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62 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern lich, die Pol- bzw. Nullstellen durch Kreuze bzw. Kreise in der komple- xen s -Ebene zu bezeichnen. Da Pol- und Nullstellen konstante komplexe Werte sind, ist die Lage der sie bezeichnenden Symbole keine Funkti- on irgendeiner unabhängigen Variablen. Man erkennt (Tab. 3-3), dass die Übertragungsfunktion des proportional wirkenden Gliedes nur aus dem nicht durch Pol- und Nullstellen darstellbaren Übertragungsfaktor besteht und dass I -, D- und PT 1 -Glieder durch eine einzige Pol- bzw. Nullstelle charakterisiert werden. Ferner ist zu erkennen, dass die Mul- tiplikation von Übertragungsfunktionen (erforderlich bei Reihenschal- tung) durch Überlagerung der zugehörigen Pol-Nullstellen-Bilder darge- stellt werden kann. Dies ist möglich, weil die Null- bzw. Polstellen eines Faktors gleichzeitig Null- bzw. Polstellen des gesamten Produktes sind, solange nicht einzelne Polstellen und Nullstellen gleiche Werte haben und sich dadurch in der Gesamtübertragungsfunktion kürzen lassen. 3.8 Grenzwertsätze Ein für viele Zwecke sehr handliches Hilfsmittel sind die Grenzwert- sätze der Laplace-Transformation. Mit den Aussagen über Anfangs- und Endwert der Funktion f(t) in Tabelle 3-2 erhält man den Zusammen- hang zwischen Grenzwerten von Übertragungsfunktion G(s) und Über- gangsfunktion h(t) zu lim t →∞ h(t) = lim s 0 sH(s) = lim s 0 sG(s) 1 s = lim s 0 G(s) , lim t 0 h(t) = lim s →∞ sH(s) = lim s →∞ sG(s) 1 s = lim s →∞ G(s) , (3.81) sofern die Grenzwerte der Übergangsfunktion existieren (d. h. insbe- sondere endlich sind). Tab. 3-4 zeigt Beispiele von zusammengehörenden Übertragungs- und Übergangsfunktionen. Im ersten Beispiel, dem PT 1 -Glied, existieren alle Grenzwerte. Im zweiten Beispiel sind die Grenzwerte für s 0 und t →∞ nicht endlich. In der praktischen Anwendung auf regelungstechnische Probleme kann man fast immer annehmen, dass lim h(t) für t 0 existiert, wenn lim G(s) für s →∞ existiert. Die Existenz von lim h(t) für t →∞ ist gesichert, wenn G(s) ein stabiles Übertragungssystem (s. Abschnitt 5.5) beschreibt. (Das I -Glied ist in diesem Sinne nicht stabil.)

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62 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

lich, die Pol- bzw. Nullstellen durch Kreuze bzw. Kreise in der komple-xen s-Ebene zu bezeichnen. Da Pol- und Nullstellen konstante komplexeWerte sind, ist die Lage der sie bezeichnenden Symbole keine Funkti-on irgendeiner unabhängigen Variablen. Man erkennt (Tab. 3-3), dassdie Übertragungsfunktion des proportional wirkenden Gliedes nur ausdem nicht durch Pol- und Nullstellen darstellbaren Übertragungsfaktorbesteht und dass I-, D- und PT1-Glieder durch eine einzige Pol- bzw.Nullstelle charakterisiert werden. Ferner ist zu erkennen, dass die Mul-tiplikation von Übertragungsfunktionen (erforderlich bei Reihenschal-tung) durch Überlagerung der zugehörigen Pol-Nullstellen-Bilder darge-stellt werden kann. Dies ist möglich, weil die Null- bzw. Polstellen einesFaktors gleichzeitig Null- bzw. Polstellen des gesamten Produktes sind,solange nicht einzelne Polstellen und Nullstellen gleiche Werte habenund sich dadurch in der Gesamtübertragungsfunktion kürzen lassen.

3.8 Grenzwertsätze

Ein für viele Zwecke sehr handliches Hilfsmittel sind die Grenzwert-sätze der Laplace-Transformation. Mit den Aussagen über Anfangs- undEndwert der Funktion f(t) in Tabelle 3-2 erhält man den Zusammen-hang zwischen Grenzwerten von Übertragungsfunktion G(s) und Über-gangsfunktion h(t) zu

limt→∞

h(t) = lims→0sH(s) = lim

s→0sG(s)

1s= lims→0G(s) ,

limt→0h(t) = lim

s→∞ sH(s) = lims→∞ sG(s)

1s= lims→∞G(s) , (3.81)

sofern die Grenzwerte der Übergangsfunktion existieren (d. h. insbe-sondere endlich sind).

Tab. 3-4 zeigt Beispiele von zusammengehörenden Übertragungs- undÜbergangsfunktionen. Im ersten Beispiel, dem PT1-Glied, existieren alleGrenzwerte. Im zweiten Beispiel sind die Grenzwerte für s → 0 undt →∞ nicht endlich.

In der praktischen Anwendung auf regelungstechnische Probleme kannman fast immer annehmen, dass limh(t) für t → 0 existiert, wennlimG(s) für s → ∞ existiert. Die Existenz von limh(t) für t → ∞ istgesichert, wenn G(s) ein stabiles Übertragungssystem (s. Abschnitt 5.5)beschreibt. (Das I-Glied ist in diesem Sinne nicht stabil.)

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Statisches Verhalten
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2.3 Statisches Verhalten von Regelkreisen 25

X

Y

1

2

3

1

234

Z

XoR

XmR

X0

00 Y0 YP Y

ohne Regler

-Regler

-Regler

Reglerkennlinie

Steigung 1KR

I

P

I

Bild 2-6: Kennlinien von Regelstrecke und Regler

S

R

X

Y

Y

y W

Z

0

0=x X−

Bild 2-7: Regelkreis mit nichtlinearer Regelstrecke(hier: negatives Stellübertragungsverhalten der Regelstrecke)

Für den P-Regler erhält man aus der Gleichung für Abweichungsgrößen

y = KR · x (2.30)

durch Einsetzen

Y − Y0 = KR · (X −X0) (2.31)

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Statisches Verhalten
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2.3 Statisches Verhalten von Regelkreisen 27

len, dass Regelungen mit P−Reglern eine bleibende Regelabweichungaufweisen.

Da beim Einsatz eines I−Reglers alle Betriebspunkte auf der Waage-rechten X = X0 liegen müssen, arbeiten Regelungen mit I−Reglern oh-ne bleibende Regelabweichung, d. h. Störungen werden durch entspre-chend große Änderungen der Stellgröße vollständig ausgeglichen. Derzu Z = 1 gehörende Betriebspunkt ist daher der Schnittpunkt 3 derLinie X = X0 mit der Kennlinie der Regelstrecke für Z = 1.

Ein Vergleich des statischen Verhaltens geregelter Anlagen mit P− undI−Reglern fällt offensichtlich zugunsten des Reglers mit integrieren-dem Verhalten aus. Dennoch sind sehr viele Anlagen mit P−Reglernausgerüstet, weil neben den statischen auch die dynamischen Eigen-schaften und die Gerätekosten eine Rolle bei der Wahl des Reglers spie-len. Pauschal kann man das Verhalten von P− und I−Regelungen durchdie Aussage charakterisieren, dass P−Regler auf Störungen bzw. Rege-labweichungen rasch reagieren, eine bleibende Regelabweichung abernicht vermeiden können, während I−Regler keine bleibende Regelab-weichung zulassen, aber nur langsam reagieren.

Zur Charakterisierung der Wirksamkeit einer P -Regelung bei Störungendient der Regelfaktor

R = ∆XmR

∆XoR. (2.33)

Er ist bei sinnvollen Regelungen kleiner als eins. Sein Wert hängt vomÜbertragungsfaktor KR des Reglers und den Eigenschaften der Regel-strecke ab. Bei nichtlinearen Regelstrecken, wie der durch das Kennli-nienfeld Bild 2-6 beschriebenen, ist der Regelfaktor keine Konstante,sondern von der zugrunde gelegten Störgrößenänderung abhängig.

Im Folgenden soll für eine durch das Kennlinienfeld in Bild 2-8 beschrie-bene Regelstrecke das statische Verhalten des geschlossenen Regelkrei-ses bei Einsatz eines P−Reglers mit unterschiedlichem Übertragungs-faktor betrachtet werden.

Beim Vergleich der Kennlinienfelder in Bild 2-8 und Bild 2-6 fällt auf,dass die Kennlinien der Regelstrecke in einem Fall positive und im ande-ren Fall negative Steigung besitzen. Man erkennt (ggf. durch Eintrageneiner entsprechenden Reglerkennlinie), dass in Bild 2-8 nur Reglerkenn-

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Statisches Verhalten
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2.2 Linearisierung, Abweichungsgrößen 17

Im Folgenden wird mit Abweichungsgrößen

y = Y − Y0, u = U −U0, z1 = Z1 − Z10, z2 = Z2 − Z20, . . . (2.3)

gearbeitet werden, wann immer dies zweckmäßig erscheint. Zur Unter-scheidung von den Absolutwerten werden die Abweichungsgrößen, wiein Gl.(2.3), mit Kleinbuchstaben geschrieben.

In einzelnen Fällen kann es zweckmäßig sein, die Abweichungsgrö-ßen zusätzlich auf konstante Bezugswerte, z. B. Maximalwerte, Arbeits-punktwerte o. Ä. zu normieren. Normieren auf die Werte im Arbeits-punkt ergibt

y = Y − Y0

Y0= yY0

, u = uU0

, . . . . (2.4)

Die Möglichkeit der Normierung wird dann genutzt, wenn das Mitführenvon Dimensionen keine zusätzliche Klarheit oder Sicherheit vermittelt.Meist wird jedoch auf ausdrückliche Kennzeichnung normierter Größenverzichtet, weil dies aus dem Zusammenhang hervorgeht.

Durch Linearisieren wird ein vorgegebener nichtlinearer Ausdruck

Y = f(U,Z1, Z2, . . .) (2.1)

in der Umgebung eines Arbeitspunktes A mit

Y = Y0, U = U0, Z1 = Z10, Z2 = Z20, . . . (2.5)

durch einen linearen Ausdruck

y = Ku ·u+K1 · z1 +K2 · z2 + . . . (2.6)

mit den Abweichungsgrößen y,u, z1, z2, . . . und den Konstanten Ku,K1, K2, . . . ersetzt.

Man erhält die Koeffizienten des linearen Ausdruckes Gl.(2.6) durch eineTaylor-Reihenentwicklung der nichtlinearen Funktion Gl.(2.1). Praktischmuss man dazu die (partiellen) Ableitungen der Ausgangsgröße nachden Eingangsgrößen bestimmen. So gewinnt man aus

y =[∂Y∂U

]Au+

[∂Y∂Z1

]Az1 +

[∂Y∂Z2

]Az2 + . . . (2.7)

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Linearisierung
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Rechteck
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20 Statisches Verhalten

Yz Y0

Y

A

U

U0 U

1

2

3

4

5

Yu

Z

Z

0

Y

Z

A

U U0

0 1 2 3 4 5 60

zY

Z0

0

^

=

∆ ∆

Bild 2-4: Linearisierung eines Kennlinienfeldes

Steigung der Sekante durch die dem Arbeitspunkt benachbarten Punk-te Y(U0, Z = 2) und Y(U0, Z = 4) gering ist. Bei geeigneter Wahl derSekante erhält man also nur kleine Fehler, wenn man auf die Tangenteverzichtet. Dieser Schritt liegt nahe, weil die Steigung der Sekante oh-ne zusätzliche Zeichenarbeit aus dem ursprünglichen Kennlinienfeld(Bild 2-4, links) bestimmbar ist nach

Kz =[∂Y∂Z

]A�[∆Yz∆Z

]U=U0

. (2.15)

Bei dieser Vorgehensweise ist darauf zu achten, dass die Sekanten durchPunkte gelegt werden, die in etwa symmetrisch zum Arbeitspunkt lie-gen und nicht allzu weit von ihm entfernt sind.

Da das Vorzeichen von der Richtung wachsender Werte des ParametersZ abhängt, ist es wichtig, die Differenzen so zu bilden, dass die zueinem Punkt gehörenden Y− und Z−Werte mit gleichem Vorzeicheneingesetzt werden. Welche Werte dann mit positivem und welche mitnegativem Vorzeichen versehen werden, ist gleichgültig, d. h.

Kz � Y(U0, Z = 4)− Y(U0, Z = 2)(Z = 4)− (Z = 2)

= Y(U0, Z = 2)− Y(U0, Z = 4)(Z = 2)− (Z = 4)

.

(2.16)

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Linearisierung
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8 Einführung

linksdrehendes Moment m erzeugt. Dieses Moment ist eine Funktiondes Ruderwinkels; wenn man annehmen darf, dass das Moment Ände-rungen des Ruderwinkels unverzüglich folgt und diesem näherungs-weise proportional ist, kann man den Zusammenhang beider Größenwie in Bild 1-9 durch einen Block darstellen. Das Moment erteilt demSchiff eine Drehgeschwindigkeit α. Wegen des Trägheitsmomentes desSchiffes ändert sich diese Drehgeschwindigkeit auch bei sprungförmi-ger Änderung des Momentes nicht sprungförmig, sondern etwa so wieim mittleren Block im Bild 1-9 wiedergegeben. Eine sprungförmige Än-derung der Drehgeschwindigkeit z. B. von null auf einen konstantenWert hat einen Drehwinkel α zur Folge, der proportional der Zeit be-liebig große Werte annehmen kann, wie im letzten Block im Bild 1-9angedeutet wird.

.m

m

β

β αα α

Bild 1-9: Wirkungsplan einer Kurssteuerung

Der Wirkungsplan ist eine der wichtigsten Darstellungsformen rege-lungstechnischer Aufgaben und Lösungen. Nur korrekte und zuverläs-sige Wirkungspläne führen zu technisch brauchbaren Lösungen. BeimAufstellen komplizierterer Wirkungspläne ist dringend zu empfehlen,im Gegensatz zur Verfahrensweise im Beispiel, entgegen der Wirkungs-richtung der Größen vorzugehen, d. h. ausgehend von einer Größe nachderen Ursachen zu fragen und diese Antworten festzuhalten. Dadurchkann man leichter sicherstellen, dass alle auf eine Größe wirkenden Ein-flüsse erfasst werden.

Die Darstellungsform Wirkungsplan verkörpert die grundsätzliche Be-trachtungsweise und auch das wesentliche Ziel des Faches Regelungs-

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Modellbildung
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38 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

unveränderlichen Eigenschaften, mit einer Ausgangsgröße und mit ei-ner oder mehreren Eingangsgrößen betrachtet werden. Solche Gliederkönnen durch lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizi-enten beschrieben werden.

Für lineare Differentialgleichungen ebenso wie für lineare Übertra-gungssysteme gelten das Verstärkungsprinzip und das Überlagerungs-prinzip. Beide Prinzipien gehen davon aus, dass die Differentialglei-chung oder das Übertragungssystem einer Eingangsgröße u(t) eineAusgangsgröße y(t) zuordnet. Das Verstärkungsprinzip besagt, dasseiner, mit einem beliebigen konstanten Faktor c multiplizierten Ein-gangsgröße c · u(t) eine Ausgangsgröße c · y(t) zugeordnet wird.Das Überlagerungsprinzip behandelt den Fall, dass die Eingangsgrö-ße aus mehreren Komponenten u(t) = u1(t) + u2(t) + ... besteht. Esbesagt, dass die zugehörige Ausgangsgröße in gleicher Weise, nämlichals y(t) = y1(t) + y2(t) + ..., gebildet werden kann. Dabei ist yi(t)die Ausgangsgröße, die der Eingangsgröße ui(t) zugeordnet ist. Diffe-rentialgleichungen oder Übertragungssysteme, für die beide Prinzipiengelten, heißen linear.

3.2 Aufstellen von Differentialgleichungen

Die allgemeine Form der linearen Differentialgleichung mit konstantenKoeffizienten für ein Glied mit der Eingangsgröße u und der Ausgangs-größe y ist

any(n) + . . .+ a2y + a1y + a0y = b0u+ b1u+ . . .+ bmu(m). (3.1)

Reale, physikalisch-technische Übertragungsglieder werden durch Dif-ferentialgleichungen beschrieben, in denen die Ordnungn der höchstenvorkommenden Ableitung der Ausgangsgröße größer ist als die Ord-nung m der höchsten vorkommenden Ableitung der Eingangsgröße.

Bei den allermeisten signalübertragenden Anordnungen müssen dieAuswirkungen von Speichern für Materie oder Energie berücksichtigtwerden. Beim Aufstellen von Differentialgleichungen für komplexe Zu-sammenhänge empfiehlt sich ein modulares Vorgehen, etwa

1. Speicher identifizieren und durch geeignete Grundgleichungen be-schreiben (dadurch Teilsysteme bilden),

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Modellbildung
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48 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

den können. Da sehr viele Aufgaben ohne allzu tief gehende Kenntnisder Theorie der Laplace-Transformation mit Hilfe so genannter Korres-pondenztabellen gelöst werden können, soll hier ein kurzer Abriss derVerfahrensweise gegeben werden. Für weitergehende Fragen sei auf dieeinschlägige Literatur verwiesen.

Der Zusammenhang zwischen Original- und Bildfunktion wird durchdie Gleichungen

F(s) =∞∫−0

f(t) · e−stdt = L {f(t)} (3.34)

f(t) =

12πj

α+j∞∫α−j∞

F(s) · estds für t ≥ 0

0 für t < 0

= L −1{F(s)} (3.35)

in umkehrbar eindeutiger Weise hergestellt. Darin ist s = σ + jω einekomplexe Variable mit positivem Realteil undα eine positive Konstante,die so groß zu wählen ist, dass das Integral in Gl.(3.35) konvergiert.Die untere Integrationsgrenze −0 bedeutet, dass eine bei t = 0 in f(t)möglicherweise auftretende Unstetigkeit in die Integration einbezogenwird.

Abkürzend schreibt man für die Verknüpfung von der Funktion F(s)im Bildbereich mit der Funktion f(t) im Zeitbereich

F(s) � �f(t) bzw. f(t) � �F(s) . (3.36)

Mit Gl.(3.34) erhält man als Bildfunktion des Einheitssprungs

f(t) = 1(t) (3.37)

die Funktion

F(s) =∞∫−0

1(t) · e−stdt =[−1s· e−st

]∞−0= −1

s(0− 1) = 1

s, (3.38)

sofern

Re(s) = σ > 0 . (3.39)

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Laplacetransformation
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3.5 Laplace-Transformation 51

−D

−t−t

−t

−t−t

−t/T

−t/T

(t)δ

fürfürF(s) f(t) t > 0 (f(t) )= 0 t 0

1(s sp)n

1(n 1)!

tn−1espt n = 1,2,3, . . .

1

1s

1(t)

1s2 t

11+ sT

1Te

ω0√1 D2

e−D

−D

ω0t sin(√

1 D2 ω0t) |D| < 1

ω20

s2 + 2Dω0s +ω20

−Dωω20te 0t |D| = 1

ω0

D2 1e ω0t sinh(

√D2 1 ω0t)

)

|D| > 1

s1+ sT

1T

1T e

s(1+ sT1)(1+ sT2)

1T1T2(T1 T2)

(T

(T

1e /T2 T )2e /T1 T1 T2

sω20

s2 + 2Dω0s +ω20

ω20e−Dω0t (cosω tD

D√1 D2

sinω tD ) |D| < 1

ωD

ωD

=√

1 D2 ω0

1s(1+ sT) 1 e /T

1s(1+ sT1)(1+ sT2)

11

T1 T21e /T1 T2e /T2 T1 T2

ω20

s(s2 + 2Dω0s +ω20)

1 e ω0t (cosω tD + D√1 D2

sinω tD ) |D| < 1

=√

1 D2ω0

− −

− −

−t−t1(1+ sT1)(1+ sT2)

1T1 T2

( )e /T1 e /T2 T1 T2−−−

− −

− −

−−

− −

(t)δ

( (

Tabelle 3-1: Korrespondenztafeln F(s) � �f(t)

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Laplacetransformation
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3.7 Übertragungsfunktion 59

3.7 Übertragungsfunktion

Im Abschnitt 3.5 ist bereits deutlich geworden, dass die Bildfunktion derLösung einer Differentialgleichung mit der Bildfunktion der Eingangs-größe multiplikativ verknüpft ist. Insbesondere erhält man im Fall ver-schwindender Anfangsbedingungen immer eine Lösung im Bildbereichvon der Form

Y(s) = G(s) ·U(s) . (3.74)

Darin sind Y(s) und U(s) die Bildfunktionen der entsprechenden Grö-ßen. G(s) ist eine Funktion, die ausschließlich von der Differentialglei-chung bestimmt wird. Sie wird als Übertragungsfunktion bezeichnet,weil sie beschreibt, wie die Größe U(s) in die Größe Y(s) umgewan-delt wird, d. h. wie eine Größe vom Eingang des durch die Funktionbeschriebenen Übertragungsgliedes zum Ausgang übertragen wird. Alssehr nützlich erweist sich, dass die Gesamtübertragungsfunktion einerbeliebigen Zahl von Übertragungsgliedern, die in Reihe angeordnet sind,das Produkt der Übertragungsfunktion der einzelnen Glieder ist. Da esi. Allg. viel einfacher ist, komplexe Funktionen miteinander zu multi-plizieren, als Differentialgleichungen zusammenzufassen, eröffnet sichhier ein gut gangbarer Weg zu einer Beschreibung des dynamischen Ver-haltens einer Anordnung aus miteinander verbundenen Übertragungs-gliedern.

Aus der Differentialgleichung

any(n) + . . .+ a1y + a0y = b0u+ b1u+ . . .+ bmu(m) (3.75)

erhält man durch Laplace-Transformation beider Seiten bei verschwin-denden Anfangsbedingungen

ansnY(s)+ . . .+ a1sY(s)+ a0Y(s) =b0U(s)+ b1sU(s)+ . . .+ bmsmU(s)

(3.76)

und daraus durch Zusammenfassen

Y(s)(ansn + . . .+ a1s + a0) = U(s)(b0 + b1s + . . .+ bmsm). (3.77)

Daraus lässt sich die Übertragungsfunktion als Quotient

Y(s)U(s)

= bmsm + . . .+ b1s + b0

ansn + . . .+ a1s + a0= Z(s)N(s)

= G(s) (3.78)

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Laplacetransformation
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3.9 Frequenzgang 63

Bez. Ubergangsfunktion

PT1

G(s)= K1+ sT

lims→0

K1+ sT =K = lim

t

lims→∞

K1+ sT = 0= lim

tt

h K

0

I

G(s)= KIs

lims→0

KIs

lims→∞

KIs= =0

t

h

0

Ubertragungsfunktion.. ..

→∞

0→t

h t( )

h t( )

limt→∞

h t( )

lim0→th t( )

nichtexistent

,

Tabelle 3-4: Beispiele für Grenzwerte

3.9 Frequenzgang

3.9.1 Allgemeines

Aus der Übertragungsfunktion G(s) kann man durch einen recht einfa-chen formalen Schritt den Frequenzgang gewinnen. Man muss nur diekomplexe Variable s = σ + jω ersetzen durch die imaginäre Variablejω, z. B. indem man den Realteil σ der Variablen s gegen null gehenlässt. Dadurch wird aus der vorher benutzten Beziehung

Y(s) = G(s) ·U(s) (3.74)

die für den Frequenzgang G(jω) gültige

Y(jω) = G(jω) ·U(jω) . (3.82)

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Frequenzgang
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3.9 Frequenzgang 71

und y charakterisiert. Einsetzen der Größen in die Gl.(3.109) des Tot-zeitgliedes führt unter Beachtung der unterschiedlichen Argumente zu

y · ejωt = K ·u · ejω(t−Tt) = K ·u · ejωt · e−jωTt . (3.111)

Daraus ergibt sich die Gleichung für die Zeiger

y = K ·u · e−jωTt (3.112)

und aus dieser Beziehung der gesuchte Frequenzgang als Quotient derZeiger von Aus- und Eingangsgröße, indem man die Gleichung entspre-chend umstellt.

G(jω) = yu= K · e−jωTt (3.113)

Der gewonnene Frequenzgang ist eine transzendente Funktion derKreisfrequenz ω.

3.9.4 Messen von Frequenzgängen

Im Gegensatz zur Übertragungsfunktion ist der Frequenzgang einesÜbertragungssystems messtechnisch zu erfassen. Dazu wird in Analo-gie zu der Vorgehensweise in Abschnitt 3.9.2 das interessierende Sys-tem mit einer sinus-(oder cosinus-)förmigen Eingangsgröße erregt unddie resultierende Ausgangsgröße nach Abklingen von Einschwingvor-gängen mit der Eingangsgröße verglichen.

Aus der in Abschnitt 3.9.2 abgeleiteten Lösung der linearen Differenti-algleichung geht hervor, dass ein lineares Übertragungssystem auf eineErregung durch eine harmonische (d. h. sinus- oder cosinusförmige)Eingangsgröße

u(t) = U · cos(ωt +ϕu) , u = Uejϕu (3.114)

mit einer harmonischen Ausgangsgröße

y(t) = Y · cos(ωt +ϕy) , y = Yejϕy (3.115)

der gleichen Frequenz antwortet. Amplitude und Phasenlage der Aus-gangsgröße sind i. Allg. von denen der Eingangsgröße verschieden. Bei-de Größen können durch ihre Zeiger u bzw. y beschrieben werden.

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Frequenzgang
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72 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

t

u(t)

T,

ϕ

y(t)

t

UY

y u

Bild 3-10: Harmonische Eingangs- und Ausgangsgröße

Bild 3-10 zeigt einen Ausschnitt aus einer graphischen Darstellung bei-der Größen.

Da man eine komplexe Zahl wie den Frequenzgang durch Betrag undPhasenwinkel darstellen kann

G(jω) = |G(jω)| · ejϕ (3.116)

und der Frequenzgang definiert ist als

G(jω) = yu= YU· ej(ϕy−ϕu) ,

erhält man den Betrag des Frequenzganges als Quotienten der Ampli-tuden

|G(jω)| = YU

(3.117)

und den Phasenwinkel des Frequenzganges aus der Phasenverschie-bung

ϕ(jω) =ϕy −ϕu = −tϕT· 360◦ . (3.118)

Dabei ist zu beachten, dass tϕ der zeitliche Abstand eines Nulldurch-ganges der Eingangsgröße vom entsprechenden gleichsinnigen Null-durchgang der Ausgangsgröße ist. Bei den meisten technischen Sys-temen folgt die Ausgangsgröße der Eingangsgröße, sodass, wie auch

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Frequenzgang
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Rechteck
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3.9 Frequenzgang 75

Im

ReG(j )ω3

2

1ωG(j )

G(jω)1

2

ω3

ω ω

ω

Bild 3-11: Ortskurve eines Frequenzganges

für beliebige reelle Werte der Koeffizienten a, b, c, d Kreise in der kom-plexen Ebene beschreiben, deren Mittelpunkte auf der reellen Achse lie-gen. Durch diese Aussage und die Grenzwerte des Frequenzganges fürgroße bzw. kleine Werte der Frequenz wird der Verlauf der Ortskurveim vorliegenden Fall festgelegt.

Durch Erweitern mit dem Konjugiert-Komplexen des Nenners des Fre-quenzganges des PT1-Gliedes

G(jω) = K · 11+ jωT ·

1− jωT1− jωT = K ·

1− jωT1+ω2T 2

(3.120)

erhält man einen Ausdruck mit reellem Nenner, der leicht in einen Real-und einen Imaginärteil zu zerlegen ist. Diese können erforderlichenfallsfür eine genügende Zahl von Frequenzwerten ausgerechnet werden.

G(jω) = K1+ω2T 2

− j KωT1+ω2T 2

(3.121)

Im vorliegenden Fall erkennt man, dass der Imaginärteil des Frequenz-ganges für alle positiven Frequenzen negativ ist. Man erkennt ferner(Tab. 3-5), dass die Ortskurve des Frequenzganges in Richtung wach-sender ω-Werte im Uhrzeigersinn durchlaufen wird; diese Eigenschaftist allen Ortskurven von Frequenzgängen gemeinsam, die kausale sig-nalübertragende Glieder beschreiben. Da das Kausalitätsprinzip für alle

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Frequenzgang
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76 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

technisch-physikalisch realisierbaren Elemente gilt, wird in der Rege-lungstechnik fast ausschließlich mit Frequenzgängen gearbeitet, derenOrtskurven im Uhrzeigersinn durchlaufen werden.

Die meisten technisch interessanten Frequenzgänge werden durchOrtskurven dargestellt, die nur durch punktweise Auswertung von Glei-chungen für Real- und Imaginärteil analog zu Gl.(3.121) zu bestimmensind.

3.9.6 Bode-Diagramm

Neben der Ortskurvendarstellung wird eine nach H.W. Bode benann-te logarithmische Darstellung von Frequenzgängen häufig benutzt. Imsog. Bode-Diagramm werden Betrag und Phasenwinkel des Frequenz-ganges als Funktionen der Frequenz dargestellt. Dabei sind die Fre-quenzachsen und die Betragsachse logarithmisch geteilt, der Phasen-winkel wird linear aufgetragen (Bild 3-12). Die Darstellung des Betragswird im Folgenden als Amplitudengang und die des Phasenwinkels alsPhasengang bezeichnet.

101

0,1

1

10 10010

-1

0

0

1 2

G

lg G G

100101a

0,5

1 2 10 5 10

ωlgωω

ϕϕ

√a

-90o

-180o

0,3a��

π

0,3a��

Bild 3-12: Bode-Diagramm und logarithmische Teilung

Ar
Frequenzgang
Ar
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80 Dynamisches Verhalten von Übertragungsgliedern

1

10

100

10

100

K

1

G

1+j T

.

1001

G G

G

1

2

G1

KIjω

ϕ2

ϕ

ϕ1

ϕ

2GKω

G G1 G2

ωE21T

ω

=

=

=

=

2

-180o

-90o

o0

KI

Bild 3-13: Multiplikation von Frequenzgängen

zu beachten, dass in der Darstellung des Amplitudenganges die Linie|G| = 1 Bezugslinie ist, sodass bei der graphischen Addition Abständezu Punkten oberhalb dieser Linie positiv und solche zu Punkten unter-halb dieser Bezugslinie negativ zu werten sind. Für den Phasenganggilt das Entsprechende für die Nulllinie. Weil die Multiplikation vonFrequenzgängen im Bode-Diagramm leicht graphisch ausgeführt wer-den kann und weil für viele einfache Glieder die Frequenzgänge leichtzu konstruieren sind, empfiehlt es sich, kompliziertere Frequenzgän-ge, so weit möglich, als Produkte einfacher Frequenzgänge aufzufassenund die Multiplikation graphisch durchzuführen. Diese Verfahrenswei-se wird dadurch noch erleichtert, dass für die meisten regelungstech-nischen Fragestellungen eine Darstellung des Amplitudenganges durchGeraden, die Asymptoten, genügend genau ist. Eine Asymptotendarstel-lung des Phasenganges ist dagegen nur in Sonderfällen ausreichend.

Ar
Frequenzgang
Ar
Rechteck
Page 17: Refer en Zen

102 Lineare Regelkreisglieder

Bez

.u

nd

Üb

erga

ngs

fun

kti

on

Üb

ertr

agu

ngs

fun

kti

on

un

dPo

l- u

nd

Nu

llst

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Dia

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m

Dif

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un

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Freq

uen

zga

ngs

y Ku

G(s) K

h K

t

G(jω) K 1

Im

Re

y K

udt

I

h

1I

K

t

Re

Im

KG(s)

sI

1KI

Im

Re

h

t

Im

Re

Im

Re

1y K u

DD

G(s)Ks

KD

1

0

P I D

ω ω

G(jω)

ω ωω

G(jω)

ω

ϕ ϕ

ω

ω

== =

=

==

-90oo0

-90o

0o

ϕK

.

90o

0o

Ar
LineareÜbertraungselemente
Page 18: Refer en Zen

4.1 Allgemeines 103

y K(u

1 Tu

dt

h TK

) t

n

n

vy K(u T

h K

t

h n

Kt

T

G(s) K(

1) s

1

Im

Re

Im

1

G(s) K(

Im

Re

K 1

v11K K 1

Im

Re

Im

Re

Re

Im

K

K

K

0

PI PD PID

T

nT

nT

T v

s)

G(jω)

ω

ϕ

ωω ω

ϕ

ω ω

Re

ωω

ϕ

ω

=+

=1+

1 T n

G(jω)

G(jω)

=+ 1T v

u)

+=

. dt

+y K(u

=∫

1 T nu

T vu)

+.

G(s) K(

T=

1+

1sn

s)T v+

1 T vT n1

T v1nT1

-90o

0o

-90o

0oo

90

90

o

0o

− −−

TvTn

TvTn

Tab

elle

4-2

:Reg

elkre

isgl

ied

er

Ar
LineareÜbertraungselemente
Page 19: Refer en Zen

104 Lineare Regelkreisglieder

Bez

.D

iffe

ren

tial

glei

chu

ng

un

d Ü

ber

gan

gsfu

nkti

on

Ort

sku

rve

des

Freq

uen

zga

ngs

PT1

Tyy

Ku

.

PT2

h K

t

TTy(T

T)y

y1

21

2..

Ku

.

2PT

1K

Im

K

Re

0

2T1

1 T 1

K 1Am

pli

tud

en-

un

dPh

asen

gan

g

Bod

e-D

iagr

amm

un

d

Dia

gram

mPo

l- u

nd

Nu

llst

elle

n

Üb

ertr

agu

ngs

fun

kti

on

t

KhT

Re

0K

Im

ω

G(jω) ϕ

ω ω

ϕ0

ω

ω

∞ω ω

G(jω)

+=

Im

Re

K0 ω

ωE

T=

1

G(s)

K (T1T 2)

T 1T 2

1s2

s

1 T1 T

21

Im

Re

=+

++

++

+=

(D )

(D)1 1

<

G(s)

K Ts

1 TR

e

Im

=1+

-18

0o

0o

-90o

-18

0o

-90oo0K 1

1E

ϕ

ω

G(jω)

ω

ωT

=

-90o

0o o

-45

G(s)

2 0K

2 02

s0

s2

Im

Re

0

arcc

os

ωω

ω+

=+

D

h K

t

y2y

Ky

20

00

...

ωω

2++

=u

<

−−

Ar
LineareÜbertraungselemente
Page 20: Refer en Zen

4.1 Allgemeines 107

t

tt

PT PT PA

t t1

1

y(t)

h K

Tt t

KhT t

T

.

T

h K

t

G(s)

G(s)

1−

G(s)

K1

+

s

s-t

e

1 T_

1 T

Im

Re

K 1

T1 t

1K K 1

Im

Re

Im

Re

Re

Im

−KKK 0

K

T t2πn

=0

,1,2

,...

0

1 T T1T

T s

ϕωG(j

ω ωω

ω

ω ω

ϕ ϕω ω

ω

=Ku(t−T

)= =

Ke-s

T)

n

G(j

G(jω)

TsT

Ku(t

y(t) =

T t)

Ty(t) +

Ty.

=y +

K(u−Tu. )

=K

T1 +

oo

-900 0

-18

0oo

-90o

0

-90oo o

-57

K−

Tab

elle

4-4

:Reg

elkre

isgl

ied

er

Ar
LineareÜbertraungselemente
Ar
Rechteck
Page 21: Refer en Zen

142 Reglereinstellung und Stabilität von Regelkreisen

t

x

z

einT

Tan

zx

00

Einschwing-toleranz

x xmax

Tein

anT

xm

Einschwing-toleranz

xw

x

w

xw

00 t

Bild 5-14: Sprungantworten bei Führung (oben) und Störung (unten)

Ar
Reglereinstellung
Page 22: Refer en Zen

5.5 Algebraische Stabilitätskriterien 147

Ein anderer Satz von Empfehlungen basiert auf Arbeiten von Zieglerund Nichols (1942) und geht davon aus, dass die Kenntnisse über dieRegelstrecke durch einen Versuch beschafft werden. Der Regler wirddazu als P -Regler betrieben (ggf. Tn → ∞, Tv → 0) und der Regelkreisgeschlossen. Ausgehend von einem stabilen Betrieb der Regelung wirdder Übertragungsfaktor des ReglersKR so weit vergrößert (bzw. der Pro-portionalbereich XP verringert), bis das System aus Regler und Regel-strecke Dauerschwingungen ausführt (Stabilitätsrand). Von dem dabeierreichten Übertragungsfaktor KR krit und der Periodendauer der sichergebenden Schwingung Tkrit wird nach Tab. 5-2 auf empfehlenswerteReglereinstellungen geschlossen. Das Verfahren eignet sich gut für Re-gelungen mit unübersichtlichen Mess- und Stellgeräteketten, weil derenEigenschaften im Schwingversuch mit erfasst werden. Man kann aberauch KR krit und Tkrit aus einer Analyse des Frequenzganges ohne ei-gentlichen Betriebsversuch gewinnen.

Auf den Regelkreis nach Bild 5-4 mit P -Regler angewandt, erhält manaus Bild 5-5 ein KR krit = 8 und mit Tab. 5-2 die Empfehlung KR = 4.

KR

KR krit

KR krit

KR krit

T

Tn

krit

Tkrit

Tv

PID

PI

P

Regler

Tkrit0,12

0,85

0,6

0,45

0,5

0,5

-

- -

.

.

..

.

.

Tabelle 5-2: Einstellwerte für Reglereinstellung nach einem Schwingver-such

5.5 Algebraische Stabilitätskriterien

Da eine technisch brauchbare Regelung außer funktionstüchtig auchunbedingt stabil sein muss, sind Stabilitätsuntersuchungen schon sehrlange fester Bestandteil der Regelungstechnik. Die Regelungstheorie de-finiert unterschiedliche Arten der Stabilität, von denen hier nur die sog.Übertragungs-Stabilität als Stabilität schlechthin behandelt werden soll.Diese Art der Stabilität wird auch in Anlehnung an anglo-amerikanische

Ar
Reglereinstellung
Ar
Rechteck
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148 Reglereinstellung und Stabilität von Regelkreisen

Bezeichnungen BIBO-Stabilität (Bounded Input-Bounded Output) ge-nannt. Sie besagt, dass ein stabiles System auf jede beschränkte Ein-gangsgröße mit einer beschränkten Ausgangsgröße antworten muss.

Die Regelungstheorie hat Hilfsmittel (Stabilitätskriterien) entwickelt,mit denen aus der Beschreibung des dynamischen Verhaltens einesSystems auf dessen Stabilität zu schließen ist. Solche Kriterien wertendie das System beschreibenden Differentialgleichungen, Übertragungs-funktionen, Frequenzgänge aus, ohne dass spezielle Zeitfunktionen, et-wa die der Regelgröße, ermittelt werden müssen.

Für alle linearen Systeme und damit auch für alle Regelkreise, die aus-schließlich lineare Glieder enthalten, gilt das Überlagerungsprinzip, unddaraus folgt für das Stabilitätsverhalten, dass die Stabilität solcher Sys-teme eine Eigenschaft ist, die nicht von den Eingangsgrößen der Syste-me abhängt. Damit genügt es, die Lösung der dem System zugeordnetenhomogenen Differentialgleichung auf Stabilität zu untersuchen.

In Abschnitt 3.4 ist gezeigt worden, dass die Lösung einer linearen Dif-ferentialgleichung mit konstanten Koeffizienten

anx(n) + . . .+ a1x + a0x = xe (5.19)

aus der Lösung der homogenen Differentialgleichung und einer partiku-lären Lösung besteht. Die Lösung der homogenen Differentialgleichungist dabei von der Form

xh(t) = C1eλ1t + C2eλ2t + . . .+ Cneλnt (5.20)

mit λi, (i = 1, . . . , n) als Nullstellen des charakteristischen Polynoms

anλn + . . .+ a1λ+ a0 = 0 . (5.21)

Von den bisher betrachteten Regelkreisgliedern führen lediglich dieTotzeitglieder auf Regelkreise mit Differentialgleichungen, die nicht indieses Schema passen. Solche Regelkreise können daher nicht mit denim Folgenden beschriebenen algebraischen Kriterien auf Stabilität ge-prüft werden. Es wird gezeigt werden, dass Stabilitätskriterien, die denFrequenzgang des aufgeschnittenen Regelkreises auswerten, z. B. dasNyquist-Kriterium, auf diesen Fall anwendbar sind.

Man kann (mit Hilfe des Faltungsintegrals, vgl. Kap. 3.11) zeigen, dassdie Lösung Gl.(5.20) der homogenen Differentialgleichung für t → ∞

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Ar
Rechteck
Page 24: Refer en Zen

5.5 Algebraische Stabilitätskriterien 149

gegen null gehen muss, damit das zugehörige System übertragungssta-bil ist. Wegen der besonderen Eigenschaften der Exponentialfunktionenbedeutet dies, dass jeder der Summanden vonxh(t) für große Werte derZeit verschwinden muss, d. h.

limt→∞

Cieλit = 0 , i = 1, . . . , n (5.22)

für Stabilität des Systems. Daraus folgt die Forderung

Reλi < 0 , i = 1, . . . , n . (5.23)

Wird diese Forderung von einer einzigen reellen Nullstelle des charakte-ristischen Polynoms verletzt, indem diese Nullstelle positiv ist, so ent-hält die Lösung der Differentialgleichung einen mit der Zeit monotonüber alle Grenzen wachsenden Anteil, und das System wird als monotoninstabil bezeichnet. Aus einem konjugiert komplexen Nullstellenpaarmit positivem Realteil unter den Nullstellen λi folgt ein oszillierenderAnteil in der Lösung, dessen Frequenz konstant ist, und dessen Ampli-tude monoton über alle Grenzen wächst; das System ist oszillatorischinstabil. Falls eine oder mehrere voneinander verschiedene Nullstelleneinen verschwindenden Realteil aufweisen, so enthält die Lösung Antei-le, die weder auf- noch abklingen; wenn dann alle anderen Nullstellennegative Realteile haben, so ist das System am Stabilitätsrand. Konju-giert komplexe Nullstellenpaare mit verschwindendem Realteil führenzu Dauerschwingungen in der Lösung. Bild 5-16 zeigt Nullstellen descharakteristischen Polynoms in der komplexen Ebene und die zu denreellen Nullstellen und Paaren von konjugiert komplexen Nullstellen ge-hörenden Anteile an der Lösung der homogenen Differentialgleichung.Systeme am Stabilitätsrand sind im Sinne der Definition der (BIBO) Über-tragungsstabilität nicht stabil, da durch mindestens eine geeignete be-grenzte Anregung ein unbegrenzter Ausgang erzeugt werden kann.

Aus den angeführten Überlegungen folgt ein erstes Stabilitätskriterium,nämlich

ein Übertragungssystem ist dann stabil, wenn sämtlicheNullstellen des zu seiner Differentialgleichung gehörendencharakteristischen Polynoms negative Realteile aufweisen.

Da die Pole der Übertragungsfunktion und die Nullstellen des charakte-

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Ar
Rechteck
Page 25: Refer en Zen

5.5 Algebraische Stabilitätskriterien 151

werden bestimmte Schemata und die Grundrechenarten benutzt. Be-reits 1877 wurde von Routh und 1895 von Hurwitz jeweils ein Kriteriumzur Prüfung der Nullstellen von Polynomen angegeben, die noch heutezur Stabilitätsprüfung benutzt werden. Mit beiden Kriterien werden dieKoeffizienten des charakteristischen Polynoms geprüft. Diese Koeffizi-enten findet man bekanntlich in der homogenen Differentialgleichungund im Nenner der Übertragungsfunktion bzw. des Frequenzganges (so-fern diese als Quotienten zweier Polynome ohne Doppelbrüche darge-stellt sind) des zu prüfenden Übertragungssystems.

Ausgehend von der homogenen Differentialgleichung des betrachtetenSystems (hier des geschlossenen Regelkreises)

anx(n) + . . .+ a1x + a0x = 0 (5.24)

ist eine beiden Kriterien gemeinsame

1. Bedingung: Das System ist nur dann stabil, wenn alle Koeffizientenan . . . a0 vorhanden und positiv sind.

Falls alle Koeffizienten negativ sind, kann die Bedingung erfüllt werden,indem die Differentialgleichung mit −1 multipliziert wird.

Für das Kriterium nach Hurwitz lautet dann die

2. Bedingung: Das System ist nur dann stabil, wenn die Hurwitzdeter-minante und ihre Unterdeterminanten (nach dem Sche-ma in Gl.(5.25) gebildet) sämtlich größer als null sind.

an

an

a3

a3

a1

a5 a1

a4 a2 a0

an-3

an-1

an-2

an-5

an-3

an-4

... ... ...

... ... ...

... ... ...

0

...

0

00

0

0

=H

... ... ...

... ... ...

... ... ...

0 0

-1

(5.25)

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Page 26: Refer en Zen

152 Reglereinstellung und Stabilität von Regelkreisen

Das Bildungsgesetz für die Hurwitzdeterminante Gl.(5.25) lässt sichso beschreiben, dass auf der Hauptdiagonalen die Koeffizientenan−1,. . ., a1 in ihrer natürlichen Reihenfolge stehen und die Spalten soaufgefüllt werden, dass die Koeffizienten mit von oben nach unten zu-nehmenden Indizes angeordnet sind. Fehlende Koeffizienten werdendurch Nullen dargestellt. Die Definition der Unterdeterminanten ergibtsich aus dem Schema.

Für das Kriterium nach Routh lautet die

2. Bedingung: Das System ist nur dann stabil, wenn die RouthschenProbefunktionen Ri sämtlich größer als null sind.

Die Probefunktionen werden durch das Rechenschema Gl.(5.26) (oderähnliche Schemata) ermittelt. Dazu werden in zwei Zeilen die Koeffizien-ten der Differentialgleichung angeschrieben und dann aus jeweils zweiZeilen eine Dritte gebildet. Dieses Verfahren ist so lange fortzusetzen,bis man zwei Zeilen mit jeweils nur einem Element erhält. Die Elementeder ersten Spalte dieses Schemas sind die Routhschen ProbefunktionenRn, . . . , R0 (Gl.(5.27)).

an an−2 an−4

an−1 an−3 an−5

an−2 − anan−1

an−3︸ ︷︷ ︸a′n−2

an−4 − anan−1

an−5︸ ︷︷ ︸a′n−4

an−6 − anan−1

an−7︸ ︷︷ ︸a′n−6

an−3 − an−1a′n−2

a′n−4 an−5 − an−1a′n−2

a′n−6

(5.26)

Rn = an , Rn−1 = an−1 , Rn−2 = a′n−2 , . . . (5.27)

Neben der Aussage über Stabilität kann man aus der Folge der Probe-funktionen noch die Zahl der Nullstellen des charakteristischen Poly-noms mit positivem Realteil ermitteln; sie ist nämlich gleich der Zahlder Vorzeichenwechsel in der Folge der Probefunktionen.

Ein Vergleich beider Kriterien ergibt, dass das Kriterium nach Hurwitzzwar eleganter wirkt, wegen der zahlreichen Determinantenausrech-

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Page 27: Refer en Zen

5.6 Stabilitätsprüfung und Reglereinstellung mit dem Frequenzgang desaufgeschnittenen Regelkreises 161

Polstellen von N(s) sind identisch mit den Polstellen (Unendlichkeits-stellen) von G0(s). Regelkreise, deren G0(s) Polstellen in der rechtens-Halbebene aufweist, sind im aufgeschnittenen Zustand instabil; sol-che Regelkreise kommen nicht allzu häufig vor. Weil andererseits dieÜbertragungsfunktion G0 meist die Übertragungsfunktion einer Rei-henschaltung einfacher Glieder ist, deren Pole und Nullstellen entspre-chend den Ausführungen in Abschnitt 3.9 zu überlagern sind, kann mandie Zahl p der Polstellen in der rechten s-Halbebene in der Regel ohnegroßen Aufwand ermitteln.

m n p= −

Anzahl der Umdrehungenvon in der ( )-Ebene(entgegen dem mathematischpositiven Sinn)

C N s

Anzahl der Nullstellenvon ( ) im Innerender Kurve (rechte-Halbebene)

N sC

s

Anzahl der Polstellenvon ( ) im Innerender Kurve (rechte-Halbebene)

N sC

s

Anzahl der Umdrehungenvon um -1( Ortskurve von ( ) für

)"aufgeschnittener Regelkreis"

CG jω

< ω <≡−∞ +∞

0

Anzahl der Polstellen von( ) in der rechten -Halb-

ebene (s. Gl.(5.35))[z.B.: ( ) stabil n 0]"geschlossener Regelkreis"

G s s

G s

z

z → =

Anzahl der Polstellen von( ) in der rechten -Halb-

ebene (s. Gl.(5.45))[z.B.: ( ) stabil 0]"aufgeschnittener Regelkreis"

G s s

G s p

0

0 → =

m

n

p

(5.46)

’’’

Tabelle 5-3: Zusammenfassung der Überlegungen zum Nyquist-Kriterium

Eine Zusammenfassung der bisher durchgeführten Überlegungen zeigtTab. 5-3. Die Vorgabe n = 0 für Stabilität des geschlossenen Regelkrei-ses, d. h. m = −p ergibt eine erste Fassung des Nyquist-Kriteriums:

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Page 28: Refer en Zen

5.6 Stabilitätsprüfung und Reglereinstellung mit dem Frequenzgang desaufgeschnittenen Regelkreises 171

1AR

Re

Im

d

-1

-1G0

ω

ω

ω

R

π

α

Bild 5-24: Amplituden- und Phasenreserve

Die Phasenreserve ist der Winkel, den ein Zeiger zu dem Punkt, beidem die Ortskurve einen Kreis mit dem Radius eins schneidet, mit dernegativ-reellen Achse bildet

αR =ϕ0(ωd)−ϕ0(ωπ) (5.65)

mit ωd definiert durch∣∣G0(jωd)∣∣ = 1 . (5.66)

Sollte die Ortskurve mehrmals die negative reelle Achse schneiden, soist die kleinste Amplitudenreserve bzw. die kleinste Phasenreserve dieentscheidende Größe.

Für einen Regelkreis am Stabilitätsrand ist

AR = 1 , αR = 0 . (5.67)

Für Regelkreise, die in erster Linie Störungen unterdrücken sollen, d. h.für gutes Störverhalten, wird als Entwurfsregel

1,5 < AR < 3,0 ; 20◦ < αR < 70◦ (5.68)

empfohlen. Für Regelkreise, die in erster Linie die Regelgröße einer Füh-rungsgröße folgen lassen sollen, d. h. für gutes Führungsverhalten, lau-tet die entsprechende Empfehlung

4 < AR < 10 ; 40◦ < αR < 60◦ . (5.69)

Ar
Stabilität
Ar
Rechteck
Page 29: Refer en Zen

240 Lineare Abtastregelungen

Struktur dargestellt werden. Auch wenn der Regler, wie in Bild 6-2 ge-zeigt, durch einen Prozessrechner verwirklicht wird, der über Eingabe-sammler (Messstellenumschalter) und Ausgabeverteiler zeitlich nach-einander mit einer größeren Zahl von (Teil-) Regelstrecken verbundenwird, so führt die Betrachtung nur eines Regelkreises auf die Strukturvon Bild 7-1. Sie soll für die folgenden Betrachtungen zugrunde gelegtwerden.

Regelstrecke

Regler

z

y

x

wekky eH

Bild 7-1: Einfache Abtastregelung

Die zeitliche Diskretisierung kontinuierlicher Größen, im folgenden Ab-tastung genannt, kann man so deuten, dass der kontinuierlichen Größee(t) entweder eine Folge äquidistanter Impulse e∗(t) oder eine Folgevon Werten ek zugeordnet wird (Bild 7-2). Die Flächen der Impulse ent-sprechen dabei den zugehörigen Werten der kontinuierlichen Größe. Ihrzeitlicher Abstand ist das Abtastintervall T .

e t( )

e t*( )

ek

Bild 7-2: Abtaster

Die zeitdiskrete Größe e∗(t) bzw. die Wertefolge ek kann vonzeitdiskret arbeitenden Übertragungsgliedern weiterverarbeitet wer-den. Diese Übertragungsglieder können als impulsübertragende Sys-teme behandelt werden, die eine Eingangs-Impulsfolge e∗(t) in ei-ne Ausgangs-Impulsfolge y∗(t) umformen oder als Systeme, die aus

Ar
DigitaleRegelung
Ar
Rechteck
Page 30: Refer en Zen

7.2 Lineare zeitdiskrete Übertragungssysteme 243

de Teilsystem durch einen äquivalenten Frequenzgang oder eine Über-tragungsfunktion beschreiben. Im anderen Fall muss man Halteglied,Regelstrecke und Abtaster durch eine zeitdiskrete Übertragungsfunkti-on oder eine Differenzengleichung beschreiben und die kontinuierlicheFührungs- und Störgröße durch zeitdiskrete Größen ersetzen.

Ohne auf Einzelheiten einzugehen kann man sagen, dass die Darstel-lung des Gesamtsystems als kontinuierliches System dann zweckmä-ßig sein wird, wenn das Abtastintervall T so klein ist in Relation zurDynamik des Systems, dass der Abtastvorgang das Gesamtverhaltennicht wesentlich beeinflusst. In solchen Fällen kann es genügen, Abtas-ter und Halteglied durch ein Glied mit einer Totzeit T/2 zu ersetzen, dasdann der Regelstrecke zugerechnet wird, einen für diese Regelstreckegeeigneten kontinuierlichen Regler zu spezifizieren und diesem danneinen zeitdiskreten Regelalgorithmus zuzuordnen. Einzelheiten werdenim folgenden Abschnitt 7.2 behandelt.

Wenn das Abtastintervall in Relation zur Dynamik des Systems nichtmehr vernachlässigbar klein ist, wird man i. Allg. zweckmäßigerweiseeine Beschreibung des Gesamtsystems als zeitdiskretes System anstre-ben. Dazu benötigt man die zeitdiskrete Darstellung des Teilsystemsbestehend aus Halteglied, Regelstrecke und Abtaster und hat diese mitder Darstellung des zeitdiskreten Reglers zu verbinden. Dazu notwen-dige Verfahren werden in Abschnitt 7.4 ff behandelt.

7.2 Lineare zeitdiskrete Übertragungssysteme

Der Regler in Bild 7-1 ist ein lineares, zeitdiskretes Übertragungs-glied. Allgemein wandeln solche Übertragungsglieder eine Folge vonEingangswertenuk oder Eingangsimpulsenu∗(t) in eine Folge von Aus-gangswerten yk oder Ausgangsimpulsen y∗(t) um.

In Analogie zur Beschreibung linearer kontinuierlicher Übertragungs-systeme durch lineare Differentialgleichungen können zeitdiskreteÜbertragungssysterme durch Differenzengleichungen beschrieben wer-den. Solche Differenzengleichungen für Wertefolgen sind von der Form

a0yk + a1yk−1 + . . .+ anyk−n = b0uk + b1uk−1 + . . .+ bmuk−m(7.2)

Ar
DigitaleRegelung
Ar
Rechteck
Page 31: Refer en Zen

250 Lineare Abtastregelungen

Theorems kürzer sein muss als die Hälfte der kürzesten Periodendauerin der abzutastenden Funktion

T <Tmin

2. (7.34)

u

t0,02 0,08 0,1

rekonstruiertes SignalOriginalsignal

Abtastwerte

Bild 7-8: Verfälschung durch Unterabtastung

Bild 7-8 zeigt in besonders drastischer Weise die Folgen einer Verlet-zung des Shannon-Theorems. Ein sinusförmiges Originalsignal mit ei-ner Frequenz von 60 Hz wird mit einer Frequenz von 50 Hz abgetastet,obgleich die Abtastfrequenz größer als 120 Hz sein müsste. Die Folgedieser so genannten Unterabtastung ist, dass bei umsichtiger Rekon-struktion des abgetasteten Signals aus den Abtastwerten ein sinusför-miges Signal mit einer Frequenz von 10 Hz - der Differenz zwischenAbtastfrequenz und Frequenz des Originalsignals - entsteht, ein Ergeb-nis, das mit dem Original so gut wie nichts verbindet. Das Beispiel zeigtauch, dass man durch Unterabtastung nicht nur höherfrequente Signal-anteile verliert (den Verlust kann man manchmal durchaus in Kauf neh-men) sondern auch Verfälschungen des Signals im - meist interessie-renden - Bereich niedriger Frequenzen erhält, die man im Allgemeinennicht durch irgendwelche Nacharbeiten an den Abtastwerten behebenkann.

Ar
DigitaleRegelung
Ar
Rechteck
Page 32: Refer en Zen

7.3 Quasikontinuierliche Abtastregelungen 253

z

y

Regelstreckex

1,

Re w

T/2

Bild 7-12: Ersatzregelkreis

für kontinuierliche Regler eingeführten Verfahren angewandt werdenkönnen. Die Aufgabe geht dadurch über in die, für den Ersatzregelkreisnach Bild 7-12 einen kontinuierlich wirkenden Regler zu spezifizieren,und diesen dann durch einen geeigneten zeitdiskret wirkenden Algo-rithmus zu verwirklichen.

Der Nachteil der zeitdiskreten Arbeitsweise des Regelalgorithmus wirdoft dadurch aufgewogen, dass verschiedene Schwierigkeiten vermiedenwerden, die die analoge pneumatische oder elektronische Technik ent-hält und dadurch, dass z. B. keine Einschränkungen im Bereich der reali-sierbaren Parameterwerte bestehen, wie das bei PID-Reglern mit einemVerstärker und entsprechender Beschaltung der Fall ist.

Mit der in Abschnitt 7.2 eingeführten Näherung für die Differentiati-on kann recht einfach die Differenzengleichung gewonnen werden, dieeinem zeitkontinuierlichen PID-Regler entspricht. Aus der Differential-gleichung

y = KR

u+ 1

Tn

t∫0

udτ + Tvu

(7.35)

erhält man durch Ableiten nach der Zeit

y = KR(u+ 1

Tnu+ Tvu

). (7.36)

Ar
DigitaleRegelung
Ar
Rechteck
Page 33: Refer en Zen

288 Vermaschte Regelkreise

gende Darstellung nur als Orientierungshilfe aufgefasst werden kann.Anschließend wird in diesem Kapitel auf einige Besonderheiten derMehrgrößen-Regelung eingegangen.

8.2 Vorregelung

Vorregelungen haben die Aufgabe, Störungen des zu regelnden Prozes-ses so weit wie möglich zu verringern, indem Einflussgrößen, deren Än-derungen störend wirken, durch zusätzliche, meist sehr einfach aufge-baute Regelungen konstant oder nahezu konstant gehalten werden.

Bild 8-2 zeigt den Wirkungsplan eines Regelkreises mit Vorregelung,die aus der Regelstrecke Sv und dem Regler Rv besteht. Die Vorrege-lung soll die Störgröße z verringern, sodass nur noch die verminderteStörgröße z′ auf den Hauptregelkreis einwirkt. Es leuchtet ein, dass diedurch die Vorregelung zu vermindernden Störgrößen messbar und be-einflussbar sein müssen.

xz

y

S−

R

Sv

v−wR

−z’

Bild 8-2: Vorregelung

Als Beispiel möge die Vorregelung des Gasdruckes an gasbeheiztenÖfen dienen. In Bild 8-2 entspricht die Störgröße z den Druckschwan-kungen im Versorgungsnetz, die durch einen Druckregler Sv , Rv ver-mindert werden, sodass ihr Einfluss auf die Ofentemperatur x geringbleibt. Weil die Temperatur noch durch andere Einflüsse verändert wer-den kann, die sich einer Vorregelung entziehen, kann man auf denHauptregler R nicht verzichten. Als Vorregler wird oft ein einfacherDruckregler ohne Hilfsenergie eingesetzt, wie er in Abschnitt 6.2 be-schrieben ist.

Eine Vorregelung verbessert nicht nur das Störverhalten von Regelun-gen bezüglich der durch die Vorregelung erfassten Störgrößen, in vielenFällen trägt sie auch dazu bei, dass der notwendige Stellbereich, der vom

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VermaschteRegelkreise
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8.3 Störgrößenaufschaltung 289

Hauptregler beeinflussten Stellgröße (y in Bild 8-2), verringert werdenkann, was oft die Wirtschaftlichkeit des gesamten Prozesses verbessert.

8.3 Störgrößenaufschaltung

Durch die Störgrößenaufschaltung werden aus der Änderung von Grös-sen, die den zu regelnden Prozess stören, zweckmäßige Änderungender Stellgröße des Hauptregelkreises abgeleitet. Die Stellgröße kann imIdealfall die Wirkung der Störung genau kompensieren, sodass die Re-gelgröße durch diese Störung nicht beeinflusst wird.

Wie Bild 8-3 zeigt, wird die Störgröße z gemessen und durch das Auf-schaltgerät A der vom Regler erzeugten Stellgröße überlagert. Man er-kennt, dass für

GA = 1 (8.1)

die resultierende Stellgrößenänderung die Störgröße z vollständig kom-pensieren würde.

xz

y

S

−wR

A

Bild 8-3: Störgrößenaufschaltung

Bei Regelungen mit analogen Einzelgeräten wird häufig die im folgen-den Bild 8-4 dargestellte Struktur benutzt, bei der die Störgröße auf dieRegelabweichung aufgeschaltet wird. Die Wirkung beider Aufschaltun-gen ist gleich, wenn in Bild 8-4 zur vollständigen Kompensation

GA · GR = 1 (8.2)

gesetzt wird und damit

GA = 1GR

(8.3)

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VermaschteRegelkreise
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8.4 Hilfsstellgröße 291

gen ist die Veränderung der Vorlauftemperatur in Zentralheizungsan-lagen als Funktion von Änderungen der Außentemperatur. Bei Raum-temperaturregelungen ist die Außentemperatur eine der wichtigstenStörgrößen. Wenn durch geeignete Steuerung der Temperatur des Hei-zungsvorlaufs die Wirkung von Außentemperaturschwankungen aufdie Raumtemperatur ganz oder teilweise ausgeglichen wird, so kann derRaumtemperaturregler i. Allg. einfacher und damit billiger sein und sei-ne Aufgabe dennoch besser erfüllen als ein Regler in einem einfachenRegelkreis.

8.4 Hilfsstellgröße

Wenn der zu regelnde Prozess im Wirkungsplan als Reihenschaltungmehrerer Verzögerungsglieder darstellbar ist (Bild 8-5), so kann es sinn-voll sein, eine zusätzliche Stellgröße, die Hilfsstellgröße yh, zu verwen-den. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass eine solche Stellgrößeüberhaupt in die Regelstrecke eingeführt werden kann.

xz

wR

−y

−yh

Rh

Bild 8-5: Aufschaltung einer Hilfsstellgröße

Die Hilfsstellgröße und der sie erzeugende Regler Rh bilden mit einemTeil der Regelstrecke einen Unterregelkreis. Dieser kann i. Allg. wesent-lich günstigere dynamische Eigenschaften haben als der Hauptregel-kreis, weil die zugehörige Teilregelstrecke von niedrigerer Ordnung istals die zum Hauptregelkreis gehörende Regelstrecke und der HilfsreglerRh daher entsprechend schneller arbeiten kann.

Weil der Unterregelkreis die gleiche Führungsgröße und die gleicheRegelgröße wie der Hauptregelkreis verarbeitet und dies unter güns-

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VermaschteRegelkreise
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294 Vermaschte Regelkreise

8-7b dargestellte Lösung mit dem Hilfsregler R′h benutzt. Wenn

GR′h ·GR = GRh (8.4)

gilt, so sind beide Lösungen gleichwertig.

xz

wR

−y

Rh

1

z2

xh

a)

xz

wR

−y

R’h

1

z2

xh

b)

Bild 8-7: Aufschaltung einer Hilfsregelgröße

Falls die Verbesserung der Dynamik des Hauptregelkreises, die durchdie Hilfsregelgröße entsteht, zur Vergrößerung des Übertragungsfak-tors des Hauptreglers ausgenutzt wird, ist wie im Fall der Hilfsstellgrö-ße zu beachten, dass bei Ausfall des Hilfsregelkreises die Stabilität desGesamtsystems gefährdet sein kann. Wird diese Möglichkeit nicht ge-nutzt, so vermindert der Hilfsregler nur die Auswirkungen der von ihmerfassten Störungen (z1, z2 in Bild 8-7).

x

w

R

Rx

Überhitzer

EinspritzkühlerEinspritzwasser

hh ’

Bild 8-8: Dampftemperaturregelung mit Temperatur vor Überhitzer alsHilfsregelgröße

Als Beispiel soll die schon einmal erwähnte Dampftemperaturregelung

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VermaschteRegelkreise
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8.6 Kaskadenregelung 295

erneut herangezogen werden. Entsprechend Bild 8-8 wird i. Allg. nichtnur die Temperatur des den Überhitzer verlassenden Dampfes gemes-sen, sondern auch die Temperatur des Dampfes zwischen Einspritz-kühler und Überhitzer. Diese Messgröße xh wird zur Beeinflussung desEinspritzwasserstromes mit benutzt.

8.6 Kaskadenregelung

Wenn die Voraussetzungen für den Einsatz einer Hilfsregelgröße vor-liegen, so kann man Haupt- und Hilfsregler auch so anordnen, dass derHauptregler R die Führungsgröße des Hilfsreglers Rh erzeugt (Bild 8-9).Dadurch entsteht ein unterlagerter Regelkreis, in dem alle auf den vor-deren Teil der Regelstrecke einwirkenden Störungen (z1, z2 in Bild 8-9)durch den Hilfsregler ausgeglichen werden.

z

y

Rh

1

z2

xh

R

z3

w−

x

Bild 8-9: Kaskadenregelung

Kaskadenregelungen sind eine sehr häufig benutzte Form vermaschterRegelkreise. Sie werden oft nicht nur zur Verbesserung des dynami-schen Verhaltens der Regelung benutzt, sondern auch um Nichtlinea-ritäten in einem Teil der Regelstrecke durch den Hilfsregler auszuglei-chen. Unter ungünstigen Umständen können zu träge Hilfsregler dieDynamik der Gesamtanlage verschlechtern; wenn durch den Hilfsreglerwesentliche Störungen wirksam gedämpft werden, kann das dennochsinnvoll sein.

Beispiele für Kaskadenregelungen sind Regelungen in der elektrischenund hydraulischen Antriebstechnik, die oft aus mehreren ineinander ge-schachtelten Regelkreisen aufgebaut werden, um ein Gesamtsystem mitguten dynamischen Eigenschaften zu gewinnen (Bild 8-10); ferner un-

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VermaschteRegelkreise
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8.7 Vorsteuerung und Führungsgrößenfilter 297

und man erkennt, dass für

GA = 1GS

(8.6)

das Folgesystem mit Vorsteuerung keine dynamischen Fehler aufweist,weil seine Übertragungsfunktion G = 1 ist.

−y

GRxw

GAyA

GS

Bild 8-11: Folgeregelung mit Vorsteuerung

In der Mehrzahl der Fälle haben die Regelstrecken in solchen Folge-regelungen integrierendes Verhalten mit Verzögerung (IT1- bzw. ITn-Verhalten). Daher muss das Aufschaltgerät i. Allg. mehrfach differen-zieren und eine Stellgröße erzeugen, die aus einer gewichteten Summevon Ableitungen der Führungsgröße nach der Zeit besteht. Wegen ge-rätetechnischer Schwierigkeiten und weil höherfrequente Signalantei-le durch die Differentiation stark angehoben werden, muss man sichmeist auf sehr wenige Ableitungen beschränken und auf eine vollstän-dige Kompensation dynamischer Fehler verzichten.

Bei Folgeregelungen, die im Voraus bekannte Führungsgrößenverläufeverarbeiten, wie z. B. Kopiereinrichtungen oder Vorschubeinrichtun-gen an numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen, kann man häu-fig die zur Vorsteuerung notwendigen Ableitungen des Führungsgrö-ßenverlaufs analytisch oder auf anderem Wege im Voraus bestimmen.Das kann dazu führen, dass der Folgeregelung außer dem Verlauf derFührungsgröße selbst noch die Verläufe ihrer Ableitungen nach der Zeitvorgegeben werden können. Das Aufschaltgerät hat in diesem Fall nureine der Regelstrecke entsprechende Gewichtung der vorgegebenen Ab-leitungen durchzuführen.

Als Beispiel möge ein numerisch gesteuerter Vorschubantrieb (Bild 8-12)

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VermaschteRegelkreise
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305

9 Zustandsraum

9.1 Allgemeines

Der Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsgröße von Regel-kreisgliedern kann außer durch einzelne Differentialgleichungen meisthöherer Ordnung auch durch Systeme von Differentialgleichungen ers-ter Ordnung beschrieben werden. Die Variablen, die zusätzlich zu denEingangs- und Ausgangsgrößen in solchen Differentialgleichungssys-temen auftreten, müssen bestimmten Bedingungen genügen und wer-den dann üblicherweise als Zustandsvariable mit dem Buchstaben xbezeichnet.

Das System von Differentialgleichungen wird dann so aufgebaut, dassdie n Ableitungen xi der Zustandsgrößen xi als Funktionen dieser Zu-standsgrößen und der p Eingangsgrößen ui ausgedrückt werden

x1 = f1(x1, . . . , xn,u1, . . . , up, t)...

xn = fn(x1, . . . , xn,u1, . . . , up, t) .

(9.1)

Die q Ausgangsgrößen yi werden als Funktionen der Zustands- und derEingangsgrößen dargestellt

y1 = g1(x1, . . . , xn,u1, . . . , up, t)...

yq = gq(x1, . . . , xn,u1, . . . , up, t) .

(9.2)

Abkürzend werden die Eingangs-, Ausgangs- und Zustandsgrößen zuVektoren zusammengefasst, und man erhält

x = f (x,u, t)y = g(x,u, t) .

(9.3)

Im Falle linearer, zeitinvarianter Systeme vereinfachen sich die Gln.(9.3)zu

x = A · x + B · uy = C · x +D · u (9.4)

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Zustandsraum
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9.3 Lösung der Zustandsraumgleichungen 317

in geeigneter Weise definiert wird. Der skalare Ausdruck eat kann durcheine unendliche Reihe

eat =∞∑k=0

(a · t)kk!

= 1+ a · t1!

+ (a · t)2

2!+ . . . (9.46)

dargestellt werden. Daraus kann man die weiterhin benutzte Definition

eAt =∞∑k=0

(A · t)kk!

= I + t1!A+ t

2

2!A2 + . . . (9.47)

ableiten. Man erkennt, dass aus der (n×n)-Matrix A die (n×n)-MatrixeAt entsteht, weil Gl.(9.47) eine Summe von (n×n)-Matrizen darstellt.Man kann zeigen, dass die Reihe Gl.(9.47) konvergiert und dass

ddteAt = A · eAt = eAt ·A . (9.48)

Mit diesen Festlegungen lautet die der Gl.(9.44) entsprechende Lösungder Zustandsgleichung (9.45)

x(t) = eAtx(0)+t∫

0

eA(t−τ)Bu(τ)dτ . (9.49)

Im Fall verschwindender Eingangsgröße u = 0 wird

x(t) = eAtx(0) = Φ(t)x(0) (9.50)

mit der sog. Transitionsmatrix

Φ(t) = eAt , (9.51)

die entsprechend Gl.(9.47) zu bestimmen ist.

Die allgemeine Lösung für die Ausgangsgröße y lässt sich mit

y = C · x +D · u (9.52)

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Zustandsraum
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318 Zustandsraum

aus Gl.(9.49) gewinnen zu

y(t) = C · eAt · x(0)+t∫

0

C · eA(t−τ) · B · u(τ)dτ +D · u(t) . (9.53)

Mit Umformungen, die nicht im Einzelnen erläutert werden sollen, kanndaraus

y(t) = C · eAt · x(0)+t∫

0

G(t − τ) · u(τ)dτ (9.54)

hergeleitet werden mit G(t) als der sog. Gewichtsmatrix des Übertra-gungssystems.

Als nützliches Mittel zur Lösung von Differentialgleichungen hatte sichdie Laplace-Transformation erwiesen. Sie wird so angewandt, dass diein der Differentialgleichung auftretenden Zeitfunktionen durch ihreAbbilder im Bildbereich der Laplace-Transformation ersetzt und dieVerknüpfungen zwischen den Zeitfunktionen in die entsprechendenzwischen Bildfunktionen überführt werden. Gewichtiger Vorteil die-ser Verfahrensweise ist, dass die Operationen Integration und Dif-ferentiation in einfache algebraische Operationen übergehen. Da dieLaplace-Transformation auf Systeme von Differentialgleichungen ingleicher Weise wie auf einzelne Differentialgleichungen anwendbar ist,kann man auch Zustandsgleichungen mit diesem Hilfsmittel behandeln,wenn man dabei die Regeln der Matrizenrechnung beachtet.

Die Zustandsgleichungen im Bildbereich der Laplace-Transformationlauten

s ·X(s)− x(0) = A ·X(s)+ B ·U(s)Y(s) = C ·X(s)+D ·U(s) .

(9.55)

In Gl.(9.55) sind die Vektoren der Bildfunktionen von Zustands-, Ein-gangs- und Ausgangsgrößen mit Großbuchstaben X(s), U(s), Y(s) be-zeichnet worden, obgleich sie keine Matrizen sind. x(0) ist der Vektorder Anfangsbedingungen der Zustandsgleichung. Die Koeffizientenma-trizen A, B, C, D werden durch die Transformation ebenso wenig ver-ändert wie die Koeffizienten einer einfachen Differentialgleichung.

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Zustandsraum
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320 Zustandsraum

Element, der Gewichtsfunktion g(t), und die sog. ÜbertragungsmatrixG(s) nur aus einem Element, der Übertragungsfunktion G(s).

Im hier zu betrachtenden Fall mehrerer Eingangs- und Ausgangsgrö-ßen besteht die Gewichtsmatrix G(t) aus einer entsprechenden Anzahlvon Gewichtsfunktionen, die Eingangs- und Ausgangsgrößen miteinan-der verknüpfen; in entsprechender Weise sind die Elemente der Über-tragungsmatrix G(s) Übertragungsfunktionen, die Bildfunktionen vonEingangs- und Ausgangsgrößen miteinander verbinden.

9.4 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit

Aus den allgemeinen Lösungen der Zustandsraumgleichungen (9.49)und (9.54) lassen sich einige wichtige Aussagen über das beschriebe-ne System ableiten. Zu diesen Eigenschaften zählen die Steuerbarkeitund die Beobachtbarkeit des Systems, Begriffe, die 1960 von Kalmaneingeführt worden sind.

Ein System

x = A · x + B · uy = C · x +D · u (9.61)

heißt steuerbar, wenn sein Zustand x durch eine geeignete Eingangs-größe, den Steuervektor u(t), in endlicher Zeit aus jedem beliebigenAnfangszustand x(t0) in den Endzustand 0 überführt werden kann.

Entsprechend heißt das System nach Gl.(9.61) beobachtbar, wenn manbei bekannter Eingangsgröße u(t) aus der Messung von y(t) über einendliches Zeitintervall den Anfangszustand x(t0) eindeutig bestimmenkann. Für beobachtbare Systeme kann man sog. Zustandsbeobachterkonstruieren, die aus den Steuer- und den Ausgangsgrößen Schätzwerteder Zustandsgrößen bilden.

Man kann zeigen, dass ein System mit einer einzigen Eingangsgröße uund einer einzigen Ausgangsgröße y steuerbar ist, wenn die Vektoren

b, A · b, A2 · b, . . . , An−1 · b (9.62)

linear unabhängig sind. Daher ist die (n,n)-Steuerbarkeitsmatrix

QS =[b, A · b, A2 · b, . . . , An−1 · b

](9.63)

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Zustandsraum
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Page 43: Refer en Zen

9.5 Stabilität und Regelung im Zustandsraum 321

genau dann regulär, wenn das System steuerbar ist. Das heißt Steuer-barkeit ist genau dann gegeben, wenn

detQS ≠ 0 . (9.64)

Ein System mit einer einzigen Eingangsgröße u, n Zustandsgrößen undeiner einzigen Ausgangsgröße y ist genau dann beobachtbar, wenn dieVektoren

cT , cT ·A , cT ·A2, . . . , cT ·An−1 (9.65)

linear unabhängig sind. Beobachtbarkeit ist also genau dann gegeben,wenn die (n,n)-Beobachtbarkeitsmatrix

QB =

cTcT ·A

...cT ·An−1

(9.66)

regulär ist.

Für Systeme mit mehreren Eingangs- und mehreren Ausgangsgrößengelten entsprechend erweiterte Bedingungen.

9.5 Stabilität und Regelung im Zustandsraum

9.5.1 Stabilität und Zustandsrückführung

Die Pole der Übertragungsfunktion, das sind die Nullstellen ihres Nen-ners, bestimmen bekanntlich die dynamischen Eigenschaften des Sys-tems, insbesondere seine Stabilität und seine Dämpfungseigenschaften.Diese Aussage auf die Gl.(9.60) übertragen ergibt, dass die Wurzeln derGleichung

det(s · I −A) = 0 (9.67)

für das Verhalten des Systems wesentlich sind. Die Determinante inGl.(9.67) ist ein Polynom n-ten Grades in s und entspricht dem charak-teristischen Polynom. Die Wurzeln der Determinanten Gl.(9.67) werden

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Zustandsraum
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Page 44: Refer en Zen

9.5 Stabilität und Regelung im Zustandsraum 323

Das System wird durch die Gleichungen

x = A · x + B · uu = −K · x (9.70)

beschrieben, die zusammengefasst

x = (A− B ·K) · x (9.71)

ergeben. Gl.(9.71) beschreibt ein System ohne Eingangsgrößen mit derSystemmatrix

AK = A− B ·K . (9.72)

9.5.2 Polvorgabe

Eine Möglichkeit des Reglerentwurfs besteht nun darin, die Eigenwerteder Matrix AK vorzugeben und damit aus den bekannten Matrizen Aund B die Regler- bzw. Rückführmatrix K zu bestimmen.

Als Beispiel soll für ein Übertragungssystem mit einer Eingangs- undeiner Ausgangsgröße eine Zustandsrückführung nach dem erwähntenVerfahren der Polvorgabe bestimmt werden. Bild 9-6 zeigt den Wir-kungsplan des Systems mit Rückführung.

y

A

∫xxu

Sw

−b

us

ur

kT

cT

Bild 9-6: Eingrößensystem mit Zustandsrückführung

Das Übertragungssystem möge in Regelungsnormalform entsprechendGl.(9.23) beschrieben sein. Die Zustandsgrößen der Regelungsnormal-form lassen sich hierfür in der in Kapitel 9.2 beschriebenen Weise durch

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Zustandsraum
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Page 45: Refer en Zen

380 Nichtlineare Systeme

eindeutig mehrdeutig

stet

ig

Begrenzung

y

u

(Tote Zone)

u

y

AnsprechschwelleHysterese

un

stet

ig

Zweipunkt-Glied

u

y

Dreipunkt-Glied

u

y

mit HystereseDreipunkt-Glied

u

y

u

y

Bild 12-1: Kennlinientypen

12.1.2 Folgeregelungen mit nichtlinearen Übertragungsgliedern

Bei Entwurf und Analyse von Folgeregelungen sind oft die Auswirkun-gen von Nichtlinearitäten im Übertragungsverhalten zu berücksichti-gen. Zu den häufigsten Nichtlinearitäten in einfachen Folgesystemenzählen die Begrenzung der Stellgeschwindigkeit und die Ansprech-schwelle (tote Zone). Beide können durch ein Kennlinienglied im Wir-kungsplan in Bild 12-2 berücksichtigt werden. Einigen Aufschluss überdie Wirkung solcher nichtlinearer Glieder vermitteln bereits elementareBetrachtungen zum Verhalten der Folgeregelungen im Zeitbereich beieinfachen Eingangsgrößen.

KI

−w e y x

Bild 12-2: Folgesystem mit nichtlinearem Übertragungsglied

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NichtlineareSysteme
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Rechteck
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Rechteck