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74 Rekristallisation yon Aluminiumeinkristallen. II. L~ber die Orientierung der Kristalle, welche sich durch Rekristallisation nach starker Deformation bilden. Von W. G. Burgers und J. C. M. Basart in Eindhoven (Holland). Mit 16 Abbildungen, (Eingegangcn am 2. Februar 1929.) Pl~ittchenfSrmige Aluminiumeinkristalle wurdcn dureh Auswalzen auf ein Viertel der urspdingIiehen Dicke stark 4~formiert. Fiir ]eden Kristall wurde die ent- standene Walzstruktar mittels ciner groflen Anzahl yon orientierten Debye-Scherrer- RSntgenaufnahmen in stere~graphiseher Projektion fes~geleg~. Die gegensei~ige Lage vom urspriingliehen Einkristall und angelegten Kraftfeld bestimmt auf repro- duzierbare Weise die resultierende Walzstruktur in dem Sinne, daft je naeh der Walzrichtung aus demselben Einkristall versehiedene Walzstrukturen entstehen kSnnen*. -- Dutch Erhitzen auf 600 ~ C wahrend weniger Sekunden wurden die gewalzten Einkristalle rekristallisiert (Bearbeitungsrekristallisation). Es zeigt sich, dai] die 0rientierung der entstandenen Kristallite im allgemeinen nieht regellos ist, sondern eine statistisehe Anisotropie aufweist. Die dureh erschSpfende RSntgenauf- nahmen festgelegte Kristallitlage, im folgenden B e a r b e i t u n g s r e kr i s t a 11i s a t i o n s - s t r u k t u r genannt, hiingt vollkom men reproduzierbar zusammen mit d er Walzstruktur, aus weleher sie entstandea ist. Der Zusammenhang ist hei den versehiedenen untersuchten Einkristallen nieht derselbe. In bestimmten Fiillen fallen die ~axima der Kristallitlagen in Wa]z- und Bearbeitungsrekristallisationsstruktur ungefihr zusammen, in anderen Fillen dagegen ist dies ausgesprochen nicht der Fall. Ebenso wie fiir die Wa]zstruktur eines Einkristalls gilt flit dessen Bearbeitangs- rekristallisationsstruktur, daft sie verschieden sein kann, je naeh der urspriingliehen Walzrichtung. -- Lingeres Erhitzen der gewalzten Einkristalle verursacht die Bildung yon einem oder mehreren grSfleren Kristallen zufolge 0berfl~chenrekristallisation. Auch diese Kristallc weisen im grofen und ganzen eine Vorzugsorientierung auf. Diese Vorzugsorientierung f~llt aber bei den antersuchten Einkristallen nieht zusammen mit den ~axima der Kristallitlagen tier oben besprochenen Bearbeitungs- rekristallisationsstruktur. Das Resultat der 0rientierungsbestimmung der zufolge des l~ngeren Erhitzens gebildeten Kristalle macht deshalb den Eindruek, daft der Prozefl der 0berfl~chenrekristallisation nicht blof ats ein Weiterwachsen der Kristallite aufgefallt werdcn kann, welche zusammen die r6ntgenographisch fest- gelegte Bearbeitungsrekristallisationsstruktur bilden. In einer friiheren Mitteilung** ist die Bearbeitungsrekristallisation yon Aluminiumeinkristallen nach s c h w a c h e r Deformation besprochen worden. Das Resultat dieser Untersuchung kann kurz folgendermaSen zusammengefal~t werden: Die Krista]le, welehe sich durch Bearbeitungsrekristallisati0n zufolge 10 bis 15% Dehnung aus einem Alaminiumeinkristall bilden, weisen * Diese Tatsache geht auch hervor aus einer Arbeit yon S. Tanaka, The Effect of Rolling on Single Crystals of Aluminium, Mem. Coll. of So., Kyoto Imp. Univ. (A) 10, 303, 1927. ** W. G. Burgers und 5. C. M. Basart, ZS. f. Phys. 51, 545, 1928.

Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

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74

R e k r i s t a l l i s a t i o n y o n A l u m i n i u m e i n k r i s t a l l e n .

II. L~ber die Orientierung der Kristalle, welche sich durch Rekristallisation nach starker Deformation bilden.

Von W. G. Burgers und J. C. M. Basar t in Eindhoven (Holland).

Mit 16 Abbildungen, (Eingegangcn am 2. Februar 1929.)

Pl~ittchenfSrmige Aluminiumeinkristalle wurdcn dureh Auswalzen auf ein Viertel der urspdingIiehen Dicke stark 4~formiert. Fiir ]eden Kristall wurde die ent- standene Walzstruktar mittels ciner groflen Anzahl yon orientierten Debye-Scherrer- RSntgenaufnahmen in stere~graphiseher Projektion fes~geleg~. Die gegensei~ige Lage vom urspriingliehen Einkristall und angelegten Kraftfeld bestimmt auf repro- duzierbare Weise die resultierende Walzstruktur in dem Sinne, daft je naeh der Walzrichtung aus demselben Einkristall versehiedene Walzstrukturen entstehen kSnnen*. - - Dutch Erhitzen auf 600 ~ C wahrend weniger Sekunden wurden die gewalzten Einkristalle rekristallisiert (Bearbeitungsrekristallisation). Es zeigt sich, dai] die 0rientierung der entstandenen Kristallite im allgemeinen nieht regellos ist, sondern eine statistisehe Anisotropie aufweist. Die dureh erschSpfende RSntgenauf- nahmen festgelegte Kristallitlage, im folgenden B e a r b e i t u n g s r e kr i s t a 11 i s a t i o n s - s t r u k t u r genannt, hiingt vollkom men reproduzierbar zusammen mit d er Walzstruktur, aus weleher sie entstandea ist. Der Zusammenhang ist hei den versehiedenen untersuchten Einkristallen nieht derselbe. In bestimmten Fiillen fallen die ~axima der Kristallitlagen in Wa]z- und Bearbeitungsrekristallisationsstruktur ungefihr zusammen, in anderen Fillen dagegen ist dies ausgesprochen nicht der Fall. Ebenso wie fiir die Wa]zstruktur eines Einkristalls gilt flit dessen Bearbeitangs- rekristallisationsstruktur, daft sie verschieden sein kann, je naeh der urspriingliehen Walzrichtung. - - Lingeres Erhitzen der gewalzten Einkristalle verursacht die Bildung yon einem oder mehreren grSfleren Kristallen zufolge 0berfl~chenrekristallisation. Auch diese Kristallc weisen im grofen und ganzen eine Vorzugsorientierung auf. Diese Vorzugsorientierung f~llt aber bei den antersuchten Einkristallen n i e h t zusammen mit den ~axima der Kristallitlagen tier oben besprochenen Bearbeitungs- rekristallisationsstruktur. Das Resultat der 0rientierungsbestimmung der zufolge des l~ngeren Erhitzens gebildeten Kristalle macht deshalb den Eindruek, daft der Prozefl der 0berfl~chenrekristallisation nicht blof ats ein Weiterwachsen der Kristallite aufgefallt werdcn kann, welche zusammen die r6ntgenographisch fest-

gelegte Bearbeitungsrekristallisationsstruktur bilden.

In einer friiheren Mitteilung** ist die Bearbeitungsrekristallisation yon A l u m i n i u m e i n k r i s t a l l e n nach s c h w a c h e r De fo rma t ion besp rochen

worden . Das R e s u l t a t d ieser U n t e r s u c h u n g kann kurz fo lgendermaSen

zusammengefal~t we rden :

Die Kris ta] le , welehe sich durch Bea rbe i t u n g s r ek r i s t a l l i s a t i 0 n zufolge

10 bis 1 5 % Dehnung aus e inem A l a m i n i u m e i n k r i s t a l l bi lden, weisen

* Diese Tatsache geht auch hervor aus einer Arbeit yon S. T a n a k a , The Effect of Rolling on Single Crystals of Aluminium, Mem. Coll. of So., Kyoto Imp. Univ. (A) 10, 303, 1927.

** W. G. B u r g e r s und 5. C. M. B a s a r t , ZS. f. Phys. 51, 545, 1928.

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eine zwar sehr ges~reute, aber doeh unverkennbare Vorzugsorientierung

auf in bezug au~ die Lage des N n t t e r k r i s t a l l s * .

Beztig]ieh eines eventuellen Einflusses der D e f o r m a t i o n s -

r i e h t u n g auf die Gage der entstandenen Krisfalle gaben die Versuchs-

ergebnisse wohl eine Andeutung, dab ein soleher Einf]u(] existiert, mit

Sieherheit wurde hieriiber aber lliehts gefunden. Die Vermutung wurde

ausgesproehen, daI~ eta Einf[u~ dieser Art im Prinzip wohl bei ~edem

Deformationsgrad erwartet werden kann. Jedoeh erwies sieh die Streuung

in den individuelten Gagen der entstandenen Xristalle als so bedeutend,

dab eine Aussieht, einen Einflul~ tier Deformationsriehtung zn entdeeken,

sieh nu t dann ergab, wenn die 0r ient ierung yon sehr vielen Kristal len

bestimmt wnrde. Zn diesem Zwecke wurde in der vorliegenden Arbelt

die Rekristal l isation yon so stark de[ormierten Einkristal len untersueht,

dab die Bearbeitungsrekristallisation Kristal l i te lieferte, welche geniigend

klein waren, um ihre Gesamtorlentierung statistiseh mittels elner Anzahl

yon orientierten Debye-Seherrer-Rfin~genaufnahmen zu bestimmen.

Ebenso wie in der ersten Mit~eilung wurde ausgegangen yon pl~ttehen~

fSrmigen Aluminiumeinkristallen, welehe nach der Deformatlonsmethode

aus feinkSrnigem, teehniseh reinem (fund 99,5%igem) A h m i n i u m her-

gestellt worden waren. Die Kristal le batten eine Lange nnd eine Breite

yon einigen Zentimetern und waren 1/2 mm dick. Naehdem die Orientierung

eines Kristalls mit Itilfe ether Laue-Aufnahme** bestimmt worden war,

wurde sin Teil desselben auf ein Viertel der urspriingliehen Dieke aus-

gewalzt. Die Diekenabnahme yon 75 % wurde gewahlt, weil die Versuehe

v on v a n A r k e 1 und v a n B r u g g e n *** fiber Oberflgehenrekristalllsation

naehgewiesen hatten, dal] eben bei dieser GrSl3enordnung die Oberflgehen-

rekristallisation am giinstigsten verlief. Es war daher aussiehtsvoll, an

denselben gewalzten Kristal len sowohl die Bearbeitungs- als die Ober-

* Die Rekris~allisation yon Aluminiumeinkristallen nach sehwacher Deformation wurde ungeffihr gleiehzeitig mit der Beendiguag unserer Arbeit yon K. Tanaka untersucht [~Iem. 0o11. of Se., Kyoto imp. Uaiv: (A) U, 229, 1928]. Naeh der ~einung dieses Forschers weisen die entstandenen Kristalle eine regeUose 0rientierung auf, welehe keine besondere Beziehung zu der Lage des ~Iutterkristalls hat. 0b- gleich in obengenannter Arbeit file Orientierung sehr vieler Kristalle bestimmt wurde, wurden die Versuche jedoch so ausgefiihrt, da~ aus einem bes t immten Mutterkristall nut ftinf bis sieben (hath den beigefilgten Figuren ~u urteilen) neue Kristalle entstanden. Dagegen w~ihlten wit die urspriingliehe Deformation so groll, dall aus einem -~[utterkristall 16 (in einem anderen l?alle 28) KristaHa entstanden.

** G. Sachs und E. S e h i e b o l d , ZS. f. Krist. 113, 34, 1926. *** A. E. van A r k e l and i~. G. van B r u g g e n , ZS. f. Phys. 51, 520, 1928.

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76 w . G . Burgers und J. C. ~ . Basart,

flaehenrekristallisation studieren zu ksnnen, i3berdies zeigt eine RSntgen- aufnahme bei einem so hohen Walzgrad Teilstiicke yon Debye-Scherrer- Ringen*, so dai] die Walzstruktur lelcht festgelegb werden kann (vgl. unten). Das Wa]zen wnrde so durchgeftihrt, da~ die Dickenabnahme pro Walzstich immer ungef~hr dieselbe war (rand 40 ~); welter wurde das 0bjekt zwischen zwei aufeinanderfolgenden Walzvorg~ngen 1800 um die auf seiner Obefflache senkreeht stehende Riehtung gedreht**.

Bevor die relative Lage yon Walzrichtung nnd urspriinglichem Krlstallgitter bei den verschiedenen untersuchten Kristallen angegeben wird, is~ es zweckm~il~iger, erst den wei~eren Gang der Versuehe zu

besehreiben.

Von iedem gewalzten Einkrista]l warden zwei kleine Stiieke abge- trennt. Das eine diente zur Bestimmung der Walzstruktur, das andere zur Bestlmmung der Bearbeitungsrekristallisationsstruktur. Zu diesem Zweeke wurde das letztere Stiick wahrend einiger (3 bls 5) Sekunden auf 6000 C erhitzfl Diese kurze Erhitzungszeit gentigt zum Eintreten

der Bearbeitungsrekristallisationl and ist eben am giinstigsten, um eine eventuell statistisch anwesende Vorzugsorientierung im RSntgenbild auffinden zu kSnnen. Die sieh in dieser Zeit bildenden Kristallchen sind namlich noeh so klein, dab das R~ntgenbfld ebenso wie beim gewalzten Kristall Debye-Seherrer-Ringe (oder Teile derse]ben) zeigt, welehe jetzt abet, ieder fiir sieh, aus sehr vielen kleinen Piinktchen zusammengesetzt sind. Bei litngerem Erhitzen geht diese AuflSsung des RSntgenbildes in Debye-Scherrer-Ringe mehr und mehr verloren, u n d e s besteht die MSgliehkeit, dad eine eventuelle Vorzugsorientiernng wenlger deutlich zum Vorschein tritt, iedenfalls sehwieriger festzulegen ist.

Die Walz- bzw. Bearbeitungsrekristallisationsstruktnr wurde auf eine von anderen Forschern*** sehon mehrmals beschriebene Weise mittels einer grofJen Anzahl Debye-Scherrer-Aufnahmen festgelegt. Die Aufnahmen wurden gemaeh~ mi~ einer Phillps-Meta]lix-R0hre mit Molybdiinan~ikathode und Zirkonmetallfilter. Der Abstand 0biekt--photogr~phisehe Platte

* Dies finder auch schon bei niedrigeren Walzgraden start, vgl. F. We v e r , ZS. f. Phys. 28, 69, 1924.

** Es ist vielleicht wichtig, bereits an dieser Stelle zu bemerken, da~ ein der- artiges Hin- und Herwalzen parallel mit einer best immten Richtung unter Um- stiinden ein anderes Walz- und Rekristallisationsbild liefert, als wenn die Versuchs- probe immer in derselben Richtung dureh die Walze gegangen ist. Auf diesen Unterschied wird aber in der vorliegenden Arbeit nichr eingegangen.

*** F. W e v e r , 1. e. ; G. S a c h s and E. S e h i e b o l d ~ ZS. d. Ver. d. Ing. 69, 1557, 1601, 1925; Frhr. v. G S l e r und G. S a c h s , ZS. f. Phys. 41, 873, 1927.

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war 2 era, die Beleuchtungszeit betrug bei 40 kVe~ und 7,5mA 11/~ Stunde. Die gewalzten bzw. rekristallisierten Pl~ttehen wurden zuerst in senk- rechter Richtung durchstrahlt, und dann in Richtungcn, welche in den Ebenen Plattennormale-Qucrrich~ung und Plattennormale~-Wu]zrichtung nach beidcn Seiten yon der urspriinglichen Richtung abwichcn. Eine beliebigc Probe wurde gewShn]ieh* in e i n e r dieser beiden Ebenen in den Richtungen zwischen - - 9 0 ~ und + 90 o (Winkel mit der P]atten- normale) mit Winke]abst~nden yon 10 ~ und 15 ~ durchstrahlt, in der anderen Ebene nur in den Rich- W tungen - -100 , ~-10 ~ - -700 ,

q- 70 ~

Im ganzen wurden yon der- selben Probe durchschnitflich 16 bis 18 Aufnahmen hergestellt [mit Ausnahme yore Kristall Nr. III (siehe unten), wobei zu- folge der symmetrischen Lage der Walzrichtung beziaglieh des ursprtinglichen Kristallgitters un- ge~ahr die Halfte der Aufnahmen gen~igte].

Von ieder Aufnahme wurde nur der (200)- Reflexionskreis ausgearbeitct. Die auftretenden

Fig. 1. Lage der Mutterkristalle I, II, und 1Ii in in stereographiseher Projektion.

Kurvensti~cke dieses Kreises wurden so gut wie m6glich abgegrenzt [bcsonders bci den Aufnahmen dcr rekristallisierten Proben war dies zufolge des punktierten Charakters der au[tretenden Kurvenstiicke nur mit zlemlieh gro~er Ungenauigkeit (5 ~ bis 10 ~ mSglich] und in stereographlscher Pro- iektion dargestellt. Hierbei wurden zwei oder drei Intens~t~tss~ufen mit dem Auge abgesch~zt. Die Durchstrahlungsrich~ungen waren so gewahlt, da] die ganze Lagenkugel nach (200)-Rcflexionen abgesucht worden war, so dal] die erhaltene Projektionsfigur wenigstens ann~ihernd ein vollstandiges Bild der Lagen der Kubuspole in den gewalzten und rekristallisierten Walzproben ergab.

Der fibriggeblicbene grSl~ere Tell jcdes gewa]zten Einkristalls wurde wahrcnd langerer Zcit, variierend yon 1 bis 24 Stunden, auf 6000 C er- hitzt zur Vollziehung einer eventuell stattfindenden 0berfl~chenrekristalli-

* Die D u r c h s t r a h l u n g s r i c h t u n g e n w a r e n n i c h t fiir a l ]e u n t e r s u c h t e n P r o b e n g e n a u d iese lben .

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78 W: G. Burgers und J: C. M. Basart,

sation. Ob diese letztere eingetreten war, zeigte sich nach dem At.zen: die gegltihten Walzproben wiesen dann eine relativ kleine Anzahl grol~er Kristalle auf (diese Anzahl variierte in den untersuchten Fitllen yon 3 his 16)*. Die Orientierung dieser Kristalle wurde wiederum fiir ieden KrisfaU besonders mitte]s Laue-Aufnahmen bestlmm~.

Es war auf diesem Wege also miiglleh, die urspriingllche Lage eines Mutterkristalls zusammen mit der aus ibm hervorgegangenen Walz- und Rekristallisationsstruktur (sowohl die Bearbeitungs- als die Oberf]~tehen- rekristallisation umfassend) in ein und derselben Proiektionsfigur (eventuell in mehreren korrespondierenden Figuren) unterzubringen. Eine derartlge Untersuehung wnrde ftir drei Kristalle durehgeftihrt. Im folgenden sind die Resultate hiervon wiedergegeben.

Fig. 1 zeigt die Lage der Kubuspole der drei untersuehten Kristalle Nr. I, I [ und I [ [ in stereographischer Proiektion. Die Pole desselben Kristalls sind mit der gleichen Ziffer bezeiehnet.

Ebenso wie in allen folgenden Projektionsfiguren ist die Pro~ektions- ebene parallel zu der Oberfl~che der Kristalle (bzw. der gewalzten oder rekristaUisierten Pliittehen). Die Walzrichtung ist mit W bezeiehnet.

Die Fig. 2, 3 und 4 sind Reproduktionen der RSntgenaufnahmen bei senkrechter Durchstrahlung der gewalzten Kristalle I, II und I[I. A bezieht sieh auf die nlchtgegliihten Walzprobem B auf dieselben Proben, nachdem sie w~hrend einiger Sekunden auf 600 ~ erhitzt, worden waren und die Bearbeitungsrekristallisation eingetreten war.

Die vollst~ndige Walz- bzw. BearbeituugsrekristaUisationsstruktur is~ in einer stereographischen Proiektion der Lagea der Kubuspole wieder- gegeben i n den Fig. 5 (Kristall Nr. I)~ 6 (Kristall Nr. II) und 7 (Krlstall Nr. HI). Wie oben bezieht sieh A auf die Walzstruktur, B auf die korrespondierende Bearbeitungsrekristallisationsstruktur. Der Buch- st.abe W gibt, wle sehon gesagt, die Walzrichtung an.

Die Kurvenstticke in den Fig. 5 bls 7 slnd die Projektlonen der Teilstticke der (200)-Reflexionskreise auf den verschieden orientierten Riintgenaufnahmen. Wie schon gesagt, wurden bei der Ausarbeitung dieser Aufnahmen zwei oder drei Intensitatsstufen mi~ dem Auge ab- geschatzt: das entspricht der verschledenen Dieke der Kurvenstiicke Insbesondere korrespondieren punktierte Linien mit sehr schwachen oder

* }{icht immer trat die 0berfliichenrekrista[lisation deutlich auf. Aus einer groflen Anzahl gewalzter Einkristalle wurden eben diejenigen zur vollst~adigen Untersuchuag gew~hlt, we dies wohl der Fall war: auf solche Weise konuten die verschiedcnen Prozesse an denselben Proben verfolgt werden.

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R e k r i s t a l l i s a t i o n v o a M u m i n i u m e i n k r i s t a l l e n . 79

Fig. 2. blutterkristall Nr. I. A Walzbild, B Rekristallisationsbild. Walznchtung vcrtikal.

Fig 3, Mutterkristall Nr. II. A Walzbild, B Rekristallisationsbild. Walzdch~ung verfikal.

Fig. 4, Mutt�9 Nr. III. A Walzbild, B Rekristallisationsbild. Walzriohtung vertikaL

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8 0 W.O. Burgers and J. C. M. Basart,

zweifelhaften Reflektionsgebieten. Der Deutlichkeit halber sind in der Projektion die augenscheinlich zusammengehiirigen Gebiete dutch eine uusgezogene Kurve umgrenzt. Uberdies sind die Gebiete maximaler Belegung noch aul]erdem dutch eine dicke Linie abgegrenzt.

Auller der Lage der Kubuspole der Walz- bzw. Bearbeitungs- rekristalllsatioasstruktur wurden in den Fig: 5 his 7 (sowohl in A wie

i n B) such die Kubuspole des Mutterkristalls (bezeiehnet mi t - ) und diejenigen der zufolge des langeren Erhitzens gebildeten Kristalle ein-

W w

A B Fig. 5. Mutt�9 Nr. I.

A Walzstruktur (Walzrichtung W), B Bearbeltungsrekristallisationsstruktur. Kubuspole des Mutterkristalls: �9 Kubuspolc der durch Obertliichenrckristallisation cntstandenen Kristallc: �9

getragen. Diese letz~en Pole sind bezeichnet mit o. Drei Pole des- selben Kristalls sind mi~ der gleichen Ziffer numeriert worden.

Aus den Versuchsergebnissen kSnnen verschiedene Sehltisse gezogen werden.

W a l z s t r u k t u r . Es zeigte slch, da~ im allgemeinen die Walz- struk~ur eines Einkristalls (bei einer bestimmten Art des Walzens und bei einem gegebenen Walzgrad) vollkommen reproduzierMr zusammen- h~ngt mit der relativen hage yon Walzrichtung nnd nrspranglichem Kristallgitter. Eine Anderung dieser relativen Lage verursacht elne entsprechende Xnderung der Walzstruktur*. Eine symmetrische Walz- struktur wird bei diesem Walzgrad und (wie R0ntgenanfnahmen nach-

* Vgl. S. T a n a k a , 1. e. i siehe weiter Fig. 8 und 9.

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Rekristallisation yon Aluminiumeinkristallen. 81

gewiesen haben) auch bei v ie l s t a rke r ausgewalz ten Proben im a l lgemeinen

nioht erhal ten. Dies s t immt i iberein mi t dem Befund yon F. W e v e r *

bezt igl ich der W a l z s t r u k f u r yon A h m i n i u m e i n k r i s t a l l e n . W e v e r be-

W vr

. . . . . . . . !

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/&2 e i o3

Z/

A B Fig. 6. Wie Fig. 5. Mutterkristall Nr. II.

W W I

A B" Fig. 7. Wie Fig. 5. Muttcrkristall Nr. III.

merkt , dab man zwar fiir die K r i s t a l l i t a n o r d n u n g im Grenzzustand sehr

s ta rken Walzens eine hinsicht] ich der Normal- , Walz - und Quer r i ch tung

symmet r i sche A n o r d m m g e rwar ten mul], dal3 sich aber diese Symmet r i e

* F. W e v e r , 1. c., S. 76; siehe auch S. T a n a k a ~ 1. c. Z e i t s c h r l f t f l i t P h y s l k . Bd. 54.

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82 W.G. Burgers und J. C. M. Basart,

aus der zuf~lligen Lage des Ausgangskristalls sogar bei hohen Bearbeitungs- graden nur kaum erkennbar heraasschalt.

Eine symmetrisehe Walzstruktur wird natiir]ich wohl erhalten, wenn

die Walzrichtung eine beziiglich des urspriinglichen Kristallgitters

symmetrisehe Lage einnimmt. Das war, wie aus Fig. 1 hervorgeht, der

Fall bel Kristall Nr. I I I . Dieser Kristall war so orientlert, da6 eine

seiner Kubusfli~chen mit grofler Anni~herung parallel zu der Oberfli~che

des Alumininmpl~ttchens war. Die Wa]zrlchtung wurde in diesem

Kristall so gewiihlt, daft sie parallel zu der Richtung [110] verlief. Wie

yon vornherein zu erwarten war, ist die Walzstruktur (Fig. 4 A und 7 A)

~etzt symmetrisch beziiglieh Walz- und Querrlehtung. Die RSntgen-

aufnahme yon Fig. 4 A hat ausgesproehen den Charakter einer Dreh-

kristallaufnahme*. In der Tat kann dlese Walzstruktur mit grol]er

Ann~herung betrachtet werden als entstanden zufolge elner Drehung um die

in der P]attenebene senkrecht au[ der Walzrichtung (also parallel zu der

Querrichtung) llegende Riehtung ~ 10]**, and zwar nach beiden Seiten

um ungefiihr 35 his 400 (siehe weiter such Fig. 9 A).

B e a r b e i t u n g s r e k r i s t a l l i s a t i o n s s t r u k t u r . Der Ubergang

der Walzstruktur in die Bearbeitungsrekristallisationsstruktur bestittigt

vollkommen die in der vorigen Mitteilung erwarteten Tatsaehen. Die

Anfnahmen 2 B his 4B und die Fig. 5B bis 7B zeigen unmittelbar, daQ

die Orientierung der neu gebildeten Krlstalllte nleht regellos ist, sonde~

eine deutliehe*** Vorzugsorientierung aufweist, welehe tiberdies mit der

Walzstruktur (und also mit dem urspriingliehen Einkristall, aus welchem

diese entstandeu ist) zusammenhgngt. Dieser Zusammenhang erweis~ sieh

als v o l l k o m m e n reproduzierbar. Ferner kommt jetzt aueh zum Vor-

sehein, da~ in der Tat die r e l a t i v e L a g e y o n D e f o r m a ~ i o n s r i e h t u n g ufid M u t t e r k r i s t a l l aut die Lage der neu entstandenen Kristallite

einen Einflnl~ ausiibt. E i n e ~ n d e r u n g d i e s e r r e l a t i v e n L a g e v e r -

u r s a e h t i m a l l g e m e i n e n n i e h t n u r v e r s e h i e d e n e W a l z s t r n k t u r e n ,

* Aus diesem Grunde konnte, wie schon gesagt, die Walzstruktur aus relativ wenigen Aufnahmen bestimmt werden; darum sieht man in Fig. 7A nur so wenige Kurvenstiicke yon Debye-SeherreroKreisen gezeiehnet.

** Es zeigt sich hier (und such in Fig. 9A) deutlich, daft es nicht mSglieh ist, wie R. G l o e k e r (ZS. f. Phys. 81, 386, 1925) es fiir den Fall yon Walzbleehen aus ursprtinglieh polykristallinischem Material vorsehl~igt, .die Walzstruktur immer als eine ,beschr~nkte Faserstruktur" mit der Wa 1 z ri c h t u n g als Faserachse auf- zafassen. Hierau[ haben such schon F. Wever (1. c., S. 85) und Frhr. v. GSler und G. S a e h s (ZS. f. Phys. 4:1, 886, 1927) hingewiesen.

*** Dies ist nicht immer tier Fall: siehe Fig. 9B.

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Rekris ta l l i sa t ion von Aluminiumeinkrisbal lem 8 3

s o n d e r n auch v e r s c h i e d e n e B e a r b e i t u n g s r e k r i s ~ a l l i s a t i o n s - lagen.

Hieraus kann gefolgert werden, dai] dies insbesondere gelten mull fiir zwei Teile desselben Kristalls, welehe ]edoch in verschiedenen

Fig. 8. Mutterkristall Nr. IV. Pliittchenebene urspriinglich parallel zu (I10). Walzriehtung (vertikale Richtung in der Figur) parallel zu [~10]. A Walzbild, B Rekristallisationsbild.

Fig. 9. Wie Fig. 8: Walzrichtung (vertikale Richtung in der Figur) aber parallel zu [001].

Richtungen gewalzt sind. Zur [llustratlon hiervon m~gen die Fig. 8A und 8B und die Fig. 9A und 9B dienen. Sie stellen RSntgenaufnahmen bei senkreehter Durchstrahlung zweier Walzproben (Walzgrad 1/4 ) des- selben Kristalls vor. Der Kristall war so orientiert, dal~ eine Rhomben- dodekaederebene (110) mit grof3er Ann~herung parallel zu der 0berfl~,che

6*

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84 W.G. Burgers und J. C. M. Basart,

des Aluminiumpli~ttchens war. Bei den Aufnahmen yon Fig. 8 war die Walzrichtung urspriingllch paralle] zu der Rich~ung ~10], bei den Aut-

nahmen yon Fig. 9 dagegen senkrecht darauL ,1~o parallel zu der Riehtung [001]. Wie yon vornherein erwar~e~ werden kann, sind die Aufnahmen beziiglich Walz- und Querrichtung symmetrisch (der geringe Mangel an Symmetrie ist eine Folge der nicht exakten Einstellung des Mutterkris~alls in der oben erwi~hnten symmetrischen Lage). Sie zeigen

nun deutlieh, dal] sowohl Walz- als Bearbeir in den beiden Fallen verschieden sind. Wi~hrend Fig. 8 B eine sehr deutliehe

u aufweist, la13~ Fig. 9B diese nut sehr undeutlich erkennen (es darf vielleich~ hock einmal beton~ werden, da~ die Auf-

nahmen reproduzierbar sind). Die mit Fig. 9 B korrespondierende Walz- struktur (Fig. 9A) kann als eine besehriinkte Fasers~ruktur mi~ der

Querrichtung [110] als Faserachse beschrieben werden*.

Eine merkwiirdige Tatsaehe zeigt sic]a, wenn die Walzstrukt.uren mlt den ihnen en~sprechenden Bearbei~ungsrekris~allisationsstruk~uren verglichen werden. Sie kann vielleich~ am besten so ausgedriickt werden, da~ im a l l g e m e i n e n die Maxima der Kris~allitlagen in Walz- und Be- arbeitungsrekristallisationss~ruktur nicht zusammenfallen. Es gibt aber be~rachfllche graduelle Unterschiede zwischen den einzelnen Fallen. Beim Kristall l~lr. I z. ]3. fallen die beiden Strukturen, als Ganzes be-

traeh~et, anniihernd zusammen, obgleich auch bier schon die M a x i m a der

Kristallltlagen versehieden sind**.

Bei den Kristallen Nr. I I und I I I sind Walz- und Bearbeitungs-

rekris~allisa~ionss~ruk~ur deu~lich verschieden [Fig. 3 und 4 und Fig. 6 und 7; insbesondere Fig. 4 (siehe auch Fig. 8)]. In so einem Falle werden wit yon einer , , ve r s chobenen" R e k r i s ~ a l l i s a ~ i o n s l a g e spreehen.

Derartige Untersehiede zwischen Walz- und Rekris~allisationss~ruktur slnd bei polykristallinischem Material aus den Untersuehungen anderer

* Zusatz b e i d e r Korrektur . Diese Walzstruktur kaan man sieh ent- standen denken zufolge Gleitung zweier Oktaederebenen, wobei sieh in j e d e r Oktaederebene zwei Gleitriehtungen best~tigen. Vffl. hierzu G. J. Taylor , The Distortion of Cristals of Aluminium under Compression II, Proe. Roy. Soe. (A) 116, 16, 1927, insbesondere S. 81 bis 38.

** Wird aber dieser Kristall weniger stark gewalzt, dana fallen aueh die Maxima augenseheinlieh zusammen. Dies seheint jedenfalls aus Fig. 10A und 10B hervorzugehen. Diese Figuren stellen Aufnahmen (bei senkreehter Durchstrahlung) dar yon einem Teile des Mutterkristalls Nr. I, weleher zwar in derselben Riehtung W, abet nur auf die H ~ 1 f t e der Dicke ausgewalzt worden war. Dis auf den beiden Aufnahmen sichtbaren Teilstticke voa Debye-Seherrer-Kreisen sind genau dieselbem

Page 12: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

Rekristallisation yon Aluminiumeinkristallen. 85

Forseher bekannt. So is t die Rekr is ta l l i sa t ions lage yon gewalztem

Silber- und Kupferblech* und die yon bei hoher Temperatur gegltihtem

Kupferdraht** hinsichtl ieh der urspriinglichen W a l z - b z w . Ziehstruktur

,,versehoben". Dagegen fallen bei sehr reinem Aluminiumdraht*** die

beiden St rukturen augenscheinlich zusammen. Dasselbe schein~ auch der

Fa l l zu sein bel Aluminiumblech, welches dutch starkes Walzen paral le l

einer einzigen Riehtung aus urspri inglich feinkSrnigem Material hergeste]l t

wordcn ist, besonders wenn sehr reines (99,9 %iges) A]uminium ver-

wendet wird. Fig. l l B , welehe eine RSntgenautnahme eines solchen

gegliihten Bleches vorstel l t , zeigt Haufungsstellen auL den Debye-Scherrer-

Kreisen, welche mi t denienigen der Walzs t ruk tu r (Fig. 11 A) zusammen-

fallen (der Mangel an Symmetr ic in den beiden Strukturen, welcher wohl

eine Folge davon ist, dal3 die Walzr ich tung wahrend des ganzen Walz-

vorganges nicht immer genau paral le l zu derselben Riehtung war, lal]t

dies noe l deutl icher zum Vorsehein kommen****).

Es is t im ~etzigen Stadium unserer Kenntnis tier Deformations- und

Rekr is ta l l i sa t ionss t rukturen noch nicht klar, worauf das verschiedene

Verhal ten bei der Bearbei tungsrekr is ta l l isa t lon in den verschledenen

Fa l len zuriickgefiihrt werden mull (siehe ferner den SeMut~ dieser Arbeit) .

0 b e r f l a c h e n r e k r i s t a l l i s a t i o n . Aus den Versuchen yon

v a n A r k e l and v a n B r u g g e n (ZS. ~. Phys., 1. c.) geht hervor, dai] der

Prozel] der Oberflachenrekristal] isat ion wahrscheinl ich ein anderer is t

als derienige der Bearbei tungsrekris tal l isat ion.

* R. G l o c k e r , ZS.f. 1)hys. 81, 386, 1925; R. G l o e k e r u n d H . W i d m a n n , ZS. f. Metallkde. 19, 41, 1927.

** E. S c h m i d und G. W a s s e r m a n n , ZS. f. Phys. 4:0, 451, 1926. *** D i e s e l b e n , ZS. f. techn. Phys. 9, 106, 1928.

**** Diese Tatsaehe, welche aueh schon in der Literatur erw~hnt worden ist (siehe @lock e r , Materialprfifung mit RSntgenstrahlen, S. 333, 1927; ZS. [. Yietallkde. 19, 41, 1927), wird deswegen besonders betont, weil eben gewalztes Alaminium als ein Beispiel genannt worden ist, da/] bei der Rekristallisation die Bildung des neuen Kornes vSllig ungeordnet erfolgt. Das Anftreten der genannten H~ufungsstellen wird nicht als eine Rekristallisationslage betrachtet, da augen- seheinlich aach viele regellos orientierte Kristallite anwesend sind, und die tfiiu[ungsstellen bei l~ngerem Erhitzen zufolge der Bildung grSl]erer Kristalle ver- schwinden. Im Gegensatz dazu kommt es uns, im Zusammenhang mit dem bier besprochenen und mit dem, was fiber Oberfl~ehenrekrista]lisation mitgeteilt werden wird, vor, daft die Lage der bei der Rekristallisation gebildeten Kristallite wohl immer dnreh den vorangegangenen Deformationsproze~] mitbestimmt wird, und das Auftreten tier H~ufungsstellea eben als eine sich aueh in diesem Falle ~aflernde, sei es auch sehr gestrente, Bearbeitungsrekristallisationslage betracheet werden muff.

Page 13: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

8 6 W.G. Burgers und ~. C. M. Basart,

Diese Autoren beobachteten, dal~ unter geeigneten Umst~nden bei der ObeHl~ehenrekristallisa~ion die Gebiete, welehe v or . der Kalt- bearbeitung aus einem einzigen Krista]l bestanden, wieder in einen neuen Krista]l fibergingen, und ferner, dab w~hrend der Erhitzungsdauer die

Reflexionen dieser Gebiete (we]che Reflexlonen sieh vor der Erhitzung nur sehwach unterschieden) allmahlieh deutlicher wurden, bis schliel31ich

Fig. 10. Wie Fig. 2. Mutterkristall Nr. I, Walzgrad jedoch nut 1/2 (start ~/4)"

Fig. 11. Gewalztes polykristallinisches Aluminiumblech ":on sehr groBer Reinheit (99,90/0). A Walzbild~ B Rekristallisa~ionsbild. Walzrichtung vertikal.

sich aus iedem von ihnen ein gro~er Kristall entwickelt hatte. Diese Tatsachen machen den Eindruck (L c., S. 524), als ob das Fortsehreiten der Oberflachenrekristallisation als ein Z u s a m m e n w a e h s e n von ungefahr gleich orientierten Kristalliten allfgefai~t werden mu~, und nieht

als das Anwachsen yon einem bestimmten Kern aus*.

* Vgl. in dlesem Zusammenhang aueh die Arbeit von M. v. S c h w a r z fiber die Sammelkristallisation bei Kupfer, ZS. f. ~etallkde. 77 124, 1915.

Page 14: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

Rekris~allisation voa Aluminiumeinkristallen. 87

Dieser Eindruck wird best~tigt, wenn man das Waebsen eines

Kristalls bei der 0berfl~ehenrekrista]lisation mittels Laue-Aufnahmen

verfo]gt. Einige Auinahmen mSgen dies i]lustrieren. Sie beziehen sieh

auf den Kris~all Nr. ] I I und sehllel]en sleh an die in Fig. ~ reproduzier~en

Aufnahmen an. Die w~hrend 5 sec auf 600~ geg]iihte Walzprobe

Fig. 12. Rekristallisationsbild yon einem Teile des gewalzten Mutterkfistatls Nr. I nach l~ngerem Erhltzen (vgl. Fig. 4 B).

Fig. 13. Wie Fig. 12. Erhitzungsdauer aber noch l~inger (2Stunden).

(Fig. 4B) ging bei langerem Erhitzen in ein grobkSrniges Gef~ige fiber

(Fig. 12). Naeh zwe~stfindigem Erhitzen bi]dete sleh in einem Teile der

Walzprobe eine Anzahl grSi]erer Kristalle*. Der noch fibriggebliebene

* Die hierfiir benStigte Erhitzangsdauer h~ngt yon noch teilweise unbekannten Faktoren ab, jedenfalls yon der Reinheit des Ausgangsmaterials (siehe van Arkel und van Bruggen, 1. e.). (~fters entstanden grSflere Kristalle erst nach mehr- t~gigem Erhitzen.

Page 15: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

8S W.G. Burgers und J. 0. ~. Basart,

grobkSrnige Teil ]iei], wie eine R(intgenaufnahme zeigte, noch die urspr[ing- liche Vorzugsorientierung erkennen, sei es auch viel weniger deutlich als zuerst (Fig. 13). Fig. 14 A und Fig. 15 A stellen Luue-Aufnahmen yon

Fig. 14. .Ausheilender ~ EinnuB des I/ingeren Erhitzens bei Oberfliichenrekrisfallisation. A Laue,Au[nahme eines gewachsenen ,Einkristalls" nach einer Erhitzungsdauer yon 1 bis 2 Stunden

B Laue,Aufnahmc dcssolbcn Kristalls nach �9 weiteren Erhitzung yon 5 Stunden.

Fig. 15. Wie Fig. 14. Ein anderer Kristall aus derselben Walzprobe.

zwei der grSfleren Kristalle dur. Sie zeigen, dab die ,,Einkristallnatur" noch sehr unvollkommen ist. Eine weltere Erhi~zung yon 5 Stunden hat aber einen stark ,ausheilenden" Einflul], wie aus den Aufnahmen Fig. 14B und Fig. 15B derselben Kristalle hervorgeht: die entsprechenden Interierenzflecke slnd ietzt vlel seh~rier begrenzt. Zuletzt ist in Fig. 16

Page 16: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

Rekristallisation yon Aluminiumeinkristalle~s. $9

die Laue-Aufnahme des grSSten ents~andenen Kristalls (Nr. 10 i~ Fig. 7A

und 7B) wiedergegeben worden: die Einkristallnatur dieses Kristall.~

ist nicht yon derienigen eines durch Bearbeitungsrekristallisation ent-

s~andenen Kris~alls verschieden*.

Die Resultate tier OrientierungsbesG .mmung der zufolge des langeren

Erhitzens gebildeten Kristalle sind, wie sehon gesagt, zusammen mit den

Walz- bzw. Bearbei~ungsrekristallisationsstrukture~_ in denselben Pro-

iektionsfiguren (Fig. 5, 6, 7) untergebracht. Wie aus diesen Fig'uren

hervorgeht, wurde bei den Kristallen Nr.I , I I und I I I die Orientierung'

yon bzw. 16, 3 und 11 neu ents~andenen Kristallen bestimmt**

Die gefundenen Lagen dleser Kris~alle weisen eine grol3e Streuung

auf, u n d e s scheln~ auf den ersten Bllck kattm m~glich, die Resultate

unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zu bringer,. Bei einer ngheren

Betrach~ung stel[en sich iedoch einige wiehtige Tatsachel~ heraus.

Die Fig. 5, 6 und 7 zeigen n~mlieh, dal] die Orientierung der

Kristalle nieht als vollkommen regellos betrachtet werden kann. In erster

Linie haben sowohl bei Kristall Nr. I als aueh bei Nr. I I und I H mehrere

der neuen Kristalle ungefahr dieselbe 0rlentierung. So z.B.:

die Kristalle 1 - - 6 - - 9 - - 1 0 - - 1 1 - - 1 2 - - 1 4 - - 1 5 - - 1 6 , 2 - - 3 , 4 - - 5 beim ]gutterkrista]l Nr. I,

alle drei Kristalle 1 - - 2 - - 3 (insbesondere 1 - - 2 ) beim Mutter- kristall Nr. II,

die Kristalle 1 - -2 , 3 - - 1 1 , 5---10, 6 - - 9 beim ~[utterkristall Nr. I I I .

Diese Ta~sache wird sehr wahrscheinlich wohl kein Zufall sein*** un~l zu-

sammenhangen mi~ der Beobachtung yon v a n A r k e l und van B r u g g e n

(siehe oben), dal3 unter geeigneten Umst~tnden bei tier Oberflgchenrekristalli-

satior., aus einem einzigen ~lutterkrista11 wieder e in Kristall entstehen kann.

�9 An zweiter Stelle zeigt eine Betrachtung tier 2roiektionsflguren, dal] die Lage der entstandenen Kristalle augenschein]ieh rnit der Walzstruk~ur

zusammenh~ng& Insbesondere ist dies deutllch im Falle der Mutter-

krisfal]e N r . I und I [ (Fig. 5A und 6A). Bei '~utterkris~all Nr. I I [

(Fig. 7A) ist es jedoeh nur fiir einige der neuen Kristalle der Fail****.

�9 Vgl. Fui]note ** auf S. 91. �9 * Aul~er diesen Kristallen zeigten die ge~tzten (w~hrend verschiedener Stunden

gegltihten) Walzproben auch noeh feinkSrnige Gebiete, wo das Kristalhvaehstum nieht so wei~ fortgesehritten war.

�9 ** ~[ehrere dieser Kristalle habea sich in ganz v e r s c h i e d e n e n Teilen derselben Walzprobc entwickelt.

�9 *** Weitaus der grSllte der ffewachsenen Kristalle war bei dem Mutterkrista[1 Nr. 10. Wie Fig. 7A zeigt, liegt dieser KristalI ia der Walzstruktur (vgL aber welter Fuflnote ** auf S. 91).

Page 17: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

90 W.O. Burgers und J. 0. M. Basart,

Wie dem auch sein mag, als eine merkwiirdige Tatsache stout sich bei einer Betrachtung der Fig. 5B, 6B und 7B heraus, dab die Kubus-

pole der zufolge langeren Erhitzens gebildeten Kristalle du rchsch n i t t l i e h jedenfalls n i c h t in d i e M a x i m a d e r K u b u s p o l g e b i e t e t ier B e -

a r b e i t u n g s r e k r i s t a l l i s a t i o n s s t r u k t u r fallen. Als die vorllegende

Arbeit in Angriff genommen wurde, wurde das Gegenteil eben fiir mSglich gehalten*. Die Versuchsergebnisse weisen abet nach, da~3 dies nicht zutrifft.

Fig. 16. Laue,Aufnahme eines durch Oberfl/ichenrekrisLqllisation entstandenen Einkristalls (Nr. 10 in Projekflonsfigur 7).

Im groBen und ganzen erscheint also die Annahme begriindet, dab die Lage der zufolge Oberfliehenrekristallisation gebildeten Kristalle mit der ur- spriinglichen Walzstruktur zusammenhingt, jedoch verschied en sein kannvon der rSntgenographisch festgelegten Bearbeitungsrekrista]lisationsstruktur.

Lingeres Erhitzen wird in bestimm~en Fitllen letztgenannte augenseheinlieh zum Verschwinden bringen k(innen, ohne dal3 abet das sich bildende grob- kristallinisehe Gefiige eine regellose Orientierung aufzuweisen braucht.

Aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung fiber die Re-

ki'istallisation yon gewalzten Aluminiumeinkristallen geht hervor, dad der Verlauf yon Bearbeitungs- und Oberfiaehenrekristallisation noeh ver- sehiedene nicht erklarte Tatsachen zeigt.

* Urn aus der stereographischen Projektion abzuleiten, daft zwei Kristalle oder Kristallgebiete genau oder ann~hernd dieselbe Orientierung haben, ist es notwendig, da~ alle drei Kubuspole (von den Lagen dieser Pole kSnnen zwei als willkiirlich betrachtet werden) genau oder anniihernd zusammenfallen.

Page 18: Rekristallisation von Aluminiumeinkristallen

Rekristaliisation yon Aluminiumeinkristallen. 91

Beziiglieh der Bearbei tungsrekr is ta l l isa t ion wird eine einwandfreie

Theorie der sieh hlerbei abspielenden Prozesse imstande sein mtissen zu

erklgren, welche Fak to ren das Aaf t re ten einer Vorzugsorient ierung in den

Lagen der neuen Kr i s ta l l i t e beherrsehen, und wodureh diese Lagen be-

s t immt werden. Insbesondere muff eine Erk lgrung gefunden werden,

warum in dem einen Fal le eine s tark ausgepr~gte Aniso~ropie der Xristall i~-

lagen vorhanden is~ wghrend im anderen Fa l l e dies viel wenlger zutriff t*.

Sehliel~lieh bleibt die F rage zu 15sen, woven es abh~ngt, ob die auf-

tretend e Bearbei tungsrekr is ta l l i sa t ionss t ruktur beztiglich der ursprtinglichen

Walzs t ruk tu r ,,versehoben" isg oder night.

Hinsieht l ieh der OberflgehenrekristaIl isat ion kann nurgesag~werden, daft

das Resul ta t der Orientierungsbest immung der znfolge des lgngerenErhi tzens

gebildeten Kr i s ta l l e denEindruek maeht, dal] dieser Prozel] nicht blo13 als Gin

Wei terwachsen der Xristall i~e aufgefal~ werden kann, welehe zusammen

dig rSntgenographiseh festgelegte Bearbei tungsrekr is ta l l i sa t ionss t ruktur

bilden**. Auch diese Tatsache bedarf einer weiteren Un~ersuchung.

Es kann erwar te t werden, dal~ eine tiefgehende Kenntnis des F e i n -

m e e h a n i s m u s des Deformationsprozesses den Schliissel ftir die LSsnng der

erw~hntenProbleme l iefernwird . UntersGhiede in diesem Feinmeehanismus

bei versehiedenen Metallen and Deformationsarten werden wohl die tieferen

Ursachen der auftretenden Versehiedenhei~en bei der Bearbeitungs-

rekr is ta l l i sa t ion sein. Insbesondere wird es wiehtig sein, nachzuforsehen,

inwieweit Z w i 11 i n g s b i 1 d u n g *** bet der Deformation eine Rolie spielt.

Es is t beabsichtigt , zu versuchen, dureh eln fortgesetztes und

detai l l ier tes Studium tier Deformation und Rekr is ta l l i sa t ion yon Ein-

kr is ta l len diese FragGn der LSsung naherzubringen.

E i n d h o v e n , Natuurk. Laborator ium der N. V. PMlips G]oeilampen-

fabrieken, Dezember 1928.

* Sogar Teile desselben Mutterkristalls, welche aber in verschiedenen Richtungen gewalzt worden sind, weisen einen derartigen Unterschied auf: dies geht deutlich aus Fig. 8B und 9B hervor, welche diesen Fall illustrieren kSnnen. Fig. 8B zeigt eine ausgesprochene gorzugsorienUerung, in Fig. 9B ist diese aber nur sehwaeh zu erkennen.

** VgL in diesem Zusammenhang /r v. Schwar 'z , 1. e.~ S. 137. Es ist aber wohl wahrseheinlieh, dall ein Weiterwaehsen dieser Kristallite ebenso stattfinde~. 5fiiglicherweise gehSren hierzu z. B. bei Mutterkristall Nr. III einige der dureh mehrstiindiges Erhitzen anf 6000C gebildeten Kristalte (Fig. 7A uad 7B). Be- senders bei diesem Kristall liegen n~mlieh die Kubuspole eines Teiles der neuen Kristalle wenigstens ebenso dieht bei Kubuspolgebieten der Rekristallisationsstruktur als bei denen der Walzstruktur.

*** Siehe in diesem Zusammenhang C. H. Math e w s o n , Twinning in 3'ietals, Prec. Inst. of 5ietals Division 1928, S. 7.