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Mit Geld umgehen lernen soll eingebettet sein in die Erziehung zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung. Viele Kinder verfügen über keinen klar definierten Freiraum zur Bewältigung und Gestaltung ihres täglichen Lebens in eigener Kompetenz. Es fehlt ihnen die Gelegenheit, ihre diesbezüglichen Fähigkeiten im Alltag einzusetzen und zu erproben. Später, als Jugendliche, sollten sie darin gefördert werden, ihre Fähigkeiten zur Lebensbewältigung auszuschöpfen. Entscheidend ist deshalb, dass Eltern nicht warten, bis die Kinder fordern, sondern ihre Kinder fördern, indem sie ihnen Verantwortung über- tragen. Der Jugendlohn ist ein erprobtes Instrument, um dies umzusetzen. Unter Jugendlohn verstehen wir den Betrag, den ein junger Mensch für seine Lebensge- staltung benötigt und der ihm in eigener Verantwortung zur Gestaltung seines Kompe- tenzbereiches übergeben wird. In der Gelderziehung löst der Jugendlohn das Taschengeld ab. Die Erfahrung zeigt es: Der Eintritt ins 13. Lebensjahr, das heisst der 12. Geburtstag, ist der ideale Zeitpunkt, um Kindern Verantwortung für definierte Bereiche des Lebens zu übertragen. Die allermeisten Kinder können in diesem Alter ihre Bedürfnisse sorgfältig abwägen und holen gleichzeitig noch gerne Rat bei den Eltern. Je älter das Kind bei der Einführung des Jugendlohnes ist, desto schwieriger kann sich die Einführungsphase gestalten. Besonders für Jugendliche, die gewohnt sind, dass ihre Ver- gnügungsbedürfnisse bisher ungefragt finanziert wurden, ist der Schritt in die finanzielle Eigenverantwortung hart. Da ist Konsequenz seitens der Eltern wichtig. Kinder können auch gewisse Durststrecken aushalten. Der Jugendlohn belastet das familiäre Budget meist weniger als die klassische Taschen- geld- und «Hohle-Hand-Finanzierung» und bringt Eltern und Kinder mehr finanziellen Spielraum. Das Modell eignet sich deshalb für Familien aus allen Einkommensklassen. Ab 12 Jahren: Jugendlohn, die bessere Alternative zum Taschengeld Was bewirkt der Jugendlohn? Für die Jugendlichen: Sie lernen die wichtige Sozialkompe- tenz «Realitäts- und situationsgerech- ter Umgang mit Geld». Ihre Selbstverantwortung und Autonomie wird gefördert. Sie lernen ihr Leben und ihre Bedürf- nisse zu planen und Wünsche wenn nötig auch aufzuschieben. Für die Eltern und die ganze Familie: Die Kommunikation in der Familie wird erleichtert; das Konfliktpotenzial in der Familie wird reduziert. Kompetenzen können gut geregelt werden. Die Eltern werden in der Zeit der Pubertät ihrer Kinder entlastet; eine positive Beziehung zwischen Kindern und Eltern wird gefördert. Jugendlohn

Pro Juventute

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Jugendlohn

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Page 1: Pro Juventute

Mit Geld umgehen lernen soll eingebettet sein in die Erziehung zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung. Viele Kinder verfügen über keinen klar definierten Freiraum zur Bewältigung und Gestaltung ihres täglichen Lebens in eigener Kompetenz. Es fehlt ihnen die Gelegenheit, ihre diesbezüglichen Fähigkeiten im Alltag einzusetzen und zu erproben. Später, als Jugendliche, sollten sie darin gefördert werden, ihre Fähigkeiten zur Lebensbewältigung auszuschöpfen. Entscheidend ist deshalb, dass Eltern nicht warten, bis die Kinder fordern, sondern ihre Kinder fördern, indem sie ihnen Verantwortung über-tragen. Der Jugendlohn ist ein erprobtes Instrument, um dies umzusetzen.

Unter Jugendlohn verstehen wir den Betrag, den ein junger Mensch für seine Lebensge-staltung benötigt und der ihm in eigener Verantwortung zur Gestaltung seines Kompe-tenzbereiches übergeben wird. In der Gelderziehung löst der Jugendlohn das Taschengeld ab. Die Erfahrung zeigt es: Der Eintritt ins 13. Lebensjahr, das heisst der 12. Geburtstag, ist der ideale Zeitpunkt, um Kindern Verantwortung für definierte Bereiche des Lebens zu übertragen. Die allermeisten Kinder können in diesem Alter ihre Bedürfnisse sorgfältig abwägen und holen gleichzeitig noch gerne Rat bei den Eltern.Je älter das Kind bei der Einführung des Jugendlohnes ist, desto schwieriger kann sich die Einführungsphase gestalten. Besonders für Jugendliche, die gewohnt sind, dass ihre Ver-gnügungsbedürfnisse bisher ungefragt finanziert wurden, ist der Schritt in die finanzielle Eigenverantwortung hart. Da ist Konsequenz seitens der Eltern wichtig. Kinder können auch gewisse Durststrecken aushalten.Der Jugendlohn belastet das familiäre Budget meist weniger als die klassische Taschen-geld- und «Hohle-Hand-Finanzierung» und bringt Eltern und Kinder mehr finanziellen Spielraum. Das Modell eignet sich deshalb für Familien aus allen Einkommensklassen.

Ab 12 Jahren: Jugendlohn, die bessere Alternative zum Taschengeld

Was bewirkt der Jugendlohn?

Für die Jugendlichen:

• Sie lernen die wichtige Sozialkompe-tenz «Realitäts- und situationsgerech-ter Umgang mit Geld».

• Ihre Selbstverantwortung und Autonomie wird gefördert.

• Sie lernen ihr Leben und ihre Bedürf-nisse zu planen und Wünsche wenn nötig auch aufzuschieben.

Für die Eltern unddie ganze Familie:• Die Kommunikation in der Familie

wird erleichtert; das Konfliktpotenzial in der Familie wird reduziert.

• Kompetenzen können gut geregelt werden.

• Die Eltern werden in der Zeit der Pubertät ihrer Kinder entlastet; eine positive Beziehung zwischen Kindern und Eltern wird gefördert.

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Was umfasst der Jugendlohn?

Wegleitung zur Einführung

In der Praxis hat sich folgendes Vorgehen bewährt: Die Kinder erhalten ab dem 12. Geburtstag regelmässig den Geldbetrag, den sie für die persönliche Lebensge-staltung benötigen. Dieser Betrag variiert je nach Einkommen und Lebensweise einer Familie und sollte individuell ausgehandelt werden. Im Jugendlohn enthalten sind alle Bereiche, für welche die Eltern die Kompetenzen auf das Kind zu übertragen bereit sind:

• Kleider, Schuhe

• Sportgeräte, Sportkleider

• Fahrräder, Mofa (mindestens Unterhalt)

• Geräte und Zubehör zur Freizeitgestaltung

• Handys, Computer usw. inklusive Gebühren wie Gesprächskosten für Handy und Festnetz usw.

• Freizeitvergnügungen, Eintritte, Getränke und Fahrtkosten usw.

• eventuell auswärtige Mahlzeiten für Jugendliche, die ihr Mittagessen nicht zu Hause einnehmen

Nicht im Jugendlohn eingeschlossen werden normalerweise:

• Auslagen für gemeinsame Aktivitäten mit der Familie, wie Ferien, Ausflüge, gemeinsame Ausgänge ins Kino oder Restaurant usw.

• Wohnen, Essen, Besorgen der Wäsche usw.

• Krankenkassenbeiträge, Selbstbehalte bei Arztkosten, Zahnkorrekturen usw.

Für die Einführung des Jugendlohns hat sich das folgende Vorgehen bewährt:

• Nach einem einführenden Gespräch füllen Eltern und Kinder das Arbeitsblatt «Kompetenzen und Budget» je alleine aus (siehe letzte Seite dieses Downloads).

• Wichtig ist in der Folge ein Gespräch unter den Eltern über die Kompetenzen des Kindes: Welche Entscheidungen bezüglich Anschaffungen sollen die Kinder in welchem Alter selbst treffen?

• Auf dieser Basis wird der Finanzbedarf mit den Kindern ausgehandelt. Es ist wich-tig, dass klar festgehalten ist, welche Rechte und Pflichten mit dem Jugendlohn verbunden sind.

• Je nach Alter des Kindes wird besprochen, wie viel Geld als Sackgeld und wie viel für Investitionen (Kleider, Geräte usw.) zu verwenden ist. Dabei kann eine einfache Buchhaltung sinnvoll sein.

• Das Kind eröffnet selbst ein Konto bei einer Bank oder der Post. Die meisten Institute eröffnen Konti für Kinder ab dem 12. oder 14. Geburtstag ohne Haftung

und Unterschrift der Eltern. Falls die Eltern mit unterzeichnen müssen, sollten sie ihre Haftung zeitlich bis zur Vollendung des 13. Lebensjahrs des Kindes be-

schränken. Das ist wichtig für die Dynamik zwischen Eltern und Kind.

• Das Kind bekommt ein kleines Startkapital und per Dauerauftrag seinen Jugend-lohn auf das Konto angewiesen, solange es die ausgehandelten Bedingungen erfüllt, z.B. in die Schule geht, in einer Ausbildung ist usw.

• Die Eltern sollten bei der Einführung des Jugendlohns konsequent sein und dem Kind auch gewisse Durststrecken zutrauen.

• Geregelt werden sollte ebenfalls, ab welchem eigenen Einkommen der Jugend-lichen der Jugendlohn gekürzt wird und wann ein Beitrag an Kost und Logis zu leisten ist. Bei mehreren Kindern im Haushalt muss auch besprochen werden, wie unterschiedlich hohe Bezüge der Kinder ausgeglichen werden können, etwa durch Beiträge an spätere Ausbildungen, an Geschäftsgründungen, an den Kauf einer Wohnung usw.

Die Erfahrung zeigte, dass es von Vorteil ist, wenn nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern je einzeln über einen Geldtopf verfügen, der unabhängig ist vom Haushal-tungsgeld und über den der Partnerin oder dem Partner keine Rechenschaft zu leisten ist.

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Neue Pflichten und neue Freiheiten

Mit der Einführung des Jugendlohns entsteht für die Jugendlichen eine neue Situation mit neuen Verpflichtungen und Freiheiten. Sie bekommen einerseits mehr Möglichkeiten, sich Wünsche zu erfüllen. Anderseits können sie Fehler und Missgeschicke ohne Hilfe der Eltern, ohne Beichte, vor allem auch ohne finanzielle Folgen für die Eltern in Ordnung bringen. Voraussetzung dazu ist allerdings gezielte Aufklärung, etwa bei Haftpflicht-fragen: Viele Eltern und Jugendliche wissen nicht, dass Eltern nur sehr beschränkt für die Taten ihrer Kinder haften. Ihre Haftung ist begrenzt auf die Erfüllung ihrer Aufsichts-pflicht. Kinder haften selbst für alles, was sie aufgrund ihrer Urteilsfähigkeit selbst beur-teilen können (Art. 16 und 333 ZGB). Dies gilt auch für Bussen, bestellte Waren, Schaden-fälle inklusive Solidarhaftung bei gemeinsam mit anderen verübten Vandalenakten oder überzogenen Bankkonti (sofern die Kinder die Konti selbst eröffnen).

Autor: Urs Abt, dipl. Psychologe IAP / Familien-/Systemtherapeut IEF, ist Erfinder des Modells Jugendlohn. Er arbeitet als Therapeut und berät Familien.

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Arbeitsblatt für Eltern

Kompetenzen / Jugendlohn / Wie viel Geld geben wir aus für unser Kind

Ausgaben für Woche Monat Jahr

• Kleider

• Schuhe

• Sportartikel / Fahrräder / auch Reparaturen

• Abonnements / Reisespesen

• Weiteres

Zwischentotal (Investitionen)

• Taschengeld CD, Bücher, Disco, Kino etc.

• Telefonkosten / Handy – Internet etc.

Total

Berechnen Sie alles ausser Versicherungen, Arzt, Unterkunft, Verpflegung, Schulgelder, Musikinstrumente, Ferien mit der Familie etc.

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Kompetenzen Das kann das Kind Das bespreche/n ich/wir Das entscheide/n ich/wirbezüglich selbst bestimmen mit dem Kind und lege/n Richtlinien fest

ZimmereinrichtungOrdnung etc.

Schulaufgabenwann, wie

ZeiteinteilungNachtruhe etc.

Ausgangwohin, bis wann

Freundschaftenwer, wann

AnschaffungenKleider etc.

Ausbildung

Weiteres

Welche Rahmenbedingungen setzen Sie Ihrem Kind?

Beteiligung am Haushalt

Mitmachen bei Familienritualen

Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten

Pflichten in Schule und Arbeit

Dieses Arbeitsblatt kann als Grundlage dienen für Gespräche der Eltern mit den Kindern über Kompetenzen und Jugendlohn.

© Urs Abt, Zürich

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Welche Handlungsspielräume / Kompetenzen bin ich / sind wir bereit unserem Kind zu geben?

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Arbeitsblatt für Jugendliche

Kompetenzen / Jugendlohn /Wie viel Geld benötige ich Alter

Ausgaben für Woche Monat Jahr

• Kleider

• Schuhe

• Sportartikel / Fahrräder / auch Reparaturen

• Abonnements / Reisespesen

• Weiteres

Zwischentotal (Investitionen)

• Taschengeld CD, Bücher, Disco, Kino etc.

• Telefonkosten / Handy – Internet etc.

Total

Berechne alles ausser Versicherungen, Arzt, Unterkunft, Verpflegung, Schulgelder, Musikinstrumente, Ferien mit der Familie etc.

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Welche Entscheidungen kann ich selbst treffen? Wo wünsche ich Unterstützung und was sollen die Eltern entscheiden?

Kompetenzen Das kann und will Da wünsche ich Dies sollen die Eltern bezüglich ich selbst entscheiden Unterstützung entscheiden

ZimmereinrichtungOrdnung etc.

Schulaufgabenwann, wie

ZeiteinteilungNachtruhe etc.

Ausgangwohin, bis wann

Freundschaftenwer, wann

AnschaffungenKleider etc.

Ausbildung

Weiteres

Was an der Familie ist für mich wichtig? – und wo will und kann ich aktiv etwas zu einem guten Familienleben beitragen?

Beteiligung am Haushalt

Mitmachen bei Familienritualen

Teilnahme an gemeinsamen Mahlzeiten

Eigene Ideen was ich beitragen könnte

Dieses Arbeitsblatt kann als Grundlage dienen für die Gespräche mit den Eltern über Kompetenzen und Jugendlohn

© Urs Abt, Zürich

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