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50 mm in fünf Lagen auf. Die trotz der teilweise massi- ven Ausbildung prinzipiell auftriebsgefährdeten Unterge- schosse mussten für den oberirdischen Abbruch zusätz- lich ballastiert werden. Die Untergeschosse waren gemäß den Altunterlagen in mehreren Bauabschnitten jeweils im Schutze von ausge- steiften Spundwandkästen errichtet worden. Durch Schürfen wurde festgestellt, dass die Spundwände voll- ständig im Untergrund verblieben und daher bei der Pla- nung zu berücksichtigen waren. Insbesondere an den © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 11 753 BERICHT REPORT Christian Böttcher, Stephan Bäumer Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg 1 Anspruchsvolle Randbedingungen Ein Hamburger Investor hat 2011 das an der Hamburger Außenalster gelegene Grundstück erworben, um dort nach einem Blockrandentwurf des Architekturbüros APB ein neues Bürogebäude mit vier Untergeschossen und ins- gesamt ca. 35 000 m 2 BGF zu errichten (Baufeld 1) sowie den denkmalgeschützten ehemaligen Stammsitz der Hamburg-Mannheimer-Versicherung aus den 1930er-Jah- ren mit ca. 11 000 m 2 BGF zu revitalisieren (Baufeld 2). Das direkt vor Ort ansässige Ingenieurbüro Dr. Binne- wies wurde mit der Abrissplanung, der Baugrubenpla- nung und der Tragwerksplanung aller Bauteile beauftragt. Bestimmend für den Baugrubenentwurf waren die zahl- reichen denkmalgeschützten Gebäude und die empfindli- che Infrastruktur im Umfeld sowie die unmittelbare Als- ternähe. Auch wenn der denkmalgeschützte Bestand auf Baufeld 2 aufgrund erheblicher Baumängel bereits wäh- rend der Aushubarbeiten auf Baufeld 1 abgerissen wor- den ist, war dessen schadensfreier Erhalt für die Planung und Ausführung der Spezialtiefbauarbeiten zunächst zu berücksichtigen. Für die spätere Planung der eingeschos- sigen Baugrube des Ersatzbaus auf Baufeld 2 waren die Bauzustände von Baugrube und Hochbau des Baufeldes 1 zu beachten und zu koordinieren. Nach Abriss der oberirdischen Bebauung auf Baufeld 1 befanden sich im Bereich des geplanten Neubaus noch zwei teilverbunkerte Untergeschosse aus den 1960er-Jah- ren samt eines massiven Tresors. Die verbliebenen Bau- teile wiesen Dicken bis zu 180 cm und Bewehrung bis DOI: 10.1002 / bate.201300069 Direkt an der Hamburger Außenalster wurde für die Errichtung hochwertiger Büro- und Gewerbeflächen mit vier Unterge- schossen eine ca. 13 m tiefe Trogbaugrube in Schlitzwandbau- weise und mit natürlicher Dichtsohle erforderlich. Aufgrund von sensibler Nachbarbebauung waren nur geringe Baugrund- verformungen verträglich. Dies konnte mittels einer innen lie- genden Aussteifung als vorgespanntes Stahlfachwerk in der oberen Steifungslage und einem Stahlbetonteildeckel in der unteren Steifungslage sichergestellt werden. Im Rahmen eines umfangreichen Messprogramms wurden die im Entwurf be- rechneten Baugrundverformungen bestätigt. Keywords Baugrube; Baugrund; Baugrundverformung; Finite Elemente; Teildeckel, tief; Aussteifung, innenliegende; innerstädtisch; Schlitzwand; Berechnung, nichtlineare Deep excavation pit with partial concrete cover at Alsterufer in Hamburg Along with the development of an exclusive office- and busi- ness building with four underground parking levels an about 13 m deep excavation pit with diaphragm walls and natural bot- tom sealing was needed. Considering the sensitive neighbour- ing buildings only little deformation of the underground was ac- ceptable. By using a pre-stressed inner framework as upper bracing and a partial concrete cover as lower bracing the re- quirements were fulfilled. Already during preliminary design calculated ground deformations could be approved by an ex- tensive measuring program accompanying the project. Keywords excavation pit; ground; deformation; finite elements; partial cover; internal bracing, deep; diaphragm wall; nonlinear analysis; inner city Sonderdruck I 1 I 1 11 8 VIII 8 IV 5 2 IV 1328 1327 1 1 4 517 0 8 1 1 A 1 Abbruch Schlitzwand Fernwärme Siel vorh. Spundwand Legende e ß a r t s g r u b r a W Alsterterrasse Alsterufer Baufeld 1 A A Außenalster Baufeld 2 r e f u r e t s l A Bild 1 Grundstück mit Verbautrasse Baufeld 1 und relevanten Restriktionen Siteplan with pit 1 and relevant restrictions

REPORT Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg - panta … REPORT Christian Böttcher, Stephan Bäumer Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg

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∅ 50 mm in fünf Lagen auf. Die trotz der teilweise massi-ven Ausbildung prinzipiell auftriebsgefährdeten Unterge-schosse mussten für den oberirdischen Abbruch zusätz-lich ballastiert werden.

Die Untergeschosse waren gemäß den Altunterlagen inmehreren Bauabschnitten jeweils im Schutze von ausge -steiften Spundwandkästen errichtet worden. DurchSchürfen wurde festgestellt, dass die Spundwände voll-ständig im Untergrund verblieben und daher bei der Pla-nung zu berücksichtigen waren. Insbesondere an den

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Bautechnik 90 (2013), Heft 11 753

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Christian Böttcher, Stephan Bäumer

Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsteruferin Hamburg

1 Anspruchsvolle Randbedingungen

Ein Hamburger Investor hat 2011 das an der HamburgerAußenalster gelegene Grundstück erworben, um dortnach einem Blockrandentwurf des Architekturbüros APBein neues Bürogebäude mit vier Untergeschossen und ins-gesamt ca. 35 000 m2 BGF zu errichten (Baufeld 1) sowieden denkmalgeschützten ehemaligen Stammsitz derHamburg-Mannheimer-Versicherung aus den 1930er-Jah-ren mit ca. 11 000 m2 BGF zu revitalisieren (Baufeld 2).Das direkt vor Ort ansässige Ingenieurbüro Dr. Binne-wies wurde mit der Abrissplanung, der Baugrubenpla-nung und der Tragwerksplanung aller Bauteile beauftragt.

Bestimmend für den Baugrubenentwurf waren die zahl-reichen denkmalgeschützten Gebäude und die empfindli-che Infrastruktur im Umfeld sowie die unmittelbare Als-ternähe. Auch wenn der denkmalgeschützte Bestand aufBaufeld 2 aufgrund erheblicher Baumängel bereits wäh-rend der Aushubarbeiten auf Baufeld 1 abgerissen wor-den ist, war dessen schadensfreier Erhalt für die Planungund Ausführung der Spezialtiefbauarbeiten zunächst zuberücksichtigen. Für die spätere Planung der eingeschos-sigen Baugrube des Ersatzbaus auf Baufeld 2 waren dieBauzustände von Baugrube und Hochbau des Baufeldes1 zu beachten und zu koordinieren.

Nach Abriss der oberirdischen Bebauung auf Baufeld 1befanden sich im Bereich des geplanten Neubaus nochzwei teilverbunkerte Untergeschosse aus den 1960er-Jah-ren samt eines massiven Tresors. Die verbliebenen Bau-teile wiesen Dicken bis zu 180 cm und Bewehrung bis

DOI: 10.1002 / bate.201300069

Direkt an der Hamburger Außenalster wurde für die Errichtunghochwertiger Büro- und Gewerbeflächen mit vier Unterge-schossen eine ca. 13 m tiefe Trogbaugrube in Schlitzwandbau-weise und mit natürlicher Dichtsohle erforderlich. Aufgrundvon sensibler Nachbarbebauung waren nur geringe Baugrund-verformungen verträglich. Dies konnte mittels einer innen lie-genden Aussteifung als vorgespanntes Stahlfachwerk in deroberen Steifungslage und einem Stahlbetonteildeckel in derunteren Steifungslage sichergestellt werden. Im Rahmen einesumfangreichen Messprogramms wurden die im Entwurf be-rechneten Baugrundverformungen bestätigt.

Keywords Baugrube; Baugrund; Baugrundverformung; Finite Elemente;Teildeckel, tief; Aussteifung, innenliegende; innerstädtisch; Schlitzwand;Berechnung, nichtlineare

Deep excavation pit with partial concrete cover at Alsteruferin HamburgAlong with the development of an exclusive office- and busi-ness building with four underground parking levels an about13 m deep excavation pit with diaphragm walls and natural bot-tom sealing was needed. Considering the sensitive neighbour-ing buildings only little deformation of the underground was ac-ceptable. By using a pre-stressed inner framework as upperbracing and a partial concrete cover as lower bracing the re-quirements were fulfilled. Already during preliminary designcalculated ground deformations could be approved by an ex-tensive measuring program accompanying the project.

Keywords excavation pit; ground; deformation; finite elements; partial cover;internal bracing, deep; diaphragm wall; nonlinear analysis; inner city

Sonderdruck

I

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Abbruch

SchlitzwandFernwärmeSiel

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Alsterterrasse

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Bild 1 Grundstück mit Verbautrasse Baufeld 1 und relevanten RestriktionenSiteplan with pit 1 and relevant restrictions

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C. Böttcher, S. Bäumer: Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg

Grundstücksgrenzen war zusätzlich mit Gründungsres-ten, Holzpfählen etc. von einer kleinteilig parzelliertenhistorischen Bebauung zu rechnen. In der südwestlichenGrundstücksecke, im Bereich des Baufeldes 2, befandsich der im Dreißigjährigen Krieg angelegte und neuzeit-lich verfüllte Wallgraben.

Im Zuge der gesamten Baumaßnahme waren in allen an-grenzenden Straßen große Sielleitungen und im Besonde-ren eine Hauptfernwärmetrasse in der Warburgstraßeschadensfrei in Betrieb zu halten. Zudem war im Zugevon Erkundungsschürfen umlaufend eine extrem hoheDichte sekundärer Leitungen in unmittelbarer Nähe derGrundstücksgrenzen festgestellt worden, die eine bauzeit-liche Umverlegung diverser Leitungen erforderlich mach-te. Der ursprüngliche Leitungsraum war nach Abschlussder Bauarbeiten wieder freizugeben, sodass die Verbau-wände bis auf 2,0 m unter Gelände zurückzubauenwaren.

Durch eine bereits in der Vorplanung herbeigeführte Ab-stimmung der Verbautrasse mit den Behörden war esmöglich, das planmäßige Ziehen bzw. Räumen der Ver-bautrasse von alten Spundwänden auf Teilbereiche derWarburgstraße zu begrenzen.

Der nachbarliche Mix aus Büros und Wohnungen warganztägig vor Lärm, Staub und Erschütterungen zu schüt-zen und somit bei der Wahl der Bauverfahren zu berück-sichtigen. Durch Beweissicherungen und Messungen wardas geeignete Vorgehen zu belegen. Ebenso waren dieBaugrundverformungen auf ein im wesentlichen Scha-densfreiheit sicherstellendes Maß zu minimieren.

Der geplante Erhalt des denkmalgeschützten Bestands-baus aus den 1930er-Jahren auf dem eigenen Baufeld 2bedingte im Südosten von Baufeld 1 eine komplexe Bau-grubengeometrie mit einer einspringenden Ecke. Insbe-sondere hier erwiesen sich die nicht mehr auffindbarenstatischen Unterlagen – leider auch zur Gründung z. B.für eine Rückverankerung – als problematisch, da u. a. diegenaue Lage der Pfähle nicht bekannt war. Gemäß denSchürfen war von teilweise nach außen geneigten Stahl-betonrammpfählen auszugehen, die intakt zu erhaltenwaren.

Hinsichtlich der geologischen Situation ist die Lage desGrundstücks in der ehemaligen Alsterniederung in denBohrprofilen deutlich ablesbar. So sind oberflächennaheantropogene Auffüllungen zunächst von nur gering trag-fähigen Schichten, wie z. B. Auelehm, unterlagert. Erstdarunter folgt tragfähiger Geschiebemergel mit eingela-gerten Sandbändern und teilweise darin gespanntemGrundwasser. Im Bereich des ehemaligen Wallgrabenssind stark wasserführende Auffüllungen vorhanden.

Die örtlichen Wasserstände sind wesentlich durch die Au-ßenalster geprägt. Als maßgeblicher bauzeitlicher Bemes-sungswasserstand für die Baugrube war ca. 3,0 m ü. NNanzunehmen. Das entsprach dem mittleren Alsterwasser-

stand. Stauwasser war angesichts der bindigen Boden-schichten zusätzlich zu berücksichtigen.

2 Variantenuntersuchungen zur Baugrubenaussteifung

In Summe bedingten die zuvor genannten Randbedin-gungen auf Baufeld 1 eine wasserdichte, besonders verfor-mungs- und erschütterungsarm herzustellende Baugrubemit ca. 13 m Geländesprung, vorzugsweise mit innen lie-gender Aussteifung, sowie eine gute bautechnische wievertragliche Lösung für das Räumen der Verbautrasseund das Herrichten der Geräteaufstellflächen zur Herstel-lung der Verbauwand. Für den Fall der innen liegendenAussteifung bot sich die Teildeckelbauweise mit zwei Aus-steifungslagen an. Allerdings war der noch erforderlicheAbbruch des verbunkerten Bestandes so bestimmend,dass für die Ausbildung der oberen Aussteifungslage eintemporäres Stahlfachwerk angezeigt war und nur für dietief liegende untere Aussteifungslage ein Stahlbetonteilde-ckel zum Einsatz kommen konnte.

Zu möglichen Varianten der Baugrubenaussteifung aufBaufeld 1 und den jeweils zu erwartenden Baugrundver-formungen bzw. Schäden an Gebäuden und Infrastrukturwurden bereits in der Vorplanung umfangreiche Untersu-chungen unter Einsatz des im Ingenieurbüro Dr. Binne-wies selbst entwickelten und langjährig erprobten Pro-grammsystems BINGEO durchgeführt [1, 2, 3]. BINGEOist bereits erfolgreich bei der Planung zahlreicher tieferBaugruben, z. B. der Europapassage an der Binnenalsterin Hamburg, eingesetzt worden. Stets konnten eine sehrgute Übereinstimmung von im Voraus berechneten Bau-grundverformungen und den ausführungsbegleitendenMessungen in situ festgestellt werden.

Für einen charakteristischen Schnitt an der Alsterterrassesind exemplarisch einige Ergebnisse der Variantenunter-suchungen aus der Vorplanung dargestellt. Verglichenwerden eine dreifach rückverankerte Baugrubenwandmit jeweils auf 200 kN/m vorgespannten Ankerlagen undeine in Teildeckelbauweise zweifach nach innen ausges-teifte Baugrube mit 150 kN/m Vorspannung der oberentemporären Stahlbauaussteifungslage und 250 kN/m Vor-spannung der unteren Aussteifungslage als Stahlbeton-Teildeckel. Die für den betrachteten ebenen Schnitt resul-tierenden Steifigkeiten der Aussteifungslagen sind zuvorin Berechnungen am Gesamtsystem der Aussteifungsla-gen ermittelt worden.

Anhand der Berechnungen mit BINGEO waren bei einerreinen Rückverankerung trotz des Einsatzes von drei An-kerlagen und auch mit hoher Vorspannung vergleichswei-se große Bodenbewegungen und ein ausgenutztes Erdwi-derlager zu erwarten. Bei der Bewertung der Berech-nungsergebnisse war darüber hinaus zu berücksichtigen,dass es in der vorhandenen Geologie erfahrungsgemäßüber die Zeit zu einem signifikanten Verlust an Vorspan-nung der Anker kommen kann. Entsprechend wurden er-gänzende Sensitivitätsuntersuchungen unter Berücksich-

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C. Böttcher, S. Bäumer: Deep excavation pit with partial concrete cover at Alsterufer in Hamburg

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tigung von Vorspannungsverlusten durchgeführt. Im Er-gebnis konnte anhand der Berechnungsergebnisse nur fürdie innen liegende Baugrubenaussteifung in Teildeckel-bauweise von einer Schadensfreiheit der besonders schüt-zenswerten Gebäude und Infrastruktur ausgegangen wer-den.

Auch aus der weiteren integralen Bewertung der Vor- undNachteile aller verschiedenen Varianten für Baufeld 1ging eine Schlitzwandbaugrube mit innen liegender zwei-facher Aussteifung in Teildeckelbauweise klar als Vor-zugsvariante hervor. Mischlösungen aus Rückveranke-rungen und Durchsteifungen erwiesen sich demgegen-über ebenfalls nicht als vorteilhaft.

3 Ausgeführter Entwurf

3.1 Allgemeines

Mit Ausnahme des Teildeckels über dem 4. Untergeschosswurden sämtliche Baugrubenelemente ausschließlich für

den temporären Einsatz vorgesehen. Angesichts einer ge-trennten Vergabe von Baugruben- und Hochbauleistungwar, im Hinblick auf die Teildeckelbauweise, eine sehr ge-naue Spezifizierung und Planung der Schnittstellen erfor-derlich. Dieses konnte durch die vom Ingenieurbüro Dr.Binnewies auf Basis der Entwurfsplanung erstellte funk-tionale Ausschreibung der Baugrube sichergestellt wer-den. Noch parallel zur Vergabe an die ARGE Züblin Spe-zialtiefbau/Brauckmann&Damm wurden bauherrenseitssowohl die Genehmigungsplanung der gesamten Baugru-be als auch die Genehmigungsplanung des Neubaus er-stellt. In Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde unddem Bauherren war die Grundlage der Genehmigungs-planung die „alte“ nationale Normengeneration (DIN1045-1:2008-08; DIN1054:2005-01 etc.).

Weiterhin oblagen dem Büro Dr. Binnewies bauherren-seits die technische Klärung im Zuge der Vergabe, dieMitwirkung bei der technisch-vertraglichen Prüfung derAusführungsplanung und der Bauüberwachung sowie dieSchal- und Bewehrungsplanung für den Teildeckel imAuftrag der Fa. Züblin Spezialtiefbau.

Bild 2 Mobilisierung der inneren Reibung und Verformungen im Schnitt Alsterterrasse bei Baugrubenaussteifung mittels drei Lagen vorgespannter Verpres-sankerMobilisation of inner friction and deformation using three layers of pre-stressed ground anchors shown at section Alsterterrasse

Bild 3 Mobilisierung der inneren Reibung und Verformungen im Schnitt Alsterterrasse bei Baugrubenaussteifung mittels zwei vorgespannter innerer Ausstei-fungslagenMobilisation of inner friction and deformation using two layers of pre-stressed inner bracings shown at section Alsterterrasse

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756 Bautechnik 90 (2013), Heft 11

C. Böttcher, S. Bäumer: Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg

Die verbleibende Ausführungsplanung für die Baugrubeerfolgte durch die ausführenden Firmen ebenfalls auf derBasis der „alten“ Normengeneration. Neben der Her -stellung der Arbeitsebene, unterirdischem Abbruch, Räu-men der Schlitzwandtrasse, Grundwasserentspannungund Primärstützen lag der Schwerpunkt dabei aufSchlitzwand und Stahlfachwerk sowie auf der Vorspan-nung des Stahlfachwerks. Zudem war durch die ausfüh-rende Firmen in Abhängigkeit des Baufortschrittes dieEntscheidung zur Vorspannung des Teildeckels zu treffen[4].

3.2 Schlitzwand

Die Bemessung der Schlitzwand erfolgte an ebenenSchnitten unter Berücksichtigung der elastischen Stüt-zung durch die zwei Aussteifungslagen und eines gebette-ten Fußlagers nach EAB. Steifigkeit und Belastung derAussteifungslagen wurden in einem iterativen Prozess,unter Beachtung der Bettungsreaktion, variierender Ein-wirkungen und Verformungsberechungen mit BINGEO,bestimmt. Im Ergebnis erwies sich eine Schlitzwand h =80 cm als die richtige Lösung. Die Aushubkote für dieSchlitzwand betrug ca. 24 bis 26 m. Im Bereich der Lei-tungen erhielt die Schlitzwand einen Steckträgerverbauvon ca. 2,5 m Höhe.

3.3 Primärstützen

Aufgrund sehr geringer Herstelltoleranzen für die vertika-len Bauteile des Hochbaus konnten die Primärstützenausschließlich als temporäre Bauteile konzipiert werden.

Die Herstellung erfolgte durch Einstellen von Stahlhohl-profilen in Großbohrpfähle d = 120 cm. Die Platzierungder Primärstützen erfolgte iterativ unter Berücksichtigungdes Bestandes, des Neubaus und der statischen Konzepti-on der Aussteifungssysteme.

3.4 Obere Aussteifungslage als vorgespanntesStahlfachwerk

Das Stahlfachwerk der ersten Aussteifungslage wurde alsumlaufender Ring von 6 bis 10 m Bauhöhe mit zweiDurchstichen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung ent-worfen. Die statische Berechnung erfolgte am horizontalgebetteten Gesamtsystem. Der Bettungsansatz ergab sichaus der zu erwartenden Bodenreaktion. Durch die Wahlvon Stahlhohlprofilen konnte der Materialverbrauch fürdas Fachwerk in der Genehmigungsplanung auf ca. 300 tminimiert werden. Im Zuge der Ausführungsplanungdurch die ausführenden Firmen wurden die Hohlprofileauf Standardwalzprofile (HEB und HEM) umbemessen.Da keine wesentlichen Änderungen der Steifigkeiten zu-zulassen waren, führte die Umbemessung zu ca. 25 %Mehrtonnage. Das dabei gewählte Konzept einer Vorferti-gung in größeren Baugruppen erwies sich als bauprak-tisch sinnvoll, die ausgeführten Stirnplattenverbindungenaufgrund unvermeidlicher Toleranzen hingegen vielfachnicht.

Zur Minimierung der Verformungen des Baugrundes wardas Fachwerk umlaufend mit ca. 150 kN/m (ca. 35 % derGebrauchslast) vorzuspannen. Die Vorspannung wurdeauf Wunsch der ausführenden Firmen lediglich zweiseitigan den Knotenpunkten des Fachwerks, im Spalt zwi-

3. UG

4. UG

2. UG

3. UG

4. UG

2. UG

Bereich Tresor(nicht verfüllt)

Bereich Bunker(nicht verfüllt)

VerfüllungUntergeschosse

Spaltverfüllung

Verfüllung Untergeschosse

Spaltverfüllung

eznergskcütsdnurG

eznergskcütsdnurG

Teildeckel

Schlitzwand

Rückbau Spundwand(mit fortschreitendem Aushub)

Stahlaussteifung

Rückbau Spundwand (mit fortschreitendem Aushub)

Steckträger

Schlitzwand

Schnit A-A

-9.30-7.91-7.91-7.00-6.45

-1.52

-1.40-0.52

-0.30

+0.98 +1.40+2.48+3.05 +4.00+4.00

+5.29+5.48 +5.50+6.00

Alster-terrasse

Bild 4 Charakteristischer Gesamtschnitt Baufeld 1 in Nord-Süd-RichtungSectional drawing of pit 1 in north-south-direction

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schen Schlitzwand und Gurtung, mittels Kapselpressenaufgebracht.

3.5 Untere Aussteifungslage als Stahlbetonteildeckel

Die Form des 40 cm dicken Stahlbetonteildeckels inC45/55 der unteren Aussteifungsebene wurde analogdem Stahlfachwerk gewählt. Im Bereich der Tiefgara -genrampe wurde zusätzlich ein temporäres Stahlfach-werk erforderlich. Mit dem Teildeckel wurden bereitsca. 2 300 m2 der späteren Geschossdecke über dem 4. Untergeschoss im Zuge der Baugrubenerstellung herge -stellt.

Ebenso wie das Stahlfachwerk wurde auch der Teildeckelam Gesamtsystem berechnet. Für die Genehmigungspla-nung waren die Scheibentragwirkung des Teildeckels alsAussteifungsebene einschließlich Stabilitätsuntersuchun-gen, die Plattentragwirkung des Teildeckels und die Plat-tentragwirkung der kompletten späteren Geschossdeckezu untersuchen und die Ergebnisse anschließend zu über-lagern.

In der Genehmigungsplanung wurde entsprechend den inAbschn. 2 beschriebenen Untersuchungen eine optionaleVorspannung der Teildeckelebene mit 250 kN/m berück-sichtigt. Die Entscheidung zur Vorspannung des Teilde-ckels war durch die ausführenden Firmen anhand desfortlaufenden Messprogramms zu treffen, wobei im Er-gebnis auf die Vorspannung verzichtet werden konnte.

Im Zuge der Erstellung der Schal- und Bewehrungspla-nung für den Teildeckel durch das Ingenieurbüro Dr. Bin-newies war die Ausbildung des späteren Wandanschlus-ses der Außenwände an den Teildeckel als Hammerkopfin WU-Qualität als ein wesentlicher Punkt zu beachten.Angesichts der aus Gründen der Stellplatzmaximierung

lediglich 30 cm dicken Außenwand ergab sich hier einesehr kompakte Konstruktion.

3.6 Messtechnische Überwachung

Die messtechnische Überwachung der Baugrube erfolgtedurch drei unabhängige Messverfahren. Es wurden Ver-formungsmessungen der Verbauwände mittels Vertikal -inklinometer und durch geodätische Aufmaße von Messpunkten am Stahlfachwerk durchgeführt. Mit denermittelten Verformungsmesswerten konnte u. a. eineEntscheidung über die Notwendigkeit der Vorspannungder unteren Aussteifungslage getroffen werden. Zusätz-lich sind zwei Messpunkte für eine Kraftmessung mitKraftmessdosen in der Fuge zwischen Stahlfachwerk undSchlitzwand eingerichtet worden. Dieses ermöglichteeine Plausibilitätskontrolle der gemessenen Verformun-gen und eine Überwachung der Einwirkungen auf das

ca. 84.00

ca. 5

6.00

Schlitzwandh = 80 cm

Als

tert

erra

sse

Warburgstraße

Bild 5 Stahlfachwerk der oberen Aussteifungslage bei ca. 3,0 m unter GOKFramework of the upper bracing at 3.0 m below top ground surface

ca. 84.00

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BA 1 BA 3

BA 4

Hammerkopf

Warburgstraße

Als

tert

erra

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Schlitzwandh = 80 cm

h = 40 cm

ca. 5

6.00

Bild 6 Stahlbetonteildeckel der unteren Aussteifungslage bei ca. 9,0 munter GOKPartial concrete cover of the lower bracing at 9.0 m below topground surface

Bild 7 Obere Aussteifungslage und Teildeckel zum Beginn des EndaushubsUpper bracing and partial concrete cover during excavation

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758 Bautechnik 90 (2013), Heft 11

C. Böttcher, S. Bäumer: Tiefe Baugrube in Teildeckelbauweise am Alsterufer in Hamburg

Fachwerk. Insgesamt zeigte sich eine sehr gute Überein-stimmung von im Voraus mit BINGEO berechneten undin situ gemessenen Verformungen bzw. Kräften.

4 Zusammenfassung

Für den sicheren Entwurf tiefer innerstädtischer Baugru-ben sind vorausgehende rechnerische Untersuchungen zu

den resultierenden Baugrundverformungen unverzicht-bar. Hierzu hat sich erneut das im Ingenieurbüro Dr. Bin-newies entwickelte Programmsystem BINGEO bestensbewährt. Die Durchführung der anspruchsvollen Spezial-tiefbaumaßnahme erfolgte auf dieser Grundlage ohnenennenswerte technische und terminliche Probleme. DieVerfasser bedanken sich abschließend für das Vertrauendes Bauherren und die sehr gute Zusammenarbeit zwi-schen allen am Bau Beteiligten.

Literatur

[1] KAUFMANN, H.: Ein Stoffmodel für Schüttgüter und Böden.Dissertation TU Braunschweig, 2003.

[2] BÖTTCHER, C.; FABRICIUS, K.; KAUFMANN, H.: Subsoil Mo-vement due to boring of shallow tunnels with shield machi-nes – application of finite elements in connection with auniversally formulated material model. Geomechanics andTunneling 2 (2009), No. 4, pp. 369–385.

[3] BÖTTCHER, C.; NAGEL, W.; SCHREIBER, R.: Bebauung derEricusspitze in Hamburg – Teil 1: Tiefbau. Bautechnik 88(2011), H. 6, S. 406–417.

[4] BASTIAN, D.; BÖTTCHER, C.; KAUFMANN, S.: Bauen an derAlster – Planung und Ausführung der Baugrube Alsteruferin Hamburg. Beitrag zum Hans Lorenz Symposium 2013,Berlin.

AutorenDr.-Ing. SFI Christian BöttcherGeschäftsführender Gesellschafter, Beratender Ingenieur, Prüfingenieur fürBautechnik

M.Sc. Stephan BäumerProjektleiter

Ingenieurbüro Dr. BinnewiesAlsterterrasse 10a20354 [email protected]