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Seite 1 von 33 Projektmanagement Walter Lang IMSAS, Uni Bremen Projektmanagement Walter Lang; Wintersemester 2010/2011 8.10.2010 Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte 1. Einleitung Was ist ein Projekt? Eine spezielle Aufgabe, die sich von der Routine absetzt Kennzeichen Projekt: - Ziel P-Plan - Begrenzung o Zeitlich P-Ende o Personell Team o Finanziell Budget - Abgrenzung gegen andere Tätigkeiten - Spezifische Organisation Linienaufgaben Projekt Zeithorizont langfristig kontinuierlich will bleiben kurz – mittelfristig begrenzt will sich selbst überflüssig machen Ziel Kontinuierliches Überleben Fertigstellung Erfüllung einer Aufgabe Ergebnisse Reproduktion Innovation Einmaligkeit Beispiele Laufende Produktion von Autoreifen Laufender Vorlesungsbetrieb Entwicklung eines neuen Reifentyps Neue Vorlesung erarbeiten

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Projektmanagement Walter Lang; Wintersemester 2010/2011 8.10.2010 Kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte 1. Einleitung Was ist ein Projekt? Eine spezielle Aufgabe, die sich von der Routine absetzt Kennzeichen Projekt: - Ziel P-Plan - Begrenzung

o Zeitlich P-Ende o Personell Team o Finanziell Budget

- Abgrenzung gegen andere Tätigkeiten - Spezifische Organisation Linienaufgaben Projekt Zeithorizont langfristig

kontinuierlich will bleiben

kurz – mittelfristig begrenzt will sich selbst überflüssig machen

Ziel Kontinuierliches Überleben Fertigstellung Erfüllung einer Aufgabe

Ergebnisse Reproduktion Innovation Einmaligkeit

Beispiele Laufende Produktion von Autoreifen Laufender Vorlesungsbetrieb

Entwicklung eines neuen Reifentyps Neue Vorlesung erarbeiten

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Projekte bewegen sich im Spannungsfeld von Ergebnis (Qualität), Kosten und Terminen Methoden • Transparent machen was man weiß

was geplant ist wo man steht

• Teamarbeit Gruppen moderieren • Ideen finden Im Team kreativ sein

Problemlösung Gefahren erkennen

• Entscheidungen finden Systematisch entscheiden Im Team entscheiden

Methoden muss man einüben. Daher Vorlesung und Übungen nicht trennen. Methoden erklären, anwenden in Gruppenarbeit, Ergebnisse gemeinsam besprechen. Diese Methoden werden auch übe das PM hinaus gebraucht. Literatur: Wesentliche Literatur (zur Vorbereitung der Prüfung) • Heinz Schelle: Projekte zum Erfolg führen. Dtv. 10€ Das wesentliche Buch zur Vorlesung. Viele Bilder sind daraus entnommen. • Bernd Ebel: Qualitätsmanagement. 32 € Sehr gute Einführung in QM, die einen Einblick in die Norm gibt und auch die PM-Aspekte beschreibt. Weiterführende Literatur • Joan Magretta: Basic Management. 12€ Allgemeiner Überblick, was Management ist und welche Themen derzeit diskutiert werden • Stephen Covey: Die sieben Wege zur Effektivität. 9,95€ Selbstmanagement; Kultbuch • Dieter Brandes: Einfach managen. 12,90 € Verbesserung von Prozessen durch Vereinfachung. Viel diskutiert, sehr gut zu lesen.

Kosten

Ergebnis

Termin

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• Karsten Füser: Modernes Management. 10€ Gibt einen guten Einblick in die Methoden und Begriffe. • Bob Nelson: Management für Dummies. 20,40€ Allgemeines Management, Sehr praktisch, klar und vernünftig. • Stuart Crainer: Managementtheorien, die die Welt verändert haben Historisch: die Entwicklung des Management dargestellt an den wichtigen Personen. • K. Olfert: Kompakttraining Projektmanagement Kiehl-Verlag 2004 2. Methoden der Entscheidungsfindung - Projektauswahl Welche Projekte soll man machen? Welche Produkte soll man entwickeln? Es gibt Methoden, um systematisch Entscheidungen zu finden, in der Gruppe zu entscheiden und Gruppen bei der Entscheidungsfindung zu moderieren. Vorteile systematischen Vorgehens: - Kein Streit um Methode (oft ist das ein Ausweichthema um von den Konflikten

abzulenken) - Alle werden eingebunden - Es wird nichts (oder weniger) vergessen - Das Wissen, wie etwas zu tun ist, wo Risiken sind und wie man Dinge verbessern kann ist

oft im Team vorhanden, wird aber nicht artikuliert und bleibt verborgen. Um das Wissen der Mitarbeiter freizusetzen, verwendet man systematische Moderations- und Kreativitätstechniken.

Nachteile - Methodenfetischismus (Zahlenfetischismus) kann lähmen. Gesunden Menschenverstand benutzen, keinen Methodenfetischismus zulassen! Gewichtete Vergleichsmatrix Wo studieren? Bremen oder London? Kriterium Gewichtung des

Kriteriums Bremen London

Lebenshaltungskosten 40% ++ -- Ruf der Uni 40% Umland 10% Freunde 10%

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Stärken Schwächen Analyse

Beispiel Reifenentwicklung (H. Schelle) Portfoliotechnik Portfolio = 2 dimensionale Auftragung, meist qualitativ X-Achse wirtschaftlich; Y-Achse strategisch Oder X-Achse intern (eigenes Können); Y-Achse extern (Marktvolumen) Verwendet um die Gesamtheit der Projekte oder Produkte einer Firma (das „Portfolio“ der Firma) zu analysieren.

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Boston-Matrix (Entwickelt von Boston Consulting) (Bild: Kaires) Marktwachstum gegen relativen Marktanteil Question Mark: Junge Produkte in Entwicklung, hohes Wachstum, noch kein großer Umsatz Star: Umsatz gut und noch Wachstum Cash Cow: Umsatz gut, aber Wachstum verlangsamt sich. Das Ende ist abzusehen Dog: Auslaufendes Produkt oder Produkt, das am Markt durchgefallen ist

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Produktlebenszyklus: Ein Produkt wandert im Produktlebenszyklus: Question mark – Star – Cash Cow – Dog Fehlentwicklung: Question Mark – Dog ohne je Star zu sein. (Bild: Füser) Ein Problem bei der Boston-Matrix ist, dass die Achsen quantitativ definiert sind, die Werte aber in der Regel nicht quantitativ ermittelt werden können sondern nur geschätzt werden können. Daher ist es sinnvoll, die Definition der Achsen auszuweiten und nichtquantifizierbare Faktoren auch zu betrachten. Dies tut die McKinsey Matrix mit den Achsen Marktattraktivität und Wettbewerbsstärke. (Bild: Peter Kaires: Professionelles Produktmanagement für die Investitionsgüterindustrie. Expert Verlag) Marktattraktivität Wettbewerbsstärke Rentabilität Können, Know-How, Personal Marktvolumen Patente Marktwachstum Marktanteil Gesellschaftlicher Trend Regionaler Vorteil

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Delphi-Technik Die Delphi Methode dient dazu, in gelenkter Weise Expertenwissen nutzbar zu machen. Dabei werden vom Auftraggeber Experten zum Problem befragt (entweder vor Ort oder mit einem Fragebogen). Dann werden die Antworten analysiert, gegebenenfalls wird eine zweite Expertenrunde durchgeführt. Am Ende entscheidet der Auftraggeber aufgrund der Analyseergebnisse. Die Delphi-Methode wurde ursprünglich eingesetzt, um langfristige Technologieentwicklungen vorherzusagen (Olaf Helmer 1967). Heute wird sie auch für Firmenstrategie eingesetzt. Die Experten können sagen wie die Dinge zusammenhängen und wie ein Plan aussehen könnte (Wissen). Der Auftraggeber (Firma, Politik...) entscheidet, ob ein Plan umgesetzt wird (unternehmerische Entscheidung, gesellschaftliche Verantwortung). Szenario-Technik Ob ein Projektvorschlag Sinn macht, hängt oft davon ab, wie sich die Technologie und/oder die Gesellschaft als ganzes entwickelt. Die Szenariotechnik ist eine Prognosetechnik, die versucht, die Gesamtentwicklung in mehreren mögliche Szenarios zu erfassen. Dann wird der Projektvorschlag in den einzelnen Szenarios bewertet. Vorgehen: Definition der Szenarien

o Einflußfaktoren finden o Entwicklungsmöglichkeiten der Einflußfaktoren bestimmen (Projektionen) o Daraus ergeben sich mögliche Entwicklungen o Szenarien herausarbeiten und in Worte fassen

Analyse der Lösungen o Wie ist der Projektvorschlag in den einzelnen Szenarien zu bewerten?

Konsequenzen o Entscheidung über Projektvorschlag o Modifikationen nötig?

Methode: Moderierte Gruppenarbeit mit Fragebögen zu den einzelnen Schritten (Einflußfaktoren, Projektionen,...).

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3. Projektplanung Wichtige Arten des Projektplanes:

1. Projektstrukturplan (logischer Zusammenhang, keine Zeitdimension) 2. Balkenplan (Zeitachse, aber nicht notwendig Verknüpfungen und kritischer Pfad) 3. Netzplan (Logik und Zeit, Verknüpfung, kritischer Pfad kann dargestellt werden.)

Bild: Projektstrukturplan

Bild: Balkenplan. Der kritische Pfad verbindet diejenigen Arbeitspakete, deren Verschiebung eine Verschiebung des Endtermins des Projektes zur Folge hat.

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Der Netzplan ist sehr kompliziert, deshalb bevorzugen die meisten Teams den Balkenplan. Oft macht man im Balkenplan die Verknüpfungen und definiert so den kritische Pfad. Ein Arbeitspaket ist eine Teilaufgabe, die eine sinnvolle Einheit bildet Was muss definiert sein: - Inhalt - Lösungswege und Tätigkeiten - Voraussetzungen - Probleme und Risiken - Verantwortlicher - Kosten - Termine Prüffragen zum Arbeitspaket: - Sind alle Aufgaben des Projektes verteilt? - Gibt es Überschneidungen der Arbeitspakete? - Ist die Aufgabe klar formuliert? Wer? Was? Wann? Was ist gut (wie wird das Ergebnis

evaluiert)? - Gibt es einen Verantwortlichen? - Hat er die Kompetenz und die Mittel die er braucht? Ein Meilenstein ist ein Fixpunkt, an dem eine überprüfbare Aufgabe fertig ist und abgefragt wird. Bei einem Meilenstein muss ein Deliverable vorgelegt werden (Hardware, ein Bericht, ein Messergebnis...). Die Erfahrung zeigt, dass Projekte, die in Phasen strukturiert werden, besser funktionieren. Vorteile der Phaseneinteilung: - Ordnungs- und Denkschema, auf das sich alle Beteiligten beziehen können. - Gemeinsame Sprachregelung über die Projektteile, weniger Missverständnisse bei

Schnittstellen - Meilensteine erleichtern die Überwachung - Risiko gesenkt - Fehler werden früher erkannt. „Zehnerregel“: Wird ein Fehler nicht in der Planung erkannt, sondern erst in der Fertigung, so wird die Fehlerbehebung 10 mal so teuer. Wird er erst in der Montage erkannt, kommt ein weiterer Faktor 10. Wird er erst beim Kunden erkannt, kommt noch einmal ein Faktor 10. Minimale Phaseneinteilung:

1. Vorentwicklung: Erstellung des detaillierten Projektplanes und des Pflichtenheftes. Teambildung. Endet mit dem „Kick-Off-Meeting“ oder mit dem Meeting zur „Freigabe der Entwicklung“.

2. Projektarbeit, strukturiert Meilensteine und Projektbewertungstreffen. Diese Strukturierung ist im Projektplan nachzulesen, der bei der Freigabe beschlossen wurde.

3. Abschluss: Abschlusstreffen, Dokumentation, Nachbearbeitung(Kundenpflege...)

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Es kann mehr Phasen geben. Diese werden dann im Projektplan festgelegt. Das Lastenheft beschreibt, was zu erreichen ist. Es kommt vom Kunden. Beim öffentlichen Auftrag ist dies die Ausschreibung. Es beschreibt nicht, wie das gemacht wird. Das Pflichtenheft beschreibt, wie und womit das gemacht wird. Es wird vom Team erarbeitet. Sehr oft wird der Unterschied nicht gemacht, man spricht dann nur vom Pflichtenheft oder in der Forschung von der Zielvorgabe. 4. Risikobewertung Welche Risiken gibt es, wie schätzt man sie ein und was kann man dagegen tun? Mit der Methode des Ursache-Wirkungs-Diagramms scannt man das Umfeld systematisch ab, um kein mögliches Risiko zu übersehen. Das gleiche Verfahren heißt auch „Fischgrätplot“, Ishikawa-Plot (nach dem Erfinder) oder 5M-Plot (weil man oft die Hauptkategorien Mensch, Maschine, Material, Methode und Mitwelt verwendet).

Mit der Methode der FMEA (Fehler Möglichkeits- und Einfluß Analyse) bewertet man die Risiken. (Bild: Ebel) Ein Fehler ist gefährlich, wenn er

1. gravierende Folgen hat 2. Mit hoher Wahrscheinlichkeit eintritt 3. Versteckt ist und zu spät entdeckt wird

Diese drei Kriterien werden mit drei Parametern auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet: 1. Bedeutung des Fehlers B: gering (B=1) bis gravierend (B=10) 2. Auftretenswahrscheinlichkeit B: unwahrscheinlich (A=1) bis sehr wahrscheinlich (A=10) 3. Entdeckungswahrscheinlichkeit B: Wird sicher gesehen (E=1) bis kaum zu entdecken

(E=10) (Genaugenommen also „Nichtentdeckungswahrscheinlichkeit“) Das Produkt ergibt die Risikoprioritätszahl RPZ = B*A*E. Die Fehler mit der höchsten RPZ verdienen die größte Aufmerksamkeit.

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Fehler B A E RPZ Maßnahme Kein Lotfluß 8 3 1 24 Keine Kalte Lötstelle, kein Kontakt

8 5 8 320 Automatische Prüfung des elektrischen Kontaktes einführen

Typisches FMEA Formular zum Beispiel „Bauteil einlöten“ In der Praxis ist die FMEA sehr aufwendig. Eine große FMEA, z.B. in der KFZ Industrie, wird mit eigenen Moderatoren durchgeführt und bindet ein Team von 10 Leuten eine Woche lang. Wichtig für Qualitätsmanagement (QM): Wer ein Produkt entwickelt, ist verpflichtet, Q-Methoden zur Risikoabschätzung einzusetzen.

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5. Projektteam Der Projektleiter Der Projektleiter führt das Projektteam. Sehr oft ist der PL bei kleinen Projekten auch der einzige, der Vollzeit auf dem Projekt arbeitet. Er managt das Projekt, den Kundenkontakt und das Team. Man braucht an dieser Stelle einen Mitarbeiter, der

4. Die Sache versteht 5. Organisieren kann 6. Ein Projekt leiten will 7. Von den Teammitgliedern und den Kollegen anerkannt wird 8. Verantwortung übernehmen will 9. Mit Kunden umgehen kann

Aufgaben und Befugnisse des PL (sind je nach Organisation etwas anders): - Mitsprache bei Zielen, Kosten, Terminen, Auswahl der Mitarbeiter - Information bekommen und geben - Fachliches Weisungsrecht, jedoch nicht notwendig als disziplinarischer Vorgesetzter - Teamsitzungen einberufen und leiten - Entscheidungen im Projekt - Ziele setzen und überwachen Führung im Team Der autoritäre Führungsstil nach dem Schema Befehl und Gehorsam gilt als veraltet. P-Teams werden in einem partizipativen und kooperativen Stil geführt: - Der Projektleiter erfragt die Meinungen - Er beteiligt das Team an den Entscheidungen - Er moderiert die Entscheidungen

o Wenn ein Konsens da ist, stellt der PL fest, dass es eine Entscheidung gibt und stellt klar, wie diese lautet.

o Falls es keinen Konsens gibt, dann entscheidet der PL. Wenn es Arbeitspakete gibt, die sich eigenständig behandeln lassen und wenn es im Team geeignete Personen gibt, dann kann der PL die Aufgabe samt den Zuständigkeiten und der Verantwortung delegieren. Vorteile sind dass das Engagement mit der Verantwortung wächst und dass der PL entlastet wird. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ging der Trend immer stärker zum delegativen Management und zum mündigen Mitarbeiter. Der PL setzt mit dem MA Ziele und überwacht diese (Management by Objectives, Empowerment). Merkregel für das definieren von Zielen: Setze SMARTe Ziele! - Spezifisch: Möglichst genau sagen, worum es geht. Details. - Messbar: Wann gilt das Ziel als erreicht? Kriterium vorher festlegen, sonst gibt es

hinterher Streit. - Ausführbar: Wer eine Aufgabe bekommt, muss auch die Mittel bekommen, sie zu

erreichen. - Relevant: Es ist demotivierend, Banalitäten aufzublasen. - Terminiert: Was keinen Termin hat, kann man nicht einfordern. „Sofort“ oder

ASAP (As Soon As Possible) ist eine sehr schlechte Terminfestlegung.

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Falle: Meßbarkeitsfetischismus kann zu Absurditäten führen. Beispiel: 20 Messekontakte der Kategorie A(=erfolgversprechend) sind Ziel für die Messe-Crew. Die wird es geben, wenn es sein muss, aber nicht den versprochenen Erfolg. Maßnahmen zur Teambildung - Ziele klarmachen, gemeinsame Ziele finden (sehr oft wissen Teammitglieder nicht, was

das eigentliche Ziel des Gesamtprojektes ist) - Wir – Gefühl erzeugen - Spielregeln klarstellen und einhalten (auch der Chef!) - Eindeutige Zuständigkeiten

Falle: Zu große Eindeutigkeit kann lahmlegen, weil eine Verbotskultur entsteht. Dann tun die Leute lieber nichts, als dass sie etwas tun, was nicht ihre Aufgabe ist.

- Offenheit - Rückmeldung - Konflikte aufdecken und lösen - Jedem einen sinnvollen Beitrag geben. Kleine Erfolge ermöglichen Phasen der Teambildung - Orientierung - Machtkampf - Organisation - Leistung - Auflösung In englischer Literatur oft: Storming, Norming, Performing Man kann nicht ungestraft eine Phase überspringen wollen. Ein Projektteam soll sich wieder lösen, genau wie ein Projekt ein Ende finden soll. Dieser Gedanke fällt vielen schwer, die meinen ein Projekt das nicht verlängert wird sei gescheitert. Das ist falsch. Ein Projekt soll seine Aufgabe erfüllen und dann zu Ende gehen. Spielregeln im Team - Vertrauen - Offenheit: Keine Informationen zurückhalten. - Aktives Zuhören: Den anderen zum Reden ermuntern und aktiv die Kommunikation

fördern. - Konstruktive Kritik

Kritik am Vorgehen, nicht an persönlichen Eigenschaften. Kritisieren, was der Betroffene Ändern kann. Was er nicht ändern kann, nicht unnötig in der Öffentlichkeit ansprechen. Kritik muss man anhören und beachten, aber man muss sie nicht in jedem Fall akzeptieren.

- Konsens anstreben und Entscheidungen mittragen - Mitarbeit, Identifikation. Jeder leistet seinen Beitrag und zeigt nicht nur auf andere. Motivation Äußere Motivation: Geld, Urlaub... Innere Motivation: Zufriedenheit, Anerkennung, Verantwortung, Leistung, Erfolg,

„Flow“...

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Innere Motivation tritt mit steigendem Wohlstand, Erfolg und Ausbildungsgrad in den Vordergrund. Die Psychologie beschreibt die Motivation mit der Motivationspyramide (Maslow 1954). (Bild: Ebel)

Motivationshilfen Handlung der Führungskraft Sicherheit Aufgaben klar definieren

Verbindlichkeit Klar, eindeutig und berechenbar sein

Vertrauen Sachliche und konstruktive Kritik. Zuhören. Zeigen, dass man selbst Vertrauen hat.

Unterstützung Zuhören Wo Schwächen sind, klären helfen Anerkennen, was ein MA kann. Gaben wecken und MA nach ihren Gaben einsetzen.

Wohlbefinden am Arbeitsplatz

Unternehmenskultur vorleben. Rückkopplungsgespräche. Kleine Erfolge ermöglichen.

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Freiheit und Verantwortung erfordern Vertrauen. Vertrauen erfordert Kontrolle, keine kleinliche Überwachung, aber auch kein Laisser-faire. Vertrauen schafft Einfachheit. Mißtrauen schafft Komplexität. Der Begriff der Verantwortung führt oft zu Diskussionen: wie kann ich etwas verantworten, wenn ich nicht alle Kompetenzen habe? Die englische Sprache unterscheidet Responsibility und Accountability. Responsible ist derjenige, dem die Aufgabe übertragen wurde. Er hat Pflicht, alles zu tun, dass sie erledigt wird und die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, wenn er sieht, dass es nicht geht. Er wird aber nicht notwendigerweise für die Folgen eines Misserfolges zur Rechenschaft gezogen. Accountable ist derjenige, der zur Rechenschaft gezogen wird, also meist der, der die Aufgabe delegiert hat. Konsequenz für Firmenstruktur und Personaleinsatz: Die spontane Ordnung ist sehr effizient, auch wenn sie auf den ersten Blick komplex aussieht. Werkzeuge der Mitarbeiterführung Das Mitarbeitergespräch ist ein wesentliches Werkzeug der Führung. Mitarbeiter und Vorgesetzter sprechen natürlich sehr oft und bei vielen Gelegenheiten miteinander. Das Mitarbeitergespräch hat jedoch eine herausgehobene Bedeutung. Es dient nicht dazu, Tagesproblemen zu lösen, sondern die grundsätzliche Situation gemeinsam zu betrachten und zu bewerten. Die Arbeit, Erfolge und Probleme werden gemeinsam besprochen und bewertet. Es werden Ziele gesetzt und die Zeilerreichung wird bewertet. Es wird in der Regel einmal im Jahr durchgeführt, aber auch zwischendurch, falls nötig. Eine bewährte Gliederung ist:

1. Das vergangene Jahr: Erfolge, Probleme, Bewertung der Arbeit 2. Das nächste Jahr: Arbeiten, Pläne 3. Nachprüfbare Ziele des MA für das nächste Jahr 4. Persönliches (Gehalt, erfolgsabhängige Zulagen und Prämien, Zukunftsplanung,

Stellensituation...) 5. Feedback des MA an den Vorgesetzten (Situation in der Abteilung, Führungsstil...)

Es wird ein Protokoll erstellt, das jedoch vertraulich ist und bei dem MA und dem Vorgesetzten verbleibt. Wichtig ist, dass die Ziele nachprüfbar sind und dass die Zeilerreichung beim folgenden Gespräch auch besprochen wird. Kommunikation Am Beispiel der Aussage „Im Labor herrscht Chaos“ durch einen Institutsleiter kann man die vier Aspekte der Kommunikation unterscheiden: 1. Sachaspekt: Wortlaut: Es ist nicht aufgeräumt.

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2. Selbstoffenbarungsaspekt: Ich gehe ins Labor, schaue nach und ich lege Wert auf Ordnung.

3. Beziehungsaspekt: Die Leute, die dort arbeiten, sind mir zu unordentlich. 4. Appellaspekt: Bitte räumen Sie auf! Es gibt keine Nichtkommunikation. Schweigen ist schwer zu interpretieren. Schweigen heißt nicht immer einverstanden sein. Hier gibt es große Unterschiede zwischen Personen und zwischen Kulturen. Konflikt Auch jeder Konflikt hat mehrere Aspekte. Einerseits die sachlichen, andererseits die emotionalen (psycho-sozialen). Eisbergmodell: man sieht nur 10%, 90% sind unter der Oberfläche verborgen, aber umso gefährlicher.

Aspekte eines Konfliktes (Schelle). Regeln bei Konflikten als Kontrahent: • Keine persönliche Verletzung. • Keine totale Konfrontation, die zu irreversiblen Konsequenzen führen muss. Jeder muss

sein Gesicht wahren können. • Aber konsequent sein: keine leeren Drohungen • Jodotechnik: Beiseitetreten und den Wüterich ins Leere laufen lassen • Die Situation des anderen Bedenken. Was kann er tun? Was soll er tun? Was gibt es, das

mir hilft und ihm möglich ist?

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Er kann nicht aus seiner Haut heraus oder sich in Luft auflösen. Also muss ich ihm einen gangbaren Weg zeigen. Brücken bauen. „Win-Win“ Situation darstellen.

• Zu was bin ich bereit? Wo ist die Grenze? Was tue ich, wenn sie überschritten wird? Oft ist es sinnvoll, wen eine unbeteiligte Person vermittelt. Das kann auch ein professioneller Mediator sein. Ablauf eines Mediationsgespräches: • Worum geht es? • Wollen die Partner eine Lösung? (Mitunter geht es den Kontrahenten beim Streiten sehr

gut und sie wollen keine Lösung) • Ziel der Mediation (z.B. Projektarbeit fortführen) • Konflikt bearbeiten; Lösungen, Alternativen, Lösungen suchen. • Hat die gefundene Lösung eine Chance? • Aktivitäten definieren: Wer tut was wann. • Rückfragen: Sind alle zufrieden?

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6. Projektkosten Kostenschätzung Was kostet Projektarbeit? Bei der Berechnung von Kosten für eine Personalstunde oder ein Personaljahr muss die Frage geklärt werden, wie die Gemeinkosten auf die Personalstunde umgelegt werden. Stundensatz = Personaljahr/Anzahl der Arbeitsstunden im Jahr Personaljahr Anteil Summe BAT IIa, ca. 40 Jahre, Familie, Brutto € 52.000 52.000 Arbeitgeberanteile an Krankenkasse (6,5%), Arbeitslosenversicherung (1,5%), Pflegeversicherung (0,5%) und Rente (9,75%)

10.000 62.000

Overhead für Büro und Verwaltung +20% 13.000 75.000 Overhead für MA, die nicht auf Projekte schreiben (Abteilungsleiter, Sekretariat, Hausmeister…) +30%

22.000 97.000

Weiter Overhead Liste kann man beliebig fortsetzen

... ...

Arbeitsstunden im Jahr 365 Tage - 104 Wochenende - 6 Feiertage - 30 Urlaubstage - 2 freie Tage - 10 Tage krank - 5 Tage Fortbildung 208 Arbeitstage x 7,8 Stunden 1622 Stunden außer Projekt (Allgemeine Besprechungen, Akquisition...) –16%

-260

Stunden im Projekt 1362 Stundensatz bei Uni (Overhead 20%): 75.000€/1360 Stunden = 55 €/Stunde. Es gibt Institute, die 150% Overhead haben! Übliche Stundensätze: Handwerk 36 € Institute, kleine Firma 50 € Großindustrie 70 € Berater 100 € Fallen und Tricks bei der Kostenberechnung: - Kaufleute drücken oft Gemeinkosten, indem sie mehr auf Projekt schreiben (Sekretariat,

allgemeine Besprechungen...). Ändert zwar die Zahlen, aber nicht die Sache. Der Kaufmann hat zwar auf dem Papier die Kosten gedrückt, der PL muss trotzdem soviel bezahlen wie vorher (Billigerer Stundensatz x mehr Stunden).

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- Schätzung der Arbeitszeit, die eine Aufgabe benötigt. Top-Down Frage vs. Bottom-Up Frage. Beispiel: Frage: Wie lange dauert es, die Platine zu bestücken? Antwort: Kleinigkeit, 3 Stunden. Frage: Mache in einer Woche 10 Platinen. Antwort: Unmöglich, mehr als 5 nicht zu schaffen.

- Sicherheitsdenken: jeder addiert 10% „Sicherheit“ - Überorganisation bei der Kostenplanung:

o Ingenieure machen Kostenplanung immer zu komplex, weil sie denken, Excel und Access können alles.

o Kostenplanung in MS-Project ist meist zu komplex o Multiproject-Management bleibt meist Illusion

Die Kostenschätzung für ein Projekt wird am besten mit Unterstützung eines erfahrenen PL vorgenommen. Ein typisches Formular zur Schätzung und Diskussion der Projektkosten im Team und bei der Freigabe: Projektkostenschätzung Arbeitspaket Stunden Material Extern Start Planung Projekt Detailplan Pflichtenheft Teambildung MS-Kickoff Elektronik Sensor Auswahl Summen Stundensatz: Kosten Personal: Material Extern Invest: Reisen: Sonstige: Projektkosten:

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Deckungsbeitragsrechnung, Fixkosten und variablen Kosten: In der Regel macht man Projekte, wenn die Einnahmen die Ausgaben mindestens decken. Es kann jedoch sinnvoll sein, ein Projekt mit Verlust zu machen oder ein Produkt mit Verlust zu verkaufen, wenn der Verlust anders noch größer wäre. Beispiel: Sie haben einen Autobus, mit dem Sie Gruppen fahren. Ihre Kalkulation für eine Reise die einen Tag dauert und 200 km Strecke hat, sieht folgendermaßen aus: Kosten € Variabel/Fix Benzin für 200 km 50 V Wartung 4.000€ Jahr / 200 Tage

20 V

Zins und Tilgung 10.000 € /Jahr / 200 Tage

50 F 1. Deckungsbeitrag

Gewinn (= ihr eigenes Bruttogehalt) 50.000 / 200 Tage

250 F 2. Deckungsbeitrag

Summe 370 Wenn Sie 370 € oder mehr bekommen, lohnt sich die Fahrt. Was, wenn jemand 290 € bietet? Falls Sie keinen anderen Auftrag haben, lohnt es sich auch. Sie haben an diesem Tag zwar wenig verdient, aber einen Teil zu ihren Fixkosten beigetragen. Erst wenn die variablen Kosten nicht mehr gedeckt sind, lohnt es sich definitiv nicht mehr. Diese Betrachtung nennt man Deckungsbeitragsrechnung. Anbieten mit geringen Deckungsbeiträgen kann sehr gefährlich sein, denn letztendlich handelt es sich um Verlustgeschäfte. Angenommen, Sie haben für 290€ zugesagt, und es ruft doch noch jemand an, der den vollen Preis zahlen würde...

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Kostenverfolgung, Controlling Monatlicher Vergleich:

1. Kosten vs. Plan 2. Projektfortschritt vs. Plan 3. Projektfortschritt vs. Kosten

Ermittlung der Kosten: Industrie: MA schreiben Stunden auf Projekt Forschung: Oft sind MA Monatsweise dem Projekt zugeordnet. Kosten werden von Buchhaltung/Controlling aufaddiert und dem PL mitgeteilt. Probleme und Fallen: • P-Fortschritt kennt der PL von heute

Kosten sagt ihm das Controlling von vor 4-6 Wochen ⇒ Lücke in Kosten.

• „90%-Falle“: In der Selbsteinschätzung geht es schnell bis 90%, die letzten 10% dauern

sehr lange. Abhilfe: Restkostenschätzung. Man fragt nicht: „wieviel von der Arbeit ist schon fertig?“, sondern „wie lang brauchen Sie für die restliche Arbeit?“. Oft großer Unterschied! Manchmal bleibt der Rest konstant, z.B. Fusionsreaktor.

Pareto-Regel (80/20-Regel): 20% des Aufwandes machen 80% des Erfolges. Andere sagen: 20% der Fehlerursachen machen 80% der Probleme.

Praktisches Vorgehen: Probleme muss man früh erkennen! Vergleich in der Regel monatlich. Kurven müssen nicht linear sein PL muss auch bei einzelnen Posten in Details schauen. Bei der Meilensteintrendanalyse werden die Meilensteintermine (senkrecht) gegen den Berichtstermin (waagrecht) aufgetragen. Man erkennt also, wenn sich die Meilensteine und damit das Projektergebnis nach hinten verschieben. Beispiel Bau einer Halle (Bild: H. Schelle): Im September 1993 war die Bezugsfertigkeit für September 1994 geplant. Das Projekt startete verspätet und hatte Probleme. Beim letzten dokumentierten Stand vom Januar 1995 ist die Bezugsfertigkeit im Juli 1995 zu erwarten.

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Bei der Kostentrendanalyse wird in gleicher Weise aufgetragen, wie sich die erwarteten Gesamtkosten von Berichtspunkt zu Berichtspunkt verändern.

Meilensteintrendanalyse Bild: Schelle

Kostentrendanalyse Bild: Schelle

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7. Das Projekt im Unternehmen Organisationsformen für Firmen Das Grundproblem ist die Einbindung der Mitarbeiter in Projekte einerseits und in einer Firmenhierarchie andererseits. Dadurch ist der Mitarbeiter Diener zweier Herren: Projektleiter und Abteilungsleiter. Beide stellen ihre Forderungen. Aus diesem Spannungsfeld entstehen die verschiedenen Organisationsformen. 1. Reine Projektorganisation (Task Force). Hier werden die Projektmitarbeiter vollständig

aus den Fachabteilungen herausgenommen und dem PL unterstellt. Vorteil: Starke Projekte Nachteile: Was machen die MA nach dem Projekt? Konkurrenz Projekt – Linie, MA können schwer in mehrere Projekte eingebunden werden.

2. Die Matrixorganisation wird von den Abteilungen (senkrecht) und den Projekten

(waagrecht) gebildet. Jeder MA ist Teil einer Abteilung und eines Projektes.

3. Sehr häufig wird die Struktur der Matrix-Projektorganisation gewählt. Hier sind die MA je

nach Einbindung in die Projekte mehr oder weniger stark aus den Abteilungen herausgelöst. So kann es sein, dass ein PL sich nur mit seinem Projekt beschäftigt während ein anderer P-MA neben dem Projekt (40%) noch wichtige Linienaufgaben (60%) übernimmt. Vorteile: Jeder kann PL werden Jede Expertise des Hauses kann in allen Projekten genutzt werden Nach dem Projektende hängen P-MA nicht in der Luft. Abteilungsleiter als disziplinarischer Vorgesetzter bleibt.

Matrix-organisation (H. Schelle)

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Typische Konfliktsituation: Projektmitarbeiter wollen schnell Dinge umsetzen, sind risikobereit und müssen dem Kunden gegenüber für die Ergebnisse gerade stehen. Die Linienmitarbeiter denken an stabile Prozesse. Sie sind an Sicherheit interessiert, stören sich aber eventuell an der größeren Freiheit und den Chancen der Projektmitarbeiter. Es gibt kein Patenrezept, den Konflikt zwischen Projekt und Linie zu lösen. Kontrollfrage an Organisationsformen: Dient die Struktur der Aufgabe? Wenn ja, dann ist die Struktur gut. Probleme der Firmenorganisation Soll eine Firma straff strukturiert, organisiert und geführt werden oder mit großer Freiheit? Auch hier gibt es kein Patentrezept. Straffe Organisation kann die Effektivität erhöhen. sie vermeidet Doppelarbeit. Eine freiere Struktur erhöht Motivation und Engagement und kann so effektiver sein. Bei der Verteilung von Aufgaben in Team und Organisation gilt: Die natürliche Ordnung, die durch die freie Abstimmung entsteht, ist oft die beste. Man soll nur dann gegen den Willen der MA Aufgaben verteilen, wenn es gar nicht anders geht. Doppelarbeit muss nicht schlecht sein. Der Verlust an Effektivität, der entsteht, wenn zwei Leute sich einem Thema widmen, wird oft mehr als ausgeglichen durch den Gewinn an Engagement in einer freieren Organisationsform. Wer Doppelarbeit bekämpft, der stellt Arbeitsverbote auf. Doppelarbeit ist leicht zu sehen. Stagnation, Frustration und Stillstand sind nicht leicht zu sehen, da sie verborgen werden, schaden aber noch mehr. Auf welcher Ebene sollen Entscheidungen angesiedelt sein?

Matrix-Projektorganisation Bild von Maren Fischer-Epe, Coaching, rororo2002

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Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass Entscheidungen immer auf der untersten Ebene, auf der sie möglich sind, auch gefällt werden sollen. Wer eine Entscheidung gefällt hat, der steht auch zu dieser Entscheidung. „Stiel niemandem seine Entscheidung“. Herkunft des Wortes: Subsidiarität (lat. Subsiduum: Hilfe, Reserve) ist ein gesellschaftliches Prinzip, das Eigenverantwortung vor staatliches Handeln stellt. Controlling der Firma Überwachung der ganzen Firma erfordert Kennzahlen. Harte Kennzahlen (Umsatz, Gewinn...) lassen sich direkt quantitativ ermitteln. Weiche Kennzahlen (Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit, Fortbildungsstand...) kann man durch Umfragen ermitteln und quantifizieren. Ein Methode zur Darstellung eines Kennzahlensystems ist die Balanced Scorecard (Bild: Ebel, Qualitätsmanagement).

Strategieprozeß zur Aufstellung der Balanced Scorecard: 1. Definiere die Unternehmensziele. 2. Identifiziere die Kunden und ihre Anforderungen (für die Ziele des Unternehmens). 3. Identifiziere die erfolgskritischen Prozesse (für die Anforderungen der Kunden). 4. Ermittle nötige Fähigkeiten (für diese Prozesse). Umsetzung: Quantitative Ziele finden Operative Ziele

o F&E, interne Projekte o Prozesse definieren oder überarbeiten (Kundenzufriedenheit,

Strategieseminar...) Kommunikation

o Es funktioniert nur, wenn alle das System kennen und verstehen o Seminare, Workshops o Kick off meeting o Audits

Hierarchie o Hauptpunkte mit Unterpunkten ausfüllen.

Balanced Scorecard Bild: Ebel, QM

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Unternehmensstrategie Was zeichnet eine gute Firma aus? Ein Beispiel für viele Modelle ist das 7 S-Modell (Tom Peters: „In search of excellence“) 1. Strategie: Ziele, Plan zur Verteilung der Ressourcen. 2. Struktur: Einheiten und ihre Verbindung, Organigramm. 3. Systeme: Verfahren und Routineprozesse (z.B. Sitzungsabläufe). 4. Stammpersonal: Engagement, Vertrauen. 5. Stil: (Verhalten der Führung, Umgang miteinander). 6. Selbstverständnis: Leitkonzepte, die jeder verinnerlicht. 7. Spezialkenntnisse: Fähigkeiten der MA und der Firma. Operative Konsequenzen: Was muss man für Excellenz tun? Ausrichtung am Kunden Innovation (Fortwährend, in allen Bereichen, Mut zu Fehlern) Partnerschaft Führungskräfte, die zum Wandel bereit sind Kontrolle durch einfache Hilfssysteme, die das richtige messen. Stakeholder Management Stakeholder = Leute, die vom Projekt betroffen sind und berechtigtes Interesse haben. (Nicht verwechseln mit Shareholder = Leute, die investiert haben) Kunden MA, Team, Abteilungsleiter, Vorstand Eigentümer des Unternehmens Unterauftragnehmer, Lieferanten, Dienstleister Gesellschaft (Anlieger, Behörden, Bürgerinitiativen, Presse...) Beispiel bei öffentlichem Bauprojekt Mülldeponie: Stakeholder = Anwohner, Verbände, Presse... Stakeholder Management Erwartungen, Ängste Einstellung positiv/negativ Einfluß/Macht Unsere Erwartungen, Ängste Maßnahmen:

o Information o Pressekonferenz o Werbung o Öffentliche Versammlungen o Beteiligung an Entscheidungen

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8. Qualitätsmanagement Grundidee Um mit weniger Aufwand bessere Ergebnisse zu erzielen, werden die Abläufe analysiert, standardisiert, kontrolliert und verbessert. Wesentliche Abläufe werden als Prozesse dokumentiert, an die sich alle Mitarbeiter halten. Die Gesamtheit der Prozesse bildet das Q-System der Organisation. Die Norm DIN-ISO 9001 legt fest, was im Q-System mindestens geregelt sein muss. Die Leitung und der Qualitätsbeauftragte unterstützten die MA, pflegen das System und kontrollieren, ob es umgesetzt wird. Das System wird ständig weiterentwickelt: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Die interne Kontrolle erfolgt durch interne Audits. Die externe Kontrolle erfolgt durch ein externes Audit durch einen Zertifizierer. Dieser prüft

1. ob die Prozesse die Norm erfüllen und 2. ob sie konsequent umgesetzt („gelebt“) werden.

Ist dies der Fall, so wird die Organisation zertifiziert. Qualität = realisierte Beschaffenheit bezüglich einer Qualitätsforderung. Das QM meint nicht den Q-Bergriff des alltäglichen Sprachgebrauchs: Qualität = Güte. Norm Die Norm Din-ISO 9001-2000 beschreibt, welche Abläufe geregelt sein müssen. Die Norm sagt, was mindestens geregelt sein muss. Sie definiert kein System. Die Organisation definiert das System selbst in Prozessen. Diese werden in der Regel von den Mitarbeitern in Gruppenarbeit erarbeitet, die dabei vom Q-Beauftragten und ggf. von Beratern unterstützt werden. Warum gibt die Norm kein System vor?

- Durch die Prozeßorientierung ist die neue Norm sehr flexibel. - „Stiel niemandem seine Entscheidung!“. Was man selbst bestimmt hat, an das hält man sich auch gerne.

ISO 9000: QM-Systeme, Begriffe ISO 9001: QM-Systeme, Forderungen = verbindlicher Haupttext ISO 9004 QM-Systeme, Leitfaden = Hilfe, um die 9001 umzusetzen. Es gibt auch andere Normen, z.B. QS 9000 für KFZ.

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Inhalt und Prozeßmodell der Norm

Inhalt der Norm ISO 9001-2000

Prozeßmodell der Norm ISO 9001-2000 Am Bild des Prozeßmodells, das die Norm angibt, lassen sich Grundgedanken und Inhalt gut veranschaulichen. In der Organisation finden Prozesse statt, die sich in vier große Kapitel gliedern lassen: - Verantwortung der Leitung - Management der Mittel

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- Produktrealisierung - Messung, Analyse, Verbesserung.

Aus diesem Bereich entspringt der Prozess der ständigen Verbesserung. Der Kunde steht auf beiden Seiten sozusagen am Anfang und am Ende des Prozesses. Vier Interaktionen verbinden den Kunden mit der Organisation: - Die Leitung muss den Kunden und seine Bedürfnisse kennen (Marktkenntnis und

Marktforschung, Marketing) - Der Kunde gibt Aufträge an die Produktrealisierung (Vertrieb, Angebotserstellung

und -verfolgung) - Die Produktion liefert Ergebnisse und Produkte an den Kunden. - Der Kunde gibt Feedback an die Messung und Analyse (Kundenzufriedenheit,

Kundenpflege). Dokumentation des QM-Systems Die Abläufe werden nachvollziehbar beschrieben und gelenkt (Systemtisch abgelegt, aktuelle Version erkennbar, alte Versionen entfernt oder gekennzeichnet). Dokumentation eines Q-Systems: - Prozesse - Verfahrensanweisungen - Arbeitsanweisungen

Dokumentation von Prozessen: - Als Fließtext (früher) - Als Flußdiagramm: heute sehr verbreitet, dazu gibt es eigene Softwarewerkzeuge.

Vorteil: Eindeutig. - Als Liste bzw. Kurztext (z.B. Prozess „Projektmanagement“ des IMSAS). Vorteil: Kurz

und klar. Die Verantwortung der Leitung - Die Leitung verpflichtet sich, QM zu leben, die Q-Ziele festzulegen und die Q-Politik zu

vermitteln. - Sie sorgt für die Kundenorientierung und die Marktkenntnis. - Sie plant das Q-System. - Sie benennt einen Q-Beauftragten - Sie bewertet das System In regelmäßigen Abständen wird in Management Review Sitzungen das System geprüft und Verbesserungen werden geplant. Management der Mittel Personen Personalentwicklung umfaßt Aus- und Weiterbildung, Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Gruppenintegration... Wichtiges Werkzeug ist das Mitarbeitergespräch.

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Die Organisation muss eine für die Aufgaben geeignete Infrastruktur (Ausrüstung, Arbeitsumgebung) aufrechterhalten. Produktrealisierung Dazu gehören die Entwicklung und die Produktion. Die Produktionsprozesse müssen beherrscht werden. Ein Herstellungsprozess kann in der Entwicklung und im Labor gut funktionieren, aber in der Produktion dennoch nicht prozessfähig sein. Bei der Neueinführung und Änderung von Prozessen müssen geregelt sein (Ebel, QM): - Nachweis der Prozeßfähigkeit - Nachweis der Produkteigenschaften - Akzeptanz durch den Kunden - Nachweis der Verfügbarkeit von Zulieferungen - Vorhandensein der Dokumentation Um prozessfähig zu sein, muss ein Prozess beherrscht und qualitätsfähig sein. Ein Prozess ist beherrscht, wenn die Abweichungen von einem gegebenen Sollwert vorhersagbar sind und damit das Q-Niveau stabil ist. Ein Prozess ist Q-fähig, wenn Produkte entstehen, die die Q-Forderungen erfüllen.

Beispiel: Fertigung von elektrischen Widerständen mit dem Mittelwert R0 =1000 Ohm und der Standartabweichung σR = 10 Ohm. Sie machen Messreihen mit je 50 Messungen an mehreren Tagen (Bild). Fall B: Der Prozess ist beherrscht, da R0 nicht driftet, aber er ist nicht qualitätsfähig, da

die Streuung zu groß ist. Die Herstellung ist also nicht prozessfähig.

Fähigkeitsbeurteilung anhand gemessener Streuungen (Bildquelle: Ebel, QM) UTG: Untere Toleranzgrenze OTG: Obere Toleranzgrenze SW: Sollwert

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Fall C: Die Herstellung ist bei der Betrachtung der Streuung qualitätsfähig. Sie ist aber nicht beherrscht, da der Mittelwert von Tag zu Tag schwankt, und damit nicht prozessfähig.

Fall A: Die Herstellung ist beherrscht und qualitätsfähig, also ist sie prozessfähig. Fall D: Die Herstellung ist weder beherrscht noch qualitätsfähig. Mit der Statistischen Prozesskontrolle (SPC) legt man die Toleranzgrenzen fest und überwacht sie.

Beispiel: Oxidation von Siliciumwafern im Reinraum, Messung mit dem Ellipsometer. Jeden Tag wird zunächst ein Normal vermessen. Dieser Wert wird in die Regelkarte für das Meßgerät eingetragen. Danach werden die Wafer vermessen (Stichprobenauswahl nach einem beschriebenen Prozess oder 100%-Prüfung). Diese Werte werden in die Regelkarte für den Prozess eingetragen. Die Festlegung der Toleranzgrenzen kann nach dem 6-Sigma Modell erfolgen. Wenn die Toleranzgrenzen mehr als die 6-fache Standartabweichung von Mittelwert entfernt sind, dann geht man von einer Fertigung mit „praktisch Null Fehlern“ aus. Verlangen der Gesamtprozess oder die Kundenanforderung engere Grenzen als 6-Sigma, dann muss am Prozess gearbeitet werden, um die Streuung von verkleinern. Fehlerfrei nach

Normalverteilung DMPO Fehlerfrei nach

DMPO Algorithmus

Fehlerfrei nach 80 Schritten = DMPO80

1 Sigma 68% 690000 31% 2*10-39% 3 Sigma 99,7% 66000 93% 0,3% 6 Sigma 3,4 99,9997% 99,98% DMPO = Defect per Million opportunities = ppm Fehler. Der DMPO Algorithmus geht von einer Langzeitdrift des Mittelwertes um 1,5 Sigma aus und verbreitert die Streuung entsprechend. 6 Sigma kann auch ein strategisches Qualitätsziel sein. Es gibt dann eine 6-Sigma Organisation (6-Sigma Black Belts) und den DMAIC –Prozess zur Qualitätsverbesserung (Define, Measure, Analyse, Improve, Control). Weitere wichtige Bausteine der Produktrealisierung sind:

Regelkarte mit Toleranzgrenzen (Bildquelle: Ebel, QM) TG: Toleranzgrenze EG: Eingriffsgrenze WG: Warngrenze

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Rückverfolgbarkeit. Wenn ein Fehler auftritt, dann muss man rückverfolgen können, wie das Produkt erstellt wurde. Beispiel Krankenhausküche: Von jedem Gericht wird eine Probe eingefroren. Eine Datenbank dokumentiert den Verbleib der Proben und die Herkunft der Rohstoffe. Beschaffung: Bewertung von Lieferanten, ggf. Audits bei Lieferanten. Messgeräte: Q-relevante Messungen werden auf Meßgeräten gemacht, von denen sichergestellt ist, dass sie die angegebenen Messgenauigkeiten einhalten. Regelmäßige Kalibrierung, Messgeräteverwaltung. Messung, Analyse, Verbesserung Überwachung des Systems: Audit = Kontrolle, ob Prozesse eingehalten werden Internes Audit: Auditor (Q-Beauftragter, Institutsleiter...) stellt Fragen. Team oder Prozeßverantwortlicher antwortet. Feststellung möglicher Abweichungen. Protokoll und Maßnahmen. Externes Audit: Zertifizierer prüft, ob das System die Norm erfüllt und ob es gelebt wird. Um zu entscheiden, welches Problem man mit größter Priorität bearbeitet, verwendet man das Q-Werkzeug der Paretoanalyse. Die Probleme werden im Paretodiagramm in der Reihenfolge ihrer abgeschätzten Auswirkungen geordnet. Pareto-Regel (20 – 80 Regel): „20% der Probleme machen 80% des Schadens“.

Bile: Paretodiragramm (Ebel) Der kontinuierliche Verbesserungsprozess wird im Deming-Zyklus (PDCA-Zyklus) dargestellt. Beispiel Platinenbestückung: Plan: Schaltplan, Teilelisten, Bestückungsplan. Do: Herstellung von Platinen. Check: Testen der Platinen. Ergebnis: R7 wird zu warm. Act: Prozess ändern. R7 (1/8 W) wird ersetzt durch (1/4 W). Beispiel Jahresziele: Plan: Jahresziele planen. Do: Umsetzung.

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Check: Zielerreichung prüfen. Act: Neue Ziele ansteuern.

William E. Deming: „Out for the Crisis“. Ein Hauptwerk des Q-Wesens. Demings 14 Punkte (Auswahl): - Ständig verbessern - Q als Denken in die Köpfe - MA dürfen keine Angst haben - Wenig Kontrolle, sondern von vorn herein Q - Supervision und Training - Der Kunde ist der wichtigste Teil der Produktionskette. Kaizen: Japanisch Kai=Veränderung, Zen=gut. Wenn viele Menschen viele kleine Schritte machen (Kaizen), dann ist das besser als wenn einer einen großen Schritt macht (Innovation). Starke Betonung des Teams, Ablehnung der Idee eines „genialen“ Individuums, das eine Innovation treibt. Total Quality Management (TQM) ist eine Unternehmenskultur mit Orientierung an Kunden, Mitarbeitern und Ergebnissen. Gehorsam wird durch eigenständiges Denken abgelöst. Werker in der Fabrikation dürfen und sollen Probleme lösen.

Deming-Zyklus Bild: Ebel, QM