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Quantitative Bestimmung des Phosphors in Losungen. Von -4. C. CHRISTOMANOS. Bei meinen Versuchen uber den Phosphor habe ich Griinde zu glauben, daCs ich einer neuen allotropischen Modifikation schnee- weilsen, amorphen Phosphors auf die Spur gekommen bin. Ich ging dabei yon den Losungen des Phosphors in Ather und in Benzol aus und mufste selbstverst%ndlich den Sattigungsgrad dieser Losungen bei verschiedenen Temperaturen genau kennen. Uber diese Nodifikation, sowie uber die Loslichkeit des Phos- phors in diesen beiden Liisungsmitteln. behalte ich mir vor in zwei demnachst zu veroffentlichenden Artikeln ausfuhrlich zu berichten. Um nun die Loslichkeit genau kontrollieren zu konnen, konnte ich mich nicht darauf beschranken, den gelosten Phosphor nach ge- niigencler Einwirkung einer gewissen Nenge des Losungsmittels durch Bestimmung des ungelost zuriickgebliebenen Phosphorrestes zu ermitteln, sondern ich mulste auch den in dem gesattjgten Losungsmittel enthaltenen Phosphor yuantitativ bestimmen. Zu diesem Rehufe prufte ich die bisher bekannten Methoden durch und gelangte schliehlich zu einem Verfnhren, welches selbst bei einer ansehnlichen Anzahl von auszufuhrenden Bestimmungen rasch und sicher zum Ziele fuhrt. Dieses Verfahren nun will ich hier vor der Mitteilung der oben erwahnten Arbeiten kurz an- fuhren. Urn den Phosphor in oligen Phosphorlosungen zu bestimmen, iiberschichtet W, STRAUB eine 5 O/,, ige wasserige Kupfersulfatlosung mit dem betreffenden Phosphor61 und schuttelt his zur Rildung einer ' WALTER STRAUB, Chem. Centrbl. 1903 11, 317, aus der Miinchner mediz. Wochenschrift 50, S. 1145. Z. anorg. Chcm. Bd.41. 20

Quantitative Bestimmung des Phosphors in Lösungen

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Quantitative Bestimmung des Phosphors in Losungen. Von

-4. C. CHRISTOMANOS.

Bei meinen Versuchen uber den Phosphor habe ich Griinde zu glauben, daCs ich einer neuen allotropischen Modifikation schnee- weilsen, amorphen Phosphors auf die Spur gekommen bin. Ich ging dabei yon den Losungen des Phosphors in Ather und in Benzol aus und mufste selbstverst%ndlich den Sattigungsgrad dieser Losungen bei verschiedenen Temperaturen genau kennen.

Uber diese Nodifikation, sowie uber die Loslichkeit des Phos- phors in diesen beiden Liisungsmitteln. behalte ich mir vor in zwei demnachst zu veroffentlichenden Artikeln ausfuhrlich zu berichten.

Um nun die Loslichkeit genau kontrollieren zu konnen, konnte ich mich nicht darauf beschranken, den gelosten Phosphor nach ge- niigencler Einwirkung einer gewissen Nenge des Losungsmittels durch Bestimmung des ungelost zuriickgebliebenen Phosphorrestes zu ermitteln, sondern ich mulste auch den in dem gesattjgten Losungsmittel enthaltenen Phosphor yuantitativ bestimmen.

Zu diesem Rehufe prufte ich die bisher bekannten Methoden durch und gelangte schliehlich zu einem Verfnhren, welches selbst bei einer ansehnlichen Anzahl von auszufuhrenden Bestimmungen rasch und sicher zum Ziele fuhrt. Dieses Verfahren nun will ich hier vor der Mitteilung der oben erwahnten Arbeiten kurz an- fuhren.

Urn den Phosphor in oligen Phosphorlosungen zu bestimmen, iiberschichtet W, STRAUB eine 5 O/,, ige wasserige Kupfersulfatlosung mit dem betreffenden Phosphor61 und schuttelt his zur Rildung einer

' WALTER STRAUB, Chem. Centrbl. 1903 11, 317, aus der Miinchner mediz. Wochenschrift 50, S. 1145.

Z. anorg. Chcm. Bd.41. 20

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braunschwarzen Emulsion, deren vollstandige Bildung wegen der Umhullung durch das 0 1 oft geraume Zeit beansprucht. Der schwarze so erhaltene Niederschlag besteht aus Kupferphosphur und sol1 hier als intermediarer Sauerstoffubertrager fur den Phosphor des 01s wirken, weshalb denn auch Phosphorsaure in der wasserigen Liisung nachzuweisen ist. I n einer zweiten Abhandlung erortert Herr STEAUB' die stattfindende Reaktion, erwahnt, dafs bei derselben eine Reduk- tion des Kupfersalzes bis zu metallischem Kupfer eintritt und kommt wieder zu dem Schlusse, dafs das Kupferphosphiir als intermediarer Sauerstoffiibertrager tatig sei. Er betrachtet das Kupferphosphur als Cu,P, oder auch als Cu,P, und nimmt an, dafs bei dieser Reaktion auch der Luftsauerstoff eine oxydierende Rolle spiele. Aus einem dritten Referat, endlich ist zu entnehmen, dafs nach stundenlangem Schutteln des Phosphorols init einer Losung von Kupfersulfat das schwarzbraune Kupferphosphur ganzlich ver- schwindet und in der wasserigen Losung sich nur Kupferphosphat befindet, dessen Phosphorgehalt nach den gebrauchlichen Methoden der Phosphorsaurebestimmung leicht zu finden ist.

Rei der grolsen Zahigkeit, mit welcher die fetten Ole Spuren von Phosphor zuruckhalten, ist bei diesem Vcrfahren zwar kein Phosphorverlust zu befiirchten, aber das zeitraubende Schiitteln und die Umstandlichkeiten bis zur Endreaktion lassen noch vie1 zu wunschen iibrig, obwohl diese Jfethode recht genaue Resultate liefert. Zur Bestimmung des Phosphors in Ather- oder Benzollosung dagegen ist sie wegen der Fliichtigkeit des Phosphors mit den Dampfen der Losungsmittel nicht anwendbar, indem Verluste bis zu 20 vorkommen.

Aulserdem verlauft die Reaktion nicht glatt bis zur Bildung yon Phosphorsaure und das Farbenspiel des schwarzen Phosphiirs bis zum Kupferrot des metallischen Kupfers ist den reduktiven Eigenschaften des Phosphors zuzuschreiben. Ferner ist selbst bei freiem Luftzutritt die Bildung von phosphoriger Saure, H,PO,, un- vermeidlich, wie auch selbst bei Anwendung einer Kohlensaure- atmosphare in der wasserigen Losung immer auch Phosphorsaure weitaus vorherrschend gefunden wird.

Schon BOTTGER, f a d (18561, dals beim Kochen von Phosphor mit stets neuen Mengen Kupfersulfats, aulser Cu,P, immer auch

Chem. Centrbl. 1903 11, 332 aus der 2. alzwg. Chem. 36, 460. Chem. Centrbl. 1903 11, 690 aus dem Arch, d. Pharmack 241, 336. Siehe DAMPER, Anorgan. Chemie I1 2, S. 718.

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Phosphorssure (Cu3.2P0,) entstehe und KULISCH erwahnt (1 885), dafs das Kupferphosphur immer auch metallisches Kupfer und Phosphorsaure enthalte und dals beim Oxydieren mit Wasser und Jod sich Kupferjodur , Jodwasserstoff und Phosphorsaure bilden. Bei der Mannigfaltigkeit der Reaktionen ist die Bildung von phos- phoriger SSiure gewils nicht ausgeschlossen ; im Gegenteil mubte die ausschliel'sliche Bildung von Phosphorsaure bei der Reduktions- tendenz des Kupfers und des Phosphors soger befremden. Die die diesbeziigliche Reaktion diirfte nach der Gleichung

4 P + 3CuS0, + 6H,O = CU,P, + 3H,SO, + 2H3P0,

verlaufen. Der Phosphorbestimmung tut iibrigens die phosphorige Saure keinen Abbruch, da sie ebenfalls mit Magnesiamischung ge- fallt wird und da sie durch Kaliumchlorat und Salzsaure oder durch Salpetersaure in Phosphorsaure ubergefuhrt wird.

Uber die Phosphorbestimmung von Olen und Losungen hat in gewissem Sinne ferner E. BCPP gearbeitet. Die Jodometrie des Phosphors ist jedoch sehr umstandlich und erfordert vie1 Zeit, sonst aber beim gelben Phosphor befriedigend und empfehlenswert. Hat man nach STRAUB den Phosphor als Kupferphosphur abgeschieden, so ist nach Zusatz von iiberschiissiger Jodkaliumjodlosung und saurem Natriumkarbonat mit oder ohne Schwefelkohlenstoff die Oxydation des Phosphors nach ganz kurzer Zeit beendigt, wahrend man ohne die Intervention der Phosphorkupferverbindung dazu Stunden und Tage braucht.

Endlich hat J. KATZ, das Verfahren von STRAUB modifiziert, indem er der Oxydation durch Anwendung von Wasserstoffdioxyd und von Kupfernitrat statt des Kupfersulfats nachhalf. Auf diese Weise und uberdies durch Zuhilfenahme des Schuttelapparats kann man die tagelange Wartezeit des STnmBschen und des RnPPschen Verfahrens auf wenige Stunden reduzieren. Die Phosphorbestimmung geschieht nach KATZ nicht volumetrisch, sondern durch Fallung mit Magnesiamischung.

Nach meiner untenfolgenden Methode fallt auch dieser Zeit- verlust weg und die Resultate sind uberdies fast absolut genau.

1naug.-Dissert., Berlin, DAMXER IT 2, S. 718. Arch. d. Pharm. 241, 321. - C h m . Centrbl. 1903 11, 683 u. 1903 I,

Siehe 75. Naturforacherversammlung in Kassel 1903; Chem. Centrbl. 419 und Ber. deutsch. chem. Ges. 35, 3691.

1904 I, 1030. 20 *

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Ich nehme die Oxydation des Kupferphosphurs mit Brom und Salpetersaure vor und falle die Phosphorsaure mit Magnesia- mischung.

Vorher miichte ich jedoch die Aufmerksamkeit auf den Verlauf der Reaktion zur Oxydation dieses Kupferphosphurs und auf dessen Bildung lenken, wobei ich nicht umhin kann, einige Bedenken uber die von Hewn KATZ (I. c.) gegebene Interpretation zu aufsern.

Nach derselben sollen sich diese Reaktionen im Sinne der folgenden Gleichungen bewerkstelligen:

14P + 14Cu.2N03 + 14H,O = 7P,Cu, + 28HN0, + 140, 14 0 + 2 P,Cu, + 8 RNO, + 2 H,O = 4H,PO, + 4 Cu.2 NO, .

Warum vor allen Dingen Herr KATZ die Formel des Kupfer- phosphiirs P,Cu, schreibt und nicht P2Cu3, ist nicht einzusehen. Ton den vielen bekmnten Kupferphosphiden. von denen einige durch Einwirkung der beiden Elemente in hoher Temperatur dar- gestellt worden sind, werden die auf nassem Wege bereiteten Cu,P, und Cu,P2 als die besthdigsten betrachtet. Aufserdem existieren noch die Phosphide Cu4P, und CuzPzl von welchen das von CASORIA~ durch Einleiten von Phosphordampf in Kupferchlorid oder Kupfer- acetat erhaltene Cu4P, angefochten worden ist und H. ROSE^ das Cu,P,, das, nebenbei bemerkt; das liijchste Phosphid des Kupfers ware, nur durch Gluhen von saurem phosphorsaurem Kupfer, CuHPO,, im Wasserstoffstrome a13 grauschwarze kristallinische Masse erhielt.

Kuprophosphid , Cu,P,, erhielt H. ROSE^ durch Einwirkuiig von Phosphorwasserstoffgas auf Kuproverbindungen in der Hitze und Kupriphosphid, Cu,P,, entsteht nnch ROSE‘ durch Einleiten desselben GLtses in Kupfersulfatlbsung und nach B~TTGBR durch Kochen von Phosphor in einer Losung eiies Kuprisalzes.

Bei den obigen Gleichungen kann also unmoglich von einem Kupferphosphiir der Formel Cu,P, die Rede sein und auch die Analyse des durch Einwirkung des Phosphors auf eine Losung von Kupfersulfat oder Kupfernitrat erhaltenen schwarzen Niederschlages beweist das Irrtumliche der Annahme des Herrn KATZ, wie ich

Berxelius Jahresber. 24, 144. Pogg. A m . 24, 331.

a I’ogg. Ann. 6, 209; 24, 328. Pogy. Atan. 14, 188. Jahiesber. d. ChmL. 1857, 107.

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weiter iinten dartun werde. Demzufolge fallt auch die Interpretation der Realition durch die obigen Gleichungen als haltlos fort. Ich fand jedoch die KeTzsche Modifikation des SmarJsschen Verfahrens geradp bei meinen Versuchen so interessant und vielfach :w wendungs- fiihig, dafs icli mich gern der Miihe unterzog, die verschiedenen Reaktionen nachzupriifen untl durch Analysen zu kontrollieren. Bei der Beschreibung meines Verfahrens sollen diese Belegarbeiten mit mgefiihrt werden.

Giefst man zu einer in einem Glaskolben befindlichen Liisung von gewohnlichem Phosphor in Ather oder in Benzol eine nicht zu verdunnte Losung von Kupfernitrat in Wasser, so findet im ersten Momente keine Reaktiou statt. Bald aber hat sich an der Kontakt- zone der beiden Fliissigkeitsschichten eine iotbraune Farbung rin- gestellt, bei der konzentrirteren Benzollosung schon nach wenigen Sekunden, bei tler weniger Phosphor enthaltenen Atherlosung erst nach einigen Minuten, die sich allmahlich verbreitert und nach einigem Schwenken die ganze Flussigkeit einnimmt uiid rasch schwarz wird. Dieselbe wird durch einen ziierst ganz feinen, spater flockenai tig werdenden schwarzen Niederschlag von Phosphorkupfer hervorgcbracht, welcher sich schlielslich in feine, nadelformige, kristallahnliche, rein schwarze und stark fettglarizmde Flitter um- wandelt, die sich nur sehr langsam zu Roden setzen, oder, wenn die Kupferlosung sehr konzentriert ist, sich an deren Oherflache drangen. Zugleich wird dadurch dem Ather oder dem aufschwimmenden Benzol der samtliche Phosphor entzogen und die blaue Kupferlosurig wird entfzirbt. Die Reaktiou kann 21s beendet betrachtet werden, sobald nach einem neuen Zusatz von Kupferlosung die Flussigkeit blau blcibt. J e nach der Konzentration der Phosphorlosung oder der Kupferlosung, je nach der Menge der beiden Losnngen, sowie der Te:nper;itur und der Lhuer der Einwirkung beobachtete ich dabei, dafs der Verlauf der Reaktion, sowie die sich bildenden Pro- dukte, variieren und ich gelangte so zu dem Schlusse, dais gleichzeitig und parallel sich verschiedene Reaktionen abwickeln. Weder der schwarze Niederschlag hat immer dieselbe Zusammensetzung des Kupferphosphids, noch in der Flussigkeit ist immer dieselbe Quan- titiit voii Kupfer oder von Phosphor im Zustande von phosphoriger oder Phosphorsiiure nachzuweisen.

E’jltriert man den schwarzen Niederschlag sofort, ohne vorerst den Ather oder das Benzol durch Erwarmen auf dem Wasserbade zu verjagen, so erhalt man ein Phosphid, Cu6P2, yon ziemlich kon-

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stanter Zusammensetzung, wenn die wasserige Flussigkeit farblos, also Kupfernitrat nicht im Uberschufs vorhanden ist. 1st aber die wasserige Fliissigkeit noch blau, so variiert die Zusammensetzung des Niederschlages und aucb dessen Diienge ist stets geringer. Erhitzt man aber zur Vertreibung des f t h e r s oder des Benzols urid setzt man hierauf die Erwarmung auf dem Wasserbade noch etwa eine halbe Stunde lang fort, so lost sich der Niederschlag bei Anwendung von Atherlosung vollstiindig auf und verringert sich bei Benzollosung zusehends, mobei er immer mehr rot und endlich ganz kupferrot wird. Diese Erscheinung tritt beim Ather selten und niir bei grofseren Mengen auf. Dieser rote Niederschlag ist korniger und spezitisch schwerer, da er aus metallischem Kupfer besteht, rieselt beim Um- sehwenken des Kolbens zwischen dem schwarzen, nurimehr pulverigen Niederschlag hindurch urid sammelt sich wellenforrnig auf dem Boden des Gefafses an. Endlich bleibt von dem schwarzen Niederschlage nur ein kleiner pulveriger Best, der die blaue Fliissigkeit triibt.

Bei dieser Reaktion tritt nur eine ganz schwache Selbsterhitzung auf. etwa von 20 auf 38-40°. Es zeigt sich keine Spur von Gas- entwickelung oder von gelbroten Dampfen und auch der atmos- pharische Sauerstoff nimmt keinen Anteil an der Reaktion, welche also als eine rein endochemische anzusehen ist. Sie lauft geradeso glatt ab, wenn man von Arifang an die Reaktion in einer Kohlen- siiureatmosphare vornimmt und ununterbrochen einen lebhaften Strom dieses Gases durch den Kolben und die Flussigkeit leitet.

Durch langeres Erhitzen des schwarzen Kupferphosphidnieder- schlages mit der iiberschussigen Kupfernitratlosung wird endlich nicht blofs dieser Niederschlag vollstandig oder zum grofsten Teile gelost, sondern auch der rote Kupferniederschlag; schlielslich hinter- bleibt ein geringer, grauer, pulverf6rmiger Niederschlag, der beim Trocknen hell tauhengrau wird, sich beim Gliihen nicht entziindet, sondern erst schwarzt und dann homogen grun w i d , in Salzsaure teilweise, in Konigswasser ganz loslich ist, die Kupfer- und die Phosphorsaurereaktionen zeigt und aus basischem phosphorsaurem Kupfer besteht.

Es ist uberhaupt bei der Mannigfaltigkeit der hier stattfintlenen Reaktionen nicht leicht, den Vorgang durch ein einheitliches Schema darzustellen. Schon allein die Bildung des schwarzen Phosphor- kupferniederschlages kann vielfach gedeutet werden, indeni sich da- bei nicht nur gleichzeitig Phosphorsgure und phosphorige Saure, sowie basisch phosphorsaure Kupfersalze bilden, die in die Losung

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ubergehen, sondern mit dem schwarzen Niederschlag ehenfalls solche basische Salze mitfallen.

Ware dieser Niederschlag reines Kupriphosphid, Cu,P,. so miilste er bestehen aus

Cu = 75.5 O i 0 und P = 24.5 '/,,

ich fand aber nur sehr selten und bei Vermeidung eines Uber- schusses von KupfernitratlGsung, wenn dieselbe mit der Phosphor- losung gemischt wurde, die Zusammensetzung Cu,P,. Ebenso selten erhalt man beim Vermischen von Phosphorlosung mit uberschiissiger siedender Kupfernitratlosung einen aus reinem Kuprophosphid, Cu,P, , bestehenden Niederschlag. Irnmer enthalt derselbe noch Sauerstoff und manchmal Wasser.

Schuttelt man die Mischung der Phosphorlosung rnit der Kupfer- n i t r a t h u n g einige Augenblicke ohne zu Erwarmen, filtriert, wascht und trocknet dann den schwarzen Niederschlag, der sich, wie er- wahnt, in der Warme auflbsen wiirde, so hat man im Filtrat, wenn ein i;'berschuI's von Phospborlosung genommen wurde, kein Kupfer, aber phosphorige und Phosphorsaure. Wenn aber ein Uberschufs von Kupfernitrntlosung genommen wurde, so hat das Filtrat Kupfer- nitrat und Kupferphosphat, PhosphorsBure und keine oder nur Spuren von phosphoriger SBure. Der Niedersehlag jedoch besteht je nach den obenerwahnten Umstanden aus Cu,P, und Cu,P, und enthalt Kupfer und Phosphor gewohnlich im Verhaltnis von 5 : 2 , nebst Sauerstoff mit und ohne Wasser, was auch von einer partiellen Ausscheidung metallischen Kupfers herriihren kann. So fand ich folgende Zshlen in 100 Teilen Niederschlags: cu . . . . 64.36 59.591 79.409 52.1 59.11 58 27 P . . . . . 12.92 11.62 14.2025 10.37 11.442 11.54 0 od.H,O+O 22.72 28.789 6.3882 37.53 29.448 30.19 empir. Formel Cu,P,O, Cu,P,O,, CU,P,O,,~ Cu,P,O,, Cu,P,O,, Cu,P,O,,

wo das Verhaltnis des Kupfergehaltes zum Phosphorgehalte fast konstant wie 5 : 2 sich herausstellt.

Die folgenden Gleichungen sollen die bei der Entstehung des schwarzen Niederschlages eintretenden Reaktionen umfassen, wobei

Die Zusamrnensetzung CU,~P~O,, ist nicht etwa als Cus.2P0, + 2CuO aufzufassen, da der gegliihte Xiederschlag dieselbe Zusammensetzung hat und homogen, sattgrun, wie Schweinfurter Grun, ist.

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ich demselben nicht die KaTzsche Forrnel Cu,P, zuerkenne, sondern die Formeln der bekannten Kupferphosphide Cu,P, oder Cu,P, annehme.

Die Bildung von Kuprophosphid, Cu,P, . veranschaulichen die Gleichungen :

P, + 6Cu.2N03 + 12H,O = CU,P, + 1 2 H N 0 , + 4H3P03. P,, + 12 Cu.2 NO, + 21 H,O = 2 CU,P, + 24 HNO, + 3 H,PO, + 3 H,PO,

P,, + 30Cu.2NO3 + 48H,O = 5Cu,P, + 60HN0, + 12H,PO,.

Die Bildung von Kupriphosphid, Cu3P2, obwohl sehr selten in ganz reinem Zustande beobachtet, wird erklarlich :

P, + 3Cu.2 NO, + 6 H,O = CU,P, + BHNO, + 2 H,PO, P,, + 15Cu.2YO3 + 24H,O = 5Cu3P2 + 30HN0, + 6H,PO,,

P,, +12Cu.2N03 +21H,O= ~ C U , P , + ~ ~ H N O , + ~ H , P O , + ~ H , P O , ,

wobei auch die gleichzeitige Entstehung der phosphorigen und der Phosphorskure ersichtlich ist. Die Bildung von basischen Kupfer- phosphaten bei der Einwirkung von Phosphorlosungen auf Kupfer- nitrat, sowie deren Urnwandlungen und event,uelle Kupfermetall- abscheidung :

P,,+ 30Cu.2N03 + 36H,O = 5Cu,P, + BOHXO, + 3Cu,0H.P04 + 30HNO, + 3 Cu,OHPO, + 3 Cu,(OH),PO, = 15Cu.2 NO, + 6H3P0, +

12H,O + ~CU,OH.PO, + 2CuH.1’0, = CU, + ~ C U H P O , . ’

3 Cu,(OH),YO,,

Die Umwandlungen endlich der Phosphide und deren Losurig waren zu erklaren durch die Formel:

CUGP2 = CU,P, + Cu3, CU,P, + 7Cu,(OH)PO, + 22HN0, = CU, + 11 Cu.2N03 + 2H,PO, +

Cu,P, + 7Cu,(OH)PO, + 22HN0, = CU, + 11 Cu.2N0, + 2H,PO, + 7H,PO, + H,O.

7H,PO, + H,O.

Urn nun wieder auf den Gang des Verfahrens der Phosphor- bestimmung von Phosphorlosungen zuriickzukommen, wagt man die Phosphorlosung in Ather oder in Benzol vorsichtig in einem ge-

* Nach H. ROSE, Pogg. Ann. 12, 292, gibt eine L6sung von CuHPO, beim Erhitzen = CU + CuHPO,.

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wogenen Glaskolbchen , schiittelt einige Minuten lang mit der 10 O/,igen KupfornitratlGsung, von welcher ein solcher Uberschufs genommen wird, d a k die Fliissigkeit des Gemisches nach dem Ah- sitzen des schwarzen Niederschlages deutlich geblaut ist. Dazu und zum Verjagen des Athers oder des Benzols der Phosphorlosung auf dem Wasserbade braucht man 15-20 Minuten. Hieranf bringt man mittels einer langstieligen Hahnpipette oder eines Tropftrichters in die auf dem Wasserbade erwarmte Fliissigkeit unter Umschwenken Brom in kleinen Quantitaten tiinein, wodurch, meist unter heftigem Knistern, der schwarze Phosphorkupferniederschlag angegriffen, unter Bildung von Eiupferbromiir ziim Teil weifs wird,

Cu,P, + Br,, = 3Cu,Hrz + 2PBr3,

zum Teil sich infolge von Abscheidung metallischen Kupfers riitet,

Cu,P, + Br,, = Cu, + 2Cu,Br, + 2PBr3,

und sich schliefslich zu einer dunkelblaugriinen Fliissigkeit auflost. Dieselbe enthalt nun samtliches Kupfer als Kupferbromid, CuBra, samtlichen Phosphor als phosphorige Saure und Phosphorsaure, ohne jeden Verlust, ferner die Salpetersaure des Kupfernitrats und iiberschiissiges Brom. - Nuamehr wird auf dem Sandbade durch uberschiissige konzentrierte Salpetersaure das Brom vollstandig his zum Aufhoren der gelbroten Dampfe verjagt, wobei auch die aus dem entstandenen Phosphortribromid resultierende phosphorige Saure ganzlich zu Phosphorsaure oxydiert wird, die dunkelblaue Fliissigkeit zur Vertreibung der meisten Salpetersaure stark ein- geengt, niit vie1 Wasser verdiinnt und, falls es sich auch urn die Bestimmung des Kupfers handelt, dieses durch Schwefelwasserstoff niedergeschlagen und aus dem Filtrat in bekannter Weise Schwefel und Schwefelwasserstoff entfernt. I n diesem Filtrat ist danri die Phosphorsaure nach Ammoniakzusatz mit Magnesiamischung zu be- stimmen und als Phosphor zu berechnen.

Handelt es sich aber blds um die Bestimmung des Phosphors der Phosphorlbsung, so ubersattigt man direkt die nach dem Ver- jageri des Broms resultierende E’liissigkeit mit Ammoniak bis zur Auflosung des hellblauen Kupferhydroxydniedersclllages, fallt die

’ Vergl. auch: A. C. CHRISTOMANOS, Darstellung von Phoaphortribromid, 2. m o r g . Chem. 41, 276,

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Phosphorsaure sofort mit Chlormagnesium, Magnesiumsulfat oder Magnesiamischung, tut noch mehr Ammoniak hinzu, filtriert nach mehrstundigem Stehenlassen, wascht mit vie1 verdunntem Ammoniak sorgfiltig aus und berechnet aus dem Magnesiumpyrophosphat den Phosphor.

Nach diesem Verfahren ist jeder Verlust an Phosphor absolut ausgeschlossen und die Oxydation durch Brom und rauchende Salpetersaure eine vollstaindige, wahrend die Anwendung von H,O, umstandlicher und die Oxydation des Kupferphosphids mittels Chrom- saure (MEINECKE 1886) oder mittels Kaliumpermanganat (v. REIS 1887) niemals so rasch zum Ziele fiihrt und ungenaue Resultate gibt.

Bei den Versuchen uber die Loslichkeit des Phosphors in Ather und in Benzol fuhrte ich uber hundert solcher Bestimmungen aus. Eine Phosphorlosung in Benzol, die bei 23O 3.28O/, Phosphor ent- hielt, wurde nach diesem Verfahren behandelt. Von 0.198, 0.1815 und 0.022 g enthaltenen Phosphors wurden 0.19737, 0.1818 und 0.02192 g gefunden.

Rei der Redaktion eingegangen 24. Juli 1904.