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Aus der Klinik für Neurologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. Stefan Schwab Riech- und Schmeckstörungen bei Patienten mit Polyneuropathie: Eine prospektive Studie zu chemosensorischen Störungen Inaugural- Dissertation Zur Erlangung der Doktorwürde der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Aus der Neurologischen Klinik Vorgelegt Von Constanze Höcherl Aus Erlangen Erlangen, 2011

Riech- und Schmeckstörungen bei Patienten mit ... · Polyneuropathie eine chemosensorische Störung und bietet so die Möglichkeit, Patienten, die subjektiv noch keine Störung des

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Aus der Klinik für Neurologie

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Direktor: Prof. Dr. Stefan Schwab

Riech- und Schmeckstörungen bei Patienten

mit Polyneuropathie:

Eine prospektive Studie zu chemosensorischen Störungen

Inaugural- Dissertation

Zur Erlangung der Doktorwürde

der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Aus der Neurologischen Klinik

Vorgelegt

Von Constanze Höcherl

Aus Erlangen

Erlangen, 2011

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Inhaltsverzeichnis I) Zusammenfassung 1

1.) Hintergrund und Ziele 1

2.) Methoden 1

3.) Ergebnisse und Beobachtungen 1

4.) Praktische Schlussfolgerungen 2

II) Einleitung: Anatomische Grundlagen von Nerven 3

III) Definition und allgemeine Grundlagen polyneuropathischer Syndrome 5

IV) Einteilung der Polyneuropathie nach 6

1.) Ätiologie 6

a. Entzündliche Polyneuropathien 6

b. Vaskulär bedingte Polyneuropathien 6

c. Exotoxische Polyneuropathien 7

d. Endotoxisch-metabolisch e Polyneuropathien 7

2.) Pathologisch- anatomisches Bild 7

3.) Verteilungsmuster 9

V) Diagnostik und Therapie polyneuropathischer Syndrome 10

VI) Geschmacks- und Geruchssinn 12

1.) Geschmack 12

a. Anatomisch-Physiologische Grundlagen 12

b. Störungen des Geschmacksinnes 15

2.) Geruch 17

a. Anatomisch-Physiologische Grundlagen 17

b. Störungen des Geruchssinnes 19

VII) Material und Untersuchungsmethoden 22

1.) Material 22

2.) Untersuchungsmethoden 25

3.) Statistische Auswertung 28

VIII) Ergebnisse 30

IX) Diskussion und praktische Schlussfolgerungen 33

X) Literaturverzeichnis 36

XI) Anhang 39

XII) Danksagung 57

XIII) Lebenslauf 58

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I) Zusammenfassung

1.) Hintergrund und Ziele

Die Gruppe der Polyneuropathien stellt ein umfassendes und wichtiges Teilgebiet der

Neurologie dar und reicht aufgrund ihrer Komplexität in viele andere Fachgebiete der

Medizin. Für die Entstehung eines polyneuropathischen Syndroms gibt es zahlreiche

Ursachen- in unseren Breitengraden vorrangig der Diabetes mellitus und der Alkohol, in

den tropischen und subtropischen Gebieten vorwiegend Mangelernährung und

Infektionskrankheiten (24).

Im Rahmen dieser Dissertation soll das noch relativ unerforschte Gebiet der

Geschmacks-, und Geruchsstörungen bei Patienten mit Polyneuropathie weiter vertieft

werden. Es soll untersucht werden, inwieweit Patienten mit Polyneuropathie je nach

Ätiologie, Ausprägung und Schweregrad ihrer Erkrankung Störungen der

Chemosensorik entwickeln und welche praktischen Schlussfolgerungen sich aus den

Testverfahren und Untersuchungsergebnissen für den klinischen Alltag ableiten lassen.

2.) Methoden

Es wurden 53 Patienten mit einer elektrophysiologisch gesicherten Polyneuropathie

unterschiedlicher Ätiologie, Pathogenese und Krankheitsausprägung auf Störungen der

Chemosensorik hin untersucht. Im Rahmen der Testung wurde neben einer

ausführlichen Anamnese zwei Geschmacks- und drei Geruchstests (Schwellen-,

Diskriminations- und Identifikationstest) nach einem standardisierten Schema

durchgeführt. Die Geruchstests wurden mit den „Sniffin´ Sticks“ durchgeführt, für die

Geschmackstests wurde ein „Schmeckstreifen- Test“ und ein Whole Mouth Test

angewendet. Die anamnestischen Angaben und Untersuchungsergebnisse wurden

abschließend nach verschiedenen Gesichtspunkten statistisch ausgewertet.

3.) Ergebnisse und Beobachtungen

Bei 27 Patienten (50,9%) war das Geruchsempfinden, bei 23 Patienten (43,4%) das

Geschmacksempfinden gestört.

Die Geschmacksrichtung „süß“ wurde von Patienten mit und ohne Geschmacksstörung

gleichermaßen am besten identifiziert. Die Geschmacksrichtung „sauer“ dagegen wurde

am schlechtesten erkannt. Patienten mit diabetischer oder metabolischer

Polyneuropathie erzielten in den Geschmackstests die niedrigsten Scores.

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Hinsichtlich der neurophysiologischen Ergebnisse fand sich bei den untersuchten

Patienten kein Unterschied zwischen den Patienten mit normalem und denen mit

reduziertem Geschmacksempfinden.

Ebenfalls kein Unterschied zeigte sich im Schwellen-, Diskriminations- und

Identifikationstest bezüglich der Ätiologie und Neurophysiologie der Polyneuropathie

sowie bei den normosmischen Polyneuropathiepatienten.

Jedoch fand sich bei den Patienten unabhängig von einer vorhandenen Geruchsstörung

eine schwache, aber signifikant negative Korrelation zwischen dem Dyck-Score als

Parameter für den Schweregrad der Polyneuropathie und den Scores für die

Geruchsidentifikation. Ein signifikanter geschlechterspezifischer Unterschied beim

Schmecken ergab sich zu Ungunsten der Männer.

Des Weiteren zeigte sich, dass viele Patienten mit einem polyneuropathischen Syndrom

eine Geruchs- und/ oder Geschmacksstörung aufwiesen, obwohl sie anamnestisch keine

subjektive Geruchs- oder Geschmacksstörung angegeben hatten.

4.) Praktische Schlussfolgerungen

Der für die Studie verwendetet Bedside- Test ist ein einfacher, nicht invasiver und von

Patienten gut akzeptierter Test. Er erkennt bei ca. 40-50% der Patienten mit

Polyneuropathie eine chemosensorische Störung und bietet so die Möglichkeit,

Patienten, die subjektiv noch keine Störung des Geruchs- und/ oder Geschmacksinnes

wahrgenommen haben, zeitnah Therapien zuzuführen. Sicherlich lässt sich dieser Test

aber nicht zur Differenzierung einzelner Polyneuropathien einsetzen. Zwar fand sich bei

Patienten mit diabetischer oder metabolischer Polyneuropathie eine ausgeprägtere

Schmeckstörung als bei den anderen Polyneuropathieformen, aber aufgrund der

geringen Fallgröße können keine sicheren Angaben zu Differenzierungen gemacht

werden.

Bei Patienten mit Geruchsstörung fiel insbesondere der Schwellentest, weniger der

Diskriminations- oder Identifikationstest pathologisch aus. Dies legt die Vermutung

nahe, dass bei Polyneuropathien im Vergleich zu systemischen neurodegenerativen

Erkrankungen eher der periphere Teil des olfaktorischen Systems betroffen ist.

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II) Einleitung: Anatomische Grundlagen von Nerven

Das Nervensystem besteht aus einem zentralen und peripheren Anteil. Zum zentralen

Nervensystem zählen Gehirn und Rückenmark (34), das periphere Nervensystem

umfasst die außerhalb des zentralen Nervensystems liegenden motorischen, sensiblen

und autonomen Nerven (29).

Zwischen zentralem und peripherem Nervensystem besteht ein enges Zusammenspiel,

welches an folgendem vereinfachten Regelkreis verdeutlicht werden soll:

Aus der Körperperipherie werden Sinnesreize aufgenommen. Diese werden über

sensible Nervenfasern (sog. Afferenzen) an das zentrale Nervenssystem weitergegeben,

dort verarbeitet und als Impulse über motorische Nervenfasern (sog. Efferenzen) zum

entsprechenden Erfolgsorgan (z.B. Skelettmuskel) geleitet.

Das autonome Nervensystem reguliert unabhängig von unserem Bewusstsein die

Funktionen der inneren Organe (34).

Das somatische Nervenssystem reguliert motorisch willkürliche Bewegungsabläufe und

sensibel die bewusste Wahrnehmung von äußeren Einflüssen (z.B. Druck, Berührung,

Schmerz, Temperatur, Tiefensensibilität) (19, 34).

Das Grundgerüst unseres Nervensystems bilden die Nervenzellen (Neurone). Das

Neuron besteht aus einem Zellkörper mit Dendriten und einem Axon (Neurit). Die

Dendriten dienen der Aufnahme und die Axone der Fortleitung von Impulsen (30).

Erst ab einem Durchmesser von ungefähr 0,2-0,6 μm im zentralen und ca. 1-2 μm im

peripheren Nervensystem sind die Axone von einer Markscheide (Myelinscheide)

umgeben. Im zentralen Nervensystem besteht die Myelinscheide aus

Oligodendrogliazellen, bei peripheren Neuronen aus Schwann-Zellen (8). Durch die

Markscheide als „elektrischer Isolator“ werden Impulse schneller fortgeleitet (19), d.h.

je dicker die Markscheide oder die Dicke des Axonquerschnittes, desto höher die

Nervenleitgeschwindigkeit (30).

Die Myelinscheide ist durch sog. Ranvier- Schnürringe unterbrochen (30), d.h. in diesen

Bereichen fehlt das Myelin und die Axonmembran hat eine direkte Verbindung zur

Extrazellulärflüssigkeit (19). Entsteht ein Aktionspotential, kann dieses von Schnürring

zu Schnürring „springen“. Die Erregung wird auf diese Weise schneller und

energiesparender weitergeleitet als bei marklosen Nervenfasern. Man nennt dieses

Phänomen „saltatorische Erregungsleitung“ (8).

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Markhaltige Nervenfasern findet man vorzugsweise bei Motoneuronen, markarme

und marklose Nervenfasern im vegetativen Nervensystem. Sensible Fasern können

sowohl markhaltig, markarm als auch marklos sein (19).

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III) Definition und allgemeine Grundlagen polyneuropathischer

Syndrome

Unter dem Begriff „Polyneuropathie“ versteht man eine reversible oder irreversible

Schädigung motorischer, sensibler oder vegetativer Nerven des peripheren

Nervensystems, für deren Entstehung angeborene oder erworbene Ursachen

verantwortlich sind (21, 24). Eine schwerpunktmäßige Beteiligung der Nervenwurzel

bezeichnet man als Polyradikuloneuropathie (27).

Je nach Art der Nervenschädigung zeigen sich klinisch unterschiedliche Symptome:

Störungen der Tiefensensibilität oder eine Hyp- oder Anästhesie sind Hinweise für eine

Läsion markhaltiger, schnell leitender Nervenfasern (large-fibre neuropathy).

Eine Schädigung markarmer Nervenfasern führt zu Veränderungen der

Schmerzwahrnehmung (Hyp-/Analgesie) oder des Temperaturempfindens (Thermhyp-

/anästhesie) (small-fibre neuropathy). Der Befall motorischer Nerven führt zu schlaffen

Muskellähmungen und –atrophien (28).

Vegetative Störungen, die u.a. das respiratorische, kardiovaskuläre, gastrointestinale,

urogenitale oder vasomotorische System beeinflussen, werden durch eine Schädigung

autonomer Nerven hervorgerufen (9, 28).

Zusammenfassend ergeben sich folgende für eine Polyneuropathie typische Symptome:

Häufig findet man eine symmetrisch- sensible Ausprägung mit distal betonten socken-

und/ oder handschuhförmige Parästhesien, Hypästhesien oder Hypalgesien (25, 26),

seltener asymmetrische Ausfälle (Mononeuritis multiplex) (5). Die Tiefensensibilität ist

gestört, die Muskeleigenreflexe sind, meist distal betont, vermindert oder fehlen. Im

weiteren Verlauf entstehen distal betonte Paresen und Muskelatrophien (1, 26). Die

Betroffenen beklagen häufig eine sog. Ameisenlaufen an den distalen Extremitäten, ein

vermindertes Wärme- und Kälteempfinden, eine Gangunsicherheit v.a. im Dunkeln im

Sinne einer sensiblen Ataxie, Muskelkrämpfe, zunehmende Muskellähmungen und

schmerzlose Wunden (7). Vegetative Störungen zeigen sich häufig durch zunehmende

Obstipationsneigung, Sodbrennen, Impotenz, eine herabgesetzte Herzfrequenz, eine

Blasen- oder Schweißsekretionsstörung (1).

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IV) Einteilung der Polyneuropathien

Die umfangreiche Gruppe der Polyneuropathien lässt sich nach verschiedenen Kriterien

einteilen. Die drei gebräuchlichsten Klassifikationen sind jedoch die nach ihrer

Ätiologie, dem pathologisch- anatomischen Bild und dem klinischen

Verteilungsmuster.

Die Ätiologie beschreibt den Zusammenhang zwischen der zugrunde liegenden Ursache

und der Entstehung einer Polyneuropathie, das pathologisch- anatomische Bild die

pathologisch-anatomischen Veränderungen sowie das histologische Schädigungsmuster

der Nerven und das klinische Verteilungsmuster die Ausprägung und Lokalisation der

Symptome (24).

1.) Ätiologie

Nach Neundörfer lassen sich die Polyneuropathien hinsichtlich ihrer Ätiologie in vier

übergeordnete Gruppen einteilen (27):

a. Entzündliche Polyneuropathien

Entzündlichen Polyneuropathien können durch Bakterien (u.a. Borrelia burgdorferi,

Mycobacterium leprae), deren Toxine (u.a. Clostridium botulinum, Corynebacterium

diphtheriae) oder durch Viren (u.a. Zytomegalie-Virus, Varizellen, Herpes Zoster, HI-

Virus) entstehen oder treten im Rahmen immunvermittelter Störungen wie

beispielsweise beim Guillain-Barré- (GBS) oder Fisher-Syndrom, bei der chronisch-

inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) oder der multifokal

motorischen Neuropathie (MMN) auf (24, 29).

b. Vaskulär bedingte Polyneuropathien

Autoimmunbedingte Vaskulitiden (Panarteriitis nodosa) und Kollagenosen

(systemischer Lupus erythematodes) können neben Organsystemen wie Haut, Niere,

Magen-Darm-Trakt, Lunge, Gelenke oder Muskulatur auch das periphere Nervensystem

schädigen. Histopathologisch kommt es infolge einer Gefäßentzündung zu einer

sekundären Ischämie mit einem akuten axonalen Schaden. Klinisch findet sich häufig

ein akuter Beginn mit Paresen und lokalisierten Schmerzen (6, 11, 13, 21, 24).

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c. Exotoxische Polyneuropathien

Mit ungefähr 30% ist der Alkohol die häufigste Ursache für die Entstehung einer

Polyneuropathie (27).

Die Pathophysiologie ist nicht vollständig geklärt. Man vermutet zum einen eine direkte

toxische Wirkung des Alkohols oder seiner Abbauprodukte (Acetaldehyd) auf den

Nerven mit vorwiegend axonaler Schädigung. Zum anderen führt der durch den Alkohol

häufig bedingte Vitaminmangel (Vitamin B1 und B6) zu polyneuropathischen

Veränderungen mit überwiegend demyelinisierendem Schädigungsmuster der Nerven

(17, 21).

Ebenfalls neurotoxisch wirken zahlreiche Medikamente (Antibiotika,

Chemotherapeutika, Antikonvulsiva, Zytostatika, Antirheumatika, Antiarrhythmika) und

Lösungsmittel, Insektizide oder Schwermetalle (17, 21).

d. Endotoxisch-metabolische Polyneuropathien

Endotoxisch-metabolische Neuropathien finden sich bei Stoffwechselerkrankungen und

Endokrinopathien (Diabetes mellitus, Porphyrie, Urämie, Amyloidose), bei

Mangelernährung (Vitamin B1/ B6/ B12- Mangel), Paraneoplasien, Paraproteinämien

(benigne monoklonale Gammopathien, Plasmozytom, Morbus Waldenström) und bei

hereditären Erkrankungen (HMSN) (28).

Der Diabetes mellitus stellt mit ca. 28% die zweithäufigste Ursache für die Entstehung

einer Polyneuropathie dar (27). Ungefähr 25-50% aller Diabetiker entwickeln im Laufe

ihrer Erkrankung, im Durchschnitt 8 Jahre nach Erkrankungsbeginn, eine diabetische

Polyneuropathie. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit, an einer Polyneuropathie zu

erkranken, mit der Krankheitsdauer und dem Patientenalter an (17). Zwei Faktoren sind

hierbei an der Nervenschädigung beteiligt. Zum einen führt die Hyperglykämie indirekt

durch Schädigung der Vasa nervorum zu mikroangiopathischen Veränderungen und

Durchblutungsstörungen. Zum anderen bewirkt die Hyperglykämie durch toxische

Metabolite, oxidativen Stress und Nährstoffmangel eine direkte Schädigung der Nerven

(12, 21).

2.) Pathologisch- anatomisches Bild

Histologisch kann man bei Polyneuropathien vier verschiedene Schädigungsmuster des

Nerven differenzieren: die Axonopathie, die Myelinopathie, die Neuronopathie und die

Vaskulopathie (29).

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Bei Axonopathien kommt es aufgrund einer Störung des axonalen Transportes und

Blockierung der Glykolyse zu einer Schädigung des Axons. Dies führt zu einer

Kontinuitätsunterbrechung der Nervenfaser und im weiteren Verlauf zu einer

Denervationsatrophie des entsprechenden Muskels (21).

Axonopathien findet man bei immunvermittelten, inflammatorischen (u.a. axonales

GBS) und toxisch bedingten Neuropathien. Neurographisch ist die

Nervenleitgeschwindigkeit bei axonalem Schädigungsmuster normal bis geringgradig

vermindert und die Amplitude des motorischen und sensiblen Summenaktionspotentials

deutlich reduziert. Im Elektromyogramm (EMG) findet sich typischerweise eine

pathologische Spontanaktivität als Zeichen einer akuten Schädigung (7, 31). Bei einer

chronisch neurogenen Schädigung sind im EMG die Dauer der Potenziale motorischer

Einheiten verlängert, die Potentialamplitude vergrößert und die Phasenanzahl erhöht

(7).

Unter einer Myelinopathie versteht man eine segmentale oder diffuse

Demyelinisierung des Nerven (24). Diese führt im Gegensatz zur axonalen Schädigung

nicht zu einer Kontinuitätsunterbrechung der Nervenfaser und damit zu einer Atrophie

des Muskels. Die Prognose und Rückbildungstendenz ist besser als bei axonal

bedingten Polyneuropathien (21). Zu den demyelinisierenden Polyneuropathien zählen

die immunvermittelten (GBS, CIDP, MMN, Paraproteinämie) und die hereditären

Neuropathien (HMSN I, III, IV) (31). Der Diabetes mellitus, die Urämie sowie

bestimmte Medikamente (Amiodaron, Perhexilinmaleat, Tacrolismus) können ebenfalls

in seltenen Fällen eine demyelinsierende Polyneuropathie hervorrufen (17).

Neurographisch lassen sich deutlich verlangsamte Nervenleitgeschwindigkeiten und

verlängerte distal motorische Latenzen ableiten (31). Gelegentlich finden sich

Leitungsblöcke, F-Wellen können fehlen (17). Die Amplitude des motorischen

Summenaktionspotentials bleibt im Gegensatz zur Axonopathie unverändert. Im EMG

zeigt sich pathologische Spontanaktivität erst bei einer sekundären axonalen

Degeneration im fortgeschrittenen Stadium.

Kennzeichnend für die Neuronopathie ist eine Schädigung des Zellkörpers und

degenerative Veränderungen des Axons von zentral nach peripher. Bei irreparabler

Schädigung des Zellkörpers ist eine „Restitutio ad integrum“ nicht mehr möglich. Die

Neuronopathie findet man insbesondere bei Intoxikationen mit Vitamin B6 und

Doxorubicin, bei Herpes Zoster Infektionen und dem Sjögren-Syndrom (29).

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Eine Vaskulopathie tritt bei entzündlichen Veränderungen oder im Rahmen einer

Mikroangiopathie auf. Hierbei kommt es zu einer Schädigung von entsprechend

versorgten Nervenfaszikeln durch eine Durchblutungsstörung wie beispielsweise beim

Diabetes mellitus (29).

3.) Verteilungsmuster

Klinisch kann man bei polyneuropathischen Syndromen verschiedene

Verteilungsmuster voneinander abgrenzen.

Symmetrisch sensible und/ oder motorische Störungen findet man vorwiegend distal

und an der unteren Extremität (1, 5).

Im Gegensatz dazu unterscheidet man beim asymmetrischen Typ eine Mononeuropathia

multiplex mit Ausfällen im Versorgungsgebiet einzelner Nerven von einer

Schwerpunktneuropathie mit zusätzlich symmetrisch-sensiblem oder symmetrisch

motorischem Verteilungsmuster (7).

Ausschließlich vegetative Störungen (z.B. intestinal, genital, vesical, kardial) können

ebenfalls im Rahmen eines polyneuropathischen Syndroms auftreten (5).

Die klinische Ausprägung einer Polyneuropathie gibt bereits Hinweis auf die zugrunde

liegende Ursache. So findet man den distal symmetrische Verteilungstyp häufig bei

toxischen, nephrogenen, paraneoplastischen und diabetischen Neuropathien

(symmetrisch-sensibel) sowie beim akuten GBS, der akuten intermittierenden Porphyrie

und der HMNS (symmetrisch -sensomotorisch).

Autonome Störungen treten u.a. bei der akuten Pandyautonomie und Porphyrie, beim

GBS, beim Diabetes mellitus und bei der hereditären sensibel-autonomen Neuropathie

(Typ III/IV) auf.

Den asymmetrischen Manifestationstyp findet man insbesondere bei der vaskulären,

entzündlichen (Zoster-Neuritis, Neuroborreliose), multifokal motorischen und

diabetischen Neuropathie (7, 29).

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V) Diagnostik und Therapie polyneuropathischer Syndrome

Bereits eine ausführliche Anamnese und eine gründliche körperliche Untersuchung

geben wichtige Hinweise auf die zugrunde liegende Art der Polyneuropathie.

Entscheidende Signalwörter in der Patientenanamnese sind u.a. brennende Schmerzen,

„Einschlafgefühl“, „Kribbeln“ in Armen oder Beinen, eine zunehmende Gangstörung

mit vermehrter Sturzneigung, eine Blasen- oder Mastdarmstörung oder Veränderungen

der Schweißsekretion (7, 21). Wichtig bei der Anamnese ist auch die Frage nach

Vorerkrankungen, häuslicher Medikation, Zeckenbissen, Auslandsaufenthalten und dem

Beginn der polyneuropathischen Störungen.

Bei der körperlichen Untersuchung weisen Sensibilitätsstörungen wie Parästhesien,

handschuh- und sockenförmige Hypästhesien und -algesien, Störungen der

Tiefensensibilität und der Thermästhesie, Muskelatrophien und Paresen,

Reflexabschwächung oder -verlust sowie Störungen des vegetativen Nervensystems auf

polyneuropathische Veränderungen hin. Wichtig bei der körperlichen Untersuchung

sind auch die Lokalisation und Ausprägung der polyneuropathischen Veränderungen (7,

26).

Als weiterführende Maßnahmen sind laborchemische und elekrophysiologische

Untersuchungen, eine Liquordiagnostik sowie eine Nerven- und Muskelbiopsie

sinnvoll. Wichtige Basis-Laborparameter sind BKS, CRP, Differenzialblutbild,

Blutzuckerspiegel, HbA1c, Oraler Glukosetoleranztest, Elektrolyte, Leber- und

Nierenwerte, Eiweiß- und Immunelektrophorese, Schilddrüsenparameter,

Vitaminspiegel (v.a. Vitamin B12/ Folsäure) und Schillingtest, Rheumafaktoren, GM1-

AK, GM2- AK, antinukleäre Antikörper, C3/ C4-Komplement, Borrelienserologie,

ACE im Serum, Anti-Hu, Anti-MAG-Antikörper (13, 17, 25, 31).

Der Liquor cerebrospinalis sollte routinemäßig auf Zellzahl, Glukose- und

Proteingehalt, Immunglobuline und oligoklonale Banden untersucht werden. Eine

lymphozytäre Pleozytose lässt sich bei viralen Infektionen und bei paraneoplastischen

Neuropathien nachweisen. Beim GBS und der CIDP findet sich typischerweise eine

zytoalbuminäre Dissoziation mit erhöhtem Eiweißgehalt bei normaler Zellzahl (17, 31).

Röntgen, Computertomographie, MRT, Skelettszintigraphie, Lymphknotenbiopsie,

Endoskopie oder Knochenmarksuntersuchungen dienen u.a. dem Ausschluss von

Neoplasien, Metastasen oder einer Sarkoidose (25, 33).

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Neurophysiologische Untersuchungen wie die Neuro- und Elektromyographie sowie

Nerven- und Muskelbiopsien geben Aufschluss über das Schädigungsmuster und sind

damit wichtige Untersuchungsmethoden bei differenzialdiagnostischen Fragestellungen

(17, 33).

Zusätzliche Untersuchungen wie Schweißtest, Thermographie, Vasalvamanöver,

Stehversuch oder Kipptischuntersuchungen geben Aufschluss über die Beteiligung des

vegetativen Nervensystems (9, 21).

Therapeutisch steht die Behandlung der der Polyneuropathie zugrunde liegenden

Erkrankung im Vordergrund.

Medikamentös können zur Schmerzlinderung trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin,

Clomipramin) oder Antiepileptika (Carbamazepin, Gabapentin) eingesetzt werden (17),

bei stechenden Schmerzen bevorzugt Carbamazepin, bei Brennen und Parästhesien

Amitriptylin (35). Zusätzlich können langwirksame Opioide (z.B. Oxycodon oder

Tramadol) gegeben werden. Muskelschmerzen- und Krämpfe können z.B. mit Lioresal

behandelt werden. Beim Diabetes mellitus hat sich die Gabe von Alpha- Liponsäure

bewährt (17).

Zusätzlich sollten je nach klinischer Ausprägung Physiotherapie und Krankengymnastik

durchgeführt werden.

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VI) Geschmacks- und Geruchssinn

Der Geschmacks- und Geruchssinn sind wichtige Sinnesorgane, die nicht nur unser

Alltagsleben und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen, sondern

auch eine wichtige Warnfunktion ausüben.

In der Literatur werden Störungen der Chemosensorik in der Bevölkerung mit 3-7%

angeben. Bei ungefähr 50% der 65- 80 Jährigen und ca. 80% der über 80 Jährigen findet

man eine zunehmende Minderung der Geruchsleistung. Im Gegensatz dazu scheint der

Geschmacksinn mit zunehmendem Alter weniger beeinträchtigt zu sein (3).

1.) Geschmack

a. Anatomisch-Physiologische Grundlagen

Man unterscheidet drei Arten von Geschmackspapillen: die Papillae fungiformes

(„Pilzpapille“), die insbesondere im vorderen Bereich, aber auch über die gesamte

Oberfläche der Zunge verteilt sind, die Papillae foliatae („Blattpapillen“) am hinteren

Seitenrand der Zunge und die Papillae vallatae („Wallpapillen“) am Zungengrund (siehe

Abb. 1) (8, 19).

Abb.1 Innervation und Lage der Papillen (19)

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Die Papillen enthalten zwischen 3-100 Geschmacksknospen (32), die sich wiederum aus

ungefähr 50 Sinneszellen zusammensetzen. Beim erwachsenen Menschen findet man

bis zu 10000 Geschmacksknospen (siehe Abb. 2) (19).

Abb.2 Aufbau einer Geschmacksknospe (4)

Jede Papille ist in der Lage, die fünf Geschmacksqualitäten süss, sauer, salzig, bitter und

umami zu erkennen, sodass die einzelnen Geschmacksrichtungen in jedem Bereich der

Zunge wahrgenommen werden können (3).

Die meisten Geschmacksknospen befinden sich an der Zunge, sie kommen aber auch in

der Wangen- und Larynxschleimhaut, am Gaumen und vereinzelt im Ösophagus vor

(4). Ungefähr alle 10 Tage werden die Geschmacksknospen erneuert (3).

Bezüglich der Wahrnehmung von Geschmacksstoffen unterscheidet man zwischen der

unspezifischen Entdeckungsschwelle und der Erkennungsschwelle. Bei Bitter- und

Sauerstoffe liegt die unspezifische Erkennungsschwelle aufgrund ihrer „Warnfunktion“

im Vergleich zu Süßem und Salzigem deutlich niedriger (siehe Tab.1).

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Qualität Geschmacksstoff Konzentration (mol/l)

süß Glucose

Saccharose

Saccharin

10-1

10-2

10-5

sauer HCL und andere Säuren 10-3

salzig NaCl und andere Salze 10-2

bitter Coffein

Chinin

Strychnin

10-3

10-5

10-6

Tab.1 Bereich der Absolutschwelle für einige Geschmacksstoffe bei Reizung der gesamten

Mundhöhle (modifiziert nach Klinke (19))

Jede der vier Geschmacksqualitäten weist einen eigenen Membranrezeptor und damit

eine eigene Codierung der Geschmacksinformation auf.

Die Geschmacksinformation süss aktiviert über ein G-Protein die Adenylatzyklase, die

zu einer vermehrten cAMP Bildung führt. Das cAMP blockiert seinerseits über direkte

und indirekte Phosphorylierung K+- Ionenkanäle und führt dadurch zu einer

Depolarisation in der Sinneszelle.

Sauer führt über H+- Ionen zu einer Blockade von K+- Kanälen und somit zu einer

Depolarisation der Sinneszelle.

Salzig bewirkt zum einen über den Einstrom von Kationen durch einen Amilorid

sensitiven Kanal eine Depolarisation, zum anderen regt er über Anionen und einen

Anionentransporter die Sinneszellen an.

Bitter führt über ein G-Protein und Ca2+- Erhöhung in der Sinneszelle zu einer

Transmitterfreisetzung (19, 32).

Die vorderen zwei Drittel der Zunge und der weiche Gaumen werden über die Chorda

tympani und den N. petrosus superficialis (3), das hintere Drittel der Zunge vom N.

glossopharyngeus und die Geschmacksknospen im Rachenbereich und an der Epiglottis

vom N.vagus innerviert (3, 19). Der N. trigeminus versorgt bis zu 75% jeder Papilla

fungiformis und sensibel die Schleimhäute von Zunge und Mundhöhle (19).

Die Geschmacksnervenfasern des N. facialis, N. glosspharyngeus und N. vagus ziehen

zum Geschmackskern, dem sog. Nucleus solitarius, und werden dort mit den visceralen

und somatischen Informationen aus dem N. vagus und N. trigeminus verarbeitet. Vom

Nucleus solitarius werden Signale zum einen an sekretorische, visceromotorische und

skeletomotorische Kerne im Hirnstamm (Steuerung der Verdauungsreflexe), zum

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15

anderen auf die Gegenseite zum Nucleus ventralis posteromedialis des Thalamus

(bewusste Geschmackswahrnehmung) geleitet (2, 19). Von dort ziehen die Signale zum

Kortex (Inselkortex, frontales Operkulum, orbitofrontaler Kortex, operkulare Anteil des

superioren Gyrus temporalis, inferiorer Anteil des prä- und postzentralen Gyrus) und

zum limbischen System (affektive Anteile der Geschmackswahrnehmung) (siehe Abb.

3) (14, 19).

Abb.3 Zentrale Verbindungen von den Geschmacksknospen ins Gehirn (32)

b. Störungen des Geschmacksinnes

Geschmacksstörungen kann man nach qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten

unterscheiden:

Von einem qualitativ veränderten Geschmackssinn spricht man bei Wahrnehmung

eines Geschmackeindruckes ohne entsprechend vorhandene Reizquelle oder bei einer

veränderten Wahrnehmung von Geschmacksstoffen. Man nennt diese Phänomene als

Phanto- b.z.w. Parageusie.

Quantitative Geschmacksstörungen bezeichnet man je nach erhöhter, normaler,

verminderter oder fehlender Empfindlichkeit des Schmeckvermögens als Hyper-,

Normo-, Hypo- und Ageusie (23).

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16

Die Ursachen für Geschmacksstörungen sind vielfältig. Je nach nachdem welcher Teil

der Geschmacksbahn betroffen ist unterscheidet man zwischen epithelialen (Schädigung

der Geschmacksknospen), nervalen (Schädigung der Geschmacksnerven) und zentralen

Ursachen (Schädigung im Gehirn) (23).

Strahlen- und Chemotherapie, lokale Infektionen (z.B. Candidiasis, Refluxösophagitis,

Medikamente (z.B. Chlorhexidin, Penicillamin) oder Erkrankungen wie der Diabetes

mellitus, die perniziöse Anämie, Leber-, oder Nierenerkrankungen können zu einer

Schädigung oder sogar einem Untergang von Geschmacksknospen in der Mundhöhle

führen (3, 23).

Nervale Schädigungen, also Schädigungen der Geschmacksnerven VII, IX, und X

können durch Operationen im HNO-Bereich, Schädelbasisfrakturen und Neuritiden

(u.a. idiopathische Fazialisparese, Guillain- Barré- Syndrom) entstehen (3, 23).

Zentrale Störungen des Geschmacksinnes werden u.a. durch Hirntumoren,

Hirnstammläsionen, Schläfenlappenepilepsie, das posttraumatische Anosmie-Ageusie-

Syndom oder neurodegenerative Erkrankungen verursacht (23):

Die kortikale Repräsentation findet man insbesondere im Inselkortex, frontalen

Operculum, orbitofrontalem Cortex, operkularen Anteil des superioren Gyrus

temporalis und inferioren Anteil des prä- und postzentralen Gyrus. Man differenziert bei

den zentral bedingten Geschmacksstörungen zwischen Läsionen des Hirnstammes, des

Thalamus und des Cortex (14, 23).

Demyelinisierende, hämorrhagische oder ischämische Schädigungen des Hirnstammes

führen aufgrund einer Läsion des bulbären Tegmentumbahn in Höhe des Tractus

solitarii oder im Bereich der Pons zu einer ipsilateralen halbseitigen

Geschmacksverminderung oder einem kompletten Geschmacksverlust.

Läsionen im Thalamusbereich können je nach Schädigungsort zu einer ipsi- oder

kontralateralen Geschmacksstörung und bei bilateraler Schädigung sogar zu einem

verminderten Geschmackserlebnis führen.

Durch Läsionen im Kortexbereich verursachte Geschmacksstörungen sind oft klinisch

schwer fassbar. Studien lassen aber die Vermutung zu, dass gerade der vordere Teil des

Temporallappens für die Geschmackswahrnehmung von großer Bedeutung ist und das

der rechte Temporallappen mehr als der linke gerade an der Verarbeitung der

Geschmacksrichtung „bitter“ beteiligt ist. Patienten mit einer Temporallappenepilepsie

berichten nicht selten über gustatorische Auren (14).

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17

Die Therapie von Geschmacksstörungen gestaltet sich als schwierig und eine

spezifische Therapie gibt es (noch) nicht. Letztendlich sollte die Ursache der

Geschmacksstörung gefunden und behandelt werden. Probatorisch kann Zink gegeben

werden (14, 23). In einer klinischen Studie konnte gezeigt werden, dass Zink im

Schmeckstreifentest zu einer deutlichen Verbesserung der Schmeckfähigkeit geführt

hat, auch wenn die Ergebnisse klinischer Studien insgesamt doch kritisch gesehen

werden müssen.

Systemisch können Corticosteroide und Vitamin A gegeben werden, wobei ein positiver

Effekt auf die Geschmackswahrnehmung bis jetzt nicht wirklich bewiesen werden

konnte (14).

2.) Geruch

a. Anatomisch-Physiologische Grundlagen

Die Riechschleimhaut umfasst ca. 200- 400 mm² im Bereich des vorderen

Nasenseptums, der oberen Nasenmuschel und der Area cribriformis und enthält ca. 107

Sinneszellen, die sich aus Riech-, Stütz- und Basalzellen zusammensetzen (3, 19). Die

Sinneszellen leben ca. 60 Tage und sind in der Lage, sich mitotisch zu teilen.

Die Riechschleimhaut ist zusätzlich von einer dünnen Schleimschicht bedeckt, die die

Geruchsstoffe absorbiert (siehe Abb. 4).

Abb.4 Lage und Aufbau der Riechschleimhaut (19)

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Man unterscheidet sieben Duftklassen: blumig, ätherisch, moschusartig, kampherartig,

faulig, minzig und stechend (2).

Die primären bipolaren Riechsinneszellen nehmen über die in die Nasenschleimhaut

ragenden Zilien Geruchsmoleküle auf. Ungefähr 5000 verschiedene Gerüche können

vom Menschen unterschieden werden (3, 19, 32).

Unterschiedliche Duftstoffe binden an Rezeptorproteine und führen über eine

Enzymkaskade zur Depolarisation der Zelle und damit zu einem Rezeptorpotential, das

weitergeleitet wird (19). Dabei zeigen die Rezeptoren aber „keine Selektivität für

einzelne Duftstoffe“ (18). Vielmehr vermutet man, dass eine Sinneszelle mehrere

verschiedene Rezeptorproteine tragen und jedes Rezeptorprotein wiederum mehrere

Riechstoffe binden kann. Dabei ist die Reizwirkung umso stärker, je besser die Bindung

zwischen Rezeptor und dem entsprechenden Duftstoff ist (19).

Die Axone der Riechzellen ziehen als Fila olfactoria des N. olfaktorius über die Lamina

cribrosa zu den Glomeruli des Bulbus oilfactorius. Diese beinhalten Synapsen zu

nachgeschalteten zweiten Neuronen, den sog. Mitralzellen, die mittels sog. Körner- und

periglomerulärer Zellen auch Geruchsreize hemmen können (siehe Abb. 5) (19).

Abb.5 Grundverschaltung der Neurone im Bulbus olfactorius (19)

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Über den Tractus olfactorius ziehen die Axone der Mitrazellen zum ipsilateralen

Riechhirn, das aus dem präpiriformen Kortex, dem Tuberculum olfactorium und den

Rindenarealen auf der Oberfläche der Mandelkerne besteht.

Die Geruchsinformationen werden dort verarbeitet und direkt, und indirekt über den

dorsomedialen Kern des Thalamus, zum orbitofrontalen Kortex b.z.w. zur Insel sowie

zum Hypothalamus und den Mandelkernen weitergeleitet (siehe Abb. 6) (19).

Abb.6 Signallaufplan der Geruchsinformation im Gehirn (19).

Ein weiteres an der Geruchswahrnehmung beteiligtes System ist das trigeminale

System, das Mund- und Nasenschleimhaut sensomotorisch (Temperatur, Schmerz,

Berührung) innerviert. Fast alle bekannten Duftstoffe aktivieren neben dem

olfaktorischen System auch in höheren Konzentrationen das trigeminale System.

Aufgrund der engen Verbindung zwischen olfaktorischem und trigeminalem System

zeigen Patienten mit einem Riechverlust auch Defizite im Bereich der trigeminalen

Wahrnehmung (18).

b. Störungen des Geruchssinnes

Riechstörungen treten im Vergleich zu Geschmacksstörungen häufiger auf. Sie können

genauso wie die Störungen des Geschmacksinnes nach quantitativen und qualitativen

Gesichtspunkten unterschieden werden (22, 23).

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20

Je nach Empfindlichkeit des Riechvermögens werden die quantitativen Riechstörungen

unter den Begriffen Hyper-, Normo-, Hypo-, und Anosmie zusammengefasst.

Unter dem Begriff „qualitative Geruchsstörung“ versteht man die qualitativ veränderte

Wahrnehmung von Geruchsstoffen. Dabei beschreibt die Parosmie eine veränderte

Wahrnehmung in Gegenwart einer Reizquelle, die Phantosmie in Abwesenheit einer

Reizquelle. Der Begriff Pseudosmie wird im Zusammenhang mit psychatrischen

Erkrankungen gebraucht und beschreibt die phantasievolle Umdeutung eines Geruches.

Unter olfaktorische Intoleranz versteht man die subjektive Empfindlichkeit gegenüber

Duftstoffen bei normaler olfaktorischer Sensitivität (22).

Sog. partielle Anosmien treten physiologischerweise auf. Ca. 40% der Bevölkerung

nimmt kein Androsteron im Urin, ca. 30% keinen Kampfer- und ca. 2% keinen

Schweißgeruch wahr (2).

Die häufigsten Ursachen von Geruchsstörungen sind sinunasale, postvirale,

posttraumatische und neurodegenerative Erkrankungen (18).

Mechanische Obstruktionen der Nasenhöhle durch eine nasale Polyposis, aber auch

chronische Rhinosinusitiden, Allergien, Septumdeviationen, Stenosen, oder tumoröse

Raumforderungen der Nase können zu Veränderungen im Respirationstrakt und damit

zu einer Einschränkung der Riechleistung führen. Sie werden unter dem Begriff

“sinunasale“ Störungen zusammengefasst (18, 22).

Als therapeutische Optionen stehen rhinochirurgische Eingriffe (z.B. Polypektomie,

Pansinusoperationen) oder konservative Maßnahmen wie z.B. die Gabe von Antibiotika,

Steroiden, Antileukotrienen oder Kochsalzspülungen zur Verfügung (18).

Postvirale und posttraumatische Erkrankungen verursachen eine sog. “nicht-

sinunasale“ Störung. Diese tritt im zeitlichen Zusammenhang mit einer Infektion der

oberen Atemwege oder nach einem Schädeltrauma (mit Abriss der Fila oilfaktoria oder

zentraler Schädigung des orbitofrontalen Cortex und Gyrus rectus) auf und kann im

Gegensatz zu einer sinunasalen Störung zu einer Schädigung des olfaktorischen

Systems führen (18). Toxische Einflüsse wie CO und Medikamentennebenwirkung,

angeborene Fehlbildungen wie das Kallmannsyndrom oder isolierte kongenitale

Anosmien zählen ebenfalls zu der Gruppe der „nicht-sinunasalen“ Störungen (22).

Auch bei neurogenerativen Erkrankungen wie z.B. dem idiopathischen Parkinson-

Syndrom, der Alzheimer-Demenz, der Multisystematrophie oder dem M. Huntington

treten gehäuft Geruchsstörungen auf (18).

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21

Epilepsien, endokrine Erkrankungen wie z.B. der Diabetes mellitus, bestimmte

Medikamente (Antihypertonika, Antirheumatika, Antidepressiva, Sympathomimetika,

Antibiotika u.a.), Tumore (z.B. Meningeome) oder angeborene Störungen (Hypo-,

Aplasie der Bulbi olfactorii) können in seltenen Fällen ebenfalls zu

Geruchsbeeinträchtigungen führen (18).

Die Therapieoptionen sind gering. Bei postviral bedingten Erkrankungen können lokal

oder systemisch Kortikosteroide, Antibiotika oder Vitamine (B6, B12) und bei

posttraumatisch bedingten Störungen probatorisch systemisch Kortikosteroiden gegeben

werden. Bewährt hat sich auch die Gabe von alpha-Liponsäure.

Bei toxisch bedingen Riechstörungen steht die Elimination der Noxe im Vordergrund,

andere Therapieoptionen sind aktuell nicht bekannt (22).

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VII) Material und Untersuchungsmethoden

1.) Material

Im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden 53 Patienten mit einer

elektrophysiologisch gesicherten Polyneuropathie zwischen Juni 2006 und Februar 2007

auf Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigungen hin untersucht. Die Patienten wurden

zuvor zur Differenzialdiagnose polyneuropathischer Syndrome in die neurologische

Klinik der Universität Erlangen- Nürnberg stationär aufgenommen. Im Rahmen der

neurologischen diagnostischen Verfahren wurden bei den Patienten routinemäßig

folgenden Untersuchungen durchgeführt: oraler Glukosetoleranztest, Vitamin B1-, B6-,

B12- und E-, Folsäure- und Methylmalonsäurebestimmung, D- Xylose- Test,

Serumelektrophorese, Immunglobuline, CDT, Blutbild (Hämoglobin, Leukozyten,

Thrombozyten), Schilddrüsenparameter, Borrelien, Lues, Varicella- Zoster- Virus, HIV,

Hepatitisserologie (v.a. Hepatitis C), Bence- Jones- Proteinurie, Vaskulitis- (ANA,

ANCA, Rheumafaktoren, Antikörper beim Sjögren- Syndrom) und Liquordiagnostik,

Die elektrophysiologische Untersuchungen umfassten: Nervenleitgeschwindigkeit,

Elektromyographie, F- Wellen- Bestimmung und die Darstellung von Leitungsblöcken.

Um schwerere Pathologien im Mund- und Nasenbereich auszuschließen wurden die

Patienten zusätzlich HNO- ärztlich untersucht.

Auf eine Zustimmung der örtlichen Ethikkommission zur Durchführung der

Geschmacks- und Geruchstests konnte verzichtet werden, da die Tests medizinisch

indiziert waren und bei unserem diagnostischen Ansatz zu den Routinemaßnahmen

gehörte. Jeder der Probanden wurde ausführlich über den Untersuchungsablauf

informiert und gab nach Aufklärung seine Einwilligung. Alle untersuchten Patienten

waren bei vollem Bewusstsein und medizinisch stabil.

Vorab wurde nach dem von Dyck entwickelten NSS Score ein Untersuchungsprotokoll

erstellt (10). Der NSS von Dyck besteht aus zwei Unterscores und dient der

Schweregradenteilung der Polyneuropathie. Im ersten Unterscore wurden die für die

Polyneuropathie relevanten Symptome des Patienten eingetragen und mit jeweils einem

Punkt bewertet. Geordnet waren die Symptome nach motorischen, sensiblen und

autonomen Defiziten (siehe Anhang).

Der zweite Unterscore diente der Erfassung der neurologischen Behinderung von

Hirnnerven, Muskeln, Reflexen und Sensibilitätsstörungen. Die Ergebnisse der klinisch-

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23

neurologischen Untersuchung wurden dem Aufnahmebefund, der bei Aufnahme des

Patienten in die Klinik erhoben wurde, entnommen. Die Bewertung erfolgte

seitengetrennt. 0 Punkte wurden für ein nicht vorhandenes Defizit vergeben, 1 Punkt für

ein geringes, 2 Punkte für ein mäßiges, 3 Punkte für ein stark ausgeprägtes Defizit und 4

Punkte für den kompletten Funktionsverlust (siehe Anhang). Aus den Einzelpunkten

errechnete sich eine Gesamtpunktzahl, die den Schweregrad der Polyneuropathie

wiedergab.

Das eigentliche Untersuchungsprotokoll bestand aus drei Teilen (siehe Anhang). Im

ersten Teil wurden anamnestische Angaben zu den Patienten, im zweiten Teil unter

Berücksichtigung des NSS Scores die entsprechenden Symptome und die

Untersuchungsergebnisse der klinischen Untersuchung des Patienten eingetragen.

Im dritten Teil wurden die Ergebnisse der einzelnen Tests protokolliert und später

ausgewertet. Der Untersuchungsablauf sowie die einzelnen Untersuchungstabellen und

Normwerte für die drei Geruchstests wurden aus der Sniffin´Sticks- Anleitung (siehe

Anhang) entnommen und modifiziert.

Mit den Patienten wurden zwei Geschmacks- und drei Geruchstests durchgeführt. Bei

den Geschmackstests handelte es sich um einen „Whole Mouth- Test“ und einen

„Streifentest“, bei den Geruchstests um einen „Schwellen-, Diskriminations- und

Identifikationstest“.

Die für den Whole Mouth Test verwendeten Lösungen wurden in der Apotheke der

Universitätsklinik Erlangen nach folgendem Prinzip hergestellt:

D-Saccharose 2,0g in aqua conservata ad 20ml, Natriumchlorid 1,3g in aqua conservata

ad 20ml, Citronensäure 1,0g in aqua conservata ad 20ml, Chininsulfat 0,01g in aqua

conservata ad 20ml. Jede der in Flaschen abgefüllten Lösungen war mit Parabenen 0,1%

konserviert und im Kühlschrank ein halbes Jahr haltbar. Aus den Glasflaschen wurde

mit jeweils einer frischen sterilen Nadel und Spritze eine kleine Menge (ca. 3ml)

abgezogen und jeweils in 4 Sprühflaschen umgefüllt. Die Sprühflaschen wurden

regelmäßig mit handelsüblichem Spülmittel gereinigt und mit frischer Lösung

aufgefüllt.

Der Streifentest besteht aus 32 Einzelstreifen, die jeweils 8 cm lang sind. Jeweils 2 cm

jedes Streifens sind mit einer Testsubstanz befeuchtet und dann in einem sich langsam

drehenden „Wheel“ getrocknet worden. Die Herstellung der Geschmacksstreifen fand

unter Anleitung von Prof. Hummel in der HNO-Klinik der Universität Dresden statt.

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Für die Geschmacksstreifen wurden folgende Substanzen verwendet:

Süß: Saccharose, Salzig: NaCl, Sauer: Zitronensäure, Bitter: Chininsulfat. Jeweils acht

Steifen testeten die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter in acht

verschiedenen Konzentrationsstufen.

Die drei Geruchstests wurden mit den Sniffin´Sticks nach einem standardisiertem

Protokoll durchgeführt. Bei den Sniffin´sticks handelt es sich um Gerüche absondernde

Stifte, die 1996 von Kobal et al. eingeführt wurden (20). Die Schaumgummifüllung der

Stifte ist mit unterschiedlichen Geruchslösungen b.z.w. Geruchslösungen

unterschiedlicher Konzentration getränkt.

Der Schwellen- und der Diskriminationstest bestehen aus jeweils 48 Riechstiften, der

Identifikationstest aus 16 Riechstiften.

Die 48 Stifte des Schwellen- und Diskriminationstests setzen sich jeweils aus 16

Tripletts zusammen. Jedes Triplett enthält einen blau, rot und grün markierten Stift und

ist mit einer Zahl zwischen 1 und 16 beschriftet. Beim Schwellentest enthält der blau

und grün markierte Stift geruchsloses Lösungsmittel, der rot markierte Stift n-Butanol in

unterschiedlichen Verdünnungsstufen, Stift 1 die stärkste, Stift 16 die schwächste

Verdünnungsstufe.

Beim Diskriminationstest enthalten alle drei Stifte in jedem Triplett einen Geruchsstoff,

der blaue und rote Stift denselben, der grüne Stift einen anderen Geruchsstoff. Von

Triplett zu Triplett variieren jedoch die Geruchsstoffe. Um beim Schwellen- und

Diskriminationstest ein optisches Erkennen der farblich markierten Stifte und damit ein

Verfälschen der Testergebnisse zu vermeiden wurde der Proband „verblindet“ und

bekam während der Testung eine handelsübliche Augenmaske angelegt. Ferner wurden

bei der Testung vom Untersucher geruchsneutrale Handschuhe getragen, um den

eigenen Körpergeruch vom Probanden fern zu halten (16).

Der Identifikationstest besteht aus 16 Stiften mit unterschiedlichen Geruchsstoffen

(siehe Anhang) aus dem alltäglichen Leben. Aus einer Multiple-Choice-Vorlage musste

der Proband aus jeweils vier Möglichkeiten für jeden Stift die am besten passende

heraussuchen und benennen. Haltbar sind die Riechstifte laut Hersteller ca. ein ¾ - 1

Jahr. Während der gesamten Testung sollte der Untersucher gegenüber dem Probanden

keine Aussagen über die Richtigkeit seiner Testergebnisse machen.

Die einzelnen Testergebnisse wurden in ein Protokollblatt eingetragen und im

Anschluss an die Testung ausgewertet.

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2.) Untersuchungsmethoden

Pro Patient dauerte die Testung ungefähr 60- 90 min. Die Probanden wurden gebeten,

vor der eigentliche Testung eine Stunde lang nicht zu rauchen, sich nicht die Zähne zu

putzen, nichts zu essen und außer Wasser nichts zu trinken.

Als erstes wurde eine kurze Anamnese erhoben. Dabei wurden insbesondere

Vorerkrankungen, Medikamente, Vegetativ-, Sozial- und Eigenanamnese, allgemeine

Risikofaktoren sowie Risikofaktoren für die Entstehung einer Polyneuropathie erfragt.

Die nachfolgende Schmeckanamnese diente der Findung von bereits durch den

Probanden bemerkten Geruchs- und Geschmacksstörungen. Bestandteil der Anamnese

waren auch Fragen nach Erkrankungen und Voroperationen im Hals-, Nasen-, und

Ohrenbereich sowie nach Schluckstörungen, Mundtrockenheit oder dem Burning Mouth

Syndrom.

Die eigentliche Testung begann im Anschluss an die Anamnese mit dem „Whole Mouth

Test“. Dem Patienten wurden der Reihe nach vier Lösungen über Sprühflaschen aus ca.

2 cm Abstand in den Mund gesprüht. Auf diese Weise kam der Patient nicht mit den

Sprühflaschen in Kontakt. Nach jeder Lösung musste er sich für eine der vier

Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig oder bitter entscheiden. Die Testergebnisse

wurden dann in das Untersuchungsprotokoll eingetragen.

Im Anschluss wurde der Geruchssinn des Patienten mit dem Schwellen-,

Diskriminations- und Identifikationstest untersucht.

Der Schwellentest bestand aus 16 Tripletts in zunehmenden Verdünnungsstufen und

diente zur Bestimmung der Riechschwelle, d.h. mit ihm konnte nachgewiesen werden,

ab welcher Konzentration ein bestimmter Geruchsstoff (n-Butanol) vom Probanden

wahrgenommen wurde. Zu Beginn der Testung wurde der Proband mit dem Geruch von

n-Butanol vertraut gemacht. Dazu wurde ihm der Stift mit der stärksten Konzentration

(Stift 1) dargeboten. Nach der „triple-forced-Technik“ musste der Proband aus den

jeweils angebotenen drei Stiften jedes Tripletts den riechenden Stift herausfinden und

benennen.

Begonnen wurde die Testung mit der schwächsten Verdünnungsstufe. In den Abständen

16,14,12,… oder 15, 13, 11,… wurden die Verdünnungsstufen solange in 2-er Stufen

abwärts getestet, bis der Proband eine Verdünnungsstufe richtig erkannte, d.h. er

benannte zweimal hintereinander den gesuchten Stift im selben Triplett richtig. Nun

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begann die eigentliche Testung. Dem Probanden wurde nun die nächst schwächere

Konzentrationsstufe angeboten. Erkannte der Patient den gesuchten Stift im selben

Triplett zweimal hintereinander richtig, wurde ihm wieder die nächst schwächere

Konzentrationsstufe angeboten. Erkannte der Proband den gesuchten Stift nicht, wurde

ihm die nächst höhere Konzentrationsstufe angeboten. Erkannte er diese auch nicht,

wurde ihm wieder die nächst höhere Stufe angeboten. Dies wurde solange fortgeführt

bis er eine Konzentrationsstufe zweimal hintereinander als richtig erkannte.

Der Untersuchungsablauf soll an nachfolgendem Beispiel verdeutlicht werden (siehe

Tab.2).

Ver

d. ↑ ↓ ↑ ↓ ↑ ↓ ↑

1

2

3

4

5 XX XX XX

6 XX X0 0 XX X0

7 XX 0 XX 0

8 X0 X0 X0

9

10 00

11

12 X0

13

14 0

15

16 0 Tab.2 Durchführung des Schwellentestes (modifiziert nach

der „Sniffin´Sticks“- Bedienungsanleitung)

Es wurde bei diesem Patienten mit der Konzentrationsstufe 16 begonnen, die vom

Probanden nicht erkannt wurde. In 2-er Abständen wurde bis zur Konzentrationsstufe 6

abwärts getestet. Diese Stufe hatte der Proband zweimal hintereinander richtig erkannt.

Nun begann die eigentliche Testung. Dem Patienten wurde die nächst höhere Stufe

angeboten (Stufe 7), die er richtig erkannte. Die nächst höhere Stufe erkannte er nur

einmal richtig, ihm wurde wieder die nächst niedrigere Stufe angeboten. Die

Untersuchung wurde solange fortgeführt bis 7 Wendepunkte (in diesem Beispiel gelb

und grün markiert) durchlaufen waren. Die letzen 4 Wendepunkte (in diesem Beispiel

die grün markierten) wurden addiert und aus ihnen ein Mittelwert gebildet, der dann mit

Vergleichswerten aus der Normalpopulation verglichen wurde. In oben angeführtem

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Beispiel würde sich folgendes Ergebnis errechnen: 6 + 5 + 8 + 5 = 24; 24 : 4 = 8. Unser

Proband lag für seine Altersgruppe im Normbereich.

Der Diskriminationstest diente der Differenzierung zwischen zwei unterschiedlichen

Gerüchen und setzte sich aus 16 Tripletts zusammen. Jeder Stift wurde ungefähr 5 sec

lang im Abstand von 2 cm mittig vor beide Nasenlöcher gehalten. Während der Testung

veränderte der Untersucher vor der Darbietung bei jedem der 16 Tripletts die

Reihenfolge der farblich markierten Stifte z.B. begann er beim ersten Triplett mit rot-

grün-blau, beim nächsten Triplett wechselte er zu blau-rot-grün, beim dritten Triplett zu

grün-blau-rot u.s.w. Das wiederholte Anbieten des Tripletts auf Bitten des Patienten war

nicht erlaubt. Nach jedem dargebotenen Triplett musste der Proband den Stift benennen,

der anders als die anderen beiden roch. Das Ergebnis wurde in das Protokollblatt

eingetragen (siehe Tab.3).

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Rot X X X

Grün X X X X X X X X X X

Blau X X X Tab.3 Beispiel für die Durchführung des Diskriminationstestes (modifiziert nach der „Sniffin´Sticks“-

Bedienungsanleitung): 10 Stifte wurden richtig erkannt (grün), 6 Stifte falsch (rot)

Beim Identifikationstest, der dem Erkennen von Geruchsstoffen diente, wurden dem

Patienten der Reihe nach im Abstand von 30 sec. 16 Stifte angeboten. Für jeden der 16

Gerüche standen dem Patienten auf einer Multiple-choice-Vorlage 4 Möglichkeiten zur

Auswahl, aus denen er dann den Begriff wählen musste, der dem Geruchsstoff am

nächsten kam. Bei diesem Test war ein wiederholtes Anbieten des Stiftes erlaubt. Die

Ergebnisse wurden in das Protokollblatt eingetragen.

Abschließend wurde der Streifentest durchgeführt. Dabei wurde die Testung mit der

schwächsten Konzentration begonnen. Der Reihe nach wurden die 32

Geschmacksstreifen nach einem vorgegebenen Schema (siehe Anhang) jeweils

abwechselnd rechts und links auf das vordere Drittel der Zunge gelegt. Der Proband

durfte dabei selber mit der Zunge den Geschmacksstreifen ein wenig hin und her

bewegen. Jedoch sollte er, solange der Streifen auf der Zunge lag, den Mund nicht

schließen, da sonst nicht nur die Rezeptoren der Zunge, sondern die des gesamten

Mundes aktiviert werden und somit das Testergebnis verfälscht wäre. Während der

Streifen noch auf der Zunge lag, musste sich der Proband für eine der

Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig oder bitter. entscheiden. Hierzu deutete er auf

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eine entsprechende Vorlage, die vor ihm auf dem Tisch lag. Das Ergebnis wurde wieder

in das Protokollblatt eingetragen und später ausgewertet.

Die Auswertung der Testergebnisse erfolgte nach folgendem Prinzip:

Beim Whole mouth Test wurde nur das richtige Erkennen aller vier

Geschmacksrichtungen als normwertig beurteilt und bei mindestens einem falschen

Erkennen der Test als pathologisch bewertet. Beim Streifentest galt ein richtiges

Erkennen von mindestens 16 Streifen als normwertig.

Beim Diskriminations- und Identifikationstest wurde die Anzahl der richtig bestimmten

Geruchsstoffe mit den Normwerten (siehe „Sniffin´Sticks“- Bedienungsanleitung im

Anhang) für die entsprechenden Altersklassen verglichen. Beim Schwellentest wurden

zunächst die Stufen der letzten vier Umkehrpunkte addiert, daraus ein Mittelwert

errechnet und dann mit den Normwerten (siehe „Sniffin´Sticks“- Bedienungsanleitung

im Anhang) verglichen.

Trotz Vorliegen von Normwerten für die durchgeführten Tests wurden zusätzlich 17

gesunde Probanden (11 Männer/ 6 Frauen) mit einem mittleren Alter von 63 Jahren als

Kontrollgruppe untersucht. Die Testergebnisse wiesen bei allen Probanden auf ein

normales Geruchs-/ und Geschmacksempfinden hin.

3.) Statistische Auswertung

Zur statistischen Auswertung der erhobenen Daten wurde der Friedmann- und Chi-

Quadrat-Test zum Vergleich zweier nicht parametrischer Variablen mit zwei oder drei

Kategorien verwendet. Ferner wurde One- Way- ANOVA zur Untersuchung des

Einflusses unabhängiger Untergruppen auf Scores bei den Riech- und Schmecktests

angewendet. Mit Hilfe der nicht parametrischen Korrelationsanalyse von Spearman

wurden Korrelationen beurteilt. Bei p< 0,05 galten die erhobenen Ergebnisse als

signifikant. Die statistischen Auswertungen wurden mit der SPSS Software 14.0 (SPSS

Inc., Chicago, IL/ USA) durchgeführt.

Neben der Untersuchungsergebnisse flossen folgende Parameter in die statistische

Auswertung mit ein: Alter des Patienten, bestehende Risikofaktoren (arterieller

Hypertonus, Dyslipoproteinämie, Diabetes mellitus, Alkoholabusus (> 60g/ Tag),

Nikotinabusus), Einnahme insbesondere Chemosensorik beeinträchtigender

Medikamente (v.a. ACE- Hemmer), Ätiologie der beim Patienten vorliegenden

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Polyneuropathie, Neurophysiologische Ergebnisse, Erkrankungszeitraum und

Schweregrad der Polyneuropathie nach Dyck.

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30

VIII) Ergebnisse

Insgesamt wurden 53 Patienten (38 Männer/ 15 Frauen) untersucht. Das

Durchschnittsalter der Patienten betrug 61 Jahre (SD 10,9 Jahre). Bezüglich der

Ätiologie lag bei 9 Patienten (17%) eine diabetische oder metabolische, bei 12 Patienten

(22,6%) eine entzündliche oder vaskulitische, bei 4 Patienten (7,5%) eine genetische

und bei 28 (52,8%) Patienten eine idiopathische Polyneuropathie vor.

Elektrophysiologisch fand sich bei 24 Patienten (45,35%) eine vorwiegend axonale, bei

9 Patienten (17%) eine vorwiegend demyelinisierende und bei 16 Patienten (30,2%)

eine gemischt axonal- demyeliniesierende Polyneuropathie.

5 der untersuchten Patienten (9,4%) waren Raucher und 11 Patienten (20,7%) gaben

einen Alkoholmissbrauch (> 60g/ Tag) an. 16 Patienten (30,2%) nahmen regelmäßig

Medikamente (vor allem ACE- Hemmer), die sich potentiell schädigend auf die

Chemosensorik auswirken, ein. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer an der

vorliegenden Neuropathie lag bei den untersuchten Patienten im Durchschnitt bei 17,3

Monaten (SD 8,3 Monate) und der Schweregrad bei 42,7 (SD 22,7).

Bei 27 Probanden (50,9%) war das Geruchsempfinden, bei 23 Probanden (43,4%) das

Geschmacksempfinden herabgesetzt.

Die Geschmacksrichtung „süß“ wurde von Patienten mit normaler und herabgesetzter

Geschmackswahrnehmung gleichermaßen am besten identifiziert. Die

Geschmacksrichtung „sauer“ dagegen wurde am schlechtesten erkannt (p= 0,002).

Durchschnittliche Anzahl von Schmeckstreifen, die von Polyneuropathie-Patienten (nach deren Stratifizierung nach Patienten mit

Normogeusie und mit Hypogeusie) korrekt identifiziert wurden, getrennt nach süßen („sweet“), sauren („sour“), salzigen („salty“) und bitteren („bitter“) Reizen. Maximal Score von 8 für jede Geschmacksqualität, die dünnen Linien zeigen die Standardfehler der

Mittelwerte.

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31

Bei den Geschmackstests erzielten Patienten mit diabetischer oder metabolischer

Polyneuropathie die niedrigsten scores (p= 0,011). Jedoch fand sich bei den Patienten

mit normalem und reduziertem Geschmacksempfinden kein Unterschied hinsichtlich

der neurophysiologischen Ergebnisse.

Ein signifikanter geschlechterspezifischer Unterschied beim Schmecken ergab sich zu

Ungunsten der Männer (p= 0,008).

Die Probanden mit normalem Geruchsvermögen wiesen in den Ergebnissen zwischen

Diskriminations-, Identifikations- und Schwellentest keinen Unterschied auf. Bei den

Patienten mit herabgesetzter Geruchswahrnehmung fiel dagegen der Schwellentest am

schlechtesten aus (p= 0,001).

Durchschnittliche Anzahl von “Sniffin´Sticks“- Scores nach Stratifzierung nach Patienten mit Normosmie und mit Hyposmie, getrennt nach Geruchsschwelle („Threshold“: bei welcher Konzentration ein Geruch erkannt wird), Diskrimination

(„Discrimination“: Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Gerüchen) und Identifikation („Identification“: Identifikation

eines bestimmten Geruches, z.B. Pfefferminz, Fisch oder Rauch). Maximal Score von jeweils 16 für Geruchsschwelle, Diskrimination und Identifikation; die dünnen Linien zeigen die Standardfehler der Mittelwerte.

Als Hinweis auf eine nachlassende Geruchsidentifikation bei zunehmendem

Schweregrad der Polyneuropathie fand sich eine schwache, aber signifikant negative

Korrelation zwischen dem Dyck- Score und der Geruchsidentifikation (p= 0,043).

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Negative Korrelation zwischen dem Score für Geruchsidentifikation und dem Dyck- Score, was darauf hinweist, dass eine Zunahme des Schweregrades der Erkrankung mit einer Abnahme der Fähigkeit einhergeht, Gerüche zu identifizieren.

Bezüglich Neurophysiologie und Ätiologie der Polyneuropathie fand sich in den

Geruchstests (Schwelle, Diskrimination, Identifikation) kein signifikanter Unterschied.

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33

IX) Diskussion und praktische Schlussfolgerungen

Im Rahmen der Studie wurden 53 Patienten mit einem polyneuropathischen Syndrom

untersucht. Bei 17% der Patienten lag eine diabetische oder metabolische, bei 22,6 %

eine entzündliche oder vaskulitische, bei 7,5% eine genetische und bei 52,8% eine

idiopathische Polyneuropathie vor. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 61

Jahre.

Elektrophysiologisch konnte bei 45,35% der Patienten ein vorwiegend axonales, bei

17% ein vorwiegend demyelinisierendes und bei 30,2% der Patienten ein gemischt

axonal- demyelinisierendes Schädigungsmuster nachgewiesen werden.

Die durchschnittliche Erkrankungsdauer an der vorliegenden Neuropathie lag bei den

untersuchten Patienten im Durchschnitt bei 17,3 Monaten und der Schweregrad bei

42,7.

9,4% der untersuchten Patienten waren Raucher und 20,7% der Patienten gaben einen

Alkoholmissbrauch an. 30,2% der Patienten nahmen regelmäßig Medikamente ein.

In früheren Studien konnte bereits gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem

polyneuropathischen Syndrom Störungen der Chemosensorik auftreten können.

Störungen des Geschmacksempfinden finden sich u.a. bei Patienten mit einer

urämischen Polyneuropathie, einer Amyloidose oder einem Guillain- Barré- Syndrom.

Riechstörungen können bei Patienten mit einer Arsen- Polyneuropathie oder beim

Refsum- Syndrom nachgewiesen werden (15).

Mit dieser Studie konnte bestätigt werden, dass Patienten mit einem

polyneuropathischen Syndrom unterschiedlicher Ätiologie und Pathophysiolgie

Störungen der Chemosensorik ausweisen.

Ein wichtiges Ergebnis der durchgeführten Studie war, dass viele Patienten mit einem

polyneuropathischen Syndrom eine Störung der Chemosensorik aufwiesen, obwohl die

Patienten anamnestisch keine subjektive Störung des Geruchs- oder des Geschmacks

angegeben und sich in der HNO-ärztlichen Voruntersuchung keine schwerwiegenden

Pathologien im Hals- Nasen- Rachenbereich gefunden hatten. Eine Erklärung hierfür

könnte sein, dass die Chemosensorik bei Patienten mit Polyneuropathie erst allmählich

verloren geht und somit eine Störung oder Verlust des Geschmacks- und

Geruchsempfinden nicht in dem Maße wahrgenommen wird wie dies bei einem akuten

Verlust der Fall wäre. Auch scheint bei Polyneuropathien insbesondere der periphere

Teil des olfaktorischen Systems betroffen zu sein. Ein Beleg hierfür ist, dass die

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Patienten insbesondere im Schwellentest Defizite aufwiesen, weniger im

Diskriminations- und Identifikationstest.

Im Vergleich dazu sind bei Patienten mit einer neurodegenerativen Erkrankung alle drei

Komponenten des Geruchstestes (Schwelle, Diskrimination, Identifikation) gestört, was

wiederum auf eine generalisierte Schädigung des Geruchsempfindens hinweist. Bei den

Patienten mit normalem Geruchsvermögen fand sich hinsichtlich der Ergebnisse im

Diskriminations-, Identifikations- und Schwellentest kein wesentlicher Unterschied.

In unserer Studie konnte wie auch schon in anderen Studien bei Patienten mit einer

diabetischen Polyneuropathie eine ausgeprägtere Geschmacksstörung als bei Patienten

mit anderen Polyneuropathieformen nachgewiesen werden. Inwieweit dies aber mit

Veränderungen bei der Zusammensetzung und Produktion des Speichels oder mit einer

Schädigung des gustatorischen Systems zusammenhängt bleibt abschließend unklar.

Die männlichen Probanden wiesen in unserer Studie häufiger Geschmacksstörungen auf

als die Frauen. Bei Männern scheint auch mit zunehmendem Alter die Fähigkeit zur

Kompensation chemosensorischer Defizite begrenzt zu sein und Geschmacksstörungen

treten im Krankheitsverlauf im Vergleich zu den Frauen früher auf.

Ferner stellten wir fest, dass eine Korrelation zwischen dem Schweregrad der

Polyneuropathie (ausgedrückt durch den Dyck- Score) und der Ausprägung der

Geruchs- und Geschmacksstörung besteht. Auch scheint bei zunehmendem

Schweregrad der Erkrankung die Fähigkeit zur Identifikation von Gerüchen

nachzulassen.

Bezüglich Neurophysiologie oder Ätiologie der Polyneuropathie ergab sich in den

einzelnen Geruchstests (Schwelle, Diskrimination, Identifikation) kein signifikanter

Unterschied. Das bedeutet, dass sich die Scores für die einzelnen Geruchstests

unabhängig vom vorliegenden Schädigungsmuster (axonal, demyelinisierend oder

gemischt axonal- demyelinisierend) oder der Genese (diabetisch, entzündlich u.s.w.) der

Polyneuropathie nicht signifikant unterschieden.

Ebenfalls kein Unterschied fand sich bei Patienten mit normalem und reduziertem

Geschmacksempfinden hinsichtlich der neurophysiologischen Ergebnisse.

Die Geschmacksrichtung „süß“ wurde von den Patienten mit und ohne

Geschmacksstörung gleichermaßen am besten identifiziert. Die Geschmacksrichtung

„sauer“ wurde dagegen am schlechtesten erkannt. Die Geschmacksrichtung „bitter“

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erkannten die Patienten mit einem normalen Geschmacksempfinden am zweitbesten, die

Patienten mir einem reduzierten Geschmacksempfinden am zweitschlechtesten. Die

Geschmacksrichtung salzig wurde von Patienten mit vorliegender Geschmacksstörung

am zweitbesten, von Patienten ohne Geschmacksstörung am zweitschlechtesten erkannt.

Der für die Studie verwendete Test ist ein einfacher, wenig zeitaufwendiger und nicht-

invasiver Bedside- Test, der von den Patienten gut akzeptiert wird.

Der Test erkennt bei ca. 40-50% der Patienten mit einem polyneuropathischen Syndrom

eine chemosensorische Störung und bietet so die Möglichkeit, Patienten, die subjektiv

noch keine Störung des Geruchs- und/ oder Geschmacksinnes wahrgenommen haben,

zeitnah Therapien zuzuführen. Als „Screening-Verfahren“ ist der Test jedoch

ungeeignet, da er zum Nachweis eines polyneuropathischen Syndroms zu unspezifisch

ist.

Zur Differenzierung einzelner Polyneuropathieformen lässt sich der chemosensorische

Test sicherlich auch aufgrund der relativ geringen Fallzahl unserer Studie nicht

einsetzen, auch wenn bei unseren untersuchten Patienten mit diabetischer oder

metabolischer Polyneuropathie eine ausgeprägtere Schmeckstörung als bei den anderen

Polyneuropathieformen nachgewiesen werden konnte. Erschwerend kommt hinzu, dass

sich bei unserer Kohorte ein Selektionseffekt zeigte, da bei der größten Untergruppe

(52,8%) eine idiopathische Polyneuropathie diagnostiziert wurde.

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36

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Sonderausgabe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/ New York. 2000. S. 539-541

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Sceening of olfactory performance. Rhinology. 34. 1996. S. 222-226.

21.) Kunze K. Lehrbuch der Neurologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/ New York.

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22.) Leitlinien der Dt. Ges. f. Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-

Chirurgie. Riechstörungen: Leitlinie zur Epidemiologie, Pathophysiologie,

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Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Schmeckstörungen:

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Therapie. AWMF online. 2009. S. 1-7.

24.) Masuhr KF, Neumann M. Neurologie. 6. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart.

2007. S. 466-478.

25.) Mumenthaler M, Mattle H. Neurologie. 11. Auflage. Georg Thieme Verlag,

Stuttgart/ New York. 2002. S. 587-623.

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123. 1998. S. 1519-1522.

29.) Neundörfer B. Polyneuropathien: Standards. Nervenheilkunde. 14. 1995. S. 164-

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30.) Rohen JW. Funktionelle Anatomie des Nervensystems. 5. Auflage. Schattauer

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33.) Straube A. Stufendiagnostik bei Polyneuropathien: klinisch geleitetes Vorgehen.

Der Bay. Int. 21. 5. 2001. S. 266-274.

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Verlag, München/ Stuttgart/ Jena/ Lübeck/ Ulm. 1999. S. 1-8.

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XI) Anhang

Untersuchungsprotokoll

Doktorand: Constanze Höcherl

Betreuer: Prof. Heckmann

Patientenidentifikation:

Name, Vorname: Pat.nummer:

Geb.datum: Archivnummer:

Geschlecht:

Aufnahmedatum: Untersuchungsdatum:

Herkunft des Patienten:

Von O Normalstation O Notaufnahmestation O Intensivstation

O anderem KH O zuhause O Altersheim

O sonstiges

Händigkeit: O rechts O links

Schulausbildung: O Hauptschule O Realschule O Gymnasium O sonstiges:

Dauer der Schulausbildung (in Jahren):

Abschluss:

Beruf:

Bisherige Anamnese:

Vorerkrankungen:

Eigenanamnese:

Familienanamnese:

Sozialanamnese:

Bisherige Medikamente:

Vegetative Anamnese:

Klinische Untersuchung/Befund:

Neurologische Untersuchung:

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Aktuelle Erkrankung:

Aktuelle Anamnese:

Schweregradeinteilung der Polyneuropathie nach Dyck:

Momentane Medikation:

Medikament: seit wann: Dosis: Zeitpunkt der Einnahme:

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

---------------- --------------- ---------- ----------------------

Vorerkrankungen bezügl der Polyneuropathie:

O Lunge O Niere O Hyperlipidämie O Hyperurikämie

O Immunvaskulitiden O Trauma O hämatolog.(Vit.B12) O Hirntumor

O Herzerkrankungen:

O Hypertonie, seit:

O Diabetes mell. Typ: seit: insulinpflichtig seit:

O Nikotin, seit: Zigaretten/die: pack year:

O Alkohol, Menge/die

Ätiologie: O Diabeth.PNP O Alkohol. PNP O Immunvaskulitis

O Bannwarth-Syndrom O idiopath.PNP O Vitaminmangel (B1, B6, B12, E, Folsäure)

O sonstiges:

Schmeckanamnese:

O Infektionen des oberen Respirationstraktes O Kollagenosen O iatrogen

O Chronische Sialadenitis O Xerostomie O Tonsillitis

O Zahnerkrankungen O Burning Mouth Syndrom O Schluckstörungen

O Traumen O Candida Infektionen O Oralchirugie

O Operationen O Tox. Substanzen O sonstiges:

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Pharyngeale Funktion:

möglich nicht möglich

Husten: O O

Palatale Elevation: O O

Pharyngeale Sensation: O O

Zungenabweichung: O ja O nein

Schmeckfrage 1: Leiden Sie unter Geschmacksstörungen?

Schmeckfrage 2: Haben Sie Schwierigkeiten, süss, sauer, salzig und bitter zu

unterscheiden?

Schmeckfrage 3: Nehmen Sie Schmeckeindrücke wahr, obwohl Sie gar nicht vorhanden

sind?

Geruchsfrage 1: Leiden Sie unter Geruchsstörungen?

Geruchsfrage 2: Haben Sie Schwierigkeiten, bestimmte Gerüche zu erkennen?

Geruchsfrage 3: Nehmen Sie Gerüche auch wahr, wenn Sie gar nicht vorhanden sind?

Auswertung der Tests:

Schweregradeinteilung der Polyneuropathie nach Dyck:

Unterscore I: Symptome

A.) Muskel

Bulbär: (max. 4 Pkt.)

Extremitäten: (max. 4 Pkt.)

B.) Sensorik

neg.Symptome: (max. 3 Pkt.)

pos.Symptome: (max. 2 Pkt.)

C.) Autonom.NS (max. 4 Pkt.)

(insgesamt max. 17 Pkt.)

Unterscore II: Neurolog. Behinderung

A.) Hirnnerven

rechts: (max. 24 Pkt.)

links: (max. 24 Pkt.)

B.) Muskel

rechts: (max. 64 Pkt.)

links: (max. 64 Pkt)

C.) Reflexe

rechts: (max. 20 Pkt.)

links: (max. 20 Pkt.)

D.) Gefühl

Zeigefinger rechts: (max. 16 Pkt.)

links: (max. 16. Pkt.)

Grosse Zehe rechts: (max. 16 Pkt.)

links: (max. 16 Pkt.)

(insgesamt max. 280 Pkt.)

Unterscore I + II: (max. 297 Pkt.)

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Riechtest (Sniffin´Sticks): Schwellentest:

Diskrimination:

Identifikation:

Schmecktest (Whole mouth test):

Qualität: erkannt nicht erkannt

Süss: O O

Salzig: O O

Sauer: O O

Bitter: O O

Geschmacksstreifen

Anzahl korrekter Identifikationen : rechts: (max.16)

links: (max.16)

Testung:

Schweregradeinteilung der Polyneuropathie nach Dyck

Unterscore I: Symptome

A.) Muskel

Medullär

1. Extraocular ----

2. Gesicht ----

3. Zunge ----

4. Rachen ----

Extremitäten

5. Schultergürtel und Oberarm ----

6. Hand ----

7. Glutei und Oberschenkel ----

8. Beine ----

B.) Sensorik

Neg. Symptome

9. Schwierigkeit beim Erkennen v. Objekten im Mund ----

10. Schwierigkeit beim Erkennen v. Objekten in den Händen ----

11. Gangunsicherheit ----

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Pos. Symptome

12. Taubheit, Einschlafgefühl, Kribbeln auf einer Seite ----

13. Schmerz, Brennen, schmerzhafte Spannung an einer Stelle ----

C.) Autonomes NS

14. haltungsbedingte Schwäche ----

15. Impotenz (Mann) ----

16. Verlust der Harnkontrolle ----

17. Nächtl.Durchfall ----

Unterscore II: Neurolog. Behinderung

rechts links

A.) Hirnnerven

1. Stauungspapille -------- -------

2. EOM Schwäche, Gr III -------- -------

3. EOM Schwäche, Gr.VI -------- -------

4. Gesicht -------- -------

5. Gaumen -------- -------

6. Zunge -------- -------

B.) Muskel

1. Atmung -------- -------

2. Schulterabduktion -------- -------

3. Biceps brachii -------- -------

4. Brachioradialis -------- -------

5. Extension: Ellbogen -------- -------

6. Extension: Handgelenk -------- -------

7. Flexion: Handgelenk -------- -------

8. Streckung: Finger -------- -------

9. Flexion: Finger -------- -------

10. Handmuskeln -------- -------

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11. Iliopsoas -------- -------

12. Glutei -------- -------

13. Quadrizeps -------- -------

14. Kniesehne -------- -------

15. Dorsalflexion -------- -------

16. Plantarflexion -------- -------

C.) Reflexe

1. Biceps brachii -------- -------

2. Triceps brachii -------- -------

3. Brachioradialis -------- -------

4. Quadriceps femoris (PSR) -------- -------

5. Triceps surae (ASR) -------- -------

D.) Gefühl

Zeigefinger

1. Berührung / Druck -------- -------

2. „Piekender“ Schmerz -------- -------

3. Vibration -------- -------

4. Gelenkstellung -------- -------

Große Zehe

1. Berührung / Druck -------- -------

2. „Piekender“ Schmerz -------- -------

3. Vibration -------- -------

4. Gelenkstellung -------- -------

0: kein Defizit 3: stark ausgeprägtes Defizit

1: geringes Defizit 4: Kompletter Funktionsverlust oder

2: mäßiges Defizit äußerst stark ausgeprägtes Defizit

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1.)Whole Mouth Test

Grün Süss Salzig Sauer Bitter

Weiss Süss Salzig Sauer Bitter

Blau Süss Salzig Sauer Bitter

Rot Süss Salzig Sauer Bitter

Ergebnis beidseits

2.)Riechtestung:

a.) Schwellentest:

Ver

d.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

Ergebnis beidseits

b.) Diskriminationstest:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Rot

Grün

Blau

Ergebnis (Summe der korrekten Diskriminationen ) beidseits

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c.) Identifikationstest: 1 Orange Brombeere Erdbeere Ananas 9 Zwiebel Sauer-

kraut Knoblauch Möhren

2 Rauch Klebstoff Schuhleder Gras 10 Zigarette Kaffee Wein Kerzen-

rauch

3 Honig Vanille Schokolade Zimt 11 Melone Pfirsich Orange Apfel

4 Schnitt-

lauch

Pfeffer-

minz

Fichte Zwiebel 12 Gewürzn. Pfeffer Zimt Senf

5 Kokos Banane Walnuss Kirsche 13 Birne Pflaume Pfirsich Ananas

6 Pfirsich Apfel Zitrone Grapefruit 14 Kamille Himbeere Rose Kirsche

7 Lakritz Gummib. Kaugummi Kekse 15 Anis Rum Honig Fichte

8 Senf Gummi Menthol Terpentin 16 Brot Fisch Käse Schinken

Ergebnis beidseits

3.)Schmeckstreifen

Probe Seite Süss Sauer Bitter Salzig

4 links

8 rechts

12 links

16 rechts

16 links

12 rechts

8 links

4 rechts

7 links

15 rechts

3 links

11 rechts

11 links

3 rechts

15 links

7 rechts

14 links

10 rechts

6 links

2 rechts

2 links

6 rechts

5 links

14 rechts

13 links

1 rechts

10 links

5 rechts

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47

9 links

13 rechts

1 links

9 rechts

Anzahl korrekter Identifikation

Rechts Links

süss

sauer

bitter

salzig

Normwerte:

Schwelle beidseits: 18- 50 Jahre: 9,45 ±0,9 51-80 Jahre: 7,4 ±2,1

Diskrimination beidseits: 18- 50 Jahre: 12,35 ±1,5 51-80 Jahre: 10,6 ±1,4

Identifikation beidseits: 18- 50 Jahre: 14,7 ±1,2 51-80 Jahre: 13,7 ±1,5

Whole Mouth Test: süß/ sauer/ bitter/ salzig richtig erkannt: normwertig.

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XII) Danksagung

Bei meinem Doktorvater Prof. Dr. med. Heckmann möchte ich mich für die exzellente

Betreuung und Unterstützung sehr bedanken. Ihm habe ich die Aufgabestellung, die

statistische Auswertung und Veröffentlichung der Arbeit zu verdanken.

Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. med. Hummel, der mich mit viel

Geduld und Engagement nicht nur in den Testablauf, sondern auch auf dem Gebiet der

Geruchs- und Geschmacksstörungen eingearbeitet hat und an der Entstehung dieser

Arbeit maßgeblich beteiligt war.

Ferner möchte ich mich bei den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen und dem

Pflegepersonal der Neurologischen Klinik der Universität Erlangen für die große

Unterstützung während der Zeit der klinischen Untersuchungen bedanken.

Mein besonderer Dank gilt auch den Patienten, die als Probanden an dieser Studie

teilgenommen haben und ohne die diese Studie nicht möglich gewesen wäre.

Zuletzt möchte ich mich ganz besonders bei meiner Familie bedanken, die mich

während des gesamten Studiums und weiteren Berufslebens in jeglicher Hinsicht

unterstützt und motiviert hat- ihnen möchte ich diese Arbeit widmen.

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XIII) Lebenslauf

Name Höcherl, Constanze

Geburtsdatum 11.08.1980

Geburtsort Erlangen

Eltern Dr. med. Günter Höcherl, Internist

Bärbel Höcherl, Dipl.-Handelslehrerin

Geschwister Christian Höcherl, Dipl.- Ingenieur/ Luft- und

Raumfahrttechnik

Familienstand ledig

Schulbildung

1986-1990 Grundschule in Nürnberg

1990-1999 Neues Gymnasium Nürnberg mit Abschluss Abitur

Studium

2000-2006 Studium der Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen

2002 Physikum

2003 1.Staatsexamen

2005 2.Staatsexamen

2006 3.Staatsexamen

Praktika/ Berufserfahrung

während des Studiums

1999 Krankenpflegepraktikum, Dermatologische Abteilung des Klinikums

Nürnberg Nord

1999-2000 Praktikum, Internistische Arztpraxis in Nürnberg

2001-2003 Tutorin des Präparierkurses im Anatomischen Institut der Universität

Erlangen

2003-2005 Studentische Hilfskraft, Augenklinik der Universität Erlangen

2002 Famulatur, Chirurgische Abteilung des Krankenhauses Martha Maria

in Nürnberg

2003 Famulatur, Neurologische Klinik der Universität Erlangen

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2004 Famulatur, Innere Abteilung des Theresien-Krankenhauses in Nürnberg

Famulatur, Neurologische Abteilung der Hedonklinik in Lingen

Famulatur, Internistische Arztpraxis in Nürnberg

2005-2006 Praktisches Jahr:

Neurologische Klinik der Universität Erlangen

Innere und Chirurgische Abteilung der Kreisklinik Ottobeuren,

Lehrkrankenhaus der Universität Erlangen-Nürnberg

Berufserfahrung

07/2006-12/2006 Tätigkeit als Assistenzärztin in der kardiologisch-diabetischen

Rehabilitation, Frankenklinik Bad Neustadt/Saale

02/2007-09/2010 Tätigkeit als Assistenzärztin in der Neurologischen Abteilung,

Marienkrankenhaus Amberg

Seit 10/2010 Tätigkeit als Assistenzärztin in der Medizinisch-

Psychosomatischen Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee