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VON UTE RASCH Hand aufs Herz: Könnten Sie sich vorstellen mit 40 Kindern zu woh- nen? In der unmittelbaren Nach- barschaft, Tür an Tür? Bei vielen Menschen wäre die Antwort sicher eindeutig und bestünde aus vier Buchstaben. Andere erleben einen solchen Lebensentwurf als puren Glücksfall — wie soeben in Gerres- heim zu erleben ist. Dort hat die In- itiative Wohnen mit Kindern e.V. ihr drittes gemeinschaftliches Wohn- projekt realisiert. Wirkt auf den ers- ten Blick wie eine rheinische Depen- dance von Bullerbü. Wer eine Vision hat, lernt als ers- tes: Man braucht Geduld, um sie zu verwirklichen. Viel Geduld. Die ersten Pläne für das Wohnprojekt an der Hallesche Straße sind sechs Jah- re alt. Es folgte eine lange Zeit der Suche nach Mitbewohnern und ei- nem Grundstück, das schließlich von der Stadt angeboten wurde — ein großes Dreieck von 5000 Qua- dratmetern. Dann musste in vielen Gesprächen geklärt werden: Wer be- kommt welche Wohnung, wer will im Erdgeschoss wohnen, wer lieber etwas abgehoben, wie soll der Ge- meinschaftsraum genutzt, der Gar- ten gestaltet werden? Eines aber war von Anfang gewünscht: „Wir wollen mehr Nachbarschaft leben, als ei- nen Gruß im Treppenhaus auszu- tauschen“, sagt Stephan Noll, der zu den Gründern des Projekts zählt. Und noch eine Erkenntnis blieb aus der Zeit: Wer mit- einander baut, lernt sich gut ken- nen — eine Basis für die spätere Ge- meinschaft. Im Sommer 2017 waren sie dann bezugsfertig, die zwei langge- streckten Gebäude in L-Form, die sich zu einem Innenhof mit gro- ßer Grünfläche und Spielplatz öff- nen — ein Dorfplatz. An einem som- merlich warmen Nachmittag in der letzten Woche stehen Grüppchen auf der Rasenfläche, ein kurzer Plausch zum Feierabend, Kindern wuseln dazwischen, ein Ort mit ge- lassen-heiterer Atmosphäre. Alle 30 Wohnungen öffnen sich zu die- sem Gemeinschaftsgarten, vor fast jeder Haustür stehen Tische und Stühle und Grünes in Töpfen. Wer hier sitzt, kann seine Kinder beim Spielen beobachten und signalisiert nebenbei: Ich bin ansprechbar. Ste- phan Soll hat früher mit seiner Frau und den beiden Töchtern in einer Etagenwohnung in Mörsenbroich gelebt, zum nächsten Spielplatz mussten sie fahren. Jetzt gilt: „Tür auf, Kinder raus — super.“ Alle Wohnungen haben mit ihren zwei Etagen den Charakter von Reihenhäusern: unten ein großer Wohnraum mit offener Küche (manche haben noch ein Arbeits- zimmer abgeteilt), oben zwei bis drei Schlafzimmer und ein Bad. So viel zum Grundriss. In den Details aber ist jede Wohnung unterschiedlich, und jeder hat Fußböden, Badflie- sen individuell ausgesucht. „Außer- dem haben wir sicher zehn verschie- dene WC-Modelle“, meint Stephan Noll. Die Baukosten haben die ur- sprüngliche Kalkulation von 2800 Euro dann doch gesprengt: rund 3400 Euro pro Quadratmeter (inklu- sive Grundstück, Notar- und Grun- derwerbskosten) musste jeder zah- len, dazu kommen 18.000 Euro pro Tiefgaragenplatz und 7000 Euro pro Bewohner für den Gemeinschafts- raum — ein Ort zum Festefeiern, Fußballgucken und für den Yoga- kurs. Und wie klappt das nun mit der Balance von Nähe und Distanz? Ste- phan Soll spricht von einer aktiven Nachbarschaft, heißt: „Wir machen oft was zusammen.“ Zum Beispiel samstags, wenn die Gartenarbeit anliegt und anschließend zur Be- lohnung gegrillt wird. Auch ein ge- meinsamer Mittagstisch für die Schulkinder ist denkbar und ein eigenes Car-Sharing. Eingerichtet wurde erst mal eine What‘s-App- Gruppe für die schnelle Kommuni- kation. Da bietet ein Elternpaar an, in den Herbstferien Kinder mit in den Aquazoo zu nehmen, oder im Innenhof mal auszuprobieren, wie Papierschöpfen funktioniert. „Und wenn wir um ein Ei bitten, das uns gerade zum Kuchenbacken fehlt, werden uns gleich vier angeboten.“ Ansonsten gilt: Ein offenes Wort erleichtert das Miteinander. Wenn also fröhliches Kindergeschrei mal als Lärm empfunden wird, konn- te im Sommer bei einer der gro- ßen Wasserschlachten passieren, dann könne man das einfach sa- gen, ohne dass jemand beleidigt re- agiert. Ein architektonisches Detail sorgt für Rückzugsmöglichkeiten. Jede Wohnung hat auch eine Rück- seite zur (kaum befahrenen) Straße mit einer privaten Terrasse oder Bal- kon — für Stunden, die man lieber allein verbringen möchte. Auf dem Dorfplatz treffen wir beim Abschied Finja (geschätz- te drei Jahre alt), die gerade zum Abendessen gerufen wird. Frage: Was ist das Schönste an deinem Zu- hause? Die Antwort kommt prompt und präzise: „Draußen!“ Rheinische Variante von Bullerbü In Gerresheim leben 30 Familien in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Nach Jahren der Planung wird nun aktive Nachbarschaft gelebt. SERIE SO WOHNT DÜSSELDORF Die beiden Gebäude des Projekts öffnen sich zum großen Innenhof. FOTO: PRIVAT Glücklich in ihrem neuen Zuhause: Lydia und Stephan Soll mit ihren Töchtern Marit (6) und Johanna (2). RP-FOTOS: ANNE ORTHEN Wer: Die Initiative Wohnen mit Kindern e.V. wurde vor knapp 30 Jahren gegründet und gilt bis heute als Erfolgsmodell. 2017 wurde das dritte gemeinschaftli- che Bauprojekt realisiert, zurzeit sucht eine neue Gruppe Interes- senten, Menschen jeden Alters mit oder ohne Kinder, die bereit sind, an der Planung für ein vier- tes Projekt mitzuwirken. Treffen: Es soll eine Wohnanla- ge mit 20 bis 25 Eigentumswoh- nungen zwischen 70 und 150 Quadratmetern entstehen, zur- zeit wird ein Grundstück gesucht, möglichst in Gerresheim. Die Gruppe trifft sich am Montag, 29. Oktober. Kontakt: www.wmk4.de Initiative wurde vor 30 Jahren gegründet INFO Viel Platz zum Spielen, Klettern und Toben bietet das große Grundstück. „Wollen mehr Nachbar- schaft leben, als einen Gruß im Treppenhaus auszutauschen“ Stephan Noll (Projekt-Mitgründer) MONTAG, 22. OKTOBER 2018 Düsseldorfer Wirtschaft D7 D-L4 RHEINISCHE POST Erleben Sie auf dem Suzuki Oktoberfest in unserem Autohaus einen spannenden Tag mit vielen Highlights und lernen Sie die neueste Generation unseres Off-Road Originals bei einer Probefahrt kennen. Seien Sie dabei! Samstag, 27.10.2018: 09.00–16.00 Uhr Der neue Suzuki Jimn feiert Premiere ny Oktoberfest O k t ob er Auf dem Suzuki #"%&)+ $&&( $"& !’&*&+ ".= ’CEC64 $489D 0.4.=A *8 B?<;F< >.49. %=.84.=. 48 CA:3%*=6 &*A2/ #.4.=9 ’4. 84A C9> C9- >4,2.=9 ’4. >4,2 EC 5.-.= !.>A.77C91 *9 -4.>.8 (*1 .49.9 ’*AE )49A.==+-.= 1=*A4>/ C )((#%"&’$ !’#$#%" *)’%!#(& "#)$ (’ 12E %D!D MJA9.?12= *92;?=.?1 #>/$ )/2E9.MF2?2E +JE.82 L ,2=D0 PLBB @H5P5P 6P6GL "NFF2=1AE4 OOOD.MJAC.E<:E.J9D12 *)’%!#(& "#)$ (’ 12E %D!D MJA9.?12= *92;?=.?1 #>/$ -?J2E7.J9 BG5 ,2=D 6@ LB 5BIK GB 5P 6G3P5 &E242=1

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VON UTE RASCH

Hand aufs Herz: Könnten Sie sich vorstellen mit 40 Kindern zu woh-nen? In der unmittelbaren Nach-barschaft, Tür an Tür? Bei vielen Menschen wäre die Antwort sicher eindeutig und bestünde aus vier Buchstaben. Andere erleben einen solchen Lebensentwurf als puren Glücksfall — wie soeben in Gerres-heim zu erleben ist. Dort hat die In-itiative Wohnen mit Kindern e.V. ihr drittes gemeinschaftliches Wohn-projekt realisiert. Wirkt auf den ers-ten Blick wie eine rheinische Depen-dance von Bullerbü.

Wer eine Vision hat, lernt als ers-tes: Man braucht Geduld, um sie zu verwirklichen. Viel Geduld. Die ersten Pläne für das Wohnprojekt an der Hallesche Straße sind sechs Jah-re alt. Es folgte eine lange Zeit der Suche nach Mitbewohnern und ei-nem Grundstück, das schließlich von der Stadt angeboten wurde — ein großes Dreieck von 5000 Qua-dratmetern. Dann musste in vielen Gesprächen geklärt werden: Wer be-kommt welche Wohnung, wer will im Erdgeschoss wohnen, wer lieber etwas abgehoben, wie soll der Ge-meinschaftsraum genutzt, der Gar-ten gestaltet werden? Eines aber war von Anfang gewünscht: „Wir wollen mehr Nachbarschaft leben, als ei-nen Gruß im Treppenhaus auszu-tauschen“, sagt Stephan Noll, der zu den Gründern des Projekts zählt. Und noch eine Erkenntnis blieb aus der Zeit: Wer mit-einander baut, lernt sich gut ken-nen — eine Basis für die spätere Ge-meinschaft.

Im Sommer 2017 waren sie dann bezugsfertig, die zwei langge-streckten Gebäude in L-Form, die sich zu einem Innenhof mit gro-ßer Grünfläche und Spielplatz öff-nen — ein Dorfplatz. An einem som-merlich warmen Nachmittag in der letzten Woche stehen Grüppchen auf der Rasenfläche, ein kurzer Plausch zum Feierabend, Kindern wuseln dazwischen, ein Ort mit ge-lassen-heiterer Atmosphäre. Alle 30 Wohnungen öffnen sich zu die-sem Gemeinschaftsgarten, vor fast jeder Haustür stehen Tische und Stühle und Grünes in Töpfen. Wer hier sitzt, kann seine Kinder beim Spielen beobachten und signalisiert nebenbei: Ich bin ansprechbar. Ste-

phan Soll hat früher mit seiner Frau und den beiden Töchtern in einer Etagenwohnung in Mörsenbroich gelebt, zum nächsten Spielplatz mussten sie fahren. Jetzt gilt: „Tür auf, Kinder raus — super.“

Alle Wohnungen haben mit ihren zwei Etagen den Charakter von

Reihenhäusern: unten ein großer Wohnraum mit offener Küche (manche haben noch ein Arbeits-zimmer abgeteilt), oben zwei bis drei

Schlafzimmer und ein Bad. So viel zum Grundriss. In den Details aber ist jede Wohnung unterschiedlich, und jeder hat Fußböden, Badflie-sen individuell ausgesucht. „Außer-dem haben wir sicher zehn verschie-dene WC-Modelle“, meint Stephan Noll. Die Baukosten haben die ur-sprüngliche Kalkulation von 2800 Euro dann doch gesprengt: rund 3400 Euro pro Quadratmeter (inklu-sive Grundstück, Notar- und Grun-derwerbskosten) musste jeder zah-len, dazu kommen 18.000 Euro pro Tiefgaragenplatz und 7000 Euro pro Bewohner für den Gemeinschafts-raum — ein Ort zum Festefeiern, Fußballgucken und für den Yoga-

kurs.Und wie klappt das nun mit der

Balance von Nähe und Distanz? Ste-phan Soll spricht von einer aktiven Nachbarschaft, heißt: „Wir machen oft was zusammen.“ Zum Beispiel samstags, wenn die Gartenarbeit anliegt und anschließend zur Be-lohnung gegrillt wird. Auch ein ge-meinsamer Mittagstisch für die

Schulkinder ist denkbar und ein eigenes Car-Sharing. Eingerichtet wurde erst mal eine What‘s-App-Gruppe für die schnelle Kommuni-kation. Da bietet ein Elternpaar an, in den Herbstferien Kinder mit in den Aquazoo zu nehmen, oder im Innenhof mal auszuprobieren, wie Papierschöpfen funktioniert. „Und wenn wir um ein Ei bitten, das uns

gerade zum Kuchenbacken fehlt, werden uns gleich vier angeboten.“

Ansonsten gilt: Ein offenes Wort erleichtert das Miteinander. Wenn also fröhliches Kindergeschrei mal als Lärm empfunden wird, konn-te im Sommer bei einer der gro-ßen Wasserschlachten passieren, dann könne man das einfach sa-gen, ohne dass jemand beleidigt re-

agiert. Ein architektonisches Detail sorgt für Rückzugsmöglichkeiten. Jede Wohnung hat auch eine Rück-seite zur (kaum befahrenen) Straße mit einer privaten Terrasse oder Bal-kon — für Stunden, die man lieber allein verbringen möchte.

Auf dem Dorfplatz treffen wir beim Abschied Finja (geschätz-te drei Jahre alt), die gerade zum Abendessen gerufen wird. Frage: Was ist das Schönste an deinem Zu-hause? Die Antwort kommt prompt und präzise: „Draußen!“

Rheinische Variante von BullerbüIn Gerresheim leben 30 Familien in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt. Nach Jahren der Planung wird nun aktive Nachbarschaft gelebt.

SERIE SO WOHNT DÜSSELDORF

Die beiden Gebäude des Projekts öffnen sich zum großen Innenhof. FOTO: PRIVAT

Glücklich in ihrem neuen Zuhause: Lydia und Stephan Soll mit ihren Töchtern Marit (6) und Johanna (2). RP-FOTOS: ANNE ORTHEN

Wer: Die Initiative Wohnen mit Kindern e.V. wurde vor knapp 30 Jahren gegründet und gilt bis heute als Erfolgsmodell. 2017 wurde das dritte gemeinschaftli-che Bauprojekt realisiert, zurzeit sucht eine neue Gruppe Interes-senten, Menschen jeden Alters mit oder ohne Kinder, die bereit sind, an der Planung für ein vier-tes Projekt mitzuwirken.

Treffen: Es soll eine Wohnanla-ge mit 20 bis 25 Eigentumswoh-nungen zwischen 70 und 150 Quadratmetern entstehen, zur-zeit wird ein Grundstück gesucht, möglichst in Gerresheim. Die Gruppe trifft sich  am Montag, 29. Oktober.Kontakt: www.wmk4.de

Initiative wurde vor 30 Jahren gegründet

INFO

Viel Platz zum Spielen, Klettern und Toben bietet das große Grundstück.

„Wollen mehr Nachbar-schaft leben, als einen Gruß im Treppenhaus

auszutauschen“Stephan Noll (Projekt-Mitgründer)

MONTAG, 22. OKTOBER 2018 Düsseldorfer Wirtschaft D7D-L4

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Erleben Sie auf dem Suzuki Oktoberfest in unserem Autohaus einenspannenden Tag mit vielen Highlights und lernen Sie die neueste Generationunseres Off-Road Originals bei einer Probefahrt kennen. Seien Sie dabei!

Samstag, 27.10.2018: 09.00–16.00 Uhr

Der neue Suzuki Jimnfeiert Premiere

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Auf dem Suzuki

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