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Projekt- bewertung Themenheft Herbst 2009

Projekt- bewertung · Präs. Freiburg KWA 2003-2005 6-Streifen-Ausbau A1/A2 Härkingen-Wiggertal ASTRA, Kt. SO KNA/NWA (NISTRA) 2004-2005 Ausbau A1 Nordumfahrung Zürich Kt. ZH KWA

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Projekt-bewertungThemenheft Herbst 2009

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Herausgeberin

R+R Burger und Partner AG

Haselstrasse 1

CH - 5401 Baden

Telefon 056 203 72 11

Fax 056 203 72 99

Langmauerweg 12

CH - 3011 Bern

Telefon 031 378 68 68

Fax 031 378 68 69

[email protected]

www.rrag.ch

Autoren

Dr. Jost Lüking

Dr. Rudolf Burger

André Olschewski

Dr. Thomas Herrmann

Klaus-Peter Liedtke

Andreas Schneider

Fabienne Künzli

Redaktion und Gestaltung

R+R Burger und Partner AG

Druck

Peter Gaffuri AG

Nachbestellung und

weitere Auskünfte

R+R Burger und Partner AG

Baden, November 2009

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Vorwort

Bewertungsverfahren – eine Übersicht

Bewertung von Ausbauten im Nationalstrassennetz

Einfache Verfahren zur Projektbewertung

Berücksichtigung regionalwirtschaftlicher Effekte

Zustandsanalysen von Gewässern

Infrastruktur-Erhaltung

Unsicherheiten und Risiken

Partizipativer Prozess am Beispiel A5 Umfahrung Biel

Trends

Inhalt

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Vorwort

Welche Massnahmen und Projek-te zur Erhaltung oder zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind gut? Benutzer, Betreiber, Interessierte und Gegner beurteilen diese Frage nach unterschiedlichen Kriterien. Um zu einer nachhaltig richtigen Entscheidung zu gelangen, müs-sen diese Kriterien in geeigneter Weise berücksichtigt werden.

Bei Infrastrukturprojekten ist eine nachhaltig richtige Beurteilung beson-ders schwierig:

Ziele und Kriterien sind häufig • nicht messbar. Es gibt fast nie einen Markt oder wirtschaftliches Verhalten der Beteiligten, das zu messbaren Gewinnen oder Verlusten führt.

Infrastrukturprojekte bedingen • hohe Investitionen und haben eine lange Lebensdauer; die Datengrund-

lagen und Prognosen sind entsprechend unsicher und die Risiken sind hoch.

Die Wirkung ist politisch umstritten. • Gesellschaftlich und räumlich werden gleiche Wirkungen häufig unter-schiedlich beurteilt.

Entscheidungen müssen trotz aller • Komplexität für jedermann verständ-lich sein und rasch getroffen werden.

Zur Bewertung von Infrastrukturpro-jekten sind verschiedene Verfahren entwickelt worden, die sich diesen Herausforderungen stellen. Diese Broschüre stellt aktuelle Bewertungs-verfahren vor, die für unterschiedliche Anwendungsfälle massgeschneidert sind. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die speziellen Herausforde-rungen der Infrastrukturbewertung ge-legt:

Bewertungen in frühen Projektpha-• sen mit einem Minimum an Daten

Beurteilung räumlich unterschiedli-• cher Projektwirkungen

Beurteilung von Auswirkungen auf • die Umwelt

Bewertung unter Unsicherheit und • Beurteilung von Risiken

Bewertung von Massnahmen der • Infrastrukturerhaltung

Einbezug der Stakeholders in die • Projektbeurteilung

Die folgenden Artikel geben einen Überblick über die Erfahrungen, die R+R Burger und Partner in den letz-ten 20 Jahren sowohl in der metho-dischen Entwicklung als auch in der Anwendung gesammelt hat.

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R+R wendet seit den 1980er Jahren verschiedene Bewertungsverfah-ren an, um die volkswirtschaftliche Rentabilität von Infrastrukturpro-jekten abzuschätzen.

Für die Beurteilung der volkswirt-schaftlichen Rentabilität von Infra-struktur-Investitionen wurden seit den 1950er und 1960er Jahren standar-disierte Verfahren erarbeitet, die als Grundlage für Investitionsentscheide, Variantenvergleiche und Prioritäten-listen dienen.

Kosten-Nutzen-Analyse (KNA)Eines dieser Verfahren ist die Kosten-Nutzen-Analyse (KNA). Sie misst alle Kosten und Nutzen eines Vorhabens oder einer Variante in abgezinsten Geldeinheiten. Ein Projekt gilt als vor-teilhaft, wenn die Summe aller Kosten und Nutzen positiv ist, die Nutzen al-so die Kosten übersteigen. Die bes-te Variante ist die mit dem höchsten

Nutzenüberschuss oder die mit dem höchsten Nutzen-Kosten-Verhältnis. Während die KNA als methodisch kla-res und transparentes Verfahren gilt, gibt es Nachteile bei der Erhebung schwer oder gar nicht monetarisierba-rer Auswirkungen.

Nutzwertanalyse (NWA)Die Nutzwertanalyse (NWA) ist eine Alternative zur KNA, die ohne mone-tarisierbare Kriterien auskommt. Hier werden die Vor- und Nachteile von Alternativen kriterienweise auf Nutz- wertskalen abgebildet. Die einzelnen Kriterien werden gewichtet, um die Präferenzen der Entscheidungsträger abzubilden. Für jedes Kriterium wird das Produkt aus Nutzwert und Ge-wicht gebildet, der Gesamtnutzwert ergibt sich aus der Summe über al-le Kriterien. Die beste Variante ist die mit dem höchsten Gesamtnutzwert. Der Vorteil dieses Verfahrens ist seine grosse Flexibilität. Die oft umstrittene

Bewertungsverfahren –eine Übersicht

Monetarisierung wird vermieden, und die Gewichtung der Kriterien eröffnet die Möglichkeit, die Präferenzen der Entscheidungsträger zu berücksich-tigen. Dafür bestehen Manipulations-möglichkeiten bei der Anwendung, zum Beispiel bei der Festlegung der Nutzwertskalen oder den Gewichtun-gen. Zudem muss das monetarisiert vorliegende Kriterium «Kosten» in ei-nen Nutzwert umgerechnet werden.

Kostenwirksamkeitsanalyse (KWA)Als eine Art Mischform aus KNA und NWA kann die Kostenwirksamkeits-analyse (KWA) gesehen werden. Hier gehen Kosten monetär, Nutzen in nicht-monetären Einheiten (i.d.R. physische Grössen, z.B. durchschnitt-licher täglicher Verkehr, Lärmpegel, Schadstoffmenge…) ein. Die Nutzen werden wie bei einer NWA gewichtet und zusammengezogen, die Kosten lediglich addiert. Dann werden Nutzen und Kosten in Bezug gesetzt und die

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Ausgewählte Bewertungen, die R+R seit 1986 durchgeführt hat

Zeitraum Projekt Auftraggeber Methodik

1986-1989 NEAT-Aufarbeitung EVED, BAV KNA/NWA

1989-1991 A28a Prättigauerstrasse Kt. GR NWA

1990-1991 Verkehrs- und Dorfkernsanierung Schönenwerd Kt. SO, Gmde. Schönenwerd

KWA

1995 Überbauung Einschnitt Wipkingen SBB Investitionsrechnung

1996-1999 Airport Plaza und Bahnhofhalle am Flughafen Zürich

FIG Investitionsrechnung

1997 Instandsetzung Bözbergtunnel SBB KNA

2001-2002 6-Streifen-Ausbau A1/A2 Härkingen-Wiggertal Kt. SO KWA

2002- A5 Bienne Centre Kt. BE NWA

2003-2004 A98 Südumfahrung Waldshut Kt. AG, Reg.-Präs. Freiburg

KWA

2003-2005 6-Streifen-Ausbau A1/A2 Härkingen-Wiggertal ASTRA, Kt. SO KNA/NWA (NISTRA)

2004-2005 Ausbau A1 Nordumfahrung Zürich Kt. ZH KWA

2004-2006 A5 Biel Süd Kt. BE NWA

2005-2006 Erweiterung Salzburger Lokalbahn Salzburg AG KWA

2005-2006 A5 Biel Anschluss Seevorstadt Kt. BE NWA

2005-2006 Gesamtnutzen der Fahrbahnerhaltung VSS KNA

2005-2007 Autobahnzubringer Oberaargau Kt. BE KNA/NWA

2006-2007 Regionalwirtschaft Autobahnzubringer Oberaargau

Kt. BE KNA mit regionaler Differenzierung

2005-2007 Verkehrserschliessung Emmental Kt. BE KNA/NWA

2006-2007 Regionalwirtschaft Verkehrserschliessung Emmental

Kt. BE KNA mit regionaler Differenzierung

2006 Iasi Tram Infrastructure Rehabilitation EBRD KNA

2006 Kantonsstrasse Hägendorf-Rickenbach Kt. SO NWA

2006-2008 Schulhausplatz Baden Kt. AG NWA nach Stakeholdergruppen

2007-2008 Agglomerationsprogramme BAV KWA

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Geldsumme, die zur Erzielung eines Nutzenpunktes erforderlich ist, ermit-telt. Die beste Variante ist diejenige, welche die geringsten Investitionen je Nutzeneinheit erfordert. Mit diesem Verfahren wird das Problem der nicht monetarisierbaren Auswirkungen ge-löst, ohne die Kosten in Nutzenpunk-te umwandeln zu müssen. Allerdings bestehen auf der Nutzenseite diesel-ben Manipulationsmöglichkeiten wie bei der NWA.

Bewertungen bei R+RErste Erfahrungen in der praktischen Anwendung von Bewertungsverfahr en bei R+R gehen auf die 1980er Jahre zurück. Von 1986 bis 1989 wurde die Bewertung der Varianten für die NEAT-Aufarbeitung im Auftrag des Bundes vorgenommen. Zur besseren Absi-cherung der Resultate wurden zwei Verfahren angewendet, eine KNA und eine NWA. Eine Besonderheit war die regionale Zuordnung der Auswirkun-gen der Varianten.

Die Bewertung verschiedener Varian-ten der A28a Prättigauerstrasse für den Kanton Graubünden erfolgte in mehreren Stufen von 1989 bis 1991. Mit Hilfe einer NWA wurden der Stand des Projektes und die diskutierten Lö-sungsansätze analysiert und Emp-fehlungen zum weiteren Vorgehen abgegeben.

Im gleichen Zeitraum wurde eine um-fassende Evaluation von Varianten für die Verkehrs- und Dorfkernsanierung Schönenwerd im Auftrag des Kantons Solothurn und der Gemeinde Schö-nenwerd durchgeführt. Mit einer KWA wurden mehrere kleinräumige Umfah-rungsalternativen geprüft und ihren Kosten gegenübergestellt.

Mitte der 90er Jahre war R+R an Wirtschaftlichkeitsrechnungen für Im-mobilienprojekte im Verkehrsbereich beteiligt. 1995 wurde eine Bewertung der Überbauung des Bahneinschnitts Zürich-Wipkingen für die SBB vorge-nommen, bei der eine für alle Beteilig-ten akzeptable Lösung für das weitere

Vorgehen in einer verfahrenen Pro-jektsituation zu finden war.

Im Zuge der fünften Ausbauetappe des Flughafens Zürich hat R+R für die Flughafen-Immobilien-Gesellschaft Varianten zum Ausbau der Shopping-Anlage über dem Flughafenbahnhof bewertet.

Im Jahre 1997 wurden im Auftrag der SBB verschiedene Neubau- und In-standsetzungsvarianten zur Sanie-rung des Böz berg tun nels geprüft. Dabei wur de eine KNA an ge wen det. Die Besonderheit lag in der dynami-schen Betrachtung; neben Projekt- wurden auch reine Ablaufvarianten berücksichtigt, also Varianten, die sich lediglich durch Verschiebungen auf der Zeitachse unterschieden.

Eine erste Bewertung des Ausbaus des Nationalstrassenabschnitts Här-kingen – Wiggertal hat R+R zwischen 1999 und 2002 durchgeführt. Das Bun-desamt für Strassen (ASTRA) als Be-steller forderte als Methodik die KWA, und R+R bewertete die möglichen Vorteile eines sechstreifigen Ausbaus im Vergleich zu einer Sanierung der bestehenden vierstreifigen Anlage. Die Herausforderung lag darin, ver-lässliche Verkehrsdaten zu generie-ren, weil keine Modelldaten vorlagen. Dieses Projekt wurde 2003 fortgesetzt, als das ASTRA das neue Bewertungs-tool NISTRA (Nachhaltigkeitsindikato-ren für Strasseninfrastrukturprojekte) einführte, eine Mischung aus KNA- und NWA-Elementen. Eine Reihe von Vorhaben, darunter auch Härkingen – Wiggertal, wurden daraufhin als Pi-lotvorhaben zusätzlich gemäss NIST-RA bewertet. Die NISTRA-Ergebnisse wurden dann mit den Resultaten der früheren KWA verglichen.

Ebenfalls 2003 beurteilte R+R die ver-schiedenen Varianten zur Umfahrung Waldshut im Auftrag des Kantons Aar-gau und des Regierungspräsidiums Freiburg im Breisgau. Dabei wurde eine vereinfachte KWA angewendet; ein Verfahren, das bei vergleichswei-

se grober Datenlage eingesetzt wer-den kann.

Im Rahmen der Projektarbeiten an der Nordumfahrung Zürich führte R+R von 2004 bis 2005 eine KWA über den Ausbau der Nordumfahrung auf sechs Streifen durch. Als Spezialität wurde die KWA durch Betrachtungen zum Kosten-Nutzen-Verhältnis im Rahmen einer Teil-KNA ergänzt.

In den Jahren 2005 bis 2007 wurden für Projektvarianten in den Gebieten Langenthal/Oberaargau und Burg-dorf/unteres Emmental im Auftrag des Kantons Bern Zweckmässigkeitsbe-urteilungen vorgenommen, die auf der NISTRA-Methodik basierten. Eine besondere Rolle spielten dabei regio-nalwirtschaftliche Effekte, die ermittelt wurden, indem die Auswirkungen den betroffenen Gebieten zugeordnet wur-den.

Für das Forschungsprojekt «Gesamt-nutzen der Fahrbahnerhaltung» hat R+R ein Bewertungssystem für stan-dardisierte Massnahmen zur Fahr-bahnerhaltung entwickelt, das auf der KNA basiert.

Für die geplante Sanierung des Kno-tens Schulhausplatz in Baden wurden mehrere Varianten untersucht und verglichen. Dafür wurden Gruppen von Betroffenen und Beteiligten de-finiert, aus deren jeweiliger Sicht die Varianten mit Hilfe eines NWA-Ansat-zes beurteilt wurden. Das Gesamtre-sultat ergab sich aus dem gewichteten Durchschnitt der stakeholder-bezoge-nen Einzelergebnisse.

2007/2008 wurde bei R+R für das Bundesamt für Verkehr (BAV) ein Ver-fahren zur vereinfachten Ermittlung von Prioritäten bei Vorhaben zur Ver-besserung der Verkehrsinfrastruktur in Agglomerationen entwickelt. Mit diesem Verfahren können mit einem Minimum an Daten zu einem frühen Zeitpunkt im Projektablauf Rangord-nungen unterschiedlicher Vorhaben vorgenommen werden.

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Um die Bestvariante auf dem Auto- bahnabschnnitt A1/A2 Härkingen – Wiggertal zu ermitteln, wurden zwei Bewertungsmethoden eingesetzt und die Ergebnisse verglichen: Eine standardisierte Kostenwirk-samkeitsanalyse und die 2003 ein-geführte NISTRA-Methode.

Auf dem Autobahnabschnitt der A1/A2 zwischen Härkingen und Wigger-tal genügen der Fahrbahnzustand so-wie die Strassenentwässerung den Anforderungen nicht mehr und sollen angepasst werden. In der Evaluation der Bestvariante waren zwei Varian-ten zu bewerten, nämlich der Ausbau auf sechs Streifen und die Sanierung der zweimal zweistreifigen Anlage ohne Ausbau. Gemäss Vorgabe des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) sollte eine standardisierte Kosten-wirksamkeitsanalyse (KWA) als Be-wertungsmethode eingesetzt werden. Diese Methode ist gut geeignet, weil

Bewertung von Ausbauten im Nationalstrassennetz sie auch angewendet werden kann, wenn als Grundlage für die Bewer-tung nur wenige quantitative Angaben zur Verfügung stehen oder innert kur-zer Zeit eine erste Priorisierung bei einer grossen Anzahl von Varianten durchgeführt werden muss.

Bewertung mit der KWADie KWA bewertet die Zielerfüllung von Projektvarianten betreffend aus-gewählter Indikatoren durch einen Nutzwertansatz (z.B. zwischen +3 und -3 Punkte). Die Nutzenerfassung erfolgt statisch, d.h. zu einem be-stimmten Betrachtungszeitpunkt. Die einzelnen Kriterien werden gewichtet. Die Kosten werden explizit nicht mit-tels Nutzenpunkten bewertet, sondern als eigener Wert aufgeführt.

Der bestehende bauliche Zustand mit laufenden Ertüchtigungen wurde als Referenzzustand definiert (per Defini-tion = 0 Nutzenpunkte). R+R hat die

Indikatoren der KWA-Methode auf die Anwendung hin konkretisiert und die Bewertung durchgeführt. Die Bewer-tungsergebnisse lassen sich für alle Varianten inkl. dem Referenzzustand in einem Ergebnis-Diagramm darstel-len. Zur Beurteilung der Auswirkungen von veränderten Annahmen können Sensitivitätsbetrachtungen durchge-führt werden (v.a. zu Abschreibungs-zeitraum, Gewichtung, Zinssatz).

Gemäss den Ergebnissen der KWA kann der sechsstreifige Ausbau einer Sanierung der zweimal zweistreifigen Anlage knapp vorgezogen werden, da er eine höhere Zielerfüllung pro Kos-teneinheit erreicht. Für die dreimal so hohen Nutzen der Bestvariante sind allerdings mehr als doppelt so hohe Gesamtkosten in Kauf zu nehmen.

NISTRA als neues Bewertungstool für Härkingen – WiggertalKurz nach der Vorlage des Resultates

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aus der KWA wurde das Instrument NISTRA (Nachhaltigkeitsindikatoren für Strasseninfrastrukturprojekte) als Bewertungstool für Nationalstrassen-vorhaben vom ASTRA eingeführt. Es wurde entschieden, das Vorhaben Härkingen – Wiggertal zusätzlich auf der Grundlage der NISTRA-Methodik zu beurteilen, um das Ergebnis der KWA zu untermauern und gleichzei-tig erste Anwendungserfahrungen mit dem NISTRA-Tool zu erhalten.

Das Hauptanwendungsgebiet von NISTRA umfasst Bewertungsfrage-stellungen im Nationalstrassenbau in den Phasen der strategischen Pla-nung, der Zweckmässigkeitsbeurtei-lung und eventuell des Generellen Projektes. In späteren Projektphasen sind spezifisch angepasste Indikato-rensets zu verwenden. In keinem Fall ersetzt die NISTRA-Bewertung eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine Raumwirksamkeitsanalyse.

NISTRA umfasst sowohl eine Bewer-tungsmethodik als auch ein excel unter-stütz tes Eingabe-, Berechnungs- und Aus gabe tool. Die Bewertungs methodik von NISTRA stützt sich auf das Ziel-system des Bundes (ZINV-UVEK) ab, das für die Be wer tung von Projekten unter Be rück sichtigung der Nach hal-tigkeitskriterien Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft entwickelt wurde.

Die spezifischen NISTRA-Indikatoren werden mittels dreier sich ergänzen-der Bewertungsansätze umgesetzt:

Monetarisierbare NISTRA-Indika-• toren: Kosten-Nutzen-Analyse

Nicht monetarisierbare Indikatoren: • Nutzwertanalyse

Ergänzende komplexe Indikatoren: • Deskriptiv-beschreibende Beurteilung

Durch die Aufteilung der Indikatoren hat die Bewertung einer Variante unter Würdigung aller drei Teilbewertungen zu erfolgen. NISTRA unterstützt den Anwender dabei mit einfachen Einga-be- und differenzierten Ausgabeopti-onen. Insbesondere bei komplexen Bewertungs sachverhalten kann die Bereit stellung der erfor derlichen Daten für die Eingabe aufwendig werden, da allenfalls Daten aus weiteren Untersu-chungen (z.B. Verkehrsmodellberech-nungen) gewonnen und aufgearbeitet werden müssen. Um die fachliche Auf-bereitung der Eingabedaten und die Interpretation der Ergebnisse sicher-zustellen, sollten die Bewertungs- und Entscheidungsprozesse seitens politi-scher Behörden durch Fachpersonen begleitet werden.

Vergleich der ErgebnisseDie Bewertung des Vorhabens Här-kingen – Wiggertal im Rahmen der Pilotanwendung der NISTRA-Versi-on 2006 ergab wie bei der KWA eine Empfehlung für einen sechsstreifi-gen Ausbau, wobei das Resultat noch präg nanter ausfiel. Bei der Bewer-tung der beiden Varianten fielen ins-besondere die stark unterschiedlichen Reisezeiten und die Unfallkosten ins Gewicht. Dies ist gut nachvollziehbar, da sich auf diesem Abschnitt die zwei wichtigsten Nationalstrassen überla-gern und bei einem weiter steigenden Verkehrsaufkommen rasch grosse Kapazitätsprobleme mit den entspre-chenden Reisezeitverlusten zu erwar-ten sind.

Resultat der Kostenwirksamkeitsanalyse: Der sechsstreifige Ausbau hat gegenüber einer Sanie-rung der zweimal zweistreifigen Anlage leichte Vorteile, da ein höherer Zielerfüllungswert je Kos-teneinheit erreicht wird.

1.2

0 8

1.0

wer

t

0.6

0.8

rfüllu

ngsw

Zustand wie heuteSan 2x2 Anlage

0 2

0.4

Ziel

er San. 2x2-Anlage6-Str.-Ausbau

0.0

0.2

0 0 1 0 2 0 3 0 4 0 5 0 6 0 7 0 8 0 9 00.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 9.0

Jahreskosten Investition + Betrieb (Mio. CHF)

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Einfache Verfahren zur Projektbewertung

In frühen Projektphasen sind einfa-che Bewertungsverfahren gesucht. Anhand dreier von R+R durchge-führter Projekte werden verschie-dene Möglichkeiten vorgestellt.

In frühen Projektphasen sind einfa-che Bewertungsverfahren gesucht, die mit einem Minimum an messbaren Indikatoren für Projektwirkungen aus-kommen. Allerdings ist ohne messba-re Indikatoren subjektiven Meinungen Tür und Tor geöffnet. Den möglichst stringenten Bewertungsregeln sowie dem Bewertungsprozess und den an der Bewertung Beteiligten kommt gros se Bedeutung zu, damit die Pro-jektalternativen konsistent und objek-tiv bewertet werden.

Bewertungstool Agglomerations-programmeFür die Bewertung der Agglomera-tionsprogramme der Kantone hin-sichtlich der Mitfinanzierung von

Infra strukturmassnahmen durch den Bund im Ra hmen des Infra struktur-fonds hat das Eidgenössische Depar-tement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eine Be-wertungsmethodik festgelegt. In der Priorisierung werden einzelne Infra-strukturmassnahmen oder Pakete von Infrastrukturmassnahmen bewertet. Die Bewertung umfasst drei Aspek-te auf der Basis nutzwertanalytischer Ansätze:

Beurteilung der Projektreife•

Beurteilung der Gesamtkosten der • Massnahmen

Bewertung der Auswirkungen • respektive Nutzen anhand von vier Wirkungskriterien: Verkehrsqualität erhöhen, Siedlungsentwicklung nach Innen fördern, Verkehrssicherheit erhöhen, Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch mindern.

R+R hat im Auftrag des Bundesamtes für Verkehr (BAV) ein Bewertungstool entwickelt, in dem die Bewertungs-methodik auf die Ziele des BAV hin konkretisiert und umgesetzt wurde. Das Tool wurde auf einer excelbasier-ten Oberfläche umgesetzt. Für jedes Wirkungskriterium wurden anhand ei-nes definierten Schemas Punkte von -1 bis +3 vergeben, die ungewich-tet zusammengezählt wurden. Jede Massnahme konnte maximal zwölf Punkte erreichen. Für die Punktever-gabe wurden Regeln gemäss Lage und Nutzungsdichte im Wirkungsraum (Einwohner und Arbeitsplätze pro Hektare) sowie gemäss Wirkungswei-se und Wirkungsperimeter definiert. Mit Zusatzkriterien konnten weitere Aspekte bei der Punktevergabe be-rücksichtigt werden. Als Beispiel sind in der Abbildung die Regeln für die Punktevergabe bezüglich des Wir-kungskriteriums «Siedlungsentwick-lung nach Innen» dargestellt. Mit dem

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Wirkungs wei Streckenver Taktver Reisezeitver Stabilität

Zuordnung Massnahmentyp WirkungsweiseInfrastrukturmassnahmen X1....Xn

Wirkungs-weise

Lage/Dichte

Streckenver-längerungen

Taktver-dichtung

Reisezeitver-kürzung(Beschleunigung, Haltestellen-verdichtung)

StabilitätöV-Netz, öV-Kapazität

g g)Peripherie / Agglo-Randgebiete,Dichte <50 E+A/ha

-1 0 -1 0

Gemeinden im Agglo- 0 +1 +1 +2

Zuordnung Massnahmen Dichte / Potential im

Wirkungsumfeld der Massnahmen mittels gg

Gürtel,50<Dichte<100 E+A/haKerngemeinde / Zentrum,

+2 +2 +3 +3

Massnahmen mittelsWebGIS (Bevölkerungs-und Beschäftigten-dichte/ha, kombiniert)

Dichte >100 E+A/ha

Zusatzbewertung: „Verbesserung Erreichbarkeit der Entwicklungs-schwerpunkte (ESP)“ (aus Dossiers oder Expertenwissen)p ( ) ( p )Falls die Massnahme die Erreichbarkeit eines ESP verbessert, wird in der Bewertung die Siedlungsdichte um eine Stufe erhöht betrachtet (die maximale Punktezahl bleibt in jedem Fall +3)

1313

Tool war es den BAV-Mitarbeitenden möglich, anhand der zur Verfügung stehenden Daten in kürzester Zeit ei-ne Grobbewertung der Massnahmen durchzuführen. Die Ergebnisse dien-ten dem BAV als Grundlage für die Bewertungsdiskussion.

Schulhausplatz BadenFür die Sanierung und den Umbau des Schulhausplatzes in Baden wur-de ein breiter Fächer von Varianten skizziert. Deren Beurteilung erfolgte in öffentlicher Diskussion in zwei aufei-nanderfolgenden Verkehrsforen. Die Teilnehmer wählten drei Hauptvarian-ten zum weiteren Projektstudium aus, für die jeweils zwei Untervarianten ausgearbeitet wurden.

Die sechs Planungsalternativen aus dem Projektstudium wurden von ei-nem Expertengremium aus Vertretern der Bauherrschaft (Stadt Baden und Kanton Aargau) sowie aus Projekt-verfassern, Verkehrsexperten, Archi-tekten, Stadtplanern und Ökonomen beurteilt. Zunächst wurden die Exper-ten gebeten, sieben Stakeholdergrup-pen (Auto- und Lastwagenfahrende, ÖV-Betreiber und Fahrgäste, Velo-fahrende, Fussgänger und Behinder-te, Gewerbe, Anwohner, Stadt und Kanton) zu gewichten. Anschliessend beurteilten die Experten die Planungs-alternativen aus Sicht der Stakehol-dergruppen. Für jede Gruppe waren spezifische Kriterien vorgegeben; die Experten hatten auch die Möglichkeit, eigene Kriterien in die Beurteilung ein-zuführen. Jeder Experte beurteilte die Kriterien auf einer fünfstufigen Skala (von «viel schlechter» bis «viel bes-ser» als die reine Sanierungsvariante) und gewichtete sie in ihrer Bedeutung für die entsprechende Stakeholder-gruppe.

Das Gesamtergebnis ergab sich aus dem Durchschnitt der Einzelbeurtei-lungen. Es fiel zu Gunsten der Vari-ante X1 (einem Kreuzungsumbau mit Lichtsignalanlage) aus. Unter Berück-sichtigung der Kosten wurde auch

der Referenzfall, die reine Sanierung des Schulhausplatzes ohne grosszü-gige Umbauten, als valable Alternati-ve identifziert. Alle anderen Varianten wurden als schlechter und/oder teurer beurteilt.

An die Beurteilung schlossen sich wei-tere Diskussionen in einer aus allen

Agglomerationsprogramme: Regeln für die Punktevergabe bezüglich des Wirkungskriteriums «Siedlungsentwicklung nach Innen»

Schulhausplatz Baden: Beurteilung der Varianten durch die Stakeholder

AusreisserBandbreite

Median±25%Quartile

der berücksichtigtenAntworten

eilu

nght

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Beu

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hkr

ite

Variante

Stakeholdern gebildeten Begleitgrup-pe an. Aufgrund deren Input und fach-technischer Arbeit wurde eine weitere Beurteilungsrunde vorbereitet, die ei-nen weiter gefassten Projektperimeter sowie zusätzliche Untervarianten um-fasste.

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BEF Basistunnel0.8

1.0

„Bestvarianten“

AEFBDF

BEG

0 2

0.4

0.6zu

r-5

bis

+5]„besser“

ACF

ADF AEGBCFBDG Bergtrasse

-0.2

0.0

0.2

endi

ffere

nz

e [S

kala

v. -

gleicher NutzenACG

ADGBCG

0 8

-0.6

-0.4

Nut

zeB

ergt

rass

e

„schlechter“

gleicher Nutzenist billiger zu haben

zu diesen Kosten

-1.0

-0.8

-125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125

zu diesen Kostenhöherer Nutzen erzielbar

Baukostendifferenz zur Bergtrasse [Mio. Euro]„billiger“ „teurer“

14

A98 Umfahrung Waldshut SüdFür die Bewertung einer Südtrasse für die deutsche Autobahn A98 über das schweizerische Fuller Feld wurde eine vereinfachte KWA durchgeführt. Schä-den und Nutzen wurden dabei nach den Regeln der Nutzwertanalyse mit Punkten bewertet und gewichtet (die Gewichtung war in diesem Fall vorge-geben). Die Punktebewertung richtete sich nach Beurteilungskriterien (z.B. «starke Zunahme der Lärmbelas-tung») und nach Bedeutungskriterien (z.B. «viele betroffene Anwohner»).

Für die Einstufung galten klare Re-geln. Die gewichteten (positiven) Nut-zen- und (negativen) Schadenpunkte werden addiert. Der sich daraus er-gebende Gesamtnutzwert wurde den Projektkosten gegenübergestellt. Da-mit liess sich prüfen, welche Projekte oder Varianten besser und/oder billi-ger sind als andere.

A98 Südumfahrung Waldshut: Charakterisierung der Varianten anhand der Kosten- und Nutzen-differenzen gegenüber dem Referenzfall (Bergtrasse)

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Berücksichtigung regional-wirtschaftlicher Effekte

Für die Verkehrserschliessung Em-mental und den Autobahnzubringer Oberaargau hat R+R eine regionale Differenzierung der Auswirkungen als Basis für die Untersuchung der wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit vorgenommen.

Bei Verkehrsinfrastrukturprojekten stellt sich im Zusammenhang mit der Finanzierung und allfälligen Kosten-teilern die Frage, wer in welchem Um-fang von einem Projekt profitiert. In den Jahren 2006 und 2007 führte R+R für die Verkehrserschlies sung Emmen-tal sowie für den Autobahzubringer Oberaargau neben der auf NISTRA basierenden Gesamtbewertung auch eine Untersuchung der regional dif-ferenzierten wirtschaftlichen Wirkung der Varianten durch. Der in der Kos-ten-Nutzen-Analyse (KNA) ermittelte direkte Nutzen wurde dabei den Ge-meinden der Standortregion, dem Ein-flussgebiet sowie dem übrigen Gebiet

der Schweiz zugeordnet. Die indirekte Projektwirkung auf die Standortgunst und die Entwicklung der Regionen wurden unter Berücksichtigung ver-fügbarer Struktur- und Entwicklungs-daten weitgehend qualitativ beurteilt. Die auf der KNA basierende Nutzen-zuordnung der ergebnisrelevanten Indikatoren wurde gemäss eindeutig definierter Regeln durchgeführt.

Als Ergebnis konnte der jährliche regionale Projektnutzen aus Er-schliessung und Entlastung pro Be-trachtungsgebiet z.B. in Franken pro Einwohner dargestellt werden. Insbesondere für die Kostenteilerdis-kussion war die regionale Verteilung der Projektnutzen interessant.

Verkehrserschliessung EmmentalIn den von R+R untersuchten Projek-ten konnten aufgrund der Ergebnisse der regionalwirtschaftlichen Bewer-tung folgende Schlussfolgerungen

gezogen werden: Im Fall der Ver-kehrserschliessung Emmental (VEE) entstehen fast drei Viertel des Pro-jektnutzens im Emmental. In absolu-ten Zahlen ist Burgdorf mehrheitlich durch die Verkehrsentlastung Haupt-nutzniesser der VEE, gefolgt vom übrigen Kanton Bern, der besonders von der besseren Erreichbarkeit pro-fitiert. Auf den jährlichen Nutzen pro Einwohner bezogen ist Oberburg der grösste Nutzniesser, dessen Ziel- und Quellverkehr sich nicht mehr durch die überlastete Ortsdurchfahrt von Burgdorf kämpfen muss. Im weite-ren Verlauf des Emmentals nimmt der Nutzen der VEE pro Einwohner ab, da die relativen Fahrzeitgewinne Rich-tung A1 aufgrund der zunehmenden Entfernung kleiner werden und das regionale Hauptziel Bern von der A1 her auch auf anderen Wegen erreicht werden kann.

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16

Autobahnzubringer OberaargauIm Fall des Autobahnzubringers Oberaargau (AZOAG) lohnt sich das Projekt aus der Gesamtsicht des Kan-tons dann, wenn der Kanton und die Gemeinden insgesamt nicht mehr als ca. 80 Mio. CHF an die Mehrkosten gegenüber der Referenzvariante bei-steuern müssten. Angesichts der ho-hen Kosten kommt das Projekt aus dieser Sicht regionalpolitisch nur in Frage, wenn der Kanton und der Bund ein übergordnetes Interesse an der Förderung der Agglomeration Lan-genthal als Industrie- und Gewerbe-standort haben.

Ausbau Strassennetz: Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohnnutzung

Projektkostendeckung aus regionalem Projektnutzen

bessere Erreichbarkeit- Distanz, Geschwindigkeit

weniger Staus

Entlastung- Sicherheit

Umwelt- weniger Staus- weniger Behinderg. zw. Verkehrsträgern- grössere, schwere Fahrzeuge möglich

- Umwelt- Platzgewinn, u.a. für Gestaltung

Vorteile für Gewerbe/Industrie höhere Attraktivität der RegionVorteile für Gewerbe/Industrie- höhere Produktivität- Zuzug neuer Betriebe bzw. Ver-meiden von Abwanderungen

höhere Attraktivität der Region- höhere Lebensqualität- Imagegewinn - besseres, breiteres Konsum-, DL-,

Nut

zen

Zuzug neuer Wohnbevölkerung

Steigende Immobilienwerte

- Arbeitsplätze, Einkommen Bildungs-, Kultur-… Angebot

Steigende Immobilienwerte

Mehr Steuereinnahmen

lokale Umweltbelastungenaden

Kosten

lokale Umweltbelastungen

Konkurrenz Entleerung KaufkraftverlustSch

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143%

107%

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VerkehrserschliessungEmmental

AutobahnzubringerOberaargau

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1717

Zustandsanalysen von Gewässern

Bei Eingriffen in Gewässersysteme wie beispielsweise wasserbauliche Massnahmen, Hochwasserschutz und Gewässerrevitalisierungen wer den ge wäs seröko logische Zu stand-sana ly sen durch ge führt.

Ziel einer gewässerökologischen Massnahmenempfehlung auf Stufe Planung und Projektierung ist einer-seits die Verminderung von negativen Auswirkungen während und nach der Realisierung einer bauliche Massnah-me. Andererseits soll das Optimie-rungspotential ausgeschöpft werden, um den Lebensraum Wasser mit einfachen, kostengünstigen und un-terhaltsfreundlichen Massnahmen aufzuwerten.

Eine Aufwertung des gewässerspe-zifischen Lebensraumes muss ins-besondere langfristig zum Tragen kommen und kann (je nach Projekt und sorgfältiger Planung) sogar über

den Projektperimeter hinaus positive Auswirkungen haben.

Das optimale Ausschöpfen von Ver-besserungsmassnahmen und deren Erfolg in einem gewässerbaulichen Projekt wird durch das frühe Einbe-ziehen eines Gewässerspezialisten sichergestellt. Es wird ein Konsens zwischen Bauherrschaft, planendem Ingenieurbüro und der Umweltfachs-stelle angestrebt.

Kritischer Faktor: KostenFür Umweltschutzmassnahmen ste-hen im Verhältnis zu den Gesamt-projektkosten trotz einzuhaltender gesetzlicher Umweltvorschriften oft nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Erfolgversprechende und wirksame Massnahmen für die Ver-besserung der Lebensbedingungen in einem Gewässer müssen jedoch nicht zwangsläufig teuer sein. Auch einfa-che, günstige Lösungen, welche den

Lebensraum Gewässer deutlich auf-werten und revitalisieren, können ein gutes Nutzen-Kosten-Verhältnis vor-weisen.

Beispiel: Bewertung von Gewässern anhand von Fischen als IndikatorenDie biotischen Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Zustandsanaly-se eines Gewässers. Fische kommen in fast allen Bächen und Flüssen vor, sind relativ langlebig und zeigen da-mit das Resultat von Umwelteinflüs-sen, die sich über eine längere Zeit kumulieren, wie auch Effekte, die auf kurzfristige Extremereignisse zurück-zuführen sind. Wie in der Mitteilung zum Gewässerschutz Nr. 44 (BAFU, 2004) beschrieben, sind Fische durch ihre verschiedenartigen Lebensraum-ansprüche gute Indikatoren für den morphologischen und hydrologischen Gewässerzustand. Die Mobilität von Fischarten lässt Rückschlüsse auf

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die Durchgängigkeit und Vernetzung der Gewässer zu. Nicht zuletzt sind Fische relativ einfach zu bestimmen, und ihre Ökologie ist bekannt.

Das Vorkommen von anspruchsvollen und sensiblen Fischarten mit einer ho-hen Fischdichte lässt neben weiteren Faktoren auf einen gut funktionieren-den Lebensraum schliessen. Dabei

ist jedoch zu berücksichtigen, dass für eine langfristig stabile Fischpopulati-on geeignete Habitate für Jungfische vorhanden sein müssen. Gewässer-verbauungen, welche die Durchgän-gigkeit insbesondere für Kleinfische verhindern, haben gravierende Kon-sequenzen für eine Fischpopulation. Der Effekt der Zerschneidung wirkt sich langfristig auf ihr Überleben in

einem Fliessgewässer aus, da eine Rückbesiedelung beispielsweise nach einem Hochwasserereignis verhindert wird und die Population im betreffen-den Gewässerabschnitt ausstirbt.

Spezielles Augenmerk gilt auch der Strukturierung eines Gewässers. Mo-notone Gewässer sind artenarm. Je strukturierter sich Uferzone, Bachsoh-le, Gewässerbreite und -tiefe, Stör-steine eines Gewässers präsentieren, desto mehr Mikrohabitate, Refugien und Nischen sind vorhanden, welche von verschiedenen Lebensgemein-schaften genutzt werden können.

Anwendungsbereich Gewässerökologische Zustandsana-lysen und Massnahmenplanungen kommen bei spezifischen gewässer-baulichen Projekten zum Tragen, z.B. bei fischereifachlicher Begleitung. Synergetisch fliesst das Fachwissen aber auch bei Mandaten wie beispiels-weise der Bauherrenunterstützung (z.B. Beurteilung von Umweltverträg-lichkeitsberichten, Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen) und dem Verfas-sen von umweltrelevanten Submissio-nen (z.B. Umwelt-Baubegleitung) ein.

Fische sind durch ihre verschiedenartigen Lebensraumansprüche gute Indikatoren für den Ge-wässerzustand.

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1919

Der Zustand von Infrastrukturanla-gen wird durch Benützung und Al-terung schlechter. Es stellt sich die Frage, wann welcher Aufwand zur Erhaltung bzw. zur Wiederherstel-lung des Ausgangszustands getrie-ben werden soll. Auch Abriss und Ersatz sind ein Thema, vor allem, wenn dadurch neue, produktivere oder effizientere Technik eingeführt werden kann.

R+R hat vor allem im Bahnbereich Erfahrung in der Bewertung von Er-haltungsstrategien von Infrastruktur sammeln können. Eine vorausschau-ende Planung der Unterhaltsarbei-ten und eine auf die Bedürfnisse in punkto Qualität und Verfügbarkeit ausgerichtete Infrastruktur sind we-sentliche Elemente einer kosten-günstigen, langfristigen Strategie. Die Frage, welche Infrastruktur für zukünftige Betriebskonzepte nötig ist und was das für die Erhaltung des be-

stehenden Netzes bedeutet, ist zent-ral. Weiter ist die Wahl der Bauweise bzw. Anlagentechnik, die über den Le-benszyklus der Anlage von der Erstin-vestition bis zum Abbruch bzw. Ersatz insgesamt möglichst niedrige Kosten verursacht, entscheidend. So kann es sich beispielsweise lohnen, heu-te mehr in die Entwässerung des Un-terbaus zu investieren, wenn dadurch künftig häufigere und teurere Unter-haltsmassnahmen an der Fahrbahn vermieden werden können.

Schliesslich geht es um die Definition der Erhaltungsstrategie selbst, bei der das Interesse des Infrastrukturverant-wortlichen an langen Erhaltungsab-schnitten und gutem Baustellenzugang – mit effizienter Massnahmenausfüh-rung und niedrigen Massnahmenkos-ten – mit dem Interesse an möglichst ununterbrochenem und ungestörtem Betrieb in Einklang gebracht werden muss.

Durch eine Gegenüberstellung von Kosten, Bauverfahren und Produk-tivität einzelner Unterhaltsarbeiten können effiziente Projekte identifiziert werden. Mit Hilfe solcher best-prac-tice-Informationen lassen sich Pla-nungs- und Durchführungsprozesse für zukünftige Vorhaben effizienter gestalten, was zu Kosteneinsparun-gen bzw. Produktivitätssteigerungen führt. Für die Identifikation effizien-ter Projekte und Abläufe verfügt R+R über das notwendige Know How und die notwendigen Tools.

Massnahmen der Fahrbahner-haltung auf StrassenFür die Bewertung von Fahrbahner-haltungsmassnahmen auf der Strasse hat R+R zusammen mit Partnerbüros ein Modell entwickelt, das methodisch auf der aktuellen schweizerischen Norm SN 641 820 für Kosten-Nutzen-Analysen von Strassen aufbaut und auch weitgehend das dieser Norm

Infrastruktur-Erhaltung

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zugeordnete Wertgerüst übernimmt. Das Besondere am Bewertungsmo-dell sind die Funktionen der Bewer-tungstatbestände, z.B. Kosten für betrieblichen Strassenunterhalt oder Unfallkosten, in Abhängigkeit von Strassenzustand und Baumassnah-me. Dabei wurde darauf geachtet, dass der Strassenzustand mit Indika-toren in die Funktionen eingeht, die für die Zustandsbeschreibung gebräuch-lich sind und möglichst regelmässig erhoben werden.

Zusammen mit Prognosen der Ver-kehrsentwicklung und Verlaufskur-ven für den Strassenzustand können die zustandsabhängigen Kosten und Nutzen im Vergleich von Planungs- und Referenzfall über einen bestimm-ten Betrachtungszeitraum ermittelt werden. Diese lassen sich mit den Massnahmenkosten und geeigneter Diskontierung zu einem Gegenwarts-wert oder zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis zusammenfassen und liefern damit das Ergebnis der Mass-nahmenbewertung. Der Test an ei-nem Fallbeispiel zeigt, dass sich die auf einem Nationalstrassenabschnitt ausgeführte umfassende und teure Erhaltungsmassnahme vor allem auf-grund von geringeren Kosten im be-trieblichen Unterhalt und vermiedenen Unfallkosten rentiert.

Von der Eisenbahninfrastruktur lernenVor allem von der Eisenbahn sind Ver-fahren bekannt, die den Sollaufwand für die Erhaltung von Netzen aus gleichgewichtigen Erhaltungsraten ableiten. Ausgangspunkt ist die Hypo-these, dass in grossen, gut unterhalte-nen Netzen von Jahr zu Jahr ungefähr gleich grosse Anteile der Anlagen ans Ende ihrer Lebensdauer gelangen und ersetzt werden müssen. Hat eine Anlage beispielsweise eine mittlere Lebensdauer von 40 Jahren, so wäre im Gleichgewichtszustand jährlich ein Vierzigstel bzw. 2.5 % dieser Anlagen zu ersetzen. Wenn man diesen Erhal-tungsbedarf mit den Kosten für den Ersatz der Anlagen bewertet, erhiel-te man so das jährliche Sollbudget für die Erhaltung. Diese Netzsicht lässt sich mit der Objektsicht vergleichen, bei der das Erhaltungsbudget durch

Zustandsentwicklung einer Strassenanlage mit und ohne Unterhaltsmassnahme

Kosten und Nutzen von Erhaltungsmassnahmen

Zustand Erhaltungsmassnahme (Planungsfall)Zustand

0 = gut

Erhaltungsmassnahme (Planungsfall)

beste Qualität

Zustandsverlauf im Planungsfall

Schwellenwert

5 = schlecht Zeitvor der

Massnahmenach der Massnahme Betrachtungshorizont

Zustandsverlauf im Referenzfall

Massnahme

Referenzfallhöh K t d b t i bli h

PlanungsfallM h k t• höhere Kosten des betrieblichen

Unterhalts (v.a. kleine bauliche Reparaturen)

• längere Reisezeit (z B wenn die

• Massnahmenkosten• Verkehrsbehinderungen in

der Ausführungt K t d A füh• längere Reisezeit (z.B. wenn die

Geschwindigkeit wegen schlechtem Fahrbahnzustand beschränkt wird)

• höhere Fahrzeugbetriebskosten (z.B.

• externe Kosten der Ausführung

höhere Fahrzeugbetriebskosten (z.B.wegen höherem Fahrzeugverschleiss)

• schlechterer Fahrkomfort• grössere Unfallgefahr• externe Kosten (z.B. wegen mehr

Verkehrslärm auf schlechterer Fahrbahn)

100

120

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Kosten für

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Nutzer und Drittewährend der Bauzeit

40

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20

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21jährliche Kosten/Nutzen Summierte Kosten/Nutzen

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2121

Netz- und Objektsicht im Gleichgewicht?

Objektsicht (Bottom-up-Sicht) Ist-BudgetNetzsicht (Top-down-Sicht) Soll-Budget

Wirkungsmessung

Wert undSubstanzverlust

Kosten durchgeführterMassnahmen

MittlererZustandswert

Herausforderung 3: Viele Eingriffe in die Infrastruktur er-folgen z.B. auf Grund von Werk-leitungsarbeiten. Hinterher wird praktischerweise ein neuer Strassen-belag oder eine neue Strassenbe-leuchtung installiert. Oder anstelle von reinen Erhaltungsmassnahmen werden zusätzliche Aus- und Umbau-ten realisiert oder eine neue Technik eingeführt. Der Vergleich zwischen Netzsicht und Objektsicht in Bezug auf ausreichende oder nicht ausrei-chende Erhaltungsbudgets muss si-cherstellen, dass der Erhaltungsanteil angemessen berücksichtigt wird.

die Prüfung der einzelnen Anlagen und die Bestimmung der objektspe-zifischen Erhaltungsmassnahmen festgelegt wird. Liegen die typischer-weise aus der Objektsicht verfassten Erhaltungsbudgets dauerhaft unter dem Sollbudget für die Erhaltung aus Netzsicht, deutet das auf ungenügen-de Erhaltungsmassnahmen und einen Substanzverlust der Infrastruktur hin. Mittelfristig wird dieser Substanzver-lust sichtbar, indem der Zustand des gesamten Netzes sich signifikant ver-schlechtert, was zu Qualitätseinbus-sen in der Benutzung und höheren Kosten im Unterhalt führt. Derzeit wird dieses Verfahren für städtische und kommunale Strassennetze weiterent-wickelt. Dabei stellen sich die folgen-den drei Herausforderungen.

Herausforderung 1:Es gibt nur wenige allgemeingültige und verlässliche Annahmen betref-fend der Lebensdauer von Anlagen. Die Entwicklung «richtiger» Erhal-tungsraten, Erhaltungsmassnahmen und Erhaltungsbudgets muss indivi-duell erfolgen.

Herausforderung 2:Je kleiner ein Netz desto weniger kann man von einem gleichgewich-tigen Anlagenbestand ausgehen, da Alter bzw. Zustand der Anlagen nicht homogen verteilt sind. Ein grosser Teil der Anlagen kann beispielsweise an-lässlich einer einzelnen grossen Bau-massnahme entstanden sein, was

«heute» zu tiefen Erhaltungsbudgets führt, aber früher oder später einen besonderen Erhaltungseffort bedingt. Die Strassenerhaltung einer Gemein-de wird oft eher durch umfassende, in längeren Abständen stattfinden-de Massnahmen bestimmt (reaktive Unterhaltsstrategie). Ausgehend von einem hohen Niveau verschlechtert sich der Strassenzustand in der Zwi-schenzeit naturgemäss, was aber noch kein Zeichen für Unterinvestition sein muss. Die Unterscheidung von Unter investition aus Budgetgründen und Unterinvestition aus Bedarfsgrün-den ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

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Anhand der Risikoanalyse der A9 im Raum Visp und dem dänischen Signalprogramm werden zwei An-sätze beschrieben, wie Unsicher-heiten und Risiken in die Bewertung einbezogen werden können.

Im Allgemeinen wird eine Massnah-me in einem definierten Planungsfall – verglichen mit einem definierten Re-ferenzfall – bewertet. Dennoch sind die zu bewertenden Mengen und Wir-kungen wie auch ihre Werte bzw. Prei-se selbst mit den besten Analysen nie hundertprozentig vorhersehbar; das ist die Unsicherheit. Ausserdem gibt es definierbare Risiken, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ein-treten und definierte Folgen für Kos-ten, Ausführungsdauer, Qualität usw. haben. Zum Standardverfahren der Bewertung gehört deshalb eine Sen-sitivitätsanalyse, bei der alternative Bewertungen mit festgelegten Ver-änderungen einzelner Parameter des

Bewertungsmodells (Mengen, Preise, bei Nutzwertanalysen auch Zielge-wichte oder Nutzenfunktionen) durch-geführt werden. Oder man bedient sich der Szenarienanalyse, in der die Auswirkungen verschiedener Szena-rien der zukünftigen Entwicklung auf die Massnahme beurteilt werden. Im Folgenden werden zwei Ansätze be-schrieben, mit denen Unsicherheiten und Risiken einbezogen werden kön-nen.

A9-Riskoanalyse1996 hat R+R im Zusammenhang mit der Variantenbeurteilung für die A9 im Raum Visp eine Risikobeur-teilung durchgeführt. Es lagen zwei Varianten vor, die zum Zeitpunkt der Beurteilung unterschiedliche Bearbei-tungstiefen aufwiesen. Die Risikoana-lyse sollte dieser Tatsache Rechnung tragen. Grundlage für die Risikoanaly-se waren sorgfältige Kostenschätzun-gen. Für jede Variante wurden acht

Hauptrisiken definiert und die Kosten-folgen durch das Projektierungsteam analysiert. Für jedes Risiko wurde die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Kostenfolge in einer Verteilungsfunk-tion dargestellt. Es waren beliebige Verteilungen möglich, tatsächlich gab es nur drei Typen von Verteilungen:

Mehr- oder Minderkosten in • absehbarer Höhe, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten

Kosten, die innerhalb einer Band-• breite gleich wahrscheinlich sind

Kosten, welche nach oben und/• oder nach unten von der Kosten-schätzung abweichen können, wobei grössere Abweichungen unwahr-scheinlicher sind als kleinere.

Die stetigen oder diskreten Verteilun-gen wurden in eine einheitliche Form

Unsicherheiten und Risiken

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2323

Zugrundeliegende Verteilungen der Einzelrisiken: Die Gesamtrisikoverteilung ergibt sich aus der Aufsummierung verschiedener, stetiger und diskreter Einzelrisiken

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 1: Mehrlänge Tunnel: max +13 Mio CHFmax. +13 Mio. CHF

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 3: Lockergestein Tunnel: -5 bis +11 Mio. CHF

0.30.7

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 5: Anpassung LF Anschluss: evtl. +14 Mio. CHF

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 7: Materialbewirtschaftung: -20 bis +20 Mio. CHF

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 2: Profilverteilung Tunnel: -12 bis +22 Mio CHF12 bis +22 Mio. CHF

0 3 0 7

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 4: Sondierstollen Tunnel: evtl. -13 Mio. CHF

0.3 0.7

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 6: Übertagbauwerke Anschluss: -9.1 bis +4.5 Mio. CHF

-22.5 -17.5 -12.5 -7.5 -2.5 +2.5 +7.5 +12.5 +17.5 +22.5

Risiko 8: Ausbruch Tunnel: -15 bis +15 Mio. CHF

gebracht und die Eintrittswahrschein-lichkeiten einzelner Kostenintervalle bestimmt. Unter der Annahme, dass die Risiken unabhängig voneinander sind, konnten zur Bestimmung des Gesamtrisikos die Einzelrisiken stu-fenweise für jedes Intervall ausmulti-pliziert werden. Die Gesamtverteilung wurde durch eine stetige Verteilungs-funktion approximiert und nahm nach wenigen Schritten die Gestalt der klas-sischen Glockenkurve der Standard-normalverteilung (Gauss-Kurve) an.

Als Vereinfachung könnte daher die gemeinsame Verteilung anstelle des schrittweisen Vorgehens aus den Er-wartungswerten und Varianzen der Einzelverteilungen ermittelt werden. Unabhängigkeit und eine genügend grosse Anzahl der einzelnen Risiken vorausgesetzt.

Aufgrund der geometrischen Eigen-schaften der Verteilung lassen sich Konfidenzintervalle bestimmen, das sind Kostenwerte, die mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten nicht über- oder unterschritten werden.

Bei einer Variantenbeurteilung, wie wir sie für die A9 durchgeführt ha-ben, können die Kostenverteilungen der Varianten einander gegenüber-gestellt und verglichen werden. Aus dieser Darstellung lassen sich weitere Schlüsse ziehen. So kann man eine Wahrscheinlichkeit für den Fall be-stimmen, dass die eigentlich günsti-gere Variante schliesslich doch teurer wird. Ausserdem kann man zeigen, für welche Variante die Kostenschät-zung sicherer ist, dies würde auf die Verteilungsfunktion mit der kleineren Varianz (die «schmalere» Verteilungs-kurve) zutreffen.

Eine weitere Interpretation leitet sich aus dem Vergleich der Erwartungs-werte der Verteilungen mit den Aus-gangswerten der Kostenschätzung ab. Im betrachteten Beispiel lagen die Erwartungswerte der Kosten bei bei-den Varianten über den ursprüngli-chen Kostenschätzungen.

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Variante 10

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Kosten der Varianten

Vergleich der Risikoverteilungen zweier Varianten

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analysen immer wieder erhebliche Kostenüberschreitungen zu verzeich-nen. Selbst Expertenmeinungen sind häufig zu optimistisch. Daher hat der dänische Staat im Signalprogramm ein neues dreistufiges Verfahren an-gewendet. Die Projektentwicklung wird von einem Risikomanagement-Prozess begleitet, der Massnahmen oder Strategien zur Risikobegrenzung einbezieht und entweder durch suk-zessive Anpassung der Projektmerk-male oder in Form von besonderen Kostenpositionen berücksichtigt.

Der «Value at Risk», der aufgrund der verbleibenden Risiken unter Berück-sichtigung ihrer Kostenfolgen und Ein-tretenswahrscheinlichkeiten ermittelte Erwartungswert der Risikokosten, wird zwar berechnet, geht aber nicht direkt in die Kostenschätzung ein. Statt-dessen wird das Projektbudget durch den Zuschlag einer festgelegten Kos-tenreserve auf die bereits weitgehend gegen Risiko abgesicherte Kosten-schätzung bestimmt. 10% der Kos-tenschätzung werden dem Projekt selbst zugeschieden, 20% gehen in einen staatlichen Projektfonds zur Deckung allgemeiner Projektkosten-überschreitungen. Schliesslich wer-den der Projektierungsprozess, das Risiko management und die Kosten-schätzung von einem externen Inge-nieurbüro als Qualitätsbeauftragtem be gleitet.

Im Signalprogramm wurden zunächst rund 150 technische, finanzielle, orga-nisatorische, rechtliche, marktseitige, gesellschaftliche, managementseiti-ge und umsetzungsbezogene Risiken identifiziert. Im Zuge des Risikoma-nagements wurden für viele Risiken Vermeidungsstrategien definiert und mit Kosten versehen. Dadurch ist die Kostenschätzung deutlich gestiegen; dieser Anstieg wurde jedoch durch die Verminderung des «Value at Risk» kompensiert.

Um zu testen, ob die Kostenschätzung eher konservativ oder eher optimis-tisch ist und mit welcher Wahrschein-lichkeit die Kostenreserve zur Deckung der Kostenrisiken ausreicht, wurde für den Eisenbahn-Infrastrukturbetreiber eine zusätzliche Sensitivitätsanaly-se durchgeführt. Die allgemeine Un-sicherheit in Mengen und Preisen wurde aufgrund beobachtbarer oder prognostizierter Bandbreiten nach der

Ablaufschema für das Risikomanagement im dänischen Signalprogramm

30

25

den

DK

K

15

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Mill

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Value at Risk

0Vor dem

RisikomanagementAm Ende der Projektphase

G Value at Risk

Kostenschätzung

Risikomanagement

Projektdefinition- Technik

- Markt, Beschaffung- Behörden

- Schnittstellen (nach innen/aussen)

RisikoidentifikationWorkshops- Workshops

- Interviews

Risikobeurteilung- Wahrscheinlichkeiten

- Folgen- Unsicherheiten/Bandbreiten

RisikoregisterRisikoprofil

Risikoverminderung- angemessene Massnahmen

- Aktionsplan Ressourcen

Risikoprofil

akzeptabel? nein

- Aktionsplan, Ressourcen

Überwachung, Follow up

ja

Auswirkung des Risikomanagements auf die Kostenschätzung (DKK = Dänische Kronen)

Unsicherheit und Risiko im dä-nischen SignalprogrammDie Signaltechnik der dänischen Ei-senbahnen soll in den kommenden zwölf Jahren reorganisiert und durch moderne Systeme ersetzt werden. Die entsprechenden Standards wer-den in Europa derzeit nach und nach eingeführt; vieles ist noch in der Ent-wicklung. Entsprechend gross sind Unsicherheit und Risiken.

Bisher hatte der dänische Staat fest-gelegt, dass Unsicherheit und Risiken im Rahmen eines standardisierten Sensitivtätsanalyse-Prozesses in die Projektbewertung einbezogen wer-den. Ausgehend von einer gegebe-

nen Bewertung legt ein Gremium in Diskussionsrunden fest, wie gross das Spektrum möglicher Unsicherhei-ten ist. Es fasst dieses Spektrum zu massgeblichen Unsicherheitsfaktoren zusammen und prognostiziert, inwie-weit die Bewertungsparameter auf-grund dieser Unsicherheiten von den wahrscheinlichsten Werten nach oben oder unten abweichen. Das Gesamt-ergebnis ergibt sich als Durchschnitt aus dem mit den tiefsten, dem mit den höchsten und dreimal dem mit den wahrscheinlichsten Parametern ermit-telten Bewertungsergebnisses.

Leider waren bei dänischen Gross-projekten trotz dieser Sensitivitäts-

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2525

Verteilungsfunktion der Kosten unter Einbezug aller weiteren Risiken. Kostenreserven reduzieren die Wahrscheinlichkeit von Budgetüberschreitungen

Verteilungsfunktion der erwarteten Kosten aufgrund von Unsicherheiten in Preis- und Mengen-schätzungen

12000 13000 14000 15000 16000 17000 18000

100%

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ngMio. DKK

90%-Fraktil = 15603 Mio. DKK

50%-Fraktil = 14584 Mio. DKK

10%-Fraktil = 13672 Mio. DKK

Erw

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Simulierte Verteilung

10000 20000 25000 30000

100%

90%

80%

70%

60%

50%

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30%

20%

10%

0%

Wah

rsch

einl

ichk

eits

beur

teilu

ng

Mio. DKK

90%-Fraktil = 20373 Mio. DKK

50%-Fraktil = 17588 Mio. DKK

10%-Fraktil = 15853 Mio. DKK

15000

Mit 85% Wahrscheinlichkeit liegt das Projekt im geschätzten Gesamtbudget

KostenreserveGrundlegende Kostenschätzung

Simulierte Verteilung

Monte-Carlo-Methode in die Kosten-schätzung eingefügt. Die Parameter werden dabei von Rechendurchgang zu Rechendurchgang entsprechend ihrer Verteilungsfunktionen zwischen tiefstem, wahrscheinlichstem und höchstem Wert verändert; es wer-den so viele Parameterkombinationen durchgerechnet, bis eine stabile Ver-teilungsfunktion für das Gesamtergeb-nis vorliegt. Es zeigte sich, dass die ursprüngliche Kostenschätzung deut-lich höher war als der Erwartungswert der Kosten aufgrund der allgemeinen Unsicherheit. Damit kann sie durch-aus als konservativ bezeichnet wer-den. Unter Einbezug der identifizierten Risiken wurde auf dieselbe Weise die Wahrscheinlichkeit ermittelt, dass das Projekt im Rahmen des aus der Kos-tenschätzung und Kostenreserve ge-bildeten Projektbudgets abgewickelt werden kann. Diese Wahrscheinlich-keit wird derzeit auf 85% geschätzt. Umgekehrt heisst das natürlich, dass das Risiko einer Budgetüberschrei-tung immer noch bei 15% liegt.

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Partizipativer Prozess am Beispiel A5 Umfahrung Biel

Hochleistungsstrassen in dicht genutzten, urbanen Räumen zu planen, zu genehmigen und zu rea-lisieren, ist eine komplexe Aufgabe. Die lange Projektdauer, viele Pro-jektbeteiligte und erhebliche Mit-tel stellen hohe Anforderungen an die Projekt organisationen. Die A5 Umfahrung Biel ist als Ganzes und mit den verschiedenen Abschnitten eine solche mehrfach zu optimie-rende Problemstellung.

Die Genehmigung des Generellen Projektes erfolgte für den Ostast der A5 Umfahrung Biel 1997 und für den Westast 1999. Die A5-Teilstrecke im Bözingenfeld mit dem Anschluss Biel-Ost und der Verzweigung A5/A16 wurde auf die Expo 2002 in Betrieb genommen.

Das Ausführungsprojekt A5 Ostast wurde im Mai 2002 öffentlich aufgelegt. Die anschliessende Genehmigung

des Projektes durch das Eidgenössi-sche Departement für Umwelt, Ver-kehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beschränkte sich allerdings vorerst auf die Teilprojekte Längholz und Büttenberg. Lösungsmöglich-keiten im Raum Brüggmoos/Brügg sollten im Laufe des Jahres 2004 in einem partizipativen Planungs- und Optimierungsprozess (POPWEST 04) nochmals unvoreingenommen ange-gangen werden. Dazu waren die be-teiligten und betroffenen Gemeinden sowie die Fachstellen von Bund und Kanton einzubeziehen.

Als Zielsetzung definierte der Kanton Bern, für den Raum Brüggmoos/Brügg ein einfacheres und raum- sowie um-weltverträglicheres Konzept zu su-chen. Mit dem partizipativen Prozess sollte keine Zeit verloren gehen und von möglichst allen Beteiligten getra-gene Lösungen erarbeitet werden. Im Raum Brüggmoos/Brügg stand die

Suche nach einer gesamtheitlich op-timierten Lösung für die Verzweigung A5/T6 und den Anschluss Biel Süd/ Bienne Sud bzw. Brügg im Vorder-grund.

ProjektorganisationDer Optimierungsprozess POPWEST 04 stand unter der Leitung des Kan-tonsoberingenieurs. Er wurde durch einen Moderator, den Projektleiter des TBA und den Stab der Gesamt-projektleitung unterstützt. Bei Bedarf wurden verwaltungsexterne und in-terne Spezialisten und Fachstellen beigezogen. Konkrete Projektierungs-aufgaben wurden durch Ingenieur-büros bearbei tet.

VorgehenInnerhalb von festzulegenden Rah-menbedingungen und Vorgaben stand das gesamte Spektrum von möglichen Lösungen zur Diskussion, und es wur-de schrittweise auf die Bestlösung hin

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A5

Neuch

âtel

Biel/Bienne

Brügg

Orpund

Port

A16 JuraA5

Solothurn

T6Bern

LegendeProjektgrenzen

Teilprojekte

Teilprojektgrenzen

Verzweigung

Anschluss

Halbanschluss

VingelzCity

Weidteile

ZubringerNidau

WestastOstast

Längholz

Büttenberg

Längholz

Bözingenfeld

WEST OST

Brüggmoos

Termine PhasenPOPWE

Phase 1:Zielsuche

AusgangslagAnschlusskoAbhängigkeitBedürfnisse,Weiteres Vor

April/Mai 04 V b it

Workshop 1A23.04.04

April/Mai 04 VorbereitungProgrammen

PL-Sitzung

Festlegung Zgungen, AnfoHandlungsspProgramm fü

Workshop 1B17.05.04

Workshop 1C02.07.04

IdeenskizzenGrobbeurteilProjektverfasPL-Sitzung

Phase 2:Lösungssuche

Beurteilung Aweiter bearbeanhand der f

Mai – Okt. 04 Workshop 2A16.08.04

PräsentationKonzeptvariaVorgaben für

Workshop 2B17.09.04

Workshop 3A25 11 04

Phase 3:Bewertung

anhand der f

Präsentationweiter bearbBestimmen BD fi itiNov /Dez 04 25.11.04 Definition noBereinigungebearbeitende

Nov./Dez. 04

KonsolidieruWorkshop 3B

16.12.04

1. Q. 2005Phase 4:PolitischeKonsolidierung

GebietsbezoKonsolidieru

ablaufEST 04

Weitere Untersuchungen/Schnittstellen

ge, Überprüfung onzept N5 Westast, ten. Ziele, Analyse Projektanforderungen. rgehen

WS 1Bg WS 1B.ntwurf Phase 2

Ziele, Rahmenbedin-orderungen,pielräume.ür Phase 2

n, Konzeptvarianten, ung. Fragen der sser

Verkehrsanalysen

Auswirkungen der eiteten Varianten festgelegten Kriterien

Projektskizzen, anten, Auswirkungen. r weiteres Vorgehen

RaumnutzungStadtentwicklungKonzeptverkehrlichflankierendeMassnahmen (vfM)festgelegten Kriterien

n + Bewertung der beiteten VariantenBestvariantet diotwendiger

en und noch zu er Punkte

ung Ergebnisse

ogene politische ng

fokussiert. Selbstverständlich wurde auf dem umfangreichen vorhandenen Material und den bisherigen Erkennt-nissen aufgebaut. Zu diesem Zweck wurde eine synoptische Darstellung der bisher geprüften Lösungen erstellt und die vorangegangene Projektent-wicklung rekapituliert. Zudem wurden die bisher involvierten Fachperso-nen (Projektierung, Verkehr, Umwelt und Gestaltung) beigezogen mit der Aufgabe, bisherige Erkenntnisse und Grundlagen in die Diskussion einzu-bringen und bei Bedarf ergänzende Grundlagen zu erarbeiten.

Um sicherzustellen, dass eine bessere Lösung resultierte und nicht überwie-gend bestehende Lösungen verteidigt würden, wurden auch bisher nicht be-teiligte Projektverfasser der anstos-senden Lose für die Planungsarbeiten beigezogen (Parallelplanungen durch drei Teams). Die vorgelegten Kon-zepte wurden gemeinsam mit Vertre-tern der betroffenen Gemeinden und Amtsstellen im Rahmen von mehre-ren ganztägigen Workshops beurteilt und kommentiert.

POPWEST 04 gliederte sich für das Teilprojekt Brüggmoos in die folgen-den vier Phasen:

Zielsuche und Analyse • April/Mai 2004

Lösungsuche • Mai – Oktober 2004

Bewerung der optimalen Lösung • November/Dezember 2004

Politische Konsolidierung • 1. Quartal 2005

Das Vorgehensprogramm war an-spruchsvoll und auf eine möglichst vollständige Partizipation der Work-shopteilnehmer angewiesen. Für die Workshops galten folgende Spielre-geln:

Gut vorbereitet sein•

Zeitrahmen einhalten•

Unvoreingenommen sein•

Offen für neue Ideen sein•

Andere ausreden lassen•

Projektstruktur A5 Umfahrung Biel

Phasenablaufschema Projektoptimierungsprozess POPWEST 2004

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Neuer AnschlussBrügg/BrüggmoosQuerspange Parkstrasse

Neuer AnschlussBrügg/BrüggmoosQuerspange Mittelstrasse

Neuer HA Brügg mit2/3-Anschluss Brüggmoos

Generelles Projektmit best. Anschluss Brügg

Neuer HA Brügg mit2/3-Anschluss Brüggmoos

Neuer HA Brügg mitHalbanschluss BrüggmoosMilitärstr. Parkstr.

1A

1B

1C (GP)

2 3A

3B

3C

3D

A5

A5

T6

Konzentrierte Lösungen Dezentrale Lösungen Mischlösungen

Messbare, zweckmässige Lösun-• gen anstreben

Aufgrund der eingegangenen Ein-sprachen und Stellungnahmen zum aufgelegten Ausführungsprojekt lagen Informationen über die Bedürfnisse der Betroffenen vor. Die ersten Work-shops dienten einer Auslegeordnung und Definition der Aufgabe.

Ziele und ProjektanforderungenBereits im Hinblick auf die Ausar-beitung des Ausführungsprojektes Ostast wurden Ziele und Projektanfor-derungen für die Projektbearbeiten-den definiert. Um den Variantenfächer für die Optimierung nicht unnötig ein-zuschränken und den Anliegen der direkt Betroffenen bestmöglich Rech-nung zu tragen, wurden die Ziele, An-forderungen, Rahmenbedingungen, Bedürfnisse und Handlungsspielräu-me für den Projektoptimierungspro-zess zusammen mit den zuständigen Vertretern der Region, den Fachstel-len von Bund und Kanton sowie den A5 Stabs-Beratern als Grundlagen er-arbeitet und zu Handen der Projektbe-arbeiter verabschiedet.

Gemeinsam wurde festgelegt, die Ag-glomeration Biel als Ganzes zu be-trachten und deren Bedürfnisse in

Zusammenarbeit mit den Vertretern der Region wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Die übergeordne-ten Ziele und Anforderungen betrafen die gesamte Umfahrung Biel. Zusätz-lich wurden entsprechende Vorgaben für den engeren Bereich Brüggmoos/Brügg entwickelt. Diese bezogen sich auf technische Details sowie auf die Anliegen der Gemeinden im Untersu-chungsbereich.

Lösungssuche und VariantenstudiumAuf der Grundlage der Ziele und Projektanforderungen wurde im Sommer 2004 ein vollständiges Va-riantenstudium auf Stufe Machbar-keit/Zweckmässigkeit ausgelöst. Die drei beauftragten Projektteams hatten technisch machbare Lösungen aus-zuarbeiten, welche die erforderliche verkehrliche Leistungsfähigkeit auf-weisen, die Erschliessung der angren-zenden Industrie- und Wohngebiete berücksichtigen und gestalterisch so-wie bezüglich Umweltaspekten und Kosten optimierbar sein sollten. Die Lösungen hatten natürlich den Stan-dards für Nationalstras sen zu ent-sprechen.

Die verabschiedeten Ziele und Pro-jektanforderungen umfassten insge-

samt 27 Beurteilungsaspekte. Diese wurden zur einfacheren Verwendung zusammengefasst und auf folgendes Beurteilungsraster konzentriert:

Verkehr: • Betrieb, Verkehrssicherheit

Städtebau: • Siedlung (-sränder, -szwischenraum), Gestaltung, Erschliessung (Qualität, nutzungsorientiert)

Umwelt: • Emissionen, Flächenverbrauch / Vernetzung

Kosten: • Erstellungskosten

Der Beurteilungsraster wurde im Sin-ne einer Erfolgskontrolle (wie weit er-füllen die vorgelegten Varianten die Anforderungen) angewendet.

Die Bewertung wurde auf Basis dieser Beurteilungsaspekte zunächst durch die Fachexperten Verkehr, Gestal-tung, Umwelt sowie durch den Stab für die Kosten und Betriebsaspek-te durchgeführt. Danach wurden die Varianten und ihre qualitative Beur-teilung in einem Workshop in regio-nal und fachspezifisch gegliederten Arbeitsgruppen diskutiert. Die durch die Workshop-Teilnehmer definierten Annahmen und Randbedingungen wurden bestätigt. Zugleich konnte ein Konsens hinsichtlich der Bestva-rianten gefunden werden, nämlich ein Verzweigungsbauwerk A5/T6 und ein räumlich klar getrennter Anschluss Bi-enne Sud bzw. Brügg.

Mitte Dezember 2004 wurde POP-WEST 04 fristgerecht abgeschlos-sen. Alle Beteiligten an der Planung standen hinter dem Ergebnis und den Folgerungen. Auf dieser partizipativ entstandenen und gut abgestützten Grundlage ist in der Zeit von Februar 2005 bis Sommer 2006 das revidier-te nationalstrassenrechtliche Aus-führungsprojekt erarbeitet worden. Dieses zeichnet sich aus durch

Untersuchte Anschlussvarianten Brüggmoos/Brügg

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eine klare, gut verständliche • Linienführung der Hochleistungs-stras sen (HLS) mit den vom ASTRA geforderten Kapazitätsreserven

eine in das Industrie- und Gewer-• begebiet Brügg gut eingepasste Anschlusslösung

Minderkosten von ca. Fr. 80 Mio.•

Die Planauflage des revidierten Aus-führungsprojekts Brüggmoos fand im Oktober 2006 statt. Die eingegan-genen Einsprachen betrafen haupt-sächlich Aspekte des Landerwerbs. Grundsätzliche Einsprachen gegen das Projekt gab es nicht.

N5-JU/SO

T6-BE

N5-NE

VerzweigungAnschluss BrüggAnschluss Bienne-SudLokalnetz

Brügg

Biel

SBB

Schematische Darstellung der optimierten Lösung im Bereich Biel Süd

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Die Entwicklung von Bewertungs-methoden und Zielsystemen ist in den letzten Jahren weit vorange-schritten. Aktuelle Diskussionen betreffen spezielle Be wer tungs-tatbestände, den bilanziellen Wert der Infrastruktur und vor allem Verkehrsdaten und Verkehrsmo-dellierung als Grundlage für die Be-wertung von Infrastrukturen.

Mit dem Ziel- und Indikatorensystem nachhaltiger Verkehr des Eidgenös-sischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika-tion, den Nachhaltigkeitsindikatoren für Strassen- (NISTRA) und Bahn-In-frastrukturprojekte (NIBA) sowie mit dem Normenwerk SN 641 820ff. sind in den letzten Jahren systematische Grundlagen zur Bewertung von Ver-kehrsprojekten geschaffen worden. Es gibt jedoch noch immer Bewer-tungstatbestände, für die Ansätze erst in der Entwicklung sind:

Trends

So werden beispielsweise spezielle Zielsysteme aus Sicht der Stadtpla-nung oder Kriterien des politischen Bedarfs (Zulässigkeit, Eignung, «Wür-digkeit» und Nutzen-Kosten-Verhält-nis) entwickelt.

Andere Aspekte, für die derzeit Lösun-gen gesucht werden, sind die Bewer-tung von Orts- und Landschaftsbild, die Bewertung der Verlässlichkeit im Verkehrsablauf und die Bewertung des ruhenden Verkehrs.

Auch für die Bewertung von Massnah-men zu Gunsten des Langsamverkehrs im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Ana-lyse muss der richtige Ansatz noch gefunden werden.

Ebenso werden Ansätze für die mo-netäre Bewertung des Nutzens von Verkehrsberuhigungsmassnahmen gesucht. Ein höchst aktuelles Thema ist die monetäre Bewertung von Inf-

rastrukturen als Aktivum (Substanz-, Ertrags-, Buch-, Verkehrs-, Wiederbe-schaffungswert).

Ein Thema mit grosser Tragweite ist die Bewertung von Organisation und Angebot im öffentlichen Verkehr. Hier geht es um die Messung der Dienst-leistungs- und Angebotsqualität (v.a. vor dem Hintergrund der europäi-schen ÖV-Qualitätsnorm EN 13816) , um Kennzahlensysteme und um Ben-chmarkingmethoden, zum Beispiel die Data Envelopment Analysis (DEA). Neben den Organisationen und Un-ternehmen des öffentlichen Verkehrs gibt es aber auch Ansätze für die Be-wertung der Bereitstellung von Stras-sennetzen oder für die Beurteilung der öffentlichen «Dienstleistung Mo-bilität».

Ein wichtiges Thema bei der Umwelt-verträglichkeit war in den letzten Jah-ren die Strategische Umweltprüfung

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(SUP bzw. englisch SEA). Bezüglich der Ansätze für externe Kosten wur-den grosse Fortschritte gemacht, auch wenn noch immer gros ser Dis-kussions- und Forschungsbedarf be-steht.

Eine grosse und nach wie vor weit-gehend ungelöste Frage ist die nach der Raumwirkung von Verkehrsinfra-struktur und -angebot. Welche Auswir-kungen haben Autobahnanschlüsse, ÖV-Netze oder Eisenbahnnebenstre-cken auf Standorte, Arbeitsplätze, Siedlungsentwicklung und Pendler-verkehr? Wie wirken Raumplanungs-strategien auf die Verkehrsleistung? Welche Raumstruktur ist eher, welche weniger für die Erschliessung mit öf-fentlichem Verkehr geeignet? Hierzu wurden in den letzten Jahren neue vergleichende Analysen und Kenn-zahlensysteme entwickelt.

Bezüglich der für Bewertungen grund-legenden Verkehrsdaten ist das gros se aktuelle Thema Floating Car Data, die Generierung von aktuellen Verkehrs-daten aus der Positionsbestimmung und -übermittlung von Fahrzeugen z.B. mit GPS. Zurzeit widmen sich viele Forschungsarbeiten der Aggre-gation und Darstellung solcher Ver-kehrsdaten, vor allem zur Analyse von Engpässen und Staus. Ein weiteres prominentes Thema ist die «richtige» Herleitung von Fahr- und Verkehrs-leistungsdaten (Fahrzeugkilometer, Personenkilometer), da die laufenden Verkehrszählungen im Strassenver-

kehr nur Fahrten an Punkten im Stra-ssennetz erfassen.

Im Bereich der Verkehrsmodellierung und -prognose werden aktuelle bimo-dale Ansätze, bei denen MIV und ÖV gemeinsam modelliert werden, Nut-zenmaximierungsmodelle und aktivi-tätenorientierte Ansätze entwickelt.

Im Bereich der Kosten gibt es in der Schweiz neue Ansätze für standardi-sierte Erhaltungsmassnahmen, für den betrieblichen Unterhalt von Stras sen, für Fahrzeugbetriebskosten, Kosten der Transportzeit im Personen- und im Güterverkehr, Unfallkosten und Um-

weltkosten, welche teilweise bereits in das schweizerische Normenwerk auf-genommen sind, teils noch in Normen zusammengefasst werden sollen. Ein weiteres «altes» Kostenthema ist die Wegekostenrechnung, das mit der Road-Pricing-Diskussion wieder Aktu-alität erlangt.

Auch beim Einbezug von Unsicher-heit und Risiko in der Praxis der Pro-jektbewertung sind in der letzten Zeit Fortschritte gemacht worden. Zur Beurteilung von Risiken für die Infra struktur laufen in der Schweiz verschiedene Forschungsarbeiten.

Häufigkeitsverteilung der Fachartikel zum Thema Bewertungen in ausgewählten Publikationen 2002 – 2008

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