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pferde spiegel 3/2008 xxxxx 3 Einleitung Biotechnologische Verfahren erhalten immer mehr Ein- zug in der Pferdemedizin. Eine Übersicht stellt die fol- genden Verfahren vor: ACP, ACS, PRP und Stammzellen. Die Methoden werden kurz erläutert und deren Anwen- dung kritisch diskutiert. 3 Schlüsselwörter: irap, orthokin, ACS, ACP, Knochen- mark, PRP, Stammzellen, Acelere f PRP In den letzten 5 bis 10 Jahren haben biotechnologische Ver- fahren im therapeutischen Bereich der Pferdemedizin immer mehr zugenommen. Früher stellten die „Eigenblut-Therapien“ eine Domäne der Naturheilpraktiker dar, die von den Schul- medizinern im Human- und Veterinärbereich zum Teil nur müde belächelt oder sogar als Scharlanterie bezeichnet wur- den. Das Entnehmen von Blut aus der Vene, das kunstvolle Schwenken und Rühren dieser Spritze und – evtl. in Kombi- nation mit homoöpathischen Substanzen – wieder injizieren in die Muskulatur waren gängige Verfahren, deren therapeu- tischer Effekt nie in wissenschaftlichen Studien deutlich nach- gewiesen werden konnte. Diese Behandlungsform muss ebenso als autologe Therapie wie die Vielzahl von aktuellen biotechnologischen Verfahren angesehen werden. Solche, auch als regenerative Therapien bezeichneten Methoden, unterscheiden sich dennoch deutlich von der klassischen „Eigenblut-Therapie“. Hier wird versucht aus körpereigenen Stoffen wesentliche Bestandteile zu isolieren, zu vermehren und über technologische Schritte letztendlich so zu optimie- ren, dass positive therapeutische Ergebnisse erzielt werden können. Hauptindikationen sind für diese autologen Thera- pieverfahren orthopädische Erkrankungen, wie Gelenkent- zündungen, Knorpelschäden, Band- und Sehnenprobleme etc. Dieser Artikel möchte eine Übersicht über den Stand der Möglichkeiten geben und dabei die einzelnen Methoden vor- stellen. Da sich dieser Bereich kontinuierlich weiter entwickelt wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erwartet. Folgende Methoden sollen vorgestellt werden: 3 ACP (Autologes Conditioniertes Plasma) 3 ACS (Autologes Conditioniertes Serum) 3 PRP (Platelet Rich Plasma) 3 Stammzellen – Knochenmark – Embryonal – Fett ACP ( A utologes C onditioniertes P lasma) Diese noch sehr neue Methode basiert auf der einfachen Iso- lierung von Plasma und das Reinjizieren in verschiedene ana- tomische Strukturen. Wissenschaftliche Studien dafür fehlen bisher in der Human- und Tiermedizin. Technisch wird das Plasma mit Hilfe einer speziellen Doppelspritze (Fa. Arthrex Bio Systems) hergestellt. In die äußere Spritze wird 1 ml ACD-A als Antikoagulans aufgezogen und dann unter sterilen Kaute- len das venöse Blut entnommen und anschließend mit einer Verschlussklappe verschlossen. Danach wird die Spritze rotiert, um Blut und ACD-A zu vermischen. Dann wird die Doppel- Spritze in einen speziellen sterilisierten Aufsatz in eine Zentri- fuge verbracht und bei 1.500 U/min für 5 Minuten zentrifu- giert. Anschließend wird der Kolben der kleinen, innenliegen- den Spritze langsam gezogen und dabei der Überstand isoliert. In der Regel erhält man 2–3 ml Überstand. Die kleine Spritze wird abgetrennt und das Plasma steht zur Injektion bereit. Regenerative Therapie- möglichkeiten beim Pferd – eine Übersicht Regenerative Therapie- möglichkeiten beim Pferd – eine Übersicht THOMAS WEINBERGER 1 Regenerative therapeutic options for horses – an overview Summary Biotechnological therapeutics methods are more and more often used in the equine medicine. An overview presents following methods: ACP, ACS, PRP and stemcells. The different methods are described in a short way and their use is discussed controversially. Key words: Keywords: irap, orthokine, ACS, ACP, bone marrow, stem cells, acelere f PRP

Regenerative Therapie - möglichkeiten beim Pferd – eine ... · pferde spiegel 3/2008 fachspiegel heit wurde diese Methode in der Form verwendet, dass Teile des Substrates direkt

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pferde spiegel 3/2008 xxxxx

3Einleitung

Biotechnologische Verfahren erhalten immer mehr Ein-zug in der Pferdemedizin. Eine Übersicht stellt die fol-genden Verfahren vor: ACP, ACS, PRP und Stammzellen.Die Methoden werden kurz erläutert und deren Anwen-dung kritisch diskutiert.

3Schlüsselwörter: irap, orthokin, ACS, ACP, Knochen-mark, PRP, Stammzellen, Acelere f PRP

In den letzten 5 bis 10 Jahren haben biotechnologische Ver-fahren im therapeutischen Bereich der Pferdemedizin immermehr zugenommen. Früher stellten die „Eigenblut-Therapien“eine Domäne der Naturheilpraktiker dar, die von den Schul-medizinern im Human- und Veterinärbereich zum Teil nurmüde belächelt oder sogar als Scharlanterie bezeichnet wur-den. Das Entnehmen von Blut aus der Vene, das kunstvolleSchwenken und Rühren dieser Spritze und – evtl. in Kombi-nation mit homoöpathischen Substanzen – wieder injizierenin die Muskulatur waren gängige Verfahren, deren therapeu-tischer Effekt nie in wissenschaftlichen Studien deutlich nach-gewiesen werden konnte. Diese Behandlungsform mussebenso als autologe Therapie wie die Vielzahl von aktuellenbiotechnologischen Verfahren angesehen werden. Solche,auch als regenerative Therapien bezeichneten Methoden,unterscheiden sich dennoch deutlich von der klassischen „Eigenblut-Therapie“. Hier wird versucht aus körpereigenenStoffen wesentliche Bestandteile zu isolieren, zu vermehrenund über technologische Schritte letztendlich so zu optimie-ren, dass positive therapeutische Ergebnisse erzielt werdenkönnen. Hauptindikationen sind für diese autologen Thera-pieverfahren orthopädische Erkrankungen, wie Gelenkent-zündungen, Knorpelschäden, Band- und Sehnenprobleme etc.

Dieser Artikel möchte eine Übersicht über den Stand derMöglichkeiten geben und dabei die einzelnen Methoden vor -stellen. Da sich dieser Bereich kontinuierlich weiter entwickeltwird kein Anspruch auf Vollständigkeit erwartet.

Folgende Methoden sollen vorgestellt werden:3 ACP (Autologes Conditioniertes Plasma)3 ACS (Autologes Conditioniertes Serum)3 PRP (Platelet Rich Plasma)3 Stammzellen

– Knochenmark– Embryonal– Fett

ACP (Autologes Conditioniertes Plasma) Diese noch sehr neue Methode basiert auf der einfachen Iso-lierung von Plasma und das Reinjizieren in verschiedene ana-tomische Strukturen. Wissenschaftliche Studien dafür fehlenbisher in der Human- und Tiermedizin. Technisch wird dasPlasma mit Hilfe einer speziellen Doppelspritze (Fa. Arthrex BioSystems) hergestellt. In die äußere Spritze wird 1 ml ACD-Aals Antikoagulans aufgezogen und dann unter sterilen Kaute -len das venöse Blut entnommen und anschließend mit einerVerschlussklappe verschlossen. Danach wird die Spritze rotiert,um Blut und ACD-A zu vermischen. Dann wird die Doppel-Spritze in einen speziellen sterilisierten Aufsatz in eine Zentri -fuge verbracht und bei 1.500 U/min für 5 Minuten zentrifu-giert. Anschließend wird der Kolben der kleinen, innenliegen -den Spritze langsam gezogen und dabei der Überstand isoliert.In der Regel erhält man 2–3 ml Überstand. Die kleine Spritzewird abgetrennt und das Plasma steht zur Injektion bereit.

Regenerative Therapie -möglichkeiten beim Pferd –eine Übersicht

Regenerative Therapie -möglichkeiten beim Pferd –eine Übersicht■ THOMAS WEINBERGER

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Regenerative therapeutic options forhorses – an overviewSummaryBiotechnological therapeutics methods are more and more often used inthe equine medicine. An overview presents following methods: ACP,ACS, PRP and stemcells. The different methods are described in a shortway and their use is discussed controversially.

Key words: Keywords: irap, orthokine, ACS, ACP, bone marrow, stemcells, acelere f PRP

fachspiegel pferde spiegel 3/2008

Der konkrete Wirkungsmechanismus ist noch unklar unddie Herstellerfirma vermutet, dass verschiedene Wachstums-faktoren durch die Freisetzung aus Thrombozyten in höhererKonzentration vorliegen. Folgende Faktoren wurden bei einerfirmeninternen Studie an 12 Menschen signifikant erhöht:PDGF AB & BB, TGF ß1 & ß2, IGF, EGF und VEGF.

ACS (Autologes Conditioniertes Serum) Die Verwendung von ACS beim Pferd wird seid 2003 be-schrieben. In der Pferdemedizin kommt das Produkt IRAP derFa. Orthogen (Abb. 1) zum Einsatz. Das Prinzip der Methodeist die Anreicherung von diversen Blutbestandteilen inkl.Anti-Interleukin IL-1RA und Wachstumsfaktoren im patienten-eigenen Blut mit Hilfe einer speziellen Spritze und einer Be-brütung. Wissenschaftliche Studien, inkl. kontrollierte Studien

beim Menschen und Pferd (z.B. Frisbie et.al. 2006) liegen vorund haben die Wirksamkeit nachgewiesen. Technisch wirdeine spezielle 60 ml Spritze verwendet, die zum Teil mit spe-ziell beschichteten Glasperlen gefüllt ist. Unter sterilen Kau-telen wird dem Patienten mit der Spritze aus der Vene 50 mlBlut abgenommen und diese dann mit der sterilen Kappe ver-schlossen. Danach wird die gesamte Spritze für 24 Stundenbei 37 °C im Wärmeschrank bebrütet. Anschließend wirddie Spritze in einem speziellen Aufsatz für 10min bei 3.700U zentrifugiert. Danach wird das abgesetzte Serum aufgezo-gen und durch einen 2µm Filter in 2 ml Portionierungsspritzenabgepackt. Das Produkt ist damit zur Injektion fertig oderkann für max. 8 Monate bei minus 18°C gelagert werden. Esstehen insgesamt pro 60 ml Originalspritze in individueller Ab-

hängigkeit 10 bis 15 Portionen á 2 ml zur Verfügung. Kon-krete Therapiepläne und eine ausführliche Indikationstabellewerden vom Hersteller angeboten. Hauptindikation sind Gelenkerkrankungen mit Knorpelschäden, Bursa- und Sehnen-scheidenentzündungen, Sehnenerkrankungen und subchon-drale Probleme. In der Literatur wurden bisher keine negati-ven Nebenwirkungen beschrieben.

PRP (Platelet Rich Plasma)Der Einsatz von PRP-Konzentraten wird in der Humanmedi-zin schon seit vielen Jahren und in der Pferdemedizin seit ca.5 Jahren durchgeführt. Verschiedene Anbieter bieten entspre-chende Sets zur Gewinnung des PRP Konzentrates an. DieKonzentration von Thrombozytenaggregaten mit weiterenKomponenten, wie Wachstumsfaktoren und nützlichen Zyto-kinen führt zu einer Aktivierung der Thrombozyten. In der human- wie tiermedizinischen Literatur werden die positivenErgebnisse beschrieben. Eine klare Zuordnung dieser Ergeb-nisse zu den beteiligten Komponenten konnte bisher nichteinwandfrei erfolgen. In der Tiermedizin sind in Deutschlandnach Wissen des Autors im Augenblick zwei Sets zur Gewin-nung der Komponenten erhältlich. Das Produkt Osteokin derFa. Orthogen und das Acelere fPRP System der Fa. Vetcell. DasOsteokin-Set besteht aus zwei speziellen Beuteln in denenüber zweifache Zentrifugation das PRP soweit wie möglichkonzentriert werden kann. Dafür ist ein spezieller Zentrifugen-einsatz notwendig, der zum Teil mit der Zentrifugenausrüs -tung des Produktes IRAP identisch ist. Nach Herstellung die-ses Konzentrates muss es direkt verwendet werden. EineAuf bewahrung ist nicht möglich.

Beim Acelere fPRP System der Fa. Vetcell handelt es sich umeinen Kit, das ohne Zentrifuge auskommt. Hier erfolgt eineAbtrennung der Thrombozyten über eine Herausfilterungvon Thrombozyten. Hierzu wird dem entnommenen Bluteine spezielle sogenannte „Harvest“-Mischung hinzugefügt,die dafür sorgt, dass die Thrombozyten im Filter hängen blei-ben. Diese Prozedur dauert ca. 10 Min. und man gewinnt ca.7 ml Konzentrat. Ob durch die Beimischung der unbekann-ten Substanz, dass Gesamtgemisch noch autolog und frei vonZusatzstoffen ist, bleibt unbekannt. Auch dieses Gemisch mussunmittelbar nach Gewinnung verabreicht werden. Hauptindi -kation sind Sehnen und manchmal Gelenke.

StammzellenKnochenmark

Der Einsatz von Knochenmark zur Therapie beim Pferd wirdschon seit 8 Jahren durchgeführt. Mit Hilfe von speziellen In-strumenten wird aus dem Brustbein und seit kurzem auch ausdem Hüfthöcker Knochenmarksubstrat gewonnen (Abb. 2).Literatur hinsichtlich der Entnahmetechnik und von Fallberich-ten ist veröffentlicht. Das technische Verfahren besteht in ei-ner Präparation der Entnahmestelle nach sterilen Kautelen.Dann wird der Knochen mit einer speziellen Punktions- bzw.Biopsienadel eröffnet und langsam das Knochenmarksubstratangesogen. Vorher wurde die Spritze mit Antikoagulans ver-setzt. Je nach Pferd und Methode können bis zu 40–60 mlgewonnen werden. Dieses Substrat stellt ein Gemisch ausBlut, Fett- und Knochenzellen und auch mesenchymalenStammzellen dar. Die Entnahme kann am stehenden oder lie-genden Pferd erfolgen. Die Entnahme muss sachgerecht er-folgen da sonst mit erheblichen Komplikationen zu rechnenist. Standardisierte Nachweise über den Gehalt an solchenStammzellen gibt es nicht, aber es wird nur von geringenMengen im Gesamtvolumen ausgegangen. In der Vergangen-

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Abb. 1: Orthokin® zur Herstellung von AutologConditionierten Serum aus Patientenblut.

pferde spiegel 3/2008 fachspiegel

heit wurde diese Methode in der Form verwendet, dass Teiledes Substrates direkt nach der Entnahme in Band- und Seh-nen probleme wie Fesselträger- und Beugesehnendefekte ein-gespritzt wurde. Es wurden in Fallberichten gute Heilungser-gebnisse beschrieben. In der letzten Zeit gibt es Hinweise undauch Veröffentlichungen, dass es nach solchen Injektionenzeitversetzt zu Kalzifikationen bzw. Metaplasien in den be-handelten Bereichen kommen kann. Der Einsatz dieser direk-ten Methode geht scheinbar immer weiter zurück.

Knochenmark in bearbeiteter FormAuf Grund des sehr undifferenzierten Gemisches nach derKnochenmarksentnahme wurden Weiterentwicklungen vor-genommen. So stellt das gewonnen Knochenmark das Aus-gangsmaterial für die Anzüchtung von mesenchymalenStammzellen im Labor dar (s.u.). Ein anderer Weg ist, dass ge-wonnene Knochenmark mit Hilfe von geeigneten PRP-Setswie das Produkt OSTEOKIN der Fa. Orthogen schonend zuzentrifugieren und so zu konzentrieren, dass scheinbar gewe-beirritierende Anteile, wie Fett- und Knochenzellen elimiertund gewünschte Anteile von PRP, Wachstumsfaktoren undmesenchymalen Stammzellen isoliert und konzentriert werden.

Embryonale StammzellenDie Verwendung körpereigener Stammzellen ist weltweit einThema und vielfältiges Forschungsobjekt. Grundsätzlich istzwischen den unterschiedlichen Stammzellenarten zu differen -zieren. Embryonale Stammzellen finden zur Zeit in der Pferde -orthopädie keine direkte Verwendung. Diese Zellen bergen insich auch das Risiko der Übertragung von Teratomen. Entspre-chend der Entwicklung in der Humanmedizin wird auch in derPferdemedizin die Gewinnung solcher embryonaler und me-senchymaler Stammzellen unmittelbar nach der Geburt ausNabelschnurblut getestet. Forschungsergebnisse oder beschrie-bene Therapiemethoden mit embryonalen Stammzellen sinddem Verfasser zur Zeit nicht bekannt.

Mesenchymale Stammzellen

Meistens kommen die etwas ausdifferenzierteren mesenchy-malen Stammzellen zum Einsatz (Abb. 3). Diese werden ausdem Knochenmark oder Fettzellen gewonnen und dann inkonzentrierter Form verwendet.

Um mesenchymale Stammzellen (MSCs) aus Knochenmarkzu erhalten wird wie bei der oben beschriebenen Gewinnungvon Knochenmark das Brustbein oder der Hüfthöcker punk-tiert. Das gewonnene Knochenmark wird entsprechend denVorgaben des weiterverarbeitenden Labors gewonnen, gela-gert und versandt. Zusätzlich wird auch Serum gewonnen

und mit in das Labor geschickt. Dieses wird dann als Super-natant bezeichnet und später dem Stammzellenkonzentratzur Injektion wieder beigemischt. Im Labor wird das Knochen-mark weiterverarbeitet und eine Anzüchtung der mesenchy-malen Stammzellen eingeleitet. In individueller Abhängigkeitwachsen nach ca. 2 bis 3 Wochen über 1 Millionen Stammzel-len mit einem Volumen von ca. 1ml heran, die dann wiedervom Labor zur Verfügung gestellt werden. Die Injektion in dasgewünschte Gewebe (vornehmlich Sehnen) erfolgt nach denüblichen sterilen Standards.

Alternativ können Stammzellen auch aus dem Fettgewebegewonnen werden. Dazu wird aus dem Kruppenbereich eineentsprechende Menge Fettgewebe unter sterilen Kautelenent nommen und ebenso entsprechend den Vorschriften desLabors versandt. In dem jeweiligen Labor beginnt eine Auf-bereitung der Probe und eine Konzentration, der in der Ge-webeprobe enthaltenen mesenchymalen Stammzellen. DieseProzedur benötigt deutlich weniger Zeit.

Welche der beiden Methoden im direkten Vergleich bes-ser ist, kann zur Zeit noch nicht gesagt werden. Beide Metho-den sind zur Zeit auf ein Fremdlabor angewiesen und mit einem hohem Kostenaufwand verbunden.

Diskussion:In Diskussionen unter Kollegen und auch auf Kongressen wirddeutlich, dass diese neuen Möglichkeiten häufig miteinanderverwechselt werden und außerdem immer wieder unter derAllgemeinüberschrift „Stammzellentherapie“ dem Pferde -besitzer dargestellt werden. Das ist falsch und kann auch alsunseriös angesehen werden. Natürlich ist es einfacher dem

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Abb. 2: Entnahme von Knochenmarksubstrat aus demBrustbein.

Abb. 3: Mikroskopische Darstellung von mesenchymalen StammzellenQuelle: ORTHOGEN Veterinary GmbH, Düsseldorf.

fachspiegel pferde spiegel 3/2008

Pferdebesitzer mitzuteilen, dass sein Pferd mit Stammzellenbehandelt wird anstatt ihm zu erklären, was Antinterleukin1Ra ist und wie es wirkt. Der Pferdebesitzer glaubt auchdurch die allgemeine Presse und die Diskussion über die Ver-wendung embryonaler Stammzellen in der humanmedizini-schen Forschung in Deutschland zu wissen, was die Therapiemit Stammzellen bedeutet. Spätestens beim Tierarzt, der zurzweiten Meinung herangezogen wird, bekommt der Pferde-besitzer eine Erklärung und Erläuterung, die ihn noch mehrverwirrt und verunsichert. Daher ist es aus berufsethischenund auch wirtschaftlichen wie forensischen Gründen sinnvollden Pferdebesitzer korrekt und umfassend aufzuklären.

Ein anderer Gesichtspunkt ist, ob wir überhaupt schon wis-sen inwieweit Stammzellen für sich allein überhaupt therapeu-tisch sinnvoll sind. Folgt man den Diskussionen auf Meetingsund betrachtet man die Ware „Stammzellen“, die man vomLabor erhält, ist das eher zu bezweifeln. Das Labor stellt demTierarzt bei dem Knochenmarkkonzept mit Absicht sowohldas Stammzellenkonzentrat wie auch das Supernatant undbei dem Fettzellenkonzept ein Beiwerk an verschiedenenFaktoren zur Verfügung. Bei diesen Faktoren geht man zurZeit aus, dass die wichtigsten Komponenten positive Zytokineund die verschiedenen Wachstumsfaktoren sind. Diese sindauch besonders konzentriert bei den PRP Präparaten, was alswichtiger Grund für die positiven Therapieerfolge angesehenwird. Auf den Meetings wird erläutert, dass die Stammzellenfür sich allein häufig überfordert sind und die notwendigen„Informationen“ erhalten müssen, um dann in die Zellformum zu wechseln, die benötigt wird. Bei einer Injektion in einenSehnenschaden wünscht man sich z. B. Tenozyten und keineChon drozyten.

Damit stellt sich die Frage: Welches ist nun die richtige The-rapieform? Genau weiss das zur Zeit keiner und die Wissen-schaft bemüht sich intensiv Antworten zu finden. Grundsätz-lich geht aber die Tendenz dahin statt autologe Mono-Therapien die besten Kombinationen an körpereigenen Stof-fen zu finden. Soll auf den Einsatz von Kortison und Hyaluron -säure verzichtet werden, sollte man sich an wissenschaftlichenErgebnissen und beschriebenen Erfahrungswerten orientieren.Durch die Kommerzialisierung dieser Therapieidee werden im-mer wieder neue Apparaturen auf den Markt gebracht undwie so oft in der veterinärmedizinischen Geschichte erfolgthäufig eine Auswahl nur über den Einkaufspreis.

In der Vergangenheit haben sich die ACS- (IRAP) und PRP-(Osteokin, Acelere fPRP) Methoden als sinnvoll und wissen-schaftlich nachweisbar in Ihrer Wirkung erwiesen. Die ACSPräparate sind dabei am vielseitigsten und können gut in Ge-lenke, Sehnenscheiden und Sehnen injiziert werden. AuchPRP-Präparate können lt. Angaben von Hochschulvertreterntrotz ihres Zellgehaltes in Gelenke injiziert werden. Stammzel-len-Präparate können grundsätzlich auch in Gelenke verab-reicht werden. Jedoch ist ein Nutzen bisher nicht nachgewie-sen worden und auf Grund des Verdünnungseffektes bzw.der wahrscheinlich fehlenden Anheftung an Knorpelzellennicht unbedingt effektiv. In den USA wird geforscht inwieweitdie dauerhafte Einbringung in Knorpeldefekte möglich undsinnvoll ist. Die ACP-Präparate sind noch sehr neu auf demMarkt und es gibt keine wissenschaftlichen Ergebnisse. Obwohldie angebotene Spritze im Verhältnis zu den anderen Produk-ten sehr preiswert ist, muss bis zum wissenschaftlichen Nach-weis ein therapeutischer Wirkungsmechanismus in Frage ge-stellt werden. Wenn das Reinjizieren von einfachem Plasmaohne Auftrennung oder Konzentration, wie wir es in unseremLaborröhrchen zur Plasmagewinnung schon immer hergestellthaben, wirklich einen hohen therapeutischen Effekt hat, derüber der Wirkung von Hyaluronsäure und/oder Glukokortiko-

iden steht, müssen wir Schulmediziner im Nachhinein dochnoch den Hut vor den Naturheilpraktikern ziehen und uns end-gültig der „Eigenbluttherapie“ zuwenden.

Wichtig ist auch, dass die Tierärzte sich bewusst sind, dassdiese neuen autologen Methoden alle mit deutlich mehrAufwand als bei einer klassischen Gelenk- oder Sehnen-spritze verbunden ist und deshalb den Pferdebesitzer zum Teilerheblich mehr kostet. Die jahrelangen Erfahrungen des Au-tors haben gezeigt, dass der Pferdebesitzer wie seither beimNaturheilpraktiker lieber natürliche Verfahren bei seinem Tierangewendet sieht und in der Regel auch bei entsprechenderAussicht auf einen guten Erfolg bereit ist dafür einen höhe-ren Preis zu bezahlen Es erscheint aber wichtig zu sein, dassdie Tierärzte Ihre Pferdebesitzer nicht enttäuschen indemunseriös oder mit mangelnder Aufklärung agiert wird. Das istumso wichtiger da, ohne wenn und aber, noch klare wissen-schaftliche Ergebnisse darüber, warum die Methoden undwelche Komponenten dabei wirken, fehlen. Gleichzeitig sinddiese Methoden bei korrekter Anwendung so arm an Neben-wirkungen, dass die Tierärzte diese zum Teil gut bis sehr gutwirkenden Therapieformen Ihren Patienten auch nicht so-lange vorenthalten können, bis die Wissenschaft mit Ergeb-nissen nachgezogen ist. ■

■ Verfasser:Thomas WeinbergerPferdeklinik Burg Müggenhausen [email protected]

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