Kriegen. Da ist Post mit Prominenten unseres Landes, selten gewordene Briefe vom Export des Rohstoffes Geist aus Krumbach in viele Länder des Nahen Ostens, nach Afrika und von dort zurück.

Bewegend ist die Vielzahl der gesammelten Feldpost-briefe mit den Schicksalen dreier Kriege, 1871, 1914-1918, 1939-1945. Briefe, nicht zuletzt meines Vaters und meiner Onkel Hans und Konrad aus zwei Weltkriegen. Dies, mit so vielen Briefen aus dem Freundeskreis, aus denen Tapferkeit, Leid, Schmerz und Heimsuchung einer verlorenen Generati-on, einer betrogenen Jugend sich verbirgt.

Und da sind die Zeugnisse der Markgrafschaft Burgau, mit einer Vielfalt von Korrespondenzen von Land- und Amts-gerichten, der Kirchen, der Verwaltungen zu allen Zeiten

seit 1816 und früher. Alles wertvollste, wohl einmalige Dokumente der Vormar-kenzeit, die Namen und Zeitzeugnisse enthalten, für immer unvergängliche Uni-kate der Postgeschichte.

Dem Mittelschwäbischen Heimatmuseum und seinem Leiter Thomas Heitele M.A. sage ich aufrichtigen Dank für eine vielmonatige, müh-same und vorbildliche Vor-, Zu- und Mitarbeit zum Ge-lingen der Ausstellung. Dank sage ich Florian Arnold M.A., Dr. Barbara Wolf und Wolfgang Mennel für ihre engagierte und vertrauensvolle Mitarbeit.

Ich danke den Vorsitzenden unseres Mittelschwäbischen Heimatmuseums, unserem Ersten Bürgermeister Hubert Fischer und unserem Landrat Hubert Hafner.

Dank gilt es zu sagen der Sparkasse Günzburg-Krumbach und der „Kurt und Felicitas Viermetz Stiftung“ in Augsburg für die Förderung der Ausstellung und der Begleitschrift.

Dank soll gesagt sein vor allem, dem Laudator und ehe-maligen Bundesminister der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Dr. Dr. h.c. Theo Waigel, einer Persön-lichkeit mit seltener Treue zu unserem Heimatlandkreis, seinen Menschen, seiner bewegten Lebensgeschichte.

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Vielen Familien und Einzelpersönlichkeiten der Stadt Krumbach und aus dem Landkreis danke ich für Hingabe und Überlassung von Poststücken an meine Sammlung und an die Ausstellung durch Leihgaben, die wesentlich das Mu-seumsgeschehen bereichern.

Mögen die Schicksale und Erlebnisse die hinter jedem Brief, jeder Briefmarke, jeder Postkarte sichtbar sind, Anlass sein, Licht ins Dunkel der Heimatgeschichte zu bringen und so Vielen, die der Ausstellung ihre Aufmerksamkeit schen-ken, Besinnung sein, um aus dem Erlebten der Vorfahren für das Heute zu lernen.

Wo Heimat, Vergangenheit und Geschichte in Verges-senheit gerät und dem Papierkorb eines blind gewordenen Alltags anheim gegeben wird, wird eine Gesellschaft hei-mat- geschichts- und gesichtslos. Mögen sich Alle, die unser Mittelschwäbisches Heimatmuseum und die dargestellte Postgeschichte sehen, Freude und Nachdenklichkeit empfin-den als Beitrag für jene, die uns voraus gegangen sind durch Weg und Zeit.

Prof. Dr. Ing. e.h. Dipl.-Ing. Karl Kling

Abb. 3:Postkarte von Familie Theo Waigel aus Tibet vom Potalapalast, Lhasa an Christl und Karl Kling, dat. 20.6.2011

Abb. 2:Urlaubsgruß von Irene Epple-Waigel und Theo Waigel an Karl Kling

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Prof. Dr. Ing. e.h. Karl Kling sammelt seit Jahrzehnten schwerpunktmäßig Briefmarken und Ganzsachen aus seiner Heimatregion, wobei der Hauptaugenmerk auf Krumbach und den Bereich des Landkreises GZ liegt. Die Sammlung umfasst den Zeitraum der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-derts, der sog. Vormarkenzeit mit verschiedensten Stempeln und Kennzeichnungen, die in der Region benutzt wurden bis in die jüngste Vergangenheit. Das wertvollste Einzel-stück, der aus der ersten Serie ab 1. Nov. 1849 stammende Schwarze Einser mit geschlossenem Mühlradstempel wur-de in Krumbach gestempelt. Ein sehr seltenes Exemplar, das zukünftig in der Dauerausstellung des Mittelschwäbischen

Heimatmuseum zu sehen sein wird. Die Sammlung umfasst inzwischen komplette Serien der Briefmarken der Königlich Bayerischen Staatspost bis zur Post des Deutschen Reiches wobei die meisten Briefmarken zusätzlich auf Ganzsachen vorhanden sind, die in der Region gestempelt wurden. Eine Besonderheit sind die Stempel der zahlreichen Posthilfsstel-len besonders des Krumbacher Postamtes und aus dem wei-teren Landkreis Günzburg von denen einige ebenfalls dem Museum als Leihgaben zur Verfügung stehen und in der Dauerausstellung gezeigt werden.Die Sammlung wurde einerseits aus Spezialauktionen Stück für Stück zusammengetragen, stammt teilweise aus der Fa-milie Karl Klings oder seiner Frau Christel Kling, geb. Mun-ding. Oftmals fragte Karl Kling auch direkt bei Personen in seinem Freundes- und Bekanntenkreis an, um fehlende, seine Sammlung ergänzende Stücke zu erhalten. Viele der Briefe aus der jüngeren Vergangenheit stammen aus dem persönlichen Briefwechsel von Karl Kling mit prominenten Persönlichkeiten besonders aus der Politik. Nur mit viel Konsequenz, einem steten Beobachten des An-gebotes auf dem Markt, vielen Besuchen auf Flohmärkten oder im Fachhandel und einem enormen Zeitaufwand, war es möglich, eine so umfangreiche, systematische und hei-matbezogene Spezialsammlung zusammen zu stellen.Karl Kling berichtet, dass er sich zumeist nur in der wenigen zur Verfügung stehenden Freizeit spät am Abend und nachts mit der Sammlung beschäftigen konnte. Eine für ihn wichti-ge Beschäftigung zum Abschluss langer Arbeitstage, um auf andere Gedanken zu kommen, wie er es selbst formulierte.

1 Die Sammlung Kling

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Abb. 4:Brief von Franz Fink aus Krumbach an Herrn Sparkassendirektor Fritz Jenuwein in Krumbach Stempel Krumbach 23.6.1943 mit auffallender Frankatur mit 16 5 Pfennig-Briefmarken

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Die aus der Lombardei stammende Familie der Taxis unter-hielt quer durch Deutschland Postverbindungen: von den Niederlanden bis Österreich und von Frankreich bis Sach-sen. In späteren Familiensitzen in Brüssel, Frankfurt a. M. und Regensburg hatte die Familie wichtige Standorte in-nerhalb des Reiches eingenommen, um diese Postlinien zu betreiben. Geschickte Verhandlungen mit dem Kaiserhaus, den Landesherrn und den Ständen sicherten den Fortbe-stand der Familienunternehmung.

Im Jahr 1477 heiratete Maximilian (1459-1515), der Sohn Kaiser Friedrichs III. Maria, die Tochter Karls des Kühnen von Burgund und sicherte damit sich und seiner Familie das Erbe der burgundischen Besitzungen. Das erforderte gute Botenverbindungen mit Brüssel, weshalb er Franz von Ta-xis beauftragte, diese Postverbindung aufzubauen. Die ers-ten Verbindungen verliefen in der Folge von Brüssel nach Wien über Lüttich und Trier, durch das Hochstift Speyer, wo der Rhein überquert wurde, dann durch Württemberg und Schwaben und über Augsburg nach Innsbruck. Franz von Taxis wurde auch vom Sohn Maximilians und Marias, Philipp I., dem Erben Burgunds nach dem Tod Marias im Jahr 1482, in seiner Funktion bestätigt. Im Jahr 1505 ver-pflichtete sich Franz von Taxis die Postlinie zwischen den

Niederlanden und dem Hof Maximilians I. gegen Entschädi-gungszahlungen zu betreiben. Brüssel war Zentrum der sog. „Niederländischen Post“.

Zum Ende des 16. Jahrhunderts vollzieht sich schließlich der Übergang von der Niederländischen Post auf die Kaiserliche Reichspost, mit dem stetigen Ausbau der Postverbindungen. Erstmals wird diese in einer Urkunde Kaiser Ferdinands I. für Seraphin von Taxis d. J. vom 10. Juli 1559 erwähnt. Eine weitere Erwähnung findet die Reichspost in einer Urkun-denabschrift aus dem Jahr 1585 über die Ernennung des La-moral von Taxis zum Generalpostmeister des heiligen Rö-mischen Reiches. Genauer fassbar wird die Reichspost mit der Verleihung des Reichspostgeneralats an Leonhard von Taxis im Jahr 1596 durch Kaiser Rudolf II. Mit dem Unter-gang des Altes Reiches und der Gründung des Rheinbundes mit souveränen Landesfürsten, die das Postrecht als Landes-recht selbst ausübten, endete die Kaiserliche Reichspost der Thurn und Taxis im Jahr 1806.

Lit: Archiv für deutsche Postgeschichte Bd. 2/1974

2 Von der Niederländischen Post der Taxis bis zur Kaiserlichen Reichspost der Thurn und Taxis

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Abb. 5:Brief von Eduard Oswald MdB, dem heutigen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestags, aus Berlin an Karl Kling, Krumbach

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Abb. 6:Dienstpost vom Amtsanwalt bei dem K. Bayer. Amtsgerichte Kempten nach Türkheim, mit auffallender Frankatur mit Dienstmarken: 20 zu 2 Pfennig und 10 zu 1 Pfennig, 18. Jan.1920

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Abb. 7:Dienstpost vom Königlichen Bezirksamt Wertingen an die Gemeindeverwaltung, Willenbach, Marke zu drei Kreuzer mit Vermerk „Vom Empfänger zahlbar“

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Durch die Auflösung des Alten Reiches verloren die Thurn und Taxis auch ihre ausgedehnten Postrechte. Viele Lan-desfürsten nahmen die Postrechte für sich in Anspruch. In Bayern existierten durch die Zugewinne von Territorien im ehemaligen Vorderösterreichischen Gebiet und durch Tirol drei verschiedene Postverwaltungen. In einem Vertrag im Jahr 1806, der dem Fürsten von Thurn und Taxis für 10 Jahre das Amt des Königlich Bayerischen Postmeisters in Form ei-nes Thronlehens sicherte, wurden diese festgelegt.• Die „Königlich Bayerische Postverwaltung“ für die Postanstalten der ehemaligen Vorderösterreicheischen Pachtstationen• das„TirolerPostgeneralat“fürdasPostweseninTirolmit Sitz in Innsbruck• und die „Fürstlich Thurn und Taxissche Lehenspost“ für ehemalige Reichspostanstalten im altbayerischen GebietDer Vertrag von 1806 hielt nicht lange. Schon 1808 ereichte König Max IV. Joseph in Unterverhandlungen mit Fürst Carl Alexander von Thurn und Taxis die Auflösung des Vertra-ges. Am 1. März 1808 übernahm der Bayerische Staat das gesamte Postwesen für das Gebiet des damaligen bayeri-schen Staatsgebietes. Bei den Taxis verblieb der Postverkehr

zwischen Bayern und Frankreich unter finanzieller Beteili-gung des Königreiches. Selbst als nach 1810 verschiedene Gebiete abgetreten werden mussten oder neue Bereiche dem Königreich Bayern zugeordnet wurden, blieb die 1808 vereinheitlichte Königlich Bayerische Staatspost bestehen. Entsprechend der politischen Einteilung des Königreichs Bayern in 8 Regierungsbezirke wurden ab 1851 insgesamt 8 Oberpostämter eingerichtet, denen 489 Postanstalten un-terstanden. Die Königlich Bayerische Staatspost bestand in dieser Form bis zur Auflösung des deutschen Kaiserreiches nach dem Ersten Weltkrieg.

Lit.Archiv für Deutsche Postgeschichte, Bde. 2/1974 und 2/1972Johann Brunner, das Postwesen in Bayern, München 1900

3 Der Übergang zur Königlich Bayerischen Staatspost

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Abb. 8:Brief von Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments Brüssel an Karl Kling

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Der Begriff „Vorphilatelie“ ist mittlerweile in der philatelisti-schen Forschung nicht mehr üblich, weil Philatelie eigentlich die Freimachung von Postsachen bedeutet. Es geht also um die Kennzeichnung, dass ein Brief vom Postbeförderer ange-nommen wurde und die entsprechende Gebühr entrichtet wurde. Genau das geschieht mit den ab 1849 in Deutsch-land schnell in Gebrauch genommenen Briefmarken. Wenn heute von der Zeit der „Vorphilatelie“ gesprochen wird, ist die Zeit gemeint, als es noch keine Briefmarken gab und die Briefe mit handschriftlichen Vermerken und besonders mit unterschiedlichen Stempeln versehen von der Annahmestel-le zum Adressaten gebracht wurden.

Einige Beispiele in der Ausstellung tragen den sog. „Fin-gerhutstempel“ aus Burgau, Außerdem sind Briefe aus der Zeit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vertreten, die den Krumbacher Einzeilenstempel oder verschiedene Halb-kreisstempel tragen. Der Zeitpunkt der Wende von der Vor-markenzeit zur Briefmarkenzeit ist von Land zu Land, von Region zu Region unterschiedlich, weshalb kein allgemein-gültiges Datum für den Ablauf der Vormarkenzeit angege-ben werden kann, Dieses Datum hängt von der jeweiligen Einführung der Briefmarken ab.

Aus diesem Grund ist der bei Heimatforschern oftmals noch verwendete Begriff „Vorphilatelie“ inzwischen durch den Begriff „Altbriefkunde“ oder „Vormarkenzeit“ ersetzt wor-den. Inzwischen sind solche Beispiele aus der Zeit vor der Verwendung von Briefmarken zu begehrten Sammlungsstü-cken geworden, die viele Ausstellungen zur Postgeschichte ergänzen.

Im Königreich Bayern endet die Vormarkenzeit mit der Ausgabe der ersten Briefmarken auf deutschem Boden am 1.11.1849.

3.1 Vormarkenzeit an Beispielen aus der Region

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Abb. 10: Brief der Vormarkenzeit vom Königl. Landgericht Krumbach an die „königl. Lands=Militair Commis-sion“ in München, Halbkreisstempel Krumbach

Abb. 9:Brief aus der Vormarkenzeit mit Einzeilenstempel Krumbach nach Nürnberg

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Abb. 11:Brief der Vormarkenzeit an „Mademoiselle la Baronne Emma de Gouttemberg inThurnstein. Gestempelt in Burgau mit Fingerhutstempel, sog. Damenbrief

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Abb. 13:Brief der Vormarkenzeit an das königl. Landgericht Roggenburg mit Einzeilenstempel rot Günzburg

Abb. 12:Brief der Vormarkenzeit aus Burgau an das „hochwürdigste bischöfliche Ordinariat Augsburg“, Einzeilenstempel rot, Burgau

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Der Schwarze Einser ist die erste Briefmarke in Deutsch-land gewesen. Sie wurde in Bayern am 1. November 1849 ausgegeben. Bisher ist keine gestempelte Marke vom Aus-gabedatum bekannt, da der 1. November ein Feiertrag war und nur wenige große Postämter geöffnet waren. Die Kö-niglich Bayerische Post folgte damit dem englischen Vorläu-fer „One Penny Black“, mit dem Portrait der Jungen Königin Victoria in Profilansicht, die seit 1840 verwendet wurde. Ih-ren Namen erhielt die erste deutsche Briefmarke aufgrund der schwarzen Wertziffer und des schwarzen Drucks. Der Rand war nicht gezähnt, sondern gerade geschnitten. Der Wert entsprach dem Preis für die Zustellung innerhalb eines Ortes. Gleichzeitig mit dem Schwarzen Einser wurden die blaue 3-Kreuzer-Marke und die braune 6-Kreuzer-Marke ausgegeben. Später wurde die Serie mit Marken im Wert von 9-Kreuzer in Grün, 12-Kreuzer in Rot und 18-Kreu-zer in Orange ergänzt. Im Zuge eines Abkommens im Rah-men des Deutsch-Österreichischen Postvereins, das gleiche Druckfarben für gleiche Wertstufen vereinbarte, wurden die Farben der Markenserie nochmals verändert. Der frühere Schwarze Einser wurde von da an in gelber Farbe gedruckt.

Für den Schwarzen Einser sind zwei Druckplatten bekannt, wobei die erste einen etwas unklaren Druck ergab. Erst die zweite Platte brachte im Ergebnis einen klareren Druck. Als

Sicherheit zur Erkennung im Zweifelsfall wurden im ver-schnörkelten Hintergrund der Wertziffer die Initialen „PH“ des Kupferstechers Johann Peter Haseney (geb.1812 in Meh-lis, gest. 1869 in München) versteckt, der die Briefmarke entworfen hatte. Außerdem findet sich hier auch der Name der Druckerei Weiss verborgen. Trotz der hohen Auflage

3.2 Der „Schwarze Einser“

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S. 22, Abb. 14:Schwarzer Einser, 1. Serie mit geschlossenem Mühlradstem-pel 168 (Krumbach), 1849/1850

oben Abb. 15:Brief aus Ichenhausen an Herrn Gunz und Söhne Eisenhändler Fischach mit 1 Kreuzer Marke gelb, entwertet mit Halbkreisstempel Ichenhausen, ab Juli 1850

unten Abb. 16: Brief aus Pless (Pleß) an das königlich bayerische Landge-richt Babenhausen. 3 Marken zu einem Kreuzer in rosa mit geschlossenem Mühlradstempel, entwertet, nach 1850

von 832.500 Stück (Platte 1: 472.500, Platte 2: 360.000) gehört der Schwarze Einser zu den be-gehrten Sammlerstücken. Schwarze Einser mit Krumbacher Stempel sind sehr selten.Die Farbe des Schwarzen Einser bewährte sich nicht, weil die darauf gesetzten Stempel eben-falls schwarz und deshalb schwer zu erkennen waren. Deshalb wurde der Schwarze Einser durch eine rosafarbene Marke ersetzt. Sie wur-de bald nicht mehr verkauft, blieb aber bis 1864 frankaturgültig.

Lit.:Helbig/Vogel: Schwarzer Einser. Zum 150jährigen Jubiläum, Verlag: Schwaneberger 1999

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Abb. 17:Brief vom Königl. Bayerischen Notariat München VI. an Albert Wiedemann (Ökonomierat) in Krumbach, 2 Briefmarken zu 10 Pfennig, Dauerausgabe Staatswappen auf Ornament, Ausgabe 1.1.1876, gestempelt Dez. 1903

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Abb. 18:Briefumschlag von Landesökonomierat Anton Munding in Krumbach (Hürben) an Thea Glasmann in Jachenau bei Bad Tölz, Briefmarke 10 Pfennig, Dauerausgabe der Deutsche Bundespost, Bundespräsident Dr. Theodor Heuss, Ausgabe 31.1.1954

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Die politischen Verhältnisse in Mitteleuropa erschwerten den nationalen und internationalen Postverkehr. Allein im deutschen und österreichischen Gebiet existierten mit der Preußischen Post, der Österreichischen Post und der Post der Thurn und Taxis drei große Postorganisationen. Dazu kamen viele kleine Postgebiete in denen Landesposten be-standen. Nach 1806 ging die Posthoheit an die 39 Einzel-staaten des Rheinbundes über. Zeitweise gab es 31 eigene Postverwaltungen auf deutschem Boden, die dem Landes-herrn natürlich auch einiges Einkommen sichern sollten. Österreich selbst beharrte auf die eigene Posthoheit, nutz-te doch Staatskanzler Fürst Metternich diese zur geheimen Briefüberwachung als wertvolle Informationsquelle für sei-ne Politik.Österreich litt aber auch unter wirtschaftlichen Nachteilen, infolge der fehlenden Mitgliedschaft im Deutschen Zollver-ein der 1834 gegründet worden war. Metternich versuchte deshalb mit einzelnen deutschen Staaten Postverträge abzu-schließen. Bis 1850 waren viele einzelne Postverträge zustan-de gekommen. Der preußische Generalpostmeister Karl von Nagler organisierte schließlich den Zusammenschluss der deutschen Staaten mit Österreich in einem gemeinsamen Postverein. Der Deutsch-Österreichische Postverein wurde am 6. April 1850 mit Wirkung zum 1. Juli 1850 gegründet.

Bayern trat diesem neu gegründeten Postverein sofort bei. Hauptzweck war die Vereinheitlichung der Gebühren für alle Brief und Fahrpostsendungen der zum Vereinsgebiet gehörenden Postverwaltungen und dem Ausland. Es konn-ten die schnellsten Wege im gesamten Gebiet des Vereins benutzt werden, dafür fielen entfernungsabhängige Tran-sitgebühren an. Jeder am Verein beteiligte Staat behielt die Einnahmen für sich, bestritt aber davon die Transitgebühren für die Sendungen, die in andere Postgebiete transportiert werden mussten. Nach der letzten Konferenz des Deutschen Postvereins vom 13. November 1865 bis 2. März 1866 wurde der Verein aufgelöst.Auf Anregung des deutschen Generalpostdirektors Hein-rich von Stephan wurde in Bern am 9. Oktober 1874 der Allgemeine Postverein gegründet dem sich zur Gründung bereits Ägypten, Belgien, Dänemark, Deutschland, Grie-chenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Ös-terreich, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Schweiz, Serbien, Spanien, Türkei, Ungarn, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika anschlossen. 1878 wurde aus dem Allgemeinen Postverein unter Beitritt wei-terer Staaten der Weltpostverein, der den Mitgliedern ein nahezu angeglichenes Portosystem und die Anerkennung der Transitfreiheit abverlangte. In den folgenden Jahren ergänzten weitere Abkommen die Regelungen im interna-tionalen Postverkehr. 1947 wurde der Weltpostverein zur Sonderorganisation der Vereinten Nationen erhoben. Der Sitz ist Bern. Inzwischen gehören 191 Nationen dem Welt-postverein an.Lit.: Archiv für deutsche Postgeschichte 1/1979 Archiv für deutsche Postgeschichte 1/1970

4 Vom Deutsch-Österreichischen Postverein zum Weltpostverein

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Abb. 19:Postkarte des Weltpostvereins aus Falkenstein nach St. Petersburg, mit Beistempel Roding. 28.Mai 1896

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Wie sich der Postverkehr in den Zeiten der vorderösterrei-chischen Herrschaft abgewickelt hat, ist nicht festzustellen. Die ältesten Belege über das Postwesen in Krumbach stam-men aus der Zeit der Besitzergreifung durch das Land Bay-ern.Im Juli 1812 wurde der Bürger und Anwesenbesitzer Mi-chael Bolkart (heute: „Cocktailbar P1“, Marktplatz 18) zum königlichen Postexpeditor und Ralaisposthalter bestellt. Bolkart ist am 8. Januar 1828 gestorben. Nach Bolkart gin-gen die Postgeschäfte über auf Martin Gassner, Gasthof „Zur Post“, Poststraße 7 (heute: Franz-Aletsee-Straße), vom Jahr 1828 bis 1850 (gestorben am 23. Juli 1850) Die Postgeschäf-te wurden dann von seiner Witwe Viktoria Gassner bis zum 31.8.1850 weitergeführt.Ihr Nachfolger war der Sohn Bernhard Gassner vom 1.7.1851 bis 23.12.1860. Gassner war in seiner Jugend eine für die da-maligen Zeiten politisch etwas anrüchige Persönlichkeit. Er starb am 23.12.1860 in der Heil- und Pflegeanstalt Irsee. Nach seinem Tod führte die Witwe Johanna Gassner Postex-pediton und Poststall weiter bis zum 1.12.1861.Am 1.12.1861 übernahm der Kaufmann Franz Josef Eins-le den käuflich erworbenen Gasthof „Zur Post“ und wurde zum Postexpeditor und Posthalter bestellt. Es bestanden Postverbindungen nach Babenhausen, Burgau, Ichenhau-

sen, Illertissen, Mindelheim, Kirchheim, Dinkelscherben und Weißenhorn. Im Jahre 1871 wurde eine Vereinstelegra-phenstation mit beschränktem Tagesdienst eingerichtet.Einsle war auch noch Hopfenhändler. Es wurden damals viele Klagen laut, dass Einsle aus dem Telegraphenverkehr für seine Geschäfte Nutzen ziehe. Es wurde gefordert, Einsle den Postdienst abzunehmen. Besonders die Hürbener Juden kämpften stark gegen ihn an und forderten in verschiede-nen Eingaben die Errichtung einer eigenen Postexpedition in Hürben.Nach mehrjährigen Streitigkeiten erfolgte am 1.7.1875 die endgültige Trennung, zwischen Postexpedition und Post-stall. Josef Einsle behielt den Poststall. Zum Vorstand der Post wurde der statusmäßige Postexpeditor Friedrich Philipp aus Kempten bestellt. Zugleich wurden die Posträume in das der Gemeinde gehörige Anwesen in den Hohenraunauer Gasse (jetzige Mindelheimer Straße 14) verlegt. Gleichzei-tig kam ein zweiter Telegraphenapparat zur Aufstellung. Nunmehr waren zwei Telegraphenleitungen vorhanden. Die eine ging von Augsburg über Dinkelscherben, Thannhau-sen, Krumbach, Mindelheim nach Memmingen; die andere von Augsburg über Fischach, Krumbach, Weißenhorn nach Ulm. Neben dem Vorstand waren noch ein Postgehilfe und zwei Postboten beschäftigt.Im Jahr 1881 ging der Poststall auf den Sohn des Posthalters Max Einsle über.Im Jahr 1882 wurde der Gemeindeverwaltung die Anbrin-gung einer eisernen Briefkastens am Rathaus genehmigt. Der Holzbriefkasten in der Durchfahrt des Gasthofes „Zur Post“ (dem früheren Postlokal) wurde trotzdem belassen. Bis

5 Chronik der Krumbacher Post von Postamtmann Alois Schneider

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zum Jahr 1883 waren 4 Postboten mit folgenden Zustellgän-gen angestellt:1. Krumbach, Hürben, Niederraunau, Aletshausen, Winzer, Hasberg, Haupeltshofen, Weiler, Waltenhausen, Hairen-buch, Hohenraunau, und zurück (5700 Seelen).2. Edenhausen, Attenhausen, Edelstetten, Langenhaslach, Nueburg (Kammel), Halbertshofen, Hirschfelden, Billen-hausen und zurück (2800 Seelen).3. Nattenhausen, Breitenthal, Tafertshofen, Zaiertshofen, Seifertshofen, Ebershausen und zurück (1900 Seelen).4. Unterbleichen, Höselhurst, Unterwiesenbach, Oberwie-senbach, Oberegg, Oberbleichen, Nordhofen, Deisenhausen und zurück (1800 Seelen)Im Ganzen hatte der Zustellbereich 12 200 Seelen.Im Jahre 1883 wurde die Postexpedition Neuburg (Kammel) eingerichtet.Im Jahre 1883 war der Personalstand 2 Postgehilfen und 6  Postboten.1888: Das Postamt umfasst 3 Hilfsarbeiter und 1 Adjunkren und AspirantenAm 1.6.1890 wurde die Postexpedition Aletshausen errichtet.Im Jahre 1891 wurde bei der Postexpedition Neuburg (Kam-mel) eine Telegraphenstation eingerichtet.Am 1. Oktober 1892 wurde die Lokalbahn Günzburg – Krumbach eröffnet. Wegfall der Omnibusverbindungen nach Ichenhausen und Jettingen.Am 21.10.1892 erhält das Postamt die nähere Bezeichnung „Krumbach (Schwaben)“

17.12.1894: Eröffnung der Staatsbahn Dinkelscherben – Thannhausen.Im Juni 1895 wird Krumbach zur Stadt erhoben.Im benachbarten Krumbad wird eine Postablage eingerichtet.10.12.1898: Einführung der Paketzustellfahrten im Ort.15.8.1900: Errichtung einer Zweigdienststelle in Hürben.Am 25. November 1901 wird eine Telephonanlage dem all-gemeinen Verkehr übergeben. Angeschlossen wurden 11 Teilnehmer.1902 erfolgte die Vereinigung der Gemeinde Hürben mit der Stadt Krumbach.1904 wird Postoberexpeditor Karl Hagen aus Nürnberg zum Vorstand des PA bestellt. Postoberexpeditor Phillip wird wegen Altersüberschreitung in den dauernden Ruhestand versetzt.Im Jahre 1905 hat das PA 5 Manipulanten.Vom 1. Juli 1905 ab wird das k. Postamt aus dem seitherigen Lokal in der Mindelheimer Straße in die neuen Postdienst-räume (Bankhaus J. Weiskopf) an der Augsburger Straße (jetzt Karl-Mantel-Straße ) verlegt. Die Schalterstunden sind wie bisher auf 8-12 Uhr Vormittag, 2-7 Nachmittag: an den Werktagen und auf 10 Uhr Vorm. bis 1 Uhr Nachm. an den Sonn- und postdienstlichen Feiertagen festgesetzt. Die Tele-phonumschaltestelle ist in Betrieb von 7 Uhr vormittags bis 9 Uhr abends an Werktagen und von 8-12 Uhr vorm. und von 2-7 Uhr nachmittags an den Sonn- und Feiertagen.1908 wird Triebendacher Georg zum Postvorstand ernannt; bisheriger Vorstand nach Nürnberg versetzt.

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15.7.1909: Eröffnung der Lokalbahn Mindelheim – Kirch-heim.16.12.1910: Eröffnung der Lokalbahn Krumbach - Mindel-heim.1910 starb der Posthalter Max Einsle. Seine Witwe Creszenz Einsle führte den Poststall bis 1912 weiter.20.1.1916: übernahm das Bürgerliche Bräuhaus Memmin-gen den Poststall und bestellte den Pächter des Hotels „Zur Post“, Konrad Vogt, zum Posthalter. Am 1.8.1916 übernahm Oberpostmeister Wilhelm Schaumann die Leitung des Post-amtes. Der bisherige Vorstand Triebenbacher wird auf An-suchen nach Augsburg versetzt.Im Dezember 1917 Wegfall der Omnibusse Babenhausen – Krumbach.1.4.1922: Wegfall der Pferdepost Krumbach – Thannhausen.Am 1.9.1922 übernahm Ökonomierat Anton Munding (Brauerei zu Adler) den Poststall. (Muß 1922 heißen, von der Post bei Erstellung falsche Einsetzung).Am 12.1.1925 wurde der Kaufman und Gutsbesitzer Micha-el Wiedemann zum Posthalter bestellt. Er starb im Juni 1931.Die Witwe Viktoria Wiedemann führte den Poststall weiter.Am 1.12.1933 wird Oberpostmeister Johann Trey zum Vor-steher des Postamts mit dem Titel Oberpostmeister bestellt. Oberpostmeister Schaumann zum Postamtmann befördert und an das Postamt Immenstadt versetzt. Im Jahre 1932 wird gegenüber den Bahnhof ein neues Post-gebäude errichtet.Im September 1932 wird das neue Dienstgebäude bezogen.

21.7.1936: Erstes Ferngespräch nach New-York (Gebühr 67 RM)1.10.1936: Errichtung der Landkraftpostlinie mit dem Leit-postamt Krumbach.Krumbach PA – Krumbad – Edenhausen – Attenhausen (Fußbote ab Edenhausen) – Ursberg – Oberrohr – Edelstet-ten – Langenhaslach – Neuburg (Kammel) – Wattenweiler - Höselhurst – Unterwiesenbach – (Fußbote ab Höselhurst) - Unterbleichen – Nordhofen – Deisenhausen – Breitenthal – Nattenhausen – Seifertshofen – Ebershausen – Zaiertshofen – Mohrenhausen – Kettershausen – und zurück Krumbach PA. Gleichzeitig wurden die Postagenturen Breitenthal, Edelstet-ten und Langenhaslach in Poststellen II umgewandelt.Für die Kraftpostlinie wird dem Postamt ein Kraftwagen zu-geteilt.1.3.1937: Errichtung einer Entstörungsstelle für die Fernäm-ter Krumbach, Loppenhausen und Roggenburg.1.4.1937: Umwandlung der Postagentur Billenhausen in eine an der Bahn gelegene Poststelle II.1.6.1938: Erweiterung der Landkraftpost von Ebershausen nach Hairenbuch, Waltenhausen, Haupeltshofen, Aletshau-sen, Niederraunau.1.10.1938: Aufhebung der Bahnpostkurse zwischen Krum-bach und Mindelheim. Einbeziehung der Orte Unterwiesen-bach, Oberwiesenbach, und Oberegg in die Landkraftpost-linie ab 1.4.1939.Kriegsjahre 1939 -1945:Die seit 1.10.1936 bestehende 2. Fahrt der Landkraftpost-linie wurde 1939 aufgehoben.

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Abb. 20:Postkarte aus Karlsbad (Hotel Pupp) an Eugenia Pauscher in Jägerndorf „oesterr. Schlesien“, dat. 18.4.1914

Abb. 21:Dankpostkarte der Ursberger Oberin Angelina Martin an Karolina Oppenrieder in Ichenhausen, Briefmarke 3 Pfennig, Deutsches Reich, Johann Wolfgang v. Goethe aus Serie „Köpfe berühmter Deutscher“ Ausgabe 1.8.1927, gestempelt in Ursberg 5.12.1927

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Wegen Kraftstoffmangel wurde die Ldkp-Linie vom 1.6.1942 bis 1.7.1943 viermal wöchentlich, vom 12.7.1943 bis 31.12.1943 werktäglich und vom 1.1.1944 bis 31.7.1944 viermal wöchentlich befahren. Die Fahrten wurden am 1.8.1944 völlig eingestellt. Zur Postbeförderung zu und von den Amststellen wurden zwei Pferdepostverbindungen ein-gerichtet. Posthalter Wiedemann stellte zwei Fahrzeuge und vier Pferde zur Verfügung.Am 3. März 1944 ist der Vorstand das PA, OPM Johann Trey gestorben. Am 1. Juli 1944 wurde OPM Resch von Landshut zum Vor-stand des PA bestellt. Im September 1944 wurde OPM Resch auf Ansuchen wie-der nach Landshut zurückversetzt. Mit der stellvertretenden Leitung des PA wurde PI Alois Schneider beauftragt.Vom 26. auf 27. April 1945 erfolgt die Besetzung der Stadt durch feindliche Truppen (Amerikaner). Nach dem Ein-marsch der feindlichen Truppen wurde das Postamt von einer Transporteinheit, bestehend aus 60 Negern besetzt. Die Postangehörigen durften das Amt nicht mehr betre-ten. Anfang Juli 1945 wurde das PA freigegeben. Nach er-folgten Aufräumungsarbeiten konnte der Dienstbetrieb in beschränktem Umfang nach und nach wieder in Gang ge-bracht werden. Am 1.12.1946 wurde OPI Alfred Prazan, Heimatvertriebe-ner, beim PA eingestellt und etwas später zum Vorstand be-stellt. Aufzeichnungen hierüber sind nicht vorhanden. OPM Prazan wurde am 15.01.1949 als AV an das PA Aichach versetzt. Mit der stellvertretenden Leitung des PA wurde der

Postgeselle (PI) Alois Schneider beauftragt.Beim Krumbacher Heimattag an Pfingsten 1949 hat das Postamt zur Verschönerung des Festzuges eine Postkutsche mit einem Posthornbläser gestellt. Für die Landwirtschafts- und Gewerbeausstellung im Oktober 1949 wurde ein eige-ner Werbestempel benützt. Am 13 Juli 1951 wurde beim Postamt die erweiterte Fernsprechvermittlung in Betrieb genommen.Der mit der stellvertretenden Leitung des PA beauftragte PI Alois Schneider wurde zum Postmeister ernannt und er-hielt mit Wirkung vom 1 Juni 1953 die Amtsvorsteherstelle des PA Krumbach (Schwaben) übertragen. Vom 22. bis 30. Mai 1954 fand eine Kreisausstellung für Landwirtschaft und Gewerbe statt. Die DBP beteiligte sich auf Ansuchen der Ausstellungsleitung mit einem Werbestand für Neben-stellenanlagen. Der Ausstellungsstand wurde sehr rege be-sucht. Postmeister Alois Schneider wurde mit Wirkung vom 1.2.1955 zum Oberpostmeister ernannt. Am 1.1.1956 Ein-führung des Ortskraftfahrdienstes.Zur besseren Postversorgung wurde am 1.3.1956 eine Päcke-reikraftpost Krumbach-Augsburg eingerichtet. In der Post-versorgung eingeschlossen wurde die PÄ Thannhausen, Din-kelscherben, Zusmarshausen und die Pst I Ziemetshausen.Das Ortsnetz wurde am 14. Dezember 1956 auf Wählbetrieb umgestellt. Die neue Anlage kann insgesamt 556 Teilnehmer aufnehmen. Spätere Erweiterungen sind möglich.Am 14.  Juni 1957 wurde der Selbstwählferndienst einge-führt. Am 1. Oktober 1960 erfolgte eine bedeutende Erwei-terung des bisherigen Amtsbereichs:

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Abb. 22:Brief aus Krumbach an B. Morgenthau in Fürth, Briefmarke 3 Kreuzer, Staatswappen auf Sockel, entwertet mit Halbkreisstempel Krumbach.

Abb. 23:Brief aus Donauwörth an die Actiengesellschaft der Baumwoll Spinnfabrik Truman in Wien, Briefmarke 1 Kreuzer rosa, Dauerausgabe am 1.10.1850. mit Werbe-Beistempel der Firma C.J.Bumm in Donauwörth, Drucksache-Brief datiert 1. März 1856

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Abb. 24:Krumbacher Postgebäude an der Bahnhofstraße, Aktuelle Aufnahme aus dem Jahr 2010, Dr. Barbara Wolf, Architekturmuseum Schwaben, Augsburg.

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Dem PA sind nunmehr zugeteilt: 1 PA, 14 Poststellen I und 32 Poststellen II. Mit drei Landkraftpostlinien werden die 47 Amtsstellen versorgt. Von Montag bis Freitag wird eine 2. Fahrt durchgerührt. Ebenso werden die Amtsstellen an Sonn- und Feiertagen angefahren. Die Überlandpost Krumbach – Augsburg verkehrt von Montag bis Freitag zweimal. Der Be-reich des Leitpostamtes Krumbach umfasst künftig alle Orte des Landkreises Krumbach.3. September 1961: Jubiläumsfeier „150 Jahre Post in KRUM-BACH “Postamtsvorsteher Oberpostmeister Alois Schneider wird zum Postamtmann ernannt.Am 12. Januar 1962 wurde das Postamt mit einer Postanwei-sungs- und Zahlkarten-Stempelmaschine Marke „Klüssen-dorf“ sowie einem Buchungsautomat Marke Kienzle ausge-stattet. Seit dem 4. Oktober 1962 wird am Paketschalter ein Franko-typ-Freistempler CcP (Hand) verwendet.Am 17. Juli 1963 wurde eine Tischstempelmaschine L/O „Klüssendorf“ für Schwarz- und Rotstempelung eingesetzt.3. November 1964: Die Deutsche Bundespost kauft zur Erstel-lung eines Gebäudes für Fernmeldebau- und Kraftfahrdienste von der Stadt Krumbach einen Bauplatz mit ca 3500 qm.Der bisherige Amtsvorsteher, Postmann Alois Schneider, scheidet wegen Erreichung der Altersgrenze mit Ablauf des 31. März 1965 aus und tritt in Ruhestand.

Band 1

„… auf Erden schon enthoben …“ Hedwig LachmannHg.: Thomas Heitele und Dr. Heinrich Lindenmayr100 Seiten, vierfarbig, mit zahlreichen AbbildungenBroschur/Fadenheftung© Zweckverband Mittelschwäbisches Heimatmuseum, 2006

Band 2

Zwangsarbeiter im Altlandkreis Krumbach 1939-1945Monika Losher und Michael Schwindel176 Seiten, zahlreiche AbbildungenBroschur/Fadenheftung© Zweckverband Mittelschwäbisches Heimatmuseum, 2007

Band 3

Überbrücken, Alfred Hennings - Künstler, Designer, LehrerHg.: Heinrich Lindenmayr und Thomas Heitele98 Seiten, mit zahlreichen AbbildungenBroschur/Fadenheftung© Zweckverband Mittelschwäbisches Heimatmuseum, 2009

PUBLIKATIONEN die schriftenreiheheimatmittelschwäbisches

museum krumbach

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Abb. 25:Brief an „Wohlgeborenen Herrn (tw. unter Marke) Postmeister Franz Dinghofer, Ottensheim“, Einschreiben (Chargé),mit 3 Kreuzer Marke in rosa und 6 Kreuzer Marke in blau mit geschlossenem Mühlradstempel Krumbach 262 entwertet, als Beistempel den Halbkreisstempel Krumbach

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Abb. 26: Brief aus Ichenhausen an das Königliche Landgericht Füssen. Eine 1 Kreuzer-Marke grün und zwei 3 Kreuzer-Marken rot, Bayerisches Staatswappen, Dauerausgabe ab 1867, entwertet mit offenem Mühlradstempel

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Posthilfsstellen wurden flächendeckend zwischen 1881 bis 1889 im Reichspostgebiet meist als Ersatz der früheren Landpostbedienungen oder der Briefsammlungen einge-richtet. Ab etwa 1887 waren die Posthilfsstellen in Bayern und somit auch im Krumbacher Umland eingerichtet. Die Konzession wurde an Privatleute vergeben; die Organisation ist der der heutigen „Postagenturen“ recht ähnlich. Oftmals fanden sie in Gasthäusern oder anderen öffentlichen Ein-richtungen Unterkunft. Die Verwalter übergaben die einge-lieferten Postsendungen dem Landbriefträger oder den den Ort berührenden Postkutschen und nahmen die Sendungen für ihre Kundschaft in Empfang.

Ab 1898/99 wurden die Postanstalten in drei Klassen von Postämtern (je nach Geschäftsumfang) gegliedert - in Post-agenturen und Posthilfsstellen sowie so genannte „Saison-postanstalten“ in Orten, die von Ausflüglern frequentiert wurden und nur während der Sommermonate im Betrieb waren. Eine Poststelle war mit weiteren Befugnissen ausge-stattet und personalintensiv. Dies konnten und wollten Gast-stätten und Hotels in der Regel nicht leisten, daher wurden Saisonpostanstalten und Posthilfsstellen eingerichtet. Die Bezeichnungen und insbesondere die Befugnisse der Post-ämter, Poststellen, Postagenturen und Posthilfsstellen haben sich im Laufe der Zeit allerdings immer wieder geändert;

daher kann hier keine generelle Aussage zu den einzelnen Stellen getroffen werden.

Über den genauen Zeitpunkt der Errichtung der Hilfsstellen im Umkreis muss ebenso spekuliert werden wie über den ex-akten Zeitpunkt der Schließung der Hilfsstellen. Einen Ein-druck vom Wesen des Landpostdienstes mag ein Auszug aus der „Amtspresse Preußens“ aus dem Jahre 1882 geben: „(…)Die Reichs-Post- und Telegraphen-Verwaltung ist seit Be-ginn des vorigen Jahres mit einer durchgreifenden Neuerung des Landpostdienstes beschäftigt, zu deren Durchführung ein Zeitraum von 5 bis 6 Jahren in Aussicht genommen wor-den ist. Es gilt, der Entwickelung des Verkehrs von 19 Milli-onen Bewohnern des platten Landes einen kräftigen Impuls zu geben. (…) Ausgiebige Vermehrung des Landbriefträger-Personals und die hiervon abhängige Verkleinerung der ein-zelnen Bestellreviere [ist geplant]“.1

Die Rede ist von einer personellen Aufstockung um „(…) mehr als 2000 Mann (…)“ im avisierten Zeitraum sowie eine „wochentäglich zweimalige Bestellung“ in Orten mit regem Geschäfts- und Warenverkehr. Die Einrichtung der Posthilfsstellen war eine nicht unwe-sentliche Maßnahme in der immer weiter voranschreiten-den Industrialisierung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Es handelte sich um eine im besten Sinne „moderne“ Dienst-leistung, da die Verkleinerung der Bezirke bei gleichzeitiger personeller Aufstockung eine ungleich höhere Effizienz im Postverkehr bedeutete. Für den Kunden bedeuteten die Post-hilfsstellen, dass viele mühsame und oft kostspielige Boten-gänge zum Postort Krumbach zur Abholung von Briefen und Paketen erspart blieben. Diese erhebliche Beschleunigung

6 Posthilfsstellen im Altlandkreis Krumbach von Florian L. Arnold

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der auszutauschenden Briefsendungen eröffnete zudem völ-lig neue Perspektiven im Handels- und Informationswesen. „(…) In denjenigen Landorten, welche zwar an einem Post-kurse liegen, aber eine Postagentur noch nicht erhalten kön-nen, werden als Hülfsanstalten des Landbriefbestellbezirkes Posthilfsstellen eingerichtet, denen die gewöhnlichen Brie-fe und Packete, sowie Zeitungen von den am betreffenden Kurse liegenden Postanstalten unmittelbar zugeführt wer-den. Außerdem haben sich diese Posthilfsstellen mit dem Verkauf von Postwerthzeichen, sowie mit der Annahme und Weiterbeförderung von gewöhnlichen Briefen und Packeten zu befassen; sie ersetzen also für die Landbewohner in fast vollkommener Weise die Postanstalten. (…)“.2

Diese neuen Verbindungen zwischen benachbarten Post-anstalten bereiteten zudem den Weg erster touristischer Landnahme, denn „(…) den fahrenden Landbriefträgern ist erlaubt, auf dem Bocksitz einen Reisenden gegen mäßige Entschädigung mitzunehmen“.3

Mit den Posthilfsstellen einher ging die zunehmende Er-richtung von Telegraphenanstalten auch auf dem Land. Die Dimensionen des Unterfangens illustriert einmal mehr die „Amtspresse Preussens“ in detaillierter Manier: „[Es] sind im Jahre 1881/82 in Wirksamkeit gesetzt 1142 Posthilfsstel-len, welche acht Millionen Sendungen angenommen, bzw. ausgegeben und eine Portoeinnahme von 256 400 Mk. ge-liefert haben. (…). Im vorigen Jahr sind 299 Landbriefträ-ger mit Fuhrwerk ausgerüstet worden. In den Bereich ihrer Thätigkeit fielen 2 182 Ortschaften mit 470 000 Einwohnern: sie ersetzten 144 regelmäßige Posten und stellten 309 neue Verbindungen zwischen benachbarten Postanstalten her;

642 000 Packet- und Geldsendungen erhielten mittels dieser Fuhren raschere Beförderung, 173 000 derartige Sendungen raschere Bestellung; die Zahl der Briefsendungen und Zei-tungen, welche an diesen Vortheilen Theil genommen ha-ben, beträgt mindestens das Fünfzehnfache beider Zahlen. (…)“ Zufrieden vermerkt man hier auch, dass die Landbe-völkerung, die von diesen Neuerungen profitierte, mit „(…) ihrer Anerkennung und ihrem Dank hierfür nicht zurückge-halten“ haben und den neugeschaffenen Posthilfsstellen und den Landbriefträgern „lebhaftesten Ausdruck der Befriedi-gung“ gaben. Die Versorgung der Landbewohner begann aber nicht erst ab 1881. In der preußischen Postordnung vom 26. Novem-ber 1782 wurde angeordnet, dass „(…) wenn für fahrenden Posten unterwegs kleine Städtchen, Flecken und Dörfer, wo keine Postwärtereyen befindlich, als auch einzelne Wohnun-gen, als Klöster, Forsthäuser, Vorwerke usw. ohne Detour (Umweg) des Postillions passiert werden, so kann dort die Post gewechselt werden. (…)“.Gesichert ist, dass in den auf den folgenden Seiten aufgelis-teten Ortschaften im Landkreis Krumbach Posthilfsstellen existierten.

Anmerkungen:

1 Amtspresse Preussens, Berlin 18822 Ebenda3 Ebenda

Der Autor:Florian L. Arnold M.A. arbeitet als Kulturwissenschaftler und ist derzeit Volontär des Mittelschwäbischen Heimatmuseums

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Verzeichnis der zum Leitpostamt Krumbach (PLZ 8908) gehörenden Orte, Weiler und Einöden (Stand vom 1. Nov. 1961)

Bahnbediente Orte:8907 Postamt Thannhausen 8907 Poststelle I Ziemetshausen

Poststellen 1:8909 Aletshausen 8909 Balzhausen 8909 Breitenthal 8909 Ebershausen 8909 Edelstetten 8909 Kettershausen 8909 Langenhaslach 8909 Münsterhausen 8909 Neuburg / Kammel 8909 Niederraunau8909 Obergessertshausen 8909 Ursberg8909 Wattenweiler

Poststellen II: 8909 Aichen 8909 Attenhausen 8909 Bauhofen 8909 Billenhausen 8909 Burg8909 Deisenhausen 8909 Edenhausen 8909 Hagenried 8909 Hairenbuch 8909 Hasberg8909 Haupeltshofen 8909 Höselhurst 8909 Krumbad

8909 Memmenhausen 8909 Mindelzell 8909 Mohrenhausen 8909 Muttershofen 8909 Nattenhausen 8909 Nettershausen 8909 Oberbleichen 8909 Oberregg8909 Oberrohr8909 Oberwiesenbach 8909 Roppeltshausen 8909 Seifertshofen 8909 Tafertshofen 8909 Unterbleichen8909 Unterwiesenbach 8909 Vorderschellenbach 8909 Waltenhausen 8909 Winzer8909 Zaiertshofen

Orte ohne Postanstalt:8909 Bayersried, Post Ursberg8909 Bebenhausen, Post Kettershausen 8909 Bernbach, Post Aichen8909 Egardhof, Post Deisenhausen 8909 Ende, Post Oberbleichen 8909 Erisweiler, Post Billenhausen 8909 Flüssen, Post Tafertshofen 8909 Gaismarkt, Post Aletshausen 8909 Gangwalden, Post Breitenthal 8909 Häuserhof, Post Münsterhausen 8909 Halbertshofen, Post Neuburg 8909 Hammerschmiede, Post Krumbach 8909 Hinterschellenbach, Post Vorderschellenb. 8909 Hellersberg, Post Memmenhausen8909 Hirschfelden, Post Billenhausen 8909 Hohenraunau, Post Niederraunau 8909 Josephslust, Post Niederraunau

8909 Keuschlingen, Post Langenhaslach 8909 Kiesberg, Post Deisenhausen 8909 Kirrberg, Post Balzhausen8909 Lauterbach. Post Memmenhausen 8909 Marbach, Post Edelstetten8909 Nachstetterhof, Post Memmenhausen 8909 Naichen, Post Langenhaslach8909 Nordhofen, Post Deisenhausen 8909 Obereggermühle, Post Oberegg 8909 Oberhagenried, Post Hagenried 8909 Oberried, Post Breitenthal8909 Plattenberghof, Post Niederraunau 8909 Premach, Post Ursberg8909 Reichertsried, Post Münsterhausen 8909 Riedmühle, Post Tafertshofen 8909 Ruhfelden, Post Aichen8909 Sausenthal, Post Unterwiesenbach 8909 Schloßberg, Post Haupeltshofen 8909 Seyfriedsberg, Post Vorderschellenbach 8909 Vesperbild, Post Vorderschellenbach 8909 Vogelmühle, Post Niederraunau8909 Waldhausen, Post Krumbach 8909 Wasserberg, Post Aletshausen 8909 Waltenberg, Post Ebershausen 8909 Ziegelstadel, Post Kettershausen

Den Stempeln der Posthilfstellen aus dem Altlandkreis Krumbach ist zu entnehmen, dass diese Posten bis in die Zeit nach dem 2. Welt-krieg in Betrieb waren.

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Grafik 1Postrouten und Posthilfsstellen des Krumbacher Postamtes Stand vor 1883.

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4

3

2

KrumbachHürbenNiederraunauAletshausenWinzerHasbergHaupeltshofenWeilerWaltenhausenHairenbuchHohenraunauKrumbach

1

KrumbachNattenhausenBreitenthalTafertshofenZaiertshofenSeifertshofenEbershausenKrumbach

3

KrumbachUnterbleichenHöselhurstUnterwiesenbachOberwiesenbachObereggOberbleichenNordhofenDeisenhausenKrumbach

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KrumbachEdenhausenAttenhausenEdelstettenLangenhaslachNeuburg/KammelHalbertshofenHirschfeldenBillenhausenKrumbach

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Abb. 27: Postkarte aus Mattsies an Josefa Keppeler in Olarzried bei Ottobeuren mit Stempel der Posthilfsstelle Mattsies, Briefmarke 5 Pfennig, König Ludwig III, 1914, datiert 3. Mai 1916

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Abb. 28: Postkarte aus Krumbad nach Münchsmünster bei Ingolstadt. Stempel der Poststelle Krumbad in Krumbach gestempelt mit Marke „Notopfer Berlin“,datiert 16.8.93. Besonderheit Briefmarke „Posthorn 10 Pfennig, Ausgabe 1951, gestempelt 1953 oder 1955

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BegriffUnter Bahnpost versteht man die Bearbeitung von Postsen-dungen in Eisenbahnwagen. Diese als „Postwagen“ bezeich-neten Waggons waren Teil eines regulären Zugs. Selbst-fahrende Postwagen hingegen werden als Posttriebwagen bezeichnet.Werden Postsachen in einem üblichen Güterwagen mitge-führt, so spricht man nicht mehr von „Bahnpost“.

GeschichteDie badische Postverwaltung nutzte das neue Verkehrsmit-tel Eisenbahn bereits unmittelbar nach dessen Inbetriebnah-me im Jahr 1840 zur Mitnahme von Postsendungen. Durch die Anwesenheit von Postbeamten im Waggon („Postcon-ducteure“), die während der Fahrt Postgut bearbeiteten, sprach man schließlich von der „Bahnpost“. Der erste Bahnpostwagen in Deutschland wurde am 1. Ap-ril 1848 in Baden in Betrieb genommen1. 1849 wurden die ersten Bahnposten in Preußen eingerichtet. Die Bahnpost löste dann nach und nach in allen altdeutschen Teilstaaten die Beförderung der Post durch Postreiter und Postkutschen ab und wurde somit in der Zeit der Reichspost zum wesent-lichsten Pfeiler der Langstrecken-Postbeförderung. 1882 wurde das erste bayerische „Bahnpostamt“ in München ein-

gerichtet; Nürnberg folgte 1890, Würzburg und Augsburg 1898.2

Im übrigen hatte Preußen bereits 1838 eine gesetzliche Re-gelung geschaffen, wonach Postgüter, Postwagen und auch das die Sendungen begleitende Postpersonal unentgeltlich zu befördern waren. Im eigenen „Eisenbahnpostgesetz“ von 1875 wurde dies für ganz Deutschland geregelt; die Rege-lung galt bis zum Inkrafttreten des Reichsbahngesetzes 19243. Seitdem erfolgt eine Vergütung nach Achskilometern.

Typologie des BahnpostwagensMan unterscheidet verschiedene Typen von Bahnpostwagen bzw. Bahnposteinrichtungen je nach ihrer Ausstattung: 1) Briefbahnpostwagen für die ausschließliche Bearbeitung von Briefen2) Paketbahnpostwagen für die ausschließliche Bearbeitung von Paketen3) Alles-Bahnpostwagen zur Bearbeitung von Briefen und Paketen4) Päckereiwagen, die lediglich zum Transport und Umarbeitung von Paketen vorgesehen waren5) Postabteile in auch noch anderweitig genutzten BahnwagenBahnpostwagen waren an jeder Wagenlangseite mit gelben Fahnen zu bestücken.4 Bahnpostwagen mussten zudem, auch wenn sie leer fuhren, d.h. ohne Personal im Waggon, nachts beleuchtet sein.5

Bei der Deutschen Bundesbahn gab es so genannte Express-Züge, die ausschließlich aus Bahnpostwagen bestanden; sie verkehrten als „Expressgutzüge (Expr)“, später auch „Ex-pressIC“, bei der Deutschen Reichsbahn der DDR als „Gü-terexpresszüge (Gex)“. Bis 1997 verkehrten spezielle „Post-InterCity“-Wagen in Deutschland mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h. Briefe und Pakete wurden in diesen Wagen in tradierter Weise während der Fahrt sortiert.6

7 Bahnpost von Florian L. Arnold

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Bearbeitung der Post Das wichtigste Kriterium eines Bahnpostwagens ist die dar-in erfolgende Sortierung der Sendungen während der Fahrt. Nur dann wird von „Bahnpost“ im eigentlichen Wortsinn gesprochen. Bahnpostwagen zeichnen eigene postalische Einrichtungen wie Brieffachwerke und Spannvorrichtungen für Postbeutel7 aus. Bis zu 20 Postbeamte (Postschaffner, später Bahnpostbegleiter) sortierten die Briefe und Zeitun-gen nach Orten.8 Das Personal musste über gute geographi-sche Kenntnisse verfügen.Bahnpostwagen wurden entweder in Reisezüge eingestellt oder bildeten eigene Postzüge.9 Es gab auch Postabteile als Bestandteil von Gepäckwagen oder Triebwagen. Die meis-ten Bahnpostwagen wiesen zudem „Wagenbriefkästen“ auf. Wer gute Kenntnis der Bahnpostlinien besaß, konnte sich so einen entscheidenden Zeitvorteil gegenüber der Abgabe an einem üblichen, stationären Briefkasten verschaffen – indem der Brief direkt im Bahnpostwagen aufgegeben wurde.10 Die-se während des Halts auf einem Bahnhof in den Briefschlitz eines Bahnpostwagens eingeworfene Post nennt sich „Bahn-hofsbrief“ bzw. „Bahnhofssendung“11; sie wurde im Wagen mit einem „Bahnpoststempel“ abgestempelt.Der Stempel enthielt folgende Angaben:• Kurs (z.B. „TANNH.-DKSCHB“, bedeutet: „Thannhausen über Dinkelscherben“)• Zugnummer• Datum

Zusätzlich gab es den speziellen „Bahnpoststempel“ mit dem Zusatz „Nachträglich entwertet“ für Sendungen, die vom Bahnpostamt angeliefert wurden und deren Brief-

marken noch nicht entwertet waren. Am 1. März 1963 ersetzte der „Kursbrief“ den bisherigen „Bahnhofsbrief“. Am 31. August 1989 wurden Kursbriefe durch die Versand-form „Datapost“ abgelöst.12

Briefe mit Bahnpoststempeln, speziell von seltenen Neben-strecken oder speziellen Fahrten, sind heute bei Sammlern sehr begehrt.

Weiterbeförderung – „Briefbeutel“Üblich war im 19. Jahrhundert in Deutschland das Abwerfen von „Briefbeuteln“ auf Bahnhöfen während der Durchfahrt des Zuges. Die Beutel durften darum nicht mehr als sechs Kilogramm wiegen. Sie wurden in Fahrtrichtung des Zuges seitwärts abgeworfen. Beim Erreichen der Abwurfstelle gab der Lokomotivführer ein Pfeifsignal mit einer Dampfpfeife. Der zur Empfangnahme der Beutel auf dem Bahnsteig anwe-sende Beamte trug bei Dunkelheit eine Laterne mit Milch-glasscheiben, deren eine mit der Inschrift „Post“ versehen war; diese Inschrift wurde dem Zug entgegengehalten.13

Die Beutel mit der jeweiligen Orts- oder Streckenpost wur-den beim Halt ausgeladen und zur ortsinternen Weiterlei-tung oder zur Weiterführung zu anderen Bahnpoststrecken verladen. Aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg weiß man, dass in Deutschland rund 2400 Bahnpostwagen mit zirka 8000 Mitarbeitern im Einsatz waren. Oft kam es beim Abwerfen zu Unglücksfällen und Beschä-digungen der Sendungen; daher wurde dieses Verfahren in Deutschland im Jahre 1900, in Bayern am 1. Mai 1904 ein-gestellt.14

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Das Ende der BahnpostNach dem Zweiten Weltkrieg kam die Postbeförderung mit-tels Bahnpost nur schleppend in Gang; schuld waren die starken Kriegseinwirkungen auf die Infrastruktur der Bahn. Wo Strecken nicht völlig zerstört waren, machte die Ener-gieknappheit einem geregelten Bahnpostbetrieb einen Strich durch die Rechnung. Zudem fehlte es nach 1945 an annä-hernd brauchbaren Bahnpostwagen. Doch die Verbindung wiederherzustellen gelang in den Jahren bis zur Gründung der Bundesrepublik immerhin so zügig, dass am 1. Septem-ber 1948 die erste Bahnpostverbindung über die Landes-grenzen hinaus erfolgte - zwischen Frankfurt am Main und Venlo.15 Daran lässt sich ablesen, mit welch hohem Maß an Improvisationsfähigkeit trotz zerstörter Infrastruktur eine verlässliche Zustellung von Postsachen ermöglicht wurde. Die Zahl der Bahnposten stieg nach 1949 rasant an und er-reichte in den 1950er Jahren ihren Höhepunkt.Mit Einführung der Postleitzahlen in Deutschland im Jahre 1961 sank die Zahl der Bahnposten kontinuierlich ab. Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und dem Fahr-planwechsel im Sommer 1997 kam das Ende der bundesdeut-schen Bahnpost. Der Bahnpostbetrieb (für Briefpost) wurde nach der letzten Fuhre vom 30. auf 31. Mai 199716 eingestellt.17 Hauptgründe für die Einstellung waren die Übernahme

der Sortierung durch die stark automatisierten Briefverteilzent-ren, die großteils ohne Gleisan-schluss geplant wurden, sowie der Aufbau des deutschen Nachtluftpostnetzes. Die Deutsche Post AG erklärte, die Deutsche Bahn sei nicht in der Lage ge-wesen, die „gewünschten Fahrplanlagen“ zu halten.

Bahnpost musealDie „Bundesarbeitsgemeinschaft Bahnpost e.V.“ betreibt mit ihren voll ausgestatteten Bahnpostwagen in Losheim am See ein Bahnpostmuseum und setzt die erhaltenen Wa-gen auch in historischen Postsonderzügen ein oder lässt sie als Sonderzüge der Museumsbahn laufen. Das Muse-um pflegt Informationsaustausch und Partnerschaften mit ähnlichen Vereinen in England, Frankreich und den USA; im Aufbau ist zudem in Kooperation mit der Deutschen Post und der Deutschen Bahn AG eine eigene „Bahnpost-Bibliothek“, die beim Frankfurter „Verein für Briefmar-kenkunde 1878 e.V.“ (Frankfurt/Main) untergebracht ist.18

13 historische Bahnpostwagen aller Epochen des „Museums für Kommunikation“ sind im Bahnpark Augsburg abgestellt.

Abb. 29: Bahnpostwagen Leipzig um 1860Abb. 30: Hinweisschild einer Bahn-Post-Station

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Anmerkungen:

1 Diese erste Bahnpostroute verlief zwischen Heidelberg und Schliengen.2 Der wachsende Verkehrsumfang erforderte eine Dezentralisierung; so entstanden 1886 eine „Generaldirektion der Staatseisenbahnen“ und eine „Direktion der kgl. bayerischen Posten und Telegraphen“.3 Seitdem erfolgt eine Vergütung nach Achskilometern.4 Dienstvorschrift DV 301 (Signalbuch) der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft in der Fassung vom 28. November 1934.5 Ebenda6 Parcel InterCity: Angebot wird verdoppelt. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 345, Juni 2001, S. 9. ISSN 0170-5288.7 so genannte „Beutelspannen“8 Eine an den Wagen gesteckte gelbe Fahne signalisierte dem Rangierlokführer den Aufenthalt von Personen im Wagen, so dass vorsichtig rangiert wurde.9 In Frankreich sind einige TGV („TGV postal“) komplett für die Postbeförderung eingerichtet.10 Zum 1. Juni 1889 sind solche „Bahnhofsbriefe“ auch Gegenstand der allgemeinen Postordnung. Sie dürfen maximal 250g wiegen; zusätzlich zum üblichen Briefporto ist eine monatliche Gebühr von 12 Reichsmark zu entrichten. Seit dem 1. April 1900, wenn die Beförderung binnen kürzeren Fristen als einem Monat erfolgen sollte, wurde diese Gebühr auf 4 Mark für die Woche oder einen Teil einer Woche ermäßigt. Während der Zeit der

Inflation stiegen diese Sätze mit. So betrug die Gebühr am 26. November 1923 = 2.400 bzw. 800 Milliarden Mark, am 1. Dezember 1923 wieder 12 bzw. 4 Mark.11 Solche Versendungen waren vom Empfänger unmittelbar nach Ankunft des Zuges am Zielbahnhof in Empfang zu nehmen.12 Informationen laut Homepage des Bahnpostmuseums Losheim. Stand: 3. August 2011. http://www.bahnpostmuseum.eu13 Eisenbahn-Signalordnung vom 24. Juni 1907, Reichsgesetzblatt S. 377f.14 Das Verfahren des Postbeutelabwurfs war bis in die Mitte der 1950er Jahre in Großbritannien und den USA noch gebräuchlich. Jedoch werden die Beutel nicht abgeworfen, sondern von der Bahnpost in ein Gestell gelegt, welches in der Nähe des Bestimmungsbahnhofes nach außen geschoben wird.15 Informationen laut „Wikipedia.de“, ohne Quellenangaben, Seite „Postgeschichte und Briefmarken Deutschlands unter alliierter Besetzung“ (http://de.wikipedia.org/wiki/ Postgeschichte_und_Briefmarken_Deutschlands_unter_alliierter_Besetzung), Stand: 3. August 201116 In: Post wieder auf die Bahn? Eisenbahn-Kurier, Nr. 300, Sept.1998. S. 6. ISSN 0170-528817 Informationen laut Homepage des Bahnpostmuseums Losheim. Stand: 3. August 2011. www.bahnpostmuseum.eu18 Information der Homepage des Bahnpostmuseums Losheim. Stand: 3. August 2011. www.bahnpostmuseum.eu.

Abb. 31:Postkarte aus Krumbach an Robert Willauer in Lauingen, mit der Bahnpost versendet, Stempel der Bahnpost Krumbach-Günzburg, datiert 5. Sept. 1908

Abb. 32:Postkarte an Christine Lernsing in München, Stempel der Bahnpost Thannhausen, datiert 19. Jan 1909

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Der Bau des Postamts in Krumbach an der Bahnhofstra-ße 74 geht zurück auf das Jahr 1933 und war Bestandteil ei-nes immensen Bauprogrammes, das die direkt dem Reichs-ministerium unterstellten Oberpostdirektionen Bayerns während der Weimarer Republik zu bewältigen hatten. Sein Abschluss koinzidiert mehr oder weniger zufällig mit der Machtergreifung Hitlers. Danach war ihren Protagonisten allerdings auch der politische und ideologische Rückhalt für ihre Art des Bauens entzogen.

Notwendig wurde die Errichtung eigenständischer Postäm-ter im städtischen wie im ländlichen Bereich durch die Auflö-sung der Bayerischen Staatspost 1920. Bis dahin anstehende Baumaßnahmen hatte sie weitgehend der Zuständigkeit der Bahn überlassen, die in den ohnehin mit Postverladestellen ausgestatteten Bahnhöfen gleichzeitig Postämter integrierte. In einigen Fällen fanden letztere auch in gemieteten Gebäu-den Unterbringung, so etwa in Krumbach, wo der Bankier Isaias Weiskopf seit April 1909 ein Anwesen an der Augs-burger Straße 83/84 „als Postlokal“ zur Verfügung stellte. Das Einvernehmen zwischen Mieter und Vermieter trübte sich jedoch nach Einführung der sogenannten gesetzlichen Miete, die in Zeiten größter Not Anfang der 20er Jahre als staatliches Regulativ zur Vermeidung exzessiver Mieterhö-hungen dienen sollte und der vor 1914 üblichen Friedens-

miete entsprach. Obwohl sich die gesetzliche Miete schon weit unter Marktpreisniveau bewegte, bat die Post ihre Ver-mieter des öfteren um weitere Ermäßigungen, worauf unter anderem Isaias Weiskopf nicht mehr einzugehen bereit war. Das Mietverhältnis endete am 30.6.1933.1

Für die Realisierung eines neuen Gebäudes dürfte außerdem, wie in vielen anderen Fällen, ausschlaggebend gewesen sein, dass der Altbau den sich rasant entwickelnden technischen Neuerungen, wie beispielsweise dem Fernsprechwesen mit „Selbstwähldienst“ oder der Personen- und Güterbeförde-rung mit „Kraftpostwagen“ 2, weder Raum noch Infrastruk-tur bot. Auch vor diesem Hintergrund gewann die Konzepti-on moderner Bauten und Anlagen höchste Priorität.

Mit der Planung und Ausführung des Krumbacher Postge-bäudes wurde der Augsburger Architekt Wilhelm Wichten-dahl (1902-1992) betraut, der zum damaligen Zeitpunkt für die von Georg Werner geleitete Bauabteilung der Oberpost-direktion (OPD) Augsburg tätig war. Ähnlich wie vormals Werner hatte sich Wichtendahl 1927 unter die privilegierten Hochschulabgänger der Technischen Hochschule München eingereiht, die unmittelbar nach der Diplomierung an das 1920 gegründete Baureferat der OPD München und damit an eine der „lebendigst geführten staatlichen Bauverwaltun-gen“3 übernommen wurden. Deren Leiter, Robert Vorhoel-zer, verstand es, seine jungen Mitarbeiter zu begeistern und sie autonom nach architektonisch „unbelasteten neuen For-men“4 suchen zu lassen. Verwaltungschef Robert Poeverlein, der beim Reichspostministerium „erstaunlich hohe Mittel“5 herausholte, zeigte sich intern unbürokratisch und sorgte

8 Das Postamt Krumbach – ein Relikt der Münchener Postbauschule von Barbara Wolf

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Abb. 33:Krumbacher Postgebäude nach Erbauung, Archiv des Architekturmuseums Schwaben, Augsburg

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dafür, dass der Entwurfsarchitekt vom „erstickenden Mehl-tau detaillierter Bau- und Verwaltungsvorschriften“6 unbe-helligt blieb. Der undoktrinäre Stil, die Option eines von normativen Zwängen befreiten Bauens und die im „Geist der alten Bauhütten“7 geprägte Gemeinschaft, in der jeder Architekt, angefangen vom Vorentwurf bis zur Endabrech-nung, die Verantwortung für „seinen“ Bau übernahm, führte dazu, „dass man damals von ‚Postbauschule’ sprach, von ei-ner Schule, die aus Praxis – mitgelebter und selbst geleiste-ter Praxis – bestand.“8

Als höchste Prämisse des Bauens galt Vorhoelzer, aus der Er-kenntnis „über Leben und Lebensgefühl, Verkehr und Kon-struktion, eine der Gemeinschaft dienende Form zu entwi-ckeln. Über allem muß als leitender Faktor der Dienst am Menschen stehen, denn der Mensch ist das Maß aller Din-ge.“9 Im urbanen Raum der modernen Metropole mit ihrem ganz spezifischen Lebensgefühl ließ sich die Postbauschule daher auf avantgardistische Experimente ein. Prototypisch für den Stil des Neuen Bauens, erkennbar an kubischen bzw. geschwungenen Baukörpern, horizontalen Fensterbändern und flachen Dächern, stehen beispielsweise die beiden Mün-chener Postämter an der Tegernseer Landstraße (1930) und am Goetheplatz (1932). Eine moderne Baugesinnung stand für Vorhoelzer aber auch nicht im Widerspruch zu einem der Tradition verpflichteten Gestalten, das vor allem in den Entwürfen der Landpostämter zum Tragen kam. In diesem Zusammenhang spielte die Kooperation der Postbauschule mit dem Bayerischen Landesverein für Hei-matpflege eine wichtige Rolle. Um die Jahrhundertwende von renommierten Architekten wie August Thiersch, Max

Littmann und Gabriel von Seidl gegründet, ging es dem Landesverein nicht, wie nach der Indienstnahme durch die Nationalsozialisten, um eine ideologisierte Heimattümelei, sondern um die Wiederherstellung einer autochthonen regi-onalen Baukultur. Letztere hatte, nach Ansicht der Heimat-schützer, unter dem Stileklektizismus wie unter den „Scha-blonenbauten“ des 19. Jahrhunderts gleichermaßen Schaden genommen: „Ganz im argen lag das Bauen auf dem Land. Auch in Bayern.“ Selbst in Kleinstädten und Dörfern stan-den Hochhäuser oder Villen im „Ritterburgenstil“ „fremd und aufdringlich im organisch gewachsenen Bild der alten, bodenständigen Bebauung.“10 Angesichts dessen forderte der Landesverein die Rückkehr zu einer „gesunden bauli-chen Überlieferung“, bei der nicht die Nachahmung „alter Stile“11 gefragt, sondern „das Neue so zu gestalten“ sei, „daß es – auch bei völlig anderer Form – gleichwertig neben dem Alten bestehen kann.“12

In Konformität mit den Zielen des Landesvereins, in dem sich bezeichnenderweise viele Architekten der OPDs enga-gierten, proklamierte die Post in ihren 1927 niedergelegten „Grundzügen der Baupolitik“ das „Bestreben, die berechtig-ten Forderungen des Heimatschutzes bei ihren Bauten zu beachten, nicht im Sinne einer ängstlichen Anklammerung an die ortsübliche Bauweise, sondern durch taktvolle Rück-sichtnahme auf die wertvolle alte Umwelt, durch verständ-nisvolles Eingehen auf die Gegebenheiten des Ortes, des Kli-mas, der Landschaft und des Volkscharakters und durch eine vorbildliche Baugestaltung im Geiste der alten Bauschöp-fungen, die sich maßstäblich richtig und harmonisch in das umgebende Orts- und Landschaftsbild einfügt.“13

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Abb. 34: Krumbacher Postgebäude im Jahr 1961, Foto: Raffler

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Im konkreten Fall des Krumbacher Postamts hatte sich Wichtendahl an der Bautypologie historischer Profanbau-ten der mittelschwäbischen Hauslandschaft zu orientieren, die nun in zeitgemäßer Adaption formal versachlicht und im Dekor reduziert in Erscheinung trat. Der längsrechtecki-ge Baukörper und das für die Region typische Satteldach folgten konsequent der Bautradition. Als Innovation kann dagegen die Gestaltung der Fenster betrachtet werden, die gereiht und mit Quersprossen versehen, den Bereich der öf-fentlichen Diensträume im Erdgeschoss von den Büro- und Privaträumen im Obergeschoss, kenntlich an konventionel-len Langfenstern, absetzten.

Das Sichtbarmachen der Raumnutzung bzw. darüber hin-ausgehend „eine die Funktion des Gebäudes kennzeichnende Fassadengestaltung“14 zählte zu den Hauptanliegen Robert Poeverleins. Mit ihm hielten die Mitarbeiter der Oberpost-direktionen ständig Kontakt, er gab speziell beim Bau der Landpostämter eine „gewisse, gemeinsame Richtung“15 vor und erhob bei aller „Ehrfurcht vor dem guten Alten“ den Anspruch: „Daß alle Postbauten individuellen Charakter tragen, versteht sich von selbst.“16 Als Besonderheit dürfte in Krumbach das von dem Stuttgarter Künstler Erwin Hetsch ausgeführte Fresko über dem Haupteingang zu sehen sein. Über dem obligatorischen Postadler zeigt es, in Personifi-kationen mit dem Götterboten Hermes als Dominante, die wesentlichen Aufgaben und Funktionen der Post,

Während die Postbauschule bei städtischen Projekten auf neue konstruktive Technologien wie Stahlbetonbauten setz-te, plädierte sie bei den Landpostämtern für eine „Wieder-

belebung des soliden Handwerks“17. Zeichnungen und Plan-sätze der Bauverwaltung, die angefangen vom „Grundriss bis hin zu Details von Beschriftung und Beschlägen“18 alles erfassten, wurden daher in der Weise gefertigt, dass sie vom örtlichen Baugewerbe umgesetzt werden konnten.

Durch das erstrebte Ziel, dass in den Räumen, in denen Menschen arbeiten und verkehren, auch eine humane At-mosphäre herrschen möge, avancierte die Postbauschule gleichsam zum Vorreiter der modernen Arbeitssoziologie. Um die Schranken zwischen Bürger und Postbeamten ab-zubauen, geriet speziell der Postschalter in ihr Visier. Das kaiserzeitliche Symbol der Amtsautorität auf der einen und des erwünscht untertänigen Kunden auf der anderen Seite, verkörpert in einem fast raumhoch vergitterten „Käfig“, in dem der Beamte thronte und abfertigte, ersetzte die Post-bauschule durch den offenen Schaltertisch mit gläsernen Blenden, der eine barrierefreie und „wortwörtlich freundli-che“19 Kommunikation ermöglichte. „Glas, das sich nun auch gerundet und geschwungen fertigen ließ“, avancierte „zum wichtigsten Baustein der modernen Post.“20 Transparenz wurde Programm. In den Städten ebenso wie in der Provinz. Aus Glas bestanden Schalteraufsätze, Türen und Telefon-zellen. Großflächig verglaste Fensterfronten, die auch dem Krumbacher Postamt zu einer licht- und luftdurchlässigen Schalterhalle verhalfen, setzten den ehemals düsteren und muffigen Amtsstuben neue Maßstäbe entgegen. Das Postamt in Krumbach zählt zu den letzten regionalen Beispielen der vom liberalen Geist der Weimarer Zeit ge-tragenen Architektur der Postbauschule. Nach der Macht-übernahme durch das NS-Regime wurden ihre Exponenten

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Vorhoelzer und Poeverlein als Vertreter einer „verjudeten, bolschewistischen“ Architektur „beurlaubt“ bzw. „in den Ru-hestand versetzt“.21

Wilhelm Wichtendahl reüssierte. 1933 trat er der NSDAP bei und konnte sich über den gleichgeschalteten Stadtrat nach dem Bau des Postamts im selben Jahr den Auftrag für den Umbau des historischen Rathauses in Krumbach und den Neubau der Sparkasse sichern.22

Anmerkungen:

1 Staatsarchiv Augsburg, Reichspostdirektion Augsburg, Poststationen 431.2 Florian Aicher, Das Landpostamt, in: Florian Aicher, Uwe Drepper (Hgg.), Robert Vorhoelzer – ein Architektenleben, München 1990, S. 212.3 Justus Bier, Neue Münchener Postbauten, in: Die Form 18/1930, S.469.4 Heinrich Götzger, „Neuere Postbauten in Bayern“. Die Postbauschule 1920-1934, in Archiv für Postgeschichte in Bayern, hg. von der Gesellschaft zur Erforschung der Postgeschichte in Bayern in Verbindung mit der deutschen Bundespost, München, 2/1981, S 324.5 Schmidt, Das Neue Bauen der Post. Bayern in den 20er und frühen 30er Jahren, in: Baumeister 82, 1985, S. 38.6 Götzger zitiert nach Aicher, Landpostamt, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 215.7 Joseph Popp, Neuere Postbauten in Bayern, Heft 2, München 1928, S. XXI.8 Schmidt, Das Neue Bauen der Post, 1985, S. 38.9 Robert Vorhoelzer, „Alle Architektur ist nur Hintergrund für den Menschen!“ in: Die Bauzeitung 6, 1949, S. 298.10 Erdmannsdorffer, 60 Jahre Baupflege in Bayern, in: Der Bauberater, Werkblatt für landschaftsgebundenes Bauen, Heft 2/3, München 1962, S. 11.11 Poeverlein zitiert nach Florian Aicher, Heimatschutzbewegung und das Bauen der Post, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 223.12 Erdmannsdorffer, 60 Jahre Baupflege, 1962, S. 11.13 Zitiert nach Aicher, Heimatschutzbewegung, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 221.14 So die Forderung des Vereinsvorsitzenden Julius Groeschel, 1908, zitiert in: Erdmannsdorffer, 60 Jahre Baupflege, 1962, S. 15.15 Aicher, Landpostamt, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 213.16 Aicher, Heimatschutzbewegung, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 223.17 Erdmannsdorffer, 60 Jahre Baupflege, 1962, S. 10.18 Aicher, Landpostamt, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 215.19 Walther Schmidt, Amtsbauten aus Betriebsvorgängen gestaltet. Dargestellt am Beispiel der bayerischen Postbauten, Ravensburg 1949, S. 23.20 Edelmann, in: Aicher, Drepper (Hgg.), Vorhoelzer, 1990, S. 55.21 Barbara Wolf, Neues Bauen für die Post. Walther Schmidt als Architekt der Oberpostdirektion München (1923-1934), in: Winfried Nerdinger (Hg.), Walther Schmidt 1988-1993. Von der Postbauschule zum Stadtbaurat von Augsburg, Berlin 2008, S. 27.22 Sabine Klotz, Industriearchitektur und andere Nischen – Der freie Architekt 1933-1939, in: Winfried Nerdinger (Hg.), Wilhelm Wichtendahl 1902-1992. Architekt der Post, der Rüstung und des Wiederaufbaus, Berlin 2011, S. 31, 33f.Die Autorin:

Dr. Barbara Wolf leitet das Architekturmuseum Schwaben in Augsburg

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Abb. 35:Feldpostbrief von Bruno Merk an Paula Merk in Günzburg, datiert 5.8.1942

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Die Anfänge der Feldpost reichen zurück in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts als Preußen in viele kriegerische Aus-einandersetzungen wie den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) verwickelt war. Vor dem Bayerischen Erbfolgekrieg 1778-1779 gab es einen detaillierten Erlass zur Einrichtung einer Feldpost zur Nachrichtenübermittlung. 1813 hatte Preußen 3 Feldpostämter mit 27 Sekretären, 4 Briefträgern und 79 Postillonen. Die Beförderung dauerte allerdings recht lange. Ein Brief brauchte 12 Tage, um von Berlin nach Paris gebracht zu werden. Während des Deutschen Krieges 1866 wurden ca. 30.000 Briefe durch die Preußische Feld-post transportiert, was eine Reformierung des Systems not-

wendig machte, um die Verbindung zu den sich bewegenden Armeeteilen aufrecht zu erhalten.Die neu geordnete Feldpost musste sich schon 1870 bis 1871 im deutsch-Französischen Krieg bewähren. 6 Sammelstellen waren an der deutsch-französischen Grenze verteilt, dort waren auch die streng geheimen Truppenbewegungen be-kannt, um die Briefsendungen zeitnah und zielgerichtet wei-terleiten zu können.Die Feldpost während des Zeiten Weltkrieges unterscheidet zwischen dem Briefverkehr zwischen den Dienststellen, die durch die Dienstsiegel zu erkennen waren und dem per-sönlichen Briefwechsel der Wehrmachtsangehörigen mit Freunden und Verwandten. SS-Truppen, Polizeidivisionen oder der Reichsarbeitsdienst konnten die Feldpost nutzen, sofern sie im Dienst der Wehrmacht eingesetzt warenDie Sammlung von Karl Kling beinhaltet drei Feldpostbriefe aus der Zeit zwischen 1870-1871, einige Beispiele aus dem Ersten Weltkrieg und dem zweiten Weltkrieg.

Feldpost aus drei Kriegen

wasser Themenausstellung mit Werken schwäbischer Künstler Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach, 2009

MirabilienKatalog zur gleichnamigen Ausstellng mit Werken von Florian L. Arnold und Bernd Rummert Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach, 2010

Gebete aus der Arche...,Illustrationen von Alfred Hennings zu Gedichten von Carmen Bernos de Gasztold Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach, 2010

Stokar – Ton Hand Werk KunstAusstellung mit Werken der Keramikerfamilie von Stokar Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach, 2011

PUBLIKATIONEN ausstellungskataloge und begleitschriftenheimatmittelschwäbisches

museum krumbach

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Abb. 36:Feldpostkarte aus Krumbach an den Gefreiten Adolf Reiß in Grafenwöhr von seiner Frau Lina, datiert 13.8.1915

Abb. 37:Luftfeldpost vom Gefreiten Andreas Vogel an Familie Andreas Vogel, Großkötz2. Weltkrieg

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Abb. 38:Feldpostbrief von Karl Kling an Joh. Kling, Maurermeister in Krumbach aus Crouttes, Frankreich, datiert 25.4.1870, gesendet über Frankfurt

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Abb. 39:Kriegsgefangenenpost aus Krumbach an Lothar Birzle ins Kriegsgefangenenlager in Ägypten, datiert 25.2.1946

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Abb. 40:Kriegsgefangenenpost von Georg Dietrich aus einem britischen Gefangenenlager in Ägypten an Familie Josef Dietrich in Breitenthal, dat. 26. 8.1948

Umschlag Rückseite, Abb. 41:Postkarte aus Krumbach nach Augsburg. Stempel „zurück an Absender“, Briefmarke 5 Pfennig grün, Staatswappen Ausgabe 1.1.1876

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