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Reaktorkonzepte der 4. Generation T. Schulenberg Institut für Kern- und Energietechnik Forschungszentrum Karlsruhe

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Reaktorkonzepte der 4. GenerationT. Schulenberg

Institut für Kern- und Energietechnik

Forschungszentrum Karlsruhe

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2T. Schulenberg, Reaktorkonzepte der 4. Generation, Arbeitskreis Energie, Regensburg, 27.03.2007

Die 1. bis 3. Generation von Kernreaktoren

• 1. Generation: Prototypen von einigen 100MWe Leistung• 2. Generation: Große Konvoi-Anlagen, Druck- und

Siedewasserreaktoren über 1000MWe

• 3. Generation: DWR und SWR mit verbesserter Sicherheitstechnik– Beispiele: EPR, SWR 1000, AP 1000, ABWR

Stand 2007:

Sichere, zuverlässige und kostengünstige Kernkraftwerke brauchen wir nicht mehr zu entwickeln. Sie sind schon kommerziell verfügbar.

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Beispiel: der europäische Druckwasserreaktor EPR

• beruht auf über 40 Jahre Erfahrung mit mehr als 270 DWR weltweit,• berücksichtigt mehr als 20 Jahre Reaktorsicherheitsforschung

weltweit.• Kein anderer Reaktortyp ist je derart intensiv auf seine Sicherheit

untersucht worden!

• Elektrische Leistung ca. 1600 MW• Wirkungsgrad ca. 36%• Investitionskosten ca. 2000 €/kW• Stromgestehungskosten ca. 3-4 c/kWh

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Beispiel: der Siedewasserreaktor SWR1000

• Basiert auf mehr als 40 Jahre Erfahrung mit 93 SWR weltweit.• Neu: passive Nachwärmeabfuhr bei schweren Störfällen

– ermöglicht Kühlung des Reaktors über mehrere Tage ohne menschliches Eingreifen oder elektrische Regelung

• Elektrische Leistung ca. 1250 MW• Wirkungsgrad ca. 34%• Investitionskosten ca. 2000 €/kW ?• Stromgestehungskosten ca. 3-4 c/kWh ?

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Was kommt nach der 3. Generation?

Grundsätzliche Kriterien:• sicher und zuverlässig• wirtschaftlich • minimaler Abfall• nachhaltige

Brennstoffnutzung • proliferationsresistent

E.U.

China

Russia

neu:

Das Generation IV International Forum entwickelt und beurteilt Konzepte für Kernreaktoren, die in 30 Jahren oder später benötigt werden könnten.

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1: Weiterentwicklung der DWR und SWR

Idee: kontinuierliche Verbesserung der Frischdampfzustände analog der Entwicklung fossil gefeuerter Dampfkraftwerke

25%

30%

35%

40%

45%

50%

1960 1970 1980 1990 2000 2010

Jahr

Net

to-W

irku

ng

sgra

d Dampfkraftwerke Steinkohle

Druckwasserreaktoren

überkrit. Druck

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Beispiel: DWR mit 380°C Kernaustrittstemperaturund überkritischem DruckVorteile:• 2% Punkte besserer Wirkungsgrad

als EPR• nur noch 25% Leistung der

Pumpen im Primärkreis• 20% höhere Turbinenleistung bei

gleichem Dampfmassenstrom• keine Siedekrise möglich, da

überkritischer Druck (25 MPa)• Konzept ähnlich einem

konventionellen DWR

Ref: B. Vogt, J. Starflinger, T. Schulenberg, Near term application of supercritical water technologies, Proc. ICONE14, July 17-20, 2006, Miami, USA

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Beispiel: HPWLR mit 500°C Kernaustrittstemp.

High Performance Light Water Reactor, 25MPa Druck

Vorteile:• direkter Dampfkreislauf wie beim SWR• im Lastbetrieb keine Pumpe mehr im Primärkreis erforderlich• kein Dampfabscheider im Reaktor erforderlich• 40% höhere Turbinenleistung bei gleichem Dampfmassenstrom• 44% Nettowirkungsgrad

Ausarbeitung eines Konzepts und Bewertung derzeit durch ein europäisches Konsortium sowie in Kanada, Japan und Südkorea

Ref.: D. Squarer, T. Schulenberg, D. Struwe, Y. Oka, D. Bittermann, N. Aksan. C. Maraczy, R. Kyrki-Rajamäki, A. Souyri, P. Dumaz, High Performance Light Water Reactor, Nuclear Engineering and Design 222, pp 167-180 (2003)

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HPWLR mit 500°C Kernaustrittstemperatur

konventioneller Dampfkreislaufneu:

Reaktorkonzept

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HPWLR Brennelemententwürfe

Brennstäbe

WasserkästenWasser zwischen Brennelementen Wasserkästen

Ref.: A. Yamaji, T. Tanabe, Y. Oka, J. Yang, Y, Ishiwatari, S. Koshizuka, Evaluation of the nominal peak cladding surface temperature of the Super LWR with subchannel analysis, Proc. GLOBAL 05, Tsukuba, Japan, Oct. 9 - 13, 2005

Ref.: J. Hofmeister, T. Schulenberg, J. Starflinger, Optimization of a fuel assembly for a HPLWR, Paper 5077, Proc. ICAPP 05, Seoul, Korea, May 15-19, 2005

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2: Hochtemperatur-Reaktor

• Basis: Helium gekühlter Kugelhaufenreaktor• Ziel: Kernaustrittstemperaturen 900 bis 1000°C• Vorteile:

– Stromerzeugung mit hohem Wirkungsgrad (45-50%)

– Nutzung von nuklearer Prozesswärme z.B. zur Wasserstoffproduktion für den Verkehr, Meerwasserentsalzung, .. etc.

– Inhärent sicherer Reaktor bei kleiner thermischer Leistung

– Dann kein Notkühlsystem erforderlich.

• Herausforderungen:– Werkstoffe für mehr als 850°C Kernaustrittstemperatur

– Wirtschaftlichkeit

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Modularer Kugelhaufenreaktor PBMR

• Leistungsdichte 5-10 MWth/m3

• Kugelförmige Brennelemente aus TRISO Partikeln

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Nachhaltige Kernenergie

• Methode: Spaltung von 238U nach Konversion zu Plutonium

U-238 + n U-239 Pu-239• Recycling des Pu (und Am) zur Stromerzeugung und zur Entlastung

des Endlagers von langlebigen Radionukliden.• Benötigt wird.

– Reaktor mit schnellem Neutronenspektrum

– Chemische Trennung von U und Pu aus abgebrannten Brennelementen

• Technische Machbarkeit bereits in den 80er Jahren demonstriert– z.B. in Karlsruhe: KNK Natrium gekühlter schneller Reaktor

– WAK: Wiederaufarbeitung

• ermöglicht Stromerzeugung aus gefördertem, abgereichertem Uran und abgebrannten Brennelementen für mindestens 3000 Jahre!

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Proliferationsresistenz und physikalischer Selbstschutz

• Reines Pu-239 (aus kurzzeitig bestrahltem U-238) kann für Kernwaffen verwendet werden.

• Anteile anderer Pu-Isotope, Americium und andere Transurane (nach langer Neutronenbestrahlung) erhöhen die Aktivität des Brennstoffs und machen Pu unbrauchbar für Kernwaffen.

Ziel:• Erzeugung von Plutonium, das nicht in Kernwaffen verwendet

werden kann.

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Konzept des Gasgekühlten Schnellen Reaktors

• Thermische Leistung bis zu 2400MWth

• Leistungsdichte im Kern ca. 100MW/m3

• Kernaustrittstemperatur 850°C• Brennstoff (U,Pu)C+SiC• Nicht mehr inhärent sicher, daher sind

unabhängige Nachwärmeabfuhr-Systeme notwendig

• Gas- und Dampfkraftwerk zur Stromerzeugung

• Passive Nachwärmeabfuhr über einen wassergekühlten Zwischenkreislauf an ein Wasserreservoir

• Ausarbeitung im europäischen Projekt GCFR (gas cooled fast reactor)

Brennelement

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Gas- und Dampfkreislauf des GCFR

N2-He-SekundärkreisHe-Primärkreis

Abhitzekessel

Dampf-Kreislauf

Nachwärme-abfuhrsystem

Wirkungsgrad 45%

Ref: JC. Garnier, C. Bassi, M. Blanc, JC. Bosq, N. Chauvin, P. Dumaz, JY. Malo, B. Mathieu, A. Messié, L. Nicolas, A. Ravenet, Contribution to GFR design option selection, Proc. ICAPP 06, Reno, USA, June 4-8, 2006

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4: Bleigekühlter Reaktor

• Grundlage: russischer BREST Reaktor, PbBi gekühlt• Ziel: ca. 20 Jahre Betrieb mit einer einzigen Kernbrennstoff-

Beladung.• Reaktor wird nur beim Hersteller geöffnet.• passive Nachwärmeabfuhr durch Naturkonvektion• Keine Steuerstabbewegung zur Leistungsregelung

• überkritischer Wasserdampf-Kreislauf oder CO2 Kreislauf

• hoher Wirkungsgrad ca. 44-46%

Ref.: B.A. Gabaraev, A.I. Filin, Development of a BREST-OD-300 NPP with an on-site fuel cycle for the Beloyarsk NPP, ICONE11-36410, Tokyo, Japan, April 20-23, 2003

Ref.: J.J. Sienicki, A.V. Moisseytsev, D.C. Wade, M.T. Farmer, C.P. Tzanos, J.A. Stillman, J.W. Holland, P.V. Petkov, I.U. Therios, R.F. Kulak and Q. Wu, “The STAR-LM Lead-Cooled Closed Fuel Cycle Fast Reactor Coupled to a Supercritical Carbon Dioxide Brayton Cycle Advanced Power Converter”, Global 2003, New Orleans

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Herausforderungen des Bleigekühlten Reaktors

• Korrosionsbeständige Werkstoffe für hohe Temperaturen• Zuverlässige Sauerstoffregelung• Wirtschaftliche Kraftwerkskonzepte• Ausarbeitung von Konzepten und Bereitstellung von Technologien

durch das europäische ELSY- Projekt sowie in USA, Japan, Südkorea und Russland

Ref.: L. Cinotti, C. Fazio, J. Knebel, S. Monti, H. Ait-Abdelrahim, Lead fast reactor, FISA 2006, Luxembourg, March 13-16, 2006

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5: Natrium gekühlter schneller ReaktorVorteile im Vergleich zum bleigekühlten Reaktor:• Keine Korrosion auch über sehr lange Einsatzzeiten• Langjährige Erfahrung und favorisiertes Konzept in USA, Frankreich

und Japan

Herausforderungen:• Ausschluss von Risiken durch Na-Brand oder Reaktion mit Wasser• Wirtschaftliche Kraftwerkskonzepte

Ref.: M. Ichimiya, J. Roglans, G. L. Fiorini, D. Hahn, T. Abram, Overview of an R&D plan for the development of a Generation IV sodium cooled fast reactor system, Proc. of ICAPP ’05, Seoul, KOREA, May 15-19, 2005

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Visionen und offene Fragen des Salzschmelzenreaktors

Visionen:• Flüssiger Brennstoff benötigt keine Brennelemententwicklung.• Kann praktisch sämtliche Transurane verwerten.• Abtrennung der Spaltprodukte im Kraftwerk.• Keine Wiederaufarbeitung

Offene Fragen:• Korrosion durch die Salzschmelze schon bei geringen

Wasserkonzentrationen• Risiko des Einfrierens des Salzes • Tritium-Rückhaltung• Salzreinigung und Spaltproduktabtrennung• Auslegung eines Reaktors, …etc.

Ref.: C.F. Forsberg, Molten salt reactor technology gaps, Proc. ICAPP 06, Reno, USA, June 4-8, 2006

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Fazit

Marktbedarf der kommenden 30 Jahre:

Kernkraftwerke mit hoher Sicherheit, hoher Verfügbarkeit, geringem Kostenrisiko

wird durch Reaktoren der 3. Generation gedeckt:

bewährte Druck- und Siedewasserreaktoren mit optimierter Sicherheitstechnik.

Reaktorkonzepte der 4. Generation haben als Ziel:• Weitere Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der 3. Generation• Brennstoffe und Prozesswärme aus Kernenergie• Nachhaltige Nutzung des Urans und Wiederverwertung des

Abfalls