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REFORM DES DEUTSCHEN LäNDERFINANZAUSGLEICHS – EINE UNENDLICHE GESCHICHTE? Thomas Lenk Position Liberal Positionspapier des Liberalen Instituts der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

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RefoRm des deutschen LändeRfinanzausgLeichs – eine unendLiche geschichte?

ThomasLenk

Position LiberalPositionspapierdesLiberalenInstitutsderFriedrich-Naumann-StiftungfürdieFreiheit

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Inhaltsverzeichnis

1. Kleine Vorbemerkung zum bundesdeutschen finanzausgleich und dem modell des Wettbewerbsföderalismus 5

2. finanzwirtschaftliche entwicklung und finanzpolitische meilensteine der letzten Jahrzehnte 7

3. stufen des finanzausgleichs 13

3.1. Primäre steuerzuordnung 14

3.2. Länderfinanzausgleich 21

3.3. Vertikaler finanzausgleich 25

4. Vorschläge für eine zukunftsfähige und nachhaltige finanzpolitik 27

Über den autor 32

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1. Kleine Vorbemerkung zum bundesdeutschen Finanzausgleich und dem Modell des Wettbewerbsföderalismus

DasbundesdeutscheFinanzausgleichssystemhatsichseitEndedesZweitenWeltkriegeskontinuierlichweiterentwickeltundunterliegt,wiederTitelan-deutet,einerstetigenVeränderung.DiesistvordemHintergrunddesgesell-schaftlichenWandelsauchverständlichundnotwendig.IndenFinanzausgleichspielendeshalbzumeinendie(sichändernden)AufgabendesBundesundderLänderundzumanderendieEinnahmeentwicklunginklusivederStaatsver-schuldung hinein. Dementsprechend liegt (inzwischen) ein sehr komplexesAusgleichssystemvor,das immerwiederFragennachhöhererEffizienzundTransparenzaufwirft.

VorderDarstellungdesStatusquodesbundesdeutschenFinanzausgleichsundseineranstehendenReformenbedarfesfüreineverständlicheBewertungderföderalenStruktureneinigergrundlegenderErläuterungen,welchedieBezie-hungenzwischenderverfassungsrechtlichenbundesdeutschenRegelungunddemoftvorgebrachtenWettbewerbsföderalismusverdeutlichensollen.

DasbundesdeutscheFinanzausgleichssystemverfolgtprimäraufdemGrund-gesetzbasierenddasverteilungspolitischeZielder„HerstellunggleichwertigerLebensverhältnisseimBundesgebiet“.�Dieses–inderpolitischenDiskussionhäufig hinterfragte – Ziel sollte dennoch so effizient wie möglich erreichtwerden. Es sind jedochhäufigMissverständnisse dahingehend aufgetreten,dasseinigeAllokations-undWachstumsargumente,welchederwissenschaft-lichenDiskussionzumWettbewerbsföderalismuszugrundeliegen,identisch,d.h.ohneBeachtungderGrundannahmenderjeweiligenModelle,angewandtwerdenkönnten.

UmmöglicheFehlkonklusionenzuvermeidenundeineAbgrenzungzwischendenverschiedenenUntersuchungsbereichenzuverdeutlichen,sollenimFol-gendenkurzdiewesentlichenGrundannahmenderbedeutendstenWettbe-

� DasGrundgesetzkanntebis�99�denumstrittenen,strengenBegriffder„EinheitlichkeitderLebensverhältnisse“imBundesgebiet(Artikel7�,Abs.�GG);dieserwurdevordemHinter-grundderWiedervereinigungin„Gleichwertigkeit“geändertunddamitabgeschwächt.

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werbsmodelle,dieaufallokativeEffizienzundBereitstellungseffizienzabzielen,dargestelltwerden.�

Grundsätzlichsind indieserFormdesWettbewerbsderLänderdie (steuer-zahlenden) Einwohner und die Unternehmer Wettbewerbsgegenstand. DiemeistenökonomischenModellebasierenindiesemZusammenhangaufdemGrundmodellzumFiskalföderalismusnachTiebout(�9��).ZurUmsetzungsindfolgendeAnnahmenzwingendnotwendig:

i. DieLändermüssenüberAusgaben-undSteuerautonomieverfügen.DieseerstegrundsätzlicheAnnahmefüreinenfunktionierendenWettbewerbsfö-deralismuszwischendenLändernistinderkooperativenFinanzverfassungderBundesrepubliknichtgegeben.SomitfehlteinewesentlicheVoraus-setzungfüreinewettbewerblichausgestalteteFormdesFöderalismus.

ii. WirddieersteForderungnacheinerautonomenAusgaben-undSteuer-politikderLändererfüllt,würdensichunterschiedlicheSteuersätzeundBemessungsgrundlagen zwischen den Ländern ergeben, in deren FolgeverschiedenhoheSteuereinnahmen resultieren. InfolgedessenkämeeszueinemqualitativundquantitativabweichendenAngebotöffentlicherLeistungenzwischendenBundesländern.DieswidersprächeaberzumeinendempolitischgewolltenZiel,eine„EinheitlichkeitderLebensverhältnisse“zuschaffenundzumanderendergegenwärtigenFinanzverfassung.

iii. DieimModellerstrebtenEffizienzgewinnesindzudemausschließlichunterderVorraussetzung„fiskalischerÄquivalenz“realisierbar.DarunteristdieKostenübernahmezurBereitstellungöffentlicherGüterineinemBundes-landdurchdieBürgerdiesesLandeszuverstehen.DiessetztjedocheineEntflechtungderAufgaben-undEinnahmenseiteinnerhalbderFinanzver-fassungvoraus.DiesisteinweitererAspekt,dermitdenRegelungenderbestehendenNormennichtvereinbarwäre.

� NeuereModelle,dieu.a.auchdieDistributionvonEinkommenalsAufgabestaatlicherInstanzenmitberücksichtigen,kommenzudemErgebnis,dasszwareffizienteAllokationundBereitstellungmöglichsind,abernichtzwangsläufigrealisiertwerden.DieErgebnissehängenwesentlichvonderModellierungdesWettbewerbsrahmensab(vgl.z.B.McGuire,T.J.(�99�),„FederalAidtoStatesandLocalitiesandtheAppropriateCompetitiveFramework“,in:Kenyon,D.A./Kincaid, J. (Hrsg.),CompetitionamongStatesandLocalGovernments:EfficiencyandEquityinAmericanFederalism,Washington,DC,S.��3-���;Wellisch,D.(�99�),DezentraleFinanzpolitikbeihoherMobilität,Tübingen;Besley,T./Case,A.(�99�),„IncumbentBehaviour:VoteSeeking,Tax-Setting,andYardstickCompetition“, in:TheAmericanEconomicReview8�,S.��-��).

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Anhanddieser,aufgrunddesbestehendenVerfassungsrahmensinderBundes-republik nicht umsetzbaren Voraussetzungen für Wettbewerbsföderalismuszwischen den Ländern wird deutlich, dass eine Föderalismusform in dieserAusprägung,wennauchpolitischgewünscht,eineumfangreicheVerfassungsän-derungerfordernwürde.MiteinersolchengrundlegendenÄnderungwarwederdieFöderalismuskommissionInochdieFöderalismuskommissionIIbefasst.Diesbedeutet,dassbisaufweiteresvoneinerfinanzwirtschaftlichenVerbundenheitzwischendenstaatlichenGebietskörperschaftenauszugehenist.

2. Finanzwirtschaftliche Entwicklung und finanzpolitische Meilensteine der letzten Jahrzehnte

GrundsätzlichsollteimRahmendesöffentlichenFinanzwesensein„balancedbudget“angestrebtwerden,d.h.,dassdiegeplantenordentlichenEinnahmen(ohneStaatsverschuldung)dengeplantenAusgabenimHaushaltsplanentspre-chen.Wenndiesnichtgelingt,bleibtnurnochderWegindieVerschuldung.DieVerschuldungdesBundes,aberauchderLänderundGemeinden,hatindenvergangenenJahrzehnteneineEntwicklunggenommen,derenHöheunddiedarausresultierendenZinslastendieHaushaltsspielräumeschonjetztdrama-tischeinschränken.ObwohldasGrundgesetzvon�9�9eineVerschuldung„nurbeiaußerordentlichemBedarfundinderRegelnurfürAusgabenzuwerbendenZwecken“(Art.���GGa.F.)erlaubteundsomitbis�9�9nurgeringeMöglich-keitenzurStaatsverschuldunggegebenwaren,wurdemitderÄnderungderFinanzverfassung�9�9amEndedeswestdeutschenWirtschaftswundersundderÖlpreiskrisezuAnfangder70erJahredieIdeeeinerkeynesianischen Wirt-schaftspolitikimplementiert,diezurAblösungderbisherigenobjektbezogenenVerschuldungsregeln durch situationsbezogene Verschuldungspolitik führte.AufgrundderfolgendenkonjunkturpolitischmotiviertenVerschuldungspolitikunddemzunehmendenAusbaudesSozialstaatesnahmderSchuldenstandaufjederGebietskörperschaftsebeneab�9�9undinsbesondereab�97�kontinu-ierlichzu.ErsteKonsolidierungsbemühungenab�983führten„nur“zueinerVerminderungderNettokreditaufnahme,sodassdieVerschuldungbis�989langsam,aberweiteranstieg.

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Abbildung�:SchuldenstandderöffentlichenHaushalteinMio.EuroQuelle:EigeneDarstellungnachAngabendesStatistischenBundesamtes.

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EinweitererwesentlicherAspektderSchuldenentwicklungistdieFinanzierungderKostenimZugederDeutschenEinheit.AufBundesebenehabenvorallemderFonds„DeutscheEinheit“,derEntschädigungsfonds,derErblastentilgungsfondsunddasBundeseisenbahnvermögensowiedieerwartetenaberausbleibendenErlöseimZugederPrivatisierungsmaßnahmenderTreuhandanstaltzumAnstiegderVerschuldungaufBundesebenebeigetragen.DurchEinbindungderneuenLänderindasbundesdeutscheFinanzausgleichssystem�99�sowiederhohenArbeitslosigkeitsinddieHaushalteweiterenBelastungenausgesetztworden.3Esmuss jedochkonstatiertwerden,dassdieVerbindlichkeiten imZugederWiedervereinigungeinefinanzielleBelastungdarstellen,derenTilgungnichtvoneinerGenerationgetragenwerdenkönnte�unddesWeiterenfraglichist,welcheandereFinanzverfassungdenVerpflichtungenimZugederDeutschenEinheitbesserhättebegegnenkönnen.

NebendenvereinigungsbedingtenfinanziellenBelastungenderGebietskör-perschaftenführteabdemJahr�000auchdasZurückbleibenderEinnahmen-entwicklunghinterdemWachstumdesnominalenBruttoinlandsprodukteszueinemsteigendenSchuldenstand.GleichzeitigkonntendieAusgabennichtsoschnell,wieesfüreinenausgeglichenenHaushaltnotwendiggewesenwäre,zurückgeführtwerden.SosankdieEinnahmenquotevon��,�v.H.imJahr�000auf�3,�v.H.imJahr�00�,beiannäherndgleichenAusgaben(vgl.Abbildung�).DieseEntwicklungistmaßgeblichaufdiedeutlichenSteuersenkungenimZugederSteuerreformzurückzuführen.�

3 Lenk,Kuntze(�007),S.3�f.� Bofinger/Lenk/Schneider(imErscheinen),S.�3.� Bofinger/Lenk/Schneider(imErscheinen),S.��f.

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Abbildung�: EinnahmenquoteundStaatsquoteinDeutschland(inProzentdesnominalenBruttoinlandsprodukts)

Quelle: Gemeinschaftsdiagnose(�007).

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NurlangsamisteineKonsolidierungdesBundes-undderLandeshaushaltezuverzeichnen(Abbildung3).

Abbildung3: SaldenderBund-undLänderhaushalte�00�–�0��

Quelle: EigeneDarstellungnachProjektionderZentralenDatenstellederLandesfinanzminister(ZDL).

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Bezeichnendistvorallem,dassbis�0�0dieLändergesamtheitvordemBundeinenpositivenHaushaltssaldoerreichenwird.FünfLändererreichtenbereits�007einenausgeglichenenHaushalt:Bayern,Berlin,Mecklenburg-VorpommernsowieSachsenundThüringen.Bis�0��strebenfastalleweiterenLändereinenHaushaltohneNeuverschuldungan.LediglichdasSaarlandundSchleswig-HolsteinsehensicherstmitdemAuslaufendesSolidarpaktesIIimJahr�0�9inderLage,einenschuldenfreienHaushaltaufzustellen.

GrundsätzlichsinddieMöglichkeitenöffentlicherKreditaufnahmeinArt.���GGi.V.m.Art.�09GGgeregelt.DemnachisteineAufnahmevonKreditennurbiszurHöhederInvestitionsausgabengestattet(Art.���Abs.�GG).DiessollzurUmsetzungfinanzintensiverZielemitzukunftsbegünstigendemCharakterdienen.� Dieser, dem wirtschaftlichen Normalzustand zugeordneten Norm,wurdeeineweiterebeigestellt,welchedasVorgehen„zurAbwehreinerStörungdesgesamtwirtschaftlichenGleichgewichts“7zumInhalthat.SolltedieGefahreinersolchenStörungdrohen,sowirddieKreditbegrenzungausgeweitet,d.h.dasKreditvolumendarfdieInvestitionsausgabenübersteigen.Aufgrundunzu-reichenderFestschreibungderBegrifflichkeitenimGesetz,istderbetreffendeGrundgesetzartikel häufig sehr weit ausgelegt und infolge dessen eine zuausgedehnteVerschuldungermöglichtworden.

DasZielderFöderalismuskommissionIIliegtdarin,festzulegen,

– wieeineNormalverschuldungzubegrenzenist,

– obundaufwelcheWeisebeizyklischwiederkehrendenKriseneineNetto-kreditaufnahmezulässigistund

– inwieferninAusnahmesituationen,bspw.beiNaturkatastrophen,mitdemInstrumentderVerschuldungumgegangenwerdensoll.

FürjedederdreiKonstellationenistsomitzudefinieren,biszuwelcherHöheöffentlicheSchuldenaufnahmemöglichseinsoll.Darüberhinausistzuent-scheiden, wie im Sinne einer nachhaltigen Finanzpolitik der gegenwärtigeSchuldenstandabgeschmolzenwerdenkann.

� Vgl.Sachverständigenrat(�00�),S.30�.7 Art.�0�Abs�GG.

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3. Stufen des Finanzausgleichs

DerBundsowiedieLänderundGemeindensindzurErfüllungihreröffentlichenAufgabenauffinanzielleMittelangewiesen.DazuwerdendeneinzelnenGe-bietskörperschaftsebenenSteuernbzw.Steueranteilezugeordnet.DadasSteu-eraufkommenzwischendenLändern(bzw.zwischendenKommunen)regionalstarkstreut,bedarfeszusätzlicherInstrumente,diesicherstellen,dasstrotzdiesesregionalunterschiedlichenSteueraufkommensdieihnenzugeordnetenAufgabenerfülltwerdenkönnen.

ZurVeranschaulichungderProblematik sei hiernurdarauf verwiesen, dassimJahr�007vomgesamtenLändersteueraufkommen indenaltenLändern�03Mrd.Eurovereinnahmtwurden,währendindenneuenLändernnur�3Mrd.EuroLändersteueraufkommenzuverzeichnenwaren.BeziehtmandiesesGe-samtsteueraufkommenaufdieEinwohner,sobedeutetdies,dassproEinwoh-nergerechnetindenneuenLändernlediglich��v.H.desdurchschnittlichenLändersteueraufkommens eingenommen werden konnte. Wenn man davonausgeht,dasseinGroßteilderLandesmittel(i.d.R.über90v.H.desBudgets)durchBundes-undLandesgesetze,Bund-,Länder-undEU-Programme,son-stigeVerpflichtungen(z.B.Tarifverträge,andereVerträgeundVereinbarungen)gebunden und damit bestimmte Ausgabenpositionen (Personalausgaben,sächlicheVerwaltungsausgaben,Zinsausgabenu.a.)faktischnichtdurchdieLandespolitikbeeinflussbarsind,wirdevident,dasszurZeiteineUmverteilunginsbesonderezuGunstenderbesonderssteuerschwachenneuenLänderwei-terhinnotwendigist.

NebendenTransfersimSozialversicherungssystem(Arbeitslosen-,Krankenversi-cherung,Pflege-undRentenversicherung)werdendienotwendigenFinanztrans-fersimbundesdeutschenFinanzausgleichssystem,dasinseinerArtschonseit�9�9existiert,umgesetzt.EshandeltsichhierbeiumeinfinanzverfassungsrechtlichesregelgebundenesVerteilungssystem,welchesdieFinanzbeziehungenzwischendenKörperschaftsebenen(BundundLändermitihrenGemeinden)koordiniert.DiesesSystemwurdetrotzdererheblichenAusdehnungdesUmverteilungs-volumensdurchdieIntegrationderneuenLändernichtwesentlichgeändert,auchwennesinvielenDetailsAnpassungengab.Damitwirdersichtlich,dassdieFinanzordnungderBundesrepublikDeutschlandso„flexibel“ausgestaltetwarundist,dassselbstdiefinanziellenBelastungenderDeutschenEinheit,dieindiesemAusmaßnichtvorherzusehenwaren,ohneSystemänderungenzuverkraftensind.

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3.1. Primäre steuerzuordnung

BeiderSteuerzuordnungsindgrundsätzlichnachdemTrennsystemBundes-,Landes-undGemeindesteuernsowienachdemVerbundsystemdieGemein-schaftssteuernzuunterscheiden.DieBundessteuern,derenAufkommen�007ca. �� v.H. der Gesamtsteuereinnahmen ausmachen, stehen ausschließlichdemBundzu.DazuzählennachArt.�0�Abs.�GGu.a.dieZölle,dieVer-brauchssteuern (ausschließlichderBiersteuer),derSolidaritätszuschlagunddieVersicherungsabgabe.8

DenLändernwirdu.a.dasgesamteAufkommenderVermögensteuern,derErb-schaftsteuer,derVerkehrsteuern9sowiederKraftfahrzeug-undderBiersteuerzugeordnet(vgl.Art.�0�Abs.�GG).�0�007betrugdasVolumenderLänder-steuernnachdemTrennsystem��,8Mrd.Euro(�v.H.vomGesamtsteuerauf-kommen).DieGemeindenerhaltenschließlichdasvollständigeAufkommenderörtlichenVerbrauchs-undAufwandsteuern(bspw.Hunde-oderVergnügungs-steuer)sowiedieEinnahmenausderGewerbe-��undderGrundsteuer.FürdiebeidenletzterenbesitzendieGemeindeneinsog.Hebesatzrecht,mitwelchemdieHöhedesSteuerbetrageszusätzlichvariiertwerdenkann(Art.�0�Abs.�GG).DamitstehendenGemeindenca.9v.H.derSteuereinnahmenzu.

Das Aufkommen der Gemeinschaftssteuern wird gemäß Art. �0� Abs.3GGzwischenderBundesebeneunddenLänder,z.T.unterPartizipationderGe-meinden,aufgeteilt.DieserSteuerkomplexumfasstdieKörperschaftsteuer,dieMehrwert-(Umsatz-)steuersowiedieEinkommen-bzw.LohnsteuerunddenZinsabschlag.DiefolgendeTabellesolldieprozentualenVerteilungsschlüsselzwischendenGebietskörperschaftenverdeutlichen:

8 DerBundmussjedochAnteilederZölle,derAbgabenundEigenmittelderMehrwertsteuerunddesBruttosozialproduktesandieEuropäischeUnionabführen.

9 WennnichtvonBundundLänderngemeinsamvereinnahmt.�0 KeineabschließendeAufzählungderLandessteuern.�� Abzgl.derGewerbesteuerumlage.

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Tabelle�: VerteilungsschlüsselderGemeinschaftssteuern�007

Bund Länder gemeinden

Körperschaftsteuer �0v.H. �0v.H. -

mehrwert-(umsatz-)steuer ��,7v.H. �3,3v.H. �,0v.H.

einkommen-/Lohnsteuer ��,�v.H. ��,�v.H. ��v.H.

zinsabschlag ��v.H. ��v.H. ��v.H.

Quelle:EigeneDarstellungnachAngabendesBundesministeriumsderFinanzen.

DieLandessteuernunddieAnteilederLänderandenGemeinschaftssteuernwerdenimRahmenderhorizontalen(primären)SteuerverteilungmitHilfedesPrinzipsdesörtlichenAufkommensverteilt(Art.�07GG).Diesbesagt,dassdieSteuerindemLandverbleibt,indemsieeingenommenwurde.

Als Ausnahmen sind im Gesetz geregelt, dass die Einkommen-/Lohnsteuernach demWohnsitzprinzip und die Körperschaftsteuer nach demBetriebs-stättenprinzipverteiltwerden(Art.�07Abs.�GG).BeidePrinzipiensprechendemBundeslanddieSteuereinnahmenzu, indemderArbeitnehmer seinenständigenWohnsitzhatbzw.dasUnternehmenseineBetriebsstätte(n)betreibt.DamitsindvondemGesamtsteueraufkommeninHöhevon�38,�Mrd.Euroim Jahr�007 rund�08Mrd. EurodenGebietskörperschaftendurcheigeneSteuerquellen und nach Verteilung der Lohnsteuer und des Zinsabschlageszugeordnet.Dieverbleibendenrund�30Mrd.EuroUmsatzsteueraufkommenwerdenwiefolgtverteilt:

DieprozentualeZuweisungderUmsatzsteuerandieGebietskörperschaftse-benenstelltdasflexibleElementinnerhalbdesFinanzausgleichssystemsdar.InAbhängigkeit ihrerAufgabenunddamit ihrerAusgabenhabenderBundunddieLänderhinsichtlichdieserAusgabeneinenDeckungsanspruch.UnterEinbeziehungeinerlangfristigenfinanziellenPlanungwerdendieProzentsät-zebeiderUmsatzsteuerverteilungregelmäßigangepasst.Sosollein„billigerAusgleich“��zwischenBundundLändernerreichtwerden,welcherzudemdie„Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“ sicherstellt. Beide VoraussetzungensindinArt.�0�Abs.3GGenthalten.DieEntwicklungderUmsatzsteuerver-teilunghatsichinderVergangenheitnurlangsameinerungefährhälftigenAufteilungangenähert(vgl.Abbildung�).�970bekamderBund70v.H.unddieLänder30v.H.desgesamtenUmsatzsteueraufkommens.DieGemeindensindinnerhalbdiesesGesamtsystemserstseit�998empfangsberechtigt.Der

�� Art.�0�Abs.3GG.

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Abbildung�: AnteileamUmsatzsteueraufkommen*vonBund**,LändernundGe-meindeninv.H.* ohneBerücksichtigungvonUmsatzsteuerfestbeträgen** Vorab-AnteiledesBundesfürdiegesetzlicheRenten-undAr-

beitslosenversicherunggetrenntausgewiesen.

Quelle:EigeneDarstellung.

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AnteilanderUmsatzsteuerstelltfürdieseeinenAusgleichfürdieentfalleneGewerbekapitalsteuerdar.�3

MitderEinbeziehungderneuenLänderindenbundesdeutschenFinanzausgleichistdieursprünglicheVerteilungdesUmsatzsteueraufkommensangepasstwor-den.DerBundverzichtetezunächstaufsiebenProzentpunkte,umdieenormangestiegenenErgänzungsanteilefinanzierenzukönnen(Abbildung�).��

DieVerteilungderUmsatzsteuererfolgtinmehrerenStufen:VorderVerteilungwirddemGesamtumsatzsteueraufkommeneinAnteilzurFinanzierungderAr-beitslosenversicherungentnommen.Dieserfolgtseit�007undhatgegenwärtigeinVolumenvon�,��v.H.(ab�009:�,��v.H.).AnschließenderfolgteineZu-weisungvon�,0�v.H.zugunstenderRentenversicherung.VomverbleibendenAufkommenerhaltendieGemeindeneinenAnteilvon�,�v.H.VomrestlichenUmsatzsteueraufkommenwirdzurzeitdemBund�0,�v.H.unddenLändern�9,�v.H.zugeordnet;dieserAufteilungsschlüsselwurdeinderVergangenheitregelmäßigüberDeckungsquotenverhandlungenangepasst(Abbildung�).DieLändermüssenaus ihremAnteildemBundfürdieÜbernahmederLänder-anteiledesFonds„DeutscheEinheit“ jährlicheinenFestbetrag inHöhevon�.���.7��.000Euroabtreten.DieZuordnungderLänderumsatzsteueranteileaufdieeinzelnenLändergeschiehtinzweiStufen:

�. Höchstens��v.H.desLänderumsatzsteueranteilskönnenfinanzschwachenBundesländerninFormsog.Ergänzungsanteile(§�Abs.�FAG)gewährtwerden,umderenSteueraufkommenandenLänderdurchschnittheran-zuführen;hierzuwurden�007rund8Mrd.EurovomgesamtenUmsatz-steueraufkommeneingesetzt.

�. DerverbleibendeRest(somitmindestens7�v.H.)erfolgtaufBasisderje-weiligenEinwohnerzahl(§�Abs.3FAG).��DieserSchlüsselisteinerseitsaufgrundderParallelenzurregionalenSteuerkraft,andererseitsaberauchinfolgederNutzungalspauschalisierterBedarfsmaßstabanwendbar.

NachdieserUmsatzsteuerverteilungistdasgesamteSteueraufkommenaufdieGebietskörperschaftenzugeordnet.DersteuerkraftstärkendeEffektderUmsatz-steuerergänzungsanteilewirdinAbbildung�undAbbildung�evident.

�3 Vgl.Lenk(�00�),S.�.�� Vgl.§�GesetzüberdenFinanzausgleichzwischenBundundLändern(FAG).�� Vgl.Lenk(�008),S.33.

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�8

Abbildung�: SteuernderLändernachdemAufkommenproKopfinv.H.desDurchschnitts�99�bis�007

Quelle:EigeneDarstellung.

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Abbildung�: FinanzkraftderLänderinv.H.derAusgleichsmesszahlnachUmsatz-steuerverteilung

Quelle: EigeneDarstellung.

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�0

Die Möglichkeit der Deckungsquotenanpassung als flexibles Element derUmsatzsteuerverteilungwurdeseitderVereinigungbeiderdeutscherStaatenkaumnochgenutzt.�993habensichdieFinanzministervonBundundLändernletztmaligaufeineAnpassungderQuotenverständigt;damalsinHinblickaufdieSteuereinnahmen.EineweitereThematisierungerfolgteinHinblickaufdaseingeführteMaßstäbegesetz,welches,analogdemSolidarpaktII,infolgedesBundesverfassungsgerichtsurteilsnotwendigwurde.DieVerhandlungenbliebenjedochergebnislos,dasichderBundderGeschlossenheitderLändergegenübersah.SeitdieserZeitwirdeineDiskussiondiesesThemasvermieden.

MitdernichtdurchgeführtenDebatteüberDeckungsquotenwirdaucheinetypischfiskalische,pragmatischeSichtaufdieFinanzverteilungunddieFi-nanzierungsgegebenheiten zwischen den Körperschaftsebenen umgangen.Im Folgenden sollen einige Vermutungen aufgestellt werden, weshalb dieUmsatzsteuerverteilungihreFlexibilitätverlorenhat:

i. DieAusgabendeckungdurchSteuermittelhataufderLänderebeneseitderDeutschenWiedervereinigungeineheterogeneEntwicklunggenommen.EinegemeinsamePositionallerLänderzuerreichen,istschwierig.

ii. DieLänderkönnennichtdavonausgehen,dasssichderBundunterdie�0-Prozent-Markedrängenlässt.

iii. DerBundhat,daerseit�97�UmsatzsteueranteileandieLänderabgab,kaumAussichtaufErhöhungseinerQuote.

Gegenwärtigmussbis�0�9voneinembefristetenAusnahmezustandgespro-chenwerden.DerBegriffeineröffentlichenHaushaltsnormallageistseitderDeutschenWiedervereinigungverschwunden.

DieeinstigepragmatischeUmsetzung,welcheamBundes-undamLänder-anteilanderUmsatzsteuerinFormeineseinzigenWertesorientiertwar,wirdzunehmenddurch Festbetragslösungenuntergraben. IhreAttraktivität lässtsichanhandfolgenderArgumentebegründen:

i. FestbetragslösungenzwischendemBundunddenLändernbedürfenimFAGkeinerSachzusammenhängeoder-begründungen.LediglichdiepolitischeEinigungreichtalsBegründungaus.

ii. IhreStreuungerfolgtanhanddesEinwohnermaßstabes.

Durch Festbetragslösungen ist ein System für einen finanziellen Ausgleichder Interessen zwischen Bund und Ländern geschaffen worden. Zudem isteinTrendzurländer-undfachspezifischenVereinbarungderFinanzströmezuerkennen.ProblematischwirddiesesVorgehenallerdings,wennhorizontalen

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NotwendigkeitennichtdurchdieVerteilunggemäßdemEinwohnermaßstabentsprochenwerdenkann.DieFolgesindProbleme,diesichinFachgesetzenundbisindieFinanzverfassungauswirkenkönnen.��

3.2. Länderfinanzausgleich

NachderSteuerzuordnungerfolgtalsersteStufedesbundesstaatlichenFi-nanzausgleichsderLänderfinanzausgleich(i.e.S.)(vgl.Abbildung7).

MitdiesemhorizontalenFinanzausgleichwerdendieFinanzkraftunterschiedezwischen den Ländern durch horizontale Transferzahlungen im Sinne desArt.�07Abs.�GGweiterangeglichen.Voraussetzungdafür istdieBestim-mungderFinanzkraftmesszahl,d.h.dertatsächlichvorhandenenfinanziellen

�� Vgl.Woisin(�008).

Abbildung7: DerbundesdeutscheFinanzausgleich

Quelle:EigeneDarstellung.* BEZ:Bundesergänzungszuweisungen** FA:Finanzausgleich

Länderfinanzausgleich

(Art.�07Abs.�Satz�u.�GGi.V.m.§§�bis�0FAG)

fehlbetrags-Bez

(BundesergänzungsanweisungennachArt.�07Abs.�Satz3GG

i.V.m.§§��Abs.�u.�FAG)

sonderbedarfs-Bez

(BundesergänzungsanweisungennachArt.�07Abs.�Satz3GG

i.V.m.§§��Abs.�u.3bis�FAG)

Stufe�

Stufe�

Stufe3

horizontalerFA

vertikalerFA

Steuereinnahmenorientierte

Finanzausgleich

bedarfs-orientiertesZuweisungs-

system

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39 08 001 021 701

%44 %44

%07 %07

%57 %57

Möglichkeiten,undderAusgleichsmesszahl,d.h.einer „Soll“-Kennziffer,diedenFinanzbedarfeinesLandeseinschließlichseinerGemeinden(vgl.§§�und�FAG)wiedergebensoll.

DieFinanzkraftmesszahlwirdunterEinbeziehungallerEinnahmendesbetref-fendenLandesund��v.H.derGemeindeeinnahmenbestimmt.UmAnreizefürwirtschaftlichesHandelnzugeben,isteinSelbstbehaltbeiüberdurchschnitt-lichem Steuerwachstum eines Landes vorgesehen (Prämie).�7 �� v.H. dieserüberdurchschnittlichen Steuereinnahmen wären ausgleichsfrei gestellt, d.h.siewerdennichtindenFinanzausgleicheinbezogen.

DieAusgleichsmesszahlorientiertsichanderFinanzkraft,diesichergäbe,wenndiePro-Kopf-EinnahmendemLänderdurchschnitt entsprechenwürden (§�Abs.�FAG).Zubeachtenist,dassbeiderBerechnungderAusgleichsmesszahlsowohldieEinwohnerzahlenvonStadtstaatenmit�,3�alsauchdieEinwohnerderdünnbesiedeltenFlächenländer(Mecklenburg-Vorpommern�,0�,Branden-burg�,03undSachsen-Anhalt�,0�)zugewichtensind.�8

DasVerhältniszwischenFinanzkraftmesszahlundAusgleichsmesszahlergibtdierelativePositioneinesLandes.Istdiesekleiner�–istfolglichdieFinanzkraftgeringeralsdieAusgleichsmesszahl–soistdasLandausgleichsberechtigtundeserhältZuweisungen.Andernfalls istesausgleichspflichtig.DerAusgleichdieserDifferenzenerfolgtgemäߧ�0Abs.�FAG.DersichdarausergebendeTarifistinAbbildung8dargestellt.

�7 EinePrämieerhältmanauch,wennbeieinemallgemeinenSteuerrückgangdieSteuerneinesLandesunterdurchschnittlichschrumpfen.

�8 Vgl.§9FAG.

Abbildung8: TarifimLänderfinanzausgleichinProzent

Quelle: EigeneDarstellung.

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Abbildung9: DerLänderfinanzausgleich�007inMio.Euro

Quelle:EigeneDarstellung.

DerTarifverlaufistwiefolgtzuinterpretieren:HateinLandeinerelativePositionkleiner80v.H.(bzw.über��0v.H.),sowirddieFinanzkraftlückezu7�v.H.ges-chlossen(bzw.dieüberschüssigeFinanzkraftzu7�v.H.indenFinanzausgleicheinbezogen);istsienahe�00v.H.,sobeträgtdieEinbeziehungnur��v.H.

AusAbbildung9gehendiesichergebendenBeiträgezumbzw.ZuweisungenausdemLänderfinanzausgleichdereinzelnenLänderhervor;insgesamtergabsicheinUmverteilungsvolumenimJahr�007von7,9Mrd.Euro.DurchdiesesAusgleichssystemwirddieFinanzkraftderLänderproEinwohnerweiteranei-nanderangenähert(Abbildung�0).

DieFinanzkraftreihenfolgeistzudiesemZeitpunkannäherndangepasst,wiediefolgendeGraphikverdeutlicht:

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Baden-Württemberg

Hamburg

Nordrhein-Westfalen

Saarland

Schleswig-Holstein

Niedersachsen

Reinland-Pfalz

Bremen

Mecklenburg-Vorpommern

Sachsen-Anhalt

Thüringen

Brandenburg

Sachsen

Berlin

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Abbildung�0: Finanzkraftinv.H.derAusgleichsmesszahlnachLänderfinanzaus-gleich

Quelle: EigeneDarstellung.

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�9 Vgl.BMF(�007),S.�7.

3.3. Vertikaler finanzausgleich

DersichanschließendevertikaleFinanzausgleichunterscheidetFehlbetrags-undSonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen(BEZ),dieinArt.�07Abs.�GGgeregeltunddurch§��FAGausgestaltetwordensind.

�. Fehlbetrags-BEZdienenzumAusgleichverbliebenerFinanzdefizite.DieDif-ferenzeinesLandeszwischenseinerFinanzkraftnachLänderfinanzausgleichund99,�v.H.seinerAusgleichsmesszahlwirdzu77,�v.H.ausgeglichen.DasVolumendiesesAusgleichsbeliefsich�00�aufrund�,8Mrd.Euroundbewirkte,dassdieFinanzkraftderfinanzschwachenLänderannäherndihreAusgleichsmesszahlerreichte(Abbildung��).

�. Sonderbedarfs-BEZhabenverschiedeneWirkungsbereiche.EinerseitssindsieaufdenAusgleichübermäßighoherKostenpolitischerFührunggerichtet.DieseZuwendungerhaltengegenwärtigzehnfinanzschwacheBundeslän-der.Mit0,�Mrd.EuroistdieseErgänzungszahlunginihremVolumendiegeringste.DerweitausgrößteTeildieserAusgleichszahlungenerfolgtzumAbbau teilungsbedingter Sonderlasten. Im Rahmen des Solidarpaktes IIerhaltendieneuenBundesländerbis�0�9insgesamtrund�0�Mrd.Euro.DieZahlungensinddegressivausgestaltet.Beginnendmit�0,�Mrd.EuroimJahr�00�sinkendieZuweisungenbis�0�9auf�,�Mrd.EuroproJahr.SchließlichwirddenneuenLändern(außerBerlin)eineFinanzmasseinHöhevon�,0Mrd.Eurogewährt,umderhohenstrukturellenArbeitslosigkeitbegegnenzukönnen.�9

BiszurStufederFehlbetrags-BEZwirddieFinanzkraftreihenfolgederLändernicht geändert. Einzig die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungenführen im Ergebnis zu einer Veränderung der Rangfolge im Vergleich zurAusgangslage.

DurchdiesenMechanismuswirdzumeinendieAngleichungderFinanzaus-stattung der Länder gewährleistet und zum anderen den Sonderbedarfen–besonderesGewichthabenzurZeitdieteilungsbedingtenSonderlastenderneuen Länder – entsprochen. Bezogen auf das gesamte Steueraufkommenvon�38,�Mrd.Eurowerdendurchdieses(komplexe)Finanzausgleichssystemrund�v.H.derGesamtsteuereinnahmenzwischendenGebietskörperschaftenumverteilt.

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Abbildung��: FinanzkraftderBundesländernachLänderfinanzausgleichundBun-desergänzungszuweisungeninv.H.derAusgleichsmesszahl

Quelle:EigeneDarstellung.

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�7

4. Vorschläge für eine zukunftsfähige und nachhaltige Finanzpolitik

InderregenDiskussionumeineNeujustierungdesdeutschenFöderalismuswirdimmerwiedereinestärkereWettbewerbs-undAnreizorientierungauchimSystemdesLänderfinanzausgleichsgefordert.EinsolcherWettbewerbsfödera-lismussetzt,wiedargelegt,eineweitgehendeEinnahmen-undAusgabenauto-nomiederLändervoraus.EineentsprechendeUmsetzunghättezurFolge,dassindeneinzelnenLänderndiestaatlichenLeistungen/AngeboteunddiedazunotwendigenStaatseinnahmenunterschiedlichausfallenwürdensowieeinevollständigeVerantwortungfürdieVerschuldungssituationaufdieLänderzuübertragenwäre.Gleichwertigebzw.einheitlicheLebensverhältnissekönntennicht mehr angestrebt werden und wären aufgrund der unterschiedlichenSteuerkraftderLändernichtmehrgegeben.

Gegenwärtig, d.h. zur Zeit einer Großen Koalition, wäre aufgrund der not-wendigenverfassungsänderndenMehrheitendieUmsetzungzwartheoretischmöglich.AllerdingserscheinteinsolchesVorgehenderzeitpolitischnichtmehr-heitsfähig.DahersollenimFolgendenzweiAnsätzevorgestelltwerden,welchepolitischleichterumsetzbarerscheinenundsinnvolleWeiterentwicklungendesbisherigenFinanzausgleichssystemsdarstellen.

WiedieumfassendeDarstellungdesFinanzausgleichszeigt,betrifftdieDiskus-sionumdiewesentlichenElementederFinanzpolitiknurteilweisedenFinanz-ausgleichansich.VielmehrspielendiegesamtenEinnahmenundAusgabenfürdieFinanzpolitikdieentscheidendeRolle.WürdendieAnforderungenausderFöderalismustheorieaneinFinanzausgleichssysteminDeutschlandverwirklicht,bedürfteeseinergrundlegendenReformderdeutschenFinanzverfassung.

DadieswedervonderFöderalismuskommissionInochvonderFöderalismus-kommissionIIinAngriffgenommenwurde,sollimFolgendenaufzweiLösungs-ansätzeinnerhalbderbestehendenFinanzverfassunghingewiesenwerden.

Da die Ausgaben der Länder zu einem überwiegenden Teil durch Gesetze,VerordnungenundVerträgedeterminiertsindundzumandereninsbesonderekleinereLänderkeineaktiveKonjunkturpolitiksinnvollerWeiseimAlleingangbetreibenkönnen,istesgeboten,vordemHintergrundeinerfehlendenEinnah-menautonomiedieEinnahmenseitederLänderhaushaltekonjunkturpolitischzustabilisieren,umeinekonjunkturpolitischeVerschuldungaufdieserEbenezuvermeiden.Dieskönntebspw.übereinenKonjunkturfaktorimRahmenderUmsatzsteuerverteilung,derdieprozentualeAufteilungzwischenBundundLändernbeeinflusst,geregeltwerden.DieLänderverfügteninfolgedessenüber

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einestetigeundsicherplanbareEinnahmenbasis.ProzyklischerHaushaltpolitikwürdedamitbegegnetundeinekalkulierbareAusgabenpolitikerreichtwerden.DurchdenAusgleichderDifferenzzwischentatsächlichenundkonjunkturellbereinigtenEinnahmensinddieAusgleichszahlungenzubestimmen.Zusätzlich(oderisoliert)hiervonkönntendieEinnahmenamWachstumstrendausgerichtetundstabilisiertwerden.Schwankungen,diebspw.einen3v.H.-Pfadüber-bzw.unterschreiten,wärenauszugleichen.Somitkämeeszueinerkonjunkturab-hängigenUmsatzsteuerzuordnungaufdieLänderebene.DieErweiterungdes§�FAGwäreindiesemFallnotwendig.�0

Einweiterer,umfassendererAnsatzsollNachhaltigkeitundZukunftsfähigkeitmitdenErfordernissenfinanzpolitischenHandelns inPhaseneinergesamt-wirtschaftlichen Störsituation verbinden. Kern dieses Vorschlages ist einmehrdimensionalausgerichtetesVerständnisvonZukunftsfähigkeit.ZumeinensolldurchpassiveVorsorgezukünftigenGenerationeneinesolideFinanzbasisübergebenwerden.AndererseitsistaktiveVorsorgeinFormwachstums-undnachhaltigkeitswirksamerAusgaben(WNA)unausweichlich.

WNA-InvestitionenverfolgendasZielderStärkungzukunftsrelevanterKernbe-reiche,damitdieBundesrepublikDeutschlandauchweiterhinihreinternationaleWettbewerbsfähigkeiterhaltenkann.DennDeutschlandmussaufgrundseinergeringenRohstoffvorkommenundhohenArbeitskostenauchzukünftigseinenWissensvorsprunggegenüberseinenWettbewerbernhalten.Sozählenbspw.das(Hoch-)Schulwesen,WissenschaftundForschungaußerhalbderHoch-schulen,familienpolitischeMaßnahmensowieUmwelt-undNaturschutzzudenzentralenBereichendieserInvestitionen.UmdieRealisierungsicherstellen,sollteeinAnteildesBruttoinlandsproduktesfestgeschriebenwerden,welcherverbindlichfürderartigeZweckezuverwendenist.DieshättezudemzurFolge,dasssichinnerhalbderpolitischenDiskussioneineAuseinandersetzungbzgl.derHöhezukunftbegünstigenderAufwendungeneinstellenwürde.

DieWNAmüssendabeisowohlderKonsolidierungspolitikalsauchdemWunschnachSteuersenkungenbegegnen.D.h.die Tatsache,dassdieAuswirkungenmöglicherEinsparungenindiesemBereichzeitlichverzögerteintreten,mussdazu anhalten, auch kreditäre Finanzierungsmöglichkeiten zu ermöglichen,derenTilgungallerdingsumfassendgewährleistetundsichergestelltist.

GegenwärtigistdieÜberbewertungderpassivenVorsorgedurchparteipoli-tischmotivierteSteuer-undAbgabensenkungenzuerkennen,damittel-und

�0 Vgl.Bofinger,Lenk,Schneider(�008),S.�8ff.

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langfristigwirksameInvestitionennichtdieangestrebtenFolgenhervorrufen.DurchjährlichzuerstellendemittelfristigeStabilitäts-undZukunftsprogrammeaufBundes-undLänderebene solldieserEntwicklungbegegnetwerden. InAnlehnungandienationalenStabilitätsprogrammederEuropäischenUnionistindennationalenProgrammendasWNA-BudgetanzugebenundeinVer-gleichzwischendenBundesländernaufdereinensowiezwischenBundunddenOECD-StaatenaufderanderenSeitevorzunehmen.

VonbesondererBedeutungwirdhierbeidieSchaffungeinesnationalenSta-bilitäts- und Zukunftsrates sein, welcher sich aus dem Bundeskanzler unddenMinisterpräsidentenderLändersowiedenFinanzministernvonBundundLändern,MitgliedernderBundesbank,desBundesrechnungshofes,desSach-verständigenrates und externen Sachverständigen zusammensetzt.�� DieserRatstellteinProgrammauf,welcheseinegesamtstaatlicheEinnahmequotefürdienächstenvierJahrebeinhaltetundinfolgedessenfürdenBundunddieLändersichereEinnahmestruktureninVerbindungmiteinerkontinuierlichenAufgabenwahrnehmunggewährleistenwürde.DieFestschreibungeinerVer-schuldungsobergrenze,diezudemnurfürzusätzlicheWNAzuverwendenwäre,würdeebenfallsdurchdasGremiumwahrgenommenwerden.

OberstePrioritäthättebeidiesemReformvorschlagdasZieleinermittelfri-stigenSenkungderSchuldenstandsquoteundinfolgedesseneinervertretbarenSituationimOECD-Vergleich.

DieEntscheidungendesRatesfürdenBundesstaatbildendieGrundlagefürdieStabilitäts-undZukunftsprogrammederLänder.DiemittelfristigenAus-gabenpfade,diesichausderEntwicklungderEinnahmenergeben,sindamnominalenBIP-Trendausgerichtet.DiesführtzukonjunkturellenSchwankungenderDefizitebeidenLändern.

AuchaufLandesebeneistdieausreichendeFinanzierungvonWNAzuprüfenundschließlichauchbeiFinanzierungsdefizitendurchVerschuldungzuge-währleisten.

Bundesländern,dieeinenhohenSchuldenstandaufweisen,istbeiBeachtungder Ausgabenregel ein Bundeszuschuss in Höhe von � v.H. des jeweiligenLandes-BIPzurTilgungderbestehendenKreditlastzugewähren.BesondersfinanzstarkeLändermitgeringenSchuldenständensolltenauseigenerKraftzusätzlicheMöglichkeitenfürWNAerhalten.

�� Vgl.Lenk(�007),S.��.

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ImbeschriebenenAnsatzistderBunddereinzigeAkteur,dereinediskretionäreantizyklischeFinanzpolitikverfolgenkann.ErverfügtsomitinSchwächepha-sen über Möglichkeiten der zeitlich begrenzten Verschuldung, die über dieVorgabenseinesStabilitätsprogrammshinausgehen.��EineDefinition„starkerkonjunktureller Abschwächung“ sollte aufgrund variabler konjunkturellerZyklenvermiedenwerden.EinediesbezüglicheEntscheidungsollteallerdingsderRattreffen.�3

Die beiden holzschnittartig skizzierten Ansätze würden sicherlich zu einernachhaltigerenFinanzpolitikführen.EsmussandieserStelleoffenbleiben,wiediePolitikdieWeichenfürnachhaltigeStaatsfinanzenstellenwird.DieletztegroßeÄnderungderbundesdeutschenFinanzverfassungwurdevor�0JahrenvoneinergroßenKoalitionbeschlossenundhatmitderÄnderungdesArt.���GGeinedrastischeErhöhungderSchuldenermöglicht.WillmaneineNeuausrichtungderFinanzverfassung,solltedieGroßeKoalitionihrenHand-lungsspielraumaufgrundderdazunotwendigenZweidrittelmehrheitebenfallsnutzenundsichinAnlehnungandieGroßeFinanzreformbeiderVerfolgungdesgegenwärtigenZielseinerfinanzpolitischenNeuorientierungvonRandstimmennichtbeeinflussenlassen.

�� Diesistauchdeshalbnotwendig,daDeutschland,imGegensatzzuanderengroßenStaaten,keineeigenständigeGeld-undWährungspolitikfestlegt.

�3 Vgl.Bofinger,Lenk,Schneider(�008),S.80ff.

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3�

Literatur:

BayerischesStaatsministeriumderFinanzen(Hrsg.)(�007):DerbundesstaatlicheFinanzausgleich,Überblick–Zielsetzung–Instrumente,München.

Bofinger,Peter;Lenk,Thomas;Schneider,Hans-Peter(�008):GutachtenüberdieVoraussetzungeneineraufgabenadäquatenFinanzausstattungdesStaatesunterbesondererBerücksichtigungderEntwicklunglangfristigselbsttragenderWirtschaftsstrukturendesFreistaatesSachsen.

BundesministeriumderFinanzen(�007):Bund/Länder–FinanzbeziehungenaufderGrundlagederFinanzverfassung,Berlin.

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Über den Autor:

Prof.Dr.ThomasLenkistProfessorfürVolkswirtschaftslehremitSchwerpunktFinanzwissenschaft, Direktor des Institutes für Finanzen und des ZentrumsfürinternationaleWirtschaftsbeziehungenanderUniversitätLeipzig.Erha-bilitierte�99�mitdemThema„ReformbedarfundReformmöglichkeitendesbundesdeutschen Finanzausgleichs – Eine Simulationsstudie“ an der Tech-nischenHochschuleDarmstadt.Seit�007 isteroffiziellerSachverständigerderFöderalismuskommissionII.