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Qualitäten entdecken und evaluieren Förderung und Funktion von Stadtteilkultur herausgeber: landesrat für stadtteilkultur der kulturbehörde hamburg 12. hamburger ratschlag stadtteilkultur 18. und 19. november 2011 im bezirksamt hamburg-nord, robert-koch-str. 17 DOKUMENTATION

Qualitäten entdecken und evaluieren - hamburg.de · bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern der bereits sehr intensiv geführten Debatte um die Steuerungsstrukturen in der

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Qualitäten entdecken und evaluierenFörderung und Funktion von Stadtteilkultur

herausgeber: landesrat für stadtteilkultur der kulturbehörde hamburg

12. hamburger ratschlag stadtteilkultur18. und 19. november 2011 im bezirksamt hamburg-nord, robert-koch-str. 17

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Page 2: Qualitäten entdecken und evaluieren - hamburg.de · bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern der bereits sehr intensiv geführten Debatte um die Steuerungsstrukturen in der

INHALTSVERZEICHNIS

GRUSSWORT

Kultursenatorin Barbara Kisseker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

EINFÜHRUNG

Yvonne Fietz: Qualitäten entdecken und evaluieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Matthias Rick: Wie werden wir in Zukunft zusammenleben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

CULTURAL MAPPING UND CULTURAL PLANNING

Dörte Inselmann: Entwicklungspotenziale der Stadtteilkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Maria-Inti Metzendorf: Cultural Mapping und Planning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Diskussionsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

ERFOLG GERN MESSEN

Ralf Henningsmeyer: Wirkungsmessung in der Stadtteilkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Sven Oliver Bemmé: Evaluation im Kulturbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Diskussionsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

INNOVATIVE RESSOURCENSTEUERUNG

Bernd Haß und Sonja Wichmann: Ressourcensteuerung in der Stadtteilkulturförderung . . . . . . . 31

Ulla Harting und Gabriela Schmitt: Interkulturelle Strategien und Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . 34

Diskussionsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

SICHTBARKEIT DER VIELFALT DER KULTUREN

Katharina Oberlik: Zeitgenössisches Theater in Wilhelmsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Judy Engelhard: Rückblick – Einblick – Ausblick interkulturelles festival eigenarten . . . . . . . . . . 43

Anja Turner: Eckpunkte der Handlungsempfehlungen »Interkulturelle Kulturarbeit« . . . . . . . . . . 45

Diskussionsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

REFERENTINNEN UND REFERENTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

TEILNEHMERLISTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

SCHATZKARTE HAMBURG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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ler Aktivitäten auf hohem Niveau, tragen zu einem

innergesellschaftlichen Kulturaustausch bei und

sind nicht zuletzt in einem hohen Maße politisch

wirksam. Das gilt insbesondere dort, wo Sie als

Aktive die unterschiedlichen Zugangsvorausset-

zungen zu Kunst und Kultur thematisieren. Diese

Voraussetzungen lassen sich in Hamburg doch

sehr deutlich in den Brüchen zwischen einzelnen

Stadtteilen festmachen.

Im Programm dieses zwölften Ratschlags geht es

ganz gezielt darum, die Qualitäten von Stadt-

teilkultur zu entdecken und zu evaluieren. Das

bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern

der bereits sehr intensiv geführten Debatte um

die Steuerungsstrukturen in der Stadtteilkultur,

die Sie ja auch in den morgigen Workshops wei-

ter vertiefen wollen. Gefragt wird unter Anderem:

Ist Kultur planbar?

Sicher nicht in dem Sinne, dass von staatlicher

Seite eine spezifische Grundausstattung von

Kultureinrichtungen gleichmäßig über die Stadt

verteilt wird. Auch nicht in der Weise, dass ein

spezifischer Kanon von Künsten bzw. kunst- und

kulturgeschichtlichen Inhalten festgeschrieben

würde, der allein der Vermittlung Wert sei.

»Ja, mach nur einen Plan...« formulierte es Bertolt

Brecht in der Dreigroschenoper. Seinen skepti-

schen Einspruch sollten wir ernst nehmen und die

Kräfte unterstützen, die gerade auch Hamburg als

Kulturmetropole stark gemacht haben. Zwei Be-

reiche stehen dabei im Vordergrund: Die schöpfe-

rische Energie kreativer Einzelpersönlichkeiten

und -initiativen einerseits und bürgerschaftliches

Engagement andererseits. In dieses bürgerschaftli-

che Engagement beziehe ich sowohl ehrenamtli-

che Kulturinitiativen, Freundeskreise großer Kul-

tureinrichtungen aber auch unternehmerisches

und mäzenatisches Engagement für unsere Stadt

ein.

Daran bin ich kürzlich bei der Einweihung der

erweiterten Zentralbibliothek am Hühnerposten

Sehr geehrter Herr Kopitzsch,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

»Auf zu neuen Ufern« – so heißt der Untertitel

des Theaterprojekts »Moby Dick«, für das der

Bramfelder Kulturladen Anfang April den Stadtteil-

kulturpreis erhalten hat. »Auf zu neuen Ufern«

hieß es auch für mich; die Preisverleihung war

einer meiner ersten Termine als Hamburger Kultur-

senatorin. Inzwischen hatte ich vielfach Gelegen-

heit für Begegnungen mit zentralen Akteuren der

Stadtteilkultur. Zuletzt haben mir die Vertreterin-

nen und Vertreter der Geschichtswerkstätten wäh-

rend einer Bustour, begleitet von Medienvertre-

tern vor Augen geführt, welche zentrale Bedeu-

tung ihre Arbeit für das Gedächtnis der Stadt

doch hat.

In all diesen Begegnungen der ersten Monate ist

mir eines wieder bewusst geworden: Hier enga-

gieren sich – häufig ehrenamtlich – außerordent-

lich motivierte Menschen für ihre Idee und ihr

Projekt, aber eben auch für unsere Stadt. Sie

erzeugen dabei eine unglaubliche Vielfalt kulturel-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler

Page 4: Qualitäten entdecken und evaluieren - hamburg.de · bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern der bereits sehr intensiv geführten Debatte um die Steuerungsstrukturen in der

noch einmal erinnert worden. Die Bücherhallen

Hamburg verdanken ihre Gründung der Bürgerini-

tiative »Patriotischen Gesellschaft«. (Auch wenn –

jetzt darf ich die Stadt selbst loben – ihre heutige

Existenz ohne ein deutliches, finanzielles Bekennt-

nis der Stadt nicht denkbar wäre.)

Planung im Feld der Stadtteilkultur kann doch so-

mit nur heißen, die langjährige Erfahrung mit bür-

gerschaftlichem Engagement und kultureller Ini-

tiative ernst zu nehmen und im offenen Dialog

über Bedarfe und Entwicklungspotentiale einzel-

ner Stadträume ins Gespräch zu kommen. Diese

Aufgabe nimmt der Bezirk Hamburg-Nord bereits

an: Hier haben sich die Kommunalpolitiker dafür

bereits eine kluge Grundstruktur zurechtgelegt, in

dem sie kenntnisreiche Multiplikatoren aus unter-

schiedlichen Kulturbereichen als Fachbeirat –

ohne Stimmrecht – in den Kulturausschuss geholt

haben. Dieser Weg verdient Respekt und sollte

sich als Dialogformat über die Förderziele und -

motive für einzelne Stadtbereiche fortsetzen.

Wenn sich Planung im Diskurs über Budgetan-

sätze und gleichförmige Verteilung von Mitteln

erschöpft, hat sie ihr Ziel verfehlt oder hat keins,

das im kulturellen Feld begründet ist. Ein Bemü-

hen um Verteilungsgerechtigkeit ist anzuerkennen,

verliert aber an Wert, wenn das gesamte Wir-

kungsgefüge von kulturellem Engagement nicht

erkannt wird. Kulturpolitik ist mehr als nur Finanz-

jonglage. Wichtig ist, kulturelle Vielfalt entstehen

zu lassen, kreativem Eigensinn Raum zu geben

und auf kulturelle Differenz neugierig zu machen.

In diesem Sinne wünsche ich mir als Ergebnis

Ihrer Fachgespräche frische Impulse für die

Fortschreibung der Stadtteilkultur in Hamburg.

Vielen Dank!

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Der diesjährige RATSCHLAG STADTTEILKULTUR

steht unter dem Motto »Qualitäten entdecken

und evaluieren – Funktion und Förderung von Stadt-

teilkultur«. Mit dem »Entdecken« und »Evaluieren«

deutet sich schon an, dass es einerseits um die

lebendige und vielfältige Praxis der Stadtteilkultur

geht – wozu selbstverständlich auch die Geschichts-

werkstätten zählen – und andererseits um so sperri-

ge Themen wie Evaluation, Erfolgskontrolle und

Bedarfsermittlung.

Wie ein roter Faden zieht sich durch den RAT-

SCHLAG, dass Ergebnisse des Evaluationsprozesses

der Stadtteilkultur, der im Auftrag der Kulturbehörde

umgesetzt wird, in einen umfassenderen fachlichen

Diskurs einfließen und in einen erweiterten Kontext

gestellt werden. Nachdem der Evaluationsbericht im

Sommer 2010 vorgelegt worden war, arbeiteten

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bezirken,

Kulturzentren und Geschichtswerkstätten in Arbeits-

gruppen weiter an den Empfehlungen der Evaluato-

ren und Aufträgen, die das Landesparlament be-

schlossen hat (Drs. 19/6501).

Die Themenfelder dieser Arbeitsgruppen bilden sich

auch bei den ersten drei Schwerpunkten des dies-

jährigen RATSCHLAG ab: »Cultural Mapping undEIN

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Yvonne Fietz

Entwicklungspotenziale von Qualitäten der Stadtteilkultur

Der 12. RATSCHLAG STADTTEILKULTUR wendet sich unter dem Motto »Qualitäten entdecken und evaluieren« der spezifischen Förderungen und Funktionen der Stadtteilkultur berät darüber, wie lokale Kultur und kulturelle Bildungden Kulturnachwuchs und die Integration befördern, und diskutiert Entwicklungsperspektiven.

QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIERENFörderung und Funktion von Stadtteilkultur

Im Jahr 2010 legte die Kulturbehörde eine umfassende Evaluation der Hamburger Stadtteilkultur vor. Die Ergebnissesind in einem intensiven partizipatorischen Prozess von Kulturakteuren und Verwaltung verarbeitet worden. Sie sind in einem um Kommunalpolitik erweiterten Teilnehmerkreis Ausgangspunkt einer breit angelegten Perspektiv-entwicklung gewesen, die neben den Fragen der Qualitätsentwicklung und Erfolgskontrolle auch Steuerungs-mechanismen öffentlicher Verwaltung und Kommunalpolitik bzw. innovative Planungsmethoden und -strategien behandelt.

Unter dem Motto »Qualitäten entdecken und evaluieren« beleuchtet der 12. RATSCHLAG STADTTEILKULTUR Themen-und Handlungsfelder der Stadtteilkultur und diskutiert Gelingensbedingungen, Potenziale und Entwicklungsbedarfe zu folgenden Schwerpunkten:

• Cultural Mapping und Planning – Stadtteilkultur als Instrument kultureller und sozialräumlicher Stadtteilentwicklung• Erfolg gern messen – Qualitäts- und Erfolgskontrolle in Kulturprojekten• Innovative Ressourcensteuerung – Förderverfahren zukunftsweisend gestalten• Sichtbarkeit der Vielfalt der Kulturen – Bühnen einer weltoffenen Stadtgesellschaft

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Es gibt viele Parallelen zwischen den Projekten von

raumlaborberlin und der Arbeitsweise der Hamburger

Stadtteilkulturzentren – aber es gibt natürlich auch

Unterschiede. Der Vergleich schärft den Blick für die

besonderen Qualitäten und Potenziale.

Der zweite Schwerpunkt des RATSCHLAGs ist zu-

gleich ein hochaktuelles Thema: Bühnen einer welt-

offenen Stadtgesellschaft. Städte verändern sich im

Kontext der Europäisierung und Migration. Aber ist

diese Vielfalt der Kulturen auch in der Stadtgesell-

schaft sichtbar? Wo sind die Bühnen einer weltoffe-

nen Stadtgesellschaft? Kulturprojekte wie die von

raumlaborberlin und den Stadtteilkulturzentren

schaffen neue Bühnen, temporäre halb geschlossene

– und damit durchlässige – Gemeinschaften, in

denen diese Vielfalt sichtbar wird und inter- oder

transkulturelle künstlerische Ausdrucksformen kreiert

werden. Was bedeutet dies für die Perspektiv-

entwicklung der Stadtteilkultur?

Die Hamburger Stadtteilkultur nimmt bundesweit

eine Vorreiterrolle insbesondere in den Handlungs-

feldern »Stadtteilentwicklung durch Kultur« und

»Kultur und Schule« ein. Dass dies so ist, ist u.a.

dem vorbildlichen Förderverfahren mit wirkungs-

orientierten Zielsetzungen und gesellschaftlich rele-

vanten Förderkriterien zu verdanken. Aber auch das

Steuerungsinstrument, die »Globalrichtlinie und

Förderrichtlinie Stadtteilkultur« mit Kenn-

zahlenerhebung und der quantitative und qualitative

Methoden verbindenden Erfolgskontrolle ist bis

heute bundesweit einmalig.

Die Evaluationsergebnisse haben gezeigt, wie ein

partizipativ entstandenes Förderinstrumentarium die

Entwicklung einer so jungen Kultursparte, wie es die

Stadtteilkultur ist, positiv beeinflusst. Und sie bietet

eine gute Grundlage dafür, die Qualitäten der Stadt-

teilkultur weiterzuentwickeln – damit der Kultur-

nachwuchs und die Integration durch lokale Kultur

und kulturelle Bildung weiter wachsen!

Beim 12. RATSCHLAG STADTTEILKULTUR wurden wie-

der vielfältige Impulse für die Theorie und Praxis

geliefert, die mithilfe der nun vorliegenden Doku-

mentation weiter vertieft werden können.

Planning«, »Erfolg gern messen« und »Innovative

Ressourcensteuerung«. Der vierte Schwerpunkt

»Sichtbarkeit der Vielfalt der Kulturen – Bühnen

einer weltoffenen Stadtgesellschaft« greift ein aktu-

elles Handlungsfeld auf, dessen Bedeutung derzeit

aus unterschiedlichsten Gründen wächst.

Am ersten Tag der Fachkonferenz bot Matthias Rick

vom raumlaborberlin einen Vorgeschmack auf die

Themen, die am darauffolgenden Tag in Arbeits-

gruppen mit Fachleuten aus Theorie und Praxis ver-

tieft wurden.

Wie beim »Cultural Mapping und Planning« gehen

die Projekte von Matthias Rick von einem Kultur-

begriff aus, der auf einem Verständnis von Kultur als

Lebensweise der Bürger beruht, die sich innerhalb

einer Stadt durch eine Vielfalt von Lebensstilen,

Werten und Identitäten ausdrückt. Auch die »Pla-

nungsszenarien«, auf die sich Verwaltung und

Kulturzentren im Prozess der Verarbeitung geeinigt

haben, sollten von diesem Kulturbegriff ausgehen.

Und die Frage des Erfolgs stellte sich: Waren die

Projekte von raumlabor ein Erfolg, und wenn ja,

warum genau? Wirkungen von künstlerischen und

kulturellen Projekten, insbesondere wenn sie inter-

disziplinär und kollaborativ in mehrere Handlungs-

felder umgesetzt werden, sind schwer zu fassen.

Aber der Versuch lohnt sich. Wodurch stellt raumla-

borberlin fest, dass Projekte erfolgreich waren? Wie

stellen Kulturzentren es für sich und gegenüber

ihren Zuwendungsgebern und Förderern fest?

Die Projekte von raumlaborberlin mussten durch ihre

Interdisziplinarität und den bereichsübergreifenden

Ansatz ihre Geld- bzw. Auftraggeber auch erst fin-

den. Wie sollten Förderinstrumentarien angelegt

sein, um kooperative künstlerische Strategien in

Stadtteilentwicklungsprozessen, aber auch in Schul-

entwicklungsprozessen und bei der Sozialraument-

wicklung einen bestmöglichen Rahmen zu bieten,

um sowohl Qualität als auch Effizienz erreichen zu

können? Handelt es sich nicht vielmehr um Förder-

szenarien? Und welche innovativen Ressourcensteue-

rungen passen dazu? Dieser Frage wurde in

Gesprächsrunden im Anschluss an den Vortrag

nachgegangen.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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tensmuster bieten, die Selbstbestimmung anspornen

und auf breiter Zusammenarbeit basieren. Wir ge-

stalten temporäre Architekturen als Grundlage für

temporäre Gemeinschaften mit einem anderen

Verständnis von Stadt fern der kapitalistischen Logik

von Effizienz und Profitabilität.

Besondere OrteUns interessieren besondere Orte. Orte, die nicht

funktionieren, die brach liegen, städtische Leer-

räume, vergessene Areale, Räume des Übergangs,

mit unklarer Definition und fehlender Identifikation.

Orte der Unsicherheit eignen sich bestens zum

Experimentieren!

Identität kann nicht geplant werden, sondern muss

sich entwickeln. Statt zu bestimmten, sollten Pla-

nungskonzepte motivieren, Situationen neu interpre-

tieren und im Raum das Potenzial für verloren ge-

gangene oder neue beispielhafte Verbindungen auf

räumlicher, funktionaler wie sozialer Ebene suchen.

Wir nennen das »forschungsbasiertes Gestalten«. Wir

setzen uns 1:1 mit dem Ort auseinander, entdecken

und benutzen, was wir finden. Über das Machen,

das aktive Gestalten lernen wir mehr über das Ar-

beitsfeld und erfinden neue Methoden, das Existie-

rende aufzuwerten und für Aneignungsprozesse zu

öffnen.

EichbaumEichbaum ist ein besonderer Ort. Als ich Mitte 2006

zum ersten Mal dort war, war ich geschockt und zu-

gleich tief beeindruckt. Nicht, weil sich hier ein pro-

blematischer Ort in einem Zwischenraum offensicht-

lich nicht entwickeln kann, sondern weil Eichbaum

als Ort des Aufbruchs und der Hoffnung, als positi-

ves Symbol, geschaffen wurde, um dem Weg in eine

Wie werden wir in Zukunft zusammenleben? –

Diese Frage prägt die Arbeit von raumlabor-

berlin seit nunmehr zwölf Jahren. Der Arbeit liegt ein

Verständnis von Stadt zugrunde, das sich in der

Auseinandersetzung der Stadtbenutzer mit dem

Stadtraum artikuliert. Jedes Individuum hat eine spe-

zifische Vorstellung von dem, was Stadt bedeutet.

Aus dem Aufeinandertreffen verschiedener Vor-

stellungsbilder formt sich die urbane Realität und

Identität.

Der öffentliche Raum ist für raumlaborberlin ein

urbanes Laboratorium, Testfeld für Experimente. Wir

suchen nach alternativen Planungsmethoden, die

den neuen komplexen Zusammenhängen von Stadt

und Gesellschaft gerecht werden. Auf Permanenz

angelegte Masterpläne werden obsolet, da sie nicht

in der Lage sind, auf unerwartete Veränderungen,

wie ökonomische Krisen, zu reagieren.

Wir müssen umdenken, um Wege in eine vielver-

sprechende Zukunft bauen zu können. Dabei halten

wir die kurzfristige, »temporäre« Verwandlung durch

ein Ereignis für geeignet, um flexible, anpassungsfä-

hige Aneignungsprozesse in Gang zu setzen.

Als Architektinnen und Architekten (Im Folgenden

wird zugunsten der Lesbarkeit auf die weibliche

Form verzichtet, sie ist jedoch immer mit gemeint)

sind wir zugleich Aktivisten, denn wir agieren mit

der Stadt. Wir stimulieren, testen Ideen, schmieden

Bündnisse, finden Programme, fördern Diversität und

Offenheit. Unsere temporären Architekturen sind ima-

ginative, komplexe, unerwartete, situativ narrative

urbane Strukturen, die individuelle Anknüpfungs-

punkte und kollektive Handlungsräume bieten. Wir

suchen nach der Stadt der Möglichkeiten, nach städ-

tischen Strukturen, die Raum für alternative Verhal-

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Matthias Rick

Wie werden wir in Zukunft zusammenleben?

Das raumlaborberlin ist bekannt für seine künstlerische Aneignung unbehauster Orte. Für den RATSCHLAG STADTEIL-KULTUR stellt der freie Architekt Matthias Rick die Eichbaumoper als Projekt vor, bei dem eine Stadtbahnhaltestelle ineinen dramatischen Ort transformiert wurde und so ins öffentliche Bewusstsein gebracht wurde.

12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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moderne soziale Stadtgesellschaft eine neue Rich-

tung und Perspektive zu geben.

Eichbaum ist eine Stadtbahnhaltestelle im Ruhrge-

biet zwischen Mülheim und Essen und liegt im Auge

des Verkehrsdreiecks zwischen der A40 und der B1.

Sie ist Teil der in den 60ern entwickelten Utopie,

das Ruhrgebiet mit einem gigantischen Stadtbahn-

netz nach Berliner Vorbild zu verbinden: neue Ar-

beitsplätze, Kumpels im Stadtbahn-Tunnelbau und

eine mobile soziale Gesellschaft in einer vernetzten

Metropolregion. Wo einst eine alte Eiche und ein

Gasthaus das Zentrum des sozialen Lebens der

Nachbarschaft bildeten, wurde in den 70er-Jahren

mit großer Faszination, aber wenig städtebaulichem

Gefühl, ein Ort in Beton gegossen, der nicht nur

Haltestelle sein sollte, sondern zugleich ein wichti-

ger Übergang zwischen den Teilen der zerschnitte-

nen Stadtlandschaft. Ein kleiner Marktplatz im Zen-

trum des Verkehrsknotens galt als neuer Ausgangs-

punkt für das gesellschaftliche Leben. Die Vision ist

gescheitert. Geblieben ist ein Ort der » zombifizierten

Moderne« (wie Peter Glaser Eichbaum 2007 während

der Konferenz »Paradoxien des Öffentlichen« im

Landschaftspark Nord Duisburg beschrieb), hin und

her geworfen zwischen technokratischer Faszination

und städtebaulichem Wahnsinn.

Das Unmögliche ist unmöglichHeute ist Eichbaum geprägt von Vandalismus, Angst

und Bedrohlichkeit. Eingezäunte Büsche, abgesperrte

Verbindungen (sogenannte Kriminalitätverhinde-

rungsarchitekturen) verstärken das Gefühl von Un-

sicherheit. Eichbaum ist aufgegeben, von der Kom-

mune, den Verkehrsbetrieben, den Anwohnern; der

Marktplatz ein schwarzer Fleck in der Mitte der Ge-

sellschaft, an dem niemand sein möchte, dem aber

auch niemand ausweichen kann.

Wir glauben nicht an die Unmöglichkeit. Offenbar

kommt man mit konventionellen Methoden an solch

einem Ort nicht weiter. Man muss radikaler sein,

vielleicht wahnsinnig wie Fitzcarraldo, der im Ama-

zonas-Dschungel ein Schiff über einen Berg trug, um

im Dschungel eine Oper zu bauen.

Das SpektakelAm Anfang stand unsere Behauptung: »Eichbaum

muss Oper werden«. Natürlich ruft eine solche Be-

hauptung zuerst viel Kopfschütteln hervor, aber

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Ein Opernprojekt transformiert eine Stadtbahnhaltestelle in einen dramatischen Ort.

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baums, den Jugendlichen, Respekt verschafft hat. Als

wir die Station mit dem Wort EICHBAUMOPER aus

großen roten Lettern neu beschrifteten, kamen wir

zum ersten Mal in Kontakt mit ihrer Kreativität. Die

Buchstaben O und P wurden gestohlen und zerstört.

Es blieb das Wort EICHBAUM ER. Aus unserer Sicht

eine sympathische Form der Aneignung, aus der

eine intensive Zusammenarbeit wurde, die bis heute

andauert. Durch die Umsetzung der Oper wurde der

Eichbaum wachgeküsst. Je widersprüchlicher die

Intervention, desto wirkungsvoller die Verände-

rungen und die Aufmerksamkeit.

Wir alle sind Pioniere. Wir haben einen Nicht-Ort zu

einem Labor gemacht. Wir haben gelernt zu verste-

hen, was möglich ist. Das wiederum hat sich einge-

schrieben. Eichbaum kann heute so viel mehr sein,

ein Opernhaus, eine Bauwerkstatt, ein Kino, eine

Boxarena, ein Marktplatz, ein Ausstellungsraum, eine

Bar, ein Ort zum Grillen oder einfach nur ein

Treffpunkt.

EichbaumparkHeute arbeiten wir an einer Strategie, den Pionieren

dauerhafte Orte zu schaffen. Gemeinsam mit der

Kommune, dem Land und dem Bund (Bau- und

Sozialdezernat der Stadt Mülheim, Straßen NRW,

MVG Mülheim, BBSR ... um nur einige zu nennen)

entwickeln wir eine Vision, die all diese kreativen

Kräfte bündeln kann. Diese Vision heißt Eichbaum-

park! Ziel ist ein dynamischer Masterplan, der einen

vielschichtigen Stadtraum definiert, der Spielräume

bietet, zum Verhandeln, zum Kommunizieren, um

sich auszutoben und zu verwirklichen; zugleich ein

Ort der Ruhe und des Genusses!

Architektur als experimentelles BaulaborUnter Architektur verstehen wir mehr als die

Gestaltung von Objekten. Unter Architektur verste-

hen wir ein experimentelles Baulabor für eine auf

den Moment bezogene partizipative Baupraxis im

urbanen Raum. Temporäre Interventionen sind

unentbehrlich, um den Transformationsprozess zu

gestalten. Sie sind flexibel, anpassungsfähig und

leicht anzueignen. Wir brauchen in der Zukunft mehr

städtische Orte, die sich von den Bedürfnissen ihrer

Nutzer programmieren lassen. Was wir am Eichbaum

dabei lernen, kann beispielhaft sein.

zugleich ändert sich der Blick auf den Ort. Unsere

Partner, der Ringlokschuppen Mülheim, das Schau-

spiel Essen und das Musiktheater im Revier Gelsen-

kirchen mussten wir nicht lange überzeugen. Das

Fragile der Musik, die Konfrontation der Hochkultur

mit der Härte des Alltags schien uns geeignet, den

Geschichten, den Sehnsüchten, den Ängsten und

Leidenschaften, die den Ort zweifellos prägen, einen

Raum zu geben. Das Spektakel der Oper als Werk-

zeug, um dem gewaltigen Ort etwas Gewaltiges ent-

gegenzusetzen und neue Bündnisse zu schmieden.

Dabei interessierte uns in erster Linie nicht die Oper

selbst, sondern die durch das Spektakel ausgelöste

Dynamik.

Der ProzessWir begannen uns einzunisten und gaben uns mit

der »Opernbauhütte« einen Ort, der als Werkstatt,

öffentlicher Treffpunkt, Ausgangspunkt für vielfältige

Experimente und zugleich als sichtbares Zeichen der

Veränderungen diente! Die Oper entwickelten wir in

den kommenden Monaten in Zusammenarbeit mit

Komponisten, Autoren, Dramaturgen, Regisseuren,

Architekten und den Nutzern und Anwohnern des

Eichbaums. Der Ort, seine räumliche Struktur, die

Geräuschkulisse wurden wesentliche Teile der Opern-

produktion und die Geschichten der Anwohner ha-

ben zum Teil Eingang in die Libretti gefunden. Als

die Oper im Sommer 2009 uraufgeführt wurde, kam

es zu dieser kurzfristigen traumhaften Verwandlung,

zu der Verschmelzung von Realität und Fiktion, wie

ich sie aus meiner Kindheit kenne.

Die Realisierung des Unmöglichen war eine Erfah-

rung, die uns bei den eigentlichen Nutzern des Eich-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Opernbauhütte vor Ort als Werkstatt und Treffpunkt.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Kulturentwicklung vs. SozialraumplanungDie Stadtteilkulturzentren haben schon immer Kultur

und Soziales miteinander verbunden, wobei ihr Pro-

fil und Arbeitsschwerpunkt eindeutig im kulturellen

Bereich liegt. Daran müssen sich auch Entwicklungs-

perspektiven und Bedarfsplanungen orientieren:

Prioritär wird die Erfüllung künstlerisch-kultureller

Zielsetzungen angestrebt, die durch die spezifische

Arbeitsweise von Stadtteilkulturzentren vielfältigen

Nutzen für soziale Zwecke generiert. Keinesfalls

jedoch dürfen sozialräumliche Zielsetzungen an die

Stelle künstlerisch-kultureller gesetzt werden.

SozialraumorientierungDa die Stadtteilkulturzentren verwaltungstechnisch in

den bezirklichen Fachämtern für Sozialraummanage-

ment angesiedelt sind, liegt es nahe, sie prioritär

unter sozialräumlichen Gesichtspunkten zu betrach-

ten. Die Bewertung einer Einrichtung danach, wel-

chen Beitrag sie im Sozialraum leistet, stellt vor die-

sem Hintergrund nur eine auf das sozialräumliche

Handlungsfeld reduzierte Bewertung dar. Die Wir-

kungen der Stadtteilkulturzentren gehen jedoch weit

über den sozialräumlichen Fokus hinaus, die positi-

ven Effekte für soziale Problemlagen lassen sich

daher allein aus der sozialräumlichen Perspektive

weder darstellen noch bewerten. Dies muss in Ziel-

und Leistungsvereinbarungen berücksichtigt werden.

EntwicklungspotenzialeEs liegt im Aufgabenbereich der Kulturinstitutionen

und Initiativen, die Politik und Verwaltung auf not-

wendige und relevante Bedarfe bzw. zukünftige Zu-

gewinne für die Stadt aufmerksam zu machen und

Modelle zur Potenzialentwicklung vorzuschlagen und

umzusetzen.

Bei der Identifikation von Potenzialen und der Ent-

wicklung von Perspektiven ist eine enge Zusammen-

arbeit von Kulturinstitutionen und Initiativen, Politik

und Verwaltung notwendig. Im Sinne einer gemein-

Dörte Inselmann

Entwicklungspotenziale der StadtteilkulturErschließung von Qualitäten in Kulturräumen

zur Profilierung von Kulturzentren und Bezirken

Der Beitrag der Geschäftsführerin des Kultur Palast Hamburg, Dörte Inselmann, den sie imDialog mit Nico Schröder, dem Fachamtsleiter des Sozialraummanagements im Bezirk Nord,vorgestellt hat, erläutert den aktuellen Diskussionsstand des Evaluationsprozesses derHamburger Stadtteilkultur in seinen wichtigsten Punkten.

CULTURAL MAPPING UND CULTURAL PLANNING

Die Evaluation der Hamburger Stadtteilkultur ist Ausgangspunkt gewesen für eine intensiven Auseinandersetzung vonKulturakteuren und bezirklichen Zuwendungsgebern zu Entwicklungsperspektiven und Bedarfsplanungen für diesenbereichsübergreifenden Kulturbereich. Das »Cultural Mapping« geht von Kultur als ganzheitlichem Entwicklungsfaktoraus und erweitert damit das Sozialmonitoring, sozialräumliche Bedarfsplanung oder andere Planungsstrategien ausdem sozialen Bereich. Durch den erweiterten Kulturbegriff, der auf einem Verständnis von Kultur als Lebensweise derBürger basiert, die sich innerhalb einer Stadt durch eine Vielfalt von Lebensstilen, Werten und Identitäten ausdrückt,geht das Cultural Mapping auch weit über eine traditionelle Kulturentwicklungsplanung hinaus. In der Arbeitsgruppewerden die aus dem Verarbeitungsprozess der Evaluation der Stadtteilkultur hervorgegangenen Statements vorgestelltund in Beziehung gesetzt zu dem bisher überwiegend in Kanada, England und Australien praktizierten »CulturalMapping« und »Cultural Planning«.

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Stadtteilkultur durch Kooperationsprojekte mit Schu-

len vielfältige Beiträge zur Schaffung von mehr Bil-

dungschancen und fördert die Öffnung von Schulen

für Kunst und kulturelle Bildung.

Freiraum für Kultur

Zur Förderung der Kreativität, der Selbstorganisation

und als Raum für Experimente halten die Zentren

Räume für Kultur bereit, bieten Bühnen und spezifi-

sche lokal verankerte und partizipatorische Kultur-

formate, die das künstlerisch-kreative Potenzial des

Stadtteils profiliert und mit Hamburg verbindet.

Stadtentwicklung durch Kultur

Als Kompetenzzentren und kulturelle Netzknoten

bieten Stadtteilkulturzentren vielfältige Zugänge zur

Kultur für Menschen aus allen Kulturkreisen dieser

Welt, fördern den Austausch und schaffen einen

Rahmen für eine gemeinsame Werteentwicklung, die

die soziale Bindekraft in den Stadtteilen stärkt. Sie

aktivieren kulturelle Teilhabe und agieren als Netz-

werkknoten, indem sie neue Netzwerke initiieren

oder sie bei ihrer Entwicklung unterstützen. In Stadt-

teilentwicklungsprozessen moderieren Stadtteilkul-

turzentren, entwickeln Projekte und führen sie

durch, treiben Innovationen voran, schaffen Know-

samen Weiterentwicklung der Förderinstrumente und

Kulturzentren wurde im Rahmen des Evaluationspro-

zesses eine gemeinsame Verständigung über mode-

rierte Perspektiv-Workshops in einem fünfjährigen

Turnus hergestellt, die dazu dienen, Bedarfe der

Stadtteilkultur und Nutzen für den Sozialraum zu

identifizieren und Perspektiven für die Umsetzung zu

entwickeln.

HandlungsfelderDie künstlerisch-kulturellen Zielsetzungen der Stadt-

teilkulturzentren sorgen für positive Effekte in fol-

genden Handlungsfeldern und Querschnittsbereichen

des Sozialraumes:

Kulturelle Bildung

Das Handlungsfeld der kulturellen Bildung dient der

Bereicherung des Spektrums der städtischen Kinder-

und Jugendkultur-Angebote, der künstlerischen Nach-

wuchsförderung und dem Schaffen unterschiedlichs-

ter Zugänge zu Kunst und Kultur. Kulturelle Bildung

dient der essenziellen Ergänzung traditioneller kultu-

reller Angebote im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt

einer internationalen Stadtgesellschaft und bietet

Anschlussmöglichkeiten für traditionelle Bildungs-

systeme wie z.B. Museen. Darüber hinaus leistet die

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Der lebendige Evaluationsprozess der Hamburger Stadtteilkultur erhielt weitere Impulse durch den RATSCHLAG.

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how-Transfer, entwickeln partnerschaftliche Struk-

turen und stellen anderen Einrichtungen die Poten-

ziale zur Verfügung. Als Netzknoten, Impulsgeber

und Projektmanager führen Stadtteilkulturzentren

stärkere Kooperationen in den jeweiligen Bezirken

herbei.

Internationale Stadtgesellschaft

Stadtteilkulturzentren fördern das gelingende Mitein-

ander einer internationalen Stadtgesellschaft. Sie un-

terstützen eine gemeinsame Identitäts- und Wertebil-

dung und bieten Räume für die vielfältigen Kulturen

der Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Stadtteil-

kultur stellt spartenübergreifend Verbindungen her

und übersetzt sie in zukunftsweisende Profile (Mar-

ken) – von der Nachbarschaft bis zu internationalen

Kooperationen. Speziell diesen Zielgruppen soll

Gestaltungsraum für Kultur eröffnet werden und

Zugang zur Kultur, Bildung, Hochkultur geschaffen

werden.

Bedarfsplanung

Ergänzend zu den Bedarfplanungen der Bezirke

muss darauf hingewiesen werden, dass die Bedarfs-

planung an den Förderzielen der Rahmenzuweisung

der Kulturbehörde orientiert sein muss und daher

bei der Stadtteilkultur ein kulturell-künstlerisches

Profil aufweist. Zudem sind bei der Bedarfsplanung

drei Ebenen zu unterscheiden:

• Bedarfe einzelner Einrichtungen,

• Bedarfe der Bezirke und

• überbezirkliche Bedarfe.

Bedarfe einzelner Einrichtungen:

Die Entwicklungs- und Leistungsfähigkeit der Stadt-

teilkulturzentren hängt von den Rahmenbedingungen

ab. Eine stabile institutionelle Finanzierung ist unab-

dingbar, um eine nachhaltige lokale Verankerung

(ein lokales Wissen) zu ermöglichen. Zurzeit deckt

die Förderung nur die Grundkosten. Projektförderun-

gen spielen daher eine immer wichtigere Rolle im

Finanzierungsmix der Zentren. Um hier erfolgreich zu

sein, wird mehr Zeit und Energie für Projektentwick-

lung und Fundraising nötig sein. Daneben brauchen

die Zentren Ressourcen, um flexibel und professio-

nell Ehrenamtliche, Praktikanten, Freiwillige etc. inte-

grieren zu können. Ein Teil der Zentren braucht vor

dem Hintergrund komplexer Finanzierungsstrukturen

neue rechtliche Strukturen, um wirtschaftlicher arbei-

ten zu können, aber auch um den gewachsenen

Ulrike Ritter vom Kulturhof Dulsberg, Gerd Hardenberg und Nico Schröder, Leiter des Fachamtes Sozialraum-

management des Bezirksamtes Hamburg-Nord: Zuwendungsnehmer und -geber sitzen an einem Tisch.

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Darüber hinaus konterkariert eine Ausschreibung jeg-

liche Planungssicherheit und die qualitative Weiter-

entwicklung der Stadtteilkultur, da sich insbesondere

in Stadtteilen mit Entwicklungsbedarf Prozesse oft

über viele Jahre vollziehen.

Sozialraum und Kulturraum

Die Stadtteilkultur bewegt sich in einem Spannungs-

verhältnis zwischen Kulturraum, Akteuren und Sozial-

raum, die sich gegenseitig bedingen und sich in

einem kontinuierlichen Kommunikations- und Inter-

aktionsprozess befinden. Gemäß ihrem Ursprung und

ihrer Rahmenförderung durch die Kulturbehörde sind

Kulturzentren im Kulturraum beheimatet, sind jedoch

eingebunden in den Sozialraum und beziehen sich

auf ihn und seine Akteure.

Defizit- oder potenzialorientiert

Auch bei der Förderung sozialer Zielsetzungen wird

verstärkt auf Potenzialorientierung gesetzt. Bei der

Kulturförderung ist eine Potenzialorientierung per se

vorgesehen: Es geht nicht um die Beseitigung kultu-

reller Missstände (defizitorientiert), sondern um das

Schaffen optimaler Rahmenbedingungen zur

Entfaltung von Kunst und Kultur (potenzialorientiert),

um die Förderung künstlerischer Talente oder ein

breites Spektrum kultureller Angebote. Bei den

Zieldefinitionen für die Stadtteilkultur sollten die

Fachämter für Sozialraummanagement daher darauf

achten, dass sie eher potenzialorientiert ausgerichtet

werden.

steuerlichen und organisatorischen Anforderungen

weiterhin gerecht werden zu können. Die Zentren

begreifen sich als lernende Organisationen. Es wer-

den Bausteine für Fortbildung und Qualifizierung

benötigt, die der Größe eines jeden Zentrums ent-

sprechen und die unterschiedlichen Entwicklungen

berücksichtigen.

Bedarfe der Bezirke

Hier geht es um inhaltliche Themensetzungen und

um die Frage, wie neue Einrichtungen in die För-

derung aufgenommen werden können und/oder

unterfinanzierte besser ausgestattet werden können.

Bedarfe überbezirklich

Ein Impulsfond und der Bereich Fortbildung und

Qualifizierung (siehe Bedarfe der Einrichtungen) sind

auf der Hamburg-Ebene anzusiedeln.

Aussagen und ErgebnisseIm Rahmen des Evaluationsprozesses gab es Ver-

ständigungen zu verschiedenen Themen, die hier

kurz skizziert werden:

Keine Ausschreibung für Stadtteilkultur

Eine Ausschreibung der institutionellen Förderungen

erscheint weder den Stadtteilkulturzentren noch den

Bezirken sinnvoll, da durch die jahrelange

Vernetzung und Kooperation mit dem Stadtteil

Ressourcen geschaffen werden, die sich nicht belie-

big auf andere Träger und Orte übertragen ließen.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Meinungen von Bürgern

In einem gemeinsamen Diskurs werden auf unter-

schiedlichen Ebenen mit unterschiedlichen Akteuren

die Entwicklungspotenziale der Hamburger

Stadtteilkultur erarbeitet – siehe obenstehende

Grafik.

Perspektiventwicklung Stadtteilkultur im Diskurs

Wichtige Bausteine für die erfolgreiche Umsetzung

der Perspektiventwicklung der Hamburger Stadt-

teilkultur sind Workshops, die in unterschiedlichen

Rhythmen in unterschiedlicher Zusammensetzung

umgesetzt werden – siehe untenstehende Grafik.

Die Grafik zeigt das Aufgreifen der Impulse aus dem

Evaluationsprozess Ende des Jahres 2011 beim RAT-

SCHLAG STADTTEILKULTUR. Bis Mitte des Jahres

2012 werden in allen sieben Bezirken Workshops

stattfinden, in denen die Ergebnisse bezirksspezi-

fisch weiterentwickelt werden. Im Frühjahr 2013 ist

ein bezirksübergreifender Austausch vorgesehen, der

eine umfassende Information der Bürgerschaft

(Frühjahr/Sommer 2013) vorbereitet. Ende des Jahres

2014 werden wieder Workshops in allen sieben

Bezirken stattfinden, in denen ein Zwischenstand

erhoben wird, der im Frühjahr 2015 wieder an die

Bürgerschaft kommuniziert wird etc.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Eine Stadt kann heutzutage als kulturelles Projekt

begriffen werden, also als Ort, an dem gesell-

schaftliche Herausforderungen entstehen und bear-

beitet werden.

Beim »Cultural Planning«, einem im angelsächsi-

schen Bereich angewendeten Stadtenwicklungspro-

zess, wird die Kultur als Entwicklungsbasis einer

Stadt angesehen und darunter sowohl das Kultur-

und Naturerbe als auch die spezifische Lebensweise

der Bürger, ihre Einstellungen und Werte verstanden.

Somit liegt dieser neuen Stadtplanung ein weiter

Kulturbegriff zugrunde: Kultur wird in einem an-

thropologischen Sinn als praktizierte Lebens- und

Ausdrucksform der ideellen, sozialen und materiellen

Existenz der Bürger begriffen und als ganzheitlicher

Entwicklungsfaktor für die Kommunalplanung disku-

tiert.

So ist vonseiten der Politik eine Herangehensweise

erforderlich, die von der Stadt als Einheit der Vielfalt

ausgeht und dabei vor allem Spielräume zur Entfal-

tung aller Bürger bereitet. Denn Kreativität ist keine

exklusive Eigenschaft der in der derzeit stark um-

worbenen Kreativwirtschaft tätigen Menschen. Viel-

mehr entsteht sie durch die Auseinandersetzung

eines jeden sich wertgeschätzt fühlenden Bürgers

mit der eigenen und kommunalen Identität, durch

die Ermöglichung des kulturellen Ausdrucks und die

Auseinandersetzung mit Fremdem, die in verdichte-

ter Form durch das Aufeinandertreffen unterschied-

licher Menschen auftreten.

Um sich den gesellschaftlichen Herausforderungen

des Zusammenlebens zu stellen, welche diese kultu-

relle Vielfalt mit sich bringt, ist innerhalb der Stadt-

gesellschaft eine diskursive Auseinandersetzung

anzuregen. Kreativität ist also bereits immanent in

der Struktur heutiger Städte vorhanden und sollte

von der Stadtverwaltung erkannt, gefördert, mode-

riert und strategisch genutzt werden. Damit wird der

Kulturplanung im Cultural Planning im Rahmen des

allgemeinen politischen Handelns eine umfassendere

Aufgabe zugeschrieben: Es geht nicht mehr nur um

die Planung von Kunst und Kultur im engeren Sinne,

sondern um eine Stadtentwicklung, die von der vor-

handenen Lebenskultur ausgeht und die pluralis-

tisch, interkulturell und akteursübergreifend auszu-

richten ist und in einem fortwährenden Prozess die

Bürger beteiligt.

Da dieser Entwicklungsstrategie ein tieferes Ver-

ständnis der Stadt und ihrer Bevölkerung zugrunde-

liegt, ist eine dezidierte Informationsbeschaffung

erforderlich, die eine anschließend zu analysierende

qualitative und quantitative Datenbasis erzeugt. Am

Anfang eines solchen Stadtentwicklungsprozesses

steht deshalb ein Cultural Mapping. Dies ist ein

Prozess, der zur Erhebung, Dokumentation und

Visualisierung, kurz: zur Kartierung von Kultur, dient.

Er schafft eine Datenbasis, die zusätzlich auf einer

Karte verortet werden kann. Die Datenbasis ist je

nach Zielsetzung unterschiedlich groß, differenziert

und strukturiert. Für die Erhebung der Daten kom-

men nicht nur qualitative und quantitative sozialwis-

senschaftliche Methoden, sondern auch künstleri-

sche Methoden wie Fotografie, Zeichnungen, Film

und Höraufnahmen infrage. Somit wird Cultural

Mapping als Instrument angewendet, um kulturell

wichtige Ressourcen einer Stadt unter Partizipation

der Bevölkerung (z.B. mittels öffentlicher Workshops,

Begehungen, Befragungen) zu identifizieren und zu

Maria-Inti Metzendorf

Cultural Mapping und Cultural Planning

Eine besondere Form der Kulturplanung, die zugleich Stadtplanung ist, stellt das Cultural Mapping und CulturalPlanning dar, das Maria-Inti Metzendorf in ihrem Beitrag am Beispiel Mannheim vorstellt. Das Cultural Mapping gehtsowohl von einem erweiterten Kulturbegriff als auch von einem umfassenden Verständnis von Stadt und ihrenBewohnern aus. Die Partizipation an kulturellen Ressourcen und ihre Erschließung für Stadtteilentwicklungsprozessestehen dabei im Mittelpunkt.

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dokumentieren. So wird zum einen die Grundlage

für weitere Diskussionen über die kulturellen Res-

sourcen der Stadt geschaffen und zum anderen

durch den Prozess selbst die Auseinandersetzung

der Bürger mit ihrer Stadt aktiviert.

Es lassen sich zwei Themenbereiche unterscheiden:

Die Erhebung von tangiblen kulturellen Ressourcen

wird als Resource Mapping, die von intangiblen kul-

turellen Ressourcen als Identity Mapping bezeichnet.

Zu den zu erhebenden sichtbaren kulturellen Res-

sourcen können z.B. gehören: die Künste, die

Medien und ihre Institutionen, Jugendkultur, lokale

Feste, Vereine, die natürliche und erbaute Umwelt

und der öffentliche Raum, die Orte, an denen Men-

schen interagieren, wie Märkte, Clubs, Cafés und

Restaurants oder wissenschaftliche Einrichtungen. Zu

den immateriellen Ressourcen können z.B. zählen:

die Stadtgeschichte, lokale Traditionen sowie die

Repräsentation der Stadt durch die Medien, die

Künste oder das Stadtmarketing sowie das implizite

Wissen über die Mobilität innerhalb einer Stadt, wie

es z.B. Fahrrad- oder Rollstuhlfahrer und Jogger

besitzen.

Ergebnis des Cultural Mapping ist eine Dokumenta-

tion von Kultur, die zur Analyse und weiteren Pla-

nung herangezogen werden kann. Die entstehende

und fortwährend zu aktualisierende Datenbasis und

Karte können vielfältig eingesetzt werden: Als Pla-

nungsgrundlage für den Entwicklungsprozess der

Stadt, als Grundlage für Analysen der Kulturszene,

zur Vernetzung der in der Stadt wirkenden Akteure,

als Kommunikationsinstrument mit den Bürgern, als

Reisekarte für den Tourismus und als Instrument der

Identitätsbildung einer Stadt. Die sich anschließende

Interpretation der Daten erfolgt idealerweise in

Rückkopplung mit allen involvierten Akteuren. Auch

ist eine zeitnahe Umsetzung der erarbeiteten Lö-

sungen zu gewährleisten, um die Glaubwürdigkeit

der kooperativen Stadtentwicklung nicht zu gefähr-

den.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Projektphasen Cultural Mapping in Mannheim

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Hierbei wird deutlich, dass Cultural Planning und

Cultural Mapping Stadtentwicklungsinstrumente sind,

die langfristig implementiert werden müssen, um re-

alistische Handlungsstrategien entwerfen zu können.

Die Herausforderung dieser kulturellen Entwicklungs-

strategie besteht in der kontinuierlichen Einbezie-

hung sämtlicher Milieus und dem hohen Kommuni-

kationsaufwand, der finanzielle und personelle Res-

sourcen erfordert. Diese Investitionen können sich

jedoch langfristig durch die Erarbeitung nachhaltige-

rer Lösungen sowie durch eine tiefere Identifikation

der Bürger mit ihrer Stadt lohnen.

Die Stadt Mannheim hat im Rahmen der Vorberei-

tung auf eine Bewerbung zur Europäischen Kultur-

hauptstadt im Herbst 2011 ein Cultural Mapping

Projekt angestoßen. In der ersten Projektphase geht

es vor allem um die erste Erfassung und systemati-

sche Konsolidierung der vorhandenen Daten über

kulturelle Ressourcen, die in den Fachbereichen der

Stadt bereits vorliegen. Das Ergebnis ist eine struk-

turierte Datenbasis, die als Grundlage zur Visualisie-

rung der Daten als webbasierte Karte dient. Die so

geschaffene Datengrundlage wird genutzt, um in den

weiteren Projektphasen ausgebaut werden zu kön-

nen und mit den Bürgern sowohl inhaltlich als auch

formal überarbeitet und möglichst breit diskutiert zu

werden.

Weiterführende Literatur: Metzendorf, M.I. (2011): Cultural Planning und CulturalMapping: Kartierung und Analyse von Kultur alsGrundlage für Stadtentwicklungsprozesse. In: Kultur-politische Mitteilungen, Heft 133 (II/2011), S. 56f.Online unter: http://www.kupoge.de/kumi/pdf/kumi133/kumi133_56-57.pdf

Baker, G. (2010): Rediscovering the wealth of places: amunicipal cultural planning handbook for Canadiancommunities, St. Thomas.

Kovacs, J. F. (2009): The cultural turn in municipal plan-ning, Waterloo. Online unter: http://uwspace.uwater-loo.ca/bitstream/10012/4514/1/Kovacs%20Jason%20F_PhDthesis_.pdf

Creative City Network of Canada/2010 Legacies Now(2007): Toolkits. Online unter: http://www.2010lega-ciesnow.com/fileadmin/user_upload/ExploreArts/Toolkits/CultureMapping.pdf und http://www.2010legaciesnow.com/fileadmin/user_upload/ExploreArts/Toolkits/CulturalPlanning_Toolkit.pdf

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Das Cultural Planning und Mapping gab Impulse, Kultur noch stärker als

bisher als Entwicklungsfaktor wahrzunehmen, die Potenziale von Kultur

strukturierter zu »mappen« und neue Steuerungsstrukturen zu entwickeln.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Die Diskussion über die Entwicklungspotenziale

der Hamburger Stadtteilkultur und über die Fra-

ge, inwieweit das Cultural Planning und Mapping

Impulse für Hamburg geben könnte, beleuchtete aus

vielen verschiedenen Richtungen die Frage, wie das

Zusammenspiel von Verwaltung und Kulturzentren,

aber auch mit Politik und Stadt(teil)bewohnern

gestaltet werden könnte, damit öffentliches Geld

zum Wohle der Stadt und zielorientiert eingesetzt

werden kann.

Aus der Perspektive der Verwaltung fragt man sich,

wie politische Vorgaben gestaltet werden könnten,

damit sie von kulturellen Einrichtungen als willkom-

mene Bekräftigung erlebt werden und nicht als

Bedrohung. So habe man es erlebt, dass Kulturein-

richtungen den Bedarf für den Ausbau von Angebo-

ten in Richtung bestimmter Zielgruppen wahrgenom-

men und entsprechende Angebote entwickelt hätten.

Als aber die Verwaltung etwas Konkretes definieren

wollte, gab es vonseiten der Kulturzentren Wider-

stand, da sie aufeinem »kulturellen Freiraum« be-

harrten.

Dörte Inselmann führte dazu aus, dass die Kultur-

zentren und Geschichtswerkstätten im Laufe des

Evaluationsprozesses auf einen definitionsfreien

Freiraum bestanden hätten. Es werde eine Leistungs-

vereinbarung zwischen Kultur und Verwaltung getrof-

fen. In diesen Vereinbarungen werde nur ein Leis-

tungsumfang definiert, die Ausgestaltung der Leis-

tungen müssten in der Regie der Einrichtungen blei-

ben – Freiräume könnten nicht verordnet werden.

Das sei eine hohe Qualität, welche die Hamburger

Stadtteilkultur aufweist, die essenzieller Bestandteil

ihrer Erneuerungsfähigkeit sei und die Hamburg

auch erhalten bleiben muss.

Werner Frömming führte die Bildungsoffensive Elb-

inseln als Beispiel eines gelungenen Verständigungs-

prozesses zwischen Verwaltung und Akteuren ein:

Kultur arbeite potenzialorientiert und könne so auch

z.B. Entwicklungsprozesse im Bildungsbereich berei-

chern. Die Bildungsoffensive Elbinseln sei defizito-

rientiert gestartet, Ausgangslage sei die Feststellung

gewesen, dass es zu viele Schulabgänger ohne

Abschluss, einen zu schlechteb Übergang Schule

Beruf, etc. gebe. Durch Impulse des Handlungsfeldes

kulturelle Bildung sei im Laufe der Zeit mehr von

den Menschen aus dem Stadtteil ausgegangen, ihr

Potenzial sei wahrgenommen worden und auf diese

Weise seien sie auch für den umfassenden Entwick-

lungsprozess auf den Elbinseln gewonnen worden.

Dörte Inselmann merkte an, dass es ja nicht nur da-

rum gehe, wie Stadtteilkultur gesteuert werde, son-

dern besonders auch um die Effekte, welche die

Zentren erzielten. Dabei könne das Cultural Planning

ggf. eine sinnnvolle Bereicherung sein.

Malte Krugmann hält das Instrument Cultural Plan-

ning und Mapping für eine Großstadt wie Hamburg

nicht geeignet, weil es so viele Kulturinitiativen ge-

be, dass deren Abbildung unübersichtlich werde

oder gar der Politik den Eindruck vermittele, es

gebe schon genug Kultur.

Thea Eschricht merkte an, dass der erweiterte Kul-

turbegriff – die Stadt als Kultur – als Definition in

Hamburg durchaus schon geläufig sei. Sie habe es

eher so verstanden, dass es darum gehe, den künst-

lerisch und kulturellen Bereich zu fokussieren: Was

trüge (Stadtteil)Kultur zu Stadentwicklungsprozessen

bei? Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

führe dies mit, da sie Kultur als Handlungsfeld ins

Rahmenprogramm Integrierte Stadtentwicklung

(RISE) aufgenommen habe. Ein Impuls aus dem

Ansatz des Cultural Plannings könne eine Erwei-

terung auf den Nutzungsaspekt sein. Hamburg biete

eine Art Monitoring an, dies sehe derzeit jedoch

noch keine Verbindung von Gebäuden und

Nutzungen vor.

Dörte Inselmann wies darauf hin, dass man differen-

ziert betrachten solle, wer welche Rollen und Aufga-

ben habe. Die Einrichtungen seien für Folgendes

zuständig:

• Impulse zu setzen, Neues zu entwickeln und aus-

zuprobieren,

• Trends aufzuspüren,

AG-Diskussionsprotokoll »Cultural Mapping und Cultural Planning«

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• Vertragssteuerung: Koproduktion öffentlicher

Güter: »Wie können wir das gemeinsam entwi-

ckeln?« (Selbstregulierung)

Dörte Inselmann hob Kultur als Entwicklungsfaktor

u.a. auch für die Identitätsbildung der Stadt hervor.

Stadtkultur stehe für ergebnisoffene Aktivierung und

für Gestaltungsräume von Menschen. Sie leistet

ihren Beitrag für eine adäquate Übersetzung der

Kultur einer internationalen Stadtgesellschaft.

ResümeeDie sich an die Fachinputs anschließenden Dis-

kussionen haben folgende Kernpunkte ergeben:

• Das Cultural Planning und Mapping eignet sich

nicht für den gesamten Stadtraum Hamburgs, eine

Beschränkung auf einen Stadtteil oder einen

Kulturbereich müsste vorgenommen werden.

• In einigen Stadtentwicklungsgebieten wurde etwas

Ähnliches schon umgesetzt, dies gilt es zu syste-

matisieren und eine gezielte Auswahl der Stadt-

teile zu treffen.

• Die Ergebnisse eines für Hamburg entwickelten

»Mappings und Plannings« für Stadtteilentwick-

lungsgebiete sollte als Basis für weitergehende

Diskurse dienen.

• Vor dem Hintergrund des Cultural Plannings und

Mappings zeigte sich nochmals sehr deutlich, dass

Stadtteilkultur in Hamburg eine wichtige Funktion

als Entwicklungsfaktor einnimmt.

• Der Evaluationsprozess der Stadtteilkultur zeigt

den Weg in Richtung Diskurs – dazu bedarf es

einer neuen Planungs- und Steuerungskultur, die

sich an Inhalten orientiert und eine Zivilgesell-

schaft mit Governance gestaltet.

• Es gilt zu aktivieren und Gestaltungsräume zu er-

öffnen, die eine neue Verantwortungsverteilung –

und neue Beteiligungsformen –- mit sich bringen.

• Querschnittaufgaben, wie es die Stadtteilkultur

eine ist, erfordert eine weitere Öffnung und

Verzahnung der Ressorts.

• Eines der wichtigsten Ergebnisse der Diskussion

war die Empfehlung sowohl der Zentren als auch

der Verwaltung, zukünftig mehr über Inhalte als

über Geld zu steuern. Eine Potenzialentwicklung

der Stadtteilkultur würde so im Diskurs über

Bedarfe und Ziele gestaltet werden.

• Bürgerbedarfe und Potenziale,

• Potenzialförderung insbesondere in Stadtteilen mit

Entwicklungsbedarf.

Die Verwaltung sei zuständig für die Bedarfe der

Initiativen und Bürger, die gefördert werden wollen.

Sie solle Vorlagen und Statements für die Politik

erarbeiten und Erfahrungen aus anderen Abteilungen

einbeziehen.

Die Aufgabe der Politik sei es, aus diesem Konglo-

merat neue Förderinstrumente und -strategien zu

entwickeln.

Dabei sei es wichtig, die verschiedenen Fachbehör-

den interdisziplinär einzubeziehen, um damit dem

Querschnittcharakter der Kultur gerecht werden zu

können, damit sie den Herausforderungen der Zu-

kunft auch von den Ressourcen her gewachsen sei.

Aspekte des Plannings und MappingsAuf Nachfrage erläutert, Maria-Inti Metzendorf, dass

Mannheim mit 330.000 Einwohnern eher vergleich-

bar mit einem Bezirk sei und die kulturelle

Landschaft längst nicht so ausgeprägt sei. In Mann-

heim liege derzeit noch der Schwerpunkt auf dem

Planungsprozess, der nächste Schritt sei eine Beteili-

gung der Bürger sowie die Entwicklung neuer Steue-

rungsstrukturen.

Anke Amsinck (BARMBEK°BASCH) erzählt, dass in

vielen Stadtteilentwicklungsprozessen Kulturpläne

entstanden seien, dass es jedoch darum, die Ergeb-

nisse von Beteiligungsprozessen, die derzeit eher in

Richtung Alibi-Beteiligung der Bürger gingen, wir-

kungsmächtig in Steuerungsprozesse einfließen zu

lassen.

Nico Schröder, Leiter des Fachamtes Sozialraumma-

nagement des Bezirkes Nord führte aus, dass die

Evaluation mit einer Art Bestandserhebung beginnen

müsse, die noch nicht geförderten Einrichtungen

würden dann aber im Diskurs auch bedacht werden.

Malte Krugmann führte aus, dass Prinzipien der Go-

vernance zukünftig Einzug in Steuerungsprozesse

halten sollten. Es gehe dabei um Aktivitäten, die ori-

ginär aus der Zivilgesellschaft entstanden sind. Die

Steuerungsmechanismen der Governance seien:

• Dezentralisierung: neue Aufgabenverteilung

• Verselbstständigung: neue Verantwortungsvertei-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Ausgangspunkt ist zunächst das Controllingsys-

tem der Stadtteilkultur, bestehend aus folgen-

den Instrumenten: Kennzahlen, Ziel- und Leistungs-

vereinbarung, Sachbericht und Erfolgskontrolle.

Es besteht eine teilweise unterschiedliche Praxis in

den Bezirken bzw. den Einrichtungen in der Hand-

habung dieser Instrumente sowie eine Kritik an

Aufwand und Akzeptanz dieser Verfahren. Die rein

quantitativ erhobenen Kennzahlen geben kein Bild

der tatsächlichen Leistungen einer Einrichtung wie-

der. Beispiel: Eine Disco wird mit 500 Besuchen

gezählt, eine intensiver Theaterworkshop mit fünf

Teilnehmern. Die Kennzahl 505 Besuche sagt nichts

über die Qualität und das Potenzial der Angebote

aus. Die jährlich vorgelegte Ziel- und Leistungsver-

einbarungen sowie die Sachberichte werden umfäng-

lich produziert, es wird aber nur in Ausnahmefällen

darüber kommuniziert. Das System der Erfolgskon-

trolle in der Stadtteilkultur wurde in den 90er-Jahren

erarbeitet. Die Handhabung hat sich recht unter-

schiedlich entwickelt, ein reflektierter Nutzen aus

den Ergebnissen wird nur am Rande ermöglicht.

Als Ziele der Wirkungs- und Wirtschaftlichkeits-

messung sind die Unterstützung der Kultureinrich-

tungen bei einer bedarfsgerechten Angebotsrea-

lisierung und dem rechtzeitigen Aufzeigen von

Chancen und Risiken, verbunden mit einer kontinu-

ierlichen Verbesserung der Arbeitsqualität, hervorzu-

heben. Weiter sind die Rechenschaftsablegung

gegenüber der Bürgerschaft sowie die Überprüfung

der qualitativen und quantitativen Zielerreichung

zentrale Funktionen. Festgestellte Messgrößen sind

aber auch immer Anlass für Befürchtungen in Bezug

auf eine grundsätzliche Veränderung der Zuwen-

dungshöhen.

Kennzahlen sind aber auch Instrumente der Öffent-

lichkeitsarbeit und dienen der Rechtfertigung der

Arbeit. Kritisiert werden ungenaue Erhebungs-

standards und die Relativierung der Aussagekraft

durch Durchschnittszahlen. Das System soll nicht pri-

mär zur Vergleichbarkeit der Zentren und der Ge-

Ralf Henningsmeyer

Wirkungsmessung in der Stadtteilkultur

Ralf Henningsmeyer, Geschäftsführer des Stadtteilkulturzentrums GWA St. Pauli, erläutert den aktuellen Sachstand desControllingsystems für die Hamburger Stadtteilkultur und den Diskussionsstand im Rahmen des Evaluationsprozesses.Im Hinblick auf eine mögliche Weiterentwicklung der Erfolgskontrolle, Kenzahlenerfassung, Ziel- und Leistungs-vereinbarungen sowie des Sachberichtswesens arbeitet er Defizite und Konfliktlinien heraus.

QUALITÄTS- UND ERFOLGSKONTROLLE

Die Hamburger Stadtteilkultur verfügt über ein ausgereiftes und bundesweit bis heute unerreichtes Verfahren derKennzahlenerhebung in Kombination mit einer Erfolgskontrolle, die quantitative und qualitative Verfahren kombiniert.Ralf Henningsmeyer skizziert den aktuellen Diskussionsstand zur Wirkungsmessung in der Stadtteilkultur im Evalua-tionsprozess. Der Kulturmanager und Unternehmensberater Sven Oliver Bemmé hat sich mit diesem Instrumentarium,das auch auf andere Kulturbereiche übertragbar ist, auseinandergesetzt. Bemmé erarbeitet mit den Teilnehmerinnenund Teilnehmern Ansätze einer für Kultureinrichtungen und -projekte nützlichen Qualitäts- und Erfolgskontrolle. Diesgeschieht vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Weiterverarbeitung der Evaluation der Hamburger Stadtteilkultur.

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schichtswerkstätten dienen, sondern zur besseren

gemeinsamen Abdeckung der erkannten Bedarfe und

Potenziale im Sozialraum. Entscheidend dabei ist,

dass es sich nicht um ein Ranking handeln soll,

aber dass Vergleichbarkeit dazu genutzt werden

kann und soll, voneinander zu lernen.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass Controlling-

systeme nie die Gesamtheit der Leistungen (die

Realität) abbilden können, sie wirken stets nur

exemplarisch.

Ein effektives Controllingsystem muss immer auch

die direkte Kommunikation zwischen Zuwendungs-

nehmer und Zuwendungsgeber beinhalten, aber

auch die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Zentren

sowie der Geschichtswerkstätten berücksichtigen.

Ein modifiziertes Controllingsystem soll die Chance

bieten, den Aufwand bei der Erstellung der Daten

und Berichte zu vermindern und gleichzeitig die

Lesbarkeit der Ergebnisse zu verbessern.

Im Rahmen der Evaluation wird vorgeschlagen,

neben den bestehenden Globalzielen und den Zielen

der Einrichtungen, eine Zielebene in den Bezirken

einzuführen. Hier ist zu erörtern, welches Interesse

die jeweiligen Bezirke an einem Diskurs über über-

greifende Ziele der Stadtteilkultur haben. Ein Vorteil

wird darin gesehen, dass die Bezirke (sprich:

Verwaltung und Politik) in einen regelmäßigen

Dialog mit den Akteuren der Stadtteilkultur kämen

und ein Aushandlungsprozess über Möglichkeiten

und Anforderungen der Stadtteilkultur erfolgen

könnte. Die gemeinsame Erörterung kann zu einer

Identifizierung mit den Zielen aller Beteiligter führen.

Hierbei könnte auch eine Vereinbarung über eine

fünfjährige Zeitachse für die Gültigkeit der Ziele

erfolgen.

Als gedachtes Verfahren eines weiter »herunterge-

brochenen« Controllings könnten die Zentren ein bis

drei Schwerpunktziele benennen (je nach Größe der

Einrichtung). Damit könnte auch eine Profilierung

der Einrichtungen sichtbar werden. Auf der untersten

Ebene benennen die Zentren mehrere Vorhaben pro

Ziel, die in einer Soll/Ist-Matrix evaluiert werden

(qualitativ und quantitativ). Im Bereich der Offenen

Kinder- und Jugendarbeit wird ein entsprechendes

Verfahren seit Kurzem durchgeführt. Aspekte daraus

könnten für den Bereich der Stadtteilkultur übertra-

gen werden.

Einrichtungen, die rein ehrenamtlich arbeiten (im

Bereich der Geschichtswerkstätten), sollten von die-

sem Verfahren befreit werden.

Evaluationen können Kulturorganisationen und -projekte helfen, sich qualitativ und quantitativ weiter zu entwickeln.

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Wie kann es gelingen, eigene Erfolge im

Kulturbetrieb und in Kulturprojekten messbar

zu machen und daran nachweislich weiter zu wach-

sen bzw. besser zu werden? Die nachfolgenden

Grundgedanken beleuchten drei Leitfragen:

• Was bedeutet Evaluation?

• Was macht Evaluationen so unbeliebt?

• Was sind Potenziale im Kulturzusammenhang?

Was bedeutet »Evaluation«?Evaluation bedeutet wörtlich »Bewertung«, inhaltlich

eher »Untersuchung«. Der Begriff »bezeichnet die

systematische Beschreibung, Bewertung, Beurteilung

und Beeinflussung eines Objektes in Beziehung auf

ein Subjekt«1. Etwas weniger abstrakt lässt sich dar-

unter die Beurteilung von Projekten und Program-

men mittels wissenschaftlichen Methoden verstehen,

wobei mögliche Evaluationsgegenstände beispiels-

weise »das Konzept, der Vollzug bzw. die Umset-

zung, die Leistungen und die Wirkungen von Pro-

jekten oder Programmen« sein können.2

Evaluationsverfahren umfassen üblicherweise »die

systematische und zielgerichtete Sammlung, Analyse

und Bewertung von Daten« und haben insofern

meist einen direkten Bezug zu Themen der Quali-

tätssicherung und Qualitätskontrolle.3 Evaluationen

werden gezielt anhand (sozial-)wissenschaftlicher

Methoden durchgeführt, um Qualität, Funktionalität,

Wirkung oder Nutzen bestimmter Evaluationsgegen-

stände zu bestimmen.4 – Einer ihrer pragmatischen

Vorzüge ist, dass sie gelenkt sind vom jeweiligen

Erkenntnis- und vom Aussageinteresse, d.h. dass sie

insbesondere im qualitativen Bereich von den je-

weils beteiligten Akteuren den jeweiligen Bedürfnis-

sen adäquat angepasst und weiterentwickelt werden

können. Zugleich generieren Evaluationen nicht sel-

ten Widerstände in der Organisation, auch im Kul-

tur-, Sozial- und allgemein im Non-Profit-Betrieb.

Was macht Evaluationen so unbeliebt?Wie bei fast allen Arbeitsmethoden mit gleichzeitig

wissenschaftlichem und managementaffinem Charak-

ter, gibt es eine Vielzahl potenzieller Einwände, ins-

besondere seitens der evaluierten Organisation und

ihres Organisationspersonals. So berechtigt die

Einwände emotional einerseits sind, so wichtig ist

dabei andererseits zu bedenken, dass sie letztlich

vielmehr die zentrale Aufgabe formulieren sollten,

das jeweilige Evaluationsinstrumentarium den indivi-

duellen Bedürfnissen, Werten und organisationalen

Voraussetzungen der betrachteten Organisation

anzupassen. Typische Ein- und Befürchtungen sind:

• Fremdsteuerungsempfinden: Evaluationen kommen

vermeintlich immer von außen und bringen daher

auch am ehesten Außenstehenden einen Nutzen,

meist denjenigen, die am längeren Hebel sitzen

(Förderer, Geldgeber, Sponsoren usw.).

• Zuwendungs- und Abhängigkeitsdenken: Je besser

eine Kulturorganisation belegen kann, dass und

wie gut (effizient und effektiv) sie ist, bzw. dass

sie immer besser wird, desto schneller werden

ihre Zuwendungen vermeintlich weiter gekürzt –

weil sie diese aufgrund der höheren Effektivität

und Effizienz schließlich nun nicht mehr (so drin-

gend) benötigt:

• Arbeitsbelastung: Ausgerechnet in Zeiten knapper

Budgets und Personaldecken sollen die am mei-

sten Betroffenen zusätzliche Zeitfenster für die

Eigen- und Fremdbewertung freimachen.

• These der Überkomplexität: Bevor ein Evaluations-

system überhaupt ordentlich funktionieren kann,

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Sven Oliver Bemmé

Evaluation im Kulturbetrieb Grundgedanken zur Erfolgskontrolle

Im folgenden Beitrag beleuchtet Sven Oliver Bemmé die Bedeutung von Evaluationen, ihren schweren Stand

im Kulturbereich und welche Potenziale jedoch kulturspezifische »Bewertungen« für die Qualitätsentwicklung

entfalten können.

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Da bei dieser Ausgangswahrnehmung letztlich alles

besser ist als die Worst-Case-Alternative bzw. die

größte anzunehmende Bedrohung (kein Geld mehr),

resultieren aus defizitverursachten Planungs- und

Entwicklungsbestrebungen üblicherweise weniger

konkrete Ziele sowie eher aktionistische und wenig

effektive/effiziente Handlungen – oder im schlimms-

ten Fall radikale Kahlschlag-Ansätze (Restrukturie-

rung).

Idealtypisch ist das Gegenteil der Fall, d.h. die Be-

teiligten versprechen sich etwas Positives vom neu

Entstehenden, sind gewillt und in der Lage, dies in

Form von Zielen konkret und prägnant zu beschrei-

ben, und verabreden gemeinsam mit dden anderen

Akteuren sinnvolle Schritte, die mit höchstmöglicher

Wahrscheinlichkeit zum Wahrwerden der gewünsch-

ten Zukunft führen.

Veränderung mit Ausblick, d.h. als ein gewollter Pro-

zess »hin zum Guten«, führt mit höherer Wahr-

scheinlichkeit zu konkreten, plausiblen und machba-

ren Zielen. Eine Beispielaussage könnte lauten: »Wir

wollen die Möglichkeiten der Evaluation nutzen, um

den Mehrwert der von uns erbrachten Arbeit eindeu-

tig zu belegen und unsere Relevanz für unsere Ziel-

gruppen zweifelsfrei zu begründen.«

Diesbezüglich für die Entwicklung von Selbststeue-

rungsansätzen zu werben, ist dieser Tage doppelt

sinnvoll, denn Tatsache ist: Auch jede Handlungs-

unterlassung einer Organisation führt über kurz oder

lang zu einer Organisationsveränderung. So wie

Menschen nicht nicht kommunizieren können, ist

auch jede Nicht-Handlung letztlich eine Handlung

mit Folgen, da Menschen oder Organisationen nicht

entkoppelt von ihrer Umwelt existieren, sondern

vielmehr eng mit ihr vernetzt sind. Anders gesagt:

Wer sich nicht selbst ändert, der wird verändert.

Wer nicht von sich aus anfängt, die eigene Weiter-

entwicklung zu planen, der plant in Wirklichkeit oft-

mals, eher ganz bewusst nicht anzufangen. Men-

schen und Organisationen tendieren im Angesicht

von Druck oder Stress (von innen oder außen) und

der daraus resultierenden Verunsicherung (Angst)

wahlweise zu blindem Aktionismus oder aber dazu,

sich zurückzuziehen und stillzuhalten, bisweilenQU

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müssten zunächst einmal andere Strukturen gene-

rell verbessert werden.

• Exklusivitätsanspruch erbrachter (Kultur-)Leistun-

gen: Das dauerhafte Angebot bestimmter (kulturel-

ler, sozialer oder bildungsorientierter) Leistungen

ist in der Wahrnehmung mancher selbstlegitimie-

rend – wer hierfür messbare Belege suchen muss,

hat das Prinzip dieser Leistungen in ihren Augen

nicht verstanden.

• These der Nicht-Messbarkeit: Insbesondere viele

Non-Profit-Angebote lassen sich laut Aussage vie-

ler Bereitsteller weder adäquat in Zahlen abbilden,

ist es sinnvoll, sie (aufgrund ihrer Einzigartigkeit

und Einzelwertigkeit) qualitativ zu vergleichen.

Der kleine Auszug zeigt, dass die erfolgreiche

Einführung und Nutzung von Evaluationsmethoden

zunächst einmal eine bestimmte Grundhaltung vor-

aussetzt – seitens der Evaluatoren und der

Evaluierten. Idealerweise entwickeln daher beide

Gruppen die Evaluationsziele und zu den Zielen pas-

sende (d.h. sowohl plausible als auch machbare)

Maßnahmen gemeinsam.

Potenziale und Voraussetzungen fürEvaluationen im KulturzusammenhangFolgt man der Psychologie und der Verhaltensfor-

schung steuert das Interesse die menschliche Wahr-

nehmung, d.h. Menschen suchen in ihrer Umwelt

vorzugsweise nach bestätigenden Informationen für

ihre bereits vorhandenen und verinnerlichten per-

sönlichen Glaubenssätze. Dieses Phänomen der

sogenannten »Mustererkennung« (engl. »pattern

recognition«) legt nahe, dass die Entwicklung und

Implementierung von Evaluationsverfahren – wie

jede andere Organisationsentwicklungsmaßnahme –

umso schwieriger oder gar unmöglich wird, wenn sie

aus einer überwiegend zweckpessimistischen Grund-

haltung heraus geschieht, bzw. nur auf Basis erkann-

ter / empfundener Defizite vorangetrieben wird.

Veränderung unter Leidensdruck (»weg vom Schlech-

ten«) folgt einem dem Menschen innewohnenden

Fluchtbestreben. Es kommt beispielsweise in Aus-

sagen zum Ausdruck wie: »Wenn wir bei der Evalua-

tion nicht mitmachen, werden uns die Mittel zusam-

mengestrichen...«

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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unter dem Vorwand, dass einen »das operative

Geschäft« (real ein nicht selten selbstorganisatorisch

bedingter Zeitmangel) gerade »auffrisst«.

Wer umgekehrt die meiste Zeit nur Pläne schmiedet,

wie eine bessere Zukunft im Detail aussehen müsste

und was vorher alles im Kleinsten aller Details orga-

nisiert werden könnte oder sollte, damit es klappt,

der vergisst nicht selten das Handeln. Ein guter Plan

taugt so lange nichts, bis er in die Tat umgesetzt

und ggf. auf dem Weg zum Ziel angepasst und opti-

miert wird.

So wie letztlich jedes Management-Instrument, ba-

sieren auch die erfolgreiche Entwicklung und der

dauerhafte Erfolg eines Evaluationssystems auf der

Entscheider- und Umsetzungskompetenz der beteilig-

ten Akteure. Erfolgreiche Evaluation ist ein Hand-

lungs- und kein Planungsansatz. Und wenn die jahr-

hundertealte Managementlehre sich nicht irrt, so ist

Gut oder Schlecht am Ende nicht eine Frage der ge-

wählten (Evaluations-)Methodik oder des (Evalua-

tions-) Instruments. Vielmehr ist vorher gemeinsam

zu klären, ob die zugrundeliegenden Ziele und die

dahinterliegenden Werte der Beteiligten in Ordnung

sind und auf Konsens aufbauen.

Versteht man die oben genannten Entwicklungsein-

wände und Umsetzungswiderstände weniger als

Problem, als vielmehr als Aufgabenstellung und

Umsetzungsanforderung, so leitet sich für die betei-

ligten Akteure ein pragmatischer Katalog zu beant-

wortender Entwicklungsfragen ab. Generell gilt hier-

bei, die geäußerten Einwände und Widerstände

ernst zu nehmen, zu sammeln und gemeinsam auf-

zuarbeiten, indem davon ausgegangen wird, dass

derjenige, der das »Problem« hat und es somit am

besten kennt, auch am besten in der Lage sein wird,

die daraus abzuleitenden Aufgabenstellungen zu for-

mulieren und sie mit zu lösen.

Wesentliche Leitfragen bei der Konzeption von Eva-

luationsinstrumenten (nicht nur) im Kulturbereich

sind entsprechend:

• Welchen gemeinsamen Nutzen soll das Instrument

für die beteiligten Akteure (Kulturbetriebe, Verwal-

tung, Politik, Leistungsabnehmer/innen usw.)

haben?

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Beim RATSCHLAG diskutieren Experten aus Theorie und Praxis.

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Die beteiligten Akteure sollten in der Folge sowohl

für die eigene Organisation als auch gemeinsam klä-

ren:

• Welche Chancen bietet die Entwicklung in Bezug

auf die eigene Qualität, Stellung und Weiterent-

wicklung?

• Wer profitiert außerhalb der individuellen Orga-

nisation und gemeinsamen Entwicklungsgruppe,

z.B. auch lokal, regional und überregional?

• Welche Erfahrungen aus vorangegangenen Ent-

wicklungs- und Evaluationsprozessen lassen sich

ggf. übernehmen? Was ist gut geglückt – und wie?

Was ist schwergefallen – aus welchem Grund?

• Was ist zu tun, um bereits bestehende Instrumen-

te und Ansätze besser und übertragbar zu ma-

chen, u.a. bezogen auf Akteure und Betroffene

sowie auf einrichtungs- und projektspezifische

Anforderungen?

Im Ergebnis muss ein Instrument stehen, das für alle

Beteiligten mit dem gleichen Verständnis aufzeigt:

Evaluations- Wozu wird evaluiert (z.B. gemeinsame

ziel Verbesserung des Gesamtangebots

oder Verbesserung einzelner)?

Akteure Wer evaluiert und für wen? .

Evaluations- Was wird evaluiert (z.B. nur die In- .

gegenstand halte, nur der Prozess – oder eine

Mischung aus beidem)?

Evaluations- Wie wird evaluiert (z.B. quantita- ..

methodik tiv, nur qualitativ – oder eine Mi-

schung aus beidem)?

Zeitpunkt Wann/bis wann wird jeweils evaluiert ..

und Zeitlauf (z.B. vorher, nachher, im Prozess oder

durchgängig)? .

Typische Konfliktlinien auf der inhaltlich-sachlichen

Ebene sind insbesondere bezogen auf die Evaluation

sogenannter »weicher« (qualitativer) Faktoren:

Je fester/starrer der definierte Kriterienkatalog, desto

aussagekräftiger und genauer ist die Datenkumu-

lation, desto weniger vergleichbar sind jedoch die

Einzelergebnisse untereinander.

• Welche gemeinsamen Zusatzvorteile und ge-

wünschten Konsequenzen – explizit auch solche,

die über die Zuwendung und Finanzierung hinaus-

gehen – resultieren aus den zu erwartenden Eva-

luationsergebnissen; wozu sollen sie dienen?

• Wie umfassend und komplex darf das Evaluations-

system sein, damit es für alle beteiligten Akteure

dauerhaft anwendbar und beherrschbar bleibt?

• Wie kann/muss das entstehende

Evaluationssystem (oder ggf. einzelne Systemteile)

den individuellen Zielen und Möglichkeiten der

beteiligten Organisationen angepasst werden,

damit es im Organisationsalltag funktional und

zugleich realisierbar ist?

• Welche gemeinsamen Werte und Grundannahmen

(z.B. hinsichtlich des kulturellen Gesamtangebots)

bilden die Basis für ein gemeinsames und auf

Dauer legitimiertes und funktionierendes Evalua-

tionssystem?

• Welche quantitativen und qualitativen Kriterien

und Indikatoren sind nicht nur aussagekräftig,

sondern für die Erfüllung des Evaluationsziels

auch tatsächlich relevant, d.h. welche dienen allen

Akteuren und deren Zielgruppen?

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Beim Schlussakkord stellten die AGs ihre Ergebnisse

vor.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

ZusammenfassungEvaluation ist kein Hexenwerk, sondern ein anwen-

dungsorientiertes Instrumentarium zur quantitativen

und qualitativen Vorbereitung sowie zur Bewältigung

strategischer und operativer Alltagsaufgaben und

Anforderungen. Es ist daher ebenso von Mehrwert in

Kulturorganisationen wie in der Kulturprojektarbeit.

Evaluation kann gerade dort konstruktiv genutzt

werden, wo einerseits im Rahmen der Dezentralisie-

rung die Chance besteht, in einem zunehmend vom

formellen zum informellen Arbeiten tendierenden

Umfeld die eigenverantwortliche Selbststeuerung zu

übernehmen, und wo es andererseits zunehmend

schwerer fällt, die Position der eigenen Einrichtung

dauerhaft und ausschließlich über die unwägbare

Finanzierung »von oben« zu sichern.

Evaluationsmethoden sind nach innen und außen

gerichtete, handlungsorientierte Hilfsmittel im Orga-

nisationsmanagement. Sie bilden in Summe ein

pragmatisches Unterstützungssystem, das weniger

bei der Kontrolle als vielmehr bei der Selbststeue-

rung (Controlling), Potenzialerkennung und Quali-

tätsverbesserung seinen Kernnutzen unter Beweis

stellt. Voraussetzung dafür ist eine gemeinsame und

ziel- sowie nutzenorientierte Entwicklung im Diskurs

aller beteiligten Akteure.

Wie jedes methodische Hilfsmittel haben auch Eva-

luationen ihre Grenzen. Aufgaben werden nie von

Methoden gelöst, sondern immer von Menschen, die

in der Lage und gewillt sind, sich ihrer zu bedienen,

um gemeinsame Werte zu vertreten und gemeinsa-

me Ziele zu erreichen. Ein funktionierendes Evalua-

tionssystem kann dabei helfen, genau dies auch zu

belegen.

Ergänzung: Fragen aus dem Workshop-Plenum• Wer spricht bei der gegenwärtigen Zuwendungs-

verteilung und Erfolgsmessung im Alltag mit wem?

Wer sind die jeweiligen Akteure?

• Was ist INES (Verwaltungssoftware)?

• Wer hat Zugang zu den INES-Informationen?

• Wozu werden die INES-Daten genutzt?

• Werden die jeweiligen Oberziele für die Stadtteil-

kultur-Arbeit im Bezirk zwischen allen Akteuren ver-

einbart – oder sind sie vom Bezirk (Politik, Ver-

waltung) vorgegeben?

• Bedeutete eine Änderung des Zielsystems zugleich

die Abschaffung des Kennzahlensystems? (Wird das

Kennzahlensystem jemals verschwinden?)

• Was steht oben/an erster Stelle – die Kennzahl oder

das stadtteilkulturelle Ziel einer Einrichtung/Organi-

sation?

• Was sind bzw. waren die größten Kritikpunkte inner-

halb der AG Evaluation und (von außen) an den

Ergebnissen der AG-Arbeit im bisherigen/vorangegan-

genen Projektprozess?

• Gibt es (kostenlose oder niedrigschwellige) Schu-

lungsangebote zum Umgang mit den Evaluationsin-

strumenten für das Personal der Einrichtungen? Wird

es solche geben? Wer trägt die Kosten für notwendi-

gen Kompetenzaufbau in den Einrichtungen?

• Wozu (inhaltlich/substanziell) dienen die Kennzahlen

bezogen auf die Bürgerhäuser in den Bezirken.

Evaluation ist kein Hexenwerk, aber im Kulturbereich sensibel zu händeln.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

In der gut besuchten Arbeitsgruppe wollte man

herausfinden, ob und wie es möglich ist, mit

positiver Einstellung Qualitäten und Quantitäten in

der Kulturarbeit zu messen.

Im Vortrag von Ralf Henningsmeyer, der sich mit

dem Verfahren von Kennzahlen und Erfolgskontrolle

in der Hamburger Stadtteilkulturförderung ausein-

andersetzte, wurde schnell klar, dass mit der Mess-

barkeit von Erfolg ein komplexes und sehr aktuelles

Thema angesprochen wurde. Dabei werden nicht nur

Erfolge gezählt, sondern alles, was messbar ist:

Kurse, Veranstaltungen, Besucherzahlen etc.

Quantität und QualitätEvaluation der Quantität und Qualität von

Kulturprojekten ist ein auf den ersten Blick trocke-

nes Feld, das aber – wie Verständnisfragen zeigten,

– die jeweils im Anschluss an beide Vorträge gestellt

werden konnten – nicht nur Klärungs- sondern auch

Diskussionsbedarf hervorruft. Insbesondere durch

die noch laufenden Evaluationsverfahren der geför-

derten Stadtteilkulturzentren und Geschichtswerk-

stätten war das Thema sehr aktuell und es war ein

Anliegen der beteiligten Akteure, sich damit vertieft

auseinander zu setzen.

So kam nach dem Vortrag von Ralf Henningsmeyer

der Diskussionspunkt auf, wofür die Kennzahlenab-

frage genau bestimmt sei, d.h. wer diese Zahlen,

außer den Zentren selbst und den zuständigen

Bezirksstellen, zur Kenntnis nehme. Impliziert war

damit auch die Frage nach der fehlenden Ressource

für solche zusätzlichen, viel Zeit in Anspruch neh-

menden Aufgaben. Da sich in der Arbeitsgruppe

»Erfolg gern messen« viele Akteuren aus der Stadt-

teilkultur befanden (Politik, Verwaltung und Vertreter

der Stadtteilkultur), konnte eine Vertreterin der Be-

zirksämter erläutern, dass die Kennzahlen an Mit-

arbeiter der Bezirksämter weitergegeben werden und

auch für die eigene Kontrolle eingeführt worden

seien.

Ein weiterer Hinweis wurde im Hinblick auf das

Know-how beim Umgang mit den Kennzahlen gege-

ben. Eine schwierige Materie sei es, sie nach Ein-

arbeitung gut zu bearbeiten und die Möglichkeit der

Fortbildung bzw. Weiterbildung (bei eigener Finanzie-

rung) bestehe für alle Akteure.

Auch nach dem Vortrag von Sven Oliver Bemmé zum

Potenzial von Evaluation regten Verständnisfragen zu

weiteren Diskussionen an.

Bei der an die Vorträge anschließenden Thesen-

sammlung, moderiert durch Herrn Bemmé, sollten

gezielt die nützlichen Aspekte von Evaluation und

Qualitätskontrolle herausgearbeitet werden, um das

Positive der Prozesse in den Vordergrund zu rücken

und beim Schlussakkord eine effiziente Sammlung

vorstellen zu können. Gesammelt wurden Ausgangs-

punkte und ideale Entwürfe unter der Vorausset-

zung, dass das Verfahren für alle Beteiligten positiv

besetzt ist und zu für sie nützlichen Ergebnissen

führt.

Während dieser Sammlung von Ideen und Entwürfen

zeigten sich weitere Diskussionsansätze: Zum Bei-

spiel wurden die unterschiedlichen Wertmaßstäbe

angesprochen, die zwischen den Akteuren, der Ver-

waltung (und der Politik) herrschen. Es wurde klar,

dass es extrem schwierig ist, einen Konsens zu

schaffen, es aber ungemein wichtig sei.

Ein Teilnehmer merkte an, dass die gesammelten

Thesen auf der dargestellten Metaebene zu ungenau

und realitätsfern seien und man sich eine Einschät-

zung der Hamburger Situation, verbunden mit kon-

kreten Zielvorgaben, wünsche. So sollte z.B. ein

Agreement aller Beteiligten erreicht werden, wie man

in Zukunft mit der aktuellen Evaluation umgeht. Ein

schlankes System sollte geschaffen werden, bei dem

sich alle Akteure, Verwaltung und Politik (v.a. Kultur-

ausschüsse) zu einem regelmäßigen Austausch tref-

fen, um die Kommunikationsbasis dieser drei Grup-

pen zu stärken.

AG-Diskussionsprotokoll »Erfolg gern messen – Qualitäts- und Erfolgskontrolle«

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Nach der Einschätzung von Herrn Bemmés kann

Hamburg durch die Evaluierungs-Situation im Bereich

der Stadtteilkultur als Vorzeigestadt fungieren. Er

ergänzte jedoch, dass ein schneller Evaluationsdis-

kurs entscheidend für den Ausgang der Evaluation

sei.

Als Negativbeispiel stellt er die Befragung der St.

Pauli Musikclubszene vor, die das Wirtschaftspoten-

zial der Clubs und das Potenzial von Subkultur ver-

deutlichen sollte. Von über 40 angefragten Musik-

clubs beteiligten sich lediglich zwei an der Evalua-

tion, obwohl die Fragen anonym kumuliert wurden.

Die Evaluation wurde dann nicht weiter verfolgt.

Gründe für diese Widerstände sieht Herr Bemmé vor

allem in der Angst der Akteure vor der Interpretation

der abgegebenen Zahlen. Zu gute Zahlen: warum

noch weiter fördern?, oder zu schlechte Zahlen: der

Club sollte vielleicht besser geschlossen werden. Es

könnten aber auch ehrenamtliche Mitarbeiter, die in

vielen Fällen die Clubs leiten bzw. unterstützen,

nicht immer genaue Zahlen, Umsätze und Verluste

nennen.

Transparenz hat ihren Preis: Sind die Ergebnisse

schlecht, ist die Quantität gering, kann es dazu füh-

ren, dass die Förderung hinterfragt und der Ruf nach

Schließung einer geförderten Einrichtung laut wird;

aber man sollte kleinen Initiativen Chancen geben,

denn auch sie tragen zur Attraktivität eines

Stadtteils bei.

Folgende Thesen wurden von den Teilnehmern

gesammelt:

Evaluation...

• dient dazu, bessere Entscheidungen zu treffen.

• ist ein Hilfsmittel, das unterstützen, nicht zerstö-

ren soll: Potenzial kann erkannt werden.

• an sich löst keine Aufgaben: Nur Macher, die wil-

lens sind, können Ziele erreichen.

Potenzielle Chancen und möglicher Nutzen durch

eine Evaluation:

• Kommunikation zwischen Verwaltung und Akteuren

ermöglicht eine Kultur des Umgangs und einen

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Lässt sich Erfolg wirklich gern messen? Und wenn ja, wie? Welchen Nutzen haben Kulturorganisationen davon?

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Es wird diskutiert, ob gemeinsame Ziele in den Be-

zirken entwickelt werden und dann bezirksübergrei-

fend Handlungsanweisungen entstehen sollten: Ein

Vertreter der Politik sagt deutlich, dass sich die Aus-

schüsse nichts vorschreiben lassen möchten und

nach demokratischen Prozessen entscheiden. Dabei

entsteht die Frage, wie Stadtteilkultur in den Bezir-

ken definiert wird: Wer gehört dazu, wer gehört an

den runden Tisch. Sind es nur die geförderten Stadt-

teilkulturzentren, Verwaltung und Kulturpolitik oder

sollten nicht auch beispielsweise Bürgerhäuser und

im Stadtteil wichtige Akteure zu einem Austausch

auf dieser Ebene geladen werden. Die Diskussion

entwickelt sich, wie für »kleine Akteure« der Stadt-

teilkulturszene aber auch allgemein eine Voraus-

setzung geschaffen werden kann, die Entlastung und

Mitsprache gleichermaßen garantiert.

Die Arbeitsgruppe ist sich einig, dass eine Routine

für alle Beteiligten geschaffen werden sollte, welche

die weitere Kommunikation fördert. Erste Erfolge

gäbe es in Altona, auf Initiative der geförderten

Stadtteilkulturzentren wurden Politiker der Kulturaus-

schüsse, Verwaltung und Vertreter der Stadtteilkul-

turzentren zu einem Runden Tisch eingeladen, der in

Zukunft weitergeführt werden soll.

Zum Abschluss einigte sich die Arbeitsgruppe auf ein

kurzes Thesenpapier für das Abschlussplenum, das

von vier Vertretern vorgestellt wurde:

Es gibt potenzielle Chancen/Nutzen aus und durch

Evaluation: z.B. Kommunikation und Verständigung

wird gefördert (Ziele und Werte), mehr Transparenz

wird geschaffen, Qualität wird gesichert.

Eine Weiterführung des Prozesses ist wichtig:

• Routine schaffen und Verstetigen für gemeinsame

Ziele, Werte, Handlungen (z.B. Kennzahlenmatrix

überarbeiten),

• qualitative Erfolgskontrolle optimieren,

• Know-how muss geschaffen werden,

(Methodenkompetenz), eine Qualifizierung aller

Beteiligten, um auf Augenhöhe miteinander umzu-

gehen.

Stefanie Schreck

• gemeinsame Werte und Selbstreflektion,

• das Potenzial, zu besseren Entscheidungen zu

kommen, wird erhöht,

• Sie schafft eine gemeinsame Basis: die Begrün-

dung der Leistung wird einfacher,

• die Entscheidungsvorbereitung wird verbessert,

• aus dem Austausch können Gemeinsamkeiten

erkannt und Missstände abgebaut werden.

Das Stadtteilkulturzentrum Lola verweist auf Erfah-

rungen im Bezirk Bergedorf: Dort finden seit einigen

Jahren regelmäßige Gespräche zwischen Verwaltung

(Sozialraummanagement) und Stadtteilkulturein-

richtungen mit einem durchweg positiven Verlauf

statt. Allein der verstetigte Austausch der beiden

Seiten hat eine gemeinsame Kultur entstehen las-

sen.

Evaluation zeigt, dass Businesspläne notwendig

sind, alternative Förderzugänge gesucht werden

müssen (z.B. EU-Gelder), dadurch werden Belege für

die eigene Qualität erzielt.

Evaluation führt zu Selbstbestimmtheit:

• Man entwickelt ein Know-how,

• man kann voneinander lernen: Transfer von

Erfolgskonzepten,

• Instrument zur Darstellung der eigenen Stärke

bzw. zur Profilbildung (alle Akteure steigern durch

Kooperation und Arbeitsteilung gemeinsam die

kulturelle Attraktivität des Stadtteils).

Die Evaluation kann dafür genutzt werden, für eige-

ne Vorhaben fundierte Argumente zu liefern (Leis-

tungsbeschreibung eines qualitativen Angebots)

Anforderungen für das Gelingen einer Evaluation:

• Eine Routine muss geschaffen werden: Weiterma-

chen! Z.B. Inhaltslisten: Was ist zu tun?

• Zeitrahmen erstellen, alle Akteure gemeinsam

• Ressourcen sollen verfügbar gemacht werden

• Standards für Zählweisen sollten geschaffen und

Kennzahlen verfeinert werden: Qualitative Mess-

größen sollten eine Form bekommen, die hand-

habbar ist: qualitative Messkriterien entwickeln,

• Runder Tisch, Arbeitskreis oder Workshop einrich-

ten, mit der Aufgabe gemeinsame Ziele zu entwi-

ckeln, Handlungen und Codifizierung vorzuneh-

men.

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Die Ausgangslage für die Auseinandersetzung mit

Ressourcensteuerung und Förderverfahren in

Hamburg: Seit über 30 Jahren wird die Arbeit stadt-

teilkultureller Einrichtungen institutionell gefördert.

Am Anfang stand die Förderung von Stadtteilkultur-

zentren, die sich am Modell der »Fabrik« orientiert

haben, aber sehr stadtteilspezifische Ausprägungen

entwickelt haben. Ziele und Kriterien, die für das

Startprogramm wegweisend waren, finden sich in

angepasster und weiterentwickelter Form in der

Globalrichtlinie Stadtteilkultur, mit der seit dem Jahr

2000 die institutionelle Förderung der Stadtteilkul-

tureinrichtungen, Zentren und Geschichtswerkstätten

und die Projektförderung für soziokulturelle Projekte

gesteuert wird. Die Fördersumme wird als Rahmen-

zuweisung an die Bezirke weitergegeben.

Wie werden die Mittel jetzt verteilt?Die Globalrichtlinie der Kulturbehörde formuliert

diese Eckpunkte: Stadtteilkultur

• ist kein Produkt staatlicher Versorgungsplanung,

• wirkt auf der Grundlage spezifischer, regional

unterschiedlich gewachsener und unterschiedlich

entwickelter Strukturen und Milieus,

• entsteht und wächst auf der Grundlage von spezi-

fischem, initiativem Engagement von Personen,

Gruppen und Einrichtungen – die nicht in unmittel-

barer Abhängigkeit von Parametern wie Einwoh-

nerzahl und Größe des Sozialraums stehen.

Ziele der Globalrichtlinie:• Beteiligung von Menschen, denen der Zugang zur

Kunst und zu kultureller Produktion bisher ver-

schlossen blieb, am gemeinsam geschaffenen kul-

turellen Reichtum der Stadt.

• Dezentrale Vermittlung von Kunst im Sinne der

Rezeption und Produktion von Kunst und Kultur

auf Basis einer lokalen, räumlich und organisato-

risch entwickelten Infrastruktur.

• Förderung des künstlerischen Nachwuchses, der

Eigeninitiative und Kreativität, verbunden mit

Formen der Aktivierung und Selbstorganisation.

• Schaffung von Freiräumen für künstlerische und

gesellschaftspolitische Gestaltung und experimen-

telle Praxis.

• Stärkung von Geschichtsbewusstsein und einer

lokalen Öffentlichkeit zur Identifikation mit dem

Stadtteil als Teil Hamburgs.

Bernd Haß und Sonja Wichmann

Steuerung und kultureller Eigensinn

Der Geschäftsführer des Stadtteilkulturzentrums Goldbekhaus, Bernd Haß, und Sonja Wichmann, die Leiterin derAbteilung Finanzabwicklung des Fachamtes Sozialraummanagement des Bezirkamtes Harburg, bieten eine Einblick indie aktuellen Rahmenbedingungen der stadtteilkulturellen Förderung in Hamburg und binden sie in aktuelle Diskursedes Evaluationsprozesses und eines Rechnungshofberichtes ein.

INNOVATIVE RESSOURCENSTEUERUNG UND FÖRDERVERFAHREN

Ausgehend von der Evaluation der Hamburger Stadtteilkultur wird in das Themenfeld »Ressourcesteuerung undFörderverfahren« eingeführt. Praxisbezogen bietet Ulla Harting, Referentin für Interkulturelle Kulturarbeit desMinisteriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, Einblick in dieEntwicklung eines neuen Förderbereiches sowie deren Gelingensbedingungen. Diskutiert wird die Frage, wie eineinnovative Ressourcensteuerung bzw. neue Förderverfahren vor dem Hintergrund der nordrhein-westfälischenErfahrungen am Beispiel der Hamburger Stadtteilkultur aussehen könnten und wie entsprechende Rahmen-bedingungen hergestellt werden könnten.

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• Förderung und Anregung der Kommunikation über

Interessens-, Alters und Milieugrenzen hinweg und

Förderung eines interkulturellen Dialoges.

• Ermutigung zu freiwilligem Engagement bei der

Mitgestaltung kultureller Milieus aus den Alltags-

bezügen des Wohnumfeldes heraus.

• Förderung von Kulturarbeit als Impuls für Stadt-

teilentwicklung/Quartiersentwicklung.

• sowie Initiierung und Stabilisierung einer kulturel-

len Infrastruktur für unterschiedliche kulturelle

Milieus.

• Zusammenführung professioneller und ehrenamt-

licher Akteure in den verschiedenen Bereichen der

Stadtteilkultur.

Bestandsschutz Der Senat sieht insbesondere im Hinblick auf die

Förderung der Stadtteilkulturzentren und Geschichts-

werkstätten die Notwendigkeit, erfolgreiche Arbeit

als Netzwerkknoten in lokalen Milieus zu stabilisie-

ren und Veranstaltungszentren zur Herausbildung

lokaler Identität zu stärken.

In dieser Rolle wirken Zentren auch als Impulsgeber,

Projektentwickler und Servicepartner für nachwach-

sende Initiativen. Die genannten Leistungen entfal-

ten sich auf der Grundlage kontinuierlicher Arbeit

und begründen eine nachhaltige Förderung. Die

Bezirksämter sind gehalten, bei der Spezifikation der

Rahmenzuweisung Stadtteilkultur den geförderten

Einrichtungen im Rahmen der zur Verfügung stehen-

den Haushaltsmittel Planungssicherheit zu geben.

Bis Mitte der 90er-Jahre war die Stadtteilkulturför-

derung stetig gewachsen und die Zahl der institutio-

nell geförderten Einrichtungen hatte sich deutlich

erhöht. Danach gab es eine Phase mit einer annä-

hernd gleichbleibenden Förderung, in der keine

neuen Einrichtungen in das Programm aufgenommen

wurden. Mit dem Doppelhaushalt 2009 und 2010

wurde eine Erhöhung der Mittel beschlossen und

gleichzeitig eine Evaluation der Stadtteilkultur-

zentren. Die Verteilung der Rahmenzuweisungen auf

die Bezirke stellt sich folgendermaßen dar – siehe

Abbildung unten.

Anzumerken ist, dass nach § 37 des Bezirksverwal-

tungsgesetzes bei Aufgaben mit Gestaltungsspiel-

raum (Rahmenzuweisungen) die Bezirksversamm-

lungen über die Verteilung der Mittel entscheiden.

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und Wirkungskontrollen und kritisiert, dass die För-

derung in ihrer jetzigen Form nicht dazu geeignet

sei, den Veränderungen in der Kulturlandschaft ge-

recht zu werden, weil zu wenig Bewegung im För-

dersystem zu verzeichnen sei und das System auf

die Sicherung der bestehenden Infrastruktur ausge-

legt sei.

Zur Frage der Sicherung der vorhandenen Infrastruk-

tur stellt der Bericht fest, dass die Einrichtungen

unter erheblichen Druck stünden, weil sie durch ihre

Angebote einen großen Anteil der Fixkosten erwirt-

schaften müssten und zusätzliche Anforderungen an

sie herangetragen würden.

Neue Initiativen hätten keine Chance, in die institu-

tionelle Förderung aufgenommen zu werden, weil zu

wenig Geld vorhanden sei, um neue Einrichtungen

aufzunehmen, ohne die bestehenden Einrichtungen

zu gefährden.

Die bezirkliche Entwicklung werde noch nicht durch

eine transparente Zielsetzung und fachliche Steue-

rung auf Bezirksebene optimal befördert.

Mögliche Gründe könnte eine fehlende Verbindung

zwischen inhaltlichen Zielen und der Zuwendungs-

vergabe sein. Die Bezirksämter haben keine eigenen

Ziele und Schwerpunkte formuliert und operationali-

siert. Es gibt in den Bezirksämtern allerdings auch

keine ausreichenden Personalressourcen dafür, die

Qualität und Wirkung der einzelnen Zentren zu mes-

sen (auch die Evaluation hat bislang dazu keine Vor-

schläge erarbeitet).

Fragen zur Anregung der Diskussion

Ist dieses Fördersystem noch zeitgemäß? Die neuen

Anforderungen stoßen besonders im Hinblick auf die

Entwicklung regionaler Bildung auf noch weitestge-

hend in verschiedenen Behörden angesiedelte För-

dersysteme. Kultur als Querschnittsaufgabe wird

nach wie vor noch nicht zeitgemäß gefördert.

Gilt der Grundsatz, wer einmal Bestand ist, bleibt

Bestand – egal wie gut oder schlecht die Einrichtung

arbeitet oder wie sich der Stadtteil verändert?

Oder gilt der Grundsatz: Je weniger Steuerung durch

die Bezirke, desto besser, weil der kulturelle Eigen-

sinn per se zu guten Ergebnissen führt?

Prozessbeschreibung

Evaluation Ausgangspunkt

Aus Sicht der im Landesverband Stadtkultur koope-

rierenden Einrichtungen kann die Stadtteilkulturför-

derung in Hamburg als Erfolgsprogramm angesehen

werden. Die regelmäßig vorgelegte »Erfolgsbilanz«

dokumentiert das qualitative und quantitative

Wachstum der Einrichtungen, die Arbeit hat sich ge-

rade in den letzten Jahren gewandelt, neue Aufga-

ben und Anforderungen sind hinzugekommen, die

Rahmenbedingungen haben sich stark verändert und

der wirtschaftliche Druck hat zugenommen.

Der Ansatz der Evaluation aus Sicht der Politik war,

zu prüfen, welche Wirkung die Förderung entfaltet,

ob die Ziele erreicht werden, welche Potenziale zur

Weiterentwicklung lebendiger Kulturlandschaften vor-

handen sind und ob die Aufteilung und Zuweisung

der Mittel anders gestaltet werden sollte.

Die Evaluation der Stadtteilkulturzentren war als dia-

logorienterter Prozess angelegt und sollte gegensei-

tige Lernerfahrungen ermöglichen.

Der Evaluationsbericht bescheinigt den Einrichtungen

eine gute Arbeit und gibt verschiedene Anregungen,

wie das Fördersystem verändert werden könnte, um

die Ziele noch besser verwirklichen zu können. Der

Bericht liefert wenige Erkenntnisse darüber, wie die

Leistungen der Stadtteilkultur wirken, und sagt mehr

darüber aus, wie das Organisationshandeln verän-

dert werden kann, um die Leistungen effektiver und

effizienter anbieten zu können.

Die Anregungen sind im Anschluss an den Bericht

wieder in einem gestaffelten dialogischen Verfahren

in mehreren Workshops zwischen Verwaltungen und

Einrichtungen auf ihre Umsetzbarkeit überprüft wor-

den. Die Zwischenergebnisse werden jetzt anlässlich

des Ratschlags vorgestellt und sollen in der nächs-

ten Zeit in den Bezirken diskutiert werden, bis sie in

eine abschließende Drucksache münden.

Rechnungshofbericht

Parallel zum Evaluationsgeschehen hat sich der

Rechnungshof kritisch mit der Förderung der Stadt-

teilkultur auseinandergesetzt, bemängelt einen unzu-

reichenden Zusammenhang zwischen Zielsetzung

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Während des Kulturhauptstadtjahres formierte sich

im Themenfeld Stadt der Kulturen der Ruhr 2010

eine AG zur Interkulturellen Öffnung der klassischen

Kulturhäuser. Namhafte Einrichtungen des Ruhrge-

biets – und auch darüber hinaus – erarbeiteten

Handlungsempfehlungen mit dem Leitbild der Cul-

tural Diversity; die Arbeitsgruppe arbeitet auch nach

Ende des Kulturhauptstadtjahres weiter.

Strategien in NRW Kulturelle Vielfalt – verstehen, erleben, gestalten:

Unter diesem Motto steht das Gesamtkonzept zur

Förderung der interkulturellen Kunst- und Kultur-

arbeit in Nordrhein-Westfalen. Es zeichnet sich da-

durch aus, dass es zugleich beteiligungsorientiert

und strukturenbildend ist und sich in drei Bereiche

gliedert:

• Forschung,

• Kunstprojekte und

• strukturbildende Projekte.

Das methodische Fundament der interkulturellen

Kulturarbeit in Nordrhein-Westfalen bilden die Prin-

zipien Partizipation, Transparenz und Vernetzung.

GrenzüberschreitungenEntsprechend den oben genannten Prinzipien erfolg-

te in den Jahren 2002/2003 die Entwicklung der

Fördergrundsätze für interkulturell orientierte Kunst-

projekte: Gemeinsam mit Kunstschaffenden unter-

schiedlicher kultureller Hintergründe und mit dem

kommunalen und freien Kulturmanagement wurden

diese mit dem Referat Interkulturelle Kulturarbeit

partizipativ erarbeitet. Ein wichtiges Signal war, dass

nun die künstlerische Qualität in den Vordergrund

gestellt wurde, während bis dahin bei interkulturel-

len Projekten eher soziale/pädagogische Kriterien als

Maßstab und Förderlinien galten. Darüber hinaus

Die gleichberechtigte gesellschaftliche und kultu-

relle Teilhabe aller Menschen steht für ein zu-

kunftsfähiges Deutschland. Das Zusammenspiel aus

»Talent, Technologie und Toleranz« (R. Florida) bietet

beste Voraussetzungen für ein solches innovatives

Klima. Der kulturelle Raum schafft dafür Bedin-

gungen, Künste beleben und bereichern den Dialog

der Kulturen. Rund 23 Prozent der Menschen in

Deutschland besitzen einen Migrationshintergrund.

Das bedeutet, dass sich Kulturszenen füreinander

öffnen müssen.

In Nordrhein-Westfalen wird diese Öffnung aktiv be-

fördert, dies geschieht auf dem Hintergrund ver-

schiedener nationaler und internationaler Entwick-

lungen. Dazu gehört das UNESCO-Übereinkommen

zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller

Ausdrucksformen. Deutschland ratifizierte das Über-

einkommen im März 2007. Im gleichen Jahr wurde

der Nationale Integrationsplan beschlossen, der u.a.

das Thema Kultur behandelt, und es erschien der

Abschlussbericht der Enquete-Kommission »Kultur in

Deutschland«. Zudem legte der Kulturausschuss der

Kultusministerkonferenz im Februar 2011 eine Hand-

reichung »Interkulturelle Kulturarbeit« vor, die auf

einer Empfehlung der gleichnamigen Arbeitsgruppe

basiert.

Wichtige politische Meilensteine in Nordrhein-

Westfalen waren:

2001: die Integrationsinitiative »Dialog der Kultu-

ren« des Landes NRW, Anlass waren die

Ereignisse am 11. September 2001;

2002: Gründung des Referates Interkulturelle

Kulturarbeit;

2005: Gründung eines eigenständigen

Integrationsministeriums;

Ulla Harting und Gabriela Schmitt

Interkulturelle Konzepte und Strategienfür Kunst und Kultur in Nordrhein-Westfalen

Im folgenden Beitrag wird der systematische Aufbau einer neuen Förderstruktur in Nordrhein-Westfalen mit den wich-tigsten Meilensteinen und Gelingensbedingungen skizziert. Beteiligungsorientiert und von Anfang an auch struktur-bildend angelegt, gliedert sich die Förderung in die Bereiche Forschung, Kunstprojekt- und Strukturförderung.

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wurden die Fördergrundsätze von Anfang an als

modifizierbar und nicht festgeschrieben definiert. Als

Unterstützung für die Umsetzung des UNESCO-Über-

einkommens gab die Deutsche UNESCO-Kommission

das Weißbuch »Kulturelle Vielfalt gestalten« heraus,

das auch für die kommunale Ebene von Interesse

ist. Es enthält politische Handlungsempfehlungen

von über 60 Fachleuten (Download: www.unesco.de/

fileadmin/medien/Dokumente/weissbuch_lay_endf_int

ernet.pdf ).

Kommunales Handlungskonzept InterkulturUm eine strukturell verankerte interkulturelle Kultur-

arbeit in den Kommunen zu fördern, wurde 2004

das dreijährige Pilotprojekt »Kommunales Hand-

lungskonzept Interkultur« initiiert, an dem sechs

Städte teilnahmen: Arnsberg, Castrop-Rauxel, Dort-

mund, Essen, Hagen und Hamm. Vor Ort wurden

Runde Tische gegründet, an denen unterschiedlichs-

te Einrichtungen und Akteure mit und ohne Migra-

tionshintergrund teilnahmen. Sie entwickelten Hand-

lungsempfehlungen und die Grundlagen für einen

Ratsbeschluss zur interkulturellen Kunst- und Kultur-

arbeit. Ein solcher Beschluss war und ist wichtig,

damit sich die Politik mit dem Thema beschäftigt

und einen entsprechenden Auftrag an die kommuna-

len Ämter und Kultureinrichtungen erteilt. Zum Pilot-

projekt gehörte auch ein Jour fixe, der dem Erfah-

rungsaustausch zwischen den Kommunen diente.

Der Jour fixe findet bis heute statt, inzwischen neh-

men 25 Städte daran teil.

interkultur.proDer Professionalisierung des Interkulturellen Kunst-

und Kulturmanagements diente von 2007 bis 2010

das Projekt interkultur.pro. Seine Aufgaben waren

u.a. die bedarfsorientierte Unterstützung und Fortbil-

dung von interkulturell ausgerichteten Kunst- und

Kulturprojekten sowie die Stärkung von Plattformen

und Netzwerken zum Austausch und zur gegenseiti-

gen Unterstützung. Eine weitere wichtige Zielsetzung

war die Sensibilisierung der Entscheidungsträger.

Inhaltliche Grundlagen für interkultur.pro bildeten die

Orientierung an Daten, Fakten und Lebenswelten

und der Perspektivenwechsel zur Cultural Diversity.

Die Angebote des Projekts gliederten sich in folgen-

de Bereiche: netzwerkorientiertes Projektmanage-

ment; Daten, Fakten, Lebenswelten; Theorie-Praxis-

Diskurse; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit; Finanz-

management; Flying Workshops.

interkultur.pro war sowohl bei der »AG Zur Zukunft

der Kultureinrichtungen« der Ruhr2010 also auch bei

der »AG Interkulturelle Kulturarbeit« der Kultus-

ministerkonferenz unter Leitung von Nordrhein-

Westfalen maßgeblich beteiligt.

AG »Interkulturelle Kulturarbeit«Die Themenfelder der länderübergreifenden AG »In-

terkulturelle Kulturarbeit« basieren auf den Empfeh-

lungen der Enquete-Kommission 2007 und die AG ist

in folgenden Handlungsfeldern tätig:

• die Orientierung an kleinräumigen Daten und

Fakten sowie eindeutige Definitionen der hier ver-

wendeten Begriffe (z.B. »Menschen mit Migrations-

hintergrund«),

• Forschungsstand und Forschungsbedarf,

• die Formulierung eines klaren Auftrags von Ziel-

vereinbarungen zur interkulturellen Orientierung

öffentlich geförderter Kultureinrichtungen,

• die Orientierung an Partizipation und

Netzwerkarbeit,

• die interkulturelle Orientierung der Förderpolitik.

Begleitende ForschungAls ein Erfolgsfaktor hat sich die kontinuierliche

Forschung erwiesen, die notwendige Informationen

über die Lebenssituationen von Menschen mit Mi-

grationshintergrund und über ihre Interessen und

Verhaltensweisen im Bereich Kunst/Kultur ermittelt

hat. Im Auftrag der Landesregierung NRW wurden ab

2005 zunächst Bestandsaufnahmen zur kommunalen

Kulturpolitik und kulturwissenschaftlichen Forschung

gemacht sowie zu generellen Daten und Fakten im

Bereich Interkultur. Anschließend folgte die Pilot-

studie »Kulturelle Vielfalt in Dortmund« (2007) und

die Sinus-Studie »Lebenswelten und Milieus von

Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland

und Nordrhein-Westfalen« (2008) mit einem Special

zu Kunst und Kultur. Der Wissenstransfer wurde auf

verschiedene Weise gewährleistet, u.a. durch Veröf-

fentlichungen, die Einbindung in die Professionalisie-

rungsmaßnahmen von interkultur.pro und durch die

Veranstaltungsreihe der Theorie-Praxis-Diskurse.

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Zukunftsakademie NRW – Interkultur, KulturelleBildung und Zukunft von StadtgesellschaftDie von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen,

dem Schauspielhaus Bochum und der Stiftung Mer-

cator entwickelte »Zukunftsakademie NRW« wird ab

Herbst 2012 als bundesweit einzigartige interdiszipli-

näre Forschungsstätte arbeiten, an der Disziplinen

zusammen treffen, Diskurse geführt und innovative

Lösungen entwickelt werden. Inhaltlich-konzeptionell

basiert die Zukunftsakademie auf drei Säulen: Labor

(Denken), Praxis (Beteiligung) und Qualifizierung

(Vermittlung).

In einer immer stärker durch kulturelle Vielfalt ge-

prägten Gesellschaft wird es notwendig sein, mehr

Menschen für interkulturelle Themen zu sensibilisie-

ren, für diese Arbeit zu qualifizieren und öffentliche

Einrichtungen bei der interkulturellen Öffnung zu

begleiten. Die Zukunftsakademie wird daher eine

systematische Professionalisierung und Verstetigung

des Angebots in folgenden Feldern vorantreiben:

• kommunale, regionale und europäische

Orientierung,

• Forschungsanalysen und Wissenstransfer,

• öffentlichkeitswirksames Marketing,

• Zukunft der Gesellschaft im Fokus der Interkultur

und des demografischen Wandels,

• kulturelle Bildung durch Qualifizierung von

Schlüsselpersonen,

• Ausbau der Netzwerke zu Interkultur-Akteuren.

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In der Arbeitsgemeinschaft wurden Ideen, Vorschlä-

ge und alternative Möglichkeiten diskutiert, wie

die Ressourcen innovativ gesteuert, die aktuelle Zu-

wendungsvergabe sowie die diesbezügliche fachliche

Steuerung auf Bezirksebene verbessert werden

könnten.

Sonja Wichmann vom Bezirksamt Harburg eröffnete

die Diskussion, indem sie zunächst ausgehend von

der Evaluation der Hamburger Stadtteilkultur das

vorhandene Förderverfahren und dessen Defizite

beschrieb. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen,

dass Stadtteilkultur als ein Motor der Stadtentwick-

lung verstanden wird. Die lokale Arbeit der Zentren

in den Bereichen kulturelle Bildung, Integration,

Jugendhilfe und Altenförderung ist wesentlich für

den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Stadt. Es

stehen jedoch zu wenig Mittel zur Verfügung, um

den Bestand sowie neue Initiativen (gerecht) zu

finanzieren, unter anderem aufgrund steigender

Kosten und immer neuen Anforderungen. Um zu ver-

anschaulichen, wie das Förderverfahren funktioniert,

stellte Sonja Wichmann die Globalrichtlinien der Kul-

turbehörde vor (siehe S. 27).

Sonja Wichmann betonte dabei, dass der Bestands-

schutz gewahrt werden solle. Der Senat sehe hin-

sichtlich der Förderung der Stadtteilkulturzentren

und Geschichtswerkstätten die Notwendigkeit, erfolg-

reiche Arbeit als Netzwerkknoten in lokalen Milieus

zu stabilisieren und Veranstaltungszentren zur

Herausbildung lokaler Identität zu stärken. In dieser

Rolle würden Zentren auch als Impulsgeber, Projekt-

entwickler und Servicepartner für nachwachsende

Initiativen wirken. Dabei seien die Bezirksämter dazu

angehalten, bei der Spezifikation der Rahmenzuwei-

sung Stadtteilkultur den geförderten Einrichtungen

im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushalts-

mittel Planungssicherheit zu geben – auch mit Blick

auf »Aufgaben mit Gestaltungsspielraum« (§ 37 des

Bezirksverwaltungsgesetzes). Mit Blick auf die

Verteilung der Rahmenzuweisung an die Bezirke wird

deutlich, dass die Förderungen für soziokulturelle

Stadtteilzentren, Stadtteilkulturprojekte und Ge-

schichtswerkstätten sehr unterschiedlich verteilt

sind, beispielsweise erhielt Altona im Jahr 2010

knapp 1,18 Millionen, Harburg hingegen nur 184.000

Euro.

Ulla Harting vom Ministerium für Familie, Kinder,

Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-

Westfalen fragte, wie es zu dieser Förderstruktur

und ungleichen Verteilung der Mittel gekommen sei.

Darauf antwortete Bernd Haß vom Goldbekhaus

Hamburg mit einem Verweis auf die gewachsene

Struktur von Stadtteilkultur in Hamburg, die auf

Bürgerengagement in den Stadtteilen basiere. Nach-

dem er einen kurzen Einblick in die Entstehung und

in die Besonderheit der Hamburger Stadtteilkultur

gegeben hatte, erläuterte er den Grund und Zweck

des Zustandekommens des Evaluationsberichtes.

Dabei handele es sich um eine Qualitätskontrolle

von außen, die Arbeitsweisen und die Verteilung von

Ressourcen beleuchte. Der Evaluationsprozess sollte

laut Evaluationsbericht Qualitätssteigerung sowie

einen gegenseitigen Lerneffekt zum Ziel haben. Der

Bericht erlaube laut Bernd Haß auch ein Ranking

und aus Sicht der Einrichtungen die Gefahr einer

damit verbundenen Umverteilung der Mittel. Er

betonte außerdem, dass die Verteilung der Mittel

auf die Bezirke nach Bestands- und nicht nach

Entwicklungskriterien stattfinde und dass das drin-

gend geändert werden müsse. Das Gute am Prozess

der Evaluation sei, dass er dazu geführt habe, dass

ein neues Verständnis diskutiert und gedacht werde.

Zudem seien als Weiterführung des Evaluationspro-

zesses AGs mit Beteiligung der Landesratsebenen

entstanden, die sich inhaltlich bereits vertiefend mit

Möglichkeiten neuer Ressourcensteuerung und

Förderverfahren auseinandersetzen.

Sonja Wichmann ergänzte, dass zusätzlich zu den

bestehenden Globalrichtlinien konkrete Ziele ausfor-

muliert werden müssten, um anhand derer überprü-

fen zu können, ob diese erreicht wurden.

Im Verlauf wird deutlich, dass einige Diskussionsteil-

nehmer die an den Evaluationsprozess anschließen-

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AG-Diskussionsprotokoll »Innovative Ressourcensteuerung und Förderverfahren«

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de Arbeitsgruppenphase der Verwaltung und der Ein-

richtungen als nicht transparent empfunden haben

und dem Vorgehen kritisch gegenüberstehen. Frag-

lich ist demnach noch immer, wie es erreicht werden

kann, bessere Rahmenbedingungen für die jahrelan-

ge gute Arbeit mit beschränkten Mitteln zu schaffen,

wie die Förderung neu gestaltet werden kann, wie

das Verwaltungshandeln der Behörden und Bezirke

einfacher und transparenter gestaltet werden kann

und wie die Ziele der Stadtteilkultur besser geför-

dert werden können. Die KritikerInnen empfehlen,

noch mehr die Mittelsteuerung der Verwaltung und

der politischen Mandatsträger in den Blick zu neh-

men.

Von einem Teilnehmer wurde eingebracht, dass im

aktuellen Vergabeverfahren auch der städtebauliche

Aspekt nicht bedacht worden sei. Wohngebiete, die

neu ge- und bebaut werden, fänden keine Berück-

sichtigung. Die Richtlinien für städtebauliche Vorha-

ben würden bei den Themen rund um die Kultur

aufhören. Diesbezüglich waren alle Teilnehmer der

Meinung, dass für die soziale Infrastruktur Woh-

nungen, Kindergärten und Schulen nicht ausreicht,

sondern auch Stadtteilkultur ermöglicht werden müs-

se. Auch in Neubaugebieten solle sich gemäß der

Globalrichtlinien eine kulturelle Szene entwickeln

dürfen. Eine Teilnehmerin wies darauf hin, dass ge-

nau diese Problematik auch im Zusammenhang mit

Gentrifizierung bestehe. Viele Menschen würden auf-

grund steigender Mietpreise zunehmend an den

Stadtrand gedrängt, wo es keine Stadtteilkulturzen-

tren gäbe. Die vorhandenen Mittel seien nicht aus-

reichend, um auch diesen Bereich abzudecken.

Nepomuk Derksen von Bunte Kuh e.V. kritisierte

zudem, dass bei der Vergabe auch viele Projekte

nicht berücksichtigt und auch nicht im Evaluations-

bericht beachtet würden. Nepomuk Derksen sprach

sich für eine flexiblere Finanzierungsstruktur aus, die

nicht nur nach Bestand die Zentren fördert, sondern

auch Projekte.

Ulla Harting (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend,

Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen)

und Gabriela Schmitt (interkultur.pro) stellten mit

ihrem Vortrag »Interkulturelle Strategien und Kon-

zepte für Kunst und Kultur in Nordrhein-Westfalen«

und mit der »Zukunftsakademie NRW« beispielhaft

eine Perspektive für Förderverfahren aus der Distanz

heraus dar.

Ulla Harting wies zunächst auf den Unterschied hin,

dass das Ministerium der Landesregierung angehöre,

während die Stadtteilkultur auf zwei Ebenen geför-

dert wird: als Rahemnzuweisung von der Kulturbe-

hörde und verwaltet über die Bezirke. Die Mittelver-

gabe in NRW hingegen findet zu 90 Prozent durch

die Kommunen statt und nur 10 Prozent direkt durch

das Land, das sich überwiegend auf zeitlich befriste-

te Projekte konzentriert. Es werden nur wenige insti-

tutionelle Förderungen vorgenommen und wenn,

dann nur sofern sie impulsfördernd sind und zu

Veränderungen auf kommunaler Ebene führen. Die

Landeskulturpolitik ist also ein Instrument für inno-

vative Impulsförderungen, keine Dauerförderung,

und daher stellt sich keine Bestandsfrage.

Wie sich das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend,

Kultur und Sport NRW dennoch für nachhaltig ange-

legte Vorhaben engagiert, zeigt die »Zukunftsakade-

mie NRW«, die es gemeinsam mit der Stiftung Mer-

cator und dem Schauspielhaus Bochum gegründet

hat. Diese verfolgt das Ziel, regionale Entwicklungs-

und Bildungsprozesse interdisziplinär im Medium der

Künste zu gestalten. Die Zukunftsakademie NRW

widmet sich vor allem den Bereichen Kulturelle Bil-

dung und Interkultur. Durch die Verbindung dieser

beiden Konzepte will die Zukunftsakademie NRW

den Zugang zu Kunst und Kultur für alle ermöglichen

und hierdurch dazu beitragen, dass umfassende

Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Inter-

kultur wird dabei als Verständigungsprozess einer

ausdifferenzierten Stadtgesellschaft über sich selbst

verstanden. Dieser Prozess bedarf hochwertiger

Projekte, qualifizierter Fachkräfte und professioneller

Konzepte. Um die Qualität kultureller Bildung und

interkultureller Kunst und Kultur zu steigern, richtet

sich das Bildungsangebot an die hierfür verantwort-

lichen Zielgruppen aus Forschung, Praxis und Ver-

mittlung. Organisiert in die drei inhaltlichen Säulen

»Labor«, »Praxis« und »Qualifizierung« versteht sich

die Zukunftsakademie NRW als Forschungsstätte für

zukunftsrelevante Themen, als landesweites Labora-

torium für Kunst-, Kultur- und Praxisprojekte sowie

als Ort für Austausch und Diskussionen und alsRE

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Qualifizierungseinrichtung für Fachkräfte. Die

Zukunftsakademie NRW wird im Herbst 2012 eröff-

net. Mit ihr entsteht eine zentrale Vernetzungs- und

Qualifizierungsstelle, die alle, die an kultureller

Bildung beteiligt sind, professionell unterstützt und

in die Lage versetzt, durch ihre Arbeit langfristig

sichtbare Wirkung auf die Qualität kultureller

Bildung zu erzielen. Darüber hinaus knüpft die Idee

der gemeinsamen Zukunftsgestaltung der

Stadtgesellschaft und der Region an den Grundsatz

an: Der Mensch steht im Mittelpunkt des gesell-

schaftlichen Wandels.

Viele Teilnehmer würden sich für Hamburg wün-

schen, dass es so wie in NRW funktionieren könnte.

Ein Teilnehmer entgegnete jedoch, dass dafür die

ministerielle Ebene von operativen Aufgaben entlas-

tet werden müsse, um dann wieder mehr Möglich-

keiten zu haben, fehlende Personalressourcen in den

Bezirken auszugleichen.

Eine Teilnehmerin war der Meinung, dass vor allem

die Hilfe zur Professionalisierung und Qualifizierung

beispielhaft übernommen werden solle. Daraufhin

wurde mit Verweis auf den Landesverband STADT-

KULTUR HAMBURG widersprochen, der diesen Be-

reich bereits gut mit Angeboten und Fortbildungen

abdecke. Die Problematik bestehe viel mehr in

Bezug auf nicht vorhandene Kapazitäten.

Weitere Teilnehmer fanden die Handhabung in NRW

interessant, aber nicht auf Hamburg übertragbar.

Denn das, was Hamburgs Stadtteilkultur bewegt, sei

die institutionelle Förderung, die in NRW nicht zen-

tral, sondern kommunal läuft. Nepomuk Derksen

hingegen regte an, dass Hamburg weg solle von der

institutionellen Förderung hin zur Struktur- und

Projektförderung. Dadurch sei mehr Flexibilität und

Wachstum möglich.

Viele Teilnehmer äußerten den Wunsch, dass auch in

Hamburg eine Studie bzw. Befragung bezüglich kul-

tureller Bedarfe durchgeführt werden solle. Über

diese Forschung könne man womöglich zielgenauer

Bedarfe feststellen und somit begründen, dass mehr

Geld für Stadtteilkultur zur Verfügung gestellt wer-

den muss. Darauf aufbauend könnten auch die

Aspekte Bebauung neuer Gebiete und Verdrängung

an den Stadtrand Berücksichtigung finden.

Ein weiterer Teilnehmer ergänzte den Vorschlag mit

der Idee, dass mehr Schnittstellen zwischen »Hoch-

kultur« und Stadtteilkultur sowie Kooperationen zwi-

schen Gesundheit und Kultur, Bildung und Kultur

geschaffen werden sollten. Auf diese Weise könnten

auch mehr Mittel akquiriert werden.

Eine Vertreterin des Fachamts Sozialraummanage-

ment im Bezirk Altona, Frau Laß, bemerkte, dass

eine Bedarfs- und Sozialraumanalyse bereits in Pla-

nung sei und dafür die Ressourcen in den einzelnen

Bezirken berücksichtig werden müssten. Die Teil-

nehmer forderten, dass die Analyse und das darauf

aufbauende Konzept für Altona mit allen Akteuren

gemeinsam entwickelt werden sollte.

Am Ende der Diskussion ließ sich zusammenfassend

feststellen, dass durch den Diskussionsbedarf inner-

halb der AG noch deutlicher wurde, dass die bisheri-

ge Förderstruktur zu begrenzt ist und dadurch viele

bedeutsame Aspekte nicht berücksichtigt werden. Es

müssen gemeinsam mit Politik und Verwaltung neue

Formen der Förderung gefunden werden, damit die

Kulturlandschaften in Hamburgs Stadtteilen zukunfts-

fähig bleiben. Unter den Teilnehmern besteht Kon-

sens darüber, dass die Mittel für Stadtteilkultur an-

gehoben werden müssen. Diese Faktoren sind dem-

nach bei der Bemessung der Förderung zu beachten:

Sicherung der bestehenden Qualität, Aufnehmen der

Stadtteilentwicklung und Beachtung der kulturellen

Entwicklung. Gefragt sind kreative und partizipative

Prozesse bei der Feststellung der Bedarfe. Der Be-

stand bisher geförderter Einrichtungen muss gehal-

ten werden und es sollte eine Chance für neue,

nachwachsende Initiativen und Einrichtungen geben.

Anna Feuchtinger

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Im Oktober 2011 fand an der Universität der Nach-

barschaften in Wilhelmsburg ein Projekt der »Ghet-

toakademie« statt. In täglichem Training und ge-

meinsamen Proben unter der Anleitung professionel-

ler Künstler aus den Sparten Gesang, Theater und

Tanz wurden Szenen, Choreografien und Texte zum

Thema »Wohnen« erarbeitet und am einem Samstag

im Oktober öffentlich präsentiert.

Kostenlos teilnehmen konnten Jugendliche, die Lust

und Zeit hatten, fünf Stunden täglich gemeinsam

kreativ zu arbeiten.

Vorgeschichte: »In my Room« und »PLOT!«Seit 2010 arbeitet Katharina Oberlik in Wilhelmsburg

an der Etablierung einer zeitgenössischen Theater-

arbeit mit Jugendlichen. Im Sommer 2010 hat sie in

Kooperation mit Kampnagel Hamburg und der Uni-

versität der Nachbarschaften der Hafencity Univer-

sität (HCU) Hamburg an der Uni der Nachbarschaften

die interaktive Seifenoper »In my Room« erarbeitet

und aufgeführt. Es entstanden eine Live-Performance

und der Film: »In my room – the moovie«. Die Uni-

versität der Nachbarschaft ist ein experimentelles

Projekt der HCU in Kooperation mit Kampnagel und

der Internationalen Bauausstellung Hamburg GmbH

(IBA). Ziel ist es, durch Integration der Bevölkerung

einen offenen Bildungsraum in Wilhelmsburg zu

schaffen, der für die und von der Bevölkerung ge-

staltet wird und als Außenstelle für die HCU dient.

Im folgenden Jahr wurde an der Honigfabrik Wil-

helmsburg das Projekt: »PLOT! – Von einem, der

auszog, seinen Traum zu verwirklichen« entwickelt

und im Sommer 2011 einmalig aufgeführt.

Im Herbst 2011 hat Obelik erneut an der Universität

der Nachbarschaften die »Ghettoakademie« ins

Leben gerufen als zeitgenössische Initiative für tem-

poräre Workshops und interdisziplinäre künstlerische

Arbeit von und mit Jugendlichen in Wilhelmsburg.

Idee – VisionDie Ghettoakademie versteht sich als Dach für

künstlerische Projektarbeit mit Jugendlichen in

Wilhelmsburg. Folgende Ziele verfolgt die Ghetto-

akademie:

• Langfristig ein interkulturelles Jugendensemble für

Katharina Oberlik

Zeitgenössisches Theater in WilhelmsburgInterkulturelle Theaterproduktionen mit Jugendlichen

Die Regisseurin und Perfomancekünstlerin Katharina Oberlik bietet einen Einblick in das Projekt »In My House« derGhettoakademie, das in den Herbstferien in Wilhelmburg stattfand und Workshops in Tanz, Theater und Gesang undSongwriting für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 20 Jahren bot.

SICHTBARKEIT DER VIELFALT DER KULTUREN

Seit 12 Jahren stellt das festival eigenarten die Vielfalt der Kulturen auf unterschiedlichste Bühnen, im Herbst 2012 wird der Bundesfachkongress Interkultur in Hamburg stattfinden. Vor dem Hintergrund eines aktuellen Jugend- Theaterprojektes und der Handlungsempfehlung der Kultusministerkonferenz, die Vielfalt einer internationalen Stadtgesellschaft insbesondere auch auf die traditionellen Bühnen zu bringen, bieten die Referentinnen Beiträge zur Sichtbarkeit und Künstlerförderung interkultureller Theaterproduktionen.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

zeitgenössisches Theater in Wilhelmsburg aufzu-

bauen und dabei

• weiteren Jugendlichen immer wieder Einstiegsmög-

lichkeiten in diese Arbeit zu bieten.

• Schaffen eines Intensiv-Camps, in dem sich Ju-

gendliche in den Sparten Musik/Gesang, Tanz/Cho-

reografie und Theater/Performance künstlerisch

fortbilden konnten und auf eine gemeinsame Auf-

führung, eine Bespielung der Gesamträume der

Universität der Nachbarschaften (einem ehemali-

gen Gesundheitsamt in Wilhelmsburg) hingearbei-

tet haben.

• Ziel war, eine Mischung aus Input und Output her-

zustellen, in der die Jugendlichen genug Input

erhalten, dass sie sich künstlerisch weiterentwi-

ckeln und gleichzeitig herausgefordert werden,

Neuland zu betreten und sich mit eigenen Themen

einzubringen.

Leitendes Team Die Workshops werden von drei Hamburger Profis

angeleitet, Katharina Oberlik für den Bereich Perfor-

mance und Theater, Hana Tefrati für Tanz, Choreo-

grafie und Bewegung und Catharina Boutari für den

Bereich Gesang, Songwriting und Musik.

Jonas Kolenc, mit dem Katharina Oberlik bereits in

den Projekten »In my Room« und »PLOT« kooperiert

hatte, war für die Videodokumentation verantwort-

lich und Niclas Marc Heinecke für die visuellen

Portraits der Räume und die Fotos.

KooperationspartnerKooperationspartner der Ghettoakademie 2011 waren

Kampnagel Hamburg, die das Projekt in der Öffent-

lichkeitsarbeit, mit Technik und dramaturgischem Rat

unterstützen, sowie die HCU Hamburg, die das Pro-

jekt der Universität der Nachbarschaften leiten.

In My House. In meinem Haus. Benim Evde.Katharina Oberlik initiierte in Wilhelsmburg an der

Universität der Nachbarschaft die Ghettoakdademie:

Einen intensiven Workshop für Tanz, Performance

und Gesang für Jugendliche aus Wilhelmsburg. Diese

temporäre Akademie fand in Form eines Intensiv-

Workshops in den Herbstferien statt: »In my House.

In meinem Haus. Benim Evde.« ist Titel und zugleich

Programm der Akademie, die den teilnehmenden

Jugendlichen unter professioneller Anleitung Input in

den Sparten Performance, Gesang und Tanz vermit-

telt und ihnen Raum und Zeit für einen künstleri-

schen Prozess rund um die Themen Wohnen und

Zuhause zur Verfügung stellt.

Die Präsentation der beeindruckenden Workshop-

ergebnisse der Ghettoakademie fand an einem ge-

meinschaftlichen »Nachmittag für Freunde, Gäste,

Verwandte und Mitbewohner« statt.

Die Jugendlichen konnten sich Räume in der Universität der Nachbarschaft auswählen und sie selbst gestalten. Auf

dem Foto ist der Candan Beauty Salon zu sehen.

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gegenseitig in den Räumen zu besuchen und zu

schauen, was an Begegnung entsteht. Zu den Songs

»In my Room« und »When I am up in my Room«

haben wir Choreografien und Texte entwickelt.

Außerdem sind Songs und Improvisationen entstan-

den, die dann vertieft und weiterentwickelt wurden.

In der etwa zweistündigen Aufführung konnten die

Besucher sich in der Anfangsphase selbst den Raum

oder die Figur aussuchen, mit dem/der sie began-

nen, und wurden später durch die Performer und die

begleitenden Künstlerinnen durch die Performance

geführt, bekocht, begrüßt und wie Mitbewohner bei

einem WG-Casting nach ihren Qualifikationen

befragt.

»In My House. Benim Evde. In meinem Haus.« – ein

Nachmittag für Freunde, Verwandte und Mitbewoh-

ner war eine wilde Mischung aus Führung, Live-art –

Installation, Konzert, Tanz und Theater, die sich ele-

gant an den Grundformen des Wohnens entlanghan-

gelte, um die Besucher in verschiedene Räume,

Aspekte und Atmosphären einzuladen.

Prozess und AufführungZu Beginn beteiligten sich zunächst acht, am

Schluss noch fünf Jugendliche an dem Projekt. In

den Räumen der UDN wurde geprobt, gegessen,

getanzt, gesungen und wurden Texte produziert.

Die Jugendlichen begannen mit einer Recherche, in

der sie ihr eigenes Zuhause erkundet haben: Wie

riecht es bei uns? Was ist typisch für mein Zuhause?

Was für Kleidung trage ich zu Hause? Was für Musik

höre ich? Was für Musik hören meine Eltern? Wie

würde ich mein Zuhause meinen Freunden anbieten

und erklären? Wie möchte ich später wohnen?

Im Anschluss daran konnten sich die Jugendlichen

einen Raum in der Uni der Nachbarschaften aussu-

chen und ihn sich aneignen. Sie konnten nutzen,

was sie selber mitbrachten, oder was sie bereits

vorfanden. Wir haben Kostüme, Licht und Technik

zur Verfügung gestellt, um die entstehenden Räume

mit Figuren und Atmosphäre zu füllen. Nachdem

jeder der Teilnehmer sich sein eigenes Zimmer ein-

gerichtet hatte, baten wir die Jugendlichen, sich

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Szenenfoto aus »Superhero Academy« von der mexikanischen Choreografin Yolanda Gutiérrez, die beim

eigenarten festival 2011 Premiere feierte.

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Das Interessante liegt im Zwischen... zwischen

den Worten, zwischen den Menschen, zwischen

den Kulturen« Das ist der Leitsatz des interkulturel-

len festivals eigenarten…

(Vor)GeschichteDie Initiative für das Festival ging von interkulturell

arbeitenden Künstlerinnen und Künstlern aus. Die

Grundidee wurde an die Veranstalter herangetragen,

um gemeinsam die Umsetzung des Festivals organi-

satorisch und inhaltlich zu entwickeln. Bei den

wesentlichen Entscheidungen waren stets alle Be-

teiligten gefordert.

Seit dem Jahr 2000 präsentiert eigenarten jährlich im

Herbst ein Festival, das den besonderen kulturellen

Reichtum der Hansestadt sichtbar macht. Veran-

stalter des Festivals ist die Kulturinitiative peeng

e.V., die peeng 1999 in Hamburg gegründet wurde

und seitdem interkulturelle Begegnungen und inter-

nationale Kunstprojekte organisiert. Der Verein ist

u.a. an der Durchführung von »mural global«, einem

weltweiten Wandmalprojekt zum Thema Agenda 21,

und an dem Projekt vacilón beteiligt.

Nach dem ersten Jahr wurde zusammen mit den teil-

nehmenden Künstlerinnen und Künstlern das Profil

des Festivals geschärft. Seitdem gewährleistet eine

Fachjury die künstlerische Qualität sowie die

Ausgewogenheit und Vielfalt des Programms

Voraussetzung für eine Bewerbung ist seitdem ein

Hamburgbezug (Leben und/oder arbeiten in Ham-

burg) und der interkulturelle Aspekt muss sichtbar

sein (d.h. grundsätzlich eine gemeinsame Produktion

von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen).

KonzeptDas interkulturelle Festival ist in den letzten Jahren

ein lebendiger Faktor im kulturellen Leben der Han-

sestadt Hamburg geworden. eigenarten bietet ein

vielseitiges Programm, das das Spektrum aller

Kunstsparten und Kulturkreise umfasst: Theater,

Tanztheater, Lesung, Musik, Film, Ausstellungen und

KinderKulturen mit Hamburger Künstlerinnen und

Künstlern aus aller Welt – darunter auch zahlreiche

Projekte, die im Rahmen von eigenarten ihre Pre-

miere haben. In spannenden und ungewöhnlichen

künstlerischen Verbindungen wird so das dynami-

sche künstlerische Potenzial Hamburgs präsentiert,

einer Stadt, die seit jeher durch Austausch neue

Verbindungen schuf und aus dieser Weltoffenheit

innovative Kraft schöpft.

Hauptveranstaltungsort ist das goldbekHaus mit sei-

nen zwei Bühnen. Darüber hinaus gibt es weitere

Kooperationspartner und Veranstaltungsorte im

gesamten Stadtgebiet, die mit dabei sind.

eigenarten bietet ansässigen Künstlerinnen und

Künstlern Realisationsmöglichkeiten für ihre Projekte

in Hamburg und fördert damit die kulturelle und die

künstlerische Vielfalt in der Hansestadt. Mit seinen

Kooperationspartnern hat das Festival-Team ein pro-

duktives Netzwerk entwickelt, das weiter ausgebaut

wird.

Interkulturelle Projekte wie eigenarten, die ein

medien- und öffentlichkeitswirksames Forum bieten,

sind integrativer und wichtiger Bestandteil einer

Großstadtkultur: Sie geben Einblick in andere Tra-

ditionen, Religionen und Philosophien. Gleichzeitig

stellen sie unter Beweis, wie ein Miteinander funk-

tionieren kann: Sie bringen Ergebnisse hervor, wel-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Judy Engelhard

Rückblick – Einblick – Ausblickinternationales festival eigenarten

Judy Engelhard stellt die Geschichte und die aktuellen Entwicklungen des internationalen festival eigenarten vor. Sieskizziert darüber hinaus die Rolle und Funktion des Festivals, die es in der vielfältigen Kulturlandschaft in Hamburgeinnimmt und die sie für interkulturelle Impulse öffnet.

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Auftrittsplattformeigenarten bietet interkulturell arbeitenden Künst-

lerinnen und Künstlern mit Migrationshintergrund die

Möglichkeit, ihre Produktionen öffentlich zu präsen-

tieren. Für viele Künstler ist eigenarten wichtige

Anlaufstelle nach der Ankunft in Hamburg.

Netzwerkbildungeigenarten verbindet: Über die Jahre ist ein lebendi-

ges Netzwerk von Künstlerinnen und Künstlern,

Gruppen, Kooperationspartnern (Veranstaltungsorte)

und Multiplikatoren entstanden. Viele Künstlerinnen

und Künstler haben sich bei eigenarten kennen- und

schätzen gelernt und sich zu neuen Projekten und

Ufern aufgemacht.

Öffentlichkeitswirksameigenarten macht das große Potenzial der interkultu-

rellen Szenen der Hansestadt sichtbar und bündelt

die vielen künstlerischen Einzelansätze. Das Festival

zeigt ein Kaleidoskop, das auf die spannenden und

fruchtbaren Seiten von Begegnung fokussiert über

Grenzen hinweg.

Zukünftigeigenarten wünscht sich:

• das Gewinnen der großen Bühnen für die interkul-

turellen Produktionen,

• eine weitergehende Vernetzung über die Grenzen

Hamburgs hinaus,

• Erhöhung des Budgets für eine Ausweitung der

Öffentlichkeitsarbeit und

• die Finanzierung von Produktionskosten zentraler

Projekte.

Kontakt:eigenarten Interkulturelles Festival Hamburg

c/o peeng e.V.

Winklersplatz 8 / Thadenstraße 100

D-22767 Hamburg

[email protected]

040 / 43 18 35 00

www.festival-eigenarten.de

interkulturelles festival eigenarten 2012

24. Oktober bis 4. November 2012

che deutlich machen, dass Weltoffenheit nicht nur

eine Idee ist und dass Völkerverständigung und

Toleranz konstruktiv wirken. Diese positiven Wirkun-

gen sollen die Beteiligten und die Zuschauer glei-

chermaßen sensibilisieren. Damit wird die gesell-

schaftliche Integrationsfähigkeit gefördert und für

eine moderne und tolerante Großstadtgesellschaft

geworben.

ZielgruppeDie gesamte Öffentlichkeit Hamburgs und die des

weiteren Umlands bildet unser Zielpublikum. Darüber

hinaus wendet sich das Festival speziell auch an

Akteure städtischer Kulturen (Stadtteilgruppen,

Stadtteilzentren und -initativen) und an das künstle-

rische Fachpublikum.

eigenarten 2011 in ZahlenIm Jahr 2011 präsentierte das interkulturelle festival

eigenarten an elf Festivaltagen 29 Produktionen:

• ausgewählt aus 86 Bewerbungen

• darunter 18 Premieren

• 38 Veranstaltungen

• 19 Spielstätten

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Szenenbild aus »Ganz oben gibt die Schiller-Combo

den Wallenstein – eigenarten festival 2011.

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Was macht Kultur in Deutschland heute vor dem

Hintergrund des demografischen Wandels aus?

Wie kann die kulturelle und künstlerische Vielfalt

durch eine entsprechende interkulturelle Kulturarbeit

nachhaltig gefördert werden?

Mit diesen Fragestellungen befasste sich die Arbeits-

gruppe »Interkulturelle Kulturarbeit«, die unter

Federführung des Landes Nordrhein-Westfalen im

Auftrag des Kulturausschusses der Kultusminister-

konferenz zusammenkam. Zwischen September 2009

und Dezember 2010 fanden sechs Sitzungen der AG

statt, in denen die folgenden Empfehlungen

entwickelt wurden.

Zunächst empfiehlt die AG des Kulturausschusses

der Kultusministerkonferenz die Orientierung an

Daten und Fakten bezüglich der sozio-ökonomischen

Bevölkerungsstruktur im Einzugsgebiet jeder Kultur-

einrichtung. Diese wurde als wesentliche Grundlage

für die Entwicklung von Konzepten zur interkulturel-

len Kulturarbeit identifiziert. Auch im Bereich der

»kulturellen Teilhabe«, vor allem bezüglich der Nut-

zungsgewohnheiten der Besucherinnen und Besu-

cher, sollten Daten erhoben werden und in die Ent-

wicklung interkultureller Strukturen und Kulturpro-

jekte einfließen.

Generell wird empfohlen, Forschung zur Situation

und zur Perspektive von Kulturpolitik und Kulturein-

richtungen im Hinblick auf die demografische Ent-

wicklung länderübergreifend zu initiieren und zur

Verfügung zu stellen. Diese Forschung sollte sowohl

quantitativ als auch qualitativ mit einem interdiszi-

plinären Ansatz (z.B. Migrationsforschung, Kultur-

und Sozialwissenschaften) betrieben werden und

internationale Ergebnisse in diesem Themenfeld ver-

gleichen. Entsprechende Forschungsprozesse sollten

initiiert, koordiniert und gefördert werden.

Eine weitere Empfehlung ist die Formulierung klarer

Positionierungen zur interkulturellen Orientierung

öffentlich geförderter Kunst- und Kultureinrichtungen

durch die zuständigen Träger- und Aufsichtsgremien.

Die Programme sollten die Realität einer von Migra-

tion geprägten Gesellschaft berücksichtigen, Men-

schen mit Migrationshintergrund sollten als Zielgrup-

pe(n) erreicht werden und sich auch im künstleri-

schen sowie verwaltenden Bereich der Häuser wie-

derfinden. Auf diese Weise kann die interkulturelle

Orientierung der Kultureinrichtungen nachhaltig und

strukturell verankert werden. Bisherige allgemeine

Aufträge für öffentlich geförderte Kunst- und Kultur-

einrichtungen, wie etwa ein Programm für die Be-

völkerung der Region zu machen, reichen hier nicht

aus.

Bezüglich der Verwaltungen der Länder wäre es

empfehlenswert, eine förmliche Zuständigkeit und

Ansprechpersonen festzulegen, die für Fragen zur

Förderung interkultureller Projekte im Bereich der

Interkultur zuständig sind.

Es sollten Anreize zur interkulturellen Kulturarbeit in

städtischen und ländlichen Bereichen entwickelt und

beispielhafte Prozesse (z.B. über kommunale Hand-

lungskonzepte) gefördert werden. Hintergrund ist,

dass der Erfolg interkultureller Orientierungen und

interkultureller Projekte sich auf der kleinräumigen

Ebene der Kommunen, Bezirke und Regionen ent-

scheidet. Bisher fehlen jedoch sowohl eine Koordi-

nation auf der Ebene der Länder als auch ein effek-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Anja Turner

Eckpunkte der Handlungsempfehlung der AG»Interkulturelle Kulturarbeit«

Als Zuständige für interkulturelle Projekte in der Kulturbehörde Hamburg stellt Anja Turner die wesentlichen Punkteder Handlungsempfehlung der Arbeitsgruppe »Interkulturelle Kulturarbeit« des Kulturausschusses der Kultusminister-konferenz vor.

Page 45: Qualitäten entdecken und evaluieren - hamburg.de · bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern der bereits sehr intensiv geführten Debatte um die Steuerungsstrukturen in der

le Projekte im interkulturellen Bereich, aber auch für

neuartige künstlerische Projekte zusätzliche Budgets

als Stimulus entscheidend zu einer erheblichen und

bleibenden Veränderung beitragen können. Dabei ist

der Bereich Interkultur – unabhängig von der Exis-

tenz eigener Förderstrukturen – keine »Förderni-

sche«, sondern es handelt sich bei der Berücksichti-

gung interkultureller Belange um eine Querschnitt-

aufgabe.

Die AG empfiehlt die Entwicklung von Kriterien zur

Förderung interkultureller Kunst- und Kulturprojekte.

Diese stellen eine notwendige Orientierungsgrund-

lage für Zuwendungsempfängerinnen und Zuwen-

dungsempfänger und eine fundierte Argumentations-

basis in der Entscheidung über zu vergebende Mittel

dar. Die Legitimation und Akzeptanz der Kriterien

wird entscheidend gestärkt, wenn diese partizipativ

mit Agierenden aus dem Kunst- und Kulturbereich

entwickelt werden.

Ebenso sollten die Fördergrundsätze der Länder

dahingehend ergänzt werden, dass strukturbildende

Maßnahmen in der gesamten Kulturförderung stärker

in den Fokus der Landesförderungen rücken. Die

Länder und Kommunen fördern bisher im Wesentli-

chen Kunst- und Kulturprojekte, die die kulturelle

Vielfalt der Bürger repräsentieren und den interkultu-

rellen Dialog in den Kommunen und Stadtteilen

ermöglichen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf

Programmen der Kunst- und Kulturförderung für

Künstlerinnen und Künstler mit Migrationshinter-

grund. Hingegen sind strukturbildende Maßnahmen,

die der zunehmenden Interkulturalität infolge des

demografischen Wandels Rechnung tragen, bisher

eher die Ausnahme.

Die AG der KMK empfiehlt den Ländern, messbare

Ziele zur interkulturellen Öffnung mit den von ihnen

geförderten Einrichtungen bzw. deren Leitungen zu

vereinbaren und regelmäßig zu evaluieren.

tiver Erfahrungsaustausch zwischen den regionalen

Entscheidungsträgern.

Zudem empfiehlt die AG, kulturelle Bildung zuneh-

mend auch als interkulturelle Bildung zu begreifen

und durch entsprechende Maßnahmen zu untermau-

ern. Hier sollte ein bundesweiter Modellversuch zur

interkulturellen Bildung auf den Weg gebracht wer-

den, da immer noch systematische Strategien im

Hinblick auf die Ziele, Verfahren und Verbreitungs-

und Umsetzungsmethoden fehlen.

Auch sollte die interkulturelle Forschung, Qualifizie-

rung und Fortbildung in allen Zuständigkeitsfeldern

und auf allen Personalebenen gefördert werden.

Eine wesentliche Grundlage für eine gelungene

strukturelle Umsetzung der interkulturellen Orientie-

rung in öffentlich geförderten Kultureinrichtungen,

der Kulturverwaltung und -politik sowie der freien

Szene ist die Professionalisierung der Agierenden.

Um diese in die Lage zu versetzen, ein neues Publi-

kum zu gewinnen, bedarf es einer fundierten Ver-

mittlung der aktuellen empirischen und kulturwis-

senschaftlichen Forschung zu kulturellen Interessen

und Hintergründen der unterschiedlichen Zielgruppen

und Milieus.

Weiterhin wird empfohlen, bestehende Netzwerke zu

nutzen bzw. neue zu initiieren. Im Rahmen partizipa-

tiver Verfahren sollten kulturpolitische Vereinbarun-

gen zur interkulturellen Kulturarbeit entwickelt wer-

den. Die Vernetzung der Beteiligten auf Landes-

ebene und auf regionaler Ebene ist wichtig, um

interkulturelle Kulturarbeit als Querschnittaufgabe

übergreifend voranzubringen, Erfahrungen auszutau-

schen, Kooperationen anzuregen und gelungene

Projektbeispiele vorzustellen. Als Vernetzungspartner

kommen z.B. Vertretungen aus Kulturverwaltungen,

Kulturinstitutionen in öffentlicher und privater

Trägerschaft, freie Kulturinitiativen, interkulturell aus-

gerichtete Kunst- und Kulturprojekte, Kulturvereine

und Künstlerinnen und Künstler in Betracht.

Die Fördermodalitäten der einzelnen Kunstsparten

sollten für eine interkulturelle Orientierung geöffnet

bzw. für die interkulturelle Orientierung eigene Etats

geschaffen werden. Die Erfahrung der letzten Jahre

(z.B. in NRW) hat gezeigt, dass gerade für strukturel-

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Page 46: Qualitäten entdecken und evaluieren - hamburg.de · bringt mich nun einen Schritt näher an den Kern der bereits sehr intensiv geführten Debatte um die Steuerungsstrukturen in der

Positive Erfahrungen mit interkultureller Kultur-

arbeit, deren Rahmenbedingungen sowie die

Diskussion über Probleme bei der Umsetzung und

Auswege standen im Mittelpunkt der Arbeitsgruppe.

Die freischaffende Regisseurin und Performance-

künstlerin Katharina Oberlik stellte in dem ersten

Impulsreferat ihr Projekt »In my House« vor, das sie

gemeinsam mit Jugendlichen in Wilhelmsburg an der

»Universität der Nachbarschaft«1 umgesetzt hatte.

Frau Oberlik betonte, wie wichtig solche Projekte mit

Jugendlichen sind, weil sie dadurch einen Freiraum

erhalten, in dem sie sich ausprobieren können, fern-

ab der eingespielten Rollen, die sie in der Schule an

den Tag legen. Zum Abschluss des Projekts »In my

House« wurden Freunde und Familienangehörige ein-

geladen, um einen Nachmittag dort gemeinsam mit

den Jugendlichen zu wohnen. Es sei wichtig, dass

die Familien und Freunde eingeladen werden, weil

genau dann interkulturelle Begegnungen entstehen.

Leider kamen aber kaum weitere Interessierte, trotz

massiver Werbung. Das sei oft ein Problem mit klei-

nen Projekten.

Auf die Frage, ob sie auch Kommunalpolitiker einge-

laden habe, antwortete Oberlik, dass ihr dafür ein-

fach die Zeit fehlte. Es sei aber wichtig, mit solchen

Projekten an Institutionen anzudocken, weil sonst

die ganze Arbeit kaum zu schaffen sei. Oft mache

man ein Projekt, das 30 Leute gesehen haben, dann

sei das Budget aufgebraucht und es gebe keine

Gelder, um weiter Akquise zu machen.

Katharina Oberlik kam noch einmal auf das Problem

der geringen Resonanz bei solchen kleinen

Projekten zu sprechen und stellte die Frage, wie

man es schafft, dass die Leute davon hören und

dann auch kommen. Anja Turner von der Kultur-

behörde Hamburg fügte an, dass der Ort einen gro-

ßen Einfluss darauf habe, wer zu der Veranstaltung

komme. Es gelte, die Balance zwischen zu niedrig-

schwelligen und zu hochschwelligen Orten zu finden.

Katharina Oberlik verwies darauf, dass Jugendliche

gern auf eine »richtige« Bühne wollten und sie oft

nicht die vielen kleinen Schritte kennen, die man

gehen müsse, um erfolgreich auf einer Bühne wie

Kampnagel stehen zu können. Daher sei es wichtig,

Kultur in die Schulen zu bringen. Anja Turner warf

ein, dass die Jugendlichen in einer Medienkultur auf-

wüchsen und daher ein ganz anderes Kulturbild hät-

ten. Es sei wichtig, sich die unterschiedlichen Erwar-

tungen anzusehen – also die Ansprüche der Jugend-

lichen, der Kulturschaffenden, aber auch die An-

sprüche von Orten wie Kampnagel – und sie auf

einen Nenner zu bringen. Eine Teilnehmerin machte

den Vorschlag, Bündnisse zu suchen, und verwies

auf das Hoftheater2, das regelmäßig Lesungen er-

mögliche. Eine andere Teilnehmerin verwies auf die

HipHop-Akademie. Die Gruppen hätten auch mit klei-

nen Schritten angefangen, sind auf kleinen Bühnen

im Kulturpalast Billstedt, in Schulen oder auf Stadt-

teilfesten aufgetreten, bis Dörte Inselmann ihr Po-

tenzial entdeckte und die Notwendigkeit eines syste-

matischen Trainingssystems erkannte und bedarfs-

orientiert als professionelle Künstlerförderung ent-

wickelte.

Ein anderer Teilnehmer nahm noch einmal den As-

pekt der Ortsproblematik auf und verwies darauf,

dass Künstlerinnen und Künstler Orte wie die »Uni-

versität der Nachbarschaft« immer spannend fänden,

weil sie einfach »Unorte« fürs Theater seien. Ju-

gendliche hingegen wollten ins »richtige« Theater.

Der Teilnehmer warf die Frage auf, ob sich nicht bei-

des verbinden ließe, also aus dem »Unort« einen

besonderen Ort zu machen, der auch für »hochkultu-

rell Interessierte« interessant sei. Dafür brauche man

aber Kooperationspartner. Judy Engelhard vom inter-

kulturellen festival eigenarten verwies darauf, dass

eigenarten genau das praktiziere, und bestätigte die

positive Erfahrung mit den besonderen Orten aus

eigener Erfahrung. Als Beispiel nannte sie die Thea-

teraufführung des russischen Regisseurs Evgeni Mes-

tetschkin im 12. Stock eines Hochhauses in der

Lenzsiedlung. Anja Turner fügte hinzu, dass man für

die Bespielung solcher »Unorte« städtische oder

generell Partner benötige. Als EinzelkünstlerIn ohne

Netzwerk habe man kaum Chancen, an solche Orte

zu kommen. Sie verwies auf die »Hamburg Kreativ

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

AG-Diskussionsprotokoll »Sichtbarkeit der Vielfalt der Kulturen«

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In dem zweiten Impulsreferat stellte Judy Engelhard

das festival eigenarten vor. eigenarten unterstützt

interkulturell arbeitende Künstlerinnen und Künstler

u.a. bei der Entwicklung ihrer Ideen, bei der Bewer-

bung für das Festival – die Projekte für das Festival

werden von einer externen Jury ausgewählt –, bei

der Suche nach passenden Räumen, bei der Vernet-

zung und der Öffentlichkeitsarbeit. Insbesondere die

Öffentlichkeitsarbeit sei unerlässlich, um die Projekte

sichtbar zu machen. Daher fließen über 50 Prozent

der Gelder, die eigenarten bekomme, in diesen Be-

reich und es gebe mittlerweile eine eigene Mitarbei-

terin für PR- und Öffentlichkeitsarbeit. Mittlerweile

sei eigenarten sehr bekannt und habe viele Koope-

rationspartner, insbesondere Stadtteilkulturzentren,

die ihre Räume zur Verfügung stellen. Schwierig sei

es, etablierte Orte wie Kampnagel oder das Thalia

Theater für eine Kooperation mit eigenarten zu ge-

winnen. Das hänge aber viel an persönlichen

Kontakten. Judy Engelhard verwies darauf, dass hier

auch die Kulturbehörde in die Pflicht genommen

werden müsse, um beispielsweise die Kontakte her-

zustellen. Eine Empfehlung für ein Projekt könne

Türen öffnen. Anja Turner fügte hinzu, dass die Zu-

sammenarbeit zwischen interkulturellen Projekten

und den Behörden auch ein klares politisches Be-

Gesellschaft«, die unter anderem Räume und Immo-

bilien an KünstlerInnen und Kreative vermittelt.3

Außerdem gebe es in der Kulturbehörde jetzt auch

ein Referat für Kreativimmobilien4, wo Flächen tem-

porär und günstig vermittelt werden, beispielsweise

die Viktoriakasernen. Temporäre Orte – wie die

Universität der Nachbarschaft – schaffen allerdings

keine nachhaltigen Strukturen, wie beispielsweise

das Mut Theater oder das festival eigenarten.

Ein Teilnehmer warf ein, dass die Projektförderstruk-

turen dann auch so geschaffen sein müsste, dass

man Nachfolgeprojekte mitfinanzieren könne. Katha-

rina Oberlik berichtete, wenn man sich bemühe und

die Anträge schreibe, bekomme man in der Regel

auch die Fördermittel. Was es allerdings nicht gebe,

seien Mittel für die Fortsetzung von Projekten. Das

führe dazu, dass man sich permanent neue Projekte

ausdenken müsse, um eine Finanzierung sicherzu-

stellen. Christine Wilms vom Bezirksamt Hamburg-

Nord entgegnete, dass sie bereits die Erfahrung

gemacht habe, dass Projekte, die sehr gut laufen,

ein zweites Mal beantragt und auch bewilligt wür-

den. Man könne die Projekte beispielsweise als

Serie an verschiedenen Orten innerhalb eines

Bezirks oder darüber hinaus fortführen.

48

12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Am Sonnabend tagte der RATSCHLAG im neuen technischen Rathaus des Bezirkamtes Hamburg Nord.

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kenntnis der Regierung benötige, die Interkulturalität

in der Stadt zu fördern. Sie warf die Frage auf, wie

man hier an die PolitikerInnen herantreten könne.

Judy Engelhard berichtete vom interkulturellen Fo-

rum, einem beratenden Netzwerk von interkulturell

arbeitenden Gruppen, Vereinen, Privatpersonen,

Kulturhäusern und dem Referat »Interkulturelle

Projekte« der Kulturbehörde, das den gemeinsamen

Austausch und die Lobbyarbeit fördert.5 Darüber

hinaus benötige man aber auch interkulturelle

Vermittler, die Kontakte zu den Communities in den

Stadtteilen haben und mit ihnen gemeinsam Ver-

anstaltungen organisieren. Judy Engelhard berichtete

von ihrer Arbeit im Bürgerhaus Wilhelmsburg, wo sie

als Honorarkraft für Interkultur angestellt ist – die

Stelle wird offiziell »Querschnittsaufgabe« genannt.

Es sei sinnvoll, so eine Tätigkeit in jedem Stadtteil-

kulturzentrum anzusetzen. So wie es Kulturagenten

in den Schulen gebe, müsse es auch interkulturelle

Agenten in den Stadtteilen geben.

Katharina Oberlik bemerkte, dass in unserer interkul-

turellen Gesellschaft oft ein Austausch fehle. Die

jeweiligen Communities machen zwar ihre Feste,

aber man fühle sich nicht angesprochen. Das Dra-

chenfestival des Goldbekhauses in Kooperation mit

der Honigfabrik sei hier eher eine Ausnahme und

sehr vorbildlich. Anja Turner fragte in die Diskus-

sionsrunde, was man tun könne, um das Denken in

Gruppierungen zu überwinden. Das sei ja ein ge-

samtgesellschaftlicher Prozess des Umdenkens, der

vielleicht gerade mit Kulturprojekten angestoßen

werden könne. Judy Engehard verwies erneut auf die

Räume, die es dafür geben müsse, und nannte als

Beispiel das Musiknetzwerk in Wilhelmsburg, das gar

nicht erst als »interkulturell« bezeichnet wurde, weil

es das von sich aus sei. Eine Teilnehmerin ergänzte,

dass es vor allem niedrigschwellige Orte sein müs-

sen, wo Jugendliche nach der Schule hingehen kön-

nen, um sich Anregungen im Bereich Musik, Theater,

Tanz etc. zu holen. Judy Engelhard bemerkte, dass

sich das Bürgerhaus seit mehreren Jahren um Gelder

bemühe, um einen Anbau für ein Musikzentrum zu

finanzieren, denn solche Orte, die den Austausch

und die Begegnung fördern, fehlen. Und genau das

sei ja auch der Auftrag eines Stadtteilkulturzentrums,

Kontakte zu den BewohnerInnen aufzubauen und zu

schauen, was ihre Bedürfnisse sind, um mit ihnen

gemeinsam etwas zu veranstalten.

Ein Teilnehmer warf die Frage auf, ob man für inter-

kulturelle Arbeit experimentelle Räume benötige

oder ob bestehende Einrichtung hier ausreichend

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Anja Turner (ganz rechts) stellte Eckpunkte der Handlungsempfehlung der Kultusministerkonferenz vor.

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In dem dritten Impulsreferat berichtete Anja Turner

von den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz.

Der Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz

hatte 2009 den Auftrag erteilt, eine Arbeitsgruppe

zur interkulturellen Kulturarbeit zu gründen. Diese

Arbeitsgruppe hat ein Konzept mit 13 Handlungs-

empfehlungen für interkulturelle Kulturarbeit erstellt.

Exemplarisch stellte Anja Turner einige der Empfeh-

lungen vor: Als Erstes wird empfohlen, sich die Ziel-

gruppe genau anzusehen. Hier gebe es allerdings

noch enormen Forschungsbedarf, da es außer den

Grobdaten des statistischen Landesamtes keine

Daten und Fakten über die Bevölkerungsstruktur in

den Bezirken oder Kommunen gebe. Das sei ein gro-

ßer Mangel, denn man wisse kaum, wer eigentlich in

den Stadtteilen lebe und welche Bedürfnisse diese

Menschen haben. Bundesweit gebe es nur die Sinus

Studie aus NRW, initiiert von Ulla Hartwig, die die

Lebenswelten und Lebensstile von Menschen mit

unterschiedlichem Migrationshintergrund untersucht.

Hier seien vor allem die Stadt, die »klassischen«

Kultureinrichtungen und die Stadtteilkulturzentren

gefragt. Die Kulturbehörde könne beispielsweise in

Kooperation mit der Universität Hamburg entspre-

chende Methoden entwickeln. Auch die »klassi-

seien. Es stelle sich die Frage, ob man einen Ort wie

die Ghettoakademie erhalten müsse, wenn es in der

Nähe eine soziokulturelle Einrichtung gebe, die auch

niedrigschwellige Räume zur Verfügung stelle. Oder

brauche man solche Orte wie die Ghettoakademie,

um das Interesse der Jugendlichen an Kulturprojek-

ten zu wecken? Auch für Künstlerinnen und Künstler

habe es einen Reiz, an so einem Ort Projekte zu

umzusetzen, da man sich dort viel mehr ausleben

könne, als in etablierten Einrichtungen, wo man

nicht einfach für ein halbes Jahr einen Raum beset-

zen könne. Und hier stelle sich die nächste Frage,

ob man diese besonderen Orte dauerhaft oder nur

temporär benötige. Er verwies auf die Zunahme von

Zwischennutzungskonzepte und nannte beispielhaft

die Zwischenzeitzentrale in Bremen.6 Judy Engelhard

wandte ein, dass es für die Jugendlichen hart sei,

wenn sie sich ein Haus erobert hätten, viel Zeit und

Energie investiert hätten und dann würde man es

nach zwei Jahren wieder abreißen. Andererseits ent-

wüchsen die Jugendlichen irgendwann und es kämen

neue, die sich den Raum dann auch wieder erarbei-

ten müssten. Wichtig sei es, dass man Räume anbie-

te, egal ob soziokulturelle Zentren oder temporäre

Räume. Was damit passiere, liege vor allem an den

Jugendlichen selbst.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Die Hamburger Linie der berühmten Musikerfamilie Weiss wohnt in Wilhelsmsburg und tritt als KaKo Weiss

Ensemble u.a. beim interkulturellen festival eigenarten auf. Foto: Uwe Volkenhauer

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schen« Kultureinrichtungen wie Museen und Theater

sollten Nutzungsgewohnheiten evaluieren: Gehen die

Menschen ins Theater? Wenn nein, warum nicht?

Wollen sie lieber am Sonntagnachmittag ins Theater,

weil dann die ganze Familie mitkann? »Audience

Development« sei beispielsweise eine Methode, um

zum einen die Zielgruppe besser kennenzulernen

und zum anderen ein neues Publikum zu gewinnen.

Und schließlich müssen die Stadtteilkulturzentren

Daten und Fakten über die Menschen vor Ort gewin-

nen, um Kulturprogramme zu entwickeln, die den

Wünschen und Bedürfnissen der BewohnerInnen ent-

sprechen.

Eine weitere Handlungsempfehlung ist die klare

Positionierung zur Interkultur. Interessant sei, dass

in den Wahlprogrammen aller Hamburger Parteien –

mit Ausnahme der Linken – das Thema Interkultur

kaum verankert sei. Das interkulturelle Forum sei

hier ein erster Schritt, weil auch Bezirksvertreter und

Politiker eingeladen werden, sich mit der interkultu-

rellen Arbeit auseinanderzusetzen und gemeinsam

Strategien für die Stadt zu entwickeln.

Die Handlungsempfehlungen des Kulturausschusses

der Kulturministerkonferenz müssen nun öffentlich

gemacht und an die Kulturschaffenden weitergereicht

werden. Anna Wildhack

Fußnoten1 Die »Universität der Nachbarschaft« ist ein Gebäude, das

die IBA der HafenCity Universität bis 2013 zur Verfügunggestellt hat, um dort Kulturprojekte mit der Nachbar-schaft zu machen. Weitere Informationen unter:http://udn.hcu-hamburg.de/wordpress/

2 www.hoftheater.de/index.php?option=com_frontpage&Itemid=1

3 Die Hamburger Kreativ Gesellschaft ist eine städtischeEinrichtung zur Förderung der Kreativwirtschaft. WeitereInformationen unter: http://kreativgesellschaft.org/

4 www.hamburg.de/kulturbehoerde/kontakt/ 2096846/referat-kunst-artikel.html

5 Weitere Informationen unter: www.stadtkulturmagazin.de/2011/03/interkulturelles-forum-hamburg/

6 Weitere Informationen unter: www.zzz-bremen.de/blog/

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Anja Turner, Katharina Oberlik und Judy Engelhard (von links) stellten beim Schlussakkord die AG-Ergebnisse vor.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

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Sven Oliver BemméDipl.-Politologe, selbstständiger Change-Management-Berater (zertifiziert nach

CMC/BDU), Trainer und Coach für Organisations- und Personalentwicklung sbc con-

sulting Hamburg (www.sbc-consulting.de). Schwerpunkt: branchenunabhägige

Unterstützung von Organisationen bei Veränderungsprozessen im Profit- und Non-

Profit-Bereich, Lehrbeauftragter am Institut für Kultur- und Medienmanagement

Hamburg, an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach (ABWL/

Handel) und PH Ludwigsburg (FB Kulturmanagement).

Judy EngelhardDipl.-Pädagogin, studierte in Würzburg und Oldenburg Diplom-Pädagogik mit dem

Schwerpunkt Interkulturelle Pädagogik. In Hamburg Ausbildung zur Sozialmana-

gerin. Organisation und Durchführung zahlreicher Veranstaltungen in den Bereichen

Musik, Theater, bildende Kunst und Stadtteilkultur. Mitarbeit bei verschiedenen

Kulturprojekten in Ländern Lateinamerikas und in Indien. Redaktionsmitglied der

»IKA – Zeitschrift für internationalen Kulturaustausch«.

Ulla HartingErziehungswissenschaftlerin, seit 1991 in der Landesregierung NRW; ab Januar 2002

in der Kulturabteilung der Landesregierung NRW, Referatsleiterin des Referates

»Interkulturelle Kunst- und Kulturarbeit, Kultur und Alter, Kultur von Frauen« (seit

Mitte 2010 im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport); 2009 und

2010 Leitung einer länderübergreifenden AG zur Interkulturellen Kulturarbeit im

Auftrag des Kulturausschusses der KMK.

Ralf HenningsmeyerKultur- und Bildungsmanager, Dipl.-Sozialpädage, Verlagskaufmann, Geschäftsführer

der GWA St. Pauli e.V., langjährige Erfahrung in der soziokulturellen Praxis und

Verbandsarbeit.

Bernd HaßKulturpädagoge und Betriebswirt, berufliche Praxis in Kulturverwaltung und

Kulturinstitutionen, seit 2001 Leiter des Goldbekhauses, Mitglied Landesrat

Stadtteilkultur, Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport der Bezirksversammlung

Hamburg-Nord.

Dörte InselmannKultur- und Bildungsmanagerin, Dipl.-Sozialpädagogin. 1980 Gründungsmitglied und

Vorsitzende und seit 1988 Geschäftsführerin und Intendantin, seit 2011

Stiftungsratvorsitzende der der Stiftung Kultur Palast Hamburg. Begründerin und

Geschäftführerin der BilleVue GBR, Initiatorin des Musikclubs Bambi galore,

Initiatorin und Intendantin der Projekte »HipHopAcademy Hamburg« und

»Klangstrolche«. Mitglied im Landesrat Stadtteilkultur der Kulturbehörde für die

Bezirkversammlung Hamburg Mitte.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Maria-Inti MetzendorfDipl.-Informationswirtin (FH) und Magistra Artium in Management von Kultur- und

Non-Profit-Organisationen. In Teilzeit tätig an der Bibliothek der Medizinischen Fa-

kultät Mannheim der Universität Heidelberg (Schwerpunkte: Wissensmanagement,

Webseite, Schulungen im Bereich Informationskompetenz). Seit 2011 Nebentätigkeit

als freie Kulturberaterin für das Kulturhaupstadtbüro der Stadt Mannheim sowie

seit 2008 ehrenamtliche Veranstaltungsorganisation für die ARTgenossen, Förder-

kreis für die Kunsthalle Mannheim e.V. sowie für das Kulturcafé cafga. im

Mannheimer Migrantenstadtteil Jungbusch.

Katharina OberlikRegisseurin und Performancekünstlerin, Studium Theater, Film- und Fernsehwissen-

schaften in Frankfurt und angewandte Theaterwissenschaft in Gießen, Mitglied des

international bekannten Performance-Kollektivs She She Pop. Zahlreiche künstleri-

sche Kooperationen in den Bereichen Theater, Musik und Performancekunst sowie

eigene Projekte als Regisseurin und Performerin. Arbeitet seit 2004 auch mit

jugendlichen Darstellern in Projekten im Bereich von Theater und Performance. Sie

unterrichtet zeitgenössisches Theater in Regie, Schauspiel und Performance an den

Theaterakademien in Hamburg und Ludwigsburg.

Matthias RickDipl.-Architekt, raumlaborberlin freier Architekt, 2009 – 2011 Professur für Architek-

tur an der Akademie für Kunst, Architektur und Design, Prag. Seit 2012 Professor

für Art & Technology, Universtät Aalborg, Dänemark. Diplom an der TU Berlin, 1997

Gründung »Institut für angewandte Baukunst«, 1998 – 2001 Assistent von Prof.

Horst Antes. Projektauswahl: u.a. Orbit (2007), die Eichbaumoper (2007 – 09). Er

war Dramaturg für X-Wohnungen, Berlin (2005) und baute das Küchenmonument

(2006) und das Open House (2010) in Anyang, Südkorea.

Gabriela SchmittStaatsexamen in Biologie, Geographie und Pädagogik, wiss. Mitarbeiterin in inter-

nationalen Forschungsprojekten zu kulturellen Kontexten von Umweltbildungs-

prozessen. Seit 2007 pädagogische Mitarbeiterin bei Arbeit und Leben DGB/VHS

NW für internationale und europäische Studienseminare; beauftragt mit der

Geschäftsführung des Professionalisierungsprogramms interkultur.pro; seit 2011

beauftragt mit dem Aufbau der Zukunftsakademie NRW.

Sonja WichmannDipl.-Verwaltungswirtin, berufliche Praxis u.a. in der Wirtschaftförderung,

Verwaltungsmodernisierung, im Controlling und als Pressesprecherin. Seit 2007

Leiterin der Abteilung Finanzabwicklung im Fachamt Sozialraummanagement des

Bezirksamtes Harburg.

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12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Brigitte Abramowski, Stadtteil-archiv Ottensen, Hamburg

Nadine Amelang, conecco UG,Hamburg

Anke Amsink, Kulturpunkt imBarmbek Basch, Hamburg

Matthias Arndt, Bezirksamt Wands-bek, Hamburg

Dörte Ayecke, Elternschule Eidel-stedt, Hamburg

Johanna Ayecke, Kreative KidsHamburg

Gerda Azadi, Hamburg

Sven Bemmé, sbc-consulting,Hamburg

Friedrich Bielfeldt, Hamburg

Jochen Blauel, Q8 Hamburg-Neustadt

Hildegard Borngröber, BezirksamtEimsbüttel, Hamburg

Michael Braun, Kulturladen Hamm,Hamburg

Astrid Dahaba, Hamburg

Sven Dahlgaard, Bezirksamt Berge-dorf, Hamburg

Naciye Demirbilek, Werkstatt 3,Hamburg

Metin Demirdere, Elbcoast Enter-tainment, Hamburg

Nepomuk Derksen, Bunte Kuh e.V.,Hamburg

Tina Djeyrani, Elbcoast Entertain-ment, Hamburg

Judy Engelhard, Peeng, Hamburg

Sonja Engler, Zinnschmelze,Hamburg

Thea Eschricht, Behörde für Stadt-entwicklung und Umwelt,Hamburg

Hartmut Falkenberg, LOLA,Hamburg

Anna Feuchtinger, Hamburg

Yvonne Fietz, conecco UG –Management städtischer Kultur,Hamburg

Thomas Frahm, Kulturbüro derStadt Flensburg

Stefanie Frank, FinanzbehördeHamburg

Nadia Fritsche, STEG, Hamburg

Werner Frömming, KulturbehördeHamburg

Berndt Fuhrmann, Hamburg

Carsten Gerloff, Hamburg

Timo Gorf, Bürgerhaus Wilhelms-burg, Hamburg

Markus T. Gronau, Hamburg

Hans-Hermann Groppe,Bürgervermögen VHS Hamburg

Gerd Hardenberg, Studio-Verlag,Hamburg

Susa Harnisch, Bezirksamt Eims-büttel, Hamburg

Ulla Harting, Ministerium für Fa-milie, Kinder, Jugend, Kultur undSport, Düsseldorf

Christoph Harwart, Fachschule fürSozialpädagogik, Hamburg

Bernd Haß, Goldbekhaus,Hamburg

Ann-Christin Hausberg, Bürgerhausin Barmbek, Hamburg

Jürgen Havlik, Alles wird schön,Hamburg

Ralf Henningsmeyer, GWA St. Pauli,Hamburg

Sylvia Henze, Ateliers für dieKunst, Hamburg

Jochen Hertrampf, KulturladenWulsdorf, Bremerhaven

Otfried Hilbert, Hamburg

Angelika Hillmer,Geschichtswerkstatt Harburg

Wolfgang Hinsch, KulturhausEppendorf, Hamburg

Clemens Hoffmann-Kahre, Motte

Hanne Hollstegge, Hamburg

Regine Hoppenrath, , Hamburg

Annette Huber, literaturkontor,Hamburg

Regine Hüttl, Goldbekhaus,Hamburg

Dörte Inselmann, KulturpalastHamburg

Astrid Jawara, Goldbekhaus,Hamburg

Astrid Juster, Hamburg

Stephan Kaiser, Kulturhaus Süder-elbe e.V., Hamburg

Susanne Kilgast, Hamburg

Barbara Kisseler, KulturbehördeHamburg

Alexandra Klecha, Hamburg

Jutta Kodrzynski, GAL Hamburg

Klaus Kolb, Kulturhaus Eppendorf,Hamburg

Michael König, Bezirksamt Eims-büttel, Hamburg

Stefanie Könnecke, Hamburg

Wolfgang Kopitzsch, BezirksamtHamburg-Nord

Knut Kösterke, kommunikation +konzept, Hamburg

Simone Kottmann, umdenkenHeinrich-Böll-Stiftung Hamburg

Malte Krugmann, PatriotischeGesellschaft von 1765, Hamburg

Elke Kuhlwilm, SPD-BezirksfraktionHamburg-Mitte

La Toya, Hamburg

Andrea Laß Bezirksamt Altona,Hamburg

Barbara Lewy, Hamburg

Alexandra Leydecker, BezirksamtHamburg Mitte, Hamburg

Klaus Lübke, Hamburg

Christoph Mallok,Bezirksversammlung Bergedorf,Hamburg

Maggi Markert, Honigfabrik,Hamburg

Nadja Martinez Griese, Frauen-kulturhaus Harburg e.V.,

Thomas Mehlbeer, GAL-Fraktion,Hamburg

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LISTE

12. HAMBURGER RATSCHLAG STADTTEILKULTUR: QUALITÄTEN ENTDECKEN UND EVALUIEREN

Rachid Messaoudi, Hamburg

Maria-Inti Metzendorf, Mannheim

Ingrid Munsch, Hamburg

Yvonne Nische, BezirksamtHamburg-Nord, Hamburg

Mike Nitsch, Kulturhaus Süderelbee.V., Hamburg

Doreen Nobis, BezirksamtHamburg-Nord

Katharina Oberlik, Hamburg

Kathrin Offen-Klöckner, Stadtteil-archiv Ottensen, Hamburg

Christiane Orhan, Kulturladen St.Georg, Hamburg

Reinhard Otto, GeschichtswerkstattBarmbek e.V., Hamburg

Petra Palfi, Bezirksamt Bergedorf,Hamburg

Andrea Pfeiffer, Hamburg

Beate Piesztal, Neu Wulmstorf

Hakim Raffat, Stadtteilarchiv Ep-pendorf, Hamburg

Holger Reinberg, Bezirksamt Har-burg, Hamburg

Matthias Rick, raumlaborberlin,Berlin

Ulrike Ritter, Kulturhof Dulsberg,Hamburg

Sybille Röper, IG Lentersweg e.V.,Hamburg

Michael Sandmann, StadtteilarchivOttensen, Hamburg

Waldemar Sartisohn, BezirksamtHamburg-Nord

Jochen Schindlbeck, Kultur PalastHamburg

Gabriela Schmitt, interkultur.pro,Düsseldorf

Stefanie Schreck, KulturA, Ham-burg

Susette Schreiter, LOLA, Hamburg

Nico Schröder, BezirksamtHamburg-Nord

Ortwin Schuchardt, Hamburg

Wolfgang Schüler, IG Steindammin St. Georg Mitte, Hamburg

Nicola Schulz-Bödeker, Stadtteil-kulturzentrum Eidelstedter Bür-gerhaus, Hamburg

Hella Schwemer-Martienßen, Ham-burger Öffentliche Bücherhallen

Ortrud Schwirz, LOLA, Hamburg

Udo Sobottka, Hamburg

Martin Spruijt, St. Pauli-Archiv e.V.,Hamburg

Bernhard Stietz-Leipnitz, Die LinkeFraktionsbüro, Hamburg

Laura Stöckel, Goldbekhaus,Hamburg

Helga Stödter-Erbe, BezirksamtAltona, Hamburg

Nataliya Tomchuk, Hamburg

Anja Turner, KulturbehördeHamburg

Hans-Jürgen von Borstel, Hamburg

Friederike von Gehren, HamburgerVolkshochschule

Gabriele von Malottki, Stadtteil-archiv Ottensen, Hamburg

Dokumentation des 12. Hamburger Ratschlag Stadtteilkultur

Hrsg: Landesrat für Stadtteilkultur

Kulturbehörde HamburgReferatsleitung KulturprojekteWerner FrömmingHohe Bleichen 22, 20354 HamburgTelefon: 040 / 428 24-221 Telefax: 040 / 428 24-256E-Mail: [email protected]

Redaktion Yvonne FietzDie abgedruckten Beiträge sind autorisierte undüberarbeitete Fassungen der Tagungsvorträge, derenInhalt in der Verantwortung der Autoren liegt.

Layout, Satz Yvonne FietzTitelfoto Follown, der Tag der Erzählung,

eigenarten festival 2011

Die Dokumentation vom Ratschlag Stadtteilkultur istals Download erhältlich unter:http://www.stadtkultur-hh.de/

STADTKULTUR HAMBURGStresemannstr. 29, 22769 HamburgTelefon: 040 / 879 76 46-0E-Mail: [email protected]

Die Dokumentation des Ratschlag Stadtteilkulturwurde mit freundlicher Unterstützung der Kulturbe-hörde der Freien und Hansestadt Hamburg erstellt.

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