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541 Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen Wolfgang Rotard 1. Einleitung ........................................................................................................... 541 2. Immissionsprobenahme................................................................................... 544 2.1. Messen der Deposition von PCDD/F............................................................. 546 2.2. Messen von POPs in Außen- und Innenraumluſt ........................................ 547 2.2.1. Messen von PCDD/PCDF ............................................................................... 549 2.2.2. Messen von PCB ............................................................................................... 551 2.2.3. Messen von PBDE, HBCD und HBB ............................................................. 553 3. Zusammenfassung ............................................................................................ 555 4. Literaturverzeichnis .......................................................................................... 555 1. Einleitung Die troposphärische Atmosphäre mittlerer Breite besteht aus einem Dreiphasensystem mit der Gasphase aus N 2 , O 2 , CO 2 , Wasserdampf usw. und den darin dispergierten Aerosolen. Die Aerosole sind feste Partikel aus anorganischen und/oder organischen Bestandteilen wie Salze, Silikate, Ruß, Pollen usw. sowie Hydrometeore aus Eis oder Wassertropfen mit einer Vielzahl gelöster Stoffe. Die Hydrometeore enthalten einen festen Kondensationskern, sofern dieser sich nicht aufgelöst hat. Als schwerflüchtige organische Stoffe (Schwerflüchter), bezeichnet man chemische Sub- stanzen, deren Gleichgewichtsdampfdruck unterhalb 10 -5 Pa liegt. Die Siedepunkte liegen damit über 350 °C falls diese Stoffe sich nicht bei diesen Temperaturen bereits zersetzen. Auch Stoffe mit solch hohen Siedepunkten gelangen durch Volatilisierung bei den in Mitteleuropa herrschenden Durchschnittstemperaturen, insbesondere im Sommer in die Gasphase der Atmosphäre und liegen damit nicht nur adsorbiert vor. Für die Entwicklung einer Probenahmestrategie von Schwerflüchtern in der Atmosphäre ist es notwendig näherungsweise abzuschätzen, wie hoch deren Anteil verteilt in den drei Pha- sen ist, d.h. ob sie vorwiegend an Partikel adsorbiert, gasförmig oder gelöst in Wassertropfen vorliegen. Die hier betrachteten Stoffgruppen der halogenierten Aromaten, im Folgenden POPs genannt (Persistent Organic Pollutants), sind einerseits persistent, daher schwer abbaubar und somit langlebig und unpolar, also lipophil, wodurch ihre Wasserlöslichkeit extrem klein ist und ihr Anteil in den Hydrometeoren sehr niedrig liegt. Sie weisen trotz ihres sehr niedrigen Dampfdruckes eine relativ hohe temperaturabhängige Fluchttendenz aus Wasser auf, da die dimensionslose Henrykonstante im Bereich von 10 -2 – 10 -5 liegt. Die Henrykonstante ist proportional dem Verhältnis aus Dampfdruck zur Löslichkeit.

Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer ...€¦ · Wolfgang Rotard 544 Sehr kleine ultrafeine Partikel können wie gasförmige Stoffe bis in die Alveolen vordringen

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Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Wolfgang Rotard

1. Einleitung ...........................................................................................................541

2. Immissionsprobenahme ...................................................................................544

2.1. Messen der Deposition von PCDD/F .............................................................546

2.2. Messen von POPs in Außen- und Innenraumluft ........................................5472.2.1. Messen von PCDD/PCDF ...............................................................................5492.2.2. Messen von PCB ...............................................................................................5512.2.3. Messen von PBDE, HBCD und HBB .............................................................553

3. Zusammenfassung ............................................................................................555

4. Literaturverzeichnis ..........................................................................................555

1. EinleitungDie troposphärische Atmosphäre mittlerer Breite besteht aus einem Dreiphasensystem mit der Gasphase aus N2, O2, CO2, Wasserdampf usw. und den darin dispergierten Aerosolen. Die Aerosole sind feste Partikel aus anorganischen und/oder organischen Bestandteilen wie Salze, Silikate, Ruß, Pollen usw. sowie Hydrometeore aus Eis oder Wassertropfen mit einer Vielzahl gelöster Stoffe. Die Hydrometeore enthalten einen festen Kondensationskern, sofern dieser sich nicht aufgelöst hat.

Als schwerflüchtige organische Stoffe (Schwerflüchter), bezeichnet man chemische Sub-stanzen, deren Gleichgewichtsdampfdruck unterhalb 10-5 Pa liegt. Die Siedepunkte liegen damit über 350 °C falls diese Stoffe sich nicht bei diesen Temperaturen bereits zersetzen. Auch Stoffe mit solch hohen Siedepunkten gelangen durch Volatilisierung bei den in Mitteleuropa herrschenden Durchschnittstemperaturen, insbesondere im Sommer in die Gasphase der Atmosphäre und liegen damit nicht nur adsorbiert vor.

Für die Entwicklung einer Probenahmestrategie von Schwerflüchtern in der Atmosphäre ist es notwendig näherungsweise abzuschätzen, wie hoch deren Anteil verteilt in den drei Pha-sen ist, d.h. ob sie vorwiegend an Partikel adsorbiert, gasförmig oder gelöst in Wassertropfen vorliegen. Die hier betrachteten Stoffgruppen der halogenierten Aromaten, im Folgenden POPs genannt (Persistent Organic Pollutants), sind einerseits persistent, daher schwer abbaubar und somit langlebig und unpolar, also lipophil, wodurch ihre Wasserlöslichkeit extrem klein ist und ihr Anteil in den Hydrometeoren sehr niedrig liegt. Sie weisen trotz ihres sehr niedrigen Dampfdruckes eine relativ hohe temperaturabhängige Fluchttendenz aus Wasser auf, da die dimensionslose Henrykonstante im Bereich von 10-2 – 10-5 liegt. Die Henrykonstante ist proportional dem Verhältnis aus Dampfdruck zur Löslichkeit.

Wolfgang Rotard

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Mit Hilfe der empirischen Junge-Gleichung kann näherungsweise der adsorbierte Anteil fi eines Stoffes i in der Atmosphäre abgeschätzt werden. Dieser Stoffanteil ist abhängig vom stark mit der Temperatur steigenden Gleichgewichtsdampfdruck pi (Pa) des reinen Stoffes, der Partikeloberfläche pro partikelhaltigem gemittelten Atmosphärenvolumen q (cm2/cm3) und damit näherungsweise von der Partikelanzahl sowie von einem stoff- und aerosolab-hängigen Korrekturfaktors kj, dessen Wert für eine Reihe schwerflüchtiger lipophiler Stoffe bei kohlenstoffhaltigen Aerosolen etwa 18 Pa cm beträgt.

fi =

kj • q adsorbierter Stoffanteil in der Atmosphäre pi + kj • q

Der adsorbierte Anteil fi eines Stoffes kann zwischen 0 und 1 liegen. Die Summe des in der Wasserphase (Hydrometeore) gelösten, an Partikel adsorbierten und in der Gasphase vorhandenen Stoffanteils der Atmosphäre beträgt Wfi + Pfi + Gfi = 1.

Tabelle 1 zeigt, dass bei gegebenem Dampfdruck der adsorbierte Anteil mit der Partikelzahl in der Atmosphäre und somit von Reinluftgebieten über Landluft zur Stadtluft deutlich ansteigt. Ebenso steigt der adsorbierte Anteil mit sinkendem Dampfdruck. Zum Beispiel steigt nach dieser Gleichung der adsorbierte Anteil von Anthracen von 15 Prozent in Rein-luft auf über 64 Prozent in Landluft und bis auf 95 Prozent in Stadtluft an. Dies hat für die Erfassung der Stoffe bereits bei der Probenahme weitreichende Konsequenzen.

Tabelle 1: Einfluss von Dampfdruck pi und Partikeloberfläche pro Volumen q auf den adsorbierten Stoffanteil fi

Pfi

Stoff i pi q = 10 7 cm 1 q = 10 6 cm 1 q = 10 5 cm 1

z.B. Pa Reinluft Landluft Stadtluft

Hexachlorbenzol 10 3 0,00 0,02 0,15

Hexachlorbiphenyl 10 4 0,02 0,15 0,64

Anthracen 10 5 0,15 0,64 0,95

Fluranthen 10 6 0,64 0,95 0,99

2,3,7,8-TeCDD 10 7 0,95 0,99 0,999

Bei Verbrennungen und anderen thermischen Prozessen betragen die Emissionstempe-raturen am Schornsteinaustritt meist über 100 °C, wodurch der gasförmige Anteil dort wesentlich höher ist als bei den üblichen bodennahen atmosphärischen Temperaturen.

Die Emissionen aus anthropogenen Quellen erfolgen diffus (z.B. Kraftfahrzeugemissionen, Baustoffemissionen, Hausfeuerungsanlagen) oder punktuell (z.B. Abfallverbrennungsan-lagen, Stahlsinteranlagen) in die Atmosphäre. Die Transmission beschreibt die vertikale und horizontale atmosphärische Ausbreitung der emittierten Verunreinigungen durch Konvektion und Dispersion (Turbulenz) und führt zu deren von der jeweiligen meteo-rologischen Situation abhängigen Vermischung und damit Verdünnung. Während des Transportes können vor allem oxidative chemische und photochemische Reaktionen zur Transformation insbesondere organischer Stoffe führen. Physikalische Prozesse können je nach meteorologischen Bedingungen zu deren Ausscheidung und Ablagerung vor allem gröberer Partikel durch Sedimentation, feinerer Partikel durch Impaktion und ultrafeiner Partikel durch Diffusion führen. Die Ablagerung durch Sedimentation, trockne Deposition (Impaktion und Diffusion) ist Dichte und Partikelgrößen abhängig wie Bild 1 zeigt.

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Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Die nasse Deposition durch in cloud und sub cloud Scavening ist in Mitteleuropa ein weiterer wichtiger Abscheidungsprozess.

Bild 1: Abhängigkeit der Partikeldepositionsgeschwindigkeit vD von der Partikelgröße dP und deren Dichte rP. Die Dicke der Balken gibt die Stärke des jeweiligen Einflusses an.

Der Stoffübergang aus der Atmosphäre auf Rezeptoren bzw. Akzeptoren, wie Menschen, Tiere, Pflanzen, Böden, Gewässer, Sachgüter wird als Immission bezeichnet.

Die Immission atmosphärischer Schadstoffe, also deren Einwirkung als Gas, an Partikeln adsorbiert oder im Hydrometeor gelöst auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Gewässer und Böden ist vor allem aus gesundheitlichen und ökotoxikologischen Gründen von großer Bedeutung. Insbesondere das Einatmen der Luft und damit die Inkorporation darin befindlicher Schadstoffe wurden in der Vergangenheit intensiv untersucht und es wurde herausgefunden, dass Partikel in Abhängigkeit von ihrer Größe unterschiedlich tief in die Atemwege eindringen können (Tabelle 2).

Angriffsort Partikeldurchmesser* dP

Nasen-Rachenraum 5 – 10 µm

Luftröhre 3 – 5 µm

Bronchien 2 – 3 µm

Bronchiolen 1 – 2 µm

Alveolen 0,1 – 1 µm

* dP aerodynamischer Äquivalentdurchmesser: betrachtetes Partikel verhält sich wie sphärisches Vergleichspartikel der Dichte von 1 g/cm3 und dem genannten Durchmesser.

Tabelle 2:

Unterschiedliche Eindringtiefe und Wirkungsort von Partikeln

0,001

1

0,1

0,01

Depositionsgeschwindigkeit VDcm/s

dp µm

aerodynamischer Äquivalentdurchmesser (sphärische Partikel, ρp = 1 g/cm3)

0,1 0,5 1 5 10 100

Sedimentations-bereich

VS = f(dp,ρp)

Impaktionsbereich

DiffusionsbereichVDiff

jenachρp

Wolfgang Rotard

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Sehr kleine ultrafeine Partikel können wie gasförmige Stoffe bis in die Alveolen vordringen und schließlich sogar die Alveolenmembran penetrieren und in den Blutkreislauf gelan-gen. Die Zahl der abgeschiedenen Partikel im Größenbereich von dP = 0,1 – 1 µm nimmt jedoch ein Minimum an, da hier die Abscheidung mit kleiner werdendem Durchmesser durch Impaktion (Abscheidung durch Massenträgheit) immer geringer wird und die durch Diffusion erst langsam ansteigt. Die nicht abgeschiedenen Partikel oder Gase werden wie-der ausgeatmet. Diese auch als Filterlücke bekannte Eigenschaft von Partikeln ist auch bei Probenahmen zu beachten, da hier ähnliche Effekte auftreten.

Die Einwirkung auf den Rezeptor Mensch, also die Exposition durch einen Schadstoff in Form einer aufgenommenen Dosis, kann wie folgt ermittelt werden:

Di = VA • ßi • Ri = [mg/kg • d]

td • mKG • 100 %

Die Dosisrate Di entspricht der in der eingeatmeten Luft vorhanden Schadstoffkonzentration ßi multipliziert mit dem Atemvolumen VA und der Resorptionsrate Ri (hundert Prozent wenn keine Daten dazu bekannt sind) bezogen auf den betrachteten Zeitraum td und das Körpergewicht mKG.

Um also die Schadstoffexposition bzw. die Dosisrate berechnen zu können ist die Messung der Massenkonzentration in der bodennahen Atmosphäre und somit die Messung der Immissionskonzentration notwendig.

Bild 2: Polychlorierte Dibenzo-p-dioxi-ne (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF)

Bild 3: Strukturformel der Polychlorierten Biphenyle (PCB)

PCDD

Kongenere:hochtoxisch:(Hochtoxisch sind nur die in 2,3,7,8 Posi-tion Cl oder Br substituierten Kongenere)

757

13510

x,y = 0-4; x+y = 1-8

PCDF

PCB

Kongenere: 209, davon dioxinähnlich: 12 coplanare (4 non-ortho, 8 mono-ortho)

x,y=0-5; x+y=1-10

Für folgende POPs (Bilder 2 bis 5) werden die VDI-Richtlinien zur Probenahme und Analyse vorgestellt: Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF), Polychlorierte Biphenyle (PCB), Polybromierte Diphenylether (PBDE), He-xabromcyclododecan (HBCD) und Hexa-brombenzol (HBB). In den nachfolgenden Bildern steht der Index x und y jeweils für die Zahl der Cl- oder Br-Atome die an der betrachteten Phenylgruppe anstelle von H-Atomen gebunden sind. Mit Kongenere wird die Anzahl der Einzelverbindungen einer Stoffgruppe bezeichnet.

2. Immissionsprobenahme

Es existieren zahlreiche Luftprobenahme-techniken für diverse Bereiche und die verschiedenen Luftschadstoffe. Um bei Emittenten die Abgasbelastung ermitteln zu können ist die zeit- und kostenintensive isokinetische Probenahme im strömenden Abgas, häufig bei höheren Temperaturen, zwingend erforderlich. Die Abgaskonzent-rationen sind meist um Größenordnungen höher als bei Immissionen.

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Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Die Immissionsprobenahme für POPs ist zwar weniger aufwändig als bei Emissionsmes-sungen, gleichwohl gestalten sich Immissionsmessungen doch häufig als schwierig, weil die

• Konzentrationenbiszu100.000-fachniedrigerseinkönnenalsbeiEmissionen,

• daherdieSammlungoftgroßerProbevoluminanotwendigist,

• die Immissionskonzentrationen wegen variierenden Emissionen und wechselndenmeteorologischen Bedingungen starken räumlichen und zeitlichen Schwankungen unterliegen,

• NiederschlägeinFormvonRegen,SchneeundHagelsowieTemperaturschwankungenzwischen -30 °C und +42 °C berücksichtigt werden müssen.

Bei der Immission sind neben den gasförmigen Stoffen, die Stäube mit den adsorbierten Stoffen und eventuell die Inhaltsstoffe der nassen Deposition zu berücksichtigen (Bild 6).

PBDEKongenere: 209 x,y = 0-5; x+y = 1-10

α,β, -HBCD HBB

Bild 4:

Strukturformeln von Polybro-mierten Diphenylethern (PBDE)

Bild 5:

Strukturformeln von Hexab-romcyclododecan (HBCD) und Hexabrombenzol (HBB)

Gase: SO2, NOx,...

organische Stoffe

Immissionen

Inhaltsstoffe

Schwebstaub

Gesamtstaub

Größenverteilung

Inhaltsstoffe

Hydrometeore

Regen

Tau

Nebel

Schnee

Inhaltsstoffe

Staubdeposition

Aerosole

Bild 6:

Möglichkeiten der Immissions-probenahme

Wolfgang Rotard

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Die Probenahmestrategie und damit die Einrichtung der Immissionsprobenahmestelle orientiert sich an der Aufgabenstellung. Meist wird eine Belastungsermittlung (Moni-toring) erwünscht und es stellt sich die Frage nach dem optimalen Probenahmeort und deren Beeinflussung durch die örtliche Meteorologie (insbesondere Windrichtung, -stärke, Bäume, Gebäude) und durch

• denländlichenHintergrund(Ferntransport),

• denstädtischenHintergrund(diffuserStadtbeitrag),

• Verkehrsstationen(Verkehrseinfluss),

• hochgelegeneMessorte,z.B.Berge,Türme,

• küstennaheStationen(Land-/Seeeffekte),

• Emittenteneinfluss.

Die Charakterisierung des Probenahmeortes ist daher unerlässlich und Grundvoraussetzung für die später erfolgende Bewertung und Interpretation der Messergebnisse.

Der Probenahmezeitraum ist abhängig von der Aufgabenstellung unter besonderer Be-rücksichtigung der Empfindlichkeit des Analyseverfahrens, z.B. kann die Probenahme ½ Stunde, 1 Stunde, 1 Tag, 1 Woche, 1 Monat oder 1 Jahr betragen. Für POPs beträgt die Probenahmedauer meist zwischen 1 Tag und einigen Wochen. Der zeitliche Konzentrations-verlauf kann ebenfalls ermittelt werden.

Die Immissionsprobenahme kann passiv oder aktiv erfolgen. Jedoch sind Passivsammler, die auf dem Diffusionsprinzip beruhen für POPs nicht geeignet. Als weitere passive Pro-benahme für POPs ist die einfache Staubsammlung in Töpfen wie z.B. dem ISO-Topf oder dem Bergerhoff-Topf (Einmachglas) möglich.

Die Planung von Immissionsmessungen ist für Außenluft in den Richtlinien VDI 4280 Bl. 1 – 5 und in der Innenraumluft in den Richtlinien VDI 4300 Bl. 1 – 2 beschrieben.

2.1. Messen der Deposition von PCDD/F

Die Bestimmung der Deposition von Polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen und Dibenzo-furanen (PCDD und PCDF; Strukturformel Bild 1) durch Sammlung und Analyse des im Bergerhoff-Topf (Bild 7) gesammelten Staubes nach VDI 2090 Blatt 1 ist zwar sehr einfach aber problematisch, da es im Winter zu Frostbruch des Glasgefäßes kommt und darüber hinaus der Staub häufig nach Niederschlägen mit Wasser bedeckt ist, was zu Verlusten durch Verflüchtigung und Überlauf führen kann. Eventuell vorhandenes Wasser wird über ein Glasfaserfilter abfiltiert und der gesamte Topf zur Entfernung der Feuchtigkeit mit Aceton sowie anschließend Toluen gespült und die Spüllösung durch das Filter gesaugt. Das Filter wird dann mit Toluen im Soxhlet extrahiert und anschließend der Extrakt zusammen mit der Spüllösung konzentriert und durch ein dreistufiges chromatographisches Verfahren gereinigt, ähnlich wie in Bild 11 gezeigt (allerdings ohne die SiO2/AgNO3-Schicht). Das auf 20 – 50 µL mit N2 eingeengte Eluat wird mittels GC-MS durch Isotopenverdünnung mit 13C12-markierten internen Standards quantitativ bestimmt, wie in Kapitel 2.2.2. beschrieben. Insgesamt sechzehn 2,3,7,8-substituierte interne 13C12- markierte PCDD/F-Standards wer-den als Extraktionsstandards vor der Extraktion auf den Staub gegeben und zwei weitere 13C12-markierte PCDD/F-Standards werden zum Konzentrat als Wiederfindungsstandards hinzugegeben.

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Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Die VDI-Richtlinie VDI 2090 Blatt 2 Bestimmung der Deposition von schwerflüchtigen or-ganischen Substanzen, Bestimmung der PCDD/F-Deposition umgeht diese Nachteile, weil die Probenahme durch ein Trichter-Adsorber-System (Bild 8) erfolgt, bei dem das Wasser durch eine Glasfaserhülse mit den gesammelten Stäuben und anschließend über eine mit dem XAD 2 Adsorberharz gefüllte Glassäule in ein Sammelgefäß zur Volumenmessung läuft. Die Probenahmedauer wird hier nicht durch die nasse Deposition limitiert außer bei großen Schneemengen. Die gelösten schwerflüchtigen Stoffe werden am Harz adsorbiert. Die Stäube in der Glasfaserhülse und das XAD 2-Harz werden wie oben beschrieben ge-spült, extrahiert, gereinigt und analysiert. Die Nachweisgrenze liegt bei etwa 1 pg/(m2d) und die Verfahrensstandardabweichung liegt je nach Kongener zwischen 7 und 23 Prozent.

Mit beiden Probenahmeverfahren können im Prinzip auch andere Schwerflüchter gesam-melt werden, jedoch liegen keine Kenndaten vor.

Glasfritte

XAD 2 Adsor-berharz

Glasfaserhülse

Glaswolle

Bild 7: Bergerhoff-Topf – VDI 2090 Bl 1 Bild 8: Trichter–Adsorber Sammler – VDI 2090 Bl 2

2.2. Messen von POPs in Außen- und Innenraumluft Die Probenahme von POPs in Außen- und Innenraumluft ist durch das Ansaugen der Luft über ein Glasfaserfilter mit nachgeschaltetem Adsorbens möglich. Hierbei wird die Gesamtheit der gasförmigen und partikulär gebundenen POPs in der Luft erfasst – sehr große Partikel mit Äquivalentdurchmessern > 50 µm werden weniger gut angesaugt und sedimentieren vorwiegend. Eine Differenzierung der gesammelten POPs nach ihrem Vor-kommen in der Atmosphäre, an Staub adsorbiert und/oder gasförmig, ist nicht möglich, da mit der Dauer der Probenahme die durch das Filter und damit am gesammelten Staub vor-beiströmende Luft die POPs mit steigendem Dampfdruck desorbiert und im nachfolgenden

Wolfgang Rotard

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Adsorbens wieder abscheidet. Bereits nach einwöchiger Probenahme ist die ursprünglich auf das Glasfaserfilter aufgegebene Masse von z.B. 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin nur noch zu fünf Prozent auf dem Filter aber zu 95 Prozent auf dem Adsorbens zu finden, bei Octachlordibenzodioxin bleiben 95 Prozent auf dem Filter und nur fünf Prozent werden auf das Adsorbens übertragen.

Bei der aktiven Probenahme der POPs sollte sich der Probeneinlass etwa 1,5 m über dem Boden befinden und die Filteranströmgeschwindigkeit ist etwa so groß wie die Einatem-geschwindigkeit. Nachfolgende Bedingungen sollten eingehalten werden:

• keineKondensationseffekte,undkeinEindringenvonNässe,

• SchutzgegenVereisung,

• SchutzgegenVerschmutzung(z.B.Laub,Vögel),

• keineSorptionundReaktionenanWandmaterialien,

• beiInnenraumluftdarfdasProbenahmevolumenproStundemaximalzehnProzentdes Raumvolumens betragen.

In den VDI-Richtlinien 3498 und 2464 können sowohl Kleinfiltergeräte (Bild 9) mit einem Volumenstrom von etwa 3 m3 und Großfiltergeräte mit etwa 16 m3 eingesetzt werden. Aller-dings können Großfiltergeräte aufgrund ihres großen Lärmpegels nicht in Innenräumen oder Wohngebieten eingesetzt werden.

Bild 9:

Kleinfiltergerät zur Immissions-probenahme

Probenahmeknopf

Absaugrohr

Zählwerk

Zeitschaltuhr

Schalter

Gehäuseschutz:Pumpe, Volumenmessgerät u.a.

Beim Kleinfiltergerät wird die Luft von einer Pumpe durch den Probenahmekopf (Bild 10) angesaugt. Im Probenahmekopf wird die Luft über ein Glasfaserfilter zur Abscheidung der Partikel und dann durch einen Polyurethanschaum (PU-Schaum) zur Absorption gasförmiger POPs geleitet. Die Probenahmedauer richtet sich nach den Anforderungen der Problemstellung und kann zwischen einigen Stunden bis zu vier Wochen dauern.

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Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

Unmittelbar vor der Probenahme werden je nach Richtlinie und POP ein oder mehrere 13C-markierte Probenahmestandards auf den PU-Schaum gegeben. Nach der Probenahme wird der PU-Schaum mit 13C- markierten Extraktionsstandards (Quantifizierungsstandards) dotiert und gemeinsam mit dem Glasfaserfilter mit Toluol extrahiert. Bei sehr feuchten Proben empfiehlt es sich einen Wasserabscheider einzusetzen. Anschließend wird der Ex-trakt konzentriert und durch ein zwei- oder dreistufiges chromatographisches Verfahren gereinigt (Kapitel 2.2.2. bis 2.2.3.). Unmittelbar vor der Analyse wird der 13C-markierte Wiederfindungsstandard hinzugegeben.

2.2.1. Messen von PCDD/PCDF PCDD/PCDF spielten insbesondere in der Innenraumluft durch die Verwendung von Di-oxin kontaminiertem Pentachlorphenol als Holzschutzmittel in den achtziger und neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine große Rolle, die Konzentrationen konnten im Innenraum das Hundertfache der Außenluft betragen.In den Richtlinien VDI-3498 Blatt 1 mit großem Filter und Blatt 2 mit kleinem Filter werden die Probenahme und Analyse der PCDD/F in Außen- und Innenraumluft beschrieben. Die Probenaufbereitung mit einer dreistufigen chromatographischen Reinigung ist für die PCDD/F in Bild 11 für Blatt 2 beispielhaft beschrieben. Die Konzentrierung auf den verschiedenen Probenaufbereitungsstufen erfolgt im Rotavapor auf 1 – 2 mL, in der letzten Stufe unmittelbar vor Zugabe der Wiederfindungsstandards wird durch Aufblasen von Inertgas (N2 oder Argon) auf 50 bis minimal 20 µL konzentriert. Für die Trennung im Gaschromatographen (GC) werden möglichst lange (60 m) und enge (< 0,25 mm) mit einem dünnen Film (0,2 µm) aus Cyanopropyl-phenyldimethylsilikon be-schichtete Kapillartrennsäulen eingesetzt, wobei die Probenaufgabe von 1 – 2 µL problemlos on column, splitlos oder mittels PTV erfolgen kann. Zwar führt die Verwendung polarer Trennfilme bei Temperaturen über 280 °C zu einem hohen chemischen Rauschen, was zu niedrigeren Nachweisgrenzen führt. Trotzdem sind diese wesentlich besser zur Auftrennung der komplexen Kongenerengemische geeignet als unpolare Phenyldimethylsilikon-Filme. Nach der temperaturprogrammierten Trennung bei Temperaturen bis 300 °C werden die Analyte im hochauflösenden Massenspektrometer (MS) durch Elektronenstoßionisation bei 35 eV ionisiert und im Massenfilter nach ihrem Masse zu Ladungsverhältnis bei einer Auflösung von 8.000 getrennt und anschließend detektiert. Zur Erzielung einer maxima-len Empfindlichkeit werden anstelle des Totalionenstroms Einzelionen detektiert, wobei die charakteristischsten beiden intensivsten Einzelionen des jeweiligen nativen (12C12) Kongeners und des jeweiligen 13C12-markierten Standards quantitativ erfasst werden. Die einzelnen Kongenere werden in Gruppen mit gleichem Masse zu Ladungsverhältnis (Chlorhomologen) zusammen detektiert. Wegen der vorhergehenden Trennung im GC sind sie aber in die Isomere aufgetrennt und können daher anhand ihrer Retentionszeit identifiziert werden (Bild 12).

Stahlgewebe (Filterträger)

Glasfaserfilter Edelstahlgehäuse

PU-Schaumanströmende

Luftzur Pumpe Bild 10:

Probenahmekopf zur Sorption schwerflüchtiger Stoffe

Wolfgang Rotard

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Mit Hilfe der Kalibrierung wird der funktionale Zusammenhang zwischen der Quantität der nativen Kongenere in der injizierten Lösung und damit der gesammelten Probe und den zur Probe hinzu gegebenen 13C12-markierten Quantifizierungsstandards hergestellt. Zur quantitativen Auswertung wird jeweils nur das intensivste Einzelion verwendet, das zweite dient zur Qualitätssicherung. Durch die Zugabe der 13C12-markierten internen Standards zur Probe erleiden diese während der Probenaufbereitung die gleichen Verluste wie die nativen Kongenere in der ursprünglichen Probe. Dieses Verfahren der Isotopenverdünnungsanalyse ist das genaueste quantitative Analyseverfahren für organische Spurenstoffe.

Die Nachweisgrenzen des Analyseverfahrens liegen bei einem Probenahmevolumen von 1.000 m3 Außenluft je nach Kongener < 1 – 3,5 fg/m3 und die Verfahrensstandardabwei-chungen zwischen 2 und 14 Prozent.

Probe:Filter + Adsorbenz

Probenahme-standards

Extraktions-standards

Konzentrieren

Konzentrieren

Konzentrieren

Konzentrieren

Aloxsäule22 mm x 190 mm

Elution: 1. Benzen2. Hexan/CH2Cl2(98:2)

Elution: Hexan

Elution: 1. Hexan/CH2Cl2 (98:2)2. Hexan/CH2Cl2 (1:1)

Alox-Pasteurpipette7 mm x 150 mm

Wiederfindungs-standards

GemischteKieselgelsäule22 mm x 190 mm

Extraktion mitzum Beispiel

Toluen

Na2SO4SiO2

SiO2 / 44 % H2SO4SiO2

SiO2 / 33 % NaOHSiO2/AgNO3

SiO2

Na2SO4Al2O3 B Super l

GC-MS

Na2SO4Al2O3 B Super l

Bild 11:

Analysenschema für PCDD/PCDF nach VDI 3498 Bl. 2 (anstelle von Benzen kann auch Toluen verwendet werden)

551

Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

2.2.2. Messen von PCB

Die Polychlorierten Biphenyle (PCB) können nach Richtlinie 2464 Blatt 1 für 6 PCB-Konge-nere und nach Blatt 2 für die coplanaren PCB (Bild 2) mit ihren dioxinähnlichen toxischen Eigenschaften bestimmt werden. Ursache für deren hohe Toxizität ist die Fähigkeit der nicht oder nur einmal in ortho Position mit Chloratomen substituierten Phenylgruppen beide Phenylgruppen planar zueinander auszurichten – dies gelingt bereits mit 2 Substituenten in ortho Position nicht mehr. Das Blatt 1 ist eine einfachere und schnellere Methode als Blatt 2, dient aber nur zur Bestimmung der 6 PCB 29, 52, 101, 138, 153, 180 (Nomenklatur nach Ballschmiter), vor allem in Innenräumen – insbesondere muss hier davor gewarnt werden, diese Ergebnis auf die Gesamtsumme aller PCB hochrechnen zu wollen, der Fehler kann dabei leicht bei mehreren hundert Prozent liegen. Zur Klärung gesundheitlicher Risiken von PCB in der Luft durch Messung der Luftkonzentration ist nur Blatt 2 geeignet.

Bei dem verwendeten chromatographischen Reinigungsverfahren in Blatt 2 (Bild 13) ist es möglich die PCDD/F parallel neben den PCB zu bestimmen. Dazu wird die Reinigung, im Gegensatz zum Analysenschema in Bild 11, mit der gemischten Kieselgelsäule begonnen und dann erst wird im 2. Schritt die Aloxsäule eingesetzt mit folgenden Eluatfraktionen: 1. Hexan (wird verworfen), 2. Toluen (enthält die PCB) und 3. Hexan/CH2CL2 (1:1) ent-hält die PCDD/F. Die PCB können anschließend noch mit einer Aktivkohlesäule in die 1. Hexan-/Toluenfraktion (98:2) mit den non-ortho und 2. Toluenfraktion mit den restlichen PCB getrennt werden (Bild 13).

Bild 12: Massenfragmentogramme der Chlorhomologengruppen mit ihren Isomeren für die PCDD (links) und PCDF (rechts)

TeCDD

PeCDD

HpCDD 425,7737

TeCDF

HpCDFOcCDD

HxCDD PeCDF HxCDF

OcCDF

20 24 28min

32 34 34

24 28 32 36 40 44 48min

55 60 65 70 75min

75 80 85 90 95min

55 60 65 70 75min

75 80 85 90 95min

24 28 32 36 40 44 48min

40 45 50 55 60min

40 45 50 55 60min

20 24 28min

32

459,7348

389,8156355,8546

321,8936 303,9016

409,7788 443,7398

375,8178339,8597

Wolfgang Rotard

552

Die GC-MS Analyse erfolgt wie in Kapitel 2.2.2. beschrieben, allerdings mit 52 eV Ionisie-rungsenergie. Bei der gaschromatographischen Trennung werden für die PCB vorteilhaft Trennsäulen mit unpolaren Phenyldimethylsilikon-Filmen eingesetzt. Darüber hinaus wird in Blatt 1 ein kostengünstigeres niederauflösendes MS empfohlen, das mit 70 eV Ionisierungsenergie betrieben wird.

Die Nachweisgrenzen des Analyseverfahrens liegt in Blatt 2 bei einem Probenahmevolu-men von 1.000 m3 Außenluft für die coplanaren PCB um 5 fg/m3, bei 50 m3 Innenraumluft < 1 pg/m3. Die Verfahrensstandardabweichung liegt je nach Kongener zwischen zwei und sieben Prozent und bei PCB 169 bei 23 Prozent. In Blatt 1 liegen die Nachweisgrenzen für die 6 PCB Kongenere um mindestens eine Größenordnung höher.

Probe:Filter + Adsorbenz

Probenahme-standards

Extraktions-standards

Wiederfindungs-standards

Konzentrieren

Konzentrieren

Celitesäule22 mm x 250 mm

Elution: HexanKonzentrieren

Elution: 1. Hexan2. Toluen: PCB3. Hexan/CH2Cl2(1:1): PCDD/F

Elution: 1. Hexan/Toluen (98:2): PCB2. Toluen: non-ortho PCB

Aloxsäule22 mm x 250 mm

GemischteKieselgelsäule35 mm x 300 mm

Extraktion mitToluen

Na2SO4Al2O3 B Super l

GC-MS

Aktivkohle

Na2SO4

SiO2/AgNO3SiO2

SiO2 / 44 % H2SO4SiO2

SiO2 / 33 % NaOHSiO2

Bild 13:

Analysenschema für PCB nach VDI 2464 Bl. 2

553

Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

2.2.3. Messen von PBDE, HBCD und HBB

Die als Flammschutzmittel verwendeten Polybromierten Diphenylether (PBDE, Bild 4), Hexabromcyclododecan (HBCD, Bild 5) und Hexabrombenzol (HBB, Bild 5) können nach Richtlinie 2464 Blatt 3 bestimmt werden.

Bei der Probenahme wird wegen der hohen Blindwerte in der Außenluft ein Probenahme-volumen von 1.000 – 3.000 m3, in Innenraumluft von mindestens 500 m3 empfohlen. Bei der Probenaufbereitung ist es vorteilhaft das aliphatische HBCD von den aromatischen HBB und den PBDE abzutrennen, da es gegenüber Alkali wie NaOH und AgNO3 empfindlich ist und es wegen Bromabspaltungen, Eliminationen und Oligomerisierungen zu Verlusten kommen kann.

Die gesammelte Probe wird wie bereits oben beschrieben extrahiert und ein Aliquot des Extraktes analog der Verfahrensweise bei den coplanaren PCB zur Reinigung über eine gemischte Kieselgelsäule mit Hexan und dann eine Aloxsäule mit 1. Hexan und 2. Hexan-/CH2Cl2 (1:1) chromatographiert. Die letzte Fraktion wird auf PBDE und HBB analysiert (Bild 14).

Probe:Filter + Adsorbenz

Probenahme-standards

Extraktions-standards

Wiederfindungs-standards

Konzentrieren

Konzentrieren

Konzentrieren

Elution: Hexan

Aloxsäule22 mm x 190 mm

GemischteKieselgelsäule22 mm x 190 mm

Extraktion mitToluen

Na2SO4

Al2O3 B Super l

GC-MS

Na2SO4

SiO2 / 44 % H2SO4

SiO2

SiO2 / 33 % NaOHSiO2

Elution: 1. Hexan2. Hexan/CH2Cl2 (1:1)

Ein weiteres Aliquot wird über ein saure Kieselgel-Säule (SiO2/H2SO4) chromatographiert. In der 1. Heptanfraktion befinden sich die PBDE, in der 2. Heptan-/CH2Cl2-Fraktion (1:1) das HBCD. Die PBDE werden dann über Alox chromatographiert und analysiert. Das

Bild 14:

Analysenschema für HBB und PBDE nach VDI 2464 Bl. 3

Wolfgang Rotard

554

HBCD-Eluat wird separat über eine Florisilsäule getrennt. Die 1. Heptan-Hexanfraktion wird verworfen und die 2. Hexan-CH2Cl2-Fraktion wird auf HBCD analysiert (Bild 15).

Auch hier werden 13C12-markierte Probenahme-, Extraktions- und Wiederfindungsstan-dards eingesetzt.

Die GC-Trennung erfolgt zwar über den gleichen Trennsäulentyp wie bei den PCB, jedoch müssen die Säulen sehr kurz sein und sollten 15 m nicht überschreiten, da die Dampfdrücke der Analyte teilweise extrem niedrig liegen. Die PBDE werden zusammen mit HBB mit hochauflösender MS bei einer Auflösung von 8.000 quantifiziert, wobei die Ionisierungs-energie nur 40 eV betragen soll.

Das HBCD wird mit niederauflösender MS quantifiziert, wobei zu beachten ist, dass die Messdauer pro Scan nur 30 ms im Gegensatz zu den sonst üblichen 200 – 500 ms betragen soll.

Da die hier genannten Flammschutzmittel ubiquitär vorkommen, liegen die Laborblind-werte außerordentlich hoch und erreichen oft bereits den unteren Bereich der üblichen Außenluftkonzentration. Die Ergebnisse müssen deshalb immer auf den Blindwertanteil

Probe:Filter + Adsorbenz

Probenahme-standards

Extraktions-standards

Wiederfindungs-standards

Konzentrieren

Konzentrieren

Konzentrieren

Elution: 1. Heptan: HBB, PBDE2. Heptan/CH2Cl2 (1:1): HBCD

Elution: 1. Hexan2. Hexan/CH2Cl2 (1:1)

Aloxsäule22 mm x 190 mm

HBCD- Fraktion

SaureKieselgelsäule22 mm x 190 mm

Extraktion mitAceton/Hexan (1:1)

Na2SO4

Florisil

GC-MS

Na2SO4

SiO2SiO2 / 44 % H2SO4

Bild 15:

Analysenschema für HBCD nach VDI 2464 Bl. 3

555

Probenahme und Analyse schwerflüchtiger organischer Immissionen

überprüft werden. Es ist eine große Herausforderung niedrigere Laborblindwerte an-zustreben. Die aus den Feldblindwerten ermittelten Bestimmungsgrenzen betragen für 1.000 m3 Probevolumen je nach PBDE 0,04 – 3,6 pg/m3, für HBB 0,12 pg/m3. Bei 2.000 m3 Probevolumen beträgt die Bestimmungsgrenze für HBCD 0,58 pg/m3. Die Verfahrensstan-dardabweichungen liegen je nach Kongener für Außenluft zwischen 7 und 45 Prozent, für Innenraumluft zwischen 9 und 101 Prozent.

3. Zusammenfassung PCDD/PCDF können nach den VDI-Richtlinien 2090 Blatt 1 und 2 im Depositionsstaub und nach VDI 2398 Blatt 1 und 2 in der Außen- und Innenraumluft quantitativ gemessen werden. Darüber hinaus können ebenfalls in der Außen- und Innenraumluft nach VDI 2464 Blatt 1 PCB, die coplanaren PCB nach Blatt 2 und die PBDE, HBB sowie HBCD nach Blatt 3 bestimmt werden.

Die Analyseverfahren weisen eine hohe Genauigkeit auf, weil sie die Isotopenverdün-nungsanalyse einsetzen. Bereits vor der Probenahme werden 13C-markierte Probenahme-standards auf die PU-Schäume, vor der Extraktion 13C-markierte Extraktionsstandards (Quantifizierungsstandards) auf die zu extrahierende Probe und schließlich 13C-markierte Wiederfindungsstandards in die konzentrierte Probe unmittelbar vor der Analyse gegeben. Mit den Probenahmestandards wird die Probenahme im Hinblick auf Verluste überprüft, sie werden jedoch nicht zur Korrektur der Ergebnisse eingesetzt. Der Wiederfindungsstandard dient zur Überprüfung von Verlusten bei der Probenaufbereitung – auch die so ermittelte Wiederfindungsrate geht ebenfalls nicht in die Korrektur der Ergebnisse ein, es muss aber ein Mindestwert erreicht werden. Nur mit den Quantifizierungsstandards werden Kon-zentrationsbestimmungen durchgeführt. Die PBDE, HBB und HBCD sind wegen hoher Laborblindwerte nur sehr schwierig zu bestimmen.

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[3] Bruckmann, P., Hackhe, K.; König, J.; Theisen, J.; Ball, M.; Päpke, O.; Kirschmer, P.; Mülder, W.; Rappe, C.; Kjeller, C.-O.: A Comparative Study for the Determination of Polychlorinated Dibenzofurans and Dibenzo(p)dioxins in Ambient Air. Chemosphere, Vol 27, No. 5 (1993) pp. 707/720

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Wolfgang Rotard

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[9] Gabrio, T.; Volland, G.; Eitle, C.; Flicker-Klein, A.; Kersting, G.; Link, B.; Maisner, V.; Mann, V.; Päpke, O.; Schilling, B.; Schuster, A.; Wetzig, J.; Zöllner, I.: Polybromierte Diphenylether (PBDE) in Hausstaub und Blutproben. Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 68 (2008), S. 63-69

[10] Wanner, A.; Heitmann, D.; Fromme, H.; Körner, W.: Polybromierte Diphenylether (PBDE) in Raumluft und Hausstaub von Wohnräumen in Südbayern Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 68 (2008), S. 71-77

[11] VDI 2463 Blatt 4: 1976-12 Messen von Partikeln; Messen der Massenkonzentration von Partikeln in der Außenluft; LIBFilterverfahren. Berlin: Beuth Verlag

[12] VDI 2463 Blatt 7: 1982-08 Messen von Partikeln; Messen der Massenkonzentration (Immission); Filterverfahren; Kleinfiltergerät GS 050. Berlin: Beuth Verlag

[13] VDI 2463 Blatt 8: 1982-08 Messen von Partikeln; Messen der Massenkonzentration (Immission); Basisverfahren für den Vergleich von nichtfraktionierenden Verfahren. Berlin: Beuth Verlag

[14] VDI 2464 Blatt 1: 2005-03 Messen von Immissionen; Messen von Innenraumluft; Messen von polychlorierten Biphenylen (PCB); GC/MS-Verfahren für PCB 28, 52, 101, 138, 153, 180. Berlin: Beuth Verlag

[15] VDI 2464 Blatt 2: 2009-09 Messen von Immissionen; Messen von Innenraumluft; Messen von polychlorierten Biphenylen (PCB); HR-GC/HR-MS-Verfahren für coplanare PCB. Berlin: Beuth Verlag

[16] VDI 2464 Blatt 3: 2010-10 (Gründruck-Entwurf) Messen von Immissionen; Messen von In-nenraumluft; Messen von polybromierten Diphenylethern, Hexabromcyclododecan und He-xabrombenzol. Berlin: Beuth Verlag

[17] VDI 3498 Blatt 1: 2002-07 Messen von Immissionen; Messen von Innenraumluft; Messen von polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen und Dibenzofuranen; Verfahren mit großem Filter. Berlin: Beuth Verlag

[18] VDI 3498 Blatt 2: 2002-07 Messen von Immissionen; Messen von Innenraumluft; Messen von polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen und Dibenzofuranen; Verfahren mit kleinem Filter. Berlin: Beuth Verlag

[19] VDI 4300 Blatt 1: 1995-12 Messen von Innenraumluftverunreinigungen; Allgemeine Aspekte der Meßstrategie. Berlin: Beuth Verlag

[20] VDI 4300 Blatt 2: 1997-12 Messen von Innenraumluftverunreinigungen; Meßstrategie für po-lycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH), polychlorierte Dibenzo(p)dioxine (PCDD), polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) und polychlorierte Biphenyle (PCB) in der Innenraum-luft. Berlin: Beuth Verlag