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Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. u. Pharmak. 250, 51--58 (1965) Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitiit Tiibingen (Direktor: Prof. Dr. F. LEMBECK) Resorption und Stoffweehsel yon 14C-5-Hydroxytryptamin im Diinndarm * ~ Von 1 ~. LEMBECK~K.-FR. SEWING und D. WINNE (Eingegangen am 21. Oktober 1964) Monoamine mit der Struktur R-Ctt2-NH 2 unterliegen in hohem Mal3e dem Abbau durch die Monoaminoxydase (MAO), deren Aktivit~t nach PLETSCH]~R u. Mitarb. (1960) bei den meisten Species in Leber, Ganglien und Niere am hSchsten ist, jedoch auch in anderen Organen (])arm, groBe Arterien, Lunge, Skeletmuskel, Uterus, Gehirn, Nebennierenmark und Milz) reichlich vorkommt. DONALDSON U. Mitarb. (1960) ~uBerten die Vermutung, dal3 oral verabreichtes 5-Hydroxytryptamin (5-HT) als Substrat der MAO bereits ira ]:)arm fast vollsthndig zu 5-~ydroxyindol- essigs~ure (5-I-YIES) abgebaut wird. Um diese Frage quantitativ zu priifen, wurden Resorption und Stoffwechsel von z4C-5-HT nnd deren Beeinflussung durch den MAO-I~emmstoff Nialamid und Chlorpromazin, das nach PLETSCHER (1963) die Durchl~ssigkeit biologischer Membranen ffir ~¢Ionoamine vermindert, bei Katzen an einer Dfinndarmschlinge unter Ausschlul3 der Leberpassage untersucht. Methodik Die Versuehe warden an weiblichen Katzen im Gewieht yon 1900--3300 g vor- genommen. Die Tiere erhielten 12 Std vor dem Versuch die letzte Nahrung. Die Ver- suche warden in drei Gruppen zu je drei Tieren durchgefiihrt. Die erste Gruppe blieb unbehandelt, die zweite erhielt ca. 16 Std vor dem Versuch 50 mg/kg Nialamid-HC1 intraperitoneaL Die dritte Gruppe erhielt zus~tzlich zu der Nialamid-Vorbehandlung etwa 1 Std vor Versuchsbeginn 4 mg/kg Chlorpromazin-HC1 i.m. In Narkose mit 2 ml/kg einer 2°/0-Chloralose-25°/0-Urethan-L6sung (intraperitonea]) wurde das Tier im Bedarfsfall bei einer Frequenz von 30/rain beatmet. In die V. femoralis warde eine Polyi~thylenkaniile zar Infusion yon hochmolekularem Dextran (Macrodex®) eingebunden und 400 E/kg Heparin (Liquemin®) injiziert. Das Abdomen wurde in ganzer L~nge darch einen Medianschnitt erSffnet und das obere Jejunum auf- gesueht. Eine ira ttinbliek auf die Gef~13versorgung geeignete Jejunumsehlinge yon etwa 7--10 cm L~inge wurde ausgewiihlt und in die abflieflende Vene eine Poly- * Mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemeinsehaft. ** Tagungsberieht: Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. Pharmak. 247, 308 (1964). 4 *

Resorption und Stoffwechsel von 14C-5-Hydroxytryptamin im Dünndarm

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Page 1: Resorption und Stoffwechsel von 14C-5-Hydroxytryptamin im Dünndarm

Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. u. Pharmak. 250, 51--58 (1965)

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universitiit Tiibingen (Direktor: Prof. Dr. F. LEMBECK)

Resorption und Stoffweehsel yon 14C-5-Hydroxytryptamin im Di inndarm * ~

Von 1 ~. LEMBECK~ K.-FR. SEWING und D. WINNE

(Eingegangen am 21. Oktober 1964)

Monoamine m i t der S t r u k t u r R -C t t2 -NH 2 unter l iegen in hohem Mal3e dem A b b a u durch die Monoaminoxydase (MAO), deren A k t i v i t ~ t nach PLETSCH]~R u. Mitarb . (1960) bei den meis ten Species in Leber , Gangl ien und Niere a m hSchsten ist , j edoch auch in anderen Organen (] )arm, groBe Ar ter ien , Lunge, Skele tmuskel , Uterus , Gehirn, N e be nn i e r e nma rk und Milz) reichl ich v o r k o m m t . DONALDSON U. Mitarb . (1960) ~uBerten die Vermutung , dal3 oral ve rabre ich tes 5 - H y d r o x y t r y p t a m i n (5-HT) als S u b s t r a t der MAO berei ts i ra ]:)arm fas t vol ls thndig zu 5 - ~ y d r o x y i n d o l - essigs~ure (5-I-YIES) a b g e b a u t wird. U m diese F rage q u a n t i t a t i v zu priifen, wurden Reso rp t ion und Stoffwechsel von z4C-5-HT nnd deren Beeinflussung durch den MAO-I~emmstoff N i a l a m i d und Chlorpromazin , das nach PLETSCHER (1963) die Durchl~ss igkei t biologischer Membranen ffir ~¢Ionoamine ve rminder t , bei K a t z e n an einer Df inndarmschl inge un te r Ausschlul3 der Leberpassage un te rsuch t .

Methodik

Die Versuehe warden an weiblichen Katzen im Gewieht yon 1900--3300 g vor- genommen. Die Tiere erhielten 12 Std vor dem Versuch die letzte Nahrung. Die Ver- suche warden in drei Gruppen zu je drei Tieren durchgefiihrt. Die erste Gruppe blieb unbehandelt, die zweite erhielt ca. 16 Std vor dem Versuch 50 mg/kg Nialamid-HC1 intraperitoneaL Die dritte Gruppe erhielt zus~tzlich zu der Nialamid-Vorbehandlung etwa 1 Std vor Versuchsbeginn 4 mg/kg Chlorpromazin-HC1 i.m. In Narkose mit 2 ml/kg einer 2°/0-Chloralose-25°/0-Urethan-L6sung (intraperitonea]) wurde das Tier im Bedarfsfall bei einer Frequenz von 30/rain beatmet. In die V. femoralis warde eine Polyi~thylenkaniile zar Infusion yon hochmolekularem Dextran (Macrodex®) eingebunden und 400 E/kg Heparin (Liquemin®) injiziert. Das Abdomen wurde in ganzer L~nge darch einen Medianschnitt erSffnet und das obere Jejunum auf- gesueht. Eine ira ttinbliek auf die Gef~13versorgung geeignete Jejunumsehlinge yon etwa 7--10 cm L~inge wurde ausgewiihlt und in die abflieflende Vene eine Poly-

* Mit Unterstiitzung der Deutsehen Forsehungsgemeinsehaft. ** Tagungsberieht: Naunyn-Schmiedebergs Arch. exp. Path. Pharmak. 247, 308

(1964). 4 *

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52 •. LEMBECK, K.-FR. SEWING und D. WINNE:

~Lthylenkaniile eingebunden. W~hrend die Darmsehlinge proximal und distal ab- gebunden wurde, wurden 104/~g (591 m~uMol) 14C-5-Hydroxytryptamin in das Lumen der Darmschlinge injiziert und gleichzeitig der AbfluB durch die eingebun- dene Venenkaniile freigegeben. Die Dextraninfusion wurde in ihrer Tropfenzahl so einreguliert, dab die pro Zeiteinheit einflieflende Volumenmenge etwa den AusfluB aus der kaniilierten Vene entsprach. ]:)as gesamte Venenblut wurde 60 min lang in zwei 30 min-Portionen aufgefangen. Mit dieser Versuchsanordnung ist es mSglich, in vivo Resorption und Stoffwechsel des ])arms ohne nachfolgende Beeinflussung dutch die Leber zu priifen.

Extralctionsver/ahren a) Blut. 2 ml jeder Blutprobe wurden nach Zugabe von je 100/xg nicht radio-

aktivem 5-HT und 5-HIES mit 8 ml Aceton extrahiert und 10 min bei 3700 U/min zentrifugiert. Der •berstand wurde im Vakuum bei Zimmertemperatur bis zur vSlligen Trockenheit eingedampft und in 1 ml Methanol aufgenommen. Vom Niederschlag der Acetonf~llung des Blutes wurden 10 mg in 1 ml Hyamine-Hydro- xyd 10-X (RShm & Haas) aufgenommen, bei 55°C 24 Std gesehiittelt und nach an- schlieBender Abkfihlung auf Zimmertemperatur mit Szintillator auf 15 ml auf- gefiillt.

b) Schleimhaut. Die am Ende des Versuchs herausgeschnittene Darmschlinge wurde der L~nge nach erSffnet, naeh kriiftigem Spiilen in 50 ml 0,9 °/0 NaCl=LSsung mit einem Mulltupfer abgetrocknet, die Schleimhaut mit dem Spatel abgekratzt, gewogen und mit 5 ml 0,90/o ~aC1-LSsung homogenisiert. 0,5 ml des Homogenats wurden nach Zugabe yon je 100 gg nicht radioaktivem 5-HT und 5-HIES mit 9,5 ml Aceton extrahiert, der Niederschlag bei 3700 U/rain abzentrifugiert und der im Vacuum zur Trockene eingedampfte Riiekstand in 1 ml Methanol aufgenommen. Ein aliquoter Teil der restliehen Darmwand (Muscularis und Serosa) wurden mit dem Ultraturrax in 20 ml 0,90/0 NaC1-LSsung zerkleinert und davon 0,5 ml ohne Zugabe von 5-HT und 5-HIES entsprechend der Schleimhaut aufgearbeitet.

Jeweils 0,5 ml der methanolischen LSsungen yon a) und b) wurden mit 10 ml Szintillator (siehe unten) aufgefiillt.

c) Darminhalt. 0,5 ml der Spiilflfissigkeit des Darms wurden im Vacuum zur Trockene eingedampft und in 10 ml Methanol aufgenommen. Davon wurden 0,1 ml mit 10 ml Szintillator verdiinnt.

Chromatographie Von den methanolischen LSsungen wurden je zwei Proben von 0,1 ml auf FiRer-

papier Schl. & Sch. 2043b punktfSrmig aufgetragen und ca. 14 Std im n-Butanol- Eisessig-Wasser-Gemisch (4:1:5) aufsteigend chromatographiert. Ein Chromato- graphiestreifen wurde jeweils zur Identifizierung der RI-Werte von 5 -I-IT und 5-HIES mit Ehrlichs Reagens (5 ml 10°/0 p-Dimethylaminobenzaldehyd in konz. HC1 und 50 ml Aceton) angef~rbt. Der andere Chromatographiestreifen wurde in Querstreifen yon 1 cm Breite mit je 5 ml Methanol eluiert. Das Methanol wurde im Vakuum zur Trockenheit eingedampft nnd der Riickstand in I ml Methanol wieder aufgenommen und mit 10 ml Szintillator verdiinnt.

Messung der Radioalctivit~it Die mit Szintillator (Dimethyl-POPOP 0,1 g, PPO 5,0 g, Toluol ad 1000,0 ml)

versetzten methanolischen LSsungen wurden nach mehrstiindiger K~lte- und Dunkeladaptation im Tri-Carb-Fliissigkeitsszintillationsspektrometer 314EX-2 (Fa. Packard) jeweils 10 min in Koinzidenzposition bei folgender Einstellung ge- messen: Hochspannung 900 V, Diskriminatoreinstellung 10--100 V, Temperatur

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Resorption und Stoffwechsel yon 14C-5-Hydroxytryptamin 53

0°C. Die Bestimmung der absoluten Aktivit~t erfolgte durch inneren Standard (14C-Toluol) nach Korrektur fiir den Background.

Untersuchungen zur Identi/izierung des unbekannten Sto//wechselprodukts Aus einem Strichchromatogramm eines Schleimhautextrakts (siehe oben) wurde

der Bereich, in dem eine nicht auf 5-HT oder 5-HIES zuriickzuffihrende Radioaktivi- t~t mit dem Rf-Wert yon 0,28--0,32 gefunden wurde, herausgeschnitten und mit 5 ml H20 eluiert.

a) Sgurehydrolyse: 2 ml Eluat wurden mit 2 ml n HC1 30 min auf dem kochen- den Wasserbad hydrolysiert; das Hydrolysat wurde dann im Vakuum zur Trockene eingedampft und mit 0,5 ml Methanol aufgenommen. Davon wurden 0,1 ml chroma- tographiert und streifenweise eluiert (siehe oben).

b) Inkubation mit fl-Glucuronidase: In Anlehnung an die Methode von ERSPA- M~R U. Mitarb. (1962) wurden zu 2 ml Eluat 0,2 ml fl-Glucuronidase (1 ml enthielt 10000 E fl-Glucuronidase in 0,90/0 NaC1-LSsung) gegeben und die Mischung mit Natriumhydrogencarbonat auf ein pH yon 6,6--6,8 eingestellt. Nach fiinfstiindiger Inkubation bei 37°C im Wasserbad wurde mit dem dreifachen Volumen Aceton extrahiert und 10 min bei 3700 U/min zentrifugiert. Der ~berstand wurde zur Trockene eingedampft und der Riiekstand mit 0,5 ml Methanol aufgenommen. 0,1 ml wurden ehromatographisch weiter ausgewertet (siehe oben).

Folgende Substanzen wurden verwendet: 5-Hydroxytryptamin-3'-14C-Creatinin - sulfat Monohydrat (spezifische Aktiviti~t ll,32/~C//~Mol) Radiochemical Centre Amersham; 5-Hydroxytryptamin-Creatininsulfat Monohydrat, Fa. K. Roth; 5-Hydroxy-3-indolyl-essigsaure, Fluka AG; Chlorpromazin-Hydrochlorid (Mega- phen®), Farbenfabriken Bayer; Nialamid-Hydrochlorid (Niamidv), Pfizer GmbH; fl-Glucuronidase (100000 E/g), Dr. Theodor Schuehardt GmbH & Co.

Ergebnisse

Tab. 1 zeigt die exper imente l l en Bedingungen. Wi~hrend Darm- und Sch le imhau tgewich t au fg rund der ana tomischen Verh~ltnisse zwischen den einzelnen Versuchsgruppen schwanken, is t der Blutdurchflu{~ (ml/60 min/g Gewebe) eine funkt ionel le Gr613e und dahe r m6glicherweise beein- f lugt worden.

Tabelle 1. Darmgewicht, Schleimhautgewicht und Blutdurch]lufl der drei Versuchsgruppen (~ ± s~)

ohne Vorbehandlung

Nialamid- Vorbehandlung

Nialamid- und Chlorpromazin- Vorbehandlung

3

Darmgewicht (g) 8,53 -- 1,59 6,27 ± 1,27 5,73 ± 0,70

Schleimhautgewicht (g) 1,60 ± 0,21 0,97 ~ 0,35 0,98 ± 0,28

:Blutdurchflu~ 16,22 ± 2,47 11,35 =i= 3,23 16,63 ~ 4,99 (ml/60 min/g Darm)

Von der als l ac -5 -HT ve rabre ich ten R a d i o a k t i v i t ~ t wurden insgesamt 90,61 =t= 7,260/0 wiedergefunden. Aus T a b . 2 geh t die Ver te i lung der

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54 F. LEMBECK, K.-FR. SEWING u n d D. W~SNE:

Radioaktivit~t auf den Darminhalt, die Darmsehleimhaut und das ab- flieBende Venenblut innerhalb yon 60 rain hervor. Nur geringe Mengen der Radioaktivit~t fanden sich noch in den fibrigen Schichten der Darm- wand. Nach Nialamid-Chlorpromazin-Vorbehandlung ist die Gesamt- menge der in Schleimhaut und Blut innerhalb yon 60 min nachweisbaren Radioaktivitiit im Durchschnitt geringer als bei den unbehandelten und

Tabelle 2. Verteilung der Radioaktivitgt [als m/~Mol Substanz und als °/0 der verabreichten Gesamtmenge auf Darminhalt,

Darmsehleimhaut und Blut nach 60 min (~ ± sz)]

Darminhalt

Schleimhaut

Blur

m/~Mol °/0

m/~Mol °/o

m/~Mol °/0

Nialamid- und ohne Nialamid- Chlorpromazin-

Vorbehandlung Vorbeh&ndlung Vorbehandlung

307 ± 91 51,9 ± 15,4

76 ± 26 12,9 ± 4,4

90 ± 23 15,3 ± 3,9

395 ± 81 66,86 ± 13,80

68 ± 27 11,6 ± 4,6

72 ± 12 12,2 ± 2,0

394 ± 119 66,7 ± 20,1

40 ± 10 6,8 ± 1,7

37 ± 8 6,3 ± 1,4

den nur mit Nialamid vorbehandelten Tieren, aber wegen der betr~cht- lichen Streuung nicht signifikant (0 ,1~P~0,2) .

Nach Vorbehandlung mit Nialamid unterscheidet sich die Konzentra- tion der Radioaktivit~t in der Schleimhaut (m#Mol/g) nicht signifikant von der bei den unvorbehandelten und mit Nialamid und Chlorpromazin vor- behandelten Tieren (Tab. 3). Die papierchromatographische Auftrennung der Probcn ergab drei radioaktive Zonen mit folgenden Rt-Werten : 0,30, 0,42 und 0,78. Davon lieBen sich zwei Flecke mit Hilfe von Vergleichs- substanzen als 14C-5-HT (Rt = 0,42) und als 14C-5-HIES (Rt ---- 0,78) identifizieren. Das Eluat des radioaktiven Bereichs mit dem Rf-Wert von 0,30 verhielt sich nach S~urehydrolyse eindeutig wie 14C-5-HIES, so dab man annehmen kann, dab es sich bei der Ausgangssubstanz um ein Kon- jugat der 14C-5-HIES handelte. Es wird daher im folgenden als ,,gebun- dene 5-HIES" bezeichnet. Die Inkubation mit fl-Glucuronidase ffihrte nicht zu einer eindeutigcn hydrolytischen Spaltung des Konjugats, so dab ein Glucuronid weitgehend auszuschlieBen ist.

Aus der Tab. 3 geht weiter hervor, dab ohne Vorbehandlung bereits in der Darmschleimhaut die Konzentration yon 14C-5-HT nur noch sehr gering ist, w/ihrend die Konzentration an freier und gebundener ~4C-5- HIES etwa 50fach h5her ist. Dabei ist die Konzentration an frcier I~C-5- HIES doppelt so hoeh wie an gebundener. Nach Nialamidvorbehandlung ist unter den gleichen Versuchsbedingungen die 14C-5-HT-Konzentration in der Schleimhaut wesentlich hSher bei gleichzeitiger Konzentrations-

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Resorption und Stoffwechsel von laC-5-Hydroxytryptamin 55

abnahme von 14C-5-I~ES in freier und gebundener Form. Die zus/~tz- liche Gabe yon Chlorpromazin zur Nialamidvorbehandlung 1/~flt die Gesamtkonzentration yon 14C-5-I-IIES ebenso unbeeinfluBt wie das Ver- h~ltnis der freien zur gebundenen Form. ])agegen ffihren die Nialamid- und Nialamid-Chlorpromazin-Behandlung gegenfiber den unvorbehan- delten Tieren relativ zu einer etwas st/irkeren Konjugierung der 14C-5- HIES.

Tabelle 3. Konzentration der Gesamtradioaktivitdt in der Darwschleimhaut (m/~Mol Substanz pro Gramm Schleimhaut) und die Konzentration der Metaboliten nach 60 rain

Gesamtkonzentration (m/~Mol/g)

14C.5-HT

(m/~Mol/g)

14C-5-HIES (frei) (m/~Mol/g)

14C-5-HIES (gebunden) (m~Mol/g)

Nialamid- und ohne Nialamid- Chlorpromazin-

Vorbehandlung Vorbehandlung Vorbehandlung

57 ± 28

0,9 ± 0,3

36 ± 19

18,1 5= 8,7

725=3

60 ± 2,2

3,8 ± 1,2

6,0 ± 1,8

47 5= 11

32 5= 12

4,7 5= 1,7

6,9 zL 3,0

Tabelle 4. Absolute und prozentuale Meneje der Metaboliten im Blut innerhalb von 60 min (~ ± s~)

Nialamid- und ohne Nialamid- Chlorpromazin-

Vorbehandlung Vorbehandlung Vorbehandlung

14C-5.HT

~aC-5-HIES (frei)

I~C.5-HIES (gebunden)

m~Mol °/o

m/~Mol °/o

m/~Mol °/o

8,5 =J: 2,2 1,4 ± 0,3

43 ± 13 7,3 ± 2,2

28,5 ± 3,3 4,8 ± 0,5

51 5= 18 8,7 5= 3,1

6,8 5= 3,6 1,1 i 0,6

9,8 5= 4,5 1,6 5= 0,7

25 5= 10 4,2 i 1,8

5,1 5= 4,4 0,8 5= 0,7

5,9 5= 4,0 1,0 5= 0,6

Im Blur sind bei den unbehandelten Tieren innerhalb yon 60 min nur 1,4°/0 der gesamten verabreichten Radioaktivit~t als unver~ndertes ltC-5-HT nachweisbar (Tab. 4). Freie und gebundene I*C-5-HIES liegen in achtfachem molarem Uberschul3 vor. Nach Nialamid-Vorbehandlung

finden sich mit 8.750/0 der gesamten verabreichten Radioaktivit~t die sechsfache Menge an unver~ndertem I*C-5-ttT im Blur. Die ltC-5-HIES- Menge hat ebenso wie bei zus~tzlicher Gabe von Chlorpromazin wesent- rich abgenommen. Wghrend Chlorpromazin auf die Verteilung yon

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56 ~. LEMBECK, K.-FR. SEWlI~G und D. WINNE:

~4C-5-HIES zwischen Schleimhaut und Blur keinen EinfluB hat, l~l~t sich gegeniiber alleiniger Nialamidbehandlung ein hemmender Effekt beim Ubertr i t t von lac-5-HT in die Darmschleimhaut feststellen. Das ~uBert sich folgendermal3en : Die 14C-5-HT-Konzentration in der Schleimhaut ist nach Nialamid-Vorbehandlung doppelt so hoch wie nach Nialamid-Chlor- promazingabe mid die ~4C-5-HT-Menge im Blur nach Chlorpromazin- Nialamid nur etwa halb so groB ist wie bei den nur mit Nialamid behandelten Tieren.

Diskussion Unter Verwendung der ,,everted sac"-~ethode wird nach COHEN U.

Mitarb. (1964) 5-HT in vitro nicht aktiv durch die Darmschleimhaut des Goldhamsters transportiert. Bei diesen Untersuchungen wurden chroma- tographisch keine Stoffwechselprodukte, insbesondere keine 5-I I IES fest- gestellt. Dieser etwas ungew6hnliche Befund steht in Einklang mit den Ergebnissen von ERSPAME~ (1955), der bei Kaninchen und ~¢[eerschwein- chen nur unsichere Spuren yon 5-I-IIES im Urin nach Injektionen yon 5-HT nachweisen konnte. Es ist bekannt dab der Abbaumechanismus yon Indolderivaten speciesabh~ngig ist und dal3 Herbivoren im Gegen- tatz zu Carni- und Omnivoren nur geringe Mengen yon 5-HIES bilden (~TAKAI 1958).

Aus unseren Befunden an Katzen geht hervor, dal3 innerhalb yon 60 mill nur Spuren (1,4°/0 der gesamten verabreichten Menge) 5-I{T vom Darmlumen ins Blut gelangen. MELMOX U. Mitarb. (1963) konnten eine Resorption von 5-IIT im menschlichen Magendarmtrakt durch den lang- samen Anstieg des 5-HT-Gehalts der Thrombocyten auf etwa das drei- fache des Ausgangswerts nach dreiwSchiger oraler Verabreichung von tiiglich 160 mg 5-I-IT nachweisen. Die eigenen Versuche zeigen nun, dal3 ein grol~er Tell des enteral verabreichten 5-HT bereits in der Darm- schleimhaut zu 5-HIES, die teilweise in gebundener Form vorliegt, ab- gebaut wird. DONALDSON U. Mitarb. (1960) beobachteten am Mensehen eine sehr hohe Umsatzrate von oral verabreichtem 5-HT zu 5-I-HES und stellten fest, dab per os gegebene 5-I-IT innerhalb weniger Stunden komplet t zu 5-HIES abgebaut wird.

Um welches Konjugat es sich bei der gebundenen 5-HIES handelt, konnte nieht eindeutig festgestellt werden. Folgende Befunde sprechen ffir ein O-Sulfat der 5-HIES:

1. Die Substanz hat etwa den gleichen Rt-Wert wie die yon SNow u. Mitarb. (1955) als 5-HIES-Sulfat-Ester beschriebene.

2. CHADWICK U. Mitarb. (1960) beschreiben ein 5-HIES-O-Sulfat als ein bei Rat ten in grSl3erer Menge regelmiil3ig vorkommendes 5-HT- Stoffwechsclprodukt, geben daffir allerdings einen etwas h6heren Rf- Wert (0,39) an. Die Autoren vermuten, dal3 eine Glucuronidbildung

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Resorption und Stoffwechsel von 14C-5-Hydroxytryptamin 57

von 5-HT oder 5 - t t IES erst bei einer sehr groBen verabreichten 5-HT- Menge stattfindet, w~hrend das 5-tHES-O-Sulfat unabh~ngig yon der Dosis immer auftritt .

3. Inkubat ion mit fl-Glucuronidase hatte keine sichere hydrolytische Wirkung auf unsere Substanz.

4. Die gelegentlich als Stoffwechselprodukt angegebene 5-t tydroxy- indolaceturs~ure hat nach MCTSAAC U. Mitarb. (1959) einen vSllig anderen Rf-Wert (0,84).

5. Katzen bilden aufgrund eines Uridindiphosphatglucuronylase- Mangels praktisch keine Glucuronide (DUTTON U. Mitarb. 1957).

Unter dem EinfluB des MAO-I-Iemmstoffs Nialamid ist etwa die 35fache Menge 14C-5-I-IT in der Schleimhaut zu finden, ferner tr i t t etwa sechsmal soviel 5-HT unveriindert aus dem Darm ins Blut fiber. Gleich- zeitig geht die Bildung yon 5-HIES auf ein Fiinftel zurfick. AuBerdem verschiebt sich das Verh~ltnis yon freier zu gebundener 5-It-IES, wobei die Menge an gebundener 5-I-lIES relativ zunimmt. Verschiedene Befunde sprechen dafiir, dab bei blockierter MAO-AktivitAt andere Inaktivierungs- mechanismen versti~rkt wirksam werden: WEISSBACH u. Mitarb. (1958) fanden bei M~usen, dab unter Iproniazid die Umsatzmenge yon 5-I~T gegenfiber den unbehandelten Tieren nicht verAndert wurde; dagegen war die Menge an gebildeter 5-HIES wesentlich geringer, s tat t dessen konnte in groBer ~¢[enge ein 5-I~T-Glucuronid nachgewiesen werden. KEGLEVIC U. Mitarb. (1959) fanden bei Rat ten unter ~AO- I t emmung nach Injektion von laC-5-KT eine Zunahme von gebildetem Glucuronid (siehe auch Literatur zit. bei PLETSCItER U. Mitarb. 1960).

Nach AXELROD U. Mitarb. (1963) hat Chlorpromazin keinen EinfluB auf die Aufnahme von i.v. injiziertcm 14C-5-ItT ins Gewebe. Nach unseren Befunden ist die Aufnahme von 5-HT in die Darmschleimhaut unter Behandlung mit Nialamid und Chlorpromazin niedriger als unter Nia- lamid allein. Daraus ergibt sich, dab Chlorpromazin, das die Aufnahme der Katecholamine ins Gewebe hemmt (AxELROD 1964), anch die Auf- nahme von 5-HT in die Schleimhaut verringert.

Die sehr hohe Abbaurate yon enteral - - auch in Form yon Nahrungs- mitteln (CRAwFORD 1962) - - verabreichtem 5-I-IT bereits in der Darm- schleimhaut zeigt, dab eine enterale 5-ItT-Resorption kaum AnlaB zu pharmakodynamischen Wirkungen sein kann. Befunde fiber die Wirkung 5-ttT-haltiger Nahrungsmittel wAhrend einer Behandlung mit MAO- Hemmstoffen liegen bisher nicht vor.

Summary 1. The intestinal absorption and metabolism of 14C-5-HT have been

investigated, in situ, in tied off sections of the cat jejunum.

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2. Less t h a n 2°/0 14C-5-HT appears in the venous effluent wi th in 60 min. A large a m o u n t of the injected laC-5-HT is metabol ized to "free" or "conjuga ted" 14C-5-hydroxyindoleacetic acid (14C-5-ttIAA).

3. P re t r ea tmen t with nialamide increases the a m o u n t of unchanged 14C-5-HT in the mucosa about 35 times, in the blood about 6 t imes; the format ion of 14C-5-HIAA is diminished in the mucosa and its appearance in the blood to about one fifth.

4. The results after p re t rea tment with chlorpromazine in addi t ion to nia lamide lead to the conclusion tha t chlorpromazine slightly diminishes the up take of 14C-5-HT by the mucosa.

Literatur

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Prof. Dr. F. L~MBECK, Pharmakologisches Institut der Universit~t, 74 Tiibingen, WilhelmstraBe 56