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Pseudohalogenderivate von Methylsilanen Von WILHELM KUCHEN Verschiedene Beobachtungen und ifberlegungen lassen darauf schlieoen, dal3 bei der Reaktion von Halogensilanen mit AgCN bzw. AgCNS die jeweiligen is0 - Pseudohalogensilane entstehen 2) 3). So wird das Dimethylsilyl-isocyanid (CH,), SiH . NC in Analogie zum CH,SiH, . NC2)durch Uberleiten von dampfforniigem (CH,),SiH. J4) iiber AgCN in 77 % Ausbeute nach wiederholter fraktionierter Konden- sation in einer auf -45" gekiihlten Falle als farblose Fliissigkeit erhalten. Rei weiterem Abkuhlen erstarrt die Substanz zu farblosen Kristallen, die bei -60,9" schmelzen. Die Verbindung, deren Dampftension bei 0" 11,5 mm betragt, ist unterhalb Raumtemperatur ziemlich bestandig. Reim Erwarmen zersetzt sie sich in fliichtige Produkte und einen braunen digen bzw. harzartigen Ruckstand. Analyse : Ber. (CH,), SiH . NC (85,14): 42,3% C; 8,2% H; 30,5% CN; Gef.: 42,7% C; 8,4% H; 30,5% CN; (durch LIEBIG-Titration nach voraufge- Das Molekulargewicht ergab sich aus der Dampfdichte zu 85,4. Das unter den fruher 2, beschriebenen Bedingungen aufgenommene UR-Spektrum des (CH,), SiH . NC ergibt die folgende Lage der Hauptabsorptionsbanden (in em-l) mit ihren Zuordnungen: gangener Hydrolyse) . 2970 m C-H Valenzschwingung 2190-2140 st Si-H Valenzschwingung 1420 s C-H Deformationsschwingung 1266 st Si-(CH,), Deformationsschwingung 910-890 st Si-H Deformationsschwingung 786 m Si-(CH,), Deformationsschwingung ( ?) 775-740 m Si-C Valenzschwingung. Nicht. identifiziert wurden: 3290ss, 2085s, 858m, 712m. Auch das CH,SiH,. NC2) zeigt eine scharfe, unidentifizierte Absorptionsbande bei 711. Bei der Reaktion zwischen CH,SiH, . J und AgCNS wurden eirie farblose Fliissigkeit, ein gelber Festkorper und etwas Wasserstoffgas l) C. EABORN, J. chem. SOC.[London] 1950, 3077. 2, H. J. EMEL~US, M. OXYSZCHUK, W. KUCHEN. Z. anorg. allg. Chem. 283 74 (1956). 3, A. G. MACDIARMID, J. inorg. nud. Chem. 2, 88 (1956). *) H. J. EMELBUS u. L. E. SMYTHE, pri\ate Mitteilunp.

Pseudohalogenderivate von Methylsilanen

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Page 1: Pseudohalogenderivate von Methylsilanen

Pseudohalogenderivate von Methylsilanen

Von WILHELM KUCHEN

Verschiedene Beobachtungen und ifberlegungen lassen darauf schlieoen, dal3 bei der Reaktion von Halogensilanen mit AgCN bzw. AgCNS die jeweiligen is0 - Pseudohalogensilane entstehen 2) 3).

So wird das Dimethylsilyl-isocyanid (CH,), SiH . NC in Analogie zum CH,SiH, . NC2) durch Uberleiten von dampfforniigem (CH,),SiH. J4) iiber AgCN in 77 % Ausbeute nach wiederholter fraktionierter Konden- sation in einer auf -45" gekiihlten Falle als farblose Fliissigkeit erhalten. Rei weiterem Abkuhlen erstarrt die Substanz zu farblosen Kristallen, die bei -60,9" schmelzen. Die Verbindung, deren Dampftension bei 0" 11,5 mm betragt, ist unterhalb Raumtemperatur ziemlich bestandig. Reim Erwarmen zersetzt sie sich in fliichtige Produkte und einen braunen digen bzw. harzartigen Ruckstand.

Analyse : Ber. (CH,), SiH . NC (85,14): 42,3% C; 8,2% H; 30,5% CN; Gef.: 42,7% C; 8,4% H; 30,5% CN; (durch LIEBIG-Titration nach voraufge-

Das Molekulargewicht ergab sich aus der Dampfdichte zu 85,4. Das unter den fruher 2, beschriebenen Bedingungen aufgenommene UR-Spektrum

des (CH,), SiH . NC ergibt die folgende Lage der Hauptabsorptionsbanden (in em-l) mit ihren Zuordnungen:

gangener Hydrolyse) .

2970 m C-H Valenzschwingung 2190-2140 st Si-H Valenzschwingung 1420 s C-H Deformationsschwingung 1266 st Si-(CH,), Deformationsschwingung 910-890 st Si-H Deformationsschwingung 786 m Si-(CH,), Deformationsschwingung ( ?) 775-740 m Si-C Valenzschwingung.

Nicht. identifiziert wurden: 3290ss, 2085s, 858m, 712m. Auch das CH,SiH,. NC2) zeigt eine scharfe, unidentifizierte Absorptionsbande bei 711.

Bei der Reaktion zwischen CH,SiH, . J und AgCNS wurden eirie farblose Fliissigkeit, ein gelber Festkorper und etwas Wasserstoffgas

l) C. EABORN, J. chem. SOC. [London] 1950, 3077. 2, H. J. E M E L ~ U S , M. OXYSZCHUK, W. KUCHEN. Z. anorg. allg. Chem. 283 74 (1956). 3, A. G . MACDIARMID, J. inorg. nud. Chem. 2, 88 (1956). *) H. J. EMELBUS u. L. E. SMYTHE, pri \a te Mitteilunp.

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102 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 288. 1956

als Reaktionsprodukte erhalten. Die durch wiederholte Kondensation in einer auf -63" gekuhlten Falle gereinigte Flussigkeit hatte bei 0" einen Dampfdruck von etwa 8mm. Selbst bei dieser Temperatur zer- setzte sie sich allmiihlich unter Abscheidung des vorhin erwahnten gelben festen Stoffes und Entwicklung von Wasserstoffgas. Die Analyse zeigte, da13 es sich bei der farblosen Fiiissigkeit urn CH,SiH, NCS handelte:

0,1271 g (0,1512 g) Substanz ergaben bei der alkalischen Hydrolyse mit 2Oproz. Kali - lauge 57,l (63,O) ccm H, ( O O , 760 mm) wahrend 55,5 (65,6) ccm nach

CH,SiH, * NCS + KOH + 2 H,O + CH,Si(OH), + 2 H, + KCNS

entstehen muaten.

Die Ermittlung des im Hydrolysat vorhandenen Thiocyanats er- folgte argentometrisch nach der Methode von FAJANS und ergab 56,6 (55,2) % CNS, wahrend 56,4 % fur CH,SiH, . NCS berechnet werden. Das gelbe Zersetzungsprodukt loste sich leicht in Kalilauge unter Wasser- stoffentwicklung. Ahnliche Ergebnisse zeigten sich im Falle des (CH,), SiH . NCS. Diese Verbindung ist eine bei -40" bestandige farblose Flussigkeit, die sich ebenfalls bereits bei 0 O unter Abscheidurig eines orangefarbenen festen Norpers ziemlich schnell zersetzt.

Auch das von MACDIARMID 3, untersuchte SiH, . NCS erweist sich als bei Raumtemperatur unbestiindig und zersetzt sich unter Bildung von gasformigen Produkten und eines weil3en Festkorpers. Jedoch scheinen die eiitsprechenden methylsubstituierten Verbindungen noch unbestiindiger zu sein.

Herrn Prof. H. J. EMELEUS bin ich fur viele wertvolle Ratschlage und der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur die Gewahrung eines Auslandsstipendiums zu herzlichern Dank verpflichtet.

Cambridge (England), University Chemical Laboratory.

Bei der Redaktion eingegangen am 16. Juli 1956.