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Seminar: Interpersonale Kommunikation Dozentinnen : Prof. Dr. Gertraud Koch; Dr. des. Halyna Leontiy Abgabetermin: 27.01.2009 Verfasser: Daniel Lang, Moritz Layer, Moritz Klein Thesenpapier zu: Roland Burkhart/Alfred Lang Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas - Eine kommentierte Textcollage Die Theorie des kommunikativen Handelns Im Vorliegenden Thesenpapier werden die wesentlichen Thesen aus dem Text Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas – Eine kommentierte Textcollage von Roland Burkhart und Alfred Lang aufgeführt und kurz erläutert. Der Text von Burkhart und Lang ist in drei Sinnabschnitte untergliedert. An dieser Struktur ist das Thesenpapier ausgerichtet. 1. Sprache, Kommunikation und Verständigung. In diesem Teil wird der Zweck von sprachlicher Kommunikation erläutert und die Möglichkeiten zur Erreichung dieses Zwecks dargelegt. 2. „Kommunikation und Gesellschaft“. Im zweiten Abschnitt wird ein gesellschaftstheoretisches Modell der Moderne skizziert und seine Interdependenz mit der Kommunikation herausgestellt. 3. Öffentlichkeit, Massenmedien und Demokratie. In diesem Teil wird „Öffentlichkeit“ und ihre Bedeutung für eine funktionierende Demokratie beschrieben. 1. Sprache, Kommunikation und Verständigung Kommunikationstheorie „von innen“ Die Theorie des kommunikativen Handelns ist aufzufassen als eine Kommunikationstheorie „von innen“. Das bedeutet, dass die Analyse aus Perspektive der an der Kommunikation Beteiligten erfolgt. Als Medium, über das kommuniziert wird, steht die Sprache im Mittelpunkt (vgl. S.40). Der Zweck von sprachlicher Kommunikation ist das Herbeiführen eines Einverständnisses. Der Zweck sprachlicher Kommunikation besteht in der Verständigung zwischen den Kommunizierenden („Sprecher/Hörer). Entscheidend ist, dass Habermas den Begriff der Verständigung als Ausgleich von Meinungsverschiedenheiten versteht und nicht als einfaches identisches Auffassen von Meinungen oder Absichten. In andern Worten: Der Hörer soll das Gehörte nicht nur verstehen, sondern auch glauben/befolgen. „Als Verständigung gilt vielmehr der Prozess der Einigung unter kommunika- tionsfähigen Subjekten, wobei das Ziel die Herbeiführung eines Einverständnisses ist (S.44).

Roland Burkhart/Alfred Lang Die Theorie des …images.wikia.com/kommunikation/images/5/58/ThesenpapierHabermas... · Habermas entwirft mit seiner Theorie des kommunikativen Handelns

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Seminar: Interpersonale Kommunikation Dozentinnen : Prof. Dr. Gertraud Koch; Dr. des. Halyna Leontiy Abgabetermin: 27.01.2009 Verfasser: Daniel Lang, Moritz Layer, Moritz Klein Thesenpapier zu:

Roland Burkhart/Alfred Lang Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas - Eine kommentierte Textcollage Die Theorie des kommunikativen Handelns Im Vorliegenden Thesenpapier werden die wesentlichen Thesen aus dem Text Die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas – Eine kommentierte Textcollage von Roland Burkhart und Alfred Lang aufgeführt und kurz erläutert. Der Text von Burkhart und Lang ist in drei Sinnabschnitte untergliedert. An dieser Struktur ist das Thesenpapier ausgerichtet. 1. Sprache, Kommunikation und Verständigung. In diesem Teil wird der Zweck von sprachlicher Kommunikation erläutert und die Möglichkeiten zur Erreichung dieses Zwecks dargelegt. 2. „Kommunikation und Gesellschaft“. Im zweiten Abschnitt wird ein gesellschaftstheoretisches Modell der Moderne skizziert und seine Interdependenz mit der Kommunikation herausgestellt. 3. Öffentlichkeit, Massenmedien und Demokratie. In diesem Teil wird „Öffentlichkeit“ und ihre Bedeutung für eine funktionierende Demokratie beschrieben.

1. Sprache, Kommunikation und Verständigung Kommunikationstheorie „von innen“

Die Theorie des kommunikativen Handelns ist aufzufassen als eine Kommunikationstheorie „von innen“. Das bedeutet, dass die Analyse aus Perspektive der an der Kommunikation Beteiligten erfolgt. Als Medium, über das kommuniziert wird, steht die Sprache im Mittelpunkt (vgl. S.40).

Der Zweck von sprachlicher Kommunikation ist das Herbeiführen eines Einverständnisses.

Der Zweck sprachlicher Kommunikation besteht in der Verständigung zwischen den Kommunizierenden („Sprecher/Hörer). Entscheidend ist, dass Habermas den Begriff der Verständigung als Ausgleich von Meinungsverschiedenheiten versteht und nicht als einfaches identisches Auffassen von Meinungen oder Absichten. In andern Worten: Der Hörer soll das Gehörte nicht nur verstehen, sondern auch glauben/befolgen.

„Als Verständigung gilt vielmehr der Prozess der Einigung unter kommunika-tionsfähigen Subjekten, wobei das Ziel die Herbeiführung eines Einverständnisses ist (S.44).

Ein Einverständnis wird in der alltäglichen Kommunikation nicht immer angestrebt oder erfüllt, der Begriff ist viel mehr als der ursprüngliche Sinn von Sprache aufzufassen. Somit ist es ein normativer Begriff.

Ein Einverständnis soll aus Überzeugung erfolgen

Das Einverständnis kann nur dann als legitim angesehen werden, wenn es ohne äußere Zwänge zu Stande kommt. Diese Art der Kommunikation, ohne Beeinflussung durch den Sprecher (Drohung, Lockung, Manipulation), bezeichnet Habermas als verständigungsorientierte Kommunikation. Kommt eine Einigung unter Einfluss äußerer Zwänge zu Stande kann der gefundene Konsens nicht mehr als Einverständnis angesehen werden. In diesem Fall spricht Habermas von der strategischen Kommunikation. Die Fähigkeit des Sprechers zum unterscheiden, wann er sich mit Hörern verständigt und wann er auf sie einwirkt, ist nach Habermas die kommunikative Kompetenz (vgl. S. 45f.).

Die Herbeiführung eines Einverständnisses beruht auf einem festen Regelsystem

Der von Habermas entwickelte Theorieansatz, der dieses Regelsystem untersucht, ist die Universalpragmatik (auch Theorie der kommunikativen Kompetenz). Der Ausgangspunkt der Theorie ist der „Sprechakt“. Als Beispiel aufgeführt werden die Sätze/Sprechakte: „Ich verspreche dir, daß ich komme. Ich empfehle dir, das zu unterlassen“ (S. 46). Ein Sprechakt teilt sich in zwei Teile. Habermas spricht von einer „Doppelstruktur umgangssprachlicher Kommunikation“ (S. 46). Der Sprechakt gliedert sich in einen dominierenden, kommunikativen (illokutiven) und einen davon abhängigen, inhaltlichen (propositionalen) Teil. Der illokutive Teil soll eine Verbindung zwischen Sprecher und Hörer herstellen, der propositionale Teil den Inhalt der Aussage vermitteln (vgl. S.46).

Der Sprechakt ist ein Angebot zur Konsensfindung

In einer Gesprächssituation ist der Sprechakt ein Angebot, in eine sprachliche Kommunikation zu treten, also ein Einverständnis herbeizuführen, das vom Hörer wahlweise angenommen oder zurückgewiesen werden kann. Der illokutive Teil des Sprechaktes ist es, der einen „Geltungsanspruch“ an den Hörer stellt „Geltungsanspruch“ kann als Aufforderungen zur Konsensbildung aufgefasst werden. Um in einen Verständigungsprozess treten zu können, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt werden: Elementar ist die Verständlichkeit (korrekte Grammatik und Artikulation), die die Grundvoraussetzung aller sprachlicher Kommunikation darstellt. Darüber hinaus müssen die Anforderungen Richtigkeit (richtige Sprechhandlung zum Aufbau interpersonaler Beziehung), Wahrheit (Vereinbarung mit gültigem Normsystem) und Wahrhaftigkeit (Glaubwürdigkeit) erfüllt werden. Unter Verweis auf einen oder mehreren dieser Ansprüche kann der Hörer ein Sprechangebot ausschlagen. Wird das Angebot angenommen, also der Hörer Richtigkeit, Wahrheit und Wahrhaftigkeit nicht anzweifelt, kommt es zu einer Konsensfindung. Der Sprecher hat im Falle des Ablehnens mehrere Möglichkeiten, den Hörer zur Annahme des Angebotes zu überzeugen. In der verständigungsorientierten Kommunikation durch rationale Motivation, in der strategischen Kommunikation durch Einflussnahme (S. 46-48.).

Bei Ausschlagung des Sprechaktangebots kann ein Konsens im Diskurs gefunden werden

Das Augenmerk soll in diesem Fall auf die verständigungsorientierte Kommunikation gerichtet werden, also durch rationale Motivation. Rational motivieren bedeutet, den Hörer durch Argumente zu überzeugen. Rationalität misst sich dabei, wie gut eine Äußerung unter geeigneten Umständen begründet werden kann. In der Alltagspraxis ist eine explizite

Begründung zur Annahme der Geltungsansprüche oft nicht von Nöten. Im Falle einer Ablehnung kann in solch einem Fall eine Annahme des Sprechaktes oft durch Deutungen (Probleme bei der Verständlichkeit), Rechtfertigungen (P. Richtigkeit), oder Behauptungen und Erklärungen (P. Wahrheit) erzielt werden. Habermas spricht dabei von „Reparaturleitungen“ (vgl. S. 47f.). Führt eine Rechtfertigung nicht zur Konsensfindung, kann diese durch explizite Argumentation erreicht werden. Dies geschieht in einem Diskurs. Dabei versuchen Sprecher und Hörer unter der Bedingung der idealen Sprechsituation und mit Hilfe überzeugender Argumente ein Einverständnis herbeizuführen. Die ideale Sprechsituation besagt, dass eine Einigung frei von inneren und äußeren Zwängen nur durch die besseren Argumente erzielt wird. In Fällen in den ein „besonderes Interesse im Spiel ist“ kann es dazu führen, dass keine Einigung erzielt wird. In diesen Fällen kommt es durch Verhandlungen zu einem Kompromiss (vgl. 49-51).

2. Kommunikation und Gesellschaft

Jeder Aktor handelt zielgerichtet Um seine Ziele verwirklichen zu können, hat der Agierende verschiedene Handlungsoptionen: - kommunikatives Handeln: Handlung zielt auf Einverständnis, Aktoren stimmen Handlungspläne intern ab – soziale Handlung - strategisches Handeln: Handlung ausschließlich am Erfolg/ Konsequenz orientiert, durch externe Beeinflussung eines Interaktionspartners – soziale Handlung - instrumentelles Handeln: Erfolgsorientierte Aktion ohne humane Interaktionspartner – nicht-soziale Handlung Ob eine Handlung sozial, oder nicht-sozial ist, entscheidet sich danach, ob der Handelnde mindestens eine weitere Person zur Durchführung seiner Handlung benötigt (sozial) oder nicht. Die Lebenswelt bildet den Kontext und die Ressourcen für die Kommunikation Die Lebenswelt setzt sich aus den drei Bereichen Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit zusammen. Kultur ist eine durch Verständigung erzielte Wissensansammlung, die ein Interpretationsschema zur Deutung der Sprachakte darstellt. Die Gesellschaft bietet eine Ordnung, welche, ähnlich Bourdieus Modell des Habitus‘, klassenspezifisch mit Werten und Normen dient, und der Persönlichkeit, welche repräsentativ für erworbene Kompetenzen steht. Persönlichkeit ist aufzufassen als Kompetenz an einem Verständigungsprozess teilzunehmen und in wechselnden Interaktionsbeziehungen die eigene Identität zu wahren. Kommunikatives Handeln ist die Grundlage für die Reproduktion der Lebenswelt Durch Verständigung finden ein kultureller Austausch und eine Verfestigung der Kultur satt, eine Etablierung von Werten und Normen sowie eine Sozialisierung und Identitätsbildung bei Heranwachsenden. Durch nicht kommunikatives Handeln wird eine nicht legitime Einigung getroffen und die beschriebenen Prozesse, kulturelle Integration, soziale Integration sowie die Sozialisation, werden gestört. Die Rationalisierung der Lebenswelt entzieht die Grundlagen für die verständigungs-orientierte Kommunikation Auf Grund der Rationalisierung (Ratio = Vernunft, logisches Denkvermögen) kommt es mit der Moderne zu einem Verlust der Religionen, metaphysischen Erklärung und Mythen als

einheitsstiftende Kraft. Das hat zur Folge, dass sich verschiedenartigere Überzeugungen, Werte und Anschauungen verbreiten, die eine einfache Verständigung (Einverständniserzielung) erschweren. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Persönlichkeit sind, dass Werte und Normen letztlich in Diskursen verhandelt werden und sich eine Ich-Bezogenheit einstellt. Zurückzuführen sind daraus resultierende pathologische Entwicklungen nicht auf die Rationalisierung sondern auf die Entwicklungen der Moderne (s.u.). Dieser Standpunkt ist konträr zu dem der Vertreter einer konservativen Kulturkritik. „ Die Gesellschaft ist gleichzeitig System und Lebenswelt“

Von der Lebenswelt haben sich die Systeme Wirtschaft und Staat (bürokratische Verwaltung, worunter auch Politik fällt) abgespalten und verselbstständigt. Lebenswelt und System unterscheiden sich in den „Bestandserhaltungsimperativen“. Im Gegensatz zu der vom kommunikativen Handeln bestimmten Lebenswelt werden die Systeme durch egozentrische Nutzenkalkulation beherrscht. Die Systeme durchdringen die Lebenswelt und erzwingen eine Assimilation Da sich die bereits erwähnten Subsysteme verselbstständigt haben und auch auf Bereichen der Lebenswelt eine immer weiter reichende determinierende Wirkung haben, spricht man von einer Kolonialisierung. Der Eingriff findet auch in Bereichen statt, welche auf kommunikatives Handeln angewiesen sind, was eine pathologische Wirkung, die Verdrängung des kommunikativen Handelns, zur Folge hat. Die kulturelle Verarmung verhindert, dass die Lebenswelt der Kolonialisierung der Systeme Widerstand leisten kann Durch die Professionalisierung der Lebenswelt kommt es zur Entstehung einer Experten-kultur und einem Wachsenden Abstand zwischen der Expertenkultur und dem gemeinen Volk. Das hat zur Folge, dass eine Verarmung der „in ihrer Traditionssubstanz entwerteten Lebenswelt“ droht.

3. Öffentlichkeit, Massenmedien und Demokratie Lebenswelt des Individuums

Die Lebenswelt des Individuums besteht aus Öffentlichkeit und Privatsphäre. Öffentlichkeit ist dabei in kulturelle und politische Öffentlichkeit unterteilt. Das Ziel der politischen Öffentlichkeit ist die Regelung des Zusammenlebens. Beiden Öffentlichkeiten liegen als Infrastruktur die Massenmedien zugrunde.

Die Öffentlichkeit ist einem stetigen Strukturwandel unterzogen.

Während die "Öffentlichkeit" im Mittelalter nicht Habermas' normativem Anspruch eines Orts der freien Willensbildung gerecht wird, entwickelt sich im 18. und frühen 19. Jhdt. eine bürgerliche Öffentlichkeit, die, zunächst nur literarisch und kunstkritisch interessiert, im Zuge der französischen Revolution bald auch politisiert wird. Es entstehen eine Meinungspresse und der Kampf für Meinungsfreiheit und gegen Zensur. Die letzte von Habermas beschriebene Phase des „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ beschreibt nun die Annexion dieses neu geformten Ortes der Willensbildung durch die administrative Macht zum Zwecke der Manipulation (vgl. S.62).

Autonome Öffentlichkeiten erhalten sich ihre Unabhängigkeit.

Trotz der manipulativen Versuche der administrativen Macht ist der Öffentlichkeit ein gewisser Grad an Autonomie nicht zu nehmen. Hierfür gibt es mehrere Gründe. So kann auch in scheinbaren Massenkulturgütern Kritik und Inspiration stecken. Habermas kritisiert Adornos übermäßige Abneigung gegen Massengüter (vgl. Raymond Williams (1958), "Culture is ordinary"). Außerdem steht einer weiteren Instrumentalisierung der Massenmedien eine Dezentralisierung aufgrund technischer Entwicklung in den elektronischen Medien entgegen (vgl. S. 63). Zuletzt können Botschaften ihr Ziel verfehlen, weil der Empfänger aufgrund seines Umfeldes die Nachricht wie geplant aufnimmt (vgl. Bourdieus Habitus-Modell. Sie verfügen eventuell nicht über die zum Verständnis der Nachricht nötigen Codes).

Politische Öffentlichkeit ist eine Vorraussetzung für Demokratie.

Der Diskurs in der autonomen politischen Öffentlichkeit ist für die politische Willensbildung in einer Demokratie essenziell. Die Willensbildung ist dabei in 2 Ebenen eingeteilt: die durch die administrative Macht selbst garantierte und die aus dem Diskurs der autonomen politischen Öffentlichkeit entstehende, das administrative System hinterfragende. Die unabhängigen Öffentlichkeiten „repräsentieren die Macht der öffentlichen Diskurse“, gleichwohl üben sie selbst keine direkte Macht aus, sondern haben nur indirekt Macht, indem sie auf die Vergabe von Legitimation Einfluss nehmen (vgl. S.65).

Résumé und Kritik: Habermas entwirft mit seiner Theorie des kommunikativen Handelns eine Gesellschaftstheorie, die auf einer Kommunikationstheorie aufbaut. Ausgangspunkt ist der normative Anspruch an den Kommunikationsprozess, der darauf abzielt, ein legitimes Einverständnis zwischen Sprecher und Hörer zu erzielen. Erreicht wird Verständigung durch verständigungsorientierte Kommunikation, die die Grundlage für den Begriff des kommunikativen Handelns bildet. Das kommunikative Handeln ist Voraussetzung für die Reproduktion der Lebenswelt und somit für einen Teil der Gesellschaft, die sich nach Habermas gleichzeitig aus System und Lebenswelt zusammensetzt. Die Lebenswelt wiederrum bildet die Grundlage der Demokratie. Sie teilt sich in Privatsphäre und Öffentlichkeit, die Öffentlichkeit ist nochmals in kulturelle und politische Öffentlichkeit untergliedert. Die Voraussetzungen für Demokratie schafft in diesem Konstrukt die politische Öffentlichkeit, die essenziel für die politische Willensbildung ist. Ein Kritikpunkt an Habermas Theorie des kommunikativen Handelns ist, dass der normative Anspruch an Kommunikation so hoch ist, dass er kaum einzulösen ist. Eine Verständigung frei von jeglichen Zwängen und ohne (unbewusste) Einflussnahme durch den Sprecher ist fast nicht möglich. Ebenso wenig Einlösbar ist das Eintreten in eine ideale Sprechsituation, da die Interaktionsteilnehmer wohl immer zumindest zu einem gewissen Grad durch innere Zwänge oder Überzeugungen determiniert sind. Das die Unterwanderung der Systeme Wirtschaft und Staat, die sich im wesentlichen durch die Entstehung des Kapitalismus und der bürokratischen Verwaltung herausgebildet haben, die Lebenswelt kolonialisieren, und das kommunikative Handeln verdrängen, ist nachvollziehbar. Dass das Streben nach Reichtum und Macht allerdings erst mit der Ausbreitung der Systeme beginnt, ist kritisch zu hinterfragen. Das Menschen nach Macht und Reichtum streben ist seit je her durch die Zeitgeschichte hinweg erkennbar. Als Beispiel sei hier die Entstehung und Ausbreitung der Großreiche Persien und Rom angeführt, aber auch die unzähligen Kriege, die in der Geschichte immer wieder ausgebrochen sind. Wurden nicht überhaupt erst aus dem Wunsch nach Macht und Geld heraus die Systeme erschaffen?