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Samstag, 5. Dezember 2015 / Nr. 282 Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung Klub der jungen Dichter 30 Wer bin ich? «Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schau- en?» Es war ein regnerischer Tag, als sich der 39-jäh- rige Frederik Arwin in einem Diner einen heissen Kaffee gönnte. Wenige Minuten darauf kam ein Mann in das Lokal. Er sah Frederik und setzte sich zu ihm. Der Fremde trug eine weisse Phantom- maske. «Kann ich Ihnen helfen?», fragte Frederik. Der Mann sah ihn nur an. Dann fing er an zu reden. «Ein rumänischer Philosoph namens Emil Cioran sagte einst: ‹Wir leben nicht in einem Land, sondern in einer Sprache. Unsere Muttersprache ist unser wahres Vaterland.›» – «Was wollen Sie mir damit sagen?» – «Du magst doch Philosophie, oder, Fre- derik?» Frederik hielt kurz den Atem an. «Wer sind Sie, und woher kennen Sie meinen Namen?» «Wer ich bin? Ich ... du führst Selbstgespräche», sagte der Maskenträger leise. «Bitte gehen Sie.» «Ich kann nicht gehen. Du hast mich gerufen.» «Gehen Sie, oder ich rufe die Polizei!» «Du und ich, Frederik. Wir sind Synonyme.» «Das reicht!», rief Frederik verärgert und wollte das Diner verlassen. Doch die Tür ging nicht auf. Als er sich umdrehte, war der Raum leer. Der Ein- zige, der noch dort sass, war der mysteriöse Mann. «Bitte setz dich wieder. Es ist unhöflich, einfach zu gehen.» Frederik setzte sich wieder. «Was wollen Sie jetzt von mir, und warum duzen Sie mich eigentlich?» «Ich bin nicht hier, weil ich etwas von dir will. Und warum ich dich mit ‹du› anspreche? Warum tust du es nicht?» Für Frederik wurde die Situation immer kryptischer. «Sieh dich doch nur mal an, Frederik. Du weisst nicht, wer du bist. Die Stimmen verunsichern dich, lösen Aggressionen aus.» Frede- rik wurde die Lage immer unangenehmer. «Erinnerst du dich daran, als du als Kind davon geträumt hast, ein Philosoph zu werden? Ich weiss noch, als wir … als du deinen Mitschülern immer wieder erklärt hast, was Philosophie ist. In der Philosophie wird versucht, die menschliche Existenz zu ergrün- den, zu deuten und zu verstehen.» Frederik dachte nach: Warum sagte er ‹wir›? Der Fremde fing an, aus seiner Hand eine Faust zu formen. «Der menschliche Verstand ist ein Instrument des Wunders. Doch es gibt Leute, die ihren Verstand primitiv einsetzen. Wir beide sind der Meinung, dass die Menschen ihre Lektion lernen müssen.» «Wer sind Sie?», fragte Frederik. «Ich bin du. Aber weisst du, wer du bist? Ich bin ein Phantom, dein Phantom.» Frederik bekam es mit der Angst zu tun. «Was meinen Sie damit?» Der Fremde legte die Maske ab. Frederik sah ihn an und sah sich selber. Verängstigt schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er eine Frau, die einen Spiegel vor sein Gesicht hielt. Frederik wollte gehen. Doch er konnte nicht. Er war gefesselt und trug eine Zwangsjacke. Ausserdem war er nicht mehr im Diner. «Wo bin ich?», fragte Frederik die Frau. «Sie sind im Major Lunatik Asylum.» – «Wie- so?» – «Sie haben eine dissoziative Identitätsstörung. Ihre Symptome sind überwiegend aggressiver Natur. Wir mussten Sie in Gewahrsam nehmen.» «Eine dissoziative Identitätsstörung?» – «Ja, Ihre Persönlichkeit spaltet sich. Sie wissen nicht genau, wer Sie eigentlich sind. Und nun beantworten Sie bitte meine Frage. Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?» Er blickte in den Spiegel. Sein Spiegelbild machte ein verschmiertes Lächeln. Fre- derik aber nicht. «Ein Phantom.» Wer wir sind, bestimmen wir durch unsere Taten. Doch wir können nicht leugnen, dass wir tief in uns etwas verbergen, eine zweite Persönlichkeit. Ein Phantom. Lukas Getzmann Kriens 3. Oberstufe Illustration Tiemo Wydler Isabelle und das Königreich Isadorien An einem sonnigen Tag spielt die 6-jährige Lena draussen. Sie spielt gerne mit Puppen. Nun muss sie aber ihre Puppen aufräumen und macht sich auf den Weg ins Schlafzimmer. Doch sie verliert eine Puppe im Treppenhaus. «Ich komme dich gleich holen», sagt Lena zu ihrer Puppe. Lena geht in ihr Schlafzimmer und setzt ihre Puppen auf ihr Bett. Danach macht sie sich bereit zum Schlafen. In der Nacht erwacht Lena. Sie erinnert sich an ihre vergessene Puppe. Schnell will sie diese holen. Aber die Puppe ist nicht mehr da. Sie läuft lang- sam die Treppe hinunter und merkt, dass die Eingangstüre offen steht. Lena geht durch die Eingangstüre. Als sie draussen ist, schein die Son- ne, und es sind viele verschiedene Kreaturen zu sehen: Feen, Hexen, Zauberer und Dinosaurier. Neugierig schaut sie sich um und entdeckt in der Nähe ein Gebüsch, auf dem eine kleine Fee sitzt. Lena fragt die Fee: «Wo bin ich hier?» «Du bist in Isadorien», antwortet die Fee freund- lich. «Mein Name ist Princibella. Wie bist du hierhergekommen?» «Keine Ahnung», antwortet Lena. «Ich ging durch meine Haustüre, und plötzlich war ich hier. Ich suche meine Puppe.» «Wie sieht deine Puppe aus?» – «Sie hat grosse hellblaue Augen, lange schwarze Haare mit einer roten Masche und ein rosarotes glitzerndes Kleid.» – «Das ist doch unsere Königin Isabelle. Sie war lange verschwunden. Letzte Nacht ist sie zurück- gekommen. Willst du mit ihr sprechen?» – «Oh ja, gerne. Was soll ich machen?» – «Du musst eine rosarote, eine blaue, eine gelbe und eine rote Blume pflücken und diese zusammen in die Haa- re stecken. Danach musst du die Augen schliessen und folgenden Satz aufsagen: «Liebe Isabelle, komm schnell her, ich will nicht klagen, ich will dich nur was fragen.» Lena befolgt die Anweisungen. Plötzlich fängt die Luft an zu glitzern. Ein leises Klingeln ertönt, und das Licht wird heller. So stark, dass es Lena blendet und sie die Augen schliessen muss. Als sie die Augen wieder öffnet, steht ihre Puppe vor ihr. «Ich heisse Isabelle und bin die Königin von Isadorien. Ich wurde von den fiesen Trollen verbannt. Sie haben mich als Puppe in die Menschenwelt geschickt. Nicht nur mich, auch die Hexe Durlibu, welche ebenfalls als Puppe bei dir im Zimmer wohnt. Immer um Mitternacht bei Vollmond öffnet sich die Türe nach Isadorien. So- lange ich aber mit der Hexe Durlibu im gleichen Zimmer bin, kann ich mich nicht bewegen. Zum Glück hast du mich auf der Treppe vergessen. So konnte ich zurück in mein geliebtes Isadorien. Vor lauter Freude vergass ich, die Türe zu schliessen. Die Türe bleibt geöffnet, bis in Isadorien alle drei Sonnen untergehen.» «Bei mir im Zimmer wohnt eine Hexe? Welche Puppe ist denn die Hexe Durlibu?», fragt Lena schockiert. «Es ist die grösste Puppe, du nennst sie Fiona. Sie kann dir aber nichts antun. Mich kann sie aber mit ihrer Zauberkraft in die Men- schenwelt verbannen.» «Warum hat sie das gemacht?» – «Wenn ich nicht in Isadorien bin, gehen unsere 3 Sonnen nicht auf. Die Blumen blühen nicht, die Feen können nicht fliegen, dafür kommen die fiesen Trolle aus ihren Höhlen. Du musst eine wichtige Aufgabe übernehmen.» «Was ist meine Aufgabe?», fragt Lena voller Spannung. «Immer wenn Vollmond ist, muss die Hexe Durlibu in deinem Zimmer bleiben, damit sie nicht in unsere Welt kommen kann.» – «Das ma- che ich gerne.» – «Die dritte Sonne ist nahe am Horizont. Du musst dich beeilen», sagt die Königin. Schnell springen sie zur Türe. «Wenn das nächs- te Mal Vollmond ist, komm mich in Isadorien besuchen. Ich zeige dir dann mein ganzes König- reich.» Lena verabschiedet sich und verspricht Isabelle, dass sie sie besuchen wird. Sie freuen sich jetzt schon. Laura Schneider Kriens 5. Primar Die besten Storys WETTBEWERB 5067 Geschichten sind für den «Klub der jungen Dichter» 2015 eingegangen. Zur Themenauswahl standen «Familiengeschichten» und «Seltsame Begegnungen». Bis zum 18. De- zember werden wir die besten Geschichten aus den drei Kategorien 5./6. Schuljahr, 7. bis 9. Schul- jahr und ab 10. Schuljahr veröffentlichen. Als Vorjuroren arbeiteten Studentinnen und Stu- denten der Pädagogischen Hochschule Luzern. Die Bekanntgabe der Preisträger inkl. Gesamtrang- liste erfolgt in der Ausgabe vom 19. Dezember. Im Januar 2016 wird eine Auswahl der Geschich- ten professionell vertont in der Sendung «Zambo» von Schweizer Radio SRF ausgestrahlt. Alle Teilnehmer erhalten einen Preis. Der Versand erfolgt bis Ende Jahr. Wir bedanken uns bei allen Au- torinnen und Au- toren sowie bei ihren Angehöri- gen und ihren Lehrern, dank deren Mithilfe der «Klub» auch dieses Jahr ein riesiger Erfolg ist. Der Wettbewerb wird unterstützt von: ANZEIGE Wir unterstützen den «Klub der jungen Dichter» Jugend- Literatur der jungen Luzern · Länderpark Stans · Mythen Center Schwyz Aarau · Biel · Grenchen · Solothurn · Glattzentrum · Sihlcity Zürich · Zugerland · Zug

Samstag, 5. Dezember 2015 / Nr. 282 Neue Luzerner Zeitung

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Samstag, 5. Dezember 2015 / Nr. 282 Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung Klub der jungen Dichter 30

Wer bin ich?

«Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schau-en?»

Es war ein regnerischer Tag, als sich der 39-jäh-rige Frederik Arwin in einem Diner einen heissen Kaffee gönnte. Wenige Minuten darauf kam ein Mann in das Lokal. Er sah Frederik und setzte sich zu ihm. Der Fremde trug eine weisse Phantom-maske.

«Kann ich Ihnen helfen?», fragte Frederik. Der Mann sah ihn nur an. Dann fing er an zu reden. «Ein rumänischer Philosoph namens Emil Cioran sagte einst: ‹Wir leben nicht in einem Land, sondern in einer Sprache. Unsere Muttersprache ist unser wahres Vaterland.›» – «Was wollen Sie mir damit sagen?» – «Du magst doch Philosophie, oder, Fre-derik?»

Frederik hielt kurz den Atem an. «Wer sind Sie, und woher kennen Sie meinen Namen?» «Wer ich bin? Ich ... du führst Selbstgespräche», sagte der Maskenträger leise. «Bitte gehen Sie.»

«Ich kann nicht gehen. Du hast mich gerufen.» «Gehen Sie, oder ich rufe die Polizei!» «Du und ich, Frederik. Wir sind Synonyme.»

«Das reicht!», rief Frederik verärgert und wollte das Diner verlassen. Doch die Tür ging nicht auf. Als er sich umdrehte, war der Raum leer. Der Ein-zige, der noch dort sass, war der mysteriöse Mann. «Bitte setz dich wieder. Es ist unhöflich, einfach zu gehen.» Frederik setzte sich wieder. «Was wollen

Sie jetzt von mir, und warum duzen Sie mich eigentlich?»

«Ich bin nicht hier, weil ich etwas von dir will. Und warum ich dich mit ‹du› anspreche? Warum tust du es nicht?» Für Frederik wurde die Situation immer kryptischer. «Sieh dich doch nur mal an,

Frederik. Du weisst nicht, wer du bist. Die Stimmen verunsichern dich, lösen Aggressionen aus.» Frede-rik wurde die Lage immer unangenehmer. «Erinnerst du dich daran, als du als Kind davon geträumt hast, ein Philosoph zu werden? Ich weiss noch, als wir … als du deinen Mitschülern immer wieder erklärt hast, was Philosophie ist. In der Philosophie wird versucht, die menschliche Existenz zu ergrün-den, zu deuten und zu verstehen.»

Frederik dachte nach: Warum sagte er ‹wir›? Der Fremde fing an, aus seiner Hand eine Faust zu formen. «Der menschliche Verstand ist ein Instrument des Wunders. Doch es gibt Leute, die ihren Verstand primitiv einsetzen. Wir beide sind der Meinung, dass die Menschen ihre Lektion lernen müssen.»

«Wer sind Sie?», fragte Frederik. «Ich bin du. Aber weisst du, wer du bist? Ich bin ein Phantom, dein Phantom.» Frederik bekam es mit der Angst zu tun. «Was meinen Sie damit?» Der Fremde legte die Maske ab. Frederik sah ihn an und sah sich selber. Verängstigt schloss er die Augen.

Als er sie wieder öffnete, sah er eine Frau, die einen Spiegel vor sein Gesicht hielt. Frederik wollte gehen. Doch er konnte nicht. Er war gefesselt und trug eine Zwangsjacke. Ausserdem war er nicht mehr im Diner. «Wo bin ich?», fragte Frederik die Frau. «Sie sind im Major Lunatik Asylum.» – «Wie-so?» – «Sie haben eine dissoziative Identitätsstörung. Ihre Symptome sind überwiegend aggressiver Natur. Wir mussten Sie in Gewahrsam nehmen.»

«Eine dissoziative Identitätsstörung?» – «Ja, Ihre Persönlichkeit spaltet sich. Sie wissen nicht genau, wer Sie eigentlich sind. Und nun beantworten Sie bitte meine Frage. Was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?» Er blickte in den Spiegel. Sein Spiegelbild machte ein verschmiertes Lächeln. Fre-derik aber nicht. «Ein Phantom.»

Wer wir sind, bestimmen wir durch unsere Taten. Doch wir können nicht leugnen, dass wir tief in uns etwas verbergen, eine zweite Persönlichkeit. Ein Phantom.

Lukas Getzmann Kriens

3. Oberstufe

Illustration Tiemo Wydler

Isabelle und das Königreich IsadorienAn einem sonnigen Tag spielt die 6-jährige Lena

draussen. Sie spielt gerne mit Puppen. Nun muss sie aber ihre Puppen aufräumen und macht sich auf den Weg ins Schlafzimmer. Doch sie verliert eine Puppe im Treppenhaus. «Ich komme dich gleich holen», sagt Lena zu ihrer Puppe. Lena geht in ihr Schlafzimmer und setzt ihre Puppen auf ihr Bett. Danach macht sie sich bereit zum Schlafen.

In der Nacht erwacht Lena. Sie erinnert sich an ihre vergessene Puppe. Schnell will sie diese holen. Aber die Puppe ist nicht mehr da. Sie läuft lang-sam die Treppe hinunter und merkt, dass die Eingangstüre offen steht. Lena geht durch die Eingangstüre. Als sie draussen ist, schein die Son-ne, und es sind viele verschiedene Kreaturen zu sehen: Feen, Hexen, Zauberer und Dinosaurier. Neugierig schaut sie sich um und entdeckt in der Nähe ein Gebüsch, auf dem eine kleine Fee sitzt. Lena fragt die Fee: «Wo bin ich hier?»

«Du bist in Isadorien», antwortet die Fee freund-lich. «Mein Name ist Princibella. Wie bist du hierhergekommen?»

«Keine Ahnung», antwortet Lena. «Ich ging durch meine Haustüre, und plötzlich war ich hier. Ich suche meine Puppe.»

«Wie sieht deine Puppe aus?» – «Sie hat grosse hellblaue Augen, lange schwarze Haare mit einer roten Masche und ein rosarotes glitzerndes Kleid.» – «Das ist doch unsere Königin Isabelle. Sie war lange verschwunden. Letzte Nacht ist sie zurück-gekommen. Willst du mit ihr sprechen?» – «Oh ja, gerne. Was soll ich machen?» – «Du musst

eine rosarote, eine blaue, eine gelbe und eine rote Blume pflücken und diese zusammen in die Haa-re stecken. Danach musst du die Augen schliessen und folgenden Satz aufsagen: «Liebe Isabelle, komm schnell her, ich will nicht klagen, ich will dich nur was fragen.»

Lena befolgt die Anweisungen. Plötzlich fängt die Luft an zu glitzern. Ein leises Klingeln ertönt, und das Licht wird heller. So stark, dass es Lena blendet und sie die Augen schliessen muss.

Als sie die Augen wieder öffnet, steht ihre Puppe vor ihr. «Ich heisse Isabelle und bin die Königin von Isadorien. Ich wurde von den fiesen Trollen verbannt. Sie haben mich als Puppe in die Menschenwelt geschickt. Nicht nur mich, auch die Hexe Durlibu, welche ebenfalls als Puppe bei dir im Zimmer wohnt. Immer um Mitternacht bei Vollmond öffnet sich die Türe nach Isadorien. So-lange ich aber mit der Hexe Durlibu im gleichen Zimmer bin, kann ich mich nicht bewegen. Zum Glück hast du mich auf der Treppe vergessen. So konnte ich zurück in mein geliebtes Isadorien. Vor lauter Freude vergass ich, die Türe zu schliessen. Die Türe bleibt geöffnet, bis in Isadorien alle drei Sonnen untergehen.»

«Bei mir im Zimmer wohnt eine Hexe? Welche Puppe ist denn die Hexe Durlibu?», fragt Lena schockiert. «Es ist die grösste Puppe, du nennst sie Fiona. Sie kann dir aber nichts antun. Mich kann sie aber mit ihrer Zauberkraft in die Men-schenwelt verbannen.»

«Warum hat sie das gemacht?» – «Wenn ich nicht in Isadorien bin, gehen unsere 3 Sonnen nicht auf. Die Blumen blühen nicht, die Feen können nicht fliegen, dafür kommen die fiesen Trolle aus ihren Höhlen. Du musst eine wichtige Aufgabe übernehmen.»

«Was ist meine Aufgabe?», fragt Lena voller Spannung. «Immer wenn Vollmond ist, muss die Hexe Durlibu in deinem Zimmer bleiben, damit sie nicht in unsere Welt kommen kann.» – «Das ma-che ich gerne.» – «Die dritte Sonne ist nahe am Horizont. Du musst dich beeilen», sagt die Königin.

Schnell springen sie zur Türe. «Wenn das nächs-te Mal Vollmond ist, komm mich in Isadorien besuchen. Ich zeige dir dann mein ganzes König-reich.»

Lena verabschiedet sich und verspricht Isabelle, dass sie sie besuchen wird. Sie freuen sich jetzt schon.

Laura Schneider Kriens

5. Primar

Die besten StorysWETTBEWERB 5067 Geschichten sind für den «Klub der jungen Dichter» 2015 eingegangen. Zur Themenauswahl standen «Familiengeschichten» und «Seltsame Begegnungen». Bis zum 18. De-zember werden wir die besten Geschichten aus den drei Kategorien 5./6. Schuljahr, 7. bis 9. Schul-jahr und ab 10. Schuljahr veröffentlichen.Als Vorjuroren arbeiteten Studentinnen und Stu-denten der Pädagogischen Hochschule Luzern.

Die Bekanntgabe der Preisträger inkl. Gesamtrang-liste erfolgt in der Ausgabe vom 19. Dezember. Im Januar 2016 wird eine Auswahl der Geschich-ten professionell vertont in der Sendung «Zambo» von Schweizer Radio SRF ausgestrahlt.

Alle Teilnehmer erhalten einen Preis. Der Versand erfolgt bis Ende Jahr.

Wir bedanken uns bei allen Au-torinnen und Au-toren sowie bei ihren Angehöri-gen und ihren Lehrern, dank deren Mithilfe der «Klub» auch dieses Jahr ein riesiger Erfolg ist.

Der Wettbewerb wird unterstützt von:

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Wir unterstützen den «Klub der jungen Dichter»

Jugend-Literatur

der jungen

Luzern · Länderpark Stans · Mythen Center SchwyzAarau · Biel · Grenchen · Solothurn · Glattzentrum · Sihlcity Zürich · Zugerland · Zug

Freitag, 18. Dezember 2015 / Nr. 292 Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung Klub der jungen Dichter 41

Kais seltsame Begegnung

Es war ein Freitagmittag, als alles begann. Kai wollte gerade die Haustüre öffnen. Da hörte er einen dumpfen Schlag. Er drehte sich um, sah, wie ein grosser Stein da lag und langsam vor sich hin rauchte. Kai guckte ganz verdutzt diesen rau-chenden Stein an und wusste nicht, was er tun sollte. Da fasste er den Entschluss, den Felsen mit rein zu nehmen.

Als er den Brocken aufheben wollte, fiel ihm auf, dass der Brocken sehr schwer war. Er schaff-te es dennoch, den Stein rein zu rollen und auf den Tisch zu hieven. Der Tisch zerbrach. «Oooh du meine Güte!», sagte Kai ganz verdutzt. Wie sollte er das seiner Mutter erklären? Er versteckte den Felsen mit viel Kraft und Schweiss in seinem Wandschrank.

Ein paar Tage ging das ganz gut, doch nach dem vierten Tag holperte es im Wandschrank. Kai rannte sofort in sein Zimmer, öffnete die Tür, und da war es passiert. Der Stein war zerbrochen und eine kleine Echse mit Flügel lag da. «Was zum Teufel!?!?», fluchte Kai. «D ... d ... d ... das ist ja ein Drache!!!!!» Kai musste sich ziemlich am Riemen reissen, dass er nicht durchdrehte. Da lag ein Drachenbaby in seinem Wandschrank! Was sollte er tun? «Na klar, ich muss es so schnell wie mög-

lich loswerden.» Aber wie? Wohin mit dem kleinen Feuerspeier? In den Zoo bringen fiel aus, denn wie würde das aussehen, wenn plötzlich ein Drache in einem Zoo sitzen würde? Kai dachte angestrengt nach, als der kleine Feuerhals plötzlich einen Satz machte und ihm auf die Schulter hopste. «Hey, ich muss dich ja nicht weggeben», sagte Kai, «ich kann dich ja auch einfach behalten!»

Es waren schon Tage vergangen, seit Kai den Stein gefunden hatte. Er hat beschlossen, seine Klamotten selber in den Schrank zu packen, damit seine Mutter nicht gleich einen Herzinfarkt kriegt, wenn sie den kleinen Feuerhals im Schrank be-merkt. Kai hatte mittlerweile einen richtigen Futter-plan für den kleinen Feuerspeier. Aber das Futter für den Feuerspeier herzukriegen war nicht so einfach. Man muss dafür Nitroglyzerin und flüssi-ges Gold mischen, was aber sehr gefährlich, wenn nicht sogar tödlich enden konnte.

Als Kai das Ganze dann doch geschafft hatte, merkte er, dass der Feuerspeier schon ein ganzes Stück gewachsen ist. Er war schon so gross, dass er nicht mal mehr in den Schrank passte. Er war schon zweieinhalb Meter lang, einen Meter hoch und hatte eine Flügelspannweite von fast sechs Metern! Der Drache war aber schon ziemlich stu-benrein und dressiert, keine Ahnung wie Kai das hingebracht hat.

Doch eines Tages war der Drache nicht mehr im Zimmer. Er war weg! Kai sah nur noch ein sehr grosses Loch in der Wand. Er rannte durch das Loch in der Wand und sah sich um, aber der Drache war nicht zu sehen. Kai folgte den Spuren der Verwüstung, die er inzwischen entdeckt hatte. Der Drache ging direkt auf das neue Hochhaus zu. Er schwang seine grossen Flügel ein paar Mal, und schon sass er auf der Spitze und brüllte umher. Er spuckte Feuer, und es brach Panik aus. Die Feuerwehr und die Polizei gingen auf ihre Posten.

Doch da kam Kai, ging zu seinem Freund aufs Dach und beruhigte ihn mit einem Nitroglyzerin-goldapfel. Die Leute, die sich da unter dem Hoch-haus angesammelt haben, gaben lauten Beifall. Kai setzte sich auf den Rücken seines feurigen Freundes, und sie segelten gemeinsam nach Hause.

Colin Vemba Kriens

6. Primar

Illustration Tiemo Wydler

Wenn man nicht hinschaut, sieht man auch nichtsEs war Dezember, vor bestimmt drei oder vier

Jahren: ein schöner, sonniger, jedoch bitterkalter Nachmittag an einem Freitag oder Samstag. Die Dächer waren vollgeschneit, und an den Bäumen, die überall herumstanden, hingen silberne, golde-ne und rote Kugeln, Sterne und sonstiger Schmuck. Ja, es war Advent, und Heiligabend stand direkt vor der Tür. Die Stadt war vollgestopft mit Leuten, die hektisch von Laden zu Laden gingen, um die letzten Dinge für das Weihnachtsfest zu kaufen.

Deshalb war auch ich dort. Zusammen mit meiner Mutter bin ich in die Stadt gegangen, um noch etwas für das Fest, das nächsten Abend stattfand, einzukaufen.

Ich trottete langsam neben ihr her und schaute, was die Leute in ihren Säcken trugen. Da sah ich plötzlich einen eher älteren Mann im Schnee am Boden sitzen. Er hockte mit dem Rücken an eine Hauswand gelehnt auf einer braunen Wolldecke, die er im Schnee auf den Boden gelegt hatte. Der

Mann hatte weder eine Jacke noch eine Mütze am Leib. Das Einzige, was er trug, war ein dünner, schwarzer Pullover und eine schwarze Hose. Beides war total zerrissen und mottenzerfressen. Und trotzdem sah er nicht danach aus, dass er fror.

Er hatte bleiche Haut und eine Glatze. Doch er tat nichts. Er hockte nur da, auf seiner Wolldecke und tat nichts. Und doch sah er sehr nett aus und war mir auf Anhieb sympathisch. Und das Seltsame war, dass all die Leute, die vorbeigingen, ihn nicht zu bemerken schienen. Viele liefen fast in ihn hinein, aber keiner sah ihn an, obwohl er mitten in der Menge sass. Doch irgendwie kam er mir sofort bekannt vor. Als hätte ich ihn schon gesehen. Aber ich hatte keine Ahnung, wer das war.

Wir liefen an ihm vorbei, doch auch meine Mutter tat so, als wäre da niemand. Ich schaute mich noch zu ihm um. Gerade als ich weiter ging und er aus meinem Blick verschwand, hörte ich

plötzlich jemanden mit ruhiger Stimme meinen Namen sagen. Ich drehte mich sofort um und sah, wie der Mann mich anlächelte. Ich blieb erstaunt stehen, und er fragte mich mit freundlicher Stim-me diverse Sachen: wie es mir gehe, ob ich gut in der Schule sei, wer meine Freunde seien ...

Ich beantwortete seine Fragen natürlich und wunderte mich, woher er mich kannte und wieso er mir so bekannt vorkam. Obwohl ich mit ihm sprach, schienen die Leute keine Notiz von ihm aufzunehmen und eilten an mir vorbei. Manche schauten mich auch komisch an. Nun wollte auch ich ihn befragen, doch da hörte ich meine Mutter, die weitergelaufen war, nach mir rufen. Ich stapf-te im Schnee auf sie zu und erzählte ihr von dem Mann. Doch auch sie meinte, nichts gesehen zu haben. Ich drehte mich um und wollte ihn ihr zeigen. Doch dort war nichts mehr. Keine Woll-decke und kein alter Mann. Nur der Schnee und all die Leute, die in Eile umhergingen.

Kaj Siegwart Zug

2. Oberstufe

Die letzten StorysWETTBEWERB Heute beschliessen wir die Pu-blikation der besten Texte aus dem diesjährigen «Klub der jungen Dichter. 5067 Geschichten sind eingegangen. Zur Themenauswahl standen «Fa-miliengeschichten» und «Seltsame Begegnungen».Als Vorjuroren arbeiteten Studentinnen und Stu-denten der Pädagogischen Hochschule Luzern.

Die Bekanntgabe der Preisträger inkl. Gesamt-rangliste erfolgt in der morgigen Ausgabe, zu-sammen mit den schönsten Stilblüten aus dem diesjährigen Wettbewerb. Im Januar 2016 wird eine Auswahl der Geschichten professionell vertont in der Sendung «Zambo» von Schweizer Radio SRF ausgestrahlt.

Alle Teilnehmer erhalten einen Preis. Der Versand erfolgt bis Ende Jahr.

Wir bedanken uns bei allen Au-torinnen und Au-toren sowie bei ihren Angehöri-gen und ihren Lehrern, dank deren Mithilfe der «Klub» auch dieses Jahr ein riesiger Erfolg ist.

Der Wettbewerb wird unterstützt von:

Die schönsten Stilblüten: SpezialangebotDAS BUCH Seit Wo-chen sorgen die schönsten Stilblüten aus 20 Jahren «Klub der jungen Dichter» schweizweit für Furore und stehen ganz vorne in den Schweizer Sachbüchercharts. Sie zeigen auf köstliche Art, was punkto Spra-che und Logik alles schiefgehen kann.

Da es sich um ein Projekt der «Neuen Lu-zerner Zeitung» und ihrer Regionalausgaben handelt, erhalten unsere Abonnentinnen und Abonnenten das Buch gegen Vorweisen des Abo-Passes zum Spezialpreis von Fr. 12.90 statt Fr. 17.90. Dies in allen Zentralschweizer Filia-

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Arno Renggli/«Neue Luzerner Zeitung»: Der Hund starb – was er nicht überlebte. Wörterseh Verlag, 167 Seiten.