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Univ.-Prof. Dr.-Ing. Helmut Rapp Apparatives Praktikum Leichtbau Dynamische Strukturerprobung (Theoretische Grundlagen) Universität der Bundeswehr München Werner- Heisenberg-Weg 39 Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik D-85577 Neubiberg Institut für Leichtbau Tel.: 089/6004-4140

Praktikum 2011 Teil Theorie

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GVT, ground vibration testing, structure, TU Munich

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Apparatives Praktikum Leichtbau

Dynamische Strukturerprobung (Theoretische Grundlagen)

Universität der Bundeswehr München Werner- Heisenberg-Weg 39 Fakultät für Luft- und Raumfahrttechnik D-85577 Neubiberg Institut für Leichtbau Tel.: 089/6004-4140

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Inhalt 1. Einleitung 2 2. Grundlagen 4 2.1 Experimentelle Strukturanalyse …………………………………………. 4 2.2 Anregungsarten ………………………………………………………….. 6

2.3 Mathematische Modellbildung von Strukturen ………………………...... 7

2.4 Definition der Übertragungsfunktion ……………………………………. 9

2.5 Einmassenschwinger …………………………………………………….. 10 2.6 Anwendung auf Kontinua ……………………………………………….. 13 2.6.1 Analytische Lösung ……………………………………………… 13 2.6.2 Näherungslösungen ……………………………………………… 15 2.7 Experimentelle Anwendung ……………………………………………... 19 2.8 Übertragungsverhältnisse ………………………………………………... 21 3. Versuchsbeschreibung 22 3.1 Prüfling ………………………………………………………………….. 22 3.2 Versuchsaufsbau ………………………………………………………… 23 4. Versuchsvorbereitung 25 5. Versuchsanleitung 26 6. Literatur 27

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1. Einleitung

Die Ermittlung dynamischer Strukturkennwerte, wie Eigenfrequenzen, Eigenformen,

Dämpfung, ist bei komplexen technischen Konstruktionen theoretisch nur unvollständig

möglich. Es sind deshalb in der Regel ergänzende experimentelle Untersuchungen notwendig,

die ihrerseits wichtige Werkstoffkenndaten (wie Materialdämpfung) für die Berechnung

bereitstellen. Anhand experimentell bestimmter Eigenfrequenzen und modaler Schwingungs-

formen ist oft eine Optimierung des Rechenmodells möglich.

Unbekannte komplexe Strukturen können experimentell auf ihre Gefährdung durch äußere

Anregung, wie z.B. durch Böen in der Atmosphäre bei Flugzeugtragflächen (Flattern) oder

durch Schallemission (Wirkung bzgl. Triebwerk/Rumpf- Anordnung), untersucht werden.

In diesem Praktikum soll an einem Balkenmodell (Stufe 1) bzw. einer realen Tornado-

Flugzeugtragfläche (Stufe 2) die Versuchstechnik zur Bestimmung von Strukturparametern

vereinfacht behandelt werden.

Dabei wird der Einsatz von Schwingungserregern, deren Eigenschaften und die notwendige

Steuerung erlernt.

Insbesondere soll die Vielfalt möglicher Testsignale zur Anregung der Struktur am Tragflügel

untersucht werden.

Die Schwingungsmesstechnik soll anhand von Schwingungsaufnehmern und den

notwendigen Mess- und Aufzeichnungsgeräten vorgestellt werden. Die Messung der

Übertragungsfunktionen mit einem Frequenzgang-Analysator zeigt die Möglichkeiten der

modernen Messtechnik in der Analyse von Strukturen.

Schließlich soll ergänzend (Demonstration) mittels digitaler Signalanalyse ein Einblick in die

Strukturidentifikation mit Hilfe rechnergestützter Testsysteme gegeben werden

(Modalanalyse).

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Dazu stehen als ein berührungsloses Messsystem ein Laser-Scanning System zur Verfügung

bzw. eine mit konventioneller Aufnehmertechnik (Piezo-Beschleunigungsaufnehmer)

mehrkanalig arbeitende rechnergestütztes Modalanalyse zur Verfügung.

Im Praktikum soll in der ersten Veranstaltung (Stufe 1) anhand eines Balkenmodells eine

Einführung in die Praxis der Schwingungsmesstechnik erfolgen. Darauf aufbauend wird in

einer zweiten Veranstaltung (Stufe 2) am Beispiel eines Tornadoflügels eine Schwingungs-

untersuchung an einem realen Bauteil aus der Luftfahrttechnik durchgeführt.

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2. Grundlagen

2.1 Experimentelle Strukturanalyse

Voraussetzung jeder Strukturanalyse ist die Erregung der Struktur durch eine Kraft-

einwirkung, sodass als Strukturantwort Schwingungen entstehen, aus denen in Verbindung

mit der Erregung wichtige Strukturparameter (Eigenfrequenz, Eigenformen, Dämpfung)

gewonnen werden können. Schematisch sei dies in Bild 2.1 erläutert.

Bild 2.1 Elemente einer experimentellen dynamischen Strukturanalyse

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Mit der digitalen Signalanalyse werden die zeitlichen Abläufe von Anregung sowie die

Strukturantwort in den Frequenzbereich transformiert und daraus physikalisch sinnvolle

Verhältnisfunktionen gebildet (Übertragungsfunktion, siehe Kap. 2.4 bzw. 2.8). Das

Besondere ist dabei die wertediskrete Behandlung der Signale.

Grundlage hierfür ist die Fast Fourier Transformation (FFT). Aus den gemessenen Über-

tragungsfunktionen lassen sich über spezielle Näherungsverfahren die Strukturparameter

herausfiltern. Zuvor eingegebene idealisierte Geometriemodelle der realen Struktur geben

schlussendlich einen anschaulichen Eindruck über die Eigenformen wieder (Modalanalyse).

Die Ergebnisse können u.a. dazu verwendet werden, gewisse Eigenschaften der Struktur, wie

z.B. Eigenfrequenzen, zu verändern, damit die Konstruktion den gewünschten technischen

Einsatzerfordernissen gerecht wird.

So kann z.B. eine Steifigkeitsänderung simuliert werden, die eine entsprechende Ver-

schiebung von Eigenfrequenzen zur Folge hat (Strukturmodifikation).

Da bei größeren Strukturen (Flugzeugzellen, Schiffsrümpfe) mit einer Einpunkterregung

wegen zu großer Dämpfung bzw. zu eng nebeneinanderliegenden Eigenschwingungen eine

zuverlässige Strukturerprobung nicht mehr möglich ist, wird eine Mehrpunktanregung

angestrebt, die mit Hilfe eines sogenannten Phasenresonanz-Verfahrens Eigenschwingungen

isoliert voneinander messtechnisch erfassen kann.

In diesem Praktikum wird nur eine Einpunkt-Anregung verwendet.

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2.2 Anregungsarten

Die gebräuchlichsten Signalarten, die auch für das Praktikum zur Verfügung stehen, sind:

- harmonisch (z.B. Sinus-Sweep)

- transient (z.B. Impulshammer, Burst)

- (pseudo-)stochastisch (Rauschsignal i.d. Regel bandbegrenzt, Random)

- periodisch stochastisch (Periodic Random)

Bild 2.2 Anregungsarten im Zeit- und Frequenzbereich am Beispiel transienter

und stochastischer Signale

Nicht jede Signalart ist gleichermaßen geeignet. Die Eigenschaften der Struktur, die Art der

Untersuchung und die Anforderung an die Messgenauigkeit bestimmen die Wahl des Er-

regersignals. Hier werden von dem experimentell arbeitenden Ingenieur neben Erfahrung

profunde Kenntnisse der Signalanalyse verlangt.

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2.3 Mathematische Modellbildung von Strukturen

Ein Tragflügel sei durch einen einseitig eingespannten Balken kontinuierlicher

Massenverteilung idealisiert, vgl. Bild 2.3a.

Bild 2.3 Mathematische Modellbildung eines Tragflügels mittels diskreter Massen.

Der Balken (Flügel) besitzt unendlich viele Freiheitsgrade. Eine analytische Lösung ist hier

noch möglich.

Unter Vernachlässigung rotatorischer Massenträgheiten und Dämpfung wird das homogene

Problem durch folgende DGL beschrieben:

0=+ wAwEI IVy &&ρ (2.1)

Handelt es sich jedoch um komplexe inhomogene Strukturen, muss man zu zusätzlichen oder

ausschließlich diskreten Modellen übergehen. Man idealisiert den Flügel weiter und teilt ihn

in n Einzelmassen auf, die durch entsprechende Biegefedern verbunden sind.

Damit können n Eigenfrequenzen bestimmt werden, wobei die niedrigsten zumeist sehr gut

approximiert werden.

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Wählt man wenige Massen, z.B. zwei, so muss zur Bestimmung der ersten Biege-

eigenfrequenz eine sehr sorgfältige Massenaufteilung durchgeführt werden, vgl. Bild 2.3b.

Dabei gelten folgende Grundsätze:

1) die kinetische Energie des kontinuierlichen Systems muss gleich der Energie des Ersatz-

modells sein,

2) die potentielle Energie des kontinuierlichen Systems muss gleich der Energie des Ersatz-

modells sein,

3) die Gesamtenergie muss bei beiden Systemen identisch sein.

Man hat also die ∞ -vielen Freiheitsgrade auf z.B. 1u und 2u reduziert. Zwischen den Massen

seien die Verbindungen masselos.

Dieses mathematische Ersatzmodell kann durch ein 2-Freiheits-Grad-System wie folgt

beschrieben werden:

[ ] [ ] 0=+ uKuM && (2.2)

mit [M]: Massenmatrix

[K]: Steifigkeitsmatrix

u : Vektor der physikalischen Verschiebungen 1u und 2u der diskreten Massen.

Diese Modellbildung hängt von den zu erwartenden Eigenformen des Tragflügels (Balken)

und den zuvor genannten Grundsätzen ab.

GI. (2.2) ergibt bei stationärem Lösungsansatz entsprechend dem Eigenwertproblem

Eigenfrequenzen und Eigenformen des diskreten Modells als Näherung zur realen Struktur.

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Ein weiterer Weg, über Gl. (2.2) den kontinuierlichen Balken über ein 2-Freiheits- Grad-

System anzunähern, besteht darin, die Auslenkung ),( txw der freien Schwingung über eine

Linearkombination der Gestalt

)()(),(2

1tuxtxw i

ii∑=

=ψ (2.3)

zu beschreiben, vgl. auch Galerkin- oder Ritz-Ansatz. Dabei sind die Ansatzfunktionen )(xiψ

linear unabhängig und genügen den geometrischen und/oder dynamischen Randbedingungen.

Die Funktionen )(tui werden als generalisierte Koordinaten bezeichnet. Es sind also anschau-

lich keine physikalischen Verschiebungen mehr. Daraus lässt sich wiederum eine Gleichung

der Gestalt (2.2) herleiten (Lagrange, Prinzip von Hamilton).

Da es sich hier um Näherungslösungen handelt, hängt die Güte der Ergebnisse vom Grad der

Diskretisierung ab.

Die ersten Eigenfrequenzen (und damit Eigenformen) werden umso präziser, je mehr diskrete

Massen die Struktur als Ersatzmodell abbilden. Hinzu kommt, dass je feiner die Unterteilung

in Einzelmassen vorgenommen wird, die Massen untereinander von gleicher Größe sein

können, also das Problem der Gewichtung weniger bedeutend ist.

2.4 Definition der Übertragungsfunktion

Wird eine elastische Struktur an irgendeiner Stelle lx durch eine Kraft )( lxF belastet, so

antwortet die Struktur mit einer bestimmten Verformung )(xw an jeder Stelle x . Diese

eindeutige Verknüpfung lässt sich mit einem Blockschaltbild darstellen.

Der Operator ),( lxxH , der diesen Zusammenhang beschreibt, heißt Übertragungsfunktion. Es

gilt somit die Beziehung:

)(),()( ll xFxxHxw = (2.4)

)( lxF ),( lxxH )(xw

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Angewendet auf eine Feder folgt sofort aus

Fc

w 1= , (2.5)

dass die Übertragungsfunktion

cH 1= (2.6)

gerade die Nachgiebigkeit darstellt, weshalb sie auch als "Nachgiebigkeitsfunktion"

bezeichnet wird.

Auch das dynamische Verhalten der Struktur, d.h. das Zusammenwirken von Steifigkeit,

Masse und Dämpfung, kann durch eine entsprechende Übertragungsmatrix beschrieben

werden. Da sich zeitlich beliebige Abläufe stets mittels Fourier - Transformation in

harmonische Anteile zerlegen lassen, definiert man die Übertragungsfunktion allgemein als

),(),(),,(

ΩΩ

=Ωl

l xFxwxxH (2.7)

wobei Ω die Erregungskreisfrequenz ist.

2.5 Einmassenschwinger

Die Differentialgleichung eines Einmassenschwingers bei harmonischer Anregung lautet in

komplexer Schreibweise:

a) mit geschwindigkeitsproportionaler (viskoser Dämpfung)

)(0 Ω==++ Ω Fefcxxdxm ti&&& (2.8)

b) mit struktureller Dämpfung

)()1( 0 Ω==++ Ω Fefcxigxm ti&& (2.9)

Die partielle Lösung, d.h. den eingeschwungenen Zustand, eingesetzt in

)()()(

ΩΩ

=ΩFxH (2.10)

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folgt mit

cmd ξ2= (2.11)

mc /=ω (2.12)

für a)

)21(

1)(

2

22

ωξ

ωω Ω

−=Ω

imH (2.13)

und für b)

)1(

1)(

2

22 igm

H+

Ω−

ωω

(2.14)

Die Übertragungsmatrix lässt sich nun in Betrag )(ΩR und Phase )(ΩΦ aufspalten

)()()( ΩΦΩ=Ω ieRH (2.15)

und z.B. wie in Bild 2.4 als Bode-Diagramm darstellen.

Bild 2.4 Übertragungsfunktion Fx / des Ein-Massen-Schwingers als Bode-Diagramm

(geschwindigkeitsproportionale viskose Dämpfung)

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Trägt man die Übertragungsfunktion mit Ω als Parameter in der komplexen Ebene auf, so

erhält man das sog. Nyquist-Diagramm (siehe Bild 2.5). Aus dem Nyquist-Diagramm lassen

sich die modalen Parameter besonders einfach und mit hoher Genauigkeit bestimmen. Für

strukturell gedämpfte Prüflinge stellt )(ΩH einen Kreis dar, dessen Durchmesser der

Dämpfung umgekehrt proportional ist.

Bild 2.5 Übertragungsfunktion Fx / als Nyquist-Diagramm bei struktureller Dämpfung

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2.6 Anwendunq auf Kontinua

Für Strukturen mit kontinuierlicher Massen- und Steifigkeitsverteilung müssen i.a.

Näherungslösungen angewendet werden, um die Übertragungsfunktion analytisch angeben zu

können. Das Verfahren soll am einfachen Beispiel des homogenen Balkens erläutert werden.

2.6.1 Analytische Lösung

Für einen homogenen, ungedämpften Balken kann die analytische Lösung z. B. mit dem

Übertragungsmatrizen-Verfahren gefunden werden, vgl. Strukturdynamik Vorlesung.

Bild 2.6 Einseitig eingespannter Balken

Gesucht sei beispielsweise die Übertragungsfunktion zwischen einer Kraft

tFxf l Ω=Ω sin),( 0 , die bei lxx l == angreift und der Auslenkung w bei kxx = . Die

Übertragungsmatrix für den schwingenden Balken [ ])(xTB ist bekannt. Für den vorliegenden

Fall wird die Erregerkraft als Randbedingung eingeführt und man erhält die Matrix-Gleichung

[ ] )0()()( ZlTlZ B= (2.16a)

bzw.

⎭⎬⎫

⎩⎨⎧

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

Ω

−−

=

⎪⎪⎭

⎪⎪⎬

⎪⎪⎩

⎪⎪⎨

Ω)0()0(

)()(

)()(

)(1)(1

)(1)(1

sin0

)()(

03

210

21

32

0

z

y

y

yy

yy

y

QM

lylyB

lyly

lyB

lyB

lyB

lyB

tF

llw

µ

ϕ (2.16b)

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dabei bedeuten

)cos(21)(0 xxchxy κκ +=

)sin(21)(1 xxshxy κκκ

+=

)cos(2

1)( 22 xxchxy κκκ

−=

)sin(21)( 33 xxshxy κκκ

−= (2.17)

mit yB

24 Ω=µκ (2.18)

Aus (2.16) erhält man

tFlylyly

lyM y Ω−−

= sin)()()(

)()0( 031

420

1

κ

tFlylyly

lyQz Ω−

= sin)()()(

)()0( 031

420

0

κ (2.19)

und kann jetzt wegen

[ ] )0()()( ZxTxZ B= (2.20)

die Verschiebung aus

)0()(1)0()(1)( 32 zky

yky

k QxyB

MxyB

xw −−= (2.21)

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errechnen und erhält mit (2.17), (2.19) und (2.21) die Übertragungsfunktion

)(),(),,(

,ΩΩ

=Ωl

klk xF

xwxxH (2.22)

zu

321

)cos1()cos)(sin()sin)(cos()(

κκκκκκκκκκκ

y

kkkkkl Bllch

llchxxshllshxxchH+

+−−+−=Ω (2.23)

Die Nullstellen des Nenners geben die sog. Resonanzfrequenzen an, welche hier mit den

Eigenfrequenzen des Balkens übereinstimmen.

2.6.2 Näherungslösungen

Die allgemeine Differentialgleichung des homogenen Balkens mit konstantem Querschnitt

und geschwindigkeitsproportionaler viskoser Dämpfung d und der Erregerkraft ),( txf lautet:

),(),(),(),( txftxEIwtxwdtxw IV =++ &&&µ (2.24)

Führt man in (2.24) den Galerkin-Ansatz ein (vgl. Strukturdynamik)

∑==

n

iii tqxWtxw

1)()(),( , (2.25)

wobei die )(xWi als Lösungen des homogenen konservativen (ungedämpften) Problems

Vergleichsfunktionen sind und )(tqi die verallgemeinerten Koordinaten bezeichnen, so erhält

man nach Multiplikation mit )(xWj und Integration die n entkoppelten Differential-

gleichungen der Form

∫=++L

jj

jjjjj dxxWtxfm

qqq0

2 )(),(12 ωξω &&& für nj ,...,1= (2.26)

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Dabei wurde

∫⎩⎨⎧

=L

jji m

dxxWxW0

0)()(µ für

⎩⎨⎧=≠

jiji

∫⎩⎨⎧

=L

jjjji m

dxxWxdW0 2

0)()(

ωξ für

⎩⎨⎧=≠

jiji

(2.27)

∫⎩⎨⎧

=L

jjj

IVi m

dxxWxEIW0

2

0)()(

ω für

⎩⎨⎧=≠

jiji

)()(),(0

tfdxxWtxfL

jj∫ =

vorausgesetzt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Dämpfung d sich nur proportional zur Massen- und

Steifigkeitsverteilung ändern darf, damit die GI. (2.26) entkoppelt bleiben.

Die Lösung wird im Frequenzbereich dargestellt.

Mit den Fourier-Transformierten der Erregerkraft

∫=Ω+∞

∞−

Ω− dtetfF tijj )()( (2.28)

und der verallgemeinerten Koordinate

∫=Ω+∞

∞−

Ω− dtetqQ tijj )()( (2.29)

gilt dann für die j-te Gleichung von (2.26)

)()()( ΩΩ=Ω jjj HFQ (2.30)

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Wobei der Frequenzgang )(ΩjH der j-ten Modalform

)(2)(1

1)(22

jj

jjj

j

imH

ωξ

ωω Ω

−=Ω (2.31)

ist.

Die Antwort des Balkens an der Stelle x auf die Erregung ),( ΩxF folgt dann aus (2.25) zu

∑ ΩΩ=Ω=

n

jjjj HFxWxW

1)()()(),( (2.32)

Die allgemeine, erzwungene Bewegung des Balkens bei Erregung mit beliebiger Frequenz Ω

setzt sich also aus den Antworten aller Modalformen zusammen.

Bei experimentellen Untersuchungen erfolgt die Erregung an diskreten Stellen der Struktur,

ebenso wie nur an einer endlichen Zahl von Stellen die Strukturantwort (Weg, Geschwindig-

keit, Beschleunigung, Dehnung) gemessen werden kann. Betrachtet man deshalb n Punkte kx

auf dem Balken (Bild 2.6), so erhält man für diese Punkte n Gleichungen.

∑ ΩΩ=Ω=Ω=

n

jjjkj

k

k HFxWWxW1

)()()()(),( für nk ,...,1= (2.33)

Gilt ferner für die Erregerkräfte

)()(...)()(),( 1

1

n

nxxtfxxtftxf −++−= δδ (2.34)

d.h. greifen die Erregerkräfte ),(1

txf bis ),( txfn

an den Stellen lx mit nl ,..,1= so wird mit

(2.27) und (2.28)

∑ ΩΩ=Ω++Ω=Ω=

n

l

l

j

l

nj

n

jj WFxWFxWFF1

001

1

0 )()()()(...)()()( . (2.35)

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Die Antwort des Balkens an der Stelle kxx = bei Erregung an der Stelle lxx =

)()(),( l

lxxtftxf −= δ (2.36)

wird dann mit (2.33) und (3.35)

∑ ΩΩ=Ω=Ω=

n

jjljkj

l

k

kHxWxWFxWW

10 )()()()(),()( (2.37)

Die Übertragungsfunktion zwischen der Erregung im Punkt lx und der Auslenkung des

Punktes kx ist definiert als

∑ Ω=ΩΩ=Ω=

n

jjljkj

l

klkl HxWxWFxWH1

0 )()()()(/),()( (2.38)

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2.7 Experimentelle Anwendung

Durch Erregen der zu untersuchenden Struktur an einer bestimmten Stelle und Messen der

Auslenkung an diskreten Stellen kann die Übertragungsfunktion experimentell ermittelt

werden.

Beispiel: Übertragungsfunktion zwischen Auslenkung und Erregerkraft ,vgl. Bild 2.7.

⎪⎭

⎪⎬

⎪⎩

⎪⎨

⎧=

⎪⎪⎭

⎪⎪⎬

⎪⎪⎩

⎪⎪⎨

0,14,01,0

3

1

2

1

1

1

W

W

W

⎪⎭

⎪⎬

⎪⎩

⎪⎨

−−

=

⎪⎪⎭

⎪⎪⎬

⎪⎪⎩

⎪⎪⎨

0,1

2,16,0

3

2

2

2

1

2

W

W

W

Bild 2.7 Modalformen des Biegebalkens

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Werden nur die ersten beiden Eigenfrequenzen betrachtet, so ergibt sich die

Übertragungsfunktion

)(2)(1

)0,1()2,1(

)(2)(1

)0,1()4,0(

)(

),(

22

2

222

11

2

1

211

3

0

223

ωξ

ωω

ωξ

ωω Ω

−+

Ω+

Ω−

Ω=

im

x

im

x

F

xWH

Für den Fall 0,1222

211 == ωω mm kann )(23 ΩiH nach Betrag und Phase aufgetragen das

folgende Aussehen haben, vgl. Bild 2.8

Bild 2.8 Übertragungsfunktion H einer Struktur (Bode-Diagramm)

Derartige Übertragungsfunktionen kann man an verschiedenen Stellen der Struktur mess-

technisch bestimmen, nach bestimmten numerischen Verfahren auswerten und so die

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Strukturparameter (Eigenfrequenzen, modale Schwingungsform, Dämpfung) ermitteln.

Dieses Verfahren nennt man Modalanalyse oder Strukturidentifikation, vgl. Kap. 2.1.

2.8 Übertragungsverhältnisse

Man unterscheidet im wesentlichen vier in der Strukturidentifikation häufig verwendete

Verhältnisse zwischen Strukturantwort und Strukturerregung.

Sie leiten sich aus den messtechnisch realisierbaren Größen zur Bestimmung der Struktur-

antwort her. Gemessen werden in der Regel eine

- Verschiebungssgröße (Freiheitsgrad ,...,ϕw ) ,

-Geschwindigkeitsgröße ( v ),

-Beschleunigungsgröße ( a ).

Damit definiert man folgende Zuordnungen:

Fa = Inertance (Accelerance) (Maß für Trägheit einer Struktur)

Fv = Mobility (Maß für die Beweglichkeit einer Struktur)

vF = Impedance (Maß für den mechanischen Widerstand (Impedanz) einer Struktur)

Fw = Compliance, Admittance, Receptance (Maß für die Nachgiebigkeit einer Struktur)

mit F als Erregerkraftgröße.

Zusätzlich wird unterschieden, ob eine Übertragung von Ort zu Ort (transfer) geschieht oder

die physikalischen Größen an einem Ort (point) gemessen und in Beziehung gesetzt werden.

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3. Versuchsbeschreibung

3.1. Prüfling

Als Prüfling dient ein einseitig fest eingespannter Modellbalken (Kragbalken) als Stufe I des

Praktikums. Dieser wird mit einem Shaker bzw. mit einem Impulshammer am Ende angeregt.

In Stufe II des Praktikums wird eine am Flügelmittelkasten über ein Schwenkgelenk

eingespannte Tragfläche (Tornado) mit einem fest installierten Shaker in Flügelmitte

angeregt, Bild 3.1.

Bild 3.1 Rechte Tornado-Tragfläche mit Flügelmittelkasten und Schwenkgelenk

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3.2 Versuchsaufbau

Damit ein System vollständig beschrieben werden kann, müssen die sich auf sein

dynamisches Verhalten beziehenden Größen gemessen werden. Dazu steht ein Frequenzgang-

Analysator zur Verfügung.

Der Frequenz-Analysator besteht aus:

- einem Generator, der Testsignale zur Anregung des Systems liefert. Oftmals stehen auch

externe Geräte (Funktionsgeneratoren) zur Verfügung.

- einem Analysator, der die Reaktion des Systems auf das Anregungssignal hinsichtlich

Verstärkungsgrad und Phasenverschiebung auflöst.

Der Frequenzgang-Analysator zeigt den Frequenzgang eines Systems auf die folgende Art

und Weise an:

- Amplitude und Phasenverschiebung (Messung von R und Φ )

oder

- Verstärkungsgrad und Phasenverschiebung (Messung von Rlog und Φlog )

Der Frequenzgang kann gemessen werden als

- Absoluter Frequenzgang (Einzelpunktmessung)

oder

- Relativer Frequenzgang (Punkt-zu-Punkt-Messung)

Bei Punkt-zu-Punkt-Messung löst der Analysator den Frequenzgang bei zwei

beliebigen Punkten, X und Y , im System separat auf. Die Messwerte werden als relativer

Frequenzgang XY / aus diesen Werten errechnet, vgl. Bild 3.2.

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Bild 3.2 Schaltbild

Die Bedienung des Frequenzgang-Analysators erfolgt auf der Frontplatte des Gerätes

(Anleitung im Handbuch bzw. vgl. Anleitung, Dynamische Strukturerprobung, Mess-

technische Ausstattung).

Bild 3.3 Frontplatte eines Frequenzgang-Analysators (FFT-Analyzer)

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4. Versuchsvorbereitung

Zur Vorbereitung ist die vorliegende Beschreibung gründlich durchzuarbeiten.

Zusätzlich ist zu überlegen,

1) welche Schwingungsarten, entsprechend den möglichen Beanspruchungen, bei einer

Tragfläche auftreten können,

2) welche auf jeden Fall einer experimentellen Untersuchung unterzogen werden müssen.

3) welche Sensoren eignen sich zur Erfassung der Erregerantwort

4) Für einen Kragbalken mit bekanntem Rechteckquerschnitt und Material

- Länge L = 645 mm,

- Breite b = 30 mm,

- Dicke T = 8 mm,

- Dichte 3/2,7 cmg=ρ

- E-Modul 25 /101,2 mmNE ⋅=

ist ferner die Ermittlung der ersten 5 ungedämpften Biegeeigenfrequenzen und der hierbei

auftretenden Schwingungsformen durchzuführen, wenn der Balken um die Achse des

kleinsten Trägheitsmomentes schwingt.

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5. Versuchsanleitung

1) Kennenlernen des Versuchsaufbaues und Erklärung der Gerätefunktion durch den Betreuer

in einem Vorversuch (Stufe I) anhand eines Balkenmodells

2) Kalibrieren bzw. überprüfen der Aufnehmer bzw. Messverstärker mit einem Kalibrator

3) Einstellen der Messaufnehmerketten.

4) Versuchsdurchführung

a) Ermittlung der ersten vier Eigenfrequenzen der Biegeschwingung

bei verschiedenen Testsignalen (Vergleich der Ergebnisse), sowie einer Eigenform am

Kragbalkenmodell (Vergleich mit den theoretischen Ergebnissen in der

Versuchsvorbereitung).

b) Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen auf eine TORNADO-

Tragfläche und selbstständige Versuchsdurchführung zur Ermittlung der ersten 4

Eigenfrequenzen des Flügels (Stufe II).

Page 28: Praktikum 2011 Teil Theorie

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Helmut Rapp

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6. Literatur

a) Themenbereich: Struktudynamik

[1] Rapp, H.: Vorlesung Strukturdynamik, Universität der Bundeswehr München

[2] Craig, R.R.: Structural Dynamics, John Wiley & Sons, 1981

b) Themenbereich: Signalanalyse

[3] Bendat, J.S.; Piersol, A.G.: Engineering Applications of Correlation and Spectral

Analysis, John Wiley & Sons, 1980