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348 TREX Der Treuhandexperte 6/2016 fachbeiträge_ articles spécialisés Rechtliche Aspekte bei der Unter- nehmensbewertung und Unternehmens- bewertung im Güterrecht Die Autoren zeigen einerseits Grundlagen zur Unternehmensbewertung, namentlich auch den von den Perspektiven losgelösten Unternehmenswert und rechtliche Aspekte bei der Unternehmensbewertung auf und gehen anderseits auf Unternehmensbewertun- gen im Güterrecht und insbesondere bei Scheidungen ein. Giorgio Meier-Mazzucato Dr. iur., Fachmann FRW mit eidg. Fachausweis, dipl. Treuhandexperte, dipl. Steuerexperte, Bezirksrichter ITERA Aarau, Zürich und Zug www.itera.ch Annegret Lautenbach-Koch lic. iur., Mediatorin SAV, Fachanwäl- tin SAV Familienrecht Partnerin Peyer Partner Rechtsan- wälte, Zürich www.peyerpartner.ch Unternehmensbewertung ist nicht gleich Unternehmensbewertung. Entscheidend sind u.a. der von den Perspektiven losgelös- te Unternehmenswert, rechtliche Grundla- gen und Rechtspraxis zur Unternehmens- bewertung sowie Auftrag und Funktion der Bewertung. M.a.W. kommt es drauf an, in welchem Kontext eine Unternehmensbewer- tung erfolgt. Die beiden Autoren zeigen einerseits Grund- lagen zur Unternehmensbewertung, nament- lich auch den von den Perspektiven losge- lösten Unternehmenswert und rechtliche Aspekte bei der Unternehmensbewertung auf und gehen anderseits dabei auf Unter- nehmensbewertungen im Güterrecht und insbesondere bei Scheidungen ein. 1. Ausgangspunkt zentraler, von den Perspektiven losgelöster Unternehmenswert Unter dem zentralen, von den Perspektiven losge- lösten Unternehmenswert ist ein objektivierter Unternehmenswert zu verstehen, welcher ein typi- sierter Zukunftserfolgswert ist, der sich bei Fort- führung des Unternehmens in unverändertem Konzept und mit allen realistischen Zukunftserwar- tungen im Rahmen der Marktchancen und -risi- ken, finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstigen Einflussfaktoren ergibt. 1, 2, 3 Der so ermittelte Unternehmenswert bildet inner- halb des Wert- bzw. Preisspektrums solcherma- ssen den Mittelpunkt bzw. Nullwert im Koordi- natensystem im zweidimensionalen Raum. 4 Ermittelt wird aufgrund der verschiedenen Ein- flussfaktoren ein den zentralen Unternehmens- wert ergänzender Gesamtzu- bzw. -abschlag. Dabei kann zwischen Wert- bzw. Preisperspek- tiven in Abhängigkeit zu den Arten der Unter- nehmenstransaktionen 5 und den Paketzu- und -abschlägen im engeren Sinn unterschieden werden. Die Wert- bzw. Preisperspektiven, die in Abhän- gigkeit zu den möglichen Arten der Unterneh- menstransaktionen und den Verträgen zwi- schen den Beteiligten stehen, 6 bewegen sich dabei auf der x-Achse. Die Paketzu- und -abschläge, basierend auf dem Gesellschafts- recht, stehen auf der y-Achse. Es zeigt sich die folgende in Abbildung 1 dargestellte Ausgangs- lage. 7 2. Rechtliche Vorschriften zur Unternehmensbewertung Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen mit dem Speziesgut Unternehmen, für das nur ein bedingt transparenter Markt besteht, gilt grundsätzlich, dass schliesslich nur diejenige Grösse Wert bzw. Marktwert sein kann, die bezahlt wird bzw. bezahlt werden kann. 8 Alle davon abweichenden – in der Regel vorbeste- henden – Unternehmenswerte sind theoreti- scher Natur, gewissermassen mögliche Unter- nehmenswerte und Resultate der funktionalen Unternehmensbewertung. 9 Der Preis bzw. Marktwert eines Unternehmens entspricht damit dem bezahlten Unterneh- menswert, welcher sich als Folge der Subjekt- Objekt-Subjektbeziehung einerseits durch den vom Unternehmen generierten, dem Überneh- mer zukommenden prognostizierten Nutzen und anderseits durch Angebot und Nachfrage bestimmt. 10 Diese Betrachtung entspricht unter rechtlichen Aspekten der Vertragsfreiheit, wonach die Festle- gung des bezahlten Unternehmenswerts bzw. Unternehmenspreises im freien Willen von Über- geber und Übernehmer liegt. 11 Der zwischen Übergeber und Übernehmer ausgehandelte und bezahlte Unternehmenswert ist deshalb grund- sätzlich der richtige und gültige. Den sogenannten gerechten Preis (iustum pretium) gibt es nicht. 12 Schranken der Vertragsfreiheit und damit in der Festlegung des bezahlten Unternehmenswerts sind namentlich zwingendes Recht, die öffentli- che Ordnung, die guten Sitten und das Recht der Persönlichkeit sowie die Nichtigkeit und vor allem die Übervorteilung. 13, 14 Übervorteilung bei ent-

Rechtliche Aspekte bei der Unter nehmensbewertung und

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348 TREX Der Treuhandexperte 6/2016

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Rechtliche Aspekte bei der Unter­nehmensbewertung und Unternehmens­bewertung im Güterrecht

Die Autoren zeigen einerseits Grundlagen zur Unternehmensbewertung, namentlich auch den von den Perspektiven losgelösten Unternehmenswert und rechtliche Aspekte bei der Unternehmensbewertung auf und gehen anderseits auf Unternehmensbewertun­gen im Güterrecht und insbesondere bei Scheidungen ein.

Giorgio Meier-MazzucatoDr. iur., Fachmann FRW mit eidg. Fachausweis, dipl. Treuhandexperte, dipl. Steuerexperte, BezirksrichterITERA Aarau, Zürich und Zugwww.itera.ch

Annegret Lautenbach-Kochlic. iur., Mediatorin SAV, Fachanwäl-tin SAV FamilienrechtPartnerin Peyer Partner Rechtsan-wälte, Zürichwww.peyerpartner.ch

Unternehmensbewertung ist nicht gleich Unternehmensbewertung. Entscheidend sind u.a. der von den Perspektiven losgelös­te Unternehmenswert, rechtliche Grundla­gen und Rechtspraxis zur Unternehmens­bewertung sowie Auftrag und Funktion der Bewertung. M.a.W. kommt es drauf an, in welchem Kontext eine Unternehmensbewer­tung erfolgt.Die beiden Autoren zeigen einerseits Grund­lagen zur Unternehmensbewertung, nament­lich auch den von den Perspektiven losge­lösten Unternehmenswert und rechtliche Aspekte bei der Unternehmensbewertung auf und gehen anderseits dabei auf Unter­nehmensbewertungen im Güterrecht und insbesondere bei Scheidungen ein.

1. Ausgangspunkt zentraler, von den Perspektiven losgelöster Unternehmenswert

Unter dem zentralen, von den Perspektiven losge­lösten Unternehmenswert ist ein objektivierter Unternehmenswert zu verstehen, welcher ein typi­sierter Zukunftserfolgswert ist, der sich bei Fort­führung des Unternehmens in unverändertem Konzept und mit allen realistischen Zukunftserwar­tungen im Rahmen der Marktchancen und ­risi­

ken, finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstigen Einflussfaktoren ergibt.1, 2, 3

Der so ermittelte Unternehmenswert bildet inner­halb des Wert­ bzw. Preisspektrums solcherma­ssen den Mittelpunkt bzw. Nullwert im Koordi­natensystem im zweidimensionalen Raum.4 Ermittelt wird aufgrund der verschiedenen Ein­flussfaktoren ein den zentralen Unternehmens­wert ergänzender Gesamtzu­ bzw. ­abschlag.Dabei kann zwischen Wert­ bzw. Preisperspek­tiven in Abhängigkeit zu den Arten der Unter­nehmenstransaktionen5 und den Paketzu­ und ­abschlägen im engeren Sinn unterschieden werden.Die Wert­ bzw. Preisperspektiven, die in Abhän­gigkeit zu den möglichen Arten der Unterneh­menstransaktionen und den Verträgen zwi­schen den Beteiligten stehen,6 bewegen sich dabei auf der x­Achse. Die Paketzu­ und ­abschläge, basierend auf dem Gesellschafts­recht, stehen auf der y­Achse. Es zeigt sich die folgende in Abbildung 1 dargestellte Ausgangs­lage.7

2. Rechtliche Vorschriften zur Unternehmensbewertung

Im Rahmen von Unternehmenstransaktionen mit dem Speziesgut Unternehmen, für das nur ein bedingt transparenter Markt besteht, gilt

grundsätzlich, dass schliesslich nur diejenige Grösse Wert bzw. Marktwert sein kann, die bezahlt wird bzw. bezahlt werden kann.8 Alle davon abweichenden – in der Regel vorbeste­henden – Unternehmenswerte sind theoreti­scher Natur, gewissermassen mögliche Unter­nehmenswerte und Resultate der funktionalen Unternehmensbewertung.9

Der Preis bzw. Marktwert eines Unternehmens entspricht damit dem bezahlten Unterneh­menswert, welcher sich als Folge der Subjekt­Objekt­Subjektbeziehung einerseits durch den vom Unternehmen generierten, dem Überneh­mer zukommenden prognostizierten Nutzen und anderseits durch Angebot und Nachfrage bestimmt.10

Diese Betrachtung entspricht unter rechtlichen Aspekten der Vertragsfreiheit, wonach die Festle­gung des bezahlten Unternehmenswerts bzw. Unternehmenspreises im freien Willen von Über­geber und Übernehmer liegt.11 Der zwischen Übergeber und Übernehmer ausgehandelte und bezahlte Unternehmenswert ist deshalb grund­sätzlich der richtige und gültige. Den sogenannten gerechten Preis (iustum pretium) gibt es nicht.12

Schranken der Vertragsfreiheit und damit in der Festlegung des bezahlten Unternehmenswerts sind namentlich zwingendes Recht, die öffentli­che Ordnung, die guten Sitten und das Recht der Persönlichkeit sowie die Nichtigkeit und vor allem die Übervorteilung.13, 14 Übervorteilung bei ent­

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geltlichen Unternehmenstransaktionen ist gege­ben, wenn in objektiver Hinsicht ein offenbares Missverhältnis zwischen objektiviertem Unterneh­menswert und bezahltem Unternehmenswert durch einen Vertrag begründet wird und in sub­jektiver Hinsicht seitens der schwächeren Partei, welche oftmals der Übernehmer ist, Notlage, Unerfahrenheit oder Leichtsinn vorliegt und die­se Schwäche durch die andere Partei, welche umgekehrt in der Regel der Übergeber ist, aus­gebeutet wird.15 Der Schutz vor Übervorteilung ist gerade bei entgeltlichen Unternehmenstrans­aktionen besonders wichtig, da Übergeber und Übernehmer sich bezüglich der Bestimmung des Unternehmenswerts weitestgehend auf Sachver­ständige verlassen müssen und sich über den wirklichen Wert des Unternehmens nur schwer ein richtiges Bild machen können.16

Zwingende Bestimmungen zum Unterneh­menswert sind z.B. in Art. 685b OR im Zusam­menhang mit der Übertragung vinkulierter Namenaktien, in Art. 788 OR betreffend Über­tragung eines GmbH­Stammanteilscheins infol­ge Erbgangs oder ehelichen Güterrechts und die Verwertung eines Stammanteils eines aus­geschlossenen Gesellschafters sowie an meh­reren Stellen im Fusionsgesetz zu den Unter­nehmensumstrukturierungen zu finden.17, 18

Sowohl in Art. 685b und 788 OR als auch in Art. 7 Abs. 2 und 6, Art. 23 Abs. 2 Bst. a und Art. 56 Abs. 5 FusG wird mit dem Begriff des wirklichen Werts operiert. Die Verwendung des Begriffs wirklicher Wert suggeriert, dass es auch nicht wirkliche (nicht reale) Unternehmenswer­te gibt, was problematisch ist, indem diese Begriffsumkehrung zum Ergebnis führt, dass unter dem wirklichen Wert ein realer Wert, also der äussere bzw. bezahlte Unternehmenswert verstanden werden müsste und es sich damit bei den nicht wirklichen Werten um rein rech­nerische bzw. innere Werte handelte, wobei es gemäss Bundesgericht gerade umgekehrt ist.19

Der Begriff des wirklichen Werts findet sich erst­mals und ohne nähere Erklärung im Gesetzes­

entwurf des Bundesrats über die Revision der Titel XXIV bis XXXIII des schweizerischen Obli­gationenrechts vom 21. Februar 1928, dem das Parlament in diesem Punkt diskussionslos zustimmte.20 In der Botschaft über die Revision des Aktienrechts vertrat der Bundesrat die Ansicht, dass es sich beim wirklichen Wert bei kleinen und mittleren Unternehmen, analog dem Kurswert bei börsenkotierten und vorbörslich gehandelten Aktien, ebenfalls um einen Ver­kehrswert handelt, was wiederum ein äusserer Wert ist.21 Deshalb sind nach seiner Auffassung neben dem Wert des Anteils an der Gesellschaft alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, wel­che den Verkehrswert beeinflussen, wie der Preis der Kaufofferte, der Umfang des Minderheits­pakets (mit oder ohne Sperrminorität) und die Zukunftsaussichten des Unternehmens.22 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 685b OR handelt es sich beim wirklichen Wert allerdings um den inneren Wert, welcher als ein objektiver Gesamtwert der Gesellschaft, d.h. als Unternehmenswert, unter Einschluss von Substanz­ und Ertragswert zu bestimmen ist.23

Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen, deren Titel weder haupt­ noch in der Regel vor­börslich gehandelt werden und für die es deshalb keine Kurswertnotierungen gibt, kann u.E. der wirkliche Wert im Sinn des Übernahmeangebots der Gesellschaft nicht ein äusserer Wert, sondern nur der innere Wert sein. Die Botschaft zum Fusi­onsgesetz wiederum definiert den Begriff wirkli­cher Wert für das Fusionsgesetz nicht und ver­wendet ihn ohne nähere Umschreibung.24

Das Bundesgericht hat den wirklichen bzw. inneren Wert bei der Übertragung vinkulierter Namenaktien gemäss Art. 685b f. OR in drei seiner Entscheide bestimmt und bestätigt.25 Bei seiner Bestimmung sind folgende wesentliche Elemente zu beachten:• Die Bewertung der Aktien und damit die

Unternehmensbewertung hat sich auf den Zeitpunkt des Gesuches um Zustimmung zur Übertragung der Aktien zu beziehen.26

• Unter dem Begriff wirklicher bzw. innerer (Unternehmens­)Wert ist der Anspruch des Veräusserers bzw. Erwerbers auf volle Entschä­digung seiner Beteiligung zu verstehen.27

• Für die Feststellung des wirklichen (Unter­nehmens­)Werts bzw. des Anspruchs auf vol­le Entschädigung gelangen je nach Situation, in welcher sich das Unternehmen befindet, unterschiedliche Bewertungsmethoden zur Anwendung.• Das Bundesgericht unterscheidet primär

zwischen Fortführung­ und Liquidations­wert.

• Da prinzipiell von der Fortführung der Unter­nehmenstätigkeit auszugehen ist, hat die Bewertung grundsätzlich zum Fortführungs­wert zu erfolgen, ausser es liegt eine Aus­nahmesituation vor.28 Der Fortführungswert gilt selbst dann, wenn der Liquidationswert höher ist als der Fortführungswert, aber die Fortführung des Unternehmens gegeben oder beabsichtigt ist.29

• Der Liquidationswert kommt nur in Ausnah­mesituationen zum Tragen, z.B. wenn das Unternehmen wegen ungenügender Renta­bilität vor der Auflösung steht, oder für Unter­nehmen, in denen die Rentabilität absicht­lich tief gehalten wird, mit dem Ziel die Bewertung der Aktien zu beeinflussen, sowie allgemein für Missbrauchsfälle.30, 31

• Der Fortführungswert ist in der Regel als Gesamtwert des Unternehmens unter Ein­schluss von Substanz­ und Ertragswert zu berechnen.32 Auf den Ertragswert allein abzustellen ist hingegen, wenn derselbe und der Substanzwert sich so stark unter­scheiden, dass das Unternehmen offen­sichtlich ausserstande ist, aus den im Anla­gevermögen gebundenen Aktiven einen angemessenen Ertrag zu erwirtschaften, die Fortführung des Unternehmens aber dennoch ausser Frage steht.33

• Nichtbetriebliches Vermögen ist separat zu bewerten und zum Fortführungswert hin­zuzählen.34

• Die Statuten dürfen die Voraussetzungen der Übertragung nicht erschweren.35

• Die Vinkulierungsbestimmungen in den Sta­tuten können zwar in einem engen Rahmen die Grundsätze der Methode der Ermitt lung des wirklichen Werts näher festlegen, dage­gen dürfen sie nicht zu einem Abweichen vom wirklichen Wert als innerem objekti­viertem Unternehmenswert führen.36 Pro­blematisch und nur unter ausserordent­lichen Umständen akzeptabel sind z.B. Wertbestimmungen, wonach der wirkliche Wert dem Substanz­, Liquidations­ oder Steuerwert entspricht.37

• Die Wertfestlegung durch einen Schiedsgut­achter ist indessen denkbar. Mit der Einset­

Abbildung 1: Zentraler, von den Perspektiven losgelöster Unternehmenswert als Mittelpunkt bzw. Nullwert im Koordinatensystem

Gesamtabschlag – 30 % (Bsp.)

zentraler Unternehmenswert

– 100 %

x-Achse – Verkaufsstrategie und ABVy-

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zung eines Schiedsgutachters zur endgülti­gen Festlegung des wirklichen Werts für alle Parteien wird zwar der gemäss Art. 685b Abs. 5 OR vorgesehene ordentliche Rechts­weg ausgeklammert. Wirksam wäre eine sol­che schiedsrichterliche Bestimmung aller­dings, falls die Zustimmung der Parteien gemäss Art. 6 KSG vorliegt.38

• Problematisch ist indessen die statutari­sche Bestimmung, wonach die Revisions­stelle der Gesellschaft als Schiedsgutach­terin den wirklichen Wert für alle Parteien festlegt. Als Revisionsstelle der Gesell­schaft ist sie deren Organ. Obschon sie gemäss Art. 727c OR vom Verwaltungsrat und vom Stimmenmehrheitsaktionär unab­hängig sein muss, besteht im Streitfall die faktische Schwierigkeit für die Revisions­stelle aufgrund ihrer Organstellung und ihrer Nähe zum Verwaltungsrat und zum Stimmenmehrheitsaktionär, einen wirkli­chen, d.h. inneren objektivierten Wert auch für die Gegenpartei zu bestimmen.39

3. Bewertungsanlass und Auftrag zur Unternehmensbewertung

Ausgangslage für die Unternehmensbewertung von kleinen und mittleren Unternehmen ist regelmässig ein bestimmter Bewertungsanlass, wobei hauptsächlich folgende Kategorien unter­schieden werden können:40

• Verkauf bzw. Kauf eines Unternehmens• Austritt oder Ausschluss von Gesellschaftern

oder Minderheitsbeteiligten aus einem Unter­nehmen

• Übertragung eines Unternehmens im Rah­men des Güter­ oder Erbrechts

• Rechtliche Umstrukturierung eines Unter­nehmens (Fusion, Spaltung, Umwandlung)

• Beteiligung von Mitarbeitern und Mitarbeite­rinnen an einem Unternehmen

• Eigen­ und Fremdkapitalerhöhungen bei einem Unternehmen

• Vermögenssteuerwert eines Unternehmens als Steuerberechnungsgrundlage für die Ver­mögenssteuer41, 42

• Verkehrswert eines Unternehmens als Steu­erberechnungsgrundlage für die Emissions­abgabe43

Es ist evident, dass für die Frage der Vornah­me einer Unternehmensbewertung nicht aus­schlaggebend ist, ob der Bewertungsanlass direkt entgeltlicher oder unentgeltlicher Natur ist, das Unternehmen bspw. Gegenstand eines Kaufgeschäfts oder einer Schenkung bzw. einer güterrechtlichen Auseinandersetzung ist, sondern der Wert bzw. Preis des Unter­nehmens finanzielle Auswirkungen auf die

vielfältigen entgeltlichen oder unentgeltlichen Transaktionen zwischen den beteiligten Par­teien hat.Ausgangslage und Bewertungsanlass für die entgeltliche Unternehmensnachfolge ist je nach Blickwinkel die Übergabe oder Über­nahme eines Unternehmens. Für die ganze Gestaltung der Unternehmenstransaktion ist primär nicht so sehr entscheidend, in wel­chem Leistungssektor das Unternehmen, wel­ches übertragen wird, tätig ist, z.B. Produk­tion, Handel oder Dienstleistung, sondern vielmehr, welcher Wert bzw. Preis dem Unter­nehmen beigemessen wird. Die Übergabe oder Übernahme eines Unternehmens kann im Hinblick auf die Lösung von Fragen wie betreffend der Steuern, der Finanzierung, der zivilrechtlichen Aspekte und der Suche nach dem geeigneten Übernehmer nur insoweit kon­kret erfolgen, als die beteiligten Parteien, ins­besondere der Übergeber, gestützt auf eine Unternehmensbewertung eine möglichst kla­re und realistische Vorstellung über den Wert bzw. Preis des Unternehmens haben. Letztlich geht es bei einer entgeltlichen oder unentgelt­lichen Unternehmenstransaktion um die Dis­position eines finanziellen Werts.Steht der Bewertungsanlass für die Unterneh­menstransaktion fest, nämlich die Disposition des finanziellen Werts des Unternehmens durch Übertragung des Unternehmens vom Übergeber auf den Übernehmer, erfolgt der entsprechende Auftrag zur Unternehmensbe­wertung.Der Auftrag zur Unternehmensbewertung ist ein einfacher Auftrag.44 Sein Umfang bestimmt sich, insoweit er nicht ausdrücklich bezeich­net ist, nach der Natur des zu besorgenden Geschäfts.45 Aufgrund der unterschiedlichen Wertrichtungen und ­dimensionen, die eine Unternehmensbewertung, durch, nebst den Bewertungsanlässen, vor allem subjektive und objektive Unternehmensbewertungsfunktionen bewirkt, einnehmen kann, empfiehlt es sich, zumindest den Bewertungsanlass und die Funktion der Unternehmensbewertung im Auf­trag explizit zu bestimmen.46 Allenfalls kann, sofern das entsprechende Verständnis seitens des Auftraggebers bzw. Übergebers oder Über­nehmers gegeben ist, wobei dieses durch den Auftragnehmer bzw. Bewerter im Zug der Bestim­mung des Auftrags geweckt worden sein kann, selbst die Unternehmensbewertungs methode im Auftrag genannt werden.Es ergibt sich daraus für die Formulierung des Auftrags zur Unternehmensbewertung, dass der Auftraggeber, sei es der Übergeber oder der Über­nehmer oder beide zusammen, und der beauf­tragte Bewerter den Umfang des Auftrags zur Unternehmensbewertung gemeinsam bestim­men, indem:

• der Bewertungsanlass (z.B. Kauf, Verkauf, Scheidung, Erbfolge),

• die Aufgabe (Funktion) der Bewertung, d.h. Schieds­ bzw. Einigungswert, Entscheidungs­wert oder Argumentationswert47 und

• ggf. die Unternehmensbewertungsmethode

im Auftrag explizit formuliert werden.48

In der Folge wird das Augenmerk auf die mit der Auftragsformulierung bestimmte subjektive oder objektive Unternehmensbewertungsfunk­tion mit unterschiedlichen Wertrichtungen und ­dimensionen gerichtet.

4. Funktionaler Unternehmenswert mit unterschiedlichen Wert-richtungen und -dimensionen

Prinzipiell lassen sich die beiden Wertrich­tungen, objektivierter und subjektiver Unter­nehmenswert, auf praktisch alle Bewertungs­anlässe anwenden. In entwicklungshistorischer Hinsicht der Unternehmensbewertung wurde, ergänzend zu den Bewertungsanlässen, mit Beginn der Unterscheidung der verschiedenen Funktionen, die eine Unternehmensbewertung ausüben kann, die ursprüngliche Diskussion um objektivierte und subjektive Unternehmens­werte zu einer eigentlichen aufgabenbezoge­nen, funktionsspezifischen Unternehmensbe­wertungslehre ausgebaut mit dem Ziel, einen funktionalen Unternehmenswert zu ermitteln.49

Der Begriff funktionaler Unternehmenswert besagt, dass der Bewerter aufgrund des Bewer­tungsanlasses und der zu lösenden Aufgaben die Unterscheidungskriterien für die Unterneh­mensbewertung treffen wird.50 Die Frage lautet für den Bewerter: Welches ist die Funktion (Auf­gabe) der konkreten Unternehmensbewertung? Demgemäss kann der Bewerter folgende Auf­gaben übernehmen:1. Vermittlungs­ oder Konfliktlösungsfunktion

mit dem Arbitriumwert2. Beratungsfunktion mit dem Entscheidungs­

wert3. Argumentationsfunktion mit dem Argumen­

tationswert51, 52

In der Folge werden diese unterschiedlichen Wertrichtungen und ­dimensionen für die ent­geltliche Unternehmensnachfolge analysiert.

4.1 Arbitriumwert: Vermittlungs- und Konfliktlösungsfunktion

Arbitrium heisst unparteiisches Gutachten, Schiedsspruch. Der Arbitriumwert ist demge­mäss ein objektivierter Unternehmenswert, wel­cher von den an der Unternehmensbewertung beteiligten Parteien unbeeinflusst ermittelt wird.53 Hingegen ist er konkret für das von

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ihnen getragene Rechtsverhältnis unter Beach­tung der darauf anwendbaren Rechts­ bzw. Ver­tragsnormen zu bestimmen.54, 55 Er kommt im Rahmen der entgeltlichen Unternehmensnach­folge zum Tragen, wenn sich Übergeber und Übernehmer auf einen Bewerter ihres Vertrau­ens einigen56 und basiert auf konsistenten57, betrieblich objektiven und erkennbaren Daten des Unternehmens.58

Die Funktion des Bewerters ist, mittels des Arbi­triumwerts zwischen Übergeber und Überneh­mer zu vermitteln oder allenfalls bestehende Konflikte zu beseitigen. Die Interessen von Über­geber und Übernehmer werden bei der Errech­nung des Arbitriumwerts ausser Acht gelassen, finden sich aber anderseits – geht man davon aus, dass diese in der Regel anfänglich einander entgegengesetzte Vorstellungen bezüglich der Höhe des Unternehmenswerts haben – gleich­wohl, wenn auch nicht gleichermassen, in der Unternehmensbewertung wieder.59

Schön versteht den Arbitriumwert als Synthese verschiedener subjektiver Vorstellungen mit zum Teil entgegengesetzten Interessen.60 Dieser Betrachtung kann gefolgt werden, insofern die Synthese als Aufhebung der ursprünglichen gegenläufigen subjektiven Wertvorstellungen in einen darüberstehenden, von ihnen losgelösten eigenständig ermittelten Unternehmenswert erkannt wird, nicht aber als Zusammenfügung der beiden subjektiven Wertvorstellungen zu einem rechnerischen Ganzen, da der Arbitrium­wert per definitionem nicht das arithmetische Mit­tel der ursprünglichen subjektiven Wertvorstel­lungen von Übergeber und Übernehmer ist, sondern ein davon losgelöster und unter Anwen­dung eines Unternehmensbewertungsmodells unabhängig ermittelter objektivierter Unterneh­menswert.61 Der Arbitriumwert ist vorerst ein objektivierter Unternehmenszielwert im Sinn eines Unternehmensausgangswerts und hat das Ziel, die Unternehmenswertvorstellungen von Übergeber und Übernehmer in Einklang zu brin­gen. Er ist mit dem Einigungswert im Sinn des Unternehmensschlusswerts identisch und ent­spricht damit dem bezahlten Unternehmenswert, sobald Übergeber und Übernehmer ihre Unter­nehmenswertvorstellungen durch Verhandlungen untereinander und mit dem Arbitriumwert in voll­ständige Übereinstimmung gebracht haben.Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Arbitriumwert ein objektivierter Unter­nehmenswert ist. Aus der Sicht der Funktions­lehre und des funktionalen Unternehmenswerts kommt dem Arbitriumwert Vermittlungs­ und Konfliktlösungsfunktion zu. Die Darstellung in Abbildung 2 verdeutlicht die Funktion des Arbi­triumwerts.Die Anwendung des Arbitriumwerts setzt vor­aus, dass Übergeber und Übernehmer zusam­men den Auftrag zur Unternehmenswertung

erteilen bzw. diesem zustimmen, beide ein gutes Vertrauensverhältnis zueinander und ein eben­so gutes Vertrauensverhältnis zum Bewerter haben.Der Arbitriumwert eignet sich für alle Situatio­nen, in denen ein objektivierter Unternehmens­wert ermittelt werden soll, u.a. für• Verkauf und Kauf, wobei die Anwendung des

Arbitriumwerts unter fremden Dritten eher selten ist, dafür innerhalb der Familie62 und innerhalb des Unternehmens (Management­Buy­out bzw. Employee­Buy­out63) häufig vorkommt.

• Abwehr Dritter im Fall vinkulierter Namen­aktien aufgrund deren wirklichen Werts64

• bestimmte Fälle von Umstrukturierungen, wie Fusionen und Umwandlungen, bei denen der wirkliche Wert gesetzlich vorgeschrieben ist.65

• Güterrecht, bspw. Scheidung• Erbfolge und Erbteilung

4.2 Entscheidungswert: BeratungsfunktionDer Entscheidungswert ist ein subjektiver Wert und der Bewerter hat den Auftrag, im Interesse seiner Partei zu handeln und den Unterneh­menswert danach auszurichten.66 Anders als der Arbitriumwert, der nicht nur betriebswirt­schaftlich orientiert, sondern vor allem ein vom

Recht geprägter und bestimmter Unter neh­mens wert ist, liegt der Entscheidungswert im Gegensatz dazu ganz auf der Linie der Betriebs­wirtschaftslehre als entscheidungsorientierter Wissenschaft und ist unter rechtlichen Aspek­ten der Vertragsfreiheit zuzuordnen, wonach die Festlegung von bezahltem Unternehmenswert bzw. Unternehmenspreis im freien Willen von Übergeber und Übernehmer liegt.67, 68

Die Funktion des Bewerters bei der entgeltlichen Unternehmensnachfolge ist, Übergeber oder Übernehmer mittels den je auf sie ausgerichte­ten Entscheidungswerten im Sinn von Unterneh­mensgrenzwerten ihren Verhandlungsspielraum aufzuzeigen und ihnen so zu einer möglichst rationalen Entscheidung im Hinblick auf die Übertragung des Unternehmens zu verhelfen.69 Der Entscheidungswert ist folglich je nach Sicht­weise von Übergeber und Übernehmer ein Mini­mal­ oder Maximalwert für das Unternehmen und wird in aller Regel der anderen Partei nicht bekanntgegeben.70 Er ist demnach ein interner subjektiver Zielgrenzwert der einzelnen Parteien und weicht beinahe immer vom schliesslich bestimmten Preis für das Unternehmen ab.71 Er stimmt dann mit dem Preis überein, wenn Über­geber oder Übernehmer ihre Zielgrenzwertvor­stellungen bei den Wert­ und Preisverhandlun­gen vollumfänglich durchsetzen können, was

Abbildung 2: Arbitriumwert – ausgeglichene übereinstimmende Wertvorstellungen

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Abbildung 3: Entscheidungswert – interne subjektive Wertvorstellungen

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nebst dem Verhandlungsgeschick wesentlich durch die Angebots­ und Nachfragesituation bestimmt ist.72

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Entscheidungswert ein subjekti­ver Unternehmenswert ist. Aus der Sicht der Funktionslehre und des funktionalen Unterneh­menswerts ist die Aufgabe des Entscheidungs­werts, die Verhandlungsparteien mit entspre­chenden Wertgrundlagen zu versorgen, um eine möglichst rationale Entscheidung treffen zu können. Der Entscheidungswert stellt für den Übergeber des Unternehmens die Preisunter­grenze und für den Übernehmer die Preisober­grenze dar. Die Darstellung in Abbildung 3 ver­deutlicht die Funktion des Entscheidungswerts.Die Anwendung des Entscheidungswerts setzt voraus, dass Übergeber und Übernehmer, je unabhängig voneinander, einer Person ihres Vertrauens den Auftrag zur Unternehmensbe­wertung erteilen und den für sie ermittelten Ent­scheidungswert der anderen Partei nicht bekanntgeben.Der Entscheidungswert eignet sich für alle Situ­ationen, in denen ein interner subjektiver Unter­nehmenswert ermittelt werden soll, u.a. für• Verkauf und Kauf, da insbesondere fremde

Dritte typischerweise mit der anderen Partei entgegengesetzten Entscheidungswerten operieren.

• bestimmte Fälle von Umstrukturierungen, wie Fusionen und Umwandlungen, bei denen der wirkliche Wert nicht zwingend ist.73

• Güterrecht und Scheidung, sofern die Ehe­gatten eine Parteistellung beziehen.

• Erbfolge und Erbteilung, sofern Erben und Vermächtnisnehmer eine Parteistellung beziehen.

4.3 Argumentationswert: Argumentationsfunktion

Der Argumentationswert ist ebenfalls ein sub­jektiver Wert, der hingegen in seiner Wertdi­mension über den Entscheidungswert hinaus­geht und deshalb zusätzlich parteiischer Natur ist.74 Er dient Übergeber und Übernehmer zur aktiven Beeinflussung der Preisverhandlungen und erfordert die Kenntnis des eigenen Ent­scheidungswerts und wird der Gegenpartei als Argumentations­ und Beeinflussungsinstrument offengelegt.Die Funktion des Bewerters bei der entgeltlichen Unternehmensbewertung ist, Übergeber oder Übernehmer, gestützt auf deren Entscheidungs­wert und ergänzt um zusätzlich subjektivierte Unternehmenswertbestimmungsfaktoren,75, 76 mit Argumenten zur eigenen Wertstützung und Entkräftung der gegnerischen Angebote zu ver­sorgen. Der Argumentationswert ist folglich ein externer subjektiver und parteiischer Wert, der nicht wirklich Zielgrenzwert ist und sich zwangs­

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Abbildung 4: Argumentationswert – externe subjektive Wertvorstellungen

läufig fast immer vom schliesslich bestimmten Preis für das Unternehmen unterscheidet. Eine Übereinstimmung des Argumentationswerts einer der beiden Parteien mit dem Preis für das Unternehmen ist selbst hier denkbar, sofern die eine Partei der Argumentation der anderen Partei folgt und deren Argumentationswert als Preis zustimmt. Diesfalls könnte sich, je nachdem, wie extrem die Wertdimension des Argumentations­werts ausfällt, die Frage nach einer Übervortei­lung stellen.77

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Argumentationswert ein parteiischer Unternehmenswert ist. Er dient der Untermaue­rung eigener und der Entkräftung gegnerischer Verhandlungsangebote. Der Argumentationswert verlangt die Kenntnis des eigenen Entschei­dungswerts und wird der gegnerischen Partei bekanntgegeben. Der Argumentationswert unter­scheidet sich vom Entscheidungswert durch die Veränderung einzelner oder mehrerer Unterneh­menswertbestimmungsfaktoren. Die Darstellung in Abbildung 4 verdeutlicht die Funktion des Argumentationswerts.Die Anwendung des Argumentationswerts setzt voraus, dass Übergeber und Übernehmer je vorgängig einen Entscheidungswert ermittelt haben, den sie der anderen Partei nicht offen­legen und der ihre Wertgrenze bestimmt.Der Argumentationswert eignet sich für alle Situationen, wo ein externer subjektiver Unter­nehmenswert ermittelt werden soll, u.a. für78

• Verkauf und Kauf, da insbesondere fremde Dritte typischerweise mit der anderen Partei entgegengesetzten Entscheidungs­ und Argu­mentationswerten operieren.

• bestimmte Fälle von Umstrukturierungen, wie Fusionen und Umwandlungen, bei denen der wirkliche Wert nicht zwingend ist.79

• Erbfolge und Erbteilung, sofern Erben und Vermächtnisnehmer eine Parteistellung bezie­hen.

Argumentationswert und Entscheidungswert und die Verhandlungen von Übergeber und

Übernehmer über den Unternehmenswert brin­gen zum Ausdruck, dass die für die Unterneh­menswertbestimmung eingesetzten Zukunfts­determinanten80 nicht mit letzter Sicherheit auch so eintreffen, wie sie geplant werden. Viel­mehr handelt es sich lediglich um Prognosen, welche zwar fundiert und aufgrund wissen­schaftlicher Methoden ermittelt sind. Eine gewisse Unsicherheit in ihrem Eintreten ist ihnen aber immanent.81

Es stellt sich damit die Frage, welche Auswir­kungen diese Unsicherheiten haben und wie sich der Unternehmenswert entwickelt, falls eine oder mehrere dieser Unternehmenswert­bestimmungsfaktoren verändert werden. Dazu wird das Verfahren der Sensitivitätsanalyse ein­gesetzt.82 Es werden dabei einzelne oder meh­rere Prognosedeterminanten, in concreto Unter­nehmenswertbestimmungsfaktoren, bei sonst gleich bleibenden Formeln bzw. Rechenmodel­len, verändert.

5. Unternehmensbewertung im Güterrecht

Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit Aspekten der Unternehmensbewertung im Güterrecht und beziehen sich dabei einerseits auf einschlägige Gesetzesbestimmungen und andererseits entsprechende Rechtspraxis bzw. Rechtsprechung.

5.1 Zeitpunkt der Zuweisung von Vermö-gensgegenständen in die Gütermassen

Der ordentliche Güterstand der Errungenschafts­beteiligung kennt für jeden Ehegatten zwei Güter­massen: das Eigengut und die Errungenschaft der Ehefrau und das Eigengut und die Errungen­schaft des Ehemannes. Art. 207 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstands aus­geschieden werden. Das heisst, dass – mit Aus­nahme von gemeinschaftlichem Eigentum – alle

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Vermögenswerte der Ehegatten im Moment der Auflösung des Güterstands entweder dem Eigen­gut oder der Errungenschaft des einen oder des anderen Ehegatten zugewiesen werden.Als Zeitpunkt, der den Güterstand auflöst, gilt nach Art. 204 Abs. 2 ZGB bei der Scheidung – aber auch bei der in der Praxis seltenen gerichtlichen Trennung (nicht aber ohne aus­drückliche Anordnung bei der eheschutzrich­terlichen Trennung), der Ungültigerklärung der Ehe oder der gerichtlichen Anordnung der Gütertrennung – der Tag, an dem das entspre­chende Begehren eingereicht wird.

5.2 Zeitpunkt der BewertungDie für die Bezifferung der güterrechtlichen Ansprüche notwendige Bewertung der Vermö­genswerte und Verbindlichkeiten ist laut Art. 214 Abs. 2 ZGB der Zeitpunkt, in welchem die güter­rechtliche Auseinandersetzung vorgenommen wird. Im Rahmen eines – gerichtlichen – Schei­dungsverfahrens ist dies der Tag der Urteilsfäl­lung bzw. in praxi ein dem Tag der Urteilsfällung möglichst naher früherer Zeitpunkt.

5.3 Art der BewertungDas Gesetz verlangt in Art. 211 ZGB, dass zur güterrechtlichen Auseinandersetzung die Vermö­genswerte zu ihrem Verkehrswert einzusetzen sind. Bei einem Unternehmen gilt der Fortfüh­rungswert als Verkehrswert, der Liquidationswert nur in demjenigen Falle, da das Unternehmen tatsächlich liquidiert wird.Über den Anrechnungswert eines Vermögens­werts haben sich die in Scheidung stehenden Ehegatten einig zu werden, und für den Fall, dass sie keine Einigung finden, ist es Sache des Richters, diesen Wert zu ermitteln. Wenn es nun darum geht, den Wert eines Unternehmens zu ermitteln, wird gemäss Bundesgericht die letzte Jahresrechnung vor dem Bewertungszeitpunkt oder ein eigens erstellter Zwischenabschluss als massgebliche Grundlage verwendet, vorausge­setzt, dass ein solcher Abschluss nach den ein­schlägigen handelsrechtlichen Normen erstellt worden ist. Auf jeden Fall ist ein Geschäftsbe­trieb oder ein kaufmännisches Gewerbe nach anerkannten Grundsätzen der Betriebswirt­schaftslehre zu bewerten.Der Fortführungswert eines Betriebs ist nicht durch die Erfassung der einzelnen Gegenstän­de im Unternehmen zu ermitteln, sondern immer nur im Rahmen einer Gesamtbewertung fest­zulegen; aufgrund einer vorangehenden Unter­nehmensanalyse sind zudem nicht betriebs ­notwendige Bestandteile auszuscheiden und separat zu beurteilen.83 Diese Bewertungsre­geln werden bei allen Unternehmen angewen­det, wie das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 30. Juni 2003 ausführt, in welchem die Bewertung einer Einzelfirma den Streitgegen­

stand bildete und wo weiter darauf hingewiesen wird, dass die gleichen Bewertungsregeln bei Unternehmen im Rechtskleid der juristischen Person und bei freien Berufen, wie Arztpraxen, Anwaltspraxen, Architekten, Kunstschaffende usw., anzuwenden sind.84

5.4 Rechtlich einfach, praktisch anspruchsvoll

Wie sich zeigt, sind die scheidungsrechtlichen Grundlagen nicht besonders kompliziert, um ein Unternehmen zu bewerten. Weil aber die Inter­essen der Scheidungsparteien am Unterneh­menswert in der Regel entgegengesetzt sind, indem die eine Partei etwas zugute hat und die andere etwas abgeben muss, ist die faire Bewer­tung eines Unternehmens praktisch dennoch eine schwierige und vielschichtige Aufgabe. Das Ziel der Bewertung ist letztlich nicht einfach eine Zahl, sondern die Einigkeit der Parteien über den Unternehmenswert. Dass aber genau diese Einigkeit häufig nur schwer zu erreichen ist, hängt u.a. mit dem grossen Interpretationsspiel­raum zusammen, der den Unternehmenszahlen zukommt, welche das Unternehmen zur Bemes­sung seines Werts charakterisieren.

5.5 Arbitriumwert als Einigungswert im Scheidungsverfahren

Innerhalb der funktionalen Unternehmens­bewertung, bei der sich die Frage nach der Funktion, d.h. Aufgabe der konkreten Unter­nehmensbewertung stellt, wird zwischen Arbi­triumwert, Entscheidungswert und Argumen­tationswert unterschieden. Entscheidungs­ und Argumentationswert bilden eine taktische Ein­heit. Beide sind subjektive und parteiische Unternehmenswerte und haben je für ihre Partei subjektive Beratungs­ und Argumenta­tionsfunktionen.Der Arbitriumwert ist hingegen ein objektivierter Unternehmenswert und seine Funktion ist die Vermittlung und Konfliktlösung zwischen den Parteien. Objektiviert heisst, dass ein möglichst objektiver Unternehmenswert gesucht wird; den absolut objektiven Unternehmenswert gibt es nicht.Arbitrium ist lateinisch und heisst in diesem Zusammenhang Schiedsspruch. Der Arbitrium­wert ist demzufolge ein unparteiischer Schieds­wert, welcher von den an der Unternehmens­bewertung beteiligten Parteien unbeeinflusst ist. Er basiert auf angemessenen betrieblich objek­tiven und erkennbaren Daten des Unterneh­mens. Die Interessen der an der Unterneh­mensbewertung beteiligten Ehegatten werden gleichermassen in die Unternehmensbewer­tung miteinbezogen, und es wird eine für beide vertretbare Übereinstimmung der Unterneh­menswertvorstellungen gesucht. Der Arbitrium­wert als objektivierter Unter nehmenszielwert ist

schlussendlich der Einigungswert zwischen den Ehegatten und entspricht damit dem güter­rechtlichen Auseinandersetzungswert für das Unternehmen.Der Arbitriumwert vermag die beiden scheiden­den Ehegatten in Bezug auf die Frage des Unternehmenswerts zu einigen. Sollte dies den Ehegatten dennoch nicht gelingen, muss der Richter den Unternehmenswert festlegen und wird dabei selbst auf einen Arbitriumwert abstellen.

5.6 Liquidationswert als WertuntergrenzeIm Zusammenhang mit dem wirklichen Wert hat das Bundesgericht festgestellt, dass die Bewertung grundsätzlich zum Fortführungswert zu erfolgen habe, ausser es liege eine Ausnah­mesituation vor, und der Fortführungswert selbst dann gelte, wenn der Liquidationswert höher als der Fortführungswert sei, aber die Fortführung des Unternehmens gegeben oder beabsichtigt sei.Weiter hält das Bundesgericht fest, dass der Liquidationswert nur in Ausnahmesituationen zum Tragen komme, z.B. wenn das Unterneh­men wegen ungenügender Rentabilität vor der Auflösung stehe, oder für Unternehmen, in denen die Rentabilität absichtlich tief gehalten werde, mit dem Ziel die Bewertung der Aktien zu beeinflussen, sowie allgemein für Missbrauchs­fälle.85

Diese Grundsätze wendet das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 10. Februar 2010 an.86 In diesem Entscheid äussert sich das Bundesgericht u.a. zu Bewertung und Metho­den der Bewertung eines kaufmännischen Unternehmens.87 In E. 6.2.4 des besagten Ent­scheids führt das Bundesgericht zur Frage von Fortführungs­ versus Liquidationswert Folgen­des aus:«Eine rein gewinnorientierte Bewertung kann im Falle kleiner Unternehmen, die beispielswei­se über eine Betriebsliegenschaft verfügen (Werkstatt, Ausstellungsräume o.ä.), dazu füh­ren, dass der Ertragswert geringer ist als der Liquidationswert. Für das Ehegüterrecht wird angenommen, dass der Liquidationswert als Wertuntergrenze gilt; vorbehalten bleibt der Wert eines unrentablen Unternehmens, das aus gesetzlichen oder ähnlichen Gründen weiterge­führt werden muss (vgl. Hausheer / Reusser / Geiser, a.a.O., N. 19 Abs. 2 zu Art. 211 ZGB; allgemein: Helbling, a.a.O., S. 741 f. Ziff. 24). Die im Gesellschaftsrecht abweichende Praxis (vgl. BGE 120 II 259 E. 2c S. 262 ff.) lässt sich auf die güterrechtliche Auseinandersetzung nicht übertragen, kann es doch hier nicht im Belieben des unternehmerisch tätigen Ehegat­ten stehen, allein durch seine subjektiv gewoll­te Geschäftspolitik die Höhe der Errungenschaft und damit den Vorschlagsanteil des anderen

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Ehegatten zu bestimmen. Massgebend ist eine objektive Bewertung, und deshalb auch ein gegebenenfalls über dem Ertragswert liegender Liquidationswert ungeachtet der Frage, ob das Unternehmen tatsächlich liquidiert oder weiter­geführt wird (vgl. Eitel, a.a.O., Rz. 5, mit Hinweis auf Ziff. 9 und 10.1 S. 20 f. des zitierten Berichts; Hausheer / Druey, Erb­ und güterrechtliche Hin­dernisse in der Nachfolgeplanung des Unter­nehmers, Schweizerische Aktien ge sellschaft [SAG] 54/1982 S. 70 ff., 76).»88

Die Berechnung des Liquidationswerts basiert auf dem unter der Annahme der Fortführung festgestellten bzw. ermittelten Substanzwert, vermindert um die vollen latenten Steuern auf allfälligen stillen Reserven und den Ausschüt­tungssteuerlasten auf den offenen und stillen Reserven und einem allfälligen Bilanzgewinn. S. dazu das Beispiel in Abbildung 5.

5.7 Industrieller versus konjunktureller Mehrwert

Mehrwert ist eine Frage, die sich beim ordent­lichen Güterstand der Errungenschaftsbeteili­gung ergibt.89 Haben demzufolge Mittel der einen Vermögensmasse, d.h. Eigengut oder Errungenschaft, zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenstän­den der anderen beigetragen und ist ein Mehr­ oder ein Minderwert eingetreten, so entspricht die Ersatzforderung dem Anteil des Beitrags und wird nach dem Wert der Vermögensgegen­stände im Zeitpunkt der Auseinandersetzung oder der Veräusserung berechnet.Entsprechend muss zuerst eine allfällige Wert­differenz eines Vermögenswerts, im vorliegen­den Fall eines Unternehmens bzw. dessen Beteiligungsrechte, zwischen zwei Zeitpunkten ermittelt werden. Ist diese gegeben, muss als­dann geprüft werden, wie sich diese Wertdiffe­renz zusammensetzt, wobei im Güterrecht zwi­schen konjunkturellem und / oder industriellem Mehrwert unterschieden wird.Das Bundesgericht hat in einem seiner Ent­scheide diese Unterscheidung getroffen.90 Der Ehemann verkaufte Eigenguts­Aktien. Sodann steht fest, dass der Ehefrau vom Erlös aus dem Aktienverkauf nur dann etwas zusteht, wenn ein gegen das Eigengut des Beklagten, in das der (Netto­)Erlös gefallen ist, gerichteter Ersatzan­spruch seiner Errungenschaft besteht. Das Bundesgericht hat einen solchen Anspruch unter Hinweis auf die aus dem Unternehmen im Verlaufe der Jahre bezogenen (der Errun­genschaft zugefallenen) Leistungen,91 mit denen der Arbeitseinsatz des Beklagten vollum­fänglich abgegolten worden sei, verneint. In einem Fall der vorliegenden Art bleibt nach Hausheer / Reusser / Geiser92 für die Annahme eines Mehrwerts, d.h. für eine entsprechende (zusätzliche) Ersatzforderung der Errungen­

schaft gegenüber dem Eigengut, dann kein Raum, wenn der aus dem eigenen Unterneh­men bezogene Lohn mit der Entschädigung der entsprechenden Arbeitsleistung durch einen Dritten vergleichbar ist und auch die Wertstei­gerung des Unternehmervermögens im Rah­men dessen bleibt, was auf eine entsprechende von einem Dritten gegen Entschädigung zu leis­tende Tätigkeit zurückzuführen wäre. Dieser Auffassung ist beizupflichten.93

Daraus ergibt sich, dass im Fall, da das Unter­nehmen oder ein Teil davon bei Erwerb zum Eigengut des einen Ehegatten gehört hat und er für seine Arbeitsleistung marktkonform entgolten worden ist, kein industrieller Mehrwert gegeben ist und mithin keine Ersatzforderung der Errun­genschaft gegenüber dem Eigengut besteht. Vice versa ergibt sich ein industrieller Mehrwert, wenn das Entgelt des das Unternehmen besitzenden Ehegatten (Unternehmerehegatten) für seine

Abbildung 5: Ermittlung Liquidationswert, ausgehend vom Substanzwert

Statuswerte1) 2) Total 4) 5) 6)

Aktiven TCHF TCHF TCHF TCHF TCHF TCHFFlüssige Mittel 215 0 215 140 75 Forderungen L & L – Delkredere 401 22 423 170 253 Übrige Forderungen 110 0 110 110 0 Waren-, Materialvorräte 250 125 375 – 110 485 AA und FA – Anzahlungen 370 0 370 370 0 Aktive Rechnungsabgrenzung 20 0 20 20 0 Finanzanlagen 0 0 0 0 0 Beteiligungen 0 0 0 0 0 Maschinen 35 192 227 227 0 Mobiliar 12 63 75 75 0 Informatik – 30 70 40 40 0 Fahrzeuge 79 41 120 120 0 Immobilien 1093 254 1347 1347 0 Immaterielles Anlagevermögen 0 0 0 0 0 Nicht einbezahltes AK, SK 0 0 0 0 0

Total Aktiven 2555 767 3322 2509 813 0

FremdkapitalVerbindlichkeit aus L & L 250 0 250 250 0Dividenden 0 0 0 0 0kurzfristige verzinsliche Verbindlichkeiten 0 0 0 0 0übrige kurzfristige Verbindlichkeiten 50 0 50 50 0Passive Rechnungsabgrenzung 50 0 50 50 0Langfristige verzinsliche Verbindlichkeiten 750 0 750 0 750übrige langfristige Verbindlichkeiten 0 0 0 0 0Rückstellungen 50 50 0 0 0Rückstellung latente Steuern 0 79 79 0 79

Total Fremdkapital 1150 29 1179 350 0 829Eigenkapital 1405 738 2143 2159 813 – 829Total Eigenkapital 1405 738 2143 2159 813 – 829Total Passiven 2555 767 3322 2509 813 0

LiquidationswertEigenkapital bei Fortführung 2143

Erhöhung Rückstellung für latente Steuern – 79Eigenkapital bei Liquidation vor Ausschüttungssteuer 2063

Einkommenssteuer (Ausschüttungssteuer) 2013 20 % – 403Eigenkapital bei Liquidation nach Ausschüttungssteuer 1661

Legende: 1) = Bilanzwerte; 2) = Bewertungskorrekturen; 4) = Betriebliche Werte; 5) = Nichtbetriebliche Werte; 6) = Finanzschulden, Rückstellungen

Abbildung 6: Industrieller versus konjunktureller Mehrwert

Basis Mehrwert/e

CHF CHF

Wert des Unternehmens im Zeitpunkt 2005 – 1 500 000

Wert des Unternehmens im Zeitpunkt 2015 + 2 250 000 +750 000

Marktkonformes Jahresentgelt für Arbeitsleistung Unternehmerehegatte – 250 000

Tatsächliches Jahresentgelt für Arbeitsleistung Unternehmerehegatte + 200 000

Zu tiefes jährliches Arbeitsentgelt – 50 000

Zu tiefes Arbeitsentgelt für 2006 bis 2015 = industrieller Mehrwert – 500 000

Konjunktureller Mehrwert 250 000

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Arbeitsleistung offensichtlich nicht marktkonform ist, der alsdann in die Errungenschaft fällt. Die Darstellung in Abbildung 6 zeigt eine mögliche, vereinfachte Berechnung dieses industriellen Mehrwerts bei ungenügender Abgeltung der Arbeitsleistung des Unternehmerehegatten.In diesem (Muster)fall wären 500 000 Fr. der Errungenschaft und 150 000 Fr. dem Eigengut zuzurechnen. Bei der Scheidung müsste der Ehemann der Ehefrau im Rahmen der hälftigen Vorschlagsteilung nach Art. 210 Abs. 1 ZGB 250 000 Fr. bezahlen. Anspruchsvoll wird die Berechnung, wenn die zu tiefen jährlichen Arbeitsentgelte zurückbehalten und als Inves­tition mit Errungenschaftsmitteln ihrerseits wie­der am Mehrwert teilhaben würden.Hinzuweisen ist darauf, dass ein unter dem marktkonformen Jahresentgelt für Arbeitsleis­tung liegendes Entgelt in konkreten Fällen unternehmerisch erforderlich sein kann. Befin­det sich ein Unternehmen in der Phase einer ausgedehnten Investition, bspw. der Erschlies­sung eines neuen Markts oder neuer Produkte oder hat es erhöhte Wachstumsziele, binden diese Vorhaben einen überhöhten Anteil der Mittelzuflüsse oder bedingen gar eine Vorfinan­zierung, bei KMU bspw. durch Reduktion ande­rer Ausgaben, sodass bei eigentümergeführten Unternehmen oftmals das Eigentümergehalt tie­fer als marktkonform gehalten werden muss, um die Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens zu gewährleisten.94, 95 ■

1 Fachmitteilung Unternehmensbewertung, Richtlinien und Grundsätze für die Bewertenden, Treuhand­Kam­mer, 2008, S. 7.

2 S. dazu auch Meier­Mazzucato Giorgio, Entgeltliche Unternehmensnachfolge von KMU mit Schwerpunkt steuerliche Aspekte, Bern 2009 [Meier­Mazzucato], S. 73 ff. zum Arbitriumwert.

3 S. dazu auch TREX 5/2011, Meier­Mazzucato Giorgio und Montandon Marc A., Wert­ bzw. Preisperspektiven und Paketzu­ und ­abschläge bei der Unternehmensbewer­tung und bei Unternehmenstransaktionen, S. 270 ff.

4 Es gibt verschiedene Koordinatensysteme. Hier gelangt das häufig verwendete sogenannte kartesische (von Des­cartes) Koordinatensystem zur Anwendung. Die horizon­tale Achse bezeichnet man als Abszissenachse (von lat.: abscissa «die abgeschnittene» Linie) oder Rechtsachse. Die vertikale Achse heisst Ordinatenachse (von lat.: [linea] ordinata, «geordnet/e Linie») oder Hochachse. Man spricht auch von der x­Achse (statt Abszissen achse) und der y­Achse (statt Ordinatenachse).

5 Anstelle von Arten der Unternehmenstransaktionen wird oftmals auch von Verkaufsstrategie gesprochen. S. dazu bspw. UBS Outlook, Nachfolge im Unterneh­men, Ausgabe 2005, S. 25.

6 S. zu den Arten und Formen der Unternehmensnach­folge Meier­Mazzucato, S. 256 ff.

7 S. dazu auch die nachstehende Abbildung 2, welche diese drei Dimensionen anschaulich zeigt.

8 Blumer Karl, Die kaufmännische Bilanz, 10. Aufl., Zürich 1989 [Blumer], S. 260 f.; Helbling Carl, Unternehmens­bewertung und Steuern, 9. Aufl., Düsseldorf 1998 [Helb­ling], S. 53, der feststellt, dass bei «nicht vertretbaren individuellen Gütern», wie Unternehmen als Ganzes, kein transparenter Markt besteht; Schön Etienne, Unterneh­mensbewertung im Gesellschafts­ und Vertragsrecht, Diss. Zürich 2000 [Schön], S. 170 FN 810 unter Verweis auf Wollny Paul, Unternehmens­ und Praxisübertragun­gen, 3. Aufl., Herne / Berlin 1994, N 1508.

9 Detailliert zum funktionalen Unternehmensbewertung s. Meier­Mazzucato, Kapitel 8.3.

10 Helbling, S. 25 und 53, der darauf verweist, dass die Beziehung von Preis und «bezahltem Wert» bereits von Schmidt F., Die organisatorische Tageswertbilanz, 3. Aufl. 1951, definiert wurde. Simonek Madeleine, Steu­erliche Probleme der Geschäftsnachfolge bei Ableben eines Personenunternehmers, Bern 1994 [Simonek], S.  102, die auf «… das den Wert des Gegenstands bestimmende Verhältnis zwischen Angebot und Nach­frage …» hinweist und unter dem Aspekt, dass es sich bei Unternehmen um Speziessachen handelt, feststellt, dass der Wert diesfalls «… nur für jedes Gut einzeln ermittelt werden … kann». S. auch Viel Jakob / Bredt Otto / Renard Maurice, Die Bewertung von Unternehmun­gen und Unternehmungsanteilen, 5. Aufl., Zürich 1975 [Viel / Bredt / Renard], S. 9 und 20 f., die den Unterneh­menswert als Funktion dieser Subjekt­Objektbeziehung feststellen und ganz zu Beginn ihres Werks ohne Verweis zitieren: «Es gibt keine absoluten Werte, denn es sind nicht die Dinge, die uns ihren Wert auferlegen, sondern der Mensch selbst ist es, der die Werte bestimmt».

11 Art. 19 OR, wonach der Inhalt des Vertrags innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden kann. Es handelt sich dabei um die sogenannte Inhalts­freiheit, welche Teil der Vertragsfreiheit ist, welche ihrer­seits die Abschluss­, Partnerwahl­, Form­ und Aufhe­bungsfreiheiten umfasst. BGE 130 III 495 E. 3 und 4 S. 499 ff. (Mitarbeiterbeteiligung); BGE 129 III 320 E. 5.2 S. 324 f. (Schmiergelder); BGE 129 III 35 E. 6.1 S. 42 (Post gegen Verein gegen Tierfabriken). Honsell Heinrich, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonde­rer Teil, 8. Aufl., Bern 2006 [Honsell], S. 38 f.; Huguenin Jacobs, Art. 19/20 N 2 ff., in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Basler Kommentar, Obli­gationenrecht I, Art. 1 – 529 OR, 3. Aufl., Basel 2003 [BSK OR I­Autor]; Dasser Felix, Art. 19 N 1 ff., in: Rich­ner Felix / Frei Walter / Kaufmann Stefan, Handkommen­tar zum DBG, Zürich 2003 [Handkommentar OR]

12 Honsell, S. 38 f. Für die Höhe des Preises beim Kauf s. Guhl Theo / Koller Alfred / Schnyder Anton K. / Druey Jean Nicolas, Das schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000 [Guhl / Koller / Schnyder / Druey], § 41 N 3 f.

13 Art. 19 Abs. 2 OR Bestimmung des Inhalts, Art. 20 OR Nichtigkeit und Art. 21 Übervorteilung.

14 Zur Übervorteilung s. Guhl / Koller / Schnyder / Druey, § 7 N 48 ff. und § 41 N 3 f. in Bezug auf die Höhe des Preises beim Kauf; Honsell, S. 38 f.; BSK OR I­Hugue­nin Jacobs, Art. N 1 ff.; Dasser Felix, Art. 21 N 1 ff., in: Handkommentar OR.

15 Art. 21 Abs. 1 OR. BGE 123 III 292 (Übervorteilung). Dasser Felix, Art. 21 N 1 ff., in: Handkommentar OR.

16 Guhl / Koller / Schnyder / Druey, § 7 N 48 ff.17 S. zum Thema rechtliche Vorschriften zur Unterneh­

mensbewertung insbesondere Schön, S. 79 ff., der die Unternehmenswerttatbestände im Gesellschafts­ und Vertragsrecht umfassend untersucht hat.

18 Gegenstand des Fusionsgesetzes ist gemäss Art. 1 FusG die Anpassung der rechtlichen Strukturen von Kapitalgesellschaften, Kollektiv­ und Kommandit­gesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, Stiftun­gen und Einzelfirmen im Zusammenhang mit Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung.

19 BGE 110 II 293 E. 2c S. 297 (A. gegen P. AG); BGE 120 II 259 E. 2b S. 261 (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2c (Aktienwert). Böckli Peter, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl., Zürich 2004 [Böckli], § 6 N 270 ff.; Schön, S. 16.

20 Botschaft Obligationenrecht, BBl 1928 I 205 ff., 245 und 391; BGE 120 II 259 E. 2b S. 261 (Erbengemein­schaft X. gegen Y. AG).

21 Botschaft Aktienrecht, BBl 1983 II 745 ff.; Schön, S. 207, der feststellt, dass es sich beim Verkehrswert, seinem Wortlaut entsprechend, um den Wert handelt, der sich aus dem Verkauf der Sache ergibt.

22 Botschaft Aktienrecht, BBl 1983 II 745 ff., 901.23 BGE 110 II 293 (A. gegen P. AG) an mehreren Stellen,

insbesondere E. 2c S. 297; BGE 120 II 259 E. 2b S. 261 (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E 2c (Aktienwert); Böckli, § 6 N 222 erklärt, dass der wirkliche Wert «… in der Praxis im Sin­ne dessen ausgelegt worden (ist), was man in der Bewer­tungspraxis sonst als den inneren Wert der Aktie bezeich­net» und Guhl / Koller / Schnyder / Druey, § 67 N 79 f.

24 Botschaft FusG, BBl 2000 4401, 4402, 4423 und 4488.25 Die beiden veröffentlichten BGE beziehen sich noch

auf Art. 686 aOR, welcher in Abs. 4 bereits die Über­nahme der Aktien zum wirklichen Wert vorsieht. BGE 110 II 293 (A. gegen P. AG); BGE 120 II 259 (Erben­

gemeinschaft X. gegen Y. AG); unveröffentlichter BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 (Aktienwert). S. zum Begriff wirklicher Wert auch Flückiger, S. 263 ff. S. zum wirklichen Wert auch Hüttche Tobias, Entwicklungen bei der Bewertung von KMU, Der Schweizer Treuhän­der 2014 9, S. 740 ff. [Hüttche].

26 Art. 685b Abs. 1 und 4 OR. BGE 120 II 259 E. 2b S. 260 f. (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG).

27 Art. 685b Abs. 1 und 4 OR. BGE 120 II 259 E. 2b S. 260 f. (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2c (Aktienwert).

28 BGE 120 II 259 E. 2b S. 262 f. (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG). S. aber Helbling, S. 76, der, sich auf Münstermann, S.  16 beziehend, das Prinzip der Zukunftsbezogenheit als einen Grundsatz der Unter­nehmensbewertung nennt und ausführlich S. 367 ff. zum Zukunftserfolg sowie Volkart Rudolf, Unterneh­mensbewertung und Akquisitionen, 2. Aufl., Zürich 2002 [Volkart, Unternehmensbewertung], S. 47 ff. zu Free Cashflow­Projektionen und Datenbestimmung.

29 BGE 120 II 259 E. 2c S. 262 f. (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2c (Aktienwert). S. die ausführliche Kritik zur Prak­tikermehtode bzw. zum Mittelwertverfahren Hüttche, S. 740 ff.

30 BGE 120 II 259 E. 2b und 2c S. 262 ff. (Erbengemein­schaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2b (Aktienwert); Helbling, S. 214 ff.

31 Im Zusammenhang mit der Umschaltung auf die Unternehmensbewertung zum Liquidationswert ist auf Art. 685a Abs. 3 OR hinzuweisen, wonach die statuta­rische Übertragbarkeitsbeschränkung dahinfällt, sobald die Gesellschaft in Liquidation tritt. S. u.v. Böck­li, § 6 N 37.

32 BGE 120 II 259 E. 2b S. 261 (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2c (Aktienwert). Böckli, § 6 N 222 f.; Guhl / Kol­ler / Schnyder / Druey, § 67 N 79 f.

33 BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 E. 2c (Aktienwert).34 BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001 diverse Stellen

(Aktienwert). Flückiger Andreas, Richtlinien des Bun­desgerichts für die Aktienbewertung, Was ist der «wirk­liche» Aktienwert nach Art. 685b OR, in: Der Schweizer Treuhänder 2003 [Flückiger], S.  265; Helbling, S. 232 ff.; Volkart, Unternehmensbewertung, S. 80 ff.

35 Art. 685b Abs. 7 OR. Böckli, § 6 N 293 ff.; Flückiger, S. 263 f.

36 Böckli, § 6 N 232; Flückiger, S. 263; Lutz Peter, Vin­kulierte Namenaktien, Diss. Zürich 1988, S. 295.

37 Böckli, § 6 N 232 f.; Flückiger, S. 264.38 Böckli, § 6 N 234. Das KSG ist heute für alle Kantone

verbindlich.39 Urteil des Zürcher Obergerichts vom 9.  Juli  1985,

ZR 85 (1986) Nr. 89. Böckli, § 6 N 235.40 Helbling, S. 31 f.; Schön, S. 20 f.; Viel / Bredt / Renard, S. 19 f.41 S. stellvertretend für alle kantonalen Vermögenssteuern

Art.  13 f. StHG, wonach der Vermögenssteuer das gesamte Reinvermögen unterliegt, mithin auch Unter­nehmensvermögen bzw. Beteiligungen an Unterneh­men, und das Vermögen grundsätzlich zum Verkehrs­wert bewertet wird.

42 S. in diesem Zusammenhang die Wegleitung Bewer­tung von Wertpapieren.

43 Gemäss Art. 8 Abs. 3 StHG sind Sachen und Rechte zum Verkehrswert im Zeitpunkt ihrer Einbringung zu bewerten.

44 Art. 394 ff. OR. S. u.v. Guhl / Koller / Schnyder / Druey, § 49 1 ff.; Honsell, S. 302 ff.

45 Art. 396 Abs. 1 OR. BGE 105 II 285 E. 1 S. 285 (Haf­tung des Chirurgen) = Pra 1980, 363 f.; BSK OR I­Weber, Art. 396 N 2 f.; Bühler Roland, Art. 396 N 1, in: Handkommentar OR.

46 Helbling, S. 43 ff.; Simonek, S. 105 f., die auf die unter­schiedlichen Bewertungsresultate «… je nach der vor­gegebenen Aufgabenstellung» hinweist.

47 S. dazu Meier­Mazzucato Kapitel 8.3. mit Unterkapiteln.48 Honsell, S. 303 ff.; BSK OR I­Weber, Art. 396 N 2 f.;

Bühler Roland, Art. 396 N 1, in: Handkommentar OR.49 Helbling, S. 44; Schön, S. 21; Simonek, S. 105 f.50 Helbling, S. 44.51 S. insbesondere und sehr ausführlich zu dieser Drei­

teilung Helbling, S. 44 und 46 ff.; Schön, S. 21; Fach­mitteilung 2008, S. 6 f.; Fachmitteilung Nr. 11, S. 5, die lediglich zwischen Beratungs­ und Vermittlungs­funktion unterscheidet.

52 Helbling, S. 45, und Simonek, S. 105, unterscheiden, analog wie Fachmitteilung 2008, S. 6 f. und Fachmittei­lung Nr. 11, S. 5, beide verweisend auf UEC­Empfeh­

356 TREX Der Treuhandexperte 6/2016

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lungen 1980 (Union Européenne des Experts Compta­bles Economiques et Financiers, ab 1986 ersetzt durch die FEE, Fédération des Experts­Comptables Européen­ne) und die HFA­Stellungnahme 2/1983 (Hauptfachaus­schuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.), zwischen der Funktion des Beraters als neutralem Gutachter, als Berater des Käufers oder Verkäufers und als Schiedsgutachter. Helbling, S. 44, weist darauf hin, dass die Funktion des neutralen Gutachters oft identisch ist mit derjenigen des Schiedsgutachters.

53 Fachmitteilung 2008, S. 6 f.; Fachmitteilung Nr. 11, S. 5; Simonek, S. 105 f.

54 Zu denken ist an Rechtsnormen wie Art. 685b OR, Art. 792 und Art. 800 OR sowie Art. 7 Abs. 2 und 6, Art. 23 Abs. 2 Bst. a und Art. 56 Abs. 5 FusG, welche alle mit dem Unternehmenswertbegriff wirklicher Wert operieren. S. dazu im Detail Meier­Mazzucato, Kapitel 8.1. Rechtliche Vorschriften zur Unternehmensbewer­tung. BGE 110 II 293 (A. gegen P. AG); BGE 120 II 259 (Erbengemeinschaft X. gegen Y. AG); BGer 4C.363/2000 vom 3. April 2001.

55 Schön, S. 23, der daraus schliesst, dass der objekti­vierte Wert dabei keine Rolle spielt. Anders als Schön ist m.E. der objektivierte Unternehmenswert dabei rele­vant, da der Arbitriumwert immer nur unter Beachtung der auf das konkrete Rechtsverhältnis anwendbaren Rechts­ bzw. Vertragsnormen zum Zuge kommen kann, aber wiederum nur dann, wenn diese Rechts­ bzw. Vertragsnormen die Ermittlung eines Arbitrium­werts als unparteiischer und deshalb objektivierter Unternehmenswert bestimmen. Würden die relevanten Rechtsnormen im konkreten Rechtsverhältnis einen subjektiven Wert verlangen, dürfte kein Arbitriumwert ermittelt werden. Fazit ist, dass wenn die auf das kon­krete Rechtsverhältnis anwendbaren Rechts­ bzw. Ver­tragsnormen die Ermittlung eines Arbitriumwerts ver­langen, nur ein objektivierter Unternehmenswert zur Anwendung gelangen kann.

56 Viel / Bredt / Renard, S. 30.57 Konsistent im Sinn von widerspruchsfrei.58 Helbling, S. 46; Simonek, S. 106. Für den Begriff des

objektivierten Unternehmenswerts s. auch Wirtschafts­prüfer­Handbuch, S. 1059: «… der sich bei der Fort­führung des Unternehmens in seinem Konzept und seinen Vorhaben unter Leitung des vorhandenen Managements mit allen realistischen Planungserwar­tungen im Rahmen seiner Marktchancen, finanziellen Möglichkeiten und sonstigen Einflussfaktoren ohne Wertvorstellungen eines potenziellen Käufers und ohne wertverändernde Argumentationen des Verkäufers nach den Grundsätzen betriebswirtschaftlicher Unter­nehmensbewertung bestimmen lässt.»

59 Helbling, S. 46.60 Schön, S. 22 f., der sich auf Viel/Bredt/Renard, S. 30,

bezieht. Viel / Bredt / Renard sprechen in diesem Zusammenhang hingegen nicht vom Arbitriumwert, sondern erkennen, dass «… der (Unternehmens­)Preis als Einigungswert auf einem Kompromiss zwischen den subjektiven Wertvorstellungen der Parteien beruht, wobei der vom Gutachter ermittelte objektive Wert die Verhandlungsgrundlage bildet». Der gemäss Viel / Bredt / Renard «… vom Gutachter ermittelte objektive Wert …» ist dann der Arbitriumwert. Der Einigungswert entspricht hingegen dem Preis und ist der bezahlte

Unternehmenswert. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Arbitriumwert Ausgangswert und der Eini­gungswert das Schlussresultat der Verhandlungen von Übergeber und Übernehmer ist.

61 Schön, S. 22 f., der dem Verfahren, den Arbitriumwert in der Mitte von höchstem und tiefsten Verkaufswert zu suchen, mit Vorbehalt begegnet und den Einigungs­wert als arithmetisches Mittel der beiden Extremwerte bezweifelt; s. insbesondere Simonek, S. 105 f.; Viel / Bredt / Renard, S. 30.

62 S. zum Begriff der Familie Meier­Mazzucato, Kapitel 14.1.

63 S. zu den beiden Begriffen Management­Buy­out und Employee­Buy­out u.v. Boemle Max / Stolz Carsten, Unternehmungsfinanzierung, 13. Aufl., Zürich 2002, S. 514.

64 Art. 685b OR. S. u.v. Ulrich Simon, Art. 685b N 1 ff., in: Handkommentar OR.

65 S. Art. 7 Abs. 2 und 6, Art. 23 Abs. 2 Bst. a und Art. 56 Abs. 5 FusG.

66 Fachmitteilung 2008, S. 6 f.; Fachmitteilung Nr. 11, S. 5; Helbling, S. 49; Schön, S. 22; Simonek, S. 105.

67 Gauch Peter / Schluep W. / Schmid J. / Rey H., Schwei­zerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bände I und II, 8. Aufl., Zürich 2003, N 611a ff.; Helbling, S. 48; Honsell, S. 38 f.; BSK OR I­Huegenin Jacobs, Art. 19/20 N 1 ff.; Dasser Felix, Art. 19 N 1 ff., in: Hand­kommentar OR; Schön, S. 22.

68 S. Meier­Mazzucato, Kapitel 8.1.69 Fachmitteilung 2008, S. 6 f.; Fachmitteilung Nr. 11,

S. 5; Helbling, S. 49; Schön, S. 22.70 Fachmitteilung 2008, S. 6 f.; Fachmitteilung Nr. 11,

S. 5; Helbling, S. 51; Simonek, S. 105.71 Helbling, S. 51.72 Helbling, S. 51. S. auch Meier­Mazzucato, Kapitel 8.1. 73 S. Art. 7 Abs. 2 und 6, Art. 23 Abs. 2 Bst. a und Art. 56

Abs. 5 FusG, bei denen der wirkliche Wert zwingend ist.

74 Helbling, S. 51; Matschke Manfred Jürgen, Der Argu­mentationswert der Unternehmung, in: BFuP 1976, S. 517 ff.

75 Unternehmenswertbestimmungsfaktoren sind insbe­sondere Werttreiber (value drivers), wie Umsatz, direk­ter Aufwand (Material­, Personalkosten), Investitionen, Reingewinn, Kapitalisierungszinssatz, betriebliche und nichtbetriebliche Vermögen.

76 S. zu den Werttreibern Helbling, S. 84 und 110, der – gestützt auf Rappaport A., Creating Shareholder Value, New York 1986 – zwischen operating, investment und financing value drivers unterscheidet sowie Volkart, Unternehmensbewertung, S. 50 und 152, der die glei­chen Werttreiber bezeichnet; Volkart Rudolf, Finanzma­nagement, Beiträge zu Theorie und Praxis, 7. Aufl., Band I und II, Zürich 1998 [Volkart, Finanzmanage­ment II], S. 111 zu den Inputgrössenvariationen im Rah­men der Planung bzw. Szenarienrechnungen, der von einer kaum abgrenzbaren Palette von Variablen spricht.

77 S. Meier­Mazzucato, Kapitel 8.1.78 Da Entscheidungswert und Argumentationswert eine

taktische Einheit bilden und insbesondere der Argu­mentationswert die Kenntnis des eigenen Entschei­dungswerts verlangt, sind die Situationen, für die sich der Argumentationswert eignet, im Wesentlichen die­selben wie beim Entscheidungswert.

79 S. Art. 7 Abs. 2 und 6, Art. 23 Abs. 2 Bst.  a und Art. 56 Abs. 5 FusG, bei denen der wirkliche Wert zwingend ist.

80 Es sind dies Umsatz, direkter Aufwand (Material­ und Personalkosten), sonstiger Betriebsaufwand, Investiti­onen, Reingewinn, Kapitalisierungszinssatz, betriebli­ches und nichtbetriebliches Vermögen usw.

81 Helbling, S.  367 ff.; Volkart, Finanzmanagement II, S. 103 ff. und 226 ff.; Volkart, Unternehmensbewer­tung, S.  47 ff. zu Free Cashflow­Projektionen und Datenbestimmung.

82 Helbling, S. 528 und 752; Volkart Rudolf, Corporate Finance, Grundlagen von Finanzierung und Investition, 2. Aufl., Zürich 2006, S.  274 und 294 f.; Volkart, Finanzmanagement II, S. 103 ff.; Weilenmann Paul, Planungsrechnung in der Unternehmung, 8. Aufl., Zürich 1994, S. 224 ff.

83 BGE 121 III 152 E. 3c S. 155.84 BGE 5C.85/2003/min vom 30. Juni 2003.85 S. dazu oben Punkt 2. Rechtliche Vorschriften zur

Unternehmensbewertung m.w.H.86 BGE 136 III 209.87 BGE 136 III 209 E. 6 S. 214 ff.88 Mit Bericht ist der Bericht des Bundesrats vom

1. April 2009 zur Unternehmensbewertung im Erbrecht gemeint. S. dazu bereits in der Übersicht, S. 2 folgen­des: «Die Grundidee des Verkehrswerts liegt darin, dass die Bewertung nicht vom Standpunkt einer bestimmten Partei des jeweiligen Rechtsverhältnisses vorzunehmen ist. Vielmehr bestimmt sich der Wert nach dem finan­ziellen Ertrag, den das Unternehmen einem gedachten Dritten in Zukunft einbringen wird. Falls der Liquidati­onswert den Fortführungswert übersteigt, ist die Fort­führung des Unternehmens keine ökonomisch rationa­le Alternative; es ist vernünftig, das Unternehmen zu liquidieren. Der Liquidationswert ist somit Mindester­tragswert, d.h. Wertuntergrenze des Verkehrswerts, und zwar unabhängig davon, ob das Unternehmen tatsäch­lich liquidiert oder fortgeführt wird.»

89 S. dazu Art. 209 Abs. 3 ZGB.90 BGE 131 III 559 (Güterrechtliche Auseinandersetzung;

Ersatzforderung zwischen Errungenschaft und Eigen­gut (Art. 209 Abs. 3 ZGB).

91 Es handelt sich dabei primär um Salär für Arbeitsleis­tung und sodann Dividenden. S. dazu BGE 131 III 559 E. 3.2 S. 563.

92 Hausheer Heinz / Reusser Ruth / Geiser Thomas, Ber­ner Kommentar, Band II: Das Familienrecht, 1. Abtei­lung: Das Eherecht, 3. Teilband: Das Güterrecht der Ehegatten, 1. Unterteilband: Allgemeine Vorschriften, Art. 181 – 195a ZGB, Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, Art. 196 – 220 ZGB, Bern 1992, N. 41 zu Art. 197 ZGB.

93 S. dazu BGE 131 III 559 E. 4.2 S. 564 f.94 S. zu den finanziellen Anspannungen bei Wachstums­

strategien Meier­Mazzucato Giorgio, ITERA­Vision 2007 I, S. 27 ff. unter www.itera.ch/images/files/downloads/ vision/vision_2007_1.pdf.

95 Das neue Rechnungslegungsrecht sieht in Art. 960a Abs. 4 und 960e Abs. 3 OR explizit die Möglichkeit der Vornahme zusätzlicher Abschreibungen und Wertbe­richtigungen von Aktiven bzw. der Bildung von Rück­stellungen zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens vor.