Plötzlich saß sie im Fernsehen, aber geplant wardas nicht. Neben
ihr ein gewisser GüntherJauch, mit dem sie die Sendung »Live aus
demSchlachthof« moderieren sollte - und die hatte imBayerischen
Fernsehen Kultstatus. Davon war BirgitKlaus, damals 23, weit
entfernt: »Bigentl ich hatteich vom Journalismus überhaupt keine
Ahnung -schon gar nicht, eine einstündige Livesendung ausdem Stand
heraus zu moderieren. Aber es war einAbenteuer, zu dem ich einfach
nicht Nein sagenkonnte.« Was war passiert? Nach einer Hospitanzbeim
Bayerischen Rundfunk und einem Casting, indem das »Greenhorn« einem
Musiker ein paar lo-ckere Fragen gestellt hatte, wurde Klaus als
Modera-torin der Schlachthof-Sendung ausgesucht. Dochohne richtiges
Handwerkszeug konnte das nicht gutgehen. Genauso schnell, wie
dieses Abenteuer be-gonnen hatte, war es daher auch wieder
vorbei.
Auch wenn es Spaß gemacht hatte, jetzt musste derjournalistische
Unterbau her. Und zwar klassisch inForm eines Volontariats beim
damaligen SWF. Wasgeblieben ist aus dieser Anfangszeit? Ihr Faible
fürUnbekanntes. Für Abenteuer. Das hat sie nachweis-bar allerdings
schon mit sieben. 1971 zieht ihre Fa-milie vom aufgeräumten
Baden-Baden in die brasili-anische Metropole Säo Paulo. Statt
abgeschottet ineiner Wohnanlage für Ausländer lebt man in
einemViertel, wo die Villen neben den Bretterbuden derArmen stehen.
Ihre täglichen Streifzüge mit ihremBruder durch diesen »Busch« -
noch heute kommtBirgit Klaus diese aufregende und gefährliche
Welthinterm Haus »wie ein einziger riesiger Abenteuer-spielplatz«
vor. Erfahrungen, die sie auf ihrem Be-rufsweg begleitet haben und
ihr immer wieder aufwunderbare Weise neue Impulse geben.
Zum Beispiel die Radiosendung LIEBESPERLEN,eineSWR1
LIVE-Spätsendung, die sie drei Jahre lang mo-deriert. Hier kann sie
ohne großes Reglement mitHörern intensiv über Liebe, Beziehung und
Psycho-logie reden - diese »kleine, autonome Talk-Insel« ist
ZUR PERSON •
ihr ans Herz gewachsen. 1998, als alles besprochenzu sein
scheint: Tapetenwechsel. Bei TREFFPUNKTIMGRÜNENbefasst sich Klaus
mit Menschen, Naturund Naturschönheiten Baden-Württembergs,
fürdiese Sendereihe fährt sie vier Jahre lang tausendeKilometer
durchs Land, leicht erkennbar an ihremknallgelben Cabrio. Drei
Jahre später: PLANETWIS-SEN, auch »Pernsehen für Neugierige von
Neugie-rigen- genannt - also ganz nach ihrem Geschmack.Endlich kann
sie beruflich umsetzen, was sie auchprivat umtreibt: den Dingen auf
den Grund gehen.Nachhaken. Deutlich wird diese Lust am
Recher-chieren vor 15 Jahren, als Birgit Klaus in ihrer Woh-nung
Asbestrückstände entdeckt. Aus Angst umihren damals sechs Monate
alten Sohn beißt sie sicham Thema fest: Asbest, Glaswolle,
Formaldehyd,Benzol ... die Giftliste in Stoffen und
Lebensmittelnwird immer länger, schärft aber ihre Sensibilität.Auch
dank der Gäste von PLANETWISSEN. DerenFachkompetenz und Fähigkeit,
scheinbar trockeneThemen spannend zu erklären, verhelfen
BirgitKlaus zu mancher Erkenntnis. Ein Beispiel: Zitro-nensäure und
Glutamat. Enthalten in vielen Lebens-mitteln, stehen sie laut einem
Alzheimer-Forscherin Verdacht, die Krankheit auslösen. Seitdem
musssich jeder Klaus-Joghurt einem peinlich genauenKlaus-Scart
seiner Inhaltsstoffe unterziehen. Diesmeint sie, wenn sie sagt:
»Ich nehme viele Erkennt-nisse aus der Sendung mit in den
Alltag.«
Doch ihre Welt dreht sich nicht nur um PLANETWIS-SEN.Als
Sprecherin synchronisiert Birgit Klaus auchFernsedokumentationen,
Features und Sendereihen.Dass ihr 15-jähriger Sohn sich für
Philosophie inter-essiert, ist nicht verwunderlich. Auch für sie
wardas immer schon ein Thema. Speziell Kant. Denwürde sie zu gerne
fragen, ob im Deutschland vonheute ein freies, selbstbestimmtes
Leben überhauptmöglich ist. •
PLANET WISSEN
Montags bis freitags,14Uhr
owww.planet-wissen.de
Detlef Kratz ist Chefvom Dienst (CvD) bei ARD-BüFFET
inBaden-Baden.
»OOPPELPFEIL 4/2006 27
