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288 R.-D. Battmer und E. Lehnhardt gleichlauten Ger/iusch unver/indert h6rbar, bei neuraler SchwerhSrigkeit mul3 die Ton-Lautst~irke gesteigert werden, um den Ton aus dem Rauschen auftauchen zu lassen. Dieses Ph~inomen 1/iBt sich anhand von P 6 objektivieren: Bei sensorischem HSrschaden bleibt die Reizantwort im Rauschen nachweisbar, bei neuraler Schwerh6- rigkeit ist sic nur mit Clicklautst/irken registrierbar, die deutlich tiber denen des Ger/iusches liegen. D. Mrowinski (Berlin): Die Latenzverschiebung von 1 ms an der Verdeckungsschwelle k6nnen wir ffir Normalh6rende und coehle~ir geschiidigte Patienten best~itigen. Wir erkl~en die Versehiebung mit der zu- ntichst erfolgenden Verdeekung der hochfrequenten Reiz-Spektralanteile. H. yon Wedel (Bonn): Haben Sie auch Untersuehungen im fiberschwelligenBereich durchgeffihrt? Nach unseren Erfahrungen zeigen sich hier keine Latenzver~inderungenin Form einer gr6f3erenZeitkomponente f'tirdas IV. Potential bei retroeochle~irenH6rst6rungen. Vielmehr stellen wir h~iufigVergrOl3erungendes Interlatenzintervalls zwischen dem I. und IV. Potential fest. Haben Sie eine Erkl~irung ffir dieses un- terschiedliche Verhalten der Hirnstammpotentiale in Ihren und unseren Untersuchungen? D. Mrowinski (Berlin): Nach unserer Erfahrung hat die Elektrodenposition keinen Einflul3 auf die Unterdrfickung fiberhOrter Reize. E. Lehnhardt (Hannover), SehluBwort: Zu Herrn Mrowinski: Das Fehlen der Reizantwort an der Click- Mith6rschwelle bei neuraler SchwerhOrigkeit erkliire ieh als Blockade der wenigen noch erhaltenen neuralen Funktionseinheiten; d. h. eine Reizantwort auf den Click ist nur zu erreichen, wenn die Lautst~r- ke der Clicks deutlich fiber die des Rausehens gesteigert wird. - Zu Herrn yon Wedel: Llber unter- schiedliche Latenziinderungen ffir die einzelnen Komponenten der schnellen Reizantworten haben wir kei- ne Untersuchungen angestellt; wir lenken, weil wir gezielt nach der HOrschwellesuchen, unser Augenmerk vor allem auf R6, auf das sich deshalb auch unsere Ergebnisse beziehen. 65. R.-D. Battmer, E. Lehnhardt (Hannover): Registrierung und Erkennung von Hirnstamm- und Cortex-Relzantworten auf iibergeh~rte Click- bzw. Tonreize Registration and Perception of Brainstem and Cortical Stimulation Responses to Crossheard Click and Tone Stimulation Summary. Crosshearing depends on the difference of hearing loss between both ears and the level of sound intensity stimulating. From 12 unilateral deafs we recorded the fast bralnstem response P6 and the slow cortical response N90 to crossheard click and tone stimulation, i.e., first we stimulated the ,,bad" ear and re- corded the responses with an electrode position adjusted to the ,,bad" ear, too. Then, the ,,good" ear was masked and we tried to record the responses from the deaf ear again. For control of our results we adjusted the position of the electrodes to the normal ear and recorded responses with and without masking while still stimulating the deaf ear. The slow cortical response Ngo could be recorded by adequate intensities in both electrode positions; it vanished when masked. The fast brainstem response P6 could not be recorded from the deaf side but from the normal side to which it was crossheard. This implies that masking is not necessary when recording fast brain- stem responses but always has to be considered when recording slow cortical responses.

Registrierung und Erkennung von Hirnstamm- und Cortex-Reizantworten auf übergehörte Click- bzw. Tonreize

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288 R.-D. Battmer und E. Lehnhardt

gleichlauten Ger/iusch unver/indert h6rbar , bei neuraler SchwerhSrigkeit mul3 die Ton-Lautst~irke gesteigert werden, um den Ton aus dem Rauschen auftauchen zu lassen. Dieses Ph~inomen 1/iBt sich anhand von P 6 objektivieren: Bei sensorischem HSrschaden bleibt die Reizantwort im Rauschen nachweisbar, bei neuraler Schwerh6- rigkeit ist sic nur mit Clicklautst / irken registrierbar, die deutlich tiber denen des Ger/iusches liegen.

D. Mrowinski (Berlin): Die Latenzverschiebung von 1 ms an der Verdeckungsschwelle k6nnen wir ffir Normalh6rende und coehle~ir geschiidigte Patienten best~itigen. Wir erkl~en die Versehiebung mit der zu- ntichst erfolgenden Verdeekung der hochfrequenten Reiz-Spektralanteile.

H. yon Wedel (Bonn): Haben Sie auch Untersuehungen im fiberschwelligen Bereich durchgeffihrt? Nach unseren Erfahrungen zeigen sich hier keine Latenzver~inderungen in Form einer gr6f3eren Zeitkomponente f'tir das IV. Potential bei retroeochle~iren H6rst6rungen. Vielmehr stellen wir h~iufig VergrOl3erungen des Interlatenzintervalls zwischen dem I. und IV. Potential fest. Haben Sie eine Erkl~irung ffir dieses un- terschiedliche Verhalten der Hirnstammpotentiale in Ihren und unseren Untersuchungen?

D. Mrowinski (Berlin): Nach unserer Erfahrung hat die Elektrodenposition keinen Einflul3 auf die Unterdrfickung fiberhOrter Reize.

E. Lehnhardt (Hannover), SehluBwort: Zu Herrn Mrowinski: Das Fehlen der Reizantwort an der Click- Mith6rschwelle bei neuraler SchwerhOrigkeit erkliire ieh als Blockade der wenigen noch erhaltenen neuralen Funktionseinheiten; d. h. eine Reizantwort auf den Click ist nur zu erreichen, wenn die Lautst~r- ke der Clicks deutlich fiber die des Rausehens gesteigert wird. - Zu Herrn yon Wedel: Llber unter- schiedliche Latenziinderungen ffir die einzelnen Komponenten der schnellen Reizantworten haben wir kei- ne Untersuchungen angestellt; wir lenken, weil wir gezielt nach der HOrschwelle suchen, unser Augenmerk vor allem auf R6, auf das sich deshalb auch unsere Ergebnisse beziehen.

65. R.-D. Battmer, E. Lehnhardt (Hannover): Registrierung und Erkennung von Hirnstamm- und Cortex-Relzantworten auf iibergeh~rte Click- bzw. Tonreize

Registra t ion and Perception o f Brainstem and Cort ical Stimulation Responses to Crossheard Click and Tone Stimulation

Summary . Crosshear ing depends on the difference of hearing loss between both ears and the level of sound intensity stimulating. F r o m 12 unilateral deafs we

recorded the fast bra lns tem response P6 and the slow cortical response N90 to crossheard click and tone stimulation, i.e., first we st imulated the , ,bad" ear and re- corded the responses with an electrode posit ion adjusted to the , ,bad" ear, too. Then, the , ,good" ear was masked and we tried to record the responses from the deaf ear again. F o r control of our results we adjusted the posit ion of the electrodes to the normal ear and recorded responses with and without masking while still st imulating the deaf ear.

The slow cortical response Ngo could be recorded by adequate intensities in both electrode posit ions; it vanished when masked. The fast bra ins tem response P6 could not be recorded from the deaf side but from the normal side to which it was crossheard. This implies that masking is not necessary when recording fast brain- stem responses but always has to be considered when recording slow cortical responses.

Hirnstamm- und Cortex-Reizantworten 289

Die Wahrnehmung von akustischen Signalen bei stark seitendifferentem H6rverrn6gen auf der Seite des besseren Innenohres gilt in der Audiometrie als ,,Llberh6ren".

Physikalisch bedeutet dieses Ph/inomen die Umwandlung eines Schallreizes aus Luft- in Knochenschall, der sich dann fiber den kn6chernen Sch/idel mit einer D/imp- fung von ~ 50 dB dem Innenohr der Gegenseite mitteilt. Die Audiometrie benutzt beim Verdacht auf Oberh/Sren die Vert~iubung des Gegenohres zur Best~ifigung der an- gegebenen Tonsehwellenwerte bzw. zur Ermittlung der wahren Schwellenwerte.

Auch bei der ERA mul3 man sich m6glicher Fehlmessungen durch diesen Oberh6r- effekt bewul3t sein und sie erkennen k6nnen. Zu diesem Zweck haben wir bei einseitig tauben Probanden die schnelle Hirnstarnmreizantwort P6 und die langsame Hirn- rindenantwort Ng0 ohne und mit Vert~iubung des jeweilig normalh6renden Innenohres registriert. Dazu wurde der yon uns benutzten Slow-Fast-Simultan-ERA (Lehn- hardt/Battmer, 1979) ein vom Rechner steuerbares Vert/iubungsger/iusch hinzu-

Rechtes Ohr

o 1 10

. 20 ~ , oJ

30 .~" t ~

�9 - 511 ~

{ e o

" 90 :~

_ E f

6 7 8 9 10 Latenz in ms

B . C . , 2 3 . 0 1 . 6 7 Linkes Ohr

lO ~. 2 0 o

- - / - k e i n e RA 30 =~ l =

- weder - 40 = - - mi t Ver t~ubung 50 | =

noch 70 :~

ohne Vert~iubung- 8o

I I I L I I t 7 8 9 10 11 l i t 100

Latenz in ms

n o r m a J ~ ( ~ t a u b

Frequenz in kHz F r e q u e n z in kHz 2,0 2,0 o

.~ 20 . . . . . . mit Vertfiubung - 20 _j "I- , . / �9 . "I-

ra / / ~ l ~ - ke ine RA = -__ / / . . . . . ---

.4 60 '~ -~ 60 r

. . . .

- ' i 80 ~=

/ ~ ohne Vertiiuhung - - - " 100 ' ' -* - - _ L _ _ ~ 1 oo

90 120 150 180 210 240 90 120 150 180 210 2t.0

Latenz in ms Latenz in ms

Abb. 1, ERA-Diagramm Taubheit links. Oben Aufzeichnung der schnellen Hirnstammreizantwort P6: rechts ab 10 dB, links mit und ohne Vert~iubung keine Reizantwort registrierbar; unten die langsame Hirn- rindenantwort Ngo bei 2 kHz: RA rechts ann~ihernd normal; links ohne Verdiubung ab 60 dB HL, mit Ver- t~iubung keine RA registrierbar

290 R.-D. Battmer und E. Lehnhardt: Hirnstamm- und Cortex-Reizantworten

gef/igt. Es wirkt nur w/ihrend der Reizgebung und der Ableitung der Reizantworten (RA); eine Pause zwischenjedem Mel3zyklus soil eine Adaptation oder HSrerm/idung der vertgubten Seite verhindern. Alle Probanden waren zur Absicherung der einseitig totalen Taubheit zuvor eingehend audiometrisch untersucht worden; dabei legten wir besonderen Wert aufdie Impedanzmessung und eine korrekte Vert/iubung des normal- hSrenden Ohres.

Zun/ichst reizten wir das taube Ohr und leiteten die Reizantwort mit einer Elektro- denlage ab, die aufdieses Ohr ausgerichtet war, d. h. die Differenzelektroden aufdem Mastoid des tauben Ohres und auf der kontralateralen Stirn. Die langsame N90-RA konnte so regelmfil3ig registriert werden, allerdings in der Latenz verl/ingert und um die theoretische D/impfung von ,-~ 50 dB reduziert; die schnelle P6-Antwort fehlte. Bei Vert/iubung des normalen Gegenohres mit 70 dB verschwand auch die Ng0-RA (Abb. 1).

Zur Absicherung dieses Ergebnisses ~nderten wit die Elektrodenlage in der Weise, daf3 wit weiter das taube Ohr beschallten, w/ihrend die Differenzelektroden nun auf dem Mastoid des gesunden Ohres und auf der kontralateralen Stirn lagen; die Ab- leitung war also auf das fiberh6rende Ohr ausgerichtet. Erwartungsgem/il3 zeigten nun beide Mef3verfahren ein positives Ergebnis (Abb. 2), d. h. die RA waren um den dem Oberh6ren entsprechenden Wert yon ~ 50 dB ged/impft und in der Latenz verschoben (Abb. 2).

Diese Befunde erh~irten also diejenigen der vorhergehenden Untersuchung in dem Sinne, daf3 eine Hirnstammreizantwort nur dann/ibergehSrt zu registrieren ist, wenn die Elektroden auf die Seite ausgerichtet sind, zu der hin fibergeh6rt wurde, nicht aber auf der Reizseite. Eine Fehlregistrierung schneller RA war somit - bei tiblicher Elektrodenlage -- nicht mSglich und die Vert~ubung des hSrenden Ohres unnStig. Cortikale RA abet sind auch vom tauben Gegenohr her zu registrieren; bei Verdacht auf seitendifferentes H6rverm6gen ist deshalb eine Vert~ubung unerl~if31ich.

F/Jr die Untersuchungen waren ausschlief31ich Patienten herangezogen worden, die einseitig totaltaub waren und bei denen die Ertaubung schon Jahre zurficklag; zumeist war sie wahrscheinlich als Folge einer Mumpsneuritis entstanden.

M6glicherweise bieten frische Ertaubungen und solche, die im Innenohr entstan- den sind, bei denen die peripheren neuralen HSrbahnenanteile also noch intakt sind, an-

Ngo ~RA entsp~5OdB/

n o r ~ a u b Abb. 2. Schematisch dargestellt: ERA bei kontrfirer Elektrodenlage, d.h. Reizgebung auf dem linken Ohr, Elektrodenlage auf das gesunde, hier rechte Ohr ausgerichtet. Ohne Vert~iubung sind sowohl P6 als auch N90- Reizantworten registrierbar

W. Schmidt et al.: Frequenzbezug der schnellen Hirnstammreizantwort 291

dere Gegebenheiten; das hiel3e oder wfirde heigen, die Notwendigkei t einer Vert/iubung

w/ire auch bei Registrierung der schnellen R A abh/ingig yon der Funktionsti ichtigkeit des H6rnerven bzw. der Hfrbahnenante i le im Hirns tamm.

Schunicht (Diisseldort): Urn eine H6rminderung des Gegenohres zu vermeiden, pulsen Sie das Ver- t/iubungsger~usch. Wie verhindern Sie, dab der Off-Effekt des Vert/iubungsger/iusches mit dem Off-Effekt des Reiztones bei den Sp~tpotentialen interferiert?

Ch. ZSllner (Frelburg): Wir haben vor einigen Jahren fihnliche Untersuchungen an einseitig ertaubten Pa- tienten durchgeffihrt. Ihre Ergebnisse betreffend des Potentials N90 entsprechen den unseren; beim Hirnstammpotential IV (Jewett V)jedoeh kamen wir zu einern anderen Ergebnis. Bei Beschallung des er- taubten Ohres und ipsilateraler Registrierung der Hirnstammpotentiale konnte im Mitte174 dB oberhalb der subjektiven Schwelle des Gegenohres ffir den Rechteekimpuls ein kleines Potential IV mit einer durehschnittlichen Latenzverliingerung yon 2,8 ms registriert werden, welches bei Vert~iubung des Gegen- ohres nicht mehr abzuleiten war. Die Ursache f'tir dieses differente Ergebnis k6nnte die unterschiedliche Elektrodenlage sein; wir wenden die ,,Mastoid-Vertex"-Elektrodenlage rnit Erdung an der Stirn an.

R. D. Battmer (Hannover), SelfluBwort: Zu Herrn Mrowinski: Vielleicht sind unsere Ergebnisse dadurch zu erkl/iren, dab wit Wert daranflegten, einseitig vollst~indig taube Patienten zu testen. MSglicherweise er- geben sich bei H6rresten andere Befunde. - Zu Herrn Schunicht: Ein Einflug des Rauschens auf die corti- kalen Ableitungen schliei]en wir durch eine Verz6gerung yon 1 s zwisehen Rausch- und Reizbeginn aus. Das Interstimulusintervall betr~igt 3 s. - Zu Herrn Finkenzeller: Wir bedanken uns ffir Ihre Anerkennung. Bei der Reizgebung beschr~inkten wit uns ffir diese Untersuchung anf Y4 ms Click, fiber dessen Fre- quenzbezug f~r den Hochtonbereich Herr Schmidt im folgenden Vortrag (Nr. 66) berichten wird. - Zu Herrn Z611ner: Die Elektrodenlage bei allen Ableitungen ist Mastoid gegen kontralaterale Stirn mit Erdung auf der ipsilateralen Stirnseite.

66. W. Schmidt, R.-D. Battmer, H. KSsemen (a. G.) (Hannover): Frequenzbezug der schnellen Hirnstammreizantwort bel lnnenohrschwerhi~rigkeit mlt unterschiedliehen Verl~iufen der Tonschwelle

Frequency Relat ion of Fas t Brainstem Response Due to Inner Ear Hearing Loss with Different Tone Thresholds

Summary. F r o m 60 patients with different types of sensorial hearing impairment (15 high-tone hearing losses, 15 high-tone dips, 15 middle-tone hearing losses and 15 low-tone hearing losses) we recorded the fast brainstem response P6. These da ta were compared with those of the pure tone threshold in the frequency range of 5 0 0 - 8 0 0 0 cps and the differences were matched statistically. Between the single groups we found different relation of frequency between subjective pure tone threshold and objective click response data, whereas the frequency relation within the same group was constant. None of the frequencies which corresponded best (best frequency) was below 2000 cps.

This proves the fast brainstem response P6 to be related to a frequency range of _> 2000 cps; middle- and low audi tory frequencies are not registered by this method. In special cases, however, it is possible to relate the click response to a fre- quency of the pure tone threshold.

Zur Ablei tung der Hirnstammpotent ia le verwenden wir einen ungefilterten Click, der zu einer Ent ladungssynchronisat ion m6glichst vieler Einzelfasern ffihrt (Aran et al.,