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Das hatte sich Maik Wilke sicher anders vorgestellt. Noch bevor der von dem extrem rechten Frankfurter Wirt aufgebaute Sze- netreffpunkt aus Bekleidungsladen, Kneipe und Bandproberäumen zwischen Linden- und Gubener Straße sein einjähriges Beste- hen feiern konnte, stehen Besucher_innen wieder vor verschlossenen Türen. Die durch ihn wiederbelebte Kneipe „Sportlerklause“ ist nach dem Entzug der Gewerbeerlaubnis seit März geschlossen. Das Geschäft „Nor- dic Company“, spezialisiert auf Textilien der rechten Modemarke „Thor Steinar“, hatte schon Wo- chen bevor es Ende März auszog kaum geöffnet. Und nun scheiterte auch der Neuanfang des Ladenge- schäfts an einer von Frankfurts bes- ten Adressen, dem Bahnhofsplatz. Nach gerade einmal zwei Wochen flatterte dem rechten Unternehmer die Kündigung des Mietvertrages in den Briefkasten. Die Bewohner_innen des hinteren Teils der Gubener Straße dürften wohl aufatmen. Für den nahenden Sommer drohen keine durchwach- ten Nächte aufgrund ruhestörenden Lärms angetrunkener Gäste der „Sportlerklause“(SK). Das sah in den vergan- genen Monaten noch ganz anders aus. Im De- zember 2006 eröffnete in den Räumlichkeiten der jahrelang geschlossenen Bar wieder eine kleine Kneipe. Den alten Namen behielt sie bei. Wirt und Publikum aber wechselten. Lauf- kundschaft war nicht das Geschäft der Kneipe. Wer in die „SK“ ging wusste genau was er dort wollte: Gleichgesinnte treffen. Und so kam es durchaus vor, dass zur Begrüßung schon an der Tür der rechte Arm zum Hitlergruß erho- ben wurde, wie Anwohner_innen berichteten. Die Gäste waren hauptsächlich unorganisierte Neonazis aus Frankfurt (Oder). Aber auch aus der näheren Umgebung, beispielsweise aus Fürstenwalde/Spree, verbrachten Neonazis ih- ren Abend an Wochenenden in der SK, darun- ter auch NPDler. VonAnfang an gehörten auch die jungen Hooligans des „FC Vorwärts“ zur Stammkundschaft. Abgesehen von zahlreichen durch Schlägereien bedingten Hausverboten ihrer Protagonisten in anderen Frankfurter Lokalen, lag es auf der Hand, die „SK“ zur Stammkneipe zu erklä- ren. Eine der zentralen Figuren der Gruppe war offiziell Betreiber der Kneipe. Denn da der öffent- lichkeitsscheue Maik Wilke bei seinen Geschäften, aus welchen Gründen auch immer, versucht im Hintergrund zu bleiben, wurde sein ältester Sohn, der gerade mal 21jäh- rige FCV-Hooligan Martin Wilke am Türschild als Betreiber der „Sport- lerklause“ ausgewiesen. Er trat auch gegenüber dem Hausbesitzer, einem Zeuthener Unternehmer, als Mie- ter der Räumlichkeiten in der Gu- bener und Lindenstraße auf. Ein ähnliches Vorgehen zeigte sich schon bei früheren Unternehmungen Rechter Unternehmer in Frankfurt (Oder) erleidet erneut Schiffbruch Nicht bei allen beliebt: Der „Nordic Company“ am Bahnhofsplatz 3. output recherche Informationsblatt zur Braunzone in der Region Frankfurt (Oder) #4 Sommer 2008 recherche output #4 Editorial Hallo liebe Leser_innen, nun ist es endlich soweit und Ihr haltet die vierte Ausgabe des Recherche Outputs in der Hand. Aufgrund neuer Ereignisse und Informationen bezüglich unseres Recherche-Schwerpunktes für diese Ausgabe gab es einen kleinen Zeitverzug. So informieren wir diesmal hauptsächlich über den Geschäftsmann Maik Wilke und seine Machenschaften rund um die ehemalige „Sportlerklause“ und den (noch) bestehenden rechten Bekleidungsla- den „Nordic Company“. Da die rechte Modemarke „Thor Steinar“ aufgrund ihrer gewachsenen Bedeutung in der Neonaziszene stärkere Beachtung verdient, haben wir ihr ein extra Faltblatt gewidmet, das dieser Ausgabe beiliegt. Auf den Innenseiten findet Ihr wieder dokumentierte Übergriffe mit rechtem Hintergrund in unserer Chronologie. Ansonsten bitten wir Euch wieder, aufmerksam durch die Stadt zu gehen und uns mögliche Beobach- tungen zu neonazistischen Aktivitäten mitzuteilen, gerade jetzt, da im Herbst Kommunalwahlen in Brandenburg anstehen. Ab sofort gibt es auch eine Internetseite: www.recherchegruppe.blogsport.de. Dort findet Ihr immer aktuelle Berichte, aber auch die aktuelle Chronologie und Kontakt zu uns. Eure antifaschistische recherchegruppe Frankfurt (Oder)

Rechercheoutput Frankfurt/Oder #4 - Sommer 2008

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Das recherche output will durch die Bereitstellung fundierter Informationen zur bewussten Auseinandersetzung mit neonazistischen Denkmustern ermutigen und in dieser Arbeit eine kompetente Hilfe sein. In den Mitteilungsblättern wollen wir uns jeweils ausgewählten Bereichen widmen, die wir aktuell für besonders dringend halten. Dabei wird es uns oft nur möglich sein Entwicklungen zu thematisieren, ohne sie in der eigentlich gebotenen Tiefe bearbeiten zu können oder Handlungsempfehlungen bereitstellen zu können. Wir hoffen jedoch trotz den durch unsere ehrenamtliche Arbeit beschränkten Kapazitäten vielen Aktiven eine wertvolle Unterstützung in ihrer Arbeit zu sein.

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Das hatte sich Maik Wilke sicher andersvorgestellt.Nochbevordervondemextremrechten Frankfurter Wirt aufgebaute Sze-netreffpunkt aus Bekleidungsladen, Kneipeund Bandproberäumen zwischen Linden-undGubenerStraßeseineinjährigesBeste-hen feiern konnte, stehen Besucher_innenwiedervorverschlossenenTüren.Diedurchihn wiederbelebte Kneipe „Sportlerklause“istnachdemEntzugderGewerbeerlaubnisseit März geschlossen. Das Geschäft „Nor-dic Company“, spezialisiert aufTextilien der rechten Modemarke„Thor Steinar“, hatte schon Wo-chen bevor es Ende März auszogkaumgeöffnet.UndnunscheiterteauchderNeuanfangdesLadenge-schäftsaneinervonFrankfurtsbes-tenAdressen, dem Bahnhofsplatz.Nach gerade einmal zwei Wochenflatterte dem rechten Unternehmer die Kündigung des MietvertragesindenBriefkasten. Die Bewohner_innen des hinterenTeils der Gubener Straße dürftenwohl aufatmen. Für den nahendenSommer drohen keine durchwach-ten Nächte aufgrund ruhestörendenLärms angetrunkener Gäste der

„Sportlerklause“(SK). Das sah in den vergan-genenMonatennochganzandersaus. ImDe-zember 2006 eröffnete in den Räumlichkeitender jahrelang geschlossenen Bar wieder einekleine Kneipe. Den alten Namen behielt siebei.WirtundPublikumaberwechselten.Lauf-kundschaftwarnichtdasGeschäftderKneipe.Werindie„SK“gingwusstegenauwaserdortwollte:Gleichgesinnte treffen.Und sokamesdurchaus vor, dass zur Begrüßung schon ander Tür der rechteArm zum Hitlergruß erho-

ben wurde, wie Anwohner_innen berichteten.Die Gäste waren hauptsächlich unorganisierteNeonazisausFrankfurt (Oder).Aberauchausder näheren Umgebung, beispielsweise ausFürstenwalde/Spree, verbrachten Neonazis ih-renAbendanWochenendeninderSK,darun-terauchNPDler.VonAnfangangehörtenauchdie jungen Hooligans des „FC Vorwärts“ zurStammkundschaft.Abgesehenvonzahlreichendurch Schlägereien bedingten Hausverbotenihrer Protagonisten in anderen Frankfurter

Lokalen, lag es auf der Hand, die„SK“ zur Stammkneipe zu erklä-ren. Eine der zentralen Figurender Gruppe war offiziell Betreiber der Kneipe. Denn da der öffent-lichkeitsscheue Maik Wilke beiseinen Geschäften, aus welchenGründen auch immer, versucht imHintergrundzubleiben,wurde seinältesterSohn,dergerademal21jäh-rigeFCV-HooliganMartinWilkeamTürschild als Betreiber der „Sport-lerklause“ausgewiesen.ErtratauchgegenüberdemHausbesitzer,einemZeuthener Unternehmer, als Mie-ter der Räumlichkeiten in der Gu-bener und Lindenstraße auf. Einähnliches Vorgehen zeigte sichschonbeifrüherenUnternehmungen

RechterUnternehmerinFrankfurt(Oder)erleideterneutSchiffbruch

Nichtbeiallenbeliebt:Der„NordicCompany“amBahnhofsplatz3.

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#4Sommer 2008

rechercheoutput #4

Editorial HalloliebeLeser_innen,nunistesendlichsoweitundIhrhaltetdievierteAusgabedesRecherche Outputs inderHand.AufgrundneuerEreignisseundInformationenbezüglichunseresRecherche-SchwerpunktesfürdieseAusgabegabeseinenkleinenZeitverzug.SoinformierenwirdiesmalhauptsächlichüberdenGeschäftsmannMaikWilkeundseineMachenschaftenrundumdieehemalige„Sportlerklause“undden(noch)bestehendenrechtenBekleidungsla-den„NordicCompany“.DadierechteModemarke„ThorSteinar“aufgrundihrergewachsenenBedeutunginderNeonaziszenestärkereBeachtungverdient, haben wir ihr ein extra Faltblatt gewidmet, das dieser Ausgabe beiliegt. Auf den Innenseiten findet Ihr wieder dokumentierte Übergriffe mit rechtemHintergrundinunsererChronologie.AnsonstenbittenwirEuchwieder,aufmerksamdurchdieStadtzugehenundunsmöglicheBeobach-tungenzuneonazistischenAktivitätenmitzuteilen,geradejetzt,daimHerbstKommunalwahleninBrandenburganstehen.AbsofortgibtesaucheineInternetseite:www.recherchegruppe.blogsport.de.Dort findet Ihr immer aktuelle Berichte, aber auch die aktuelle Chronologie und Kontakt zu uns. EureantifaschistischerecherchegruppeFrankfurt(Oder)

Maik Wilkes wie dem Getränkeladen “Frank-furterGetränke&Partyservice“inderSophien-straße.AuchhierfungiertederSohnalsInhaber.Mit einemder ihrenamAusschankkonnte sichdierechteKundschaftinder„SK“unbekümmertzulaufenlassenundgleichzeitigsichersein,dassdasausgegebeneGeldbeiKameradenbleibt.SowardieSportlerklauseanWochenendendesöf-teren mit bis zu 40 Personen prall gefüllt. DasGeschäft lief.UnterdenFolgenhattendanndieAnwohner_innenderGubenerStraßezu leiden. BesoffenvordieHäuserurinierendeundFußgän-ger bepöbelnde Jugendliche sowie wiederholteLärmbelästigungen waren keineAusnahme undriefen mehrfach die Polizei auf den Plan.Auchdie Stadt schaltete sich ein und verhängte einBußgeldwegenRuhestörunggegendenBetreiber.Durch die Gäste der Kneipe verwandel-te sich auch das Bild der Gubener Straße.An den Laternenmastenklebten jetzt AufklebermitdemKonterfeidesHit-lerstellvertreters RudolfHess oder derAufschrift„No Go Area“, in denAugenvonNeonaziseinAreal,indemNichtdeut-scheoderMenschen,dienicht in das diskrimi-nierende Weltbild dieserpassen, nicht geduldetsind. Zudem wurdenunzählige Aufkleber derneonazistischen Anhän-ger des „FC Vorwärts“verklebt.DarunterMotivemit der Parole „ScheissBabelsberg–Wirkriegeneuch alle. Action Jugend Frankfurt/Oder“. Al-lein der Laternenmast vor der Eingangstür der„Sportlerklause“ war mit gut 100 derartigen

Stickern beklebt. Zu Ärger mit den Anwoh-ner_innen kam es auch aufgrund des LärmsdortprobenderBands.In dererstenEtagedesGebäudeshatWilkemehrereRäumealsProberäumevermietet.WerallesMieterderRäumeist,bleibtuntransparent.Bekanntistaber,dassmindestenseine Rechtsrockband, die Gruppe „Frontstadt“ausFrankfurt(Oder),dortprobteodernochprobt.HinterdemNamensteckender19jährigeEugenSchulepowundder20jährigeAlbertGrzelak,zweidenJustizbehördenwegenVolksverhetzung,Kör-

perverletzung und Ver-wendung von Kennzei-chenverfassungswidrigerOrganisationen vertrautePersonen. Schulepow istzudem zum harten Kernder FCV-Hooligans zuzählen. Sicher ist auch,dass auch unverfäng-liche Schülerbands zuden Mietern gehören,dieausMangelangeeig-netenRäumlichkeitendiegünstigangebotenenzen-trumsnahenRäumenurzugernnutzenunddenenesoffenbar gleich ist, wemsie ihr Geld zuschieben.FürWilkeeinewillkom-

mene Zusatzeinnahme. Die zunehmenden Be-schwerden der Anwohner_innen waren GrundgenugfürdieMärkischeOderzeitungmiteinemkritischen Artikel im September 2007 nach-zuforschen was in der Gubener Straße vor sichgeht. Gegenüber der Presse gab sich MartinWilke zunächst offen. Bei einem bevorstehen-den„TagderoffenenTür“könntenalleihnund die neue Kneipe kennenlernen.1 Dann würdenauch die in den Räumlichkeiten des Hausesprobenden Bands vorgestellt werden. Wie zu

BeimProben:EugenSchulepowmitT-ShirtdesverurteiltenNeonazi-SängersMi-chaelRegener(Lunikoff).

rechercheoutput #4

Sommer 2008

C h r o n o l o g i e 22.09.2007Am22.SeptemberletztenJahresisteinBusfah-rerinFrankfurt(Oder)vonbetrunkenenRechts-extremen massiv bedroht und mit einer Wein-flasche beworfen worden. „Ich mach dich kalt“, habeeinerderdreiJugendlichenimAltervon16,18und21Jahrengerufen,berichtetediePolizei.Diebeiden jüngerenseienwegenKörperverlet-zung und rechtsextremer Propaganda bekannt.Der 16jährige habe sich bei dem Vorfall amSamstagabendzudemgegendiehinzugerufenenBeamtengewehrt.DiedreiTatverdächtigenhat-tenzwischen1,73und2,78PromilleAlkoholimBlut.Auchder21-JährigeistbereitswegenKör-perverletzungpolizeibekannt.Quelle:BerlinerMorgenpost

03.11.07InderNachtvom02.zum03.Novembergriffenca.20NeonazisdieVeranstaltung“WirmachendieMusik -Freiräumebehaupten.Rechtsextre-men Strukturen entgegenwirken” an. Die zumTeilvermummtenAngreifernähertensichgegen02:15UhrmitFlaschen,SteinenundKnüppelnbewaffnetdemStudent_innenclub.SiebewarfenunvermitteltGästederVeranstaltungmitSteinenundFlaschen.DabeiskandaliertensierechtePa-rolenwie“ScheißZecken-wirkriegeneuch!”.Den Veranstalter_innen gelang es das Tor zumHofgeschlossenzuhalten.MindestenseinKon-zertbesucherwurdejedochbeidemAngriffdurcheinenSteinwurfverletzt.NachetwafünfMinu-tenverschwandendieNeonazisinverschiedeneRichtungen. Die Polizei wurde alarmiert undnahm Anzeigen wegen Körperverletzung undLandfriedensbruchauf.Quelle:MOZ

24.11.07Nach dem Spiel in der Brandenburgliga zwi-schendemFFCViktoria`91unddemFVMotorEberswalde attackierten Anhänger des Frank-furter Vereins zwei mitgereiste Gästefans undberaubten sie.EtwazehnHooligansgriffendiebeidenEberswalderFansgrundlosan,alsdiesenachdemSpielihrAutoaufsuchten.Dabeiwur-deeinemFaneinFahnensetderGästemannschaftgeraubt. Nachdem derAngreifer verschwundenwar, informierte der Eberswalder Fan die Poli-zei. Während dessen wurde sein Begleiter vordem Stadioneingang von mehreren Personengeschlagenundgetreten.DerVersuchihnseinerFanartikelzuberaubengelangjedochnicht.Bei-deEberswalderFanserlittenSchürfwundenundHämatome.SieerstattetenAnzeigegegendiederPolizeibekanntenHooligans.Quelle:MOZ

Einer,dersichzuverbergenversucht:MaikWilkebeimFensterputzenseinesGe-schäfts„NordicCompany“amBahnhofsplatz3.

1)FrankfurterStadtbotevom20.09.2007

erwarten war handelte es sich bei diesem Ma-növer nur um eine Verzögerungstaktik. Zudem versprochenen Fest kam es jedenfalls nie.BereitskurznachEröffnungder„Sportlerklause“hatteWilkeversucht,dieÖffentlichkeitüberdasWesenseinerKneipezutäuschen.Erfolglos.SoversuchteerdasneueLokalüberdie„Frankfur-terKneipenzeitung“ zubewerben, indemer die„Sportlerklause“alsdieneueDartkneipeFrank-furtsanpries.2FragwürdigeRückendeckungver-schaffteihmdazuderDartvereinFortuna05,derseit Jahren seinen Sitz in den RäumlichkeitenüberderKneipehat.Fragwürdigdeshalb,daderVerein sonst nicht in Erscheinung tritt und sichinderKlauseauchnureineStandarddartscheibefand,wiesieinjederDorfkneipehängt.AlsAn-sprechpartnerdesVereinswirdimInternetzudemMaikWilke selbst genannt.3 Dartwettkämpfe inder„Sportlerklause“?Fehlanzeige.Offenbarhat-teWilkenurnacheinerMöglichkeitgesucht,sei-neKneipemitpositivenNachrichtenindiePressezubekommen.Auchbeimalljährlichen Hallenfuß-ballturnier der Frankfur-terKneipen am12.Janu-ar 2008 nahm ein Teamder „Sportlerklause“ teil.Um dem Ziel näher zukommen, sich als eineunter vielen Kneipen zupräsentieren, verzichteteman sogar darauf, GästealsAnhängerschaftmitindieHallezunehmen.Fürgeschulte Augen wurdedann doch Eindeutigesgeboten. Während derTorwart des Teams of-fensiv die Marke „ThorSteinar“ zur Schau trug,präsentierte Martin Wilke auf dem Feld sei-ne tattoowierten Arme. Auf denen prangt ne-ben den in der rechten Szene für ihren zuge-schriebenen Heldenmut verehrten Wikingernauch eine ca. 10x10cm große „Schwarze Son-ne“. Dieses Motiv wurde im Nationalsozialis-musvonderSSgeschaffenundgaltalsSinnbildeiner nordisch-heidnischen Religion. Beliebtist die Deutung des Zeichens als zwölfarmigesHakenkreuzoderalsRadauszwölfSig-Runen.Nahezu perfekt wurde die rechte Idylle inder Lindenstraße im Herbst 2007. Nach-dem auch Maik Wilke selbst in die direkteNähe gezogen war, er wohnt derzeit zusam-men mit seiner Partnerin in der Lindenstra-ße 35, eröffnete er am 7.September 2007 indererstenEtagederLindenstraße41einkleinesBekleidungsgeschäft der neu gegründeten Fir-ma „Nordic Company Textilwaren“. Als In-haberin wurde offiziell eine Beatrice Schmidt

angegeben. Das Angebot des Geschäfts be-stand nahezu ausschließlich aus Artikeln derrechten Modemarke „Thor Steinar“ (TS).Diese wird aus dem Umfeld der Neonazisze-ne produziert und vertrieben, bedient sich völ-kischer Symbolik mit NS-Bezug und wirdhauptsächlich von Neonazis getragen. Das alteLogoderMarkemusstegeändertwerden,daeslange Zeit wegen seiner Ähnlichkeit mit natio-nalsozialistischer Symbolik strafrechtlich ver-folgtwurde.BisherwirddieMarkezumGroßteilüber die Herstellerfirma direkt vertrieben, die in DeutschlandaucheinzelneeigeneLadengeschäftebetreibt. Daneben finden sich TS-Artikel sonst nur ineinerVielzahl rechterVersändeundSze-neläden.IndasSortimenttypischerBekleidungs-läden hat die Marke es dank antifaschistischerProtestebishernicht geschafft.>Weitere Infor-mationen zur Marke „Thor Steinar“ haben wir in einem beigefügten Blatt für Sie zusammengefasst.SpätestensmitderEröffnungdes„NordicCom- pany“konnteauchMaikWilkekeinenHehlmehraus seiner Gesinnung machen. Denn wer TSvertreibt weiß genau was er da unter die Leutebringt und kennt auch die Zielgruppe der Mar-ke, Neonazis. Eine ideologische Nähe Wilkeszur rechtenSzenewurde schon langevermutet.Bereits im April 2005 war er mit wüsten Be-schimpfungen gegen Flugblätter verteilendePersonenaufgefallen.Diehatteerausseinemda-maligenGetränkehandel“MaiksGetränkestube“in der Sophienstraße als „Schlampe“, „Homo“und „Scheiß Kommunisten“ beschimpft. Wenigspäter, imApril 2006, tauchte sein Name auchbeim Hack des neonazistischen Internethandels„Aufruhr-Versand“ aus dem thüringischen Geraauf, der ihn als mehrfachen Kunden registrierthatte.4 Anfänglich liefen die Geschäfte desTS-Ladens in der Lindenstraße gut, da Frank-furts rechte Jugend den relativ verstecktenLaden gezielt aufsuchte. Bald kehrte aber Er

AufderErsatzbank:FCV-HooliganundNeonaziMartinWilkebeimHallenturnierderFrankfurterKneipenam12.Januar2008.

rechercheoutput #4

Sommer 2008

15.12.07InderNachtaufden15.12.07wurdedieSport-hallederSchule„AmBotanischenGarten“vonunbekannten Täter_innen mit mehreren großenSchriftzügenbesprüht.AmdarauffolgendenTagfandinderTurnhalleeindurchdenVereinUto-piae.V.undderAntifaFrankfurt(Oder)organi-siertesAntirassistischesFußballturnierstatt.Of-fenbarzurProvokationwardasalsZeichenderrechten „White Power Bewegung“ verwendeteKeltenkreuz und Schriftzüge wie „Ruhm undEhredemFCV“sowie„VorwärtsHooligans“andieWändegemaltworden.EineGrupperechterJugendlicherdieversuchtedasTurnierzustörenwurdeamfrühenNachmittagvondenVeranstal-ter_innen des Platzes verwiesen. ImAnschlusssorgtediePolizei fürdenSchutzderVeranstal-tung.Quelle:Veranstalter_innen

05.04.2008 Bei dem 5.Ligaspiel FFC Viktoria gegen diezweite Mannschaft von SV Babelsberg wurden32extremrechtenHooligansPlatzverweiseaus-gesprochen. Weitere zehn wurden festgenom-men,u.a.wegenWaffenbesitzundNichtbefol-gensvonPlatzverweisen.NebenHooligansausFrankfurt (Oder) reistenweitereausBerlinundCottbusan.Am gleichen Abend, gegen 18.30 Uhr, warenetwa10Leute,dieaugenscheinlichFFC-Anhän-gerwarenundderPolizeiallebekanntsind,amSüdringcenter unterwegs. Ein 19-jähriger (2,33Promille) wurde als „Sieg-Heil“-Rufer identifi-ziert. Er wurde von der Polizei vorläufig festge-nommen.Quelle:PolizeiFrankfurt(Oder) 20.04.2008In den frühen Morgenstunden griffen fünfRechtsextremedreiJugendlicheinHöhederAr-beitsagenturinderInnenstadtanundverletztendiese am Ellbogen und im Gesicht. Zunächstflog ein Stein in Richtung der drei, dann folgten Faustschläge,SchlägemiteinemTeleskopschlag-stockundeinemSchlagring.NochinTatortnähekonntendreiderfünfAngreifer(vondenenzweibereits wegen Propagandadelikten, Widerstandgegen Vollstreckungsbeamte, Bedrohung, RaubundKörperverletzungderPolizeibekanntsind)gestellt werden. Die drei Täter wurden wenigspäter wieder auf freien Fuß gesetzt.Am glei-chenAbend bedrohten sie wieder die gleichenPersonenineinerDiskohek,weilsiediePolizeigerufenhättenundeineralsvermeintlichenrAn-tifaschisterkanntwordensei.Quelle: internetwache brandenburg und Betrof-fene WeitereFälleaufrecherchegruppe.blogsport.de

2)FrankfurterKneipenzeitung3)http://www.dartseite.de/php/Vereine/showVereine.php#Brandenburg4)http://de.indymedia.org/2006/02/139796.shtml

Nachdem wir diese Rubrik in unserer letz-tenAusgabemitdemschoninden90erJah-renaktivenAndréWernerbegonnenhaben,setzen wir die Reihe nun mit einer Personfort, die ebenfalls schon lange und über dieörtlichen Strukturen hinaus in der Neo-naziszene verankert ist: Rocco Kilz. DerimSommer1972geborene,gelernteForst-wirtgehörteEndeder90erJahrederFrankfur-ter Neonaziszene um Jörg Hähnelan. Rocco Kilz trat in die NPD einund kandidierte 2003 bei den bran-denburgischen Kommunalwahlen imWahlkreis 4 (Landkreis Oder-Spree).NurumwenigeStimmenverpassteerdenEinzugindendortigenKreistag.Nach der Niederlage bei der Kom-munalparlament übernahm RoccoKilz ab 2004 Ordnerfunktionen in-nerhalb der Partei. Wiederholt be-teiligte er sich bei verschiedenenVeranstaltungen und Demonstrati-onen der NPD im Ordnerdienst, sozum Beispiel am 13. Juni 2004 beider NPD-Demonstration gegen dieEU-Osterweiterung im brandenbur-gischenEisenhüttenstadt.ImSommer2004gingRoccoKilznachDresden,

umdortalsPersonenschützerfürdiesächsischeNPD-Landtagsfraktion tätig zu sein. Bei öf-fentlichen Auftritten konnte er mehrfach alspersönlicher Bodyguard des Fraktionsvorsit-zenden und Bundesvorstandsmitglieds HolgerApfelbeobachtetwerden.EbensowieJörgHäh-nel istRoccoKilzauch inderneonazistischen„HeimattreuenDeutschenJugend“(HDJ)aktiv.DieHDJgilt als einederNachfolgeorganisati-onender1994verbotenen„Wiking-Jugend“und

richtetsichvorallemanFamilienundJugendli-che. Die Prinzipien der HDJ lauten „Ordnung,Disziplin,TreueundKameradschaft“,alsZielewerdenu.a.„Kampfgeistwecken,Glutschüren,Neues erschaffen und Traditionen pflegen“ de-finiert. Als sich die HDJ am 4. November 2006 mit über 200 Teilnehmer_innen im branden-burgischen Blankenfelde traf, war Rocco Kilzan einem gezieltenAngriff mehrerer Neonazisauf die Journalistin Andrea Röpke beteiligt.

Röpke, die seit mehreren Jah-ren intensiv in der Neonazisze-ne recherchiert, wollte über dasTreffen der HDJ in Blankenfeldeberichten.AlssieamRandederVer-anstaltung erkannt wurde, wurdesie von den Neonazis, unter ihnenRoccoKilz, bis in einenSupermarktverfolgt und dort körperlich ange-gangen, zu Boden gestoßen und mitFäusten in das Gesicht geschlagen.RoccoKilzistbereitsvoreinigerZeitindieOderstadtzurückgekehrt.Eristhierweiterpolitischaktiv.Schonam27. Januar 2007 konnte er als Teil-nehmer der NPD-Demonstration inFrankfurt (Oder) festgestellt werden.Ihm gilt weiterhin unsere besonde-reAufmerksamkeit.

Werwarnochmal...?

nüchterung ein. Das Stammklientel hattesichzunächsteinmaleingedeckt.Zumregelmä-ßigenEinkaufensinddiePreisejedochschlicht-wegzuhochfürdieimDurchschnittdocheherjüngerelokalerechteSubkultur.AufLaufkund-schaftkonntedasGeschäftmitseinerperipherenLage am hinteren Ende der Lindenstraße auchnichthoffen.SobliebdieEingangstürwährendder Öffnungszeiten immer häufiger verschlos-sen.AufeinemZettelinderTürwurdegebeten,sich bei Interesse in der „Sportlerklause“ zumelden bzw. eine angegebene Handynummerzu wählen. Bei der Suche nach einer besse-renLage fürdenLadenwurdeWilkedannbeider Deutschen Bahn fündig. Unter der Anga-be „Freizeitbekleidung“5 verkaufen zu wollenwurden ihm und der offiziellen Inhaberin des Ladens,KoraKrupkeausFrankfurt(Oder),einleerstehenderVerkaufsraumvermietet. In einerNacht-und-Nebel-Aktion zog „Nordic Compa-ny“ amAbend des 31. März dann in das Ge-bäude Bahnhofsplatz 3. Unmittelbar nach dem

Einzug informierten wir die Bahn ausführlichüberdieHintergründedesGeschäftsundderenInhaber und forderten eine schnellstmöglicheKündigungderRäumlichkeiten.AuchdieStadt,weitere Initiativen und Einzelpersonen wand-ten sich an die Deutsche Bahn. Diese handel-te konsequent als ihr bewusst wurde, welchesKuckucksei sie sich da ins Nest setzen ließen.Grade mal zwei Wochen nach Eröffnung des„Nordic Company“ wurde bereits die Kündi-gungdesMietvertragesversendet.BisEndeJuliwirdmitdemAuszugdesGeschäftsgerechnet.6

Unterdessen hat sich der Laden an sonnigenTagen zum Treffpunkt für junge Neonazis ausdemUmfeldderBetreiberentwickelt.DasMot-to der Inhaber scheint inzwischen auch „jetzterst recht“ zu lauten. So haben sie einen wei-teren mehrfach vorbestraften rechten Schlägerin ihr Geschäft eingebunden und an die Kassegesetzt.SeitMitteAprilverkauftder20jährigeTommyKeller im„NordicCompany“.Parallelmusser sichzumwiederholtenMalmit seiner

Lebensgefährtin und einem Freund wegen ge-meinschaftlicher Nötigung, Bedrohung undKörperverletzung vor Gericht verantworten,nachdemsieantifaschistischeJugendlicheinei-nerFrankfurterStraßenbahnangegriffenhatten.7

Es bleibt nun abzuwarten wie Maik Wilkeweiter verfahren wird. Es ist allerdings zu er-warten, dass er bereits eifrig auf der SuchenacheinerneuenLokalitätist.BeidemNamenWilke sollten also zukünftig bei Vermieternund Gewerbeamt die Alarmglocken schril-len. Er scheint das zu ahnen und hat sich miteinem Internetversand für „Thor Steinar“-Wa-ren jüngst ein weiteres Standbein geschaffen.Der öffentliche Druck der vergangenen Wo-chen hat Mut gemacht und gezeigt, dass es inder Stadt möglich ist effektiv gegen Rechtsvorzugehen, wenn alle Verantwortlichen aneinem Strang ziehen. Diese Initiativkraft soll-te auch bei anderen drängenden Themen, wiebeispielsweise den neonazistischen Anhän-gern des FFC Viktoria ausgespielt werden.

Das recherche output erscheint unregelmäßig als Informationsblatt der antifaschistischen Recher-chegruppe Frankfurt (Oder). Die Verbreitung und der Nachdruck des Blattes ist ausdrücklich erwünscht. Das recherche output ist über die Mailadresse [email protected] und unter http://recherchegruppe.blogsport.de zu erreichen. Informationen, Anfragen und Anregungen sind sehr willkommen.

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rechercheoutput #4

Sommer 2008

RoccoKilz(intürkis)alsPersonenschützerdesNPD-FraktionsvorsitzendeninSachsenHolgerApfel(Mitte)zusammenmitNPD-VizePeterMarx(rechts)am15.08.2005aufeinerKundgebunginDresden.

5)BerlinerZeitungvom16.04.20086)Tagesspiegelvom16.04.20087)PressemitteilungderOpferperspektivevom06.04.2008