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ROHSTOFFE UND ANWENDUNGEN RAW MATERIALS AND APPLICATIONS 35 KGK · 01-2 2019 www.kgk-rubberpoint.de Hybridgarn Kraft/Dehnungs-Verhalten RFL-Dipp Haftverbund Elastomer Verbundwerkstoff Unter Verwendung einer Reifenmodell- mischung wurde gezielt das bimodula- re Kraft/Dehnungs-Verhalten von Ara- mid/PA-Hybridgarnen im Dehnungsbe- reich von 1 – 10 % durch variierende Prozessparameter bei der Hybridgarn- herstellung, variable Garnkonstruktio- nen, die Beschichtung der Hybridgarne sowie die Modifikation der Elastomer- matrix durch Additive eingestellt. Die Untersuchungen zeigen, dass die Um- windungszahl bzw. Garnkonstruktion der Hybridgarne die dominierenden Haupteinflussfaktoren sind. Aber auch die Modifikation der Elastomermatrix und die RFL-Beschichtung der Hybrid- garne sind geeignet, die Haftung im Verbundwerkstoff und das bimodulare K/D-Verhalten zu verändern. Optimizing the stress-strain behavior of hybrid yarns in elastomer components Hybrid yarn Stress/strain-behavior RFL-Dipp Adhesive compound Elasto- mer Composite material Using a tire model compound, the bi- modular stress-strain behavior of ara- mid/PA hybrid yarns in the range of 1-10% strain was adjusted by varying the process parameters during the hy- brid yarn production, different yarn constructions, coating of the hybrid yarns and modifying the elastomer ma- trix by additives. The investigations show that the twisting and the yarn construction of the hybrid yarns are the dominant influencing factors. Addition- ally, the modification of the elastomer matrix and the RFL coating on the hy- brid yarns also facilitates the adhesion between rubber and fiber in the com- posites, and, therefore, can further tune the bimodular stress-strain behavior. Figures and Tables: By a kind approval of the authors. Einleitung An textile Verstärkungsträger, wie sie bspw. in Riemen, Schläuchen oder in Rei- fen notwendig sind, werden spezielle An- forderungen gestellt. Vielfach unterschei- den sich diese zwischen Herstellungspro- zess und der Anwendung der fertigen Elastomerbauteile, z. B. was die Defor- mierbarkeit der textilen Verstärkungs- struktur betrifft. Bei der Erzeugung der Bauteile durch die plastische Verformbar- keit der unvulkanisierten Rohmischung sind folgende Dehnungen notwendig: Riemen (max. 1 %), Reifen (2 - 3 %) und Schlauch/Membran (bis 10 %). Im Rah- men des IGF-Vorhabens 18807 BR Hybrid- garnbasierte Elastomerbauteile wurde deshalb die Zielstellung verfolgt, textile Verstärkungsstrukturen mit anforde- rungsgerechtem einstellbaren Kraft-Deh- nungs-Verhalten (K/D-Verhalten) zu ent- wickeln und in Elastomerverbunde zu in- tegrieren. Dabei soll über eine besondere Garnkonstruktion ein sprunghafter An- stieg der Steifigkeit bei definierten Deh- nungen in einem weiten Bereich von 1 bis 10 % erzielt werden. Zum besseren Verständnis des ange- strebten K/D-Verhaltens werden Last- Verformungs-Charakteristiken in Abbil- dung 1 für verschiedene Festigkeitsträ- ger-Materialien gezeigt. In jedem Fall soll das Hybridgarn während der Fertigung bzw. im entlasteten Zustand einen gerin- gen Zug-Elastizitäts-Modul (E1) aufwei- sen, aber im belasteten Zustand ab einer definierten anwendungsabhängigen Dehnung sprunghaft hochmodulig (E2) und darüber hinaus hochfest sein. Hybridgarne sind Konstruktionen von Garnen, die aus mindestens zwei ver- schiedenen Komponenten bestehen. Ty- pisch für alle Hybridgarne ist, dass durch gezielte Kombination mehrerer Faser- werkstoffe Eigenschaften erzielt werden können, die mit einem einzelnen Faser- werkstoff nicht erreichbar sind. Dabei werden je nach Anwendungsfall ver- schiedene Techniken zur Herstellung der Hybridgarne angewendet. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist dabei, ob die Garnkomponenten vermischt neben- einander vorliegen (Comminglinggarn, versponnenes Garn) oder einzeln als Garnteile nebeneinander (Zwirn, Um- windegarn, Friktionsspinngarn). Die Untersuchungen wurden mit ei- nem Aramidgarn mit hoher Steifigkeit und Festigkeit als Umwindegarn und ei- nem PA 6.6- Garn mit geringer Steifigkeit als Kernkomponente durchgeführt. Bei- de Garntypen zeichnen sich durch die charakteristische Amidgruppe (-CO-NH-) aus. Bei dem aromatischen Polyamid Twaron 1014 (Polyparaphenylentereph- thalamid) wird in der Kurzform folgend von „Aramid“ gesprochen. Dieser Garn- typ ist herstellerseitig bereits mit einer adhäsiven haftvermittelnden Vorbe- schichtung ausgerüstet, was dem An- wender eine Beschichtungsstufe erspart und die direkte Beschichtung mit einem Resorcin-Formaldehyd-Latex-Dipp (RFL- Dipp) ermöglicht. Eine weitere Herausforderung besteht in der notwendigen guten Anbindung der zwei Komponenten des Hybridgarns an die Elastomermatrix. Zur Verbesse- rung der Faser-Matrix-Haftung gibt es prinzipiell drei mögliche Wege: die Modi- fikation der Elastomermatrix, die Funkti- onalisierung der Oberfläche des Hybrid- garns und die Kombination beider Ansät- ze, um synergetische Effekte zu nutzen. Alle diese Möglichkeiten wurden in den vorliegenden Untersuchungen auf ihre Eignung geprüft. Durch eine chemisch-werkstoffliche Modifizierung der Elastomermatrix sol- len die Grenzflächeneigenschaften im Optimierung des Kraft/Deh- nungs-Verhaltens von Hybrid- garnen in Elastomerbauteilen Autoren Thomas Götze, Rico Hickmann, Johannes Storm, Sven Wießner, Chokri Cherif, Michael Kaliske, Dresden, Germany Korrespondierender Autor: Thomas Götze Leibniz-Institut für Polymer- forschung Dresden e.V., Hohe Straße 6 01069 Dresden E-Mail: [email protected]

RFL-Dipp Haftverbund Elastomer Verbundwerkstoff nungs … · 2019. 2. 15. · cher. Das Elastomer wird durch Schwefel - vernetzung bei einer Vulkanisationstem-peratur von 150°C und

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Hybridgarn Kraft/Dehnungs-Verhalten RFL-Dipp Haftverbund Elastomer Verbundwerkstoff

Unter Verwendung einer Reifenmodell-mischung wurde gezielt das bimodula-re Kraft/Dehnungs-Verhalten von Ara-mid/PA-Hybridgarnen im Dehnungsbe-reich von 1 – 10 % durch variierende Prozessparameter bei der Hybridgarn-herstellung, variable Garnkonstruktio-nen, die Beschichtung der Hybridgarne sowie die Modifikation der Elastomer-matrix durch Additive eingestellt. Die Untersuchungen zeigen, dass die Um-windungszahl bzw. Garnkonstruktion der Hybridgarne die dominierenden Haupteinflussfaktoren sind. Aber auch die Modifikation der Elastomermatrix und die RFL-Beschichtung der Hybrid-garne sind geeignet, die Haftung im Verbundwerkstoff und das bimodulare K/D-Verhalten zu verändern.

Optimizing the stress-strain behavior of hybrid yarns in elastomer components Hybrid yarn Stress/strain-behavior RFL-Dipp Adhesive compound Elasto-mer Composite material

Using a tire model compound, the bi-modular stress-strain behavior of ara-mid/PA hybrid yarns in the range of 1-10% strain was adjusted by varying the process parameters during the hy-brid yarn production, different yarn constructions, coating of the hybrid yarns and modifying the elastomer ma-trix by additives. The investigations show that the twisting and the yarn construction of the hybrid yarns are the dominant influencing factors. Addition-ally, the modification of the elastomer matrix and the RFL coating on the hy-brid yarns also facilitates the adhesion between rubber and fiber in the com-posites, and, therefore, can further tune the bimodular stress-strain behavior.

Figures and Tables: By a kind approval of the authors.

EinleitungAn textile Verstärkungsträger, wie sie bspw. in Riemen, Schläuchen oder in Rei-fen notwendig sind, werden spezielle An-forderungen gestellt. Vielfach unterschei-den sich diese zwischen Herstellungspro-zess und der Anwendung der fertigen Elastomerbauteile, z. B. was die Defor-mierbarkeit der textilen Verstärkungs-struktur betrifft. Bei der Erzeugung der Bauteile durch die plastische Verformbar-keit der unvulkanisierten Rohmischung sind folgende Dehnungen notwendig: Riemen (max. 1 %), Reifen (2 - 3 %) und Schlauch/Membran (bis 10 %). Im Rah-men des IGF-Vorhabens 18807 BR Hybrid-garnbasierte Elastomerbauteile wurde deshalb die Zielstellung verfolgt, textile Verstärkungsstrukturen mit anforde-rungsgerechtem einstellbaren Kraft-Deh-nungs-Verhalten (K/D-Verhalten) zu ent-wickeln und in Elastomerverbunde zu in-tegrieren. Dabei soll über eine besondere Garnkonstruktion ein sprunghafter An-stieg der Steifigkeit bei definierten Deh-nungen in einem weiten Bereich von 1 bis 10 % erzielt werden.

Zum besseren Verständnis des ange-strebten K/D-Verhaltens werden Last-Verformungs-Charakteristiken in Abbil-dung 1 für verschiedene Festigkeitsträ-ger-Materialien gezeigt. In jedem Fall soll das Hybridgarn während der Fertigung bzw. im entlasteten Zustand einen gerin-gen Zug-Elastizitäts-Modul (E1) aufwei-sen, aber im belasteten Zustand ab einer definierten anwendungsabhängigen Dehnung sprunghaft hochmodulig (E2) und darüber hinaus hochfest sein.

Hybridgarne sind Konstruktionen von Garnen, die aus mindestens zwei ver-schiedenen Komponenten bestehen. Ty-pisch für alle Hybridgarne ist, dass durch gezielte Kombination mehrerer Faser-werkstoffe Eigenschaften erzielt werden können, die mit einem einzelnen Faser-werkstoff nicht erreichbar sind. Dabei werden je nach Anwendungsfall ver-schiedene Techniken zur Herstellung der Hybridgarne angewendet. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist dabei, ob die Garnkomponenten vermischt neben-einander vorliegen (Comminglinggarn,

versponnenes Garn) oder einzeln als Garnteile nebeneinander (Zwirn, Um-windegarn, Friktionsspinngarn).

Die Untersuchungen wurden mit ei-nem Aramidgarn mit hoher Steifigkeit und Festigkeit als Umwindegarn und ei-nem PA 6.6- Garn mit geringer Steifigkeit als Kernkomponente durchgeführt. Bei-de Garntypen zeichnen sich durch die charakteristische Amidgruppe (-CO-NH-) aus. Bei dem aromatischen Polyamid Twaron 1014 (Polyparaphenylentereph-thalamid) wird in der Kurzform folgend von „Aramid“ gesprochen. Dieser Garn-typ ist herstellerseitig bereits mit einer adhäsiven haftvermittelnden Vorbe-schichtung ausgerüstet, was dem An-wender eine Beschichtungsstufe erspart und die direkte Beschichtung mit einem Resorcin-Formaldehyd-Latex-Dipp (RFL-Dipp) ermöglicht.

Eine weitere Herausforderung besteht in der notwendigen guten Anbindung der zwei Komponenten des Hybridgarns an die Elastomermatrix. Zur Verbesse-rung der Faser-Matrix-Haftung gibt es prinzipiell drei mögliche Wege: die Modi-fikation der Elastomermatrix, die Funkti-onalisierung der Oberfläche des Hybrid-garns und die Kombination beider Ansät-ze, um synergetische Effekte zu nutzen. Alle diese Möglichkeiten wurden in den vorliegenden Untersuchungen auf ihre Eignung geprüft.

Durch eine chemisch-werkstoffliche Modifizierung der Elastomermatrix sol-len die Grenzflächeneigenschaften im

Optimierung des Kraft/Deh-nungs-Verhaltens von Hybrid-garnen in Elastomerbauteilen

AutorenThomas Götze, Rico Hickmann, Johannes Storm, Sven Wießner, Chokri Cherif, Michael Kaliske, Dresden, Germany Korrespondierender Autor: Thomas GötzeLeibniz-Institut für Polymer-forschung Dresden e.V.,Hohe Straße 601069 DresdenE-Mail: [email protected]

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Verbundwerkstoff gezielt beeinflusst werden. Zielstellung sollte eine hohe Grenzflächenadhäsion sein, was gleich-zeitig eine gute Kraftübertragung zwi-schen Faser und Matrix gewährleistet. Es wurden ein mit Maleinsäureanhydrid ge-pfropftes Polybutadien (Ricobond 1731 HS), verschiedene Silantypen (Si263, Si69, Si266) und ein erhöhter Vulkanisations-chemikalieneinsatz in der Kautschukmi-schung auf ihre Wirksamkeit zur Haf-tungsverbesserung untersucht.

Ein geeignetes Beschichtungssystem mit breiter industrieller Anwendung ist der Resorcin-Formaldehyd-Latex-Dipp (RFL-Dipp). Der RFL-Dipp hat die Aufgabe, im Faserverbundwerkstoff Belastungs-spannungen vom Elastomer auf das Hyb-ridgarn zu übertragen und dabei gleich-zeitig in Form einer Grenzschicht auch eine gezielte Anpassung der Steifigkei-ten zwischen hochmoduligen Garnwerk-stoffen und der niedermoduligen Elasto-mermatrix zu ermöglichen. Die erforder-liche gute Haftung zwischen Elastomer und beschichtetem Hybridgarn gewähr-leistet eine hohe Lebensdauer der Ver-bundwerkstoffe.

Der eingesetzte Latextyp ist von be-sonderer Bedeutung. Er ist in die dreidi-mensionale Resorcin-Formaldehyd-Struktur eingebettet und sollte zur Poly-mermatrix kompatibel und in der Lage sein, kovalente Bindungen zum Elasto-mer zu bilden. Nur die großen Bindungs-energien einer chemischen Bindung er-möglichen die hohen dynamischen Be-lastungen der Elastomer-Hybridgarn-Verbundbauteile. Eine ausführliche Darstellung der Reaktionsmechanismen

wird in [1] gegeben. Da die richtige La-texauswahl ein entscheidender Einfluss-faktor für den Haftverbund ist, wurden mehrere Latextypen mit spezifisch aus-gewählten verschiedenen Funktionalitä-ten hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Haftung getestet.

Experimente

MaterialAls Kautschuk für die Reifenmodellmi-schung wurde ein Blend aus Naturkaut-schuk (NR: (Typ: Dicke Pale Crepe), Buna Lanxess) und Polybutadien (BR: (Typ: CB 24), Weber & Schaer GmbH & Co. KG) zu gleichen Teilen eingesetzt. Die „Rohmi-schung“ ist zu 50 phr (parts per hundred rubber) mit dem verstärkenden Rußtyp N330 (Corax® N330, Orion Engineered Carbons) gefüllt. Dies entspricht dem Grundgerüst der industriell eingesetzten Elastomere und stellt somit die Über-tragbarkeit der Ergebnisse auf die De-monstratoren und Elastomerbauteile si-cher. Das Elastomer wird durch Schwefel-vernetzung bei einer Vulkanisationstem-

peratur von 150 °C und einer Verweilzeit von t90 + 5 min erzeugt. Die mengenmä-ßige Zusammensetzung der verwende-ten Komponenten ist in Tabelle 1 in Ge-wichtsanteil je 100 Teile Kautschuk (phr) zusammengefasst.

Das für den RFL-Dipp erforderliche Vorkondensat Resorcin 50 sowie die bei-den Vinylpyridin-Butadien-Styren Latex-typen La1 (Pliocord VP 106S), La3 (Pyratex 221) und ein NBR-Latex (La2) wurden von der Firma Mehler Engineered Products GmbH (Fulda) zur Verfügung gestellt. Die Continental Reifen Deutschland GmbH führte die Bemusterung mit dem Garn-material Twaron 1014 (1680 dtex) und PA 6.6 (1400 dtex) durch. Aus diesen Garnen wurden am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftech-nik der TU Dresden (ITM) Hydridgarne mit der Laborzwirnmaschine DirecTwist (AG-TEKS Knitting and Industries Co. Ltd., Tür-kei) hergestellt. Vergleichende Untersu-chungen wurden mit den Typen VP2 (400 tpm) und VP3 (800 tpm) durchgeführt. Das Kablierhybridgarn (Kab 250s) wurde nach dem einstufigen Kablierverfahren (Umwindeverfahren) von der Firma Sau-rer Germany GmbH & Co. KG (Kempten) erzeugt.

Zur ggf. haftungssteigernden Modifi-zierung der Elastomermatrix wurden der Grundmischung verschiedene Additive auf dem Laborwalzwerk zugesetzt. Es kamen Silane der Firma Evonik Industries AG mit den Handelsnamen Si 69, Si 263 und Si 266 zum Einsatz. Nachfolgend sind die Nomenklatur und die Summen-formel genannt:Si 69: Bis[3-(triethoxysilyl)propyl]tetra-sulfid; (C2H5O)3Si(CH2)3S4(CH2)3Si(OC2H5)3Si263: (3-Mercaptopropyl)triethoxysilan; (C2H5O)3Si(CH2)3SHSi266: Bis(triethoxysilylpropyl)disulfid; (C2H5O)3Si(CH2)3S2(CH2)3Si(OC2H5)3

Weiterhin wurde der Einfluss des kom-merziell verfügbaren Haftvermittlers Ri-cobond 1731HS (Cray Valley) untersucht. Dieses Produkt ist ein mit Maleinsäure-anhydrid (MSA) gepfropftes Polybutadi-en, das auf amorpher Kieselsäure adsor-biert ist.

Versuchsablauf / verwendete GeräteDie Herstellung der Faserverbundwerk-stoffprüfkörper erfolgte im Applikations-labor für Elastomere am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF). Der Auftrag der RFL-Dipps wurde mit ei-ner kontinuierlichen Beschichtungsanla-ge vom Typ KTF (Mathis AG, Oberhäsli,

Abb. 1: K/D-Verhalten verschiedener in Elastomerbauteilen verwendeter Festigkeitsträger-materialien. Das angestrebte bimodulare Materialverhalten ist durch den markierten Bereich schematisch visualisiert (E1/E2).

1

1 Komponenten der ElastomermischungKomponente Gehalt [phr]NR (Typ: Dicke Pale Crepe) 50BR (Typ: CB 24) 50Ruß (N330) 50Stearinsäure 1Zinkoxid 4Vulkanox 4020 (6PPD) 2,5CBS (N-Cyclohexylbenzo-thiazylsulfenamid)

1

Schwefel 1,2

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Schweiz) durchgeführt. Diese besteht aus einem Pressenteil (Foulard), einer Vortrocknung (IR-Strahler) und einem Li-nearofen sowie einem Aufwickelsystem. Die Garne wurden in einer speziellen Pressform in die Kautschukmatrix bei 150°C unter Druck in einer Laborpresse TP 1000 (Fortune, Holland) einvulkani-siert. Der derart erzeugte Faserverbund-prüfkörper hat die Abmessungen 8 mm x 170 mm x 7 mm (Breite x Länge x Höhe) und bettet zehn Prüfgarne ein. An diesen Prüfkörpern wurden sowohl Garnaus-zugsversuche (T-Test) als auch dynami-sche Laststeigerungszugprüfungen am Dynamisch-Mechanisch-Thermischen Spektrometer Eplexor 2000 N (Gabo Qualimeter® Testanlagen) durchgeführt.

Die Garnauszugsversuche (T-Test) wurden in Anlehnung an die ASTM-Stan-dardprüfmethode D 4776/200 für die Adhäsion von Cord zur Elastomermatrix mit einer Universalprüfmaschine (UPM zwicki z2.5, Zwick GmbH & Co. KG) durchgeführt. Die Prüfgeschwindigkeit betrug jeweils 200 mm/min bei einer freien Messlänge von 100 mm und einer Vorkraft von 0.5 N.

Zugversuche an S2-Elastomerprüf-streifen wurden in Anlehnung an die DIN 53504 mit der Zwick-Material-Prüfma-schine Z010 mit optischer Dehnungsauf-nahme (Zwick GmbH & Co. KG) durchge-führt. Die Prüfgeschwindigkeit betrug jeweils 200 mm/min bei einer freien Messlänge von 15 mm und einer Vorkraft von 0.1 N.

Für die dynamischen Laststeigerungs-zugprüfungen wurde der Versuchsauf-bau unter Verwendung spezieller Pro-benhalter und Klemmen sowie das Prüf-programm bereits in [2] ausführlich dar-gestellt. Das Verhältnis von statischer zu dynamischer Dehnungsbelastung bleibt konstant 10:1, die Frequenz beträgt 10 Hz. Bei Messungen mit Temperaturbelas-tung betrug die Konditionierzeit 20 min.

Für die Rasterkraft-mikroskopischen Aufnahmen (AFM) an Einzelfilamenten des PA 6.6- und Aramidgarns (Twaron 1014) kam das Rasterkraftmikroskop Di-mension ICON (Bruker-Nano, USA) im Messmodus Peak force tapping mode zur Anwendung.

Die Transmissions Elektronen Mikros-kopischen Aufnahmen (TEM) erfolgten mit dem Gerät Leica EM UC/FC6 (Firma Leica Microsystems) an Ultramikrotom-kryoschnitten (-130°C) mit einer Dicke von 60 nm.

Die REM-Bilder wurden mit dem Ras-terelektronenmikroskop REM Ultra Plus

der Fa. Zeiss angefertigt.

Ergebnisse / Diskussion

MaterialcharakterisierungDurch mikroskopische Aufnahmen des Faserquerschnitts an Schliffen des Hyb-ridgarns mit dem Digitalmikroskop Keyence VHX-2000 werden die Filament-durchmesser bestimmt. Aus 60 Messun-gen wird der durchschnittliche Einzelfila-mentdurchmesser der PA 6.6-Filamente mit 29 µm (± 1,9 µm) und für die Twaron 1014-Einzelfilamente mit 14 µm (± 0,5 µm) bestimmt. Die Aufnahme im linken Bild der Abbildung verdeutlicht anschau-lich, dass die PA 6.6-Faser eine sehr homo-gene kreisrunde Geometrie hat, während bei der Aramidfaser auch abweichende Geometrien infolge des Nassspinnverfah-rens festzustellen sind (Probe: VP2_RFL_La2, Vergrößerung 1:2000). Die Schliffauf-nahmen des Faserquerschnitts vom RFL-gedippten Hybridgarn (VP2_RFL_La2, Vergrößerung 1:1000) im rechten Abbil-dungsteil sind zusammengesetzte Auf-nahmen. Es ist das gesamte Hybridgarn im Querschnitt erfasst. Der das Hybrid-garn umhüllende RFL-Dipp ist als dunkler Rand zu erkennen. Die Eindringtiefe der Dipps ist nicht sichtbar.

Zur Charakterisierung der Garnober-flächen bzw. Beschichtungen sind besonders oberflächensensitive Analy-senmethoden wie Röntgen-Photoelektro-

nenspektroskopie (XPS), Rasterelektro-nenmikroskopie (REM), Transmissions-elektronenmikroskopie (TEM) sowie die Raster-Kraft-Mikroskopie (AFM) geeignet. In Abbildung sind jeweils die REM-Bilder und die ersten Ableitungen der AFM-Hö-henbilder der PA 6.6- und der Aramidgar-ne gegenübergestellt. Die REM-Aufnah-men verdeutlichen die nahezu parallele lineare Anordnung der Einzelfilamente in den Garnen. Ergänzend können aus den AFM-Bildern Aussagen zur Oberflächen-topografie abgeleitet werden. Der be-stimmte arithmetischen Mittenrauwert (Ra) des PA 6.6 beträgt an zwei Punkten 3 und 5 nm, bei der Aramidfaser 5 und 8 nm. Dies ist für eine glatte Oberfläche ty-pisch. An den Kanten der mit der adhäsi-ven haftvermittelnden industriellen Vor-beschichtung (Typ Twaron 1014) versehe-nen Aramidfaser wird aus Profilmessun-gen die Schichtdicke mit 6 bis 8 nm bestimmt. Beide Faseroberflächen weisen einzelne Verunreinigungen (Schmutzpar-tikel) auf.

Die TEM-Aufnahme im linken Teil der Abbildung veranschaulicht den prinzipi-ellen Aufbau des Verbundprüfkörpers mit den Komponenten Elastomer/RFL-Dipp/Hybridgarn. Die Elastomermatrix um-schließt das Aramid-Umwindegarn und dringt bis ins Innere des PA 6.6-Garns vor, wodurch eine gute Einbindung der einzel-nen Filamente zur Lastabtragung erzielt wird. Die RFL-Beschichtung umhüllt nicht

Abb. 2: mikroskopische Aufnahmen des Faserquerschnittes an Schliffen des RFL-gedippten Hybridgarns (VP2_RFL_La2), links Vergrößerung 1:2000, rechts zusammengesetzte Auf-nahmen, Vergrößerung 1:1000.

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Abb. 3: REM- und AFM-Aufnahmen der PA 6.6- Faser (links) und der Twaron 1014- Faser (rechts).

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nur das Aramid-Umwindegarn sondern füllt auch Lücken zwischen den beiden Garntypen. Falten bzw. dunkle Risse in der Darstellung sind durch die Probenpräpa-ration mittels Ultramikrotomkryoschnitt bedingt. In der stark vergrößerten Auf-nahme der Grenzschicht zwischen Faser und Elastomer im rechten Bildteil ist die homogene Verteilung der Rußaggregate gut erkennbar. An der Grenzschicht sind die einzelnen Umwindungen der Aramid-faser sichtbar. Das Umwindegarn wird von dem Elastomer umschlossen.

Nachfolgend sind ausgewählte me-chanische Eigenschaften der Elastomer-matrix (Reifenmodellmischung) darge-stellt. Die Härte wurde mit 63 Shore A (DIN 53505) bestimmt, die Rückprallelas-tizität betrug 55 % (RPE, DIN 53512). Die Prüfwerte wurden an einer „Rebound-scheibe“ (Dicke: 6 mm, Durchmesser: 40 mm) gemessen.

Zur weiteren standardmäßig umfas-senden Charakterisierung wurden die dy-namisch-mechanischen Eigenschaften des Elastomers in Abhängigkeit von der Temperatur (Eplexor 150 N) und der Amp-litude (Eplexor 2000 N) der Verformung mittels verschiedener Dynamisch-Mecha-

nisch-Thermischer Spektrometer (DMTS) gemessen. Ergänzt wurde die Elastomer-charakterisierung durch Zugversuche von S2-Prüfstaben unter teilweiser Tempera-turbelastung. Die Ergebnisse sind in Ab-bildung zusammengefasst.

Die linke Grafik in Abbildung 5 veran-schaulicht die Abhängigkeit des Spei-chermoduls E‘ von der Dehnungsampli-tude. Man erkennt, dass das Füllstoff-Füllstoff-Netzwerk bei zunehmender Amplitude bereits bei geringen Dehnun-gen zerstört wird (Payne Effekt). Eine Temperatur von 60 °C hat noch keinen Einfluss auf den Kurvenverlauf der Rei-fenmodellmischung. Erst die hohe Tem-peratur von 100 °C erniedrigt die E‘-Wer-te. Mit zunehmender dynamischer Deh-nung sinkt die Füllstoff-Füllstoff-Wech-selwirkung bis auf das Niveau der Probe ohne Temperaturbelastung.

Eine Erklärung für die verminderte Füllstoff-Füllstoff-Wechselwirkung bei Temperaturbelastung wären nicht mehr reversible Dehnungen der Polymerketten zwischen den Füllstoffpartikeln bzw. un-terschiedliche Aktivierungsenergien für die um die Füllstoffpartikel angebunde-ne Polymerzwischenschicht bei niedriger

bzw. hoher Dehnungsamplitude. [3] In der mittleren Darstellung der Abbildung 5 ist die Temperaturabhängigkeit des Verlustfaktors tan δ zu sehen. Das Peak-maximum ist für die Glasübergangstem-peratur (Tg) des jeweils eingesetzten Kautschuktyps charakteristisch. Beim Blend der Modellmischung sind deutlich zwei Maxima für Polybutadien und Na-turkautschuk (Polyisopren) erkennbar. Die Glasübergangstemperaturen liegen bei -95°C bzw. -53°C. Nur oberhalb von Tg zeigt das Elastomer sein charakteristi-sches gummi-elastisches Verhalten.

Das Spannungs-Dehnungsverhalten im rechten Teil der Abbildung 5 wird durch die Temperaturbelastung von 60 °C bzw. 100 °C erst bei höheren Dehnungen von 200 % beeinflusst. Der Verlauf der Charakteristiken bei den beiden Tempe-raturniveaus zeigt, dass hauptsächlich die Reißfestigkeit reduziert wird.

Garnauszugsversuche (T-Test) an Verbundwerkstoff PrüfkörpernGarnauszugsversuche (T-Test) charakteri-sieren nicht nur das K/D-Verhalten der Verbundwerkstoff Prüfkörper, auch er-möglicht die maximale Auszugskraft Aussagen über die Stärke des Haftver-bundes zwischen Faser und Elastomer. In Abbildung sind verschiedene T-Tester-gebnisse gegenübergestellt. Der Herstel-lungsprozess der Verbundwerkstoff Prüf-körper bietet zahlreiche Möglichkeiten durch Parametervariation und Verände-rungen von Rezepturen die Eigenschaf-ten des Endproduktes gezielt zu beein-flussen. Ein Beispiel der Modifizierung der Zusammensetzung und der Variation des Latextyps im RFL-Dipp ist in der lin-ken Darstellung der Abbildung 6 zu se-hen. Man erkennt, dass der NBR-basierte Latextyp (La2) unwesentlich den K/D-Verlauf gegenüber der unmodifizierten Probe verändert und damit ungeeignet

Abb. 4: TEM-Aufnahmen von Ultramikrotomkryoschnitten (-130°C, Dicke 60 nm) ungeprüfter Verbundprüfkörper unter Verwendung der Reifenmodellmischung und des Hybridgarntyps VP2.

4

Abb. 5: Dehnungsabhängigkeit des Speichermoduls (E‘) bei verschiedenen Temperaturbelastungen: (links), Temperaturabhängigkeit des Verlustfaktors tan δ: (Mitte), Spannungs-Dehnungs-Verlauf bei verschiedenen Temperaturbelastungen: (rechts).

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für dieses System ist. Anders verhalten sich die Vinylpyridin-Styren-Butadien-Latextypen La1 und La3. Der Unterschied zwischen den beiden Typen besteht le-diglich in einem um 5 % höheren Vinylpy-ridingehalt von La1. Diese höhere Reakti-vität führt zu erheblich gesteigerten Werten von Fmax. bei verbessertem K/D-Verhalten.

Beispielgebend für eine Variation der Zusammensetzung des RFL-Dipps wurde der Latexgehalt im Dipp von standardmä-ßigen 40 auf 60 % erhöht. Dies führt bei Verwendung des Umwindehybridgarns mit niedriger Umwindungszahl (VP2 RFL_La1 60 %, rote Kurve gestrichelt) zu einer deutlichen Verbesserung des angestreb-ten K/D-Verhaltens bei ca. einer Verdop-pelung der max. Auszugskraft. Bei Ver-wendung des La3 im RFL-Dipp (VP3 RFL_La1 60 %, blaue Kurve gestrichelt) sind diese Effekte weniger ausgeprägt.

Ergänzend zu den Untersuchungen an einer Garnkonstruktion soll das rechte Diagramm der Abbildung 6 verdeutli-chen, welchen Einfluss andere Garnkons-truktionen sowie eine geringfügige Än-derung in der Chemikalienzusammen-setzung der Latextypen des RFL-Dipps auf das bimodulare K/D-Verhalten ha-ben. Wird bei der Standardbeschichtung (RFL_La1) die Umwindungszahl erhöht (VP2 auf VP3) verbessert sich das K/D-Verhalten deutlich. Das Kablierhybrid-garn (Kab 250s, schwarze Kurve) ordnet sich zwischen den beiden Typen ein. Der Latextyp mit dem geringeren Vinylpyri-din-Styren-Butadien-Gehalt (La3) im RFL-Dipp führt besonders bei VP2/VP3 zu höheren Dehnwerten im Vergleich zum Latextyp La1. Bei VP2 wird auch die ma-ximale Auszugskraft bedeutend gestei-gert (rote Kurve, gestrichelt). Untersu-chungen von Wennekes an Vinylpyridin-Modelllatizes zeigten anhand von SEM-EDX-Messungen, dass mit steigendem Vinylpyridingehalt mehr Schwefel in die Grenzfläche migriert [4]. Bei Einsatz des

Kablierhybridgarns sind hingegen keine signifikanten Unterschiede durch den anderen Latex-Typ messbar.

Eine Methode, um ergänzende Aussa-gen bezüglich des Ortes des Haftversa-gens zu treffen, ist die visuelle Beurtei-lung der T-Testproben nach der Prüfung. Zusätzlich können Rückschlüsse auf die Art des Haftversagens abgeleitet werden.

Die Fotos in Abbildung zeigen unbe-schichtete und RFL-gedippte Umwinde-hybridgarne (VP2, VP2_RFL_La1) nach dem Auszugsversuch aus dem Verbund-prüfkörper. Betrachtet man das unbe-schichtete Hybridgarn (linke Bildhälfte) so ist zu erkennen, dass es problemlos ohne Beschädigungen aus der Elasto-mermatrix und ohne in der Matrix ver-bleibende Filamente aus dem Verbund herausgezogen wurde, was auf geringe Werte der maximalen Auszugskraft hin-weist. Das Verbundversagen tritt an der Grenzfläche ein. Völlig anders stellt sich das Versagensbild bei einer geeigneten RFL-Beschichtung (VP2_RFL_La1) dar. Vom PA 6.6 verbleiben einige Filamente im Elastomer, es entsteht eine charakte-ristische „Pinselstruktur“. Am Aramid-garn hingegen sind deutliche Elastome-ranhaftungen erkennbar. Somit tritt das Verbundversagen nicht innerhalb der durch den RFL-Dipp gebildeten Grenz-schicht auf, sondern erfolgt durch elasto-

merseitigen Kohäsionsbruch beim Ara-mid- bzw. durch garnseitigen Kohäsions-bruch beim PA 6.6-Garn.

Eine weitere Möglichkeit zur Verbes-serung der Faser-Matrix-Haftung ist die Modifikation der Elastomermatrix durch Additive. Beispielsweise können Silane als Haftvermittler zwischen Elastomer und Hybridgarnoberfläche wirken und erst während der Vulkanisation reagie-ren. Die RFL-gedippte Hybridgarnoberflä-che wird dabei quasi als hydroxylgrup-penhaltiger „Füllstoff“ betrachtet. Die eingesetzten Silane weisen in ihrer Struktur eine siliciumfunktionelle und eine organofunktionelle Gruppe auf. Die siliciumfunktionelle Gruppe reagiert über Hydrolyse, Silanolbildung und Poly-kondensation mit den Hydroxylgruppen des RFL-Dipps, während die organofunk-tionelle Gruppe eine kovalente Anbin-dung an die Kohlenstoff-Doppelbindun-gen der Kautschukmoleküle ermöglicht.

In Abbildung 8 sind anhand der Ergeb-nisse des T-Tests die unterschiedlichen Auswirkungen des Silanzusatzes bei ver-schiedener Umwindungszahl der Hybrid-garne verglichen. Anhand der linken Gra-fik lassen sich für den Garntyp mit niedri-ger Umwindungszahl (VP2, 400 tpm) fol-gende Aussagen ableiten: Die Silane Si266 (Disulfan), Si69 (Polysulfan) und auch das Mercaptosilan Si263 führen in

Abb. 6: Ergebnisse T-Test: links Modifi-zierung des Latex-typs und der Menge im RFL-Dipp, rechts: verschiedener Hybrid-garnkonstruktionen unter Modifizierung des Latextyps im RFL-Dipp.

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Abb. 7: Hybridgarn und aufgeschnittener Prüfkörper nach T-Test, links unbeschichtetes Hybridgarn VP2, rechts RFL-gedipptes Hybridgarn VP2_RFL_La1.

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der gewählten Einsatzkonzentration von 1 phr zu einer hohen Steigerung der Aus-zugskraft bei gleichzeitiger deutlicher Er-höhung der Dehnung. Der Befund stellt sich im Fall eines Garns mit der doppelten Umwindungszahl (VP3, 800 tpm) jedoch anders dar: Hier wird durch die drei Silan-typen die maximale Auszugskraft etwas reduziert und die Werte der Auszugskraft zu niedrigeren Dehnungen verschoben. Die Unterschiede zwischen den drei Si-lantypen sind nur gering. Trotz des im Vergleich zu VP2 entgegengesetzten Ef-fekts ist auch hier der Silanzusatz zur Elastomermatrix eine werkstoffbasierte Möglichkeit, um gezielt das K/D-Verhalten zu beeinflussen, da in Kombination mit der hohen Umwindungszahl des VP3-Garns wesentlich höhere Dehnungen er-reicht werden können.

Bestimmung der Vernetzungsdichte Ergänzend zu den Garnauszugsversu-chen an den Verbundprüfkörpern wurde die Vernetzungsdichte der Elastomerma-trix mittels Gleichgewichtsquellung in Toluol, unter Annahme eines affinen Netzwerkmodells, bestimmt. In Tabelle 2 sind die Ergebnisse neben den Werten für die Shore-Härte und die Rückpral-lelastizität (RPE) zusammengefasst. Es lassen sich folgende Aussagen ableiten:

Eine größere Einsatzmenge an Vulka-nisationschemikalien führt erwartungs-gemäß im Vergleich zur Standardmi-schung zu einer deutlich höheren Vernet-

zungsdichte. Dies spiegelt sich auch in der gesteigerten Härte Shore A und der RPE wider. Die drei Silantypen bewirken hier ein konträres Verhalten: Alle „Schwe-felsilane“ sind in der gewählten Einsatz-menge Schwefelakzeptoren, d.h. sie ver-brauchen freien Schwefel, welcher dann nicht mehr für die Kautschukvernetzung zur Verfügung steht. Der Einsatz des Di-sulfans Si266 bringt hier keinerlei Vortei-le gegenüber dem Polysulfan Si69. Im Gegenteil, die Vernetzungsdichte wird durch Si266 stärker reduziert als durch Si69. Dieses Ergebnis stimmt sehr gut mit Literaturangaben [5] überein. Man kann davon ausgehen, dass beim Einsatz von Di- und Polysulfansilanen während der Vulkanisation die Kautschukvernet-zung und die Silan-Kautschukanbindung gleichzeitig ablaufen. Beide Prozesse be-nötigen dazu freien Schwefel. Mehr Silan führt zu vermehrter Silan-Hydroxylgrup-penanbindung, gleichzeitig wird freier Schwefel verbraucht, wodurch der Grad der Kautschukvernetzung reduziert wird. Die Mengen Silan und Schwefel müssen immer an die Erfordernisse der jeweili-gen Rezeptur angepasst werden.

Variation der Elastomermatrix durch Haftvermittler Ricobond 1731HSEine weitere Möglichkeit, die Haftung an der Faser/Elastomer-Grenzfläche zu be-einflussen, ist der Zusatz kommerziell verfügbarer Haftvermittler. Es wurde der Zusatz des Produktes Ricobond 1731HS

(Cray Valley) in der Reifenmodellmi-schung untersucht. Ricobond 1731HS ist ein mit Maleinsäureanhydrid (MSA) ge-pfropftes Polybutadien, das auf amor-pher Kieselsäure adsorbiert ist. Es ist eine chemische Anbindung der MSA-Gruppe an polare Gruppen an der Garnoberflä-che, z. B. die Hydroxylgruppen des RFL-Dipps, zu erwarten. Das Vernetzungssys-tem der Reifen-Modellmischung wurde für den Einsatz des Haftvermittlers ent-sprechend den Empfehlungen des Her-stellers angepasst. Der Schwefeleinsatz wurde um 20 % und der Gehalt des Vul-kanisationsbeschleunigers N-Cyclohexyl-benzothiazol-2-sulfenamid (CBS) von 1 auf 2 phr erhöht. Die Einsatzmenge des Produktes Ricobond 1731HS wurde vari-iert (4 und 8 phr). Die Verbundprobekör-per für den statischen Zugversuch (T-Test) werden ebenfalls unter Verwen-dung des RFL-gedippten (RFL_La1) Um-windehybridgarns VP2 (400 tpm) hergestellt. Die Ergebnisse aus den T-Tests nach Zusatz von mit MSA gepfropf-tem Polybutadien sind in Abbildung 9 zusammengefasst. Der Verlauf des Garn-auszugs ist in der linken Grafik, die maxi-male Auszugskraft in der rechten Dar-stellung verglichen.

Die grafische Darstellung der Maxi-malkraft in Abhängigkeit von der Einsatz-konzentration im rechten Bildteil zeigt ei-ne leichte Steigerung mit Zunahme der Dosierung von Ricobond 1731 HS. An-hand der Fehlerbalken ist eine starke Streuung der Messwertergebnisse, be-sonders bei 4 phr Einsatzmenge, erkenn-bar. Der Kurvenverlauf des Zugversuches im linken Bildteil zeigt nur geringe Unter-schiede für 4 bzw. 8 phr Ricobond 1731 HS gegenüber der unmodifizierten Vergleich-sprobe. Der Zusatz bringt keine Vorteile bezüglich einer Veränderung des ge-wünschten bimodularen K/D-Verhaltens. Weiterhin zeigte sich, dass bei der hohen Einsatzkonzentration von 8 phr eine deut-

2 Bestimmung von Härte Shore A, RPE und Vernetzungsdichte nach Zusatz von Silanen und erhöhtem Vernetzungschemikalieneinsatz der Reifenmodellmischung (R).Probe Härte

Shore ARPE [%]

Vernetzungsdichte* [x 10-4 mol/cm³]

∆ Standard [%]

R Standard 61 56 2,817 ± 0,011 100R + 20 % S + 1phr CBS 68 61 4,495 ± 0,028 +60R + 1phr Si263 60 55 2,529 ± 0,016 -11R + 1phr Si266 60 51 2,401 ± 0,008 -15R + 1phr Si69 61 50 2,602 ± 0,016 -8

Abb. 8: Auswirkungen der Modifizierung der Elastomermatrix durch Silane auf den Garn-auszugsversuch unter Verwendung RFL- gedippter Umwinde-hybridgarne, links: niedrige Umwindungs-zahl (VP2, 400 tpm), rechts: doppelte Umwindungszahl (VP3, 800 tpm).

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liche unerwünschte Beeinflussung der Elastomereigenschaften auftritt (z. B. Re-duzierung von Härte Shore A und der Rückprallelastizität, Verschiebung des Spannungs- Dehnungsverlaufes zu höhe-ren Dehnungen).

Interessant sind hingegen die Auswir-kungen einer Erhöhung der Menge der verwendeten Vulkanisationschemikali-en. Im Vergleich zur hellgrau visualisier-ten Standardmischung (0 phr*) hat die Vergleichsprobe mit einem höherem Gehalt an Vernetzungschemikalien (schwarze Kurve, 0 phr) nicht nur eine wesentliche bessere Haftung zum be-schichteten Hybridgarn, sondern es wird gleichzeitig das K/D-Verhalten signifi-kant verbessert. Damit steht eine weite-re aus technologischer Sicht einfache Möglichkeit zur Verfügung, um das bi-modulare K/D-Verhalten zu optimieren.

Zugversuche an VerbundprüfstreifenAls Vorstufe zur Prüfung von Geweben wurden Zugversuche an Verbundprüf-streifen (4 mm x 25 mm x 150 mm) der Reifenmodellmischung durchgeführt, in die je 5 RFL-gedippte Hybridgarne (VP3_RFL_La1) eingebettet waren. Abbildung 10 verdeutlicht die Probenherstellung. Das linke Foto zeigt die untere Kaut-schukplatte mit dem gespannten be-schichteten Hybridgarn, während das rechte Bild die vulkanisierten, geschnit-tenen Prüfstreifen zeigt. In Abbildung 10 sind die Ergebnisse der Zugversuche an diesen Verbundprüfstreifen dargestellt.

Die linke Darstellung in Abbildung 11 veranschaulicht das gesamte Span-nungs-Dehnungs-Verhalten bis zum Bruch der Probe. Der Kurvenverlauf wird hauptsächlich durch die Elastomereigen-schaften bestimmt. Um das Verhalten der Hybridgarne im Verbund beurteilen zu können, wurde in der rechten Grafik die Detailansicht für den Anfangsbereich des Zugversuchs bei Dehnungen bis 25 % dargestellt. Auch im Verbundwerkstoff

kann das charakteristische K/D-Verhalten der Hybridgarne nachgewiesen werden. Es bestätigt sich das Ergebnis der stati-schen bzw. dynamischen Zugversuche, dass höhere Umwindungszahlen bzw. das Kablierhybridgarn gegenüber niedri-gen Umwindungen bei VP2 zu einem verbesserten K/D-Verhalten im Sinne der Zielstellung führen.

Dynamische Laststeigerungszugprüfun-gen am Eplexor 2000 NUm Aussagen bezüglich des dynami-schen Verhaltens der Verbundwerkstoffe treffen zu können und den Bezug zu praxisrelevanten Belastungen zu ermög-lichen, wurden zusätzlich dynamische Laststeigerungszugprüfungen am Eple-xor 2000 N durchgeführt.

Die Grafiken für den Demonstrator „Reifen“ in Abbildung 12 zeigen jeweils den Vergleich zwischen den Umwindehy-bridgarnen mit 400 tpm (VP2), 800 tpm (VP3) und dem Kablierhybridgarn mit 250 tpm (Kab 250s), die mit der gleichen Vorzugsvariante des RFL-Dipps (RFL_La1) auf Basis des Latextyps Pliocord VP 106S beschichtet wurden.

In der zeitabhängigen Darstellung (links, oben) sind in einer Belastungsstu-fe je 20 Messwerte als gefüllte Punkte

angegeben. Durch Striche wird das Errei-chen der nächsthöheren Belastungsstufe angezeigt. Haftversagen tritt ein, wenn in der jeweiligen Belastungsstufe eine kontinuierliche Senkung der dynami-schen Kraft beobachtet werden kann bzw. die nächsthöhere Belastungsstufe nicht mehr erreicht wird. Dabei wurde als Versagenskriterium in der jeweiligen Belastungsstufe ein Abfall von Fdyn. grö-ßer 0,5 N gewählt. In der zeitabhängigen Darstellung (links, oben) bei Raumtem-peratur verbessert sich die dynamische Belastbarkeit in der Reihenfolge VP2<Kab 250s<VP3, wobei die Unterschiede zwi-schen Kab 250s und VP3 gering sind. Die max. Belastungsgrenzen, also die höchs-te Belastungsstufe mit konstanten dyna-mischen Kraftwerten, sind mit farbigen Ellipsen gekennzeichnet.

Bei der Darstellung der Temperaturab-hängigkeit der dynamischen Kraft wurde als x-Achse die dynamische Dehnung ge-wählt, um Unterschiede im K/D-Verhalten besser zu erkennen. Unter Temperaturein-wirkung von 60 °C ist der Wert von Fdyn. deutlich niedriger als bei Raumtempera-tur. Es werden für alle Garntypen ver-gleichbar geringere Endwerte für Fdyn. erreicht. Bei 100 °C wird die dynamische Belastbarkeit nur für den Hybridgarntyp

Abb. 9: Ergebnisse T-Test, Zusatz Haftver-mittler Ricobond 1731 HS und Variation der Vulkanisationschemi-kalien, links Verlauf, rechts Maximalwerte der Auszugskraft.

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Abb. 10: links: Einbettung der RFL-gedippte Hybridgarne in die Matrix, rechts: fertige Prüfkörper 4x25x150 mm.

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Abbildung 12: Statisch/dynamische Zugprü-fung am Eplexor, Darstellung bei Raum-temperatur (links oben) und unter Temperatur-belastung von 60°C (rechts oben) und 100°C (links unten), max. Be-lastungsgrenzen Fdyn. und dyn. Dehnung (rechts unten).

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VP2 weiter gesenkt. Auf das K/D-Verhalten hat eine Temperatur von 60 °C nur einen geringen Einfluss. Temperaturen von 100 °C bewirken lediglich, dass die glei-chen Werte von Fdyn. bei etwas höheren Dehnungen erreicht werden, wobei die Gesamthaftung gegenüber den 60 °C-Werten nur mit VP2 reduziert wird. Die gestapelte Balkengrafik in Abbildung 11 fast die maximalen Belastungsgrenzen (Fdyn.) und maximalen dynamischen Dehnungen anschaulich im Überblick zu-sammen. Die schwarzen unteren Mess-werte sind der dynamischen Dehnung (Sekundärachse), die oberen weißen Zah-lenwerte Fdyn. (Primärachse) zuzuordnen. ZusammenfassungZiel der Arbeiten war die Entwicklung anforderungsgerechter hochbelasteter Elastomerbauteile auf Basis von Hybrid-

garnen. Das erforderliche bimodulare K/D-Verhalten soll im Dehnungsbereich von 1 bis 10 % liegen, wobei eine gute Haftung zwischen Garn und Elastomer angestrebt wird. Die eingesetzte Hybrid-garnkonstruktion besteht aus dem Ara-midgarn (Twaron 1014) als Mantelgarn und im Kern aus dem PA 6.6- Garn. Es wurden die Umwindungszahl/Garnkons-truktion der Hybridgarne variiert und die Elastomermatrix sowie die RFL-Beschich-tung modifiziert.

Garnauszugsversuche (T-Test) der Ver-bundwerkstoff Prüfkörper mit den Um-windegarnen VP2 (400 tpm) und VP3 (800 tpm) sowie dem Kablierhybridgarn (Kab 250s) beschichtet mit der gleichen Vorzugsvariante des RFL-Dipps (RFL_La1) zeigten, dass eine gesteigerte Umwin-dungszahl (VP2 auf VP3) die maximale Dehnung und die Werte von Fmax. stark

erhöht. Der Kurvenverlauf unter Verwen-dung des Kablierhybridgarnes (Kab 250s) ordnet sich zwischen den beiden Um-windegarnen ein.

Auch bei der dynamischen Laststeige-rungszugprüfung von Verbundwerkstoff-Prüfkörpern am Eplexor 2000 N verbes-sert sich bei Raumtemperatur die dyna-mische Belastbarkeit in der Reihenfolge VP2<Kab 250s<VP3, wobei die Unter-schiede zwischen Kab 250s und VP3 ge-ring sind. Unter Temperatureinwirkung von 60°C werden für alle Hybridgarnty-pen vergleichbar geringere Endwerte für Fdyn. erreicht. Bei 100°C wird die dyna-mische Belastbarkeit nur für den Hybrid-garntyp VP2 weiter gesenkt. Auf das K/D-Verhalten hat eine Temperatur von 60°C nur einen geringen Einfluss.

Es wurden die Silane Si266 (Disulfan), Si69 (Polysulfan) und Si263 (Mercaptosi-

Abb. 11: Ergebnisse des Zugversuchs an Verbundprüfstreifen (4x25x150 mm) der Reifenmodellmischung mit je 5 RFL-gedippten Hybridgarnen, Gesamt- darstellung (links), Detailansicht (rechts).

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lan) als Additive in einer Einsatzmenge von 1 phr der Kautschukrohmischung auf dem Laborwalzwerk zugesetzt. Da-bei ist von einer kovalenten Anbindung der siliciumfunktionellen Gruppe der Si-lane an die hydroxylgruppenhaltige Oberfläche der RFL-beschichteten Hyb-ridgarne auszugehen. Die Ergebnisse der Garnauszugsversuche (T-Test) ergaben ein unterschiedliches Verhalten unter Verwendung der beiden Hybridgarnty-pen VP2/3. Bei niedriger Umwindungs-zahl (VP2) führen alle drei Silane zu einer Steigerung der Auszugskraft bei gleich-zeitiger deutlicher Erhöhung der Deh-nung. Anders ist das Verhalten bei hoher Umwindungszahl (VP3). Hier wird durch die drei Silantypen die maximale Aus-zugskraft etwas reduziert und die Werte der Auszugskraft zu niedrigeren Dehnun-gen verschoben. Die Unterschiede zwi-schen den drei Silantypen sind nur ge-ring. Der Zusatz der gewählten Silanty-pen zur Kautschukrohmischung ist eine werkstoffbasierte Möglichkeit, um ge-zielt das K/D-Verhalten im Verbundwerk-stoff zu beeinflussen.

Messungen der Vernetzungsdichte mittels Gleichgewichtsquellung in Toluol ergaben, dass alle untersuchten „Schwe-felsilane“ in der gewählten Einsatzmen-ge Schwefelakzeptoren sind, d.h. sie ver-brauchen freien Schwefel, welcher dann nicht mehr für die Kautschukvernetzung als Konkurrenzreaktion zur Verfügung steht.

Der Einsatz des Haftvermittlers Ri-cobond 1731HS brachte nur geringe Er-höhungen der max. Auszugskraft gegen-über der unmodifizierten Vergleichspro-be. Bei 4 phr liegen die Werte innerhalb der Fehlergrenzen, bei 8 phr wurde eine leichte Steigerung gemessen. Diese hohe Einsatzmenge wirkt jedoch als Weichma-cher auf die Elastomereigenschaften, was unerwünscht ist. Da auch das K/D-Verhalten durch das mit Maleinsäurean-hydrid (MSA) gepfropfte Polybutadien nicht beeinflusst wird, ist der Einsatz des Produktes für diesen Anwendungsfall nicht von Vorteil.

Einer Erhöhung der Menge der ver-wendeten Vulkanisationschemikalien (+20 % Schwefel, CBS von 1 auf 2 phr er-höht), ergab unter Verwendung des RFL-gedippten (RFL_La1) Umwindehybrid-garns VP2 (400 tpm) nicht nur eine we-sentliche bessere Haftung zum beschich-teten Hybridgarn, sondern es wurde auch das K/D-Verhalten signifikant in der gewünschten Weise verbessert. Damit steht eine weitere aus technologischer

Sicht einfache Möglichkeit zur Verfü-gung, um das bimodulare K/D-Verhalten zu optimieren.

Als Vorstufe zur Prüfung von Gewe-ben wurden Zugversuche an Verbund-prüfstreifen (4x25x150 mm), in die je 5 RFL-gedippte Hybridgarne eingebettet waren, durchgeführt. Die Untersuchun-gen bestätigten, dass auch im Verbund-werkstoff das charakteristische K/D-Ver-halten der Hybridgarne nachgewiesen werden kann.

Eine weitere wesentliche Stellschrau-be, um die Verbundwerkstoffeigenschaf-ten zu beeinflussen, ist die Zusammen-setzung des RFL-Dipps. Beispielgebend wurde in der RFL-Rezeptur die eingesetz-te Latexeinsatzmenge von 40 % auf 60 % erhöht. Dies führte beim Einsatz des Umwindehybridgarns VP2_RFL_La1 zu einer deutlich höheren Reißdehnung bei gleichzeitig verbesserter Reißfestigkeit.

Umwindungszahl und Garnkonstruk-tion sind dominierende Haupteinfluss-faktoren. Sie bestimmen maßgeblich die Verbundeigenschaften und die Wir-kungsweise von Modifizierungsvarian-ten. Mit den im Rahmen des Projekts entwickelten neuartigen Hybridgarnen auf Basis des Umwinde- bzw. des Kab-lierverfahrens wird dem gewünschten bimodularen K/D-Verhalten Rechnung getragen.

Eine individuelle Anpassung der an-forderungsgerechten Parameter an den jeweiligen Anwendungsfall ist immer er-forderlich. Dabei sollten bevorzugt che-mische Varianten eingesetzt werden, die gezielt die Grenzflächeneigenschaften beeinflussen und zusätzliche kovalente Bindungen der Verbundpartner ermögli-chen.

Es konnte somit gezeigt werden, dass es möglich ist, mittels Hybridgarnen ein bimodulares Kraft/Dehnungs-Verhalten in Elastomerverbunden einzustellen. Va-riationen am Beschichtungssystem so-wie an der Elastomermatrix können zu einer deutlichen Steigerung der Haftung führen. Die gesetzte Zielstellung wurde folglich erfüllt.

DanksagungDas IGF-Vorhaben 18807 BR Hybridgarn-basierte Elastomerbauteile der For-schungs-vereinigung Forschungskurato-rium Textil e. V., Reinhardtstr. 12-14, 10117 Berlin und der Deutschen Kaut-schuk-Gesellschaft e. V., Zeppelinallee 69, 64087 Frankfurt/Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förde-rung der industriellen Gemeinschaftsfor-

schung und -entwicklung (IGF) vom Bun-desministerium für Wirtschaft und Tech-nologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel.

Weiterhin danken wir den Firmen des Projekt-begleitenden Ausschus-ses für die fachliche Un-terstützung und die Be-

reitstellung von Versuchsmaterial sowie allen weiteren Forschungsstellen, die uns zu diesem Themenkreis unterstüt-zen. Der Abschlussbericht und weiter-führende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleis-tungswerkstofftechnik der TU Dresden erhältlich. AbkürzungsverzeichnisAFM RasterkraftmikroskopieCBS N-Cyclohexylbenzothiazol-2-sul-

fenamidDMTS Dynamisch-Mechanisch-Thermi-

sches Spektrometerdyn. DynamischE‘ SpeichermodulKab 250s Kablierhybridgarn mit 250 tpmLa°1: Vinylpyridin-Butadien-Styren-

Latex (Vinylpyridingehalt 15 %)La°2: Acrylnitril-Butadien-Latex (NBR)La°3: Vinylpyridin-Butadien-Styren-

Latex (Vinylpyridingehalt 10 %)MSA MaleinsäureanhydridPA Projektbegleitender AusschussPA 6.6 lineares Polyamid 6.6REM RasterelektronenmikroskopRFL Resorcin-Formaldehyd-Latex-

Dippphr parts per hundred rubberRPE RückprallelastizitätTwaron 1014 aromatisches Polamid (Polypara-

phenylenterephthalamid)TEM Transmissionselektronenmikros-

kopische Aufnahmetpm turns per meterTg GlasübergangstemperaturVP2 Umwindehybridgarn mit 400 tpmVP3 Umwindehybridgarn mit 800 tpmXPS Röntgen-Photoelektronenspekt-

roskopie

Literaturverzeichnis[1] A. Louis, KGK 03 (2016) 30.[2] T. Götze, KGK 09 (2015) 41.[4] W.B. Wennekes, Rubber Chem. Technol. 80

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