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Sanfter Tourismus
- Notwendigkeit, Chancen, Grenzen -
Nicole Vogel
Diplomarbeit
zur
Erlangung des Grades einer Diplom-Kauffrau
im Studiengang Tourismusmanagement
an der
Karl-Scharfenberg-Fakultät
der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel Erster Prüfer: Dr. Thomas Potempa Eingereicht am: 05.02.2008 Zweiter Prüfer: Prof.-Dr. Carmen Kissling
II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis V
Tabellenverzeichnis
VII
1. Einleitung
1
2. Rahmenbedingungen der Tourismusbranche 3
2.1 Reiseveranstaltermarkt 3
2.2 Flugmarkt 4
2.3 Hotelmarkt 5
2.4 Destinationenkonkurrenz
5
3. Umweltbewusstsein in Deutschland 7
3.1 Entwicklung des Umweltbewusstseins 7
3.2 Statistische Angaben 8
3.3 Umweltbewusstsein im Urlaub 9
3.4 Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Verhalten
10
4. Tourismus und Umwelt 12
4.1 Umwelt � Ein touristischer Megatrend? 12
4.2 Ökologische Auswirkungen des Tourismus 13
4.2.1 Verkehrsmittelnutzung 14
4.2.2 Zersiedlung von Landschaften 17
4.2.3 Touristisches Abfallaufkommen 19
4.2.4 Wasserverschmutzung 21
4.2.5 Ressourcenverbrauch 22
4.2.6 Gefährdung der Artenvielfalt 23
4.3 Soziokulturelle Auswirkungen des Tourismus 26
4.4 Wirtschaftliche Abhängigkeit durch touristische Monokultur 29
4.5 Politische Auswirkungen 33
4.6 Positive Tourismusfolgen 35
5. Umweltverträglicher und sozialverantwortlicher Tourismus 38
III
5.1 Sanfter Tourismus 38
5.2 Nachhaltiger Tourismus 40
5.3 Zusammenhang: Sanfter und Nachhaltiger Tourismus 43
5.4 Nachhaltige Tourismuswirtschaft
44
6. Tourismuspolitik 46
6.1 Staatlicher Einflussbereich 46
6.2 Akteure der Tourismuspolitik 51
6.2.1 Bundesebene 51
6.2.2 Länderebene 53
6.2.3 Kommunale Ebene 54
6.2.4 EU-Ebene 55
6.2.5 Globale Tourismuspolitik 57
6.3 Deklarationen und Initiativen 59
6.4 Gegenmaßnahmen der Wirtschaft
61
7. Umweltauszeichnungen im Tourismus 64
7.1 Gütezeichen im Allgemeinen 64
7.2 Gütezeichen im Tourismus 65
7.3 Weitere Umweltauszeichnungen 66
7.4 Einheitliche Umweltauszeichnung in Deutschland 71
7.5 Internationale Gütesiegelinitiativen
75
8. Umfrage zum Thema Sanfter Tourismus 77
8.1 Beschreibung der Problemsituation 77
8.2 Definition der Grundgesamtheit 78
8.3 Erhebungsmethode und Stichprobenauswahl 79
8.4 Konzeption des Fragebogens 80
8.5 Durchführung der Befragung 81
8.6 Auswertung der Ergebnisse 82
8.7 Zusammenfassung
94
IV
9. Fazit
95
Literaturverzeichnis 97 Eidesstattliche Erklärung 104 Anhang A 105
V
Abkürzungsverzeichnis
ADAC Allgemeiner Deutscher Automobilclub
AUbE Akademie für Umweltforschung und Bildung in Europa
BAT British American Tobacco
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit
bzw. beziehungsweise
CIPRA Commission Internationale pour la Protection des Alpes
CSD Commission on Sustainable Development
d. h. das heißt
DRV Deutscher Reisebüro Verband e. V.
EU Europäische Union
FEE Foundation for Environmental Education
F.U.R. Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V.
GATS General Agreement on Trade in Services
ICAO International Civil Aviation Organisation
ICLEI International Council for Local Environmental Initiatives
IUCN International Union for Conservation of Nature
LTU Lufttransport-Unternehmen-GmbH
min. mindestens
NFI Naturfreunde Internationale
NRO Nichtregierungsorganisation
Ö.T.E. Ökologischer Tourismus in Europa e. V.
RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V.
Tab. Tabelle
TUI Touristik Union International
u. a. unter anderem
UNEP United Nations Environment Programme
UNO United Nations Organization
usw. und so weiter
WHO World Health Organization
WTO World Tourism Organization
VI
WTradeO World Trade Organization
WTTC World Travel and Tourism Council
WWF World Wide Fund for Nature
z. B. zum Beispiel
VII
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Instrumentarium der staatlichen Tourismuspolitik 51
Tab. 2 Umweltauszeichnungen im Tourismus 105
1
1. Einleitung
�Zukünftig wird es nicht mehr darauf ankommen, dass wir überall hinfahren
können, sondern ob es sich lohnt, dort noch anzukommen.� (Hermann Löns,
1908)1
Die Tourismuskritik fußt auf frühen Wurzeln. Naturschützer, wie Hermann
Löns, erkannten bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bedeutung der
Umwelt für den Tourismus. Damals war das Reisen noch einer privilegierten
Oberschicht vorbehalten. Seit den 1960er Jahren ist eine quantitative
Ausweitung des Tourismus zu beobachten. Man spricht vom so genannten
Massentourismus. In der Folge wurde deutlicher, dass die Vielzahl an
Reisenden nicht ohne Folgen für die jeweiligen Urlaubsländer und die dort
ansässige Bevölkerung bleibt. Die Forderung nach einem Sanften Tourismus
wurde laut. In der vorliegenden Arbeit soll herausgestellt werden, was es mit
diesem Begriff und den damit verbundenen Veränderungen auf sich hat.
Ziel ist es die Notwendigkeit eines umweltverträglichen und
sozialverantwortlichen Tourismus zu betonen, dessen Grenzen aufzeigen
und das Engagement seitens der verschiedenen Akteure herauszustellen.
Mittlerweile ist man sich auf allen Ebenen der Tourismuswirtschaft bewusst,
dass Natur, Landschaft und Kultur der Urlaubsländer als �touristisches
Kapital� unbedingt zu erhalten sind. Politische Akteure setzen sich für ein
gesundes Tourismuswachstum mit möglichst geringen Umwelt- und
Kulturschäden ein. Letztendlich liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen
Reisenden sich im Zielgebiet so verantwortungsbewusst wie möglich zu
verhalten. Mithilfe entsprechend gekennzeichneter Angebote und dem
eigenen Wissen und Gewissen wären dem Touristen alle Möglichkeiten
gegeben entsprechend umweltbewusst und sozial gerecht zu reisen. Ein
interessanter und bisher in der wirtschaftswissenschaftlichen
Tourismusliteratur wenig beachteter Aspekt ist die Informationsqualität im
Reisebüro in Bezug auf den Sanften Tourismus. Ein Großteil der deutschen
Touristen informiert sich und bucht nach wie vor im Reisebüro. Es stellt sich
demzufolge die Frage, inwiefern Expedienten über das Wissen und die
1 o. V. (2006), http://www.bfn.de/0323_iyesanft.html, 15.09.07.
2
Bereitschaft verfügen, auf negative, tourismusinduzierte Auswirkungen
hinzuweisen und alternative Angebote zu unterbreiten. Um Antworten auf
diese Fragestellung zu erhalten und um die grundsätzliche Einstellung
gegenüber sanften Reiseangeboten zu erfahren, hat die Verfasserin im
Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit eine Befragung unter
Reisebüromitarbeitern durchgeführt. �Sanfter Tourismus � Notwendigkeit,
Chancen, Grenzen� soll einen umfassenden Einblick in die Materie des
umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Reisens gewähren.
3
2. Rahmenbedingungen der Tourismusbranche
2.1 Reiseveranstaltermarkt
Lange Zeit war der Markt der Reiseveranstalter durch eine stetig wachsende
Nachfrage gekennzeichnet, so dass keine Notwendigkeit bestand neue
Tourismuskonzepte zu entwickeln, sondern lediglich der Zuwachs an Kunden
befriedigt wurde. Infolgedessen bestand die Produktpalette der einzelnen
Reiseveranstalter größtenteils aus standardisierten, austauschbaren
Massenprodukten, die gegenüber der ebenfalls wachsenden Konkurrenz nur
über den Preiskampf durchgesetzt werden konnten. Die jahrzehntelange
Anwendung dieser Strategie zog gravierende Folgen sowohl für die
Nachfrage, als auch für die Tourismusbranche selbst nach sich. Anstelle von
maßgeschneiderten Qualitätsprodukten wurden die Urlauber mit
austauschbaren Massenprodukten und Dumpingpreisen geködert.
Mittlerweile leidet die Tourismusbranche infolge ihrer Preispolitik an
Unterkapitalisierung und niedrigen Renditen.2 Um trotz des Preisdrucks
weiterhin rentabel arbeiten zu können, nutzen die Unternehmen
Synergieeffekte. Flugsitze und Hotelbetten werden in großen Mengen zu
günstigeren Preisen eingekauft. Zudem übernahmen die führenden
Reiseveranstalter am Markt kleinere Konkurrenten und schlossen sich
gleichzeitig mit Fluggesellschaften, Hotel- und Reisebüroketten zu straff
organisierten Komplettanbietern zusammen. Diese neu entstandenen
Urlaubskonzerne können die einzelnen Reiseleistungen (u. a. Flug, Hotel)
aus einer Hand im eigenen Reisebüro anbieten und verfügen somit über ein
enormes Kontrollpotenzial. Das verschafft ihnen den Vorteil auf
Nachfrageeinbrüche im Zielgebiet schnell reagieren zu können, indem sie
Urlauberströme über Preissenkungen umlenken. Die Beherrschung des
Veranstaltermarktes wirkt sich außerdem positiv auf die Einkaufsmacht aus.
Verhandlungspartner können zu höheren Provisionen �gezwungen� werden.3
Rechtliche Veränderungen forcierten zusätzlich die Entwicklung in Richtung
Fusionen und Dumpingpreise. Bis 1994 durften unabhängige Reisebüros z.
B. TUI- oder Neckermann-Produkte nur verkaufen, wenn sie über bestimmte
2 Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. 3 Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.
4
Lizenzen verfügten. Diese Vertriebsbindung verstieß allerdings gegen die
Regeln der EU und wurde abgeschafft. Seitdem können unabhängige
Reisebüros selbst entscheiden, welche Produkte sie verkaufen und
entziehen sich somit der Kontrolle der Veranstalter. Im Rahmen der
vertikalen Integration, können Veranstalter ihre firmeneigenen
Reisebüroketten allerdings dazu anhalten bevorzugt konzerneigene Produkte
zu verkaufen. Urlaubskonzerne wie LTU, die nicht über eigene Reisebüros
verfügen, können diesen Nachteil nur durch Sonderangebote und
Sonderprovisionen ausgleichen. Gegenwärtig ist der Reiseveranstaltermarkt
durch einen weiterhin wachsenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet. Die
Konzentrationsbewegungen nehmen zu, die Zahl der ungebundenen
Reisebüros nimmt infolgedessen ab, wohingegen die Anzahl der
Kooperationen, Franchisesysteme und Reisebüroketten stetig größer wird.4
2.2 Flugmarkt
Auch im Flugmarkt kam infolge von Deregulierungsmaßnahmen Schwung in
die Konzentrationsbewegung. Seit 1991 wurde der Flugmarkt in der EU
weitgehend liberalisiert, indem Tariffreiheit, Teilprivatisierungen, die Freigabe
von Kapazitäten und erleichterter Marktzugang rechtlich verankert wurden.
Diese Veränderung brachte einen vernichtenden Konkurrenzkampf unter den
Fluggesellschaften mit sich, der vor allem über den Preiskampf ausgetragen
wurde. Zu diesem Zweck haben sich global agierende
Luftverkehrsnetzwerke, wie beispielsweise die Star Alliance, gebildet, da
Übernahmen oder Fusionen zwischen Flugunternehmen rechtlich verboten
sind.5 Thomas Petermann prognostizierte bereits 1999, dass unter diesem
massiven Wettbewerbsdruck und durch weiter sinkende Preisen langfristig
nur einige wenige Mega-Carrier, die mit multilateralen Allianznetzwerken
kooperieren, überleben werden. Ähnliches ereignete sich bereits in den
USA, nachdem der damalige Präsident Jimmy Carter 1978 die
Liberalisierung des US-Luftmarktes im Zuge seiner Politik des �Open Sky�
durchsetzte. 22 Fluggesellschaften sind seitdem vom Markt verschwunden
4 Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. 5 Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.
5
und von 176 Neugründungen hat nur eine einzige überlebt. Heute wird der
US-Luftmarkt zu weiten Teilen von American Airlines, United Airlines und
Delta Air kontrolliert. Petermanns Prognosen fanden in Europa eine
vorläufige Bestätigung, als 2001 infolge der US-Terroranschläge die
Kundenzahlen so massiv einbrachen, dass renommierte Carrier, wie u. a.
Swiss Air, zahlungsunfähig wurden.6
2.3 Hotelmarkt
Die Hotel- und Gastronomiebranche erlebte, ähnlich wie der Flugbereich, in
den 1990er Jahren eine Zunahme an Wachstums-, Konzentrations- und
Standardisierungsbewegungen.7 Die Tendenz hin zu Fusionen in erheblichen
Größenordnungen und mehr und immer weiter geflochtenen
Kooperationsnetzwerken wird seit 1995 durch das internationale Abkommen
über den Handel und die Dienstleistungen (GATS) verstärkt. Dieses
begünstigt die Durchführung von Franchise-, Management- und
Lizenzabkommen und erleichtert Hotelketten somit den Zugang zu neuen
Märkten. Zudem räumt das Abkommen ausländischen Unternehmen
denselben Anspruch auf Förderung und Vergünstigungen ein wie
ortsansässigen und erleichtert den Transfer von Personal und nicht zuletzt
den Transfer der Unternehmensgewinne ins Ausland. Infolgedessen
verschärft sich der Wettbewerb zwischen mächtigen Hotelketten und der
lokalen Privathotellerie.8
2.4 Destinationenkonkurrenz
Für Länder und Regionen, die über keinerlei wirtschaftliche Alternativen
verfügen, stellt der Tourismus eine der wenigen Chancen dar, Anschluss an
den Weltmarkt zu finden. Die Entwicklung einer touristischen Infrastruktur
wird jedoch oftmals von westlichen Beratern und transnationalen Konzernen
beeinflusst, die das jeweilige Zielgebiet an die Bedürfnisse der Kunden und
6 Vgl. Friedl H. (2002), S. 102f. 7 Vgl. o. V (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07. 8 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f.
6
somit an gängige Standards anpassen. Damit geben Destinationen ihre
einzigartigen Elemente auf und werden im Hinblick auf die internationale
Destinationenkonkurrenz austauschbar. Niedrige Preise sollen das Ziegebiet
für potenzielle Kunden attraktiv machen. Wenig Beachtung findet hierbei die
Tatsache, dass weltweit ein harter Konkurrenzkampf unter den Destinationen
vorherrscht, die sich auf austauschbare Merkmale, wie z. B. Sonne und
Traumstrand, konzentrieren. Zielgebiete sind in hohem Maß abhängig von
transnationalen Unternehmen. Diese bleiben aber nur für die Dauer der
Attraktivität und der bestehenden Nachfrage und ziehen schließlich zu einer
neuen Destination weiter. Trotzdem verbünden sich die Zielgebiete nicht
gegen die gegensätzlichen Interessen der transnationalen Konzerne,
sondern versuchen durch Preisreduktionen Wettbewerbsvorteile zu
erreichen. Manche Regierungen haben begriffen, dass die Niedrigpreispolitik
den Interessen des Landes schadet und konzentrieren sich stattdessen auf
hochwertige Angebote. Immer mehr Konsumenten verlangen nach
differenzierten Reiseprodukten.9
9 Vgl. Friedl H. (2002), S. 104ff.
7
3. Umweltbewusstsein in Deutschland
3.1 Entwicklung des Umweltbewusstseins
Ohne Umweltbewusstsein kann es keine Lösung der globalen
Umweltproblematik geben. Erst seit Beginn der 1970er Jahre ist eine
Zunahme des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung zu beobachten.
Zahlreiche Umweltkatastrophen und die immer deutlicher sichtbare
Umweltverschmutzung beeinflussten das Bewusstsein der Menschen. 1972
veröffentlichte der Club of Rome10 den Bericht �Die Grenzen des
Wachstums�, in dem eine drohende ökologische Katastrophe durch Kriege,
Ressourcenverschwendung, Wassermangel, Luftverschmutzung,
Überbevölkerung und Klimaveränderung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit
gerückt wurde.11 Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das
so genannte �Waldsterben� in den 1980er Jahren, den Rhein-Gau 1983, als
30 Tonnen gefährliche Chemikalien in den Rhein flossen, sowie durch die
Atomreaktor-Katastrophe 1986 in Tschernobyl. Die erste Hälfte der 1980er
Jahre wird oft als Höhepunkt der Umweltbewegung benannt und als Phase
besonders ausgeprägten Umweltbewusstseins angesehen. Die Gründung
bedeutender Umweltschutzgruppen, wie beispielsweise die deutsche Sektion
von Greenpeace und Robin Wood fällt ebenso in diese Zeit wie die
Gründung der Partei Die Grünen (heute: Bündnis 90 / Die Grünen).12
Zusätzlich beeinflusste die zunehmende Thematisierung des
Umweltproblems in den Medien das immer größer werdende Bewusstsein
der Menschen. Auch der Informationsstand der Menschen über Umwelt und
Natur hat sich verbessert und die umweltbezogenen Wertehaltungen und
Grundeinstellungen wurden sensibilisiert. Allgemein ist das
Umweltbewusstsein in Deutschland vergleichsweise stark ausgeprägt.13
10 Club of Rome = Gemeinnütziges, internationales Netzwerk, dessen maximal 100 ausgesuchte Mitglieder in allen Lebensbereichen, d. h. in allen Kulturen, Ideologien, Berufen und Wissenschaftszweigen, vertreten sind 11 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. 12 Vgl. o. V., http://de.wikipedia.org/wiki/Umweltbewusstsein, 02.12.07. 13 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff.
8
3.2 Statistische Angaben
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(BMU) führt im Abstand von 1-2 Jahren eine Studie zum Umweltbewusstsein
in Deutschland durch. 2006 sahen 25% der Bundesbürger den Umweltschutz
als wichtigstes Problemfeld Deutschlands. Besonders die Thematik des
weltweiten Klimawandels dürfte dafür verantwortlich sein, dass
Umweltprobleme im Allgemeinen in den letzten zwei Jahren verstärkt in das
öffentliche Bewusstsein vorgedrungen sind.
Allerdings werten die Deutschen andere politische Aufgaben, wie etwa die
Situation am Arbeitsmarkt, mit einer höheren Priorität.
Interessant ist auch die Sichtweise der Bevölkerung hinsichtlich der lokalen
und globalen Umweltqualität. Je weiter der Blick auf den Zustand der Umwelt
in die Ferne schweift, desto schlechter wird das Urteil. 84% bewerten die
Umweltqualität in der eigenen Gemeinde mit sehr gut oder recht gut
wohingegen nur 9% die weltweite Umweltqualität so optimistisch
einschätzten. Durch die Massenmedien transportierte globale
Umweltprobleme wie der Klimawandel, der Verlust biologischer Arten, sowie
stark ansteigende Umweltbelastungen in Schwellen- und
Entwicklungsländern werden der Bevölkerung offensichtlich immer bewusster
und färben das Urteil stark negativ ein. Nur in der eigenen kleinen Welt zu
Hause scheint der Zustand der Umwelt noch in einem guten Zustand zu sein,
hier gibt es keinen unmittelbaren Handlungsdruck.14
Im Hinblick auf die weltweiten Umweltprobleme jedoch ist die Bevölkerung
erkennbar beunruhigt und verlangt nach mehr Umweltschutz. Im Rahmen
einer Untersuchung des BMU zum Umweltbewusstsein bei Urlaubsreisen in
Deutschland forderten 73% der Befragten mehr Engagement für den
Umweltschutz seitens des Staates. Schließlich konnte die Regierung durch
Umweltschutzmaßnahmen wie beispielsweise die Einführung des Grünen
Punkts oder die Verpackungsverordnung von 1991 beachtliche Erfolge
erzielen. Allerdings spiegelt die Forderung nach staatlichen Maßnahmen
auch die Tatsache wieder, dass Menschen in unserer Gesellschaft ungern
14 Vgl. o. V., http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3113.pdf, 02.12.07.
9
Eigeninitiative ergreifen und die Verantwortung eher an andere abgeben
möchten.15 So sank die Zahl der aktiven Umweltschützer von 28,7% im Jahr
1990 auf 14,8% im Jahr 1999.
3.3 Umweltbewusstsein im Urlaub
In Bezug auf Urlaubsreisen hat das Umweltbewusstsein im Verlauf der
1980er Jahre eine zunehmende Bedeutung in der deutschen Bevölkerung
erlangt.16
Im Jahr 2001 führte Prof. Dr. Torsten Kirstges eine Befragung in deutschen
Privathaushalten zum Thema Umweltbewusstsein im Tourismus durch. Auch
in diesem Bereich zeigt sich, dass durchaus Interesse an
Umweltinformationen besteht, allerdings wenig Motivation zu dessen aktiver
Umsetzung vorhanden ist. 72,7% der Befragten erwarten von ihrem
Reisebüro, dass es in der Lage ist über die Umweltsituation im Zielgebiet zu
informieren. Tipps für umweltschonendes Verhalten, detaillierte Hinweise zu
Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen und die Kennzeichnung
umweltfreundlicher Angebote in Katalogen und Prospekten werden von über
50% als wichtig bis sehr wichtig eingestuft. Die Umweltqualität der
Destination ist auch ein wichtiger Aspekt bei der Reiseentscheidung. 58%
der Befragten sehen Umweltverschmutzung im Urlaubsland als Hürde an
und würden sich davon vom Urlaub in diesem Zielgebiet abhalten lassen.17
Der Tourist bemerkt zwar die verunreinigte und zerstörte Umwelt, sieht aber
nicht seinen eigenen Beitrag zu dieser Schadensanrichtung. �Der Tourist ist
immer wieder ein anderer Mensch.�18 Davon abgesehen hat die
Sensibilisierung der Touristen für Umweltprobleme stark zugenommen, was
sich auch darin äußert, dass Umweltverschmutzung im Zielgebiet vermehrt
bemerkt wird. Das Urlaubsmotiv Natur ist von wachsender Bedeutung,
weshalb auch besonders wichtige Zielgebiete nicht mehr den Vorstellungen
kritischer gewordener Touristen entsprechen. So haben z. B. spanische
Ferienziele, wie vor allem die Kanarischen Inseln, immer wieder starke
15 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 29ff. 16 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. 17 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 121ff. 18 Krippendorf, J. (1986), S. 133.
10
Buchungsrückgänge zu verzeichnen. Diesen und anderen Zielgebieten des
Massentourismus droht durch bereits vorhandene Umweltschäden in Zukunft
eine Urlauberabstinenz. Noch sind in alternativen Zielgebieten keine
ausreichenden Kapazitäten vorhanden, doch erste Anzeichen sprechen
schon für eine Neuorientierung der Nachfrager.19
Die zukünftige Entwicklung des Umweltbewusstseins steht in enger
Verbindung mit der wirtschaftlichen Situation. Denn Produkte mit
Umweltqualität und Umweltschutz im Allgemeinen haben ihren Preis. Im
Rahmen einer Untersuchung des BMU im Jahr 2000 gab lediglich die Hälfte
der Befragten an, dass sie bereit wären höhere Preise für umweltfreundliche
Produkte zu zahlen. Knapp 50% sprachen sich gegen Zahlung von höheren
Steuern und Abgaben für einen verbesserten Umweltschutz aus. Die
Bevölkerung will sich nicht verpflichten lassen einen finanziellen Beitrag zum
Umweltschutz zu leisten.20
Die statistischen Angaben zeigen, dass die Reisenden durchaus für das
Thema Umwelt sensibilisiert sind, allerdings steht diesem Bewusstsein oft ein
widersprüchliches Verhalten gegenüber.
3.4 Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Verhalten
Zwei Drittel der Bundesbürger gaben bei einer BAT-Studie21 an, in den
letzten Jahren vor der Befragung umweltbewusster geworden zu sein, aber
nur bei 18% war ein umweltbewussteres Verhalten zu beobachten.
Im umweltschonenden Handeln im Urlaubsgebiet sind nur geringe
Fortschritte zu verzeichnen. Angesichts des alljährlichen Reiseaufkommens
kann von Umweltverträglichkeit keine Rede sein. Jedes Jahr nehmen die
Urlauber kilometerlange Staus in Kauf, um ihr Urlaubsziel zu erreichen.
Zudem besuchen sie weiterhin Orte, die Ziel einer großen Zahl anderer
Reisender sind und aus diesem Grund nur wenig intakte Natur zu bieten
haben. Auf der Seite der Verbraucher scheint das Umweltbewusstsein zu
19 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 136ff. 20 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 29ff. 21 BAT = Die Stiftung British American Tobacco fördert die Entwicklung von Ansätzen zur nachhaltigen Lösung künftiger Gesellschaftsprobleme
11
stagnieren. Umwelt scheint zu einem alltäglichen Thema in unserer
Gesellschaft geworden zu sein.22
Auch in die Urlaubsplanung wird das durchaus vorhandene
Umweltbewusstsein noch nicht effektiv integriert. Nur 11,7% der Kunden
fragt eigenständig nach Informationen zur Umweltsituation im Urlaubsort und
wenn überhaupt besteht fast ausschließlich Interesse an der Strand- und
Wasserqualität. Auch wenn die Deutschen im Vergleich zu anderen
europäischen Staaten relativ umweltsensibel und sogar handlungsbereit
sind, nehmen sie dennoch kaum Einschränkungen ihres Lebensstandards
zugunsten der Umwelt in Kauf. Die Verantwortung für die Umwelt wird eher
an die Politik, die Technik, die Wissenschaft oder eben an die Reisebranche,
und dort in erster Linie den Reiseveranstaltern, weitergereicht. Problematisch
ist vor allem, dass sich Touristen zwar über die Umweltqualität im Zielgebiet
informieren, aber oftmals nicht bedenken, dass auch ihre Urlaubsreise
Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die Voraussetzungen für
umweltbewusstes Verhalten sind zum einen ein ausreichendes Wissen
hinsichtlich der Auswirkungen der Reise und zum anderen eine persönliche
Betroffenheit, die aus Erfahrungen vorangegangener eigener Reisen oder
den Erzählungen Bekannter oder dem alltäglichen Leben stammen.23
22 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 69ff. 23 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 137ff.
12
4. Umwelt und Tourismus
4.1 Umwelt � Ein touristischer Megatrend?
Tourismus und Umwelt gehören zusammen, wobei Umwelt durchaus ohne
Tourismus, Tourismus aber nicht ohne Umwelt existieren kann. Unter
Umwelt sind sowohl Natur und Landschaft, als auch Kultur und soziale
Aspekte zu verstehen.24
Reisen ist die populärste Form des Glücks. Den Reisenden treibt es fort vom
unmenschlichen Alltag der modernen Industriegesellschaft, hinaus in die
Ferne in die unberührte Natur, um dort seinen Wunschtraum nach Freiheit zu
erfüllen. Zwei Formen des Tourismus müssen unterschieden werden: �Hin zu�
und �Weg von�.25 Der �Hin zu� �Tourismus findet aus Interesse an anderen
Ländern und Menschen und der Freude am Reisen und Forschen statt. Die
Destination wird gezielt ausgewählt.
Im Gegensatz dazu spielt das Reiseziel für den �Weg von� �Touristen nur
eine untergeordnete Rolle. Der Urlaub vom Alltag soll Distanz vom Stress im
Beruf, in der Familie und der Konfrontation mit globalen Problemen (Terror,
Welthunger�) bringen. Freiheit, Abwechslung, Entspannung und Erholung
als natürliche Bedürfnisse jedes Menschen stehen am Anfang der
touristischen Nachfrage.26 Am Urlaubsort kommt es zu Begegnungen mit den
Einheimischen. Diese Begegnung kann harmonisch ablaufen oder einer
Konfrontation gleichen. �Hin zu� �Touristen haben sich bewusst für ihr
Reiseziel entschieden und sind zumeist mit den Gegebenheiten des Landes
vertraut. �Weg von� �Touristen suchen Freiheit und sind oftmals nicht bereit
Einschränkungen in ihrer persönlichen Freiheit hinzunehmen. Das kann zu
Konfrontationen mit den Bereisten führen, die sich hier in ihrer
Alltagssituation befinden und das Verhalten der Touristen nicht
nachvollziehen können.27
Ökologie und Moral sind die großen Spielverderber im Urlaub. Trotzdem
muss rücksichtslosem Verhalten gegenüber Natur und Kultur frühzeitig
Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Situation ist paradox: Tourismus
24 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000) S. 68ff. 25 Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S. 8ff. 26 Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S. 12. 27 Vgl. Klingenberg, K.-H. (1991), S.10f.
13
braucht und bedroht Umwelt zugleich.28 Einen wesentlichen Teil der
Lebensqualität von Urlaub macht das Natur- und Landschaftserleben aus.
Zunehmender Wohlstand, Motorisierung und die Abnahme der Arbeitszeit,
sowie die damit verbundene Zunahme von Freizeit haben dazu geführt, dass
Massen von Urlaubern sich dieses Vergnügen gönnen. Die Erschließung
neuer Zielgebiete ist keinesfalls die Lösung des Problems. Vielmehr wird der
sanfte Tourist gesucht, der möglichst keine Spuren hinterlässt. Das heißt, der
gesuchte verantwortungsbewusste Tourismus geht einher mit einer
Veränderung des Reiseverhaltens. Umweltbewusst denken ist eine Sache,
umweltbewusst handeln eine ganz andere. Freiwillig aus persönlicher
Einsicht heraus sollen Reisende auf lieb gewonnene Freizeitaktivitäten
verzichten. Konkret bedeutet das: mehr Freizeit haben, aber die
Freizeitmobilität einschränken, mehr Sportinteressen haben, aber nicht alle
Sportarten ausüben können, mehr Urlaub haben, aber nicht überall hinreisen
können. Persönliche Opfer, Nachteile und Unbequemlichkeiten müssen in
Kauf genommen werden.29
4.2 Ökologische Auswirkungen des Tourismus
Tourismus bringt, genau wie jede andere menschliche Aktivität,
Umweltveränderungen mit sich - Neben positiven Einflüssen ist auch eine
Vielzahl negativer zu nennen. Es gilt: Ein Tourismus ohne
Beeinträchtigungen der Umwelt ist nur derjenige, der nicht stattfindet.30 Diese
Kritik läuft darauf hinaus, aus ökologischen Überlegungen heraus
Reiseverbote auszusprechen. Neben der Tatsache, dass Verbote die
Legitimität eines demokratischen politischen Systems untergraben, ist es
illusorisch auf diese Weise einen umwelt- und sozialverträglicheren
Tourismus erzwingen zu wollen.
Die Tourismuswirtschaft ist einer der wenigen, wenn nicht sogar der letzte
der Wirtschaftszweige, die noch Gewinn und Beschäftigung bieten können.
Bedenkt man, dass die bevölkerungsreichsten Länder der Erde, und somit
28 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 9ff. 29 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 11ff. 30 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 64ff.
14
der größte Teil der Weltbevölkerung, noch keinen Anteil an Tourismus und
Reisen hat, so wird deutlich, dass der Zenit der Tourismusentwicklung, und
damit verbunden der Zenit der tourismusinduzierten Auswirkungen, noch
längst nicht erreicht ist.31
Momodou Cham, der Tourismusminister Gambias, bemerkte ganz richtig:
�Tourismus ist wie Gift � an einer Überdosis stirbt man�.32 Damit spielt er auf
die Vielzahl ökologischer und soziokultureller Probleme an, die Tourismus,
und insbesondere Massentourismus, heute mit sich bringt. Sollten China,
Indien und die afrikanischen Länder jemals beginnen nach dem westlichen
Vorbild zu reisen, so werden die negativen Folgen nicht mehr einzudämmen
sein. Die wesentlichen Aspekte der touristischen Umwelt- und
Sozialproblematik werden in den folgenden Abschnitten erläutert.
4.2.1 Verkehrsmittelnutzung
Die größte tourismusinduzierte Umweltbelastung resultiert aus dem
Transport. Die Wahl des Verkehrsmittels ist von entscheidender Bedeutung,
da 90% des gesamten Energieverbrauches auf die An- und Abreise
zurückzuführen sind.33
Aus ökologischer Sicht sind Bus und Bahn die umweltschonendsten
Verkehrsmittel, während sich der PKW und vor allem das Flugzeug für den
Großteil der, durch Tourismus verursachten, Treibhausgasemissionen
verantwortlich zeichnen. Die Reiseanalyse 2006 der F.U.R. ergab allerdings,
dass 2005 45,2% der Inlands- und Auslandsreisen der Deutschen mit dem
PKW / Wohnmobil und 36,8% mit dem Flugzeug unternommen wurden. Auf
Bus und Bahn entfiel ein Anteil von jeweils nur 9,8% bzw. 8,0%. Damit
erreichen Flugreisen den höchsten je gemessenen Wert. Gründe hierfür sind
unter anderem in dem florierenden Billigflugsegment sowie in der positiven
Entwicklung bei Fernreisen zu suchen. Wie beispielsweise das Fahrverbot
auf den deutschen Ferieninseln der Nordsee sowie in den Gebirgsorten
Oberstdorf und Zermatt beweist, kann die Wahl des Verkehrsmittels am
31 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 64f. 32 Friedl H. (2002), S. 55. 33 Vgl. Friedl H., (2002), S. 57f.
15
Urlaubsort beeinflusst werden. Eine Attraktivierung des ÖPNV, sowie die
Förderung des Verkehrs auf Fuß- und Radwegen können wesentlich zur
Verkehrsreduzierung vor Ort beitragen.34 Allerdings erfolgt der Großteil der
touristisch bedingten Treibhausgasemissionen durch die An- und Abreise der
Gäste. Hierbei ist die Lenkung zu umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln nur
bedingt möglich. Die lokale Tourismuspolitik kann in Zusammenarbeit mit der
Bahn und der örtlichen Wirtschaft ein Gepäckbeförderungs- und
Verleihsystem entwickeln, das den Gebrauch des eigenen PKW für den
Transport von sperrigen Urlaubsutensilien (Skier, Surfbretter, Fahrräder etc.)
überflüssig macht.35 In den letzten Jahrzehnten war jedoch eine Tendenz zu
Auslandsaufenthalten zu beobachten, so dass das Flugzeug als
Reiseverkehrsmittel immer mehr an Bedeutung gewann. Problematisch ist
das Fehlen umweltfreundlicher Verkehrsmittel, die eine attraktive Alternative
zum Flugzeug bei Mittel- und Fernstreckenzielen darstellen. 2006 reisten
67,9 % der deutschen Urlauber ins Ausland und 54,3% unter ihnen wählte
das Flugzeug als Verkehrsmittel zur An- und Abreise.36
Verkehrsemissionen sind wesentliche Verursacher des Klimawandels, der
sich in der Zerstörung der Ozonschicht, der Verschiebung der Klimagürtel,
der Erwärmung der Atmosphäre und dem damit verbundenen Ansteigen des
Meeresspiegels auswirkt. Besonders flache Küstenregionen sind dadurch
akut bedroht. Vermehrte Niederschlagsmengen führen zu Erosionen,
Überschwemmungen, zur Versalzung von Trinkwasser und zur Zerstörung
der Infrastruktur. Verminderte Niederschläge lösen Dürrekatastrophen aus
und bedrohen sowohl die Menschen, als auch die Vielfalt der Pflanzen- und
Tierwelt in ohnehin sensiblen Regionen.37 Neben Klimaveränderungen und
dem Treibhauseffekt resultieren aus einer hohen Verkehrsintensität
Gesundheitsschäden durch Lärm und hohe Luftbelastungen. Auch
Schädigungen der Tier- und Pflanzenwelt durch Stickoxide und
Kohlenwasserstoffe sind Folgen der Verkehrsentwicklung.38 Zudem ist der
zunehmende Verkehr mitverantwortlich für den zunehmenden Verbrauch von
34 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 32ff. 35 Vgl., Mundt, J. (2006), S. 519ff. 36 Vgl. o. V., http://www.fur.de/downloads/Reiseanalyse_2007.pdf, 15.12.07. 37 Vgl. Friedl H. (2002), S. 60ff. 38 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 31f.
16
Erdöl und den damit verbundenen Gefahren bei dessen Förderung und
Transport. Tankerunfälle an zahlreichen Küsten haben diesen durch
Ölverseuchung irreversible Schäden zugefügt.39
Eine globale Lösung des touristischen Verkehrsproblems ist derzeit nicht in
Sicht. Angesichts der hohen Umweltbelastungen durch den Flugverkehr
werden die Forderungen nach einer Besteuerung des Flugbenzins und somit
einer erheblichen Verteuerung von Flugpreisen immer deutlicher. Flugbenzin
ist momentan der einzige Treibstoff, der nicht weltweit besteuert wird.
Allerdings stehen der globalen Einführung der so genannten Kerosinsteuer
diverse Hindernisse im Weg, deren Überwindung momentan aussichtslos
erscheint. Angesichts des stark globalisierten Marktes müsste sie weltweit
zur gleichen Zeit eingeführt werden. Hierzu fehlen momentan die
Entscheidungsstrukturen. Die ICAO (Internationale Zivilluftverkehrs-
Organisation), müsste unter einen gewaltigen global-politischen Druck
gesetzt werden, wofür es jedoch, angesichts der unterschiedlichen
Interessen, keine geeigneten Akteure gibt. Zudem müsste die Höhe der
Besteuerung international harmonisiert sein, um Tank-Ausweichflüge zu
vermeiden � ein kaum lösbares Problem. Es stellt sich auch die Frage, wer
Anspruch auf die Einnahmen hätte. Soll die Menge Treibstoff besteuert
werden, die getankt wird oder diejenige, die verbraucht wird? Viele
Entwicklungsländer, die mangels Alternativen auf den Tourismus
angewiesen sind, könnten einen wirtschaftlichen Kollaps erleben.40
Verkehrswissenschaftler fordern außerdem die Schließung von
Regionalflughäfen, die Einführung eines Tempolimits, sowie niedrigere
Flughöhen. Diesen Forderungen stehen die ökonomischen Interessen der
Tourismusbranche entgegen.41 Es gibt aber durchaus Ansätze, die zeigen,
dass man Schritte in die richtige Richtung machen kann. Beispielsweise
versuchte der Reiseveranstalter Studiosus, als einer der Ersten, die
negativen Transportenergiebilanzen zu verringern, indem er Rail&Fly
einführte. Hierbei ist die Bahnanreise vom Wohnort zum Abflughafen im
Reisepreis inklusive.42 Mittlerweile haben auch andere Reiseveranstalter
39 Vgl. Friedl H. (2002), S. 60ff. 40 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 94f. 41 Vgl. Friedl H. (2002), S. 59ff. 42 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.77f.
17
dieses Konzept übernommen. Ziel ist es den innerdeutschen Flugverkehr zu
reduzieren, da besonders Kurzstreckenflüge, aufgrund des hohen
Treibstoffverbrauchs, eine schlechte Energiebilanz aufweisen. Ein
Kurzstreckenflug verbraucht bei durchschnittlicher Auslastung 10,5 Liter pro
Person je 100 Kilometer, während für einen Langstreckenflug �nur� 6,7 Liter
pro Person je 100 Kilometer benötigt werden.43
4.2.2 Zersiedlung von Landschaften
Tourismus ist, abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie dem
Geschäftsreisetourismus, abhängig von einer intakten Landschaft und Natur.
Paradoxerweise ist Tourismus in manchen Ländern gleichzeitig einer der
größten Verbraucher von Land. Ziel der Umweltpolitik muss es sein, die
Zerstörung von Landschaft und Natur möglichst gering zu halten. In
Deutschland gibt es keine Statistiken über den Flächenverbrauch durch
Tourismus, da beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur nicht ausschließlich
für touristische Zwecke, sondern auch für Gütertransport und Berufsverkehr,
genutzt wird. Beherbergungsbetriebe in Deutschland machen zwar mit 0,7%
einen sehr geringen Teil der gesamten Siedlungs- und Verkehrsfläche aus,
allerdings können sie schwerwiegende lokale Schäden verursachen, wenn
sie in schützenswerten Gebieten errichtet werden. Es ist Aufgabe der
Tourismuspolitik des jeweiligen Landes, der Region oder Gemeinde diesem
Problem beispielsweise mit Umweltauflagen für die Neuansiedlung von
Hotels entgegenzuwirken. Allerdings stehen dieser Politik oft erhebliche
Hindernisse im Weg.44
Eine enorme Umweltbelastung ist auch die zunehmende Inanspruchnahme
von Fläche. Die, pro Kopf der Bevölkerung verfügbare Vegetation, tragende
Fläche nimmt stetig ab und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Das
Bundesumweltministerium weist nach, dass Freizeit und Tourismus diese
Entwicklung noch verschärfen, da Urlauber zunehmend bisher unberührte
Gebiete aufsuchen. Mit einer Expansion des Urlaubstourismus ist immer
auch Landschaftsfraß verbunden. Natur wird in allgemein zugängliche
43 Vgl. Friedl H. (2002), S. 58. 44 Vgl., Mundt, J. (2006), S. 521ff.
18
Feriengebiete umgewandelt, Unberührtes wird berührt, freie Landschaft wird
verbaut und der freie Zugang zu Seeufern und Meeresküsten versperrt.
Touristische Infrastruktur ist zwangsläufig mit Flächenverbrauch und
Bodenversiegelung verbunden. Eine der schwerwiegendsten Folgen ist der
Verlust von Sanddünen an den Küsten. 40% der noch vorhandenen Dünen
an der Atlantikküste wurden zerstört, in Italien liegt der Rückgang der
Sanddünen sogar bei 80%. In Frankreich muss vor jeder Saison Sand am
Festland ausgebaggert und an der Côte d�Azur auf die erodierten
Strandstreifen gepumpt werden, um den Urlaubern ihre gewohnte
Strandqualität bieten zu können.45 Und die Verbauung der Küstenstreifen
nimmt kein Ende, zu wenig hat man aus den bestehenden Betonburgen
gelernt.46 Besonders landschaftszerstörend wirken Ferienzentren, die
vorwiegend in besonders reizvollen Landschaften entstehen, wie
beispielsweise Center Parc Bispingen in der Lüneburger Heide. Touristische
Siedlungen, verbunden mit dem unkontrollierten Bau von Skiarenen und
Sportanlagen, können immense Schäden anrichten, geschehen zum Beispiel
in den französischen Trois Vallées. Die Entwicklung des Tourismus verstärkt
weltweit den Druck auf die Ökosysteme. Die Alpen als beliebtes Reiseziel,
sowohl im Sommer, als auch im Winter, leiden unter der starken Belastung
durch den Tourismus. Insgesamt überzieht ein Netz von 12000 Skiliften,
40000 Pisten und 5 Millionen Betten den Alpenraum. Die Übererschließung
und Überbeanspruchung der Berge hat die zunehmende Erosion der
Bergböden zur Folge. Der Kreislauf Mehr Pisten � mehr Hotelbetten � mehr
Pisten könnte langfristig gesehen dazu führen, dass die Alpen ihre Funktion
als Erholungsgebiet verlieren. Zerstörte Landschaften drohen ausgemustert
zu werden, wenn sie dem Anspruch der Urlauber an eine intakte Natur nicht
mehr gerecht werden können.47 Neben der Landschaftsverbauung können
auch diverse Sportarten negative Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Problematisch hierbei ist vor allem das Auftreten der Touristen in Massen.
Auch Wanderer können, wenn keine Besucherlenkung erfolgt, große (Tritt-
)Schäden anrichten. Die Nachfrage nach wasserbezogenen
45 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 121ff. 46 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 67ff. 47 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 121ff.
19
Freizeitaktivitäten (tauchen, segeln, Wasserski fahren etc.) übersteigt längst
das Angebot an ökologisch vertretbar nutzbaren Gewässern.48
4.2.3 Touristisches Abfallaufkommen
Hoch problematisch ist der Aspekt der Müllentsorgung - vor allem in Ländern
und Regionen, die nicht über die nötige Infrastruktur verfügen. Das betrifft in
erster Linie Entwicklungsländer, aber auch Ferieninseln wie beispielsweise
Mallorca oder die Kanarischen Inseln.49
Besonders belastend für die Umwelt ist der so genannte Freizeitmüll, der zu
einem Großteil aus zersetzungsresistenten Materialien wie Kunststoff
besteht. Dazu gehören u. a. Sportartikel, Zelte, Schlauchboote, Wasserski,
Angelruten, kurz gesagt Produkte, die ständig in neuen Varianten auf den
Markt geworfen werden. Der allein durch Sport- und Skischuhe anfallende
Müll in der Alpenregion entspricht dem Abfall einer Stadt mit 10.000
Einwohnern während eines ganzen Jahres (Berner Forschungsinstitut für
Freizeit und Tourismus). Hinzu kommt die zunehmende Wegwerf-Mentalität
der Ausflügler und Urlauber, die von der Konsumindustrie unterstützt und
gefördert wird. Anstelle von wieder verwendbaren Verpackungen werden
immer häufiger solche mit Einweg-Charakter genutzt (Plastikbehälter,
Blechdosen, etc.). Allein für den Freizeit- und Unterwegsbedarf wird derzeit
eine Blechdosenlawine von 2,5 Milliarden Stück pro Jahr produziert. Hinzu
kommen Bequemlichkeit und geringes Umweltbewusstsein. Folglich bereitet
die Beseitigung der Müllberge zunehmend größere Schwierigkeiten.50
Besonders in Entwicklungsländern mangelt es an der nötigen Infrastruktur
zur artgerechten Entsorgung. Die üblichen Abfälle der einheimischen
Bevölkerung sind zumeist kompostierbar, aber mit den Touristen nimmt die
Menge an zersetzungsresistentem Müll zu. Hochinfektiöse Müllberge,
�Plastikwälder� oder Smogbelastung durch unsachgemäßes Verbrennen sind
die Folge. In schwer zugänglichen Regionen, wie dem Himalaya oder der
Inkafestung Machu Picchu in Peru, wurden mit Räumungsaktionen immense
48 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 67ff. 49 Vgl., Mundt, J. (2006), S. 524ff. 50 Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 32ff.
20
Mengen an Lebensmittelsdosen und ähnlichem Abfall abtransportiert. Mitte
der 1980er Jahre wurden 1,5 Millionen Tonnen Müll den Mount Everest
hinunter befördert. Am Wanderpfad zu Machu Picchu wurden in einer
ähnlichen Aktion 16.000 leere Dosen eingesammelt.51
Auch an Orten des Badetourismus mangelt es oftmals an
Müllbeseitigungsanlagen, weshalb Hotelabfälle verbrannt, in Buchten
notdürftig abgelagert oder, wie im Fall der Kreuzfahrtschiffe, im Meer
versenkt werden. Auch die Insulaner der Malediven werfen ihre Abfälle direkt
ins Meer, wodurch sich mittlerweile Müllberge aus Plastiktüten und
Blechdosen am Meeresgrund türmen. Die Tüten verfangen sich in den
Korallen und ersticken sie. Auch die Unterwasserverrottung von Abfällen
entzieht dem Wasser den Sauerstoff und führt zum Absterben der Riffe.
Von allen tourismusinduzierten Umweltproblemen wäre das der
Müllbeseitigung am leichtesten lösbar, da ein �besseres�,
umweltfreundlicheres Verhalten der Reisenden schon ein wesentlicher
Fortschritt wäre. Strukturelle Veränderungen sind kaum notwendig.52
Die Ferieninsel Mallorca versinkt fast im Müll. Jedes Jahr fallen durch
Touristen 90000 Tonnen Müll an, deren Entsorgung ein nahezu unlösbares
Problem darstellt. Ein Positivbeispiel liefert hingegen die Kanareninsel
Fuerteventura: Neben Wind- und Solarenergie setzt man hier auf
Biomassevergasung. 60% der Hotelabfälle sind organische Stoffe und
können in Biogas-Anlagen, wie beispielsweise RISCO DEL GATO, vergärt
werden. Das entstandene Biogas trägt dazu bei fossile Brennstoffe zu
sparen. Zudem erzielt man mit dieser Methode eine Verringerung von
Geruchsemissionen gegenüber der Kompostierung.53
Die Fluggesellschaft LTU und ihre Gäste tragen zur Entlastung der
Malediven hinsichtlich des Müllproblems bei. Nach der Landung wird den
Urlaubern ein Plastiksack ausgehändigt, in dem die Feriengäste während
ihres Aufenthaltes ihren Müllsammeln sollen. 70% nutzen diese Option und
verhindern damit, dass die Inseln ihren Müll auf andere Art entsorgen.54
51 Vgl. Friedl H. (2002), S. 62f. 52 Vgl. Friedl H. (2002), S.69ff. 53 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 32ff. 54 Vgl. Loppow, B. (1994), http://www.zeit.de/1994/42/Malediven-Taucher-saeubern-Riffe, 20.10.07.
21
4.2.4 Wasserverschmutzung
55% der Bevölkerung sind der Auffassung, dass in erster Linie Schiffe,
Vergnügungsdampfer und Wassersportler für die Verschmutzung der
Gewässer verantwortlich sind. Trotzdem verzeichnet der Kreuzfahrtmarkt
Zuwächse und die Nachfrage der Wassersportarten und deren Vielfalt steigt.
Die Vielzahl an Wassersportarten wie Surfen, Rafting, Tauchen, Sportangeln,
Motorboot fahren etc. verursachen Schäden im Gewässer- und
Uferrandbereich und sorgen zum Teil für erhebliche Lärmbelästigung. Die
große Zahl an Kreuzfahrtschiffen zieht neben Öl- und Schadstoffausstößen
ein Entsorgungsproblem nach sich. Häufig wird anfallender Abfall im Meer
versenkt, wobei fehlende allgemeingültige Bestimmungen für Schiffe mit
Hunderten von Passagieren an Bord der Lösung des Problems nicht
förderlich sind. Bei Schiffsneubauten ist der Einbau einer
Müllverbrennungsanlage keine Pflicht. In vielen Anlaufhäfen sind die
Entsorgungsgebühren höher, als die bei Verstößen verhängten Strafen.55 Die
von Motorbooten, Jetskis etc. häufig frequentierten Seen leiden unter den
Rückständen, die diese hinterlassen. Der Öl- und Schadstoffausstoß von
Motoren wirkt sich giftig gegenüber Kleinlebewesen aus. Das gleiche
Problem lässt sich in Fremdenverkehrsorten beobachten, wo mangels
Kläranlagen die Abwässer ungeklärt in die Gewässer fließen. Dadurch wird
sehr viel Phosphat zugeführt, welches die explosionsartige Vermehrung von
Algen fördert, die dem See dann den Sauerstoff entziehen. Die
Mikroorganismen werden durch mangelnden Sauerstoff in ihrer Funktion
Algen abzubauen behindert, wodurch diese verfaulen. Es bilden sich giftige
Fäulnisgase, der See verschlammt, die Fische sterben. Dieses Problem
wurde erkannt und man versucht nun Seen durch künstliche Sauerstoffzufuhr
zu retten. Der zweitgrößte Süßwassersee in Mitteleuropa, der Bodensee,
konnte in den 70er Jahren, als fast kein Sauerstoff mehr vorhanden war,
durch eine grenzübergreifende Anstrengung, die den Bau von mehreren
Kläranlagen beinhaltete, gerettet werden. Heute arbeiten 20
Naturschutzverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eng
55 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 57ff.
22
zusammen und engagieren sich für eine zukunftsfähige Entwicklung der
Bodenseeregion als Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum. Die Attraktivität des
Sees für Touristen soll durch eine verbesserte Wasserqualität gesteigert
werden und Freizeit- und Urlaubsaktivitäten sollen im Einklang mit der Natur
stattfinden.56
In vielen Entwicklungsländern hat die Abwasserentsorgung nicht mit der
touristischen Entwicklung Schritt halten können. Kanalisationsnetze mit
gesicherter Klärung sind rar. Hotels verzichten häufig auf eine eigene
Abwasseraufbereitung, um Kosten zu sparen. So sind beispielsweise an
manchen Stellen der brasilianischen Küste das Schwimmen und der Verzehr
von dort gefangenem Fisch hochgradig gesundheitsgefährdend.57
Einzige Lösung des Abwasserproblems wäre der Bau von entsprechenden
Entsorgungseinrichtungen, wofür es aber derzeit an finanziellen Mitteln oder
am nötigen Umweltbewusstsein von möglichen Investoren mangelt.58
4.2.5 Ressourcenverbrauch
Wasser und Strom sind Ressourcen, die von deutschen Urlaubern als
selbstverständlich angesehen werden. In beliebten Reisezielen, wie
beispielsweise Tunesien, wird die Versorgung mit Wasser wegen der
zunehmenden Verknappung und Verschmutzung zu einem Hauptproblem.
Die erschlossenen und verfügbaren Wasserressourcen reichen nur noch
schätzungsweise bis 2020, um die tunesische Bevölkerung und die
Wirtschaft mit ausreichend Wasser zu versorgen. Die hohen touristischen
Bedürfnisse verschärfen bereits vorhandene Konflikte um die Nutzung der
Wasserressourcen, da Touristen ein Vielfaches der Wassermenge
verbrauchen, die der einheimischen Bevölkerung zugestanden wird. Der
gestiegene Wasserverbrauch führt zum Absinken des Grundwasserspiegels,
so dass in einigen Zentren des tunesischen Saharatourismus die
Wasserzufuhr während der Verbrauchsspitzenzeiten für einige Stunden
unterbrochen werden musste. Aus ökologischer Sicht führen der sinkende
56 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 136ff. 57 Vgl. Friedl H. (2002), S. 62ff. 58 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.66.
23
Grundwasserspiegel und die Austrocknung von Brunnen und Oasen zu
absinkenden Böden, zur Versalzung durch nachfließendes Meerwasser und
zur Verschmutzung vorhandener Wasserressourcen.59
Während die einheimische Bevölkerung zumeist mit der Wasserknappheit
leben muss, versucht die Reisebranche anderweitig Trinkwasser zu
beschaffen. Auf Antigua beispielsweise mussten die privaten Haushalte
während einer 18-monatigen Trockenzeit wochenlang ohne fließendes
Wasser auskommen, während Hotels Ihr Wasser mit Tankschiffen von
benachbarten Inseln bezogen oder energieaufwendige
Meerwasserentsalzungsanlagen nutzten.
Auch die Ressource Strom ist in vielen Ländern nur begrenzt erhältlich, wird
aber in vollem Umfang Touristen zur Verfügung gestellt, um diesen ihren
gewohnten Komfort zu bieten. Das größte Hotel der Elfenbeinküste
verbraucht rund die Hälfte des landesweit verfügbaren Stroms zur
Versorgung zweier Schwimmbäder und der hauseigenen Eisbahn. Auch auf
den kleinen Antillen entfällt ein Viertel der vor Ort produzierten Energie auf
die Hotelanlagen und ihre stark energiebedürftigen Klimaanlagen.
Eine dauerhafte Lösung kann nur über umweltbewusstes Verhalten der
Reisenden und der Reiseunternehmen erreicht werden.60
4.2.6 Gefährdung der Artenvielfalt
Die Tier- und Pflanzenliebe der Touristen bedroht indirekt auch die Objekte
ihrer Begeisterung. Der Naturraum wird durch Erosionsprozesse gefährdet.
Die sensible Vegetation leidet unter den Spuren, die durch eine Vielzahl an
Wanderern und Fahrzeugen verursacht werden. Verstärkt wird der
Erosionsprozess zusätzlich durch die Nutzung von Holz als Bau- und
Brennstoff. In Nepal führte der zunehmende tourismusbedingte
Holzverbrauch zu weit reichender Entwaldung, was Murenabgänge und
Überflutungen zur Folge hatte. Gefährlich ist auch die Verunreinigung von
Trinkwasser durch Trekkingtouristen, die sich oder ihre Kleidung in
59 Vgl. Kürschner-Pelkmann, F. (2006), http://www.tourism-watch.de/dt/45dt/45.badehose/index.html, 20.10.07. 60 Vgl. Friedl H. (2002), S.61f.
24
Wasserlöchern oder Brunnen reinigen. Im Extremfall kann dieses Verhalten
zur Vergiftungsgefahr für Mensch und Tier führen.61
Der Tourismus lässt der Natur nahezu keine Ruhepausen mehr. Die
Freizeitindustrie sorgt für ein immer größeres Bewegungsspektrum in der
Landschaft. Neben Verkehr und Bauaktivitäten sind es Freizeitaktivitäten in
der Natur, die intakte Ökosysteme gefährden. In Skigebieten werden durch
Rodung und Planierung immer mehr wasserspeichernde Bodenschichten
abgetragen. Die Folgen sind Erosion und vermehrter Wasserabfluss,
wodurch der benachbarte Wald der Bedrohung durch die ins Tal stürzenden
Wassermassen ausgesetzt ist. Im bayerischen Alpenraum sind die Hälfte
aller Ortschaften durch Überschwemmungen, Muren, Überschotterung und
Lawinenabgänge unmittelbar gefährdet. Nach solchen Naturkatastrophen
bleiben nur vegetationslose Schotterwüsten zurück.62
Oftmals liegen zwischen der subjektiven Einschätzung der Urlauber und den
tatsächlichen, von Vegetationsforschern ermittelten, Pflanzengefährdungen
Welten. Beliebte Freizeitaktivitäten in den Wäldern stellen eine enorme
Gefahr für die dortige Vegetation dar. Trampelpfade der Spaziergänger,
Geländeläufe und die zunehmende Möblierung des Waldes gefährden
störanfällige Tier- und Pflanzenarten und sind verantwortlich für eine
großflächige Zerstörung der wegbegleitenden Vegetation. Die Möblierung
des Waldes nimmt umso mehr zu, je intensiver der Wald touristisch genutzt
wird. Parkplätze, Rastplätze, Unterstandshütten, Aussichtspunkte,
Wanderwege, Wald- und Naturlehrpfade, Grillhütten, Reitwege,
Langlaufloipen, Zeltplätze, Seilbahnen, Skilifte usw. sind einem intensiven
Naturerleben nicht förderlich.63
Zusammenfassend gefährden Touristen durch ihr Verhalten Fels- und
Gehölzbiotope, Kriechpflanzen, Wiesen, Moore und Gewässer mit
Uferrandzonen sowie empfindliche Wasserpflanzenzonen.
Hinsichtlich der Erhaltung der Landschaften muss konsequent umgedacht
werden. Freizeit- und Naturschutzinteressen müssen in Einklang gebracht
werden. Wie der Golfplatz in Neuss/Himmelbachaue beweist, muss nicht
61 Vgl. Friedl H. (2002), S. 63f. 62 Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 64ff. 63 Vgl., Opaschowski, H. (1991), S. 64ff.
25
gänzlich auf flächenintensive Freizeitanlagen verzichtet werden. Ein Golfplatz
muss so gestaltet sein, dass auch ökologische Ruhezonen mit Wald, Busch-
und Kleinwasserbereichen erhalten bleiben und auf Herbizide sollte
verzichtet werden. In Neuss wurden Naturschutzverbände frühzeitig integriert
und auch nach Fertigstellung der Anlage überwacht ein Naturschutzwart die
ökologischen Auflagen.
In größeren, von vielen Parteien, auf verschiedene Weise genutzten
Gebieten, wie beispielsweise dem Alpenraum, ist es nötig gänzlich
umzudenken. Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat eine Richtung
empfohlen, um Gebirgslandschaften wie die Alpen dauerhaft zu erhalten.
Unter anderem sollten keine weiteren Erschließungen und
Geländeanpassungen für den Skisport stattfinden, Pisten müssen bei
weniger als 30cm Festschnee gesperrt werden und Gletscher-Skigebiete
sollten grundsätzlich gemieden werden, um die Trinkwasserreserven der
Zukunft zu erhalten. Momentan jedoch sind diese Handlungsempfehlungen
noch graue Theorie und die grundverschiedenen Interessen der einzelnen
Parteien stehen der Umsetzung für nicht absehbare Zeit im Weg.64
Die Bedrohung der Vegetation ist nicht zu unterschätzen. Momentan trägt
der Tourismus in Deutschland zur Gefährdung von 112 Pflanzenarten bei.
Beim Aussterben nur einer Pflanzenart werden gleichzeitig 10-20 Tierarten
durch ihre ökologische Abhängigkeit verschwinden.
Weltweit sind bis zu ein Fünftel aller Arten durch den Menschen bedroht.
Urlauber werden heute immer mehr zum Störfaktor der Tierwelt. Besonders
in Massen verursachen sie vielfältige Schäden für das Ökosystem.
Wassersportler beeinträchtigen oder vernichten die natürlichen Bruträume
der Fische. Auch Vögel werden beim Brüten gestört, zum Beispiel durch
Windsurfer, die zu nah an die Aufenthaltsorte der Vögel wie
Röhrichtbestände oder Schilfgürtel herankommen.
Unfälle zwischen wild lebenden Tieren und Fahrzeugen bei Safaris sind
keine Seltenheit. Geparde beispielsweise sind vom Aussterben bedroht, da
Touristen mit ihren Fahrzeugen die Jagdgewohnheiten der Großkatzen
massiv beeinträchtigen. Grundsätzlich bleibt keine menschliche Aktivität in
64 Vgl. Viegas, A. (1998), S.16ff.
26
der Natur ohne Folgen. Selbst das sanfte Gleiten der Drachenflieger schreckt
das Wild in Schutzgebieten auf. Damit Urlauber auch in Zukunft intensiv die
Natur erleben können, werden sie gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen
müssen. Für die Zukunft gilt: Nicht jeder Felsen muss unter Naturschutz
gestellt werden, aber es muss auch nicht jeder Felsen beklettert und erobert
werden.65
4.3 Soziokulturelle Auswirkungen des Tourismus
Die Beziehungen zwischen Reisen und Bereisten sind umso
spannungsintensiver, je größer die sozialen und kulturellen Abstände sind.
Barrieren wie unterschiedliche Sprachen, Kleidungsregeln,
Essensgewohnheiten etc. bergen Konfliktpotenzial. Hinzu kommt die oft
grundverschiedene Einstellung gegenüber dem Faktor Zeit. In Ländern des
Südens wird Zeit häufig als einziger Luxus betrachtet, den man ausgiebig
�verschwendet� und kein Sklave der Uhr ist. Reisende allerdings haben
zumeist viel Geld für ihren Urlaub gezahlt und wollen so viel wie möglich
sehen und erleben. Dabei bleibt oft keine Zeit sich einzuleben, auf die
Einheimischen einzulassen und sich deren Lebenstempo anzupassen.66
Auch vor der Reise nehmen sich die wenigsten Zeit zur Vorbereitung auf die
zu erwartende Kultur und die Lebenssituation im Reiseland. Touristen wollen
oft nicht, Einheimische können vielfach nicht die jeweils andere Seite
verstehen.
Ein wesentliches Hindernis in der Beziehung zwischen Reisenden und
Bereisten sind die unterschiedlichen Lebenssituationen. Einheimische sehen
Touristen oft als Repräsentanten einer unzugänglichen Welt, die Geld, Status
und Macht haben. Dieses Bewusstsein der materiellen Überlegenheit der
Touristen resultiert aus deren typischen Erscheinungsbild: gut gekleidete
Menschen, die ihre Mietwagen nur für Einkaufstouren oder Fotostops
verlassen. Die Tatsache, dass viele Urlauber ein Jahr oder länger hart für die
Reise gearbeitet haben, bleibt unberücksichtigt. Hinzu kommt, dass Reisen
in vielen Ländern ausschließlich aus beruflichen oder familiären Gründen
65 Vgl. Opaschowski, H. (1999), S. 131ff. 66 Vgl. Friedl H. (2002), S. 71ff.
27
unternommen werden und somit eine Vergnügungsreise nicht
nachvollziehbar ist. Diese Konfrontation mit dem angeblich reichen,
überlegenen Lebensstil kann sowohl zu Versuchen der Anpassung oder
Nachahmung führen als auch zu Neid und Abwehr.67
Die Massenmedien produzieren über Leitbilder und Stereotypen bestimmte
Erwartungshaltungen und haben somit einen hohen Anteil an den
unterschiedlichen Beziehungsauffassungen von Touristen und
Einheimischen. Destinationenwerbung und Sehnsuchtsliteratur wecken
Wunschträume bei den Urlaubern, und Images wie z. B. die
Gastfreundschaft der Einheimischen entstehen. Ähnliches gilt auch für die
Seite der Bereisten, wo mit Regierungskampagnen für den ökonomischen
Nutzen des Tourismus geworben wird. Die interkulturelle Kommunikation ist
oft nur ein Austausch von Klischees. Der Reisende setzt die
Gastfreundschaft der Einheimischen voraus. Sie ist Teil seines vorab
bezahlten Reisepaketes. Er betrachtet sich vielmehr als zahlender Kunde.68
Auf der anderen Seite nimmt die einheimische Bevölkerung oftmals Anstoß
an der scheinbaren Sittenlosigkeit der Touristen. Knapp bekleidete Frauen
und turtelnde Pärchen gehören in der westlichen Welt zum Straßenbild,
werden allerdings in manchen Kulturen als unpassend empfunden. Oftmals
wird allerdings auch der Mangel an Respekt beklagt, wenn beispielsweise
eine Vielzahl an Urlaubern mit viel Lärm und dem Blitzlicht ihrer
Fotoapparate religiöse Kultstätten besichtigt und somit die traditionellen
Zeremonien stört. Diese Respektlosigkeit liegt in dem besonderen
Freiheitsgefühl der Reisenden begründet. Gerade im Urlaub will man sich
keinen Beschränkungen unterwerfen. Hinzu kommt, dass keine Sanktionen
befürchtet werden müssen, wenn man sich als Urlauber danebenbenimmt,
da man den Ort des Geschehens nach einer kurzen Besichtigung wieder
verlässt. Das Konfliktpotenzial kann sich im Laufe der Zeit verringern, indem
die Toleranz gegenüber den Touristen zunimmt und die Einheimischen sich
an deren Verhalten gewöhnen. Auch variiert innerhalb einer jeweiligen
Gesellschaft der Grad der Offenheit gegenüber den Reisenden. Die
67 Vgl. Friedl H. (2002), S. 72ff. 68 Vgl. Friedl H. (2002), S. 72ff.
28
Landesbewohner sind keine willenlosen Opfer des über sie
hereinbrechenden Reiseverkehrs.
Kritiker beklagen einen touristisch verursachten schwerwiegenden Werte-
und Strukturwandel bei traditionellen Gesellschaften. Dieser Vorwurf basiert
auf der Annahme, dass touristisches Engagement den
Modernisierungsprozess in Richtung der sozialen und beruflichen
Differenzierung, Rationalisierung, Kontrolle, Institutionalisierung und
Bürokratisierung vorantreibe. Werte und Machtverhältnisse passen sich
tendenziell an das westliche Vorbild an. Die Folgen für eine Gesellschaft sind
umso gravierender je traditioneller sie bislang geprägt war. Indizien hierfür
sind die strenge Rollendifferenzierung zwischen Mann und Frau sowie die
elementare Rolle von Religion und traditionellem Wissen. Der
Zusammenhang zwischen Tourismusentwicklung und sozialer
Modernisierung besteht darin, dass Tourismus das Wirtschaftswachstum
vorantreibt, wodurch Rationalisierungsprozesse eingeleitet werden. Die
Folgen, Arbeitsteilung und zunehmende soziale Differenzierung, bewirken
Veränderungen in sozialen Beziehungen. Traditionelle Berufs- und
Sozialstrukturen werden ersetzt, es entstehen neue Hierarchien. Die
wachsende Bedeutung alter Kenntnisse bedeutet gleichzeitig den
Autoritätsverlust der Alten.
Auf eine Formel gebracht sind die soziokulturellen Tourismusfolgen umso
gravierender, je mehr Besucher pro Besuchtem, je größer der kulturelle
Unterschied zwischen Reisenden und Bereisten, je kleiner der besuchte Ort
und je schneller die dortige Tourismusentwicklung ist.69
Demonstratives Konsumverhalten der Urlauber kann unter den
Einheimischen den Wunsch zur Nachahmung, das heißt das Bedürfnis nach
Konsum- und Luxusgütern wecken. Kritiker (Thomas Lüem, Soziokulturelle
Auswirkungen des Tourismus in Entwicklungsländern, 1985) stellen die
These auf, dass Einheimische, die sich diese Bedürfnisse nicht erfüllen,
können sogar zu kriminellen Handlungen provoziert werden. Damit soll auch
die Zunahme an Bettelei, Prostitution und Alkoholismus erklärt werden.
Dieser so genannte Demonstrationseffekt führt bei unterschiedlichen
69 Vgl. Friedl H. (2002), S. 74f.
29
Bevölkerungssegmenten zu verschiedenen Auswirkungen. Während ältere
Menschen nahezu immun gegenüber solchen Einflüssen zu sein scheinen,
werden junge Menschen wesentlich mehr davon angezogen.
Ungeklärt ist allerdings, inwiefern Tourismus für soziokulturelle
Veränderungen verantwortlich ist und wie diese überhaupt zu messen sind.70
Ein weiterer Aspekt hinsichtlich soziokultureller Auswirkung des Tourismus
ist die Kommerzialisierung von religiösen und traditionellen Ausdrucksmitteln,
wie Riten und Kunsthandwerk. Riten werden zum Teil tourismusgerecht
inszeniert und verlieren somit ihre ursprüngliche Bedeutung. Beispielsweise
führen die Massai den Urlaubern Beschneidungszeremonien vor, obwohl
diese in der Kultur der Massai nie eine Rolle gespielt haben. Ähnliches gilt für
Kunstgegenstände. Diese werden als Souvenirs an die Anforderungen des
Massentourismus angepasst. Sie müssen leicht, handlich, somit für das
Reisegepäck geeignet und zudem relativ preisgünstig sein. Unter ethischen
Gesichtspunkten stellt sich nun die Frage, inwiefern die betroffene
Bevölkerung mit der Entfremdung ihrer Kultur einverstanden ist, d. h.
inwiefern sie selbständig über solche Belange bestimmen kann. Wenn die
Tourismusbranche die Kultur dauerhaft nur als Produkt versteht und
dementsprechend vermarktet, wird sie auf Dauer Kreativität und
Eigenständigkeit dieser Kultur verhindern und zum Sinn- und Identitätsverlust
der Einheimischen beitragen.71
4.4 Wirtschaftliche Abhängigkeit durch touristische Monokultur
Einheimische in den bereisten Gebieten schätzen die wirtschaftlichen
Tourismusauswirkungen durchaus positiv ein. Immer mehr Regierungen in
Entwicklungsländern engagieren sich auf Grundlage ökonomischer
Erwartungen im Tourismus. Hochgesteckte Ziele sind mit diesem
Engagement verbunden: Devisen sollen erwirtschaftet, Arbeitsplätze
geschaffen und damit die Kaufkraft erhöht werden, was zu einem höheren
Steuereinkommen führen soll. Man erhofft sich einen positiven
Rückkopplungseffekt für die regionale Wirtschaft, der zu Entwicklung,
70 Vgl. Friedl H. (2002), S. 75ff. 71 Vgl. Friedl H. (2002), S. 80f.
30
Diversifikation und folglich zu wachsender sozialer und politischer Stabilität
beitragen soll. Das damit verbundene verbesserte internationale Ansehen
soll heimische und internationale Geldgeber überzeugen ihr Kapital hier zu
investieren. Die großen Hoffnungen, die in den Tourismus gesetzt werden,
schrecken auch vor dem hohen Ausmaß an wirtschaftlicher Abhängigkeit
nicht zurück, das damit verbunden ist.72 Oftmals besteht aber auch keine
Alternative zum Tourismus. Gambia beispielsweise hat neben dem
Tourismus und der Erdnussproduktion keine anderen Perspektiven. Als
wichtigster direkter ökonomischer Nutzen des Tourismus gelten
Deviseneinnahmen, wobei man allerdings deutlich zwischen Brutto- und
Nettodeviseneinnahmen unterscheiden muss. Vom Bruttobetrag müssen
noch tourismusbedingte Ausgaben für Importe (Lebensmittel, Treibstoffe,
Verkehrsmittel, Baumaterialien, Hotelausstattung etc.), Gehälter für
ausländisches Personal und Gewinntransfers an ausländische Investoren
abgerechnet werden. Die Differenz zwischen Brutto- und
Nettodeviseneinahmen nennt man Sickerquote. Den Inselstaaten der Karibik
verbleiben von jedem ausgegebenen Dollar im Land nur noch 20ct, d. h. sie
haben eine Sickerquote von 80%. Die meisten tourismusabhängigen Länder
haben Sickerquoten, die sich auf zwei Drittel ihrer Einnahmen belaufen.73
Grundsätzlich gilt: Je mehr Importe durch landeseigene Produkte ersetzt
werden können, umso geringer ist die Sickerquote. Wesentliche Verluste
entstehen durch Gewinntransfers an ausländische Investoren.
Transnationale Konzerne, die nach Gewinnmaximierung und nicht nach
Entwicklungsförderung streben, stehen in Konkurrenz zur Volkswirtschaft des
Ziellandes. Dennoch sind Tourismuseinnahmen ein wichtiger Beitrag zur
Linderung von Armut in Entwicklungsländern. Allerdings hat die breite Masse
der Bevölkerung an dieser Entwicklung oftmals keinen Anteil. Tourismus
spielt sich zumeist zwischen Hotelbesitzern, Fluggesellschaften und
Reiseveranstaltern ab, während die Bevölkerung leer ausgeht und sich
zudem den Tourismusfolgen gegenübersieht. Lebenserhaltungskosten und
Grundstückspreise steigen stärker an, als die Gehälter, so dass die Armut
72 Vgl. Opaschowski, H. (2002), S. 133f. 73 Vgl. Friedl H. (2002), S. 64ff.
31
sogar zunimmt.74 In der Dominikanischen Republik stiegen die
Deviseneinnahmen innerhalb von 20 Jahren von 0,5 auf 2,5 Millionen US
Dollar, während gleichzeitig die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden
Menschen von 47% auf 57% gemessen an der Gesamtbevölkerung stieg.
Die Steuereinnahmen der Zielländer werden zudem durch hohe Ausgaben
für die Bereitstellung einer öffentlichen Infrastruktur, sowie für die Erhaltung
von Sehenswürdigkeiten belastet. Oftmals kommen Infrastrukturmaßnahmen
und Verbesserungen im Bereich der Wasser- und Stromversorgung nur
Touristen zugute.
Volkswirtschaften, deren Bruttonationalprodukt zu einem Großteil durch
touristische Einnahmen erwirtschaftet wird, sind aufgrund dieser
Abhängigkeit extrem verwundbar. Standardisierte Urlaubsangebote der
internationalen Tourismuskonzerne verschärfen diese Abhängigkeit noch,
weil dadurch die Touristenströme nach Kriterien des raschen und
zunehmenden Profits regulierbarer werden. Die dabei entstehenden
Paradiese verfügen über keine Alleinstellungsmerkmale mehr, sind somit
austauschbar und leicht gegeneinander auszuspielen. Besonders deutlich
wird diese Abhängigkeit im Bereich der Karibik-Kreuzfahrten: Wenn auf einer
Insel unbequeme Umweltauflagen oder höhere Hafengebühren eingeführt
werden, so wird in der nächsten Saison die Konkurrenzinsel angelaufen. Das
Gleiche passiert, wenn die Gewinnmaximierung erreicht ist oder ein
Urlaubsziel kaputt entwickelt wurde und somit an Attraktivität verloren hat:
Die Tourismusentwickler suchen sich ein neues Zielgebiet und hinterlassen
eine Spur sozialer und ökologischer Verwüstung. Die wirtschaftliche
Abhängigkeit vom Tourismus schwächt die Verhandlungsposition der
Zielgebiete gegenüber internationalen Tourismuskonzernen. Thailand
beispielsweise kann sich gegen die günstigen Preise der Reiseveranstalter
kaum wehren, da es dem Druck des lokalen und internationalen
Überangebots ausgesetzt ist.
Zudem leiden Tourismusdestinationen unter negativen wirtschaftlichen
Entwicklungen in den Herkunftsländern der Touristen: Eine Rezession führt
im Allgemeinen zu verminderter Reisetätigkeit.
74 Vgl., Mundt, J. (2006), S.521ff.
32
Die gravierendsten Auswirkungen haben allerdings negative Meldungen über
die Sicherheit des Urlaubslandes, da dann die Nachfrage überraschend stark
zurückgeht und einkalkulierte Einnahmen wegfallen. So entgingen Ägypten
nach dem Terroranschlag von Luxor Einnahmen von 500 Millionen US Dollar
durch stornierte Reisen allein über Weihnachten und Neujahr. Kenia musste
drastische Buchungsrückgänge hinnehmen, nachdem einige Ebola-Fälle
durch westliche Medien zu einer Epidemie aufgebauscht wurden. Nach den
Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA brachen weltweit die
Reisemärkte zusammen. Für Reiseländer, deren Wirtschaft fast
ausschließlich auf dem Tourismus beruht, bedeuten solch immense
Buchungsrückgänge ein volkswirtschaftliches Desaster.75
Hinzu kommt die Verdrängung traditioneller Arbeitsformen. Es gibt keine
Statistik darüber, wie viele unabhängige Kleinunternehmer oder Menschen
im informellen Sektor durch die Tourismusindustrie verdrängt wurden, aber
zahlreiche Beispiele: In Goa mussten viele Fischer und Palmweinzapfer den
Strand für die Touristen räumen und Bauern konnten wegen
tourismusbedingtem Wassermangel nicht mehr anbauen. Es werden zwar
auch neue Arbeitsplätze geschaffen, diese sind allerdings häufig saisonal
begrenzt und auf Einheimische entfallen zumeist nur weniger qualifizierte,
schlecht bezahlte Tätigkeiten. Besser dotierte Jobs werden von Ortsfremden
übernommen. Trotz dieser wenig aussichtsreichen Perspektive führt die
Hoffnung auf längerfristige, sichere Arbeitsplätze besonders unter jungen
Leuten zur Landflucht aus dem agrarischen Hinterland. Traditionelle Berufe
und das soziale Umfeld werden zurückgelassen, doch die finden eine
regelmäßige Beschäftigung. In Kenia hat kaum ein Viertel der Menschen, die
in die touristischen Zentren umsiedeln, einen festen Job. Drei Viertel leben in
den wachsenden Slums, wo Bettelei, Prostitution und Kriminalität zum
normalen Alltag gehören.
Tourismus kann nur zum Gewinngeschäft werden, wenn die Volkwirtschaft
des Ziellandes integriert ist, sowie eine ausgebaute Infrastruktur, eine
entwickelte Industrialisierung und ein hochwertiger Servicesektor vorhanden
sind.76
75 Vgl. Friedl H. (2002), S. 64ff. 76 Vgl. Friedl H. (2002), S. 68.
33
4.5 Politische Auswirkungen
Investitionen ausländischer Geldgeber sind zumeist mit der Erfüllung
politischer Kriterien, in erster Linie politische Stabilität, verknüpft. Um ein
günstiges Investitionsklima zu bewahren oder herzustellen, nutzen
Regierende auch repressive Maßnahmen, wie Unterdrückung von
Opposition, Demonstrationen oder Streiks. Nach außen hin wird sozialer
Frieden, politische Ordnung und persönliche Sicherheit vorgetäuscht.
Proteste der Bevölkerung gegen touristische Erschließungsprojekte werden
ignoriert. Im Nordosten Brasiliens mussten einige tausend Bewohner der
Tourismusentwicklung weichen und wurden zwangsumgesiedelt. Die
Weltbank finanziert dort seit 1991 das Projekt PRODETUR, das eine
touristische Infrastruktur ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung
schafft, und sogar in Konflikt mit bestehenden Naturschutzvorhaben steht. In
Thailand wurden Proteste seitens der Bevölkerung gegen nackt badende
Touristen ignoriert, da die Regierung den Rückzug der ausländischen
Kapitalgeber nicht riskieren wollte.
Die Errichtung touristischer Anlagen geht einher mit der Vertreibung bzw.
Umsiedlung der ortsansässigen Bevölkerung. Zur Errichtung des Serengeti-
Nationalparks mussten die Massai ausgesiedelt werden und in Indien wurden
zur Gründung von 23 Tigerreservaten mehr als acht Millionen Inder
zwangsumgesiedelt. Aus Myanmar wurden Mitte der 90er Jahre die Dörfer
der dortigen Ureinwohner, genannt Karen, vom Militär zerstört, um das
Myinmolerkat Nature Reserve zu schaffen. Dabei starben zahlreiche
Menschen und 30.000 Karen flüchteten ins benachbarte Thailand. Das
Projekt wurde vom WWF unterstützt.
Auch Menschenrechtsverletzungen, an denen Urlauber unmittelbar beteiligt
sind, finden statt. So wurde im Nordosten Thailands ein �Menschenzoo�
errichtet, in dem 33 Giraffenfrauen als touristische Fotoattraktion ausgestellt
waren. Traditionsgemäß wird ausgewählten Mädchen vom Volk der Padaung
in Myanmar von Kindheit an der Hals mit Schmuckringen verlängert. Solche
34
Frauen wurden aus Myanmar verschleppt und unter Zwang ausgestellt, bis
sie von thailändischen Ordnungskräften befreit werden konnten.77
Besondere Aufmerksamkeit erfährt das Problem des Kindersextourismus.
Zwangsprostitution ist eine neue Form von Sklaverei, da sie gegen das
Recht der sexuellen Selbstbestimmung verstößt. Jährlich werden etwa 1
Million Kinder der Kinderprostitution zugeführt. Obwohl praktisch alle
Regierungen und maßgebliche Tourismusverbände den Sextourismus
ablehnen, wird er immer noch per Pauschalarrangement abgewickelt. In
manchen Urlaubsorten sind sexuelle Dienstleistungen oft die einzige
Attraktion. International angesehene Veranstalter und Fluggesellschaften
profitieren gleichermaßen von dieser Entwicklung wie kleine lokale
Agenturen.78 Um diese Verbrechen zu verhindern, wurde 1990 in Thailand
die Organisation ECPAT gegründet. Als eine ihrer Strategien wird die
Kindersexproblematik enttabuisiert, indem sie beispielsweise auf der Berliner
ITB vor breitem Fachpublikum thematisiert wurde. Die Reisebüro- und
Reiseveranstalterverbände Deutschlands haben strenge Verhaltenskodexe
für ihre Mitglieder erlassen. Kommerziellen Anbietern von Kindersex drohen
hohe Geld- und Haftstrafen. Seit 1993 können Bundesbürger, die im Ausland
Kinder sexuell missbraucht haben, in Deutschland vor Gericht gestellt
werden, was bisher jedoch erst in wenigen Fällen geschehen ist. Bislang
kann die Bekämpfung der Zwangsprostitution keine nennenswerten Erfolge
vorweisen. Ein Teil der Problematik ist, dass Kinder von ihren Eltern als
Prostituierte zur eigenen Überlebenssicherung in die urbanen Zentren
geschickt werden. �Manche Schulen Kenias werden ab der 7. Klasse nur
noch von Knaben besucht, während sich die Mädchen den Touristen mit der
prallen Brieftasche widmen.�79 Kritisch zu sehen ist allerdings der Vorwurf,
dass Prostitution durch Sextourismus entsteht. In Thailand oder Kenia
beispielsweise war Prostitution schon lange vor der Ankunft der Touristen
institutionalisiert. Allerdings eröffnet der Massentourismus zusätzliches
Nachfragepotenzial.80
77 Vgl. o. V. (1998), http://www.fairunterwegs.org/aktuell/news/article/von-fluechtlingen-zu-giraffen-frauen-thailaendische-geschaeftsleute-des-menschenhandels-mit-burmesis.html?cHash=2aa4f3a728, 29.10.07. 78 Vgl. o. V., http://www.kinderschrei.de/sextourismus-zahlen.htm, 29.10.07. 79 Friedl H. (2002), S. 85. 80 Vgl. o. V. (2006), http://www.unicef.de/4148.html, 29.10.07.
35
Den Ausstieg aus der Prostitution schaffen die wenigsten, da bürgerliche
Berufe deutlich schlechter bezahlt sind und die Prostitution mit gewissen
Freiheiten verbunden ist, die für anständige Frauen undenkbar wären. Es
muss deutlich unterschieden werden zwischen freiwilliger Prostitution und
Zwangsprostitution. Ein generelles Verbot würde vor allem den betroffenen
Frauen schaden, da sie in die Illegalität gedrängt würden. Um das zu
verhindern, müssten Frauen, die als Prostituierte arbeiten, mehr Rechte
bekommen. Das einzig sinnvolle Mittel im Kampf gegen die
Zwangsprostitution ist die Schaffung besser bezahlter Arbeitsplätze für
Frauen und die Überbrückung des Grabens zwischen Armen und Reichen.81
4.6 Positive Tourismusfolgen
Tourismus kann, wenn er richtig betrieben wird, auch als Instrument des
Naturschutzes dienen. Viele Naturschutzgebiete werden bereits durch
Einkommen aus touristischer Nutzung finanziert. Einzigartige Ökosysteme
und gefährdete Tier- und Pflanzenarten werden nachhaltig gesichert. Das
wohl bekannteste Beispiel hierfür sind die Galapagos-Inseln, wo durch die
Einnahmen aus den Besuchergebühren, immerhin 3 Millionen US Dollar
jährlich, vor allem die Charles-Darwin-Forschungsstation und das Park-
Management finanziert werden können. �Ohne zahlende Urlauber hätten
Berggorillas in Uganda, Nashörner in Namibia oder Tiger in Indien kaum eine
Überlebenschance.�82 Maumoon Abdul Gayoom, der Staatspräsident der
Malediven, hat seinen Bürgern vorgerechnet, dass der Verkauf eines Hais
auf dem Fischmarkt umgerechnet 24 Dollar bringt. Als Attraktion für
Tauchtouristen erwirtschaftet der gleiche Hai jedoch jährlich 25000 Dollar.83
Auch Tansania hat erkannt, dass eine intakte, vielfältige Umwelt sich
ökonomisch vorteilhaft auswirkt und verfügt mittlerweile über eine große
Anzahl von Schutzgebieten von Weltrang, wie z. B. dem Serengeti National
Park oder der Ngorongoro Conservation Area. Touristisch motiviert ist auch
81 Vgl. Friedl H. (2002), S. 92ff. 82 Friedl H. (2002), S. 182. 83 Vgl., Mundt, J. (2006), S. 523f.
36
der Einsatz für die Erhaltung der Meeresschildkröte auf der griechischen
Insel Zakynthos.
Mit Hilfe touristischer Einnahmen kann den großen Beeinträchtigungen von
Natur und Landschaft, wie beispielsweise dem Kahlschlag der Wälder,
entgegengewirkt werden. In der Himalayaregion dienen die von der Region
erhobenen Trekking-Gebühren u. a. den Inhabern der Tourismusbetriebe zur
Nutzung umweltverträglicher Energien, wie Solarenergie und Kerosin
anstelle von Holz, das sonst zur Stromgewinnung verwendet werden müsste.
So kann der Entwaldungsprozess und seine verheerenden Folgen
aufgehalten werden. Auch die kanadische Region British Columbia stoppt
den Holzeinschlag zugunsten ihrer touristischen Attraktivität.
Tourismus gilt als mächtigste gesellschaftliche Kraft, die ein ökonomisch
motiviertes Interesse an der Bewahrung ökologischer
Gleichgewichtssysteme hat. Bezweckt wird zumeist die Konservierung von
Ökosystemen oder die Erhaltung ästhetischer Strukturen. In Bayern
beispielsweise geben Fremdenverkehrsbetriebe Landwirten finanzielle
Anreize, damit die bäuerlichen Bewirtschaftungsformen erhalten bleiben oder
wieder aufgenommen werden. Die Begleitflora von Ackerkulturen soll
wiederhergestellt werden, um somit die natürliche Erlebnisqualität der
Landschaft zu steigern. Aus monokulturellen Produktionslandschaften
entstehen attraktive Erholungslandschaften für Urlauber. Die Vielfalt der Tier-
und Pflanzenwelt wird wieder aufgewertet.
Zudem kann durch Tourismus die Lebensqualität der einheimischen
Bevölkerung erhöht werden. Die beträchtlichen Einnahmen des
Jagdtourismus in Sambia fließen direkt oder indirekt den Bewohnern der
jeweiligen Gebiete zu oder werden für dörfliche Gemeinschaftsaufgaben
verwendet. Die Trekkinggebühren im Himalaya fließen, neben den bereits
erwähnten alternativen Energien, vor allem in die Entwicklung des
Gesundheitswesens. Touristisches Interesse an kulturellen Traditionen kann
Stolz auf die eigene Kultur auslösen und somit deren Bewahrung oder
Neubelebung sichern. Die gestiegene Nachfrage nach Kunstgegenständen
und die einhergehende Würdigung selbst erzeugter Produkte fördert die
kreative Entwicklung neuer Handwerksformen, stärkt das Selbstbewusstsein
und kann sogar den sozialen Zusammenhalt stärken, beispielsweise bei
37
gemeinsamen Aktivitäten eines Dorfes. Das ausgelöste Wirtschaftswachstum
und die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt kann die Landflucht verringern. In
Nepal z. B. leben die Sherpa-Haushalte zu 80% vom Tourismus. Nach
Schließung der Grenze zu Tibet 1959 und dem damit verbundenen Erliegen
des Fernhandels wären die Menschen dort zur Abwanderung gezwungen
gewesen.84
84 Vgl. Friedl H. (2002), S. 65ff.
38
5. Umweltverträglicher und sozialverantwortlicher Tourismus
Bis hinein in die 80er Jahre waren es in erster Linie Naturschützer und
Gesellschaftskritiker, die das Wachstum der Tourismusindustrie kritisch
betrachteten und vor negativen Auswirkungen warnten. Erst 1987
proklamierten auch Vertreter der Tourismusbranche, dass Natur und
Landschaft unbedingt zu erhalten seien, da sie die existenzielle Grundlage
des Tourismus bilden. Man erkannte, dass Wirtschaftswachstum im
Tourismus ohne Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten
nicht unbegrenzt möglich sein wird.85
Die ökologischen und gesellschaftlichen Schattenseiten des Tourismus
zogen die Forderung nach umwelt- und sozialverträglicherem Reisen nach
sich. In Literatur und Presse finden sich viele Begriffe, die prinzipiell das
gleiche Ziel verfolgen - u. a. Qualitativer Fremdenverkehr, anderes Reisen,
angepasster Tourismus, alternativer Tourismus, Ökotourismus, Tourismus
mit Einsicht. Auch der scharfsinnigste Wissenschaftler wird keine
wesentlichen Unterschiede herausstellen können.86 Am intensivsten
diskutiert und am detailliertesten herausgearbeitet wurden der Nachhaltige
Tourismus und der Sanfte Tourismus. Aus diesem Grund werden beide
Begriffe im Folgenden genauer erläutert:
5.1 Sanfter Tourismus
Der erstmals 1980 von dem österreichischen Zukunftsforscher Robert Jungk
erwähnte Begriff Sanfter Tourismus wurde zum Schlagwort für den
geforderten Wertewandel im Tourismus. Die Konzeptidee vom sanften
Tourismus fasst Umweltverträglichkeit, Sozialverträglichkeit, eine optimale
Wertschöpfung und eine neue Reisekultur zusammen.87 Dem �harten�,
ressourcenvernichtenden, umweltfeindlichen Massentourismus soll das
Modell des Sanften Tourismus gegenüber gestellt werden.
Wirtschaftswachstum soll unter Berücksichtigung von Umwelt- und
85 Vgl. o. V. (2006), http://www.bfn.de/0323_iyesanft.html, 15.09.07. 86 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 68ff. 87 Vgl. Viegas, A. (1998), S. 9ff.
39
gesellschaftlichen Aspekten des Zielgebietes erreicht werden. Sowohl für die
Reisenden als auch für die Ortsansässigen, gewinnt die Reise an Wert. Dem
Reisenden soll die Destination intensiv und unverfälscht nahe gebracht
werden, möglichst ohne die bereiste Natur und Kultur zu verändern oder zu
beschädigen. Durch den Tourismus soll die Lebensqualität der
Einheimischen verbessert werden. Der Zielkonflikt von Freizeit und Umwelt
soll durch ein dementsprechendes Angebot entschärft werden. Innerhalb
einer intakten Umwelt sollen die Bedürfnisse der erholungssuchenden
Reisenden mit denen der ortsansässigen Bevölkerung in Einklang gebracht
werden. Allerdings zieht auch Sanfter Tourismus Auswirkungen auf seine
Umwelt nach sich, da eine touristische Bewegung ohne Beeinträchtigungen
von Natur und Gesellschaft nicht möglich ist. Aus diesem Grund wurde die
Idee des Sanften Tourismus von Tourismusstandorten und
Branchenvertretern zunächst nicht angenommen, da sie mit wirtschaftlichem
Rückschritt gleichgesetzt wurde.88 Trotzdem besteht mittlerweile
branchenweit Konsens über die negativen Auswirkungen des Tourismus.
Eine eindeutige, ausschließliche Definition des Begriffes Sanfter Tourismus
existiert bis heute nicht. Sanfter Tourismus ist vielmehr als Prozess zu
verstehen, der die Minimierung negativer Konsequenzen auf Natur und
Kultur des Zielgebietes zum Ziel hat. Diverse Tourismuskritiker und auch
Tourismusbefürworter haben theoretische Ansätze eines umwelt- und
sozialverträglichen Tourismus erarbeitet und weiterentwickelt. Problematisch
gestaltet sich allerdings die praktische Umsetzung dieser Überlegungen. Zu
den wichtigsten Anforderungen an einen Sanften Tourismus gehören u. a.
Dezentralisierung der Einrichtungen, Entzerrung und Lenkung der
Verkehrsströme, sowie Anbindung an Bus- und Bahnverkehr, so dass die
Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist. Vor Ort soll die
verkehrsmäßige Erschließung auf ein Minimum reduziert werden.
Stattdessen sollen sich Touristen bestenfalls zu Fuß oder mit Reittieren,
Fahrrädern oder Booten fortbewegen. Zudem sollen Kleinprojekte gefördert
und die einheimische Bevölkerung in touristische Entscheidungen mit
einbezogen werden. Die Architektur der Unterkünfte soll einfach und an den
88 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 68ff.
40
landesüblichen Baustil angepasst sein. Auch hinsichtlich der Verpflegung soll
auf regional produzierte Produkte zurückgegriffen werden.89
Nachdem in den 1980er Jahren der Begriff Sanfter Tourismus verwendet
wurde, hat sich in den letzten Jahren der Terminus nachhaltiger Tourismus
durchgesetzt.
5.2 Nachhaltiger Tourismus
Der Ausdruck Nachhaltigkeit wurde erstmals in der Forstwirtschaft
verwendet: Danach soll nur so viel Holz aus dem Wald entnommen werden,
wie in dem jeweiligen Gebiet nachwachsen kann.90 1987 griff die World
Commission on Environment and Development in ihrem Bericht �Our
Common Future� das Prinzip der Nachhaltigkeit auf und übertrug es auf alle
anderen Sektoren. Der sogenannte �Brundtland Bericht� definierte:
�Sustainable Development is development that meets the needs of the
present without compromising the ability of future generations to meet their
own needs.�91 (�Dauerhafte (nachhaltige) Entwicklung ist Entwicklung, die die
Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige
Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.�92) Der
Brundtland Bericht hatte auf einen dringenden Handlungsbedarf
hingewiesen, doch die erhobenen Forderungen und Vorschläge mussten
noch in verbindliche Verträgen oder Konventionen umgesetzt werden. Dies
geschah 1992 auf der ersten Umwelt- und Entwicklungskonferenz der
Vereinten Nationen in Rio de Janeiro, wo die Agenda 21, ein globales,
sektorübergreifendes Handlungsprogramm für eine nachhaltige Entwicklung
im 21. Jahrhundert, von 178 Staaten gemeinsam verabschiedet wurde.93 Die
Agenda 21 behandelt viele Themen, die den Tourismus direkt betreffen (u. a.
hohes Verkehrsaufkommen, Zerstörung von Ökosystemen), allerdings ist ihm
kein eigenes Kapitel gewidmet, weshalb spezifische Probleme, wie z. B.
89 Vgl. o.V., http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonstiges/SanfterTourismus.php, 15.09.07. 90 Vgl., o. V., http://www.umweltlexikon-online.de/fp/archiv/RUBsonstiges/NTouris.php, 15.09.07. 91 o. V. http://www.un.org/issues/m-susdev.html, 06.01.08. 92 Schneider, H. (2006), S. 195. 93 Vgl. o. V., http://alt.nachhaltigkeit.info/110073959206266/Geschichte/Weltgipfel%20Rio%20de%20Janeiro%201992.htm, 06.01.08.
41
flächenintensive, infrastrukturelle Anlagen, nicht angegangen wurden.94 Vier
Jahre später wurde nach Ablauf der World Conference on Sustainable
Tourism auf Lanzarote die Agenda 21 for the Travel & Tourism Industry
vorgelegt, wodurch das internationale Bewusstsein von tourismusinduzierten
Problemen weiter verstärkt werden konnte.95 Nachhaltiger Tourismus stellt
einen Versuch dar, die negativen Auswirkungen des Tourismus zu
vermeiden. Grundsätzlich berücksichtigt er ökologische, ökonomische und
soziokulturelle Aspekte des Reisens, allerdings gibt es verschiedene
Definitionen, die, abhängig vom Verfasser, die Wichtigkeit der zu
beachtenden Aspekte unterschiedlich gewichten, wie anhand der folgenden
Beispiele verdeutlicht werden soll.
�Nachhaltiger Tourismus ist wirtschaftlich und sozial gesund, ohne die
Umwelt und die lokale Kultur zu beeinträchtigen. Nachhaltigkeit bedeutet also
geschäftlicher und wirtschaftlicher Erfolg, Schutz, Erhaltung und Entwicklung
der Umwelt sowie Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Kulturgut.
Diese drei Aspekte sind miteinander verknüpft.� (Europäische Kommission,
2003)96
�Sustainable Tourism is defined as a model form of economic development
that is designed to improve the quality of life fort he host community, provide
a high quality of experience for the visitor, and maintain the quality of the
environment on which both the host community and the visitor depend.�
(World Tourism Organisation, 1993)97
�Die Entwicklung des Tourismus muss ökologische Verträglichkeitskriterien
erfüllen, das heißt, er muss langfristig ökologisch tragbar, wirtschaftlich
machbar sowie ethisch und sozial gerecht für die ortsansässigen
Gemeinschaften sein.� (Ecotour, 2000).98 Während die Europäische
Kommission wirtschaftlichen Erfolg als wesentlichen Bestandteil von
nachhaltigem Tourismus definiert, muss dieser laut Ecotour lediglich
wirtschaftlich machbar sein. Ecotour betont in erster Linie die ökologische
Seite von nachhaltigem Tourismus, die Europäische Kommission hebt
94 Vgl. Weinreich, C., http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda21_1.htm, 05.01.08. 95 Vgl. u. a. Kahlenborn, W. (1999), S. 42f. 96 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 10f. 97 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 11f. 98 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 11f.
42
besonders den ökonomischen Aspekt hervor, wohingegen die WTO vor
allem die soziale Seite betont. Die WTO-Definition geht als einzige auch auf
den Reisenden ein. Nachhaltiger Tourismus soll die Qualität der Reise für
den Reisenden qualitativ verbessern. Bereits anhand dieser drei Definitionen
ist erkennbar, dass das Konzept der Nachhaltigkeit im Tourismus nicht
wertfrei ist. Es existiert keine einheitliche Sichtweise und Definition. Konkrete
Handlungsvorschläge geben Becker, Job und Witzel in ihrem Buch
�Tourismus und nachhaltige Entwicklung�. Sie unterscheiden hierbei nach
ökologischer, ökonomischer und sozialer Dimension und machen
Vorschläge, wie man die unter 4. genannten negativen Auswirkungen durch
entsprechende Gegenmaßnahmen vermeiden oder zumindest verringern
kann. Aus ökologischer Sicht muss die Nutzungsrate erneuerbarer
Ressourcen unter deren Nachwuchsrate liegen, nicht erneuerbare
Ressourcen sollen maximal so stark verbraucht werden, wie erneuerbare
Substitute in gleicher Höhe erzeugt werden können, Reststoff- und
Abfallmengen dürfen nicht über dem Assimilationsvermögen der Umwelt
liegen, die Einbringung in Endlagerstätten soll so gering wie möglich
gehalten werden, Vielfalt, Schönheit und ästhetischer Wert der Natur- und
Kulturlandschaft soll erhalten bleiben. Ökonomisch betrachtet sollen
materielle und immaterielle Grundbedürfnisse befriedigt und gesichert
werden, der Mindestlebensstandart aller aktiven und passiven
Tourismusteilnehmer muss gewährleistet sein, zudem soll das menschlich
geschaffene Produktionssystem gesichert und weiterentwickelt werden. Im
sozialen Bereich wird gefordert, dass die Teilnahme der ortsansässigen
Bevölkerung an Entscheidungen gewährleistet wird, die Emanzipation der
Bevölkerung möglich ist, sowie das menschliche Gesellschaftssystem
entwickelt und gesichert wird.99 Allerdings ist eine klare Trennung dieser
Aspekte keinesfalls möglich, da sie voneinander abhängig sind und sich
gegenseitig beeinflussen.
99 Vgl., u. a. Becker, C. (1996).
43
5.3 Zusammenfassung: Sanfter und Nachhaltiger Tourismus
Generell setzte eine breite Debatte zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus
erst sehr spät ein, obwohl die Tourismuskritikpioniere schon früh vor
ökologischen und sozialen Auswirkungen des Reisebooms warnten.
Theoretisch ist das Problem in allen Einzelheiten erfasst, allerdings mangelt
es an praktikablen Lösungsansätzen.
Sanfter Tourismus versteht sich als umwelt- und sozialverträgliche
Reiseform, die zu einer neuen Kultur des Reisens beitragen soll. Das heißt
der Reisende soll sich und seine Umwelt bewusster wahrnehmen und
verantwortungsbewusst damit umgehen. Dies trägt sowohl zur Erhaltung
ökologischer Vielfalt und Schönheit, zum Wohlbefinden der ortsansässigen
Bevölkerung, als auch zur Steigerung des Erholungswertes der Reise und
des eigenen Wohlbefindens bei. Sanfter Tourismus steht oft in der Kritik, da
er zumeist als Ansatz zur Entwicklung strukturell alternativer
Tourismusangebote und somit als Nischentourismus gesehen wird.100
Solange die individuelle Reisefreiheit gilt, wird diese nahezu zwangsläufig zu
Massenbewegungen führen. Jede Massenbewegung widerspricht aber
grundsätzlich den Idealen eines Sanften Tourismus. Die einzige Möglichkeit
einen durchweg Sanften Tourismus zu realisieren, wäre die Verringerung der
Reiseströme. Man müsste Reisen verbieten oder Reiseberechtigungsscheine
ausgeben, um die Anzahl der Reisenden und die zeitliche und örtliche
Verteilung von Reiseströmen gezielt zu steuern. Dies ist allerdings ebenso,
wie die Vergabe von �Qualifikationszeugnissen� für Reisende undenkbar, da
damit den Prinzipien der Grundrechte widersprochen wird.
Es bleibt festzuhalten: DER Sanfte Tourismus ist angesichts der heutigen
Reiseströme nicht realisierbar. Es ist allenfalls möglich, in wesentlichen
Dimensionen, auf einen SanftEREN Tourismus hinzuwirken.101
Nachhaltiger Tourismus hingegen bezieht sich auf die touristischen
Aktivitäten in ihrer Gesamtheit. Er fragt nicht nach der Umwelt- und
Sozialverträglichkeit einzelner Reisen oder Reiseformen, sondern versucht
nach Möglichkeit die gesamte Tourismuswirtschaft mit einzubeziehen. Nach
100 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 9 ff. 101 Vgl., u. a., Kirstges, T. (2001), S. 20 ff.
44
Müller/Flügel besteht nachhaltige touristische Entwicklung aus einem
Zielsystem mit sechs Bereichen:
- Materieller Wohlstand: Einkommen, Wertschöpfung, Abbau von
Disparitäten
- Subjektives Wohlbefinden: Eigenständigkeit, Freiheit,
Selbstverwirklichung, kulturelle Identität, Anpassungsfähigkeit
- Gästezufriedenheit: optimale Befriedigung vielfältiger
Gästebedürfnisse, Gästesegmentierung
- Natur- und Ressourcenschutz: Biodiversität, Ressourcenschutz,
landschaftliche Vielfalt
- Kulturelle Vielfalt: kulturelles Schaffen, Pflege einheimischer Kultur,
Kulturgüterschutz, Gastfreundlichkeit
- Zukünftige Generationen: Gestaltungsrecht, Generationenvertrag102
Um klare Forderungen wie diese durchzusetzen, bedarf es zunächst einmal
verbindlicher Richtlinien, die den Schwerpunkten Umweltschutz und soziale
Entwicklung gerecht werden ohne dem ökonomischen Erfolg der
Tourismusunternehmen ein zu massives Hindernis zu sein.
5.4 Nachhaltige Tourismuswirtschaft
�Von �Öko� und Sozialverträglichkeit kann derzeit niemand überleben.�103 Mit
dieser Aussage bringt Heinz Schmidt-Palzer vom Forum anders reisen,
einem Zusammenschluss alternativer Reiseveranstalter, das Problem der
Nachhaltigkeitsentwicklung im Tourismus auf den Punkt. Jeglichem
ökologischen und sozialen Engagement zum Trotz können sich auch
alternative Anbieter dem massiven Wettbewerbsdruck nicht entziehen.104
Bisher äußert sich Umweltbewusstsein und ein soziales Gewissen in der
Reisebranche vorwiegend in Form von PR-Maßnahmen der
Reiseunternehmen, tatsächliche problematische Auswirkungen im eigenen
Einflussbereich werden nicht beseitigt. Unternehmen präsentieren sich als
�greenwashed�, werden aber oftmals von Umweltaktivisten des
102 Vgl. Müller, H. (1999) S.43f. 103 Friedl, H. (2002), S.94f. 104 Vgl. Friedl H. (2002), S. 94f.
45
Etikettenschwindels bezichtigt.105 Es wird als Verkaufshindernis empfunden
vom Kunden Verantwortung beim Reisen einzufordern. Alternative Anbieter
stehen unter enormen Konkurrenzdruck und müssen einen Kompromiss
zwischen überlebensnotwendigem Kommerzdenken und ihren Idealen
finden. Angesichts dieser Situation schlägt Gottfried Aigner vor, die
Verantwortung an die Touristen weiterzureichen, vorausgesetzt diese sind
durch kritische Medien entsprechend sensibilisiert und über vertretbare
Alternativangebote ausreichend informiert. Genau daran mangelt es aber im
Moment: Eine kritische Reiseberichterstattung existiert derzeit nicht und
wirkliche alternative Produkte sind für den Konsumenten nur schwer von
Standardprodukten zu unterscheiden.106 Ähnlich fasst Joynson die Chancen
für eine nachhaltige Entwicklung im Flugbereich zusammen: �The economic
imperatives of maximising output completely overshadow any quest for
responsible tourism.�107 Das Überleben der Branche kann nur durch
Rentabilitätskriterien gesichert werden. Kein Unternehmen kann es sich
leisten nach der Tragfähigkeit einer Zielregion, nach deren ökologischer und
sozialer Integrität oder deren Anschluss an das internationale Flugnetz zu
fragen.108 Problematisch gestaltet sich die Situation auch in der Hotel- und
Gastronomiebranche sowie in den Destinationen. Solange die Politik den
Machtausbau der transnationalen Unternehmen erleichtert, verschärft sich
der Überlebenskampf für die Privathotellerie in den Zielgebieten. Noch
höhere Devisenabflüsse aus den Destinationen, noch weniger Jobs für die
lokale Bevölkerung und noch weniger finanzielle Spielräume für ökologisch
sinnvolle Investitionen sind die tragischen Folgen.109
105 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S.101. 106 Vgl. Aigner, G. (1992). 107 Friedl H. (2002), S. 103. 108 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f. 109 Vgl. Friedl H. (2002), S. 103f.
46
6. Tourismuspolitik
6.1 Staatlicher Einflussbereich
Geht man von einer konsequenten Anwendung des Subsidaritätsprinzips
aus, dann dürfte der Staat im Tourismus auf den ersten Blick kaum eine
aktive Rolle spielen. Er müsste lediglich die entsprechenden
Rahmenbedingungen für die räumliche Freizügigkeit im eigenen Land und,
durch Vereinbarungen mit anderen Staaten, die Anerkennung der
ausgestellten Reisepapiere auf Auslandsreisen sicherstellen.110 Tatsächlich
ist aber in nahezu allen Lebensbereichen eine staatliche Einflussnahme auf
den Tourismus zu beobachten. Das Subsidaritätsprinzip wird trotz des
staatlichen Engagements weitestgehend nicht verletzt, da die vielen
verschiedenen Unternehmen und Organisationen der Tourismuswirtschaft
nicht in der Lage sind ihre gemeinsamen Interessen zu bündeln und zu
organisieren. Der Bedarf an einer staatlichen Einflussnahme ist also
vorhanden. Im Folgenden wird nun beschrieben, inwiefern der Staat dieser
Forderung in Bezug auf eine Tourismuspolitik entgegenkommt.
Tourismus ist ein sehr komplexer Wirtschafts- und Sozialbereich, wodurch
Wahrnehmung und Abgrenzung im Vergleich zu anderen Industrien
erschwert werden. Die ökonomische Bedeutung einer �der größten Industrien
der Welt� wird zwar in globaler Hinsicht erkannt, allerdings im Speziellen
unterschätzt, da sie nicht in einzelnen Branchen und Betrieben, sondern
vielmehr in der Vernetzung sichtbar wird. In vielen Wirtschaftsbereichen
macht die direkt oder indirekt bedingte touristische Nachfrage nur einen Teil
der Gesamtnachfrage aus. Auch durch das politische System wird die
wirtschaftliche Relevanz des Tourismus oftmals verkannt. Die Regelung der
öffentlichen Angelegenheiten, die nahezu alle Lebensbereiche betreffen,
verlangt nach Spezialisierung. In der Bundesrepublik Deutschland findet
diese Arbeitsteilung Ausdruck in der institutionellen Organisation des
politischen Systems, d. h. in der Aufteilung der Bearbeitungskompetenzen in
Ministerien. Es ist nahe liegend, dass aufgrund der Vielzahl zu bearbeitender
Aufgaben und Probleme nicht jedem Lebensbereich ein eigenes Ministerium
110 Vgl. Freyer, W. (2006), S. 411.
47
zugeordnet werden kann. Die von Regierung zu Regierung wechselnde Zahl
an Ministerien gibt die Wahrnehmung gesellschaftlicher Problemlagen und
die Festsetzung ihrer politischen Priorität wieder. Diese Institutionalisierung
führt zu einem Denken in Schubladen: Es gibt beispielsweise eine
Wirtschafts-, eine Sozial-, und eine Finanzpolitik, die unverbunden
nebeneinander bestehen. Dies hat den Vorteil, dass Probleme und Aufgaben
in übersichtlichen Dimensionen begrenzt bearbeitet werden können,
allerdings werden die Zusammenhänge der einzelnen Bereiche aufgrund
fehlender Verknüpfungen kaum noch wahrgenommen. Tourismus passt in
keine Schublade, da er keine Branche im traditionellen Sinne, sondern in
verschiedenen Wirtschaftsbereichen zu finden ist.111 Zusätzlich zur
Wirtschaftspolitik ist der Tourismus auch eng mit anderen politischen
Wirtschaftsbereichen, wie u. a. der Sozial- und Gesundheitspolitik verknüpft.
Tourismuspolitik ist also eine Querschnittsaufgabe, die nahezu alle
Ministerien und Politikbereiche betrifft. Demzufolge muss man zwischen
direkter und indirekter Tourismuspolitik unterscheiden. Direkte
Tourismuspolitik umfasst alle Maßnahmen, die ausschließlich oder
hauptsächlich aus dem Tourismus heraus begründet werden, bzw. sich auf
ihn beziehen. Indirekte Tourismuspolitik bezieht sich auf alle Maßnahmen,
die den Tourismus als Wirtschaftszweig zwar maßgeblich betreffen, aber
nicht aus ihm heraus begründet werden.112 Tourismuspolitik wird auf allen
Regierungsebenen, also sowohl auf Bundes-, Landes-, als auch auf
kommunaler Ebene, betrieben. Allerdings hat sie bisher in Deutschland auf
Bundesebene nur einen geringen Stellenwert und dringt somit kaum ins
Bewusstsein der Öffentlichkeit. Ein Grund hierfür ist die Komplexität des
Politikfeldes Tourismus, dessen Dimensionen nicht ohne weiteres
überschaubar sind, sondern erst mühsam analytisch erschlossen werden
müssen. Dazu kommt die traditionelle Sichtweise der deutschen
Wirtschaftspolitik, dass materieller Wohlstand allein durch die industrielle
Güterproduktion gesichert werden kann. Politische Entscheidungsträger sind
sich der zunehmenden Bedeutung von Dienstleistungen jeglicher Art, zu
denen auch der Tourismus zählt, oftmals nicht bewusst. Zudem besteht das
111 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 478ff. 112 Vgl. Mundt, J. (2004), S. 12f.
48
politische System in seiner institutionellen Form seit langer Zeit, die hohe
Relevanz des Tourismus ist historisch gesehen allerdings relativ neu und
lässt sich keinem der traditionellen Politikfelder zuordnen. Zuständigkeiten
müssen erst zugeordnet werden. Daraus ergibt sich, dass kaum auf
Erfahrungen bezüglich der Formulierung und Durchsetzung
tourismuspolitischer Konzepte zurückgegriffen werden kann, was die
Bereitschaft vieler Politiker sich damit zu beschäftigen auch nicht erhöht.
Weder auf Bundes- noch auf Landesebene gibt es eine differenziert
ausformulierte Tourismuspolitik. Allerdings nimmt der Staat in fast allen
Bereichen direkt oder indirekt Einfluss auf den Tourismus. Der �inbound
tourism� wird weitestgehend von öffentlichen, wie beispielsweise von den
Gemeinden betriebene örtliche Tourismusstellen, bzw. quasi-öffentlichen
Organisationen, d. h. Tourismusorganisationen, die mit staatlicher
Unterstützung agieren, betreut und abgewickelt. Ein Beispiel hierfür ist die
Destinationswerbung der nationalen Tourismusorganisationen, u. a. der
Deutschen Zentrale für Tourismus, die mithilfe staatlicher Zuwendung
durchgeführt wird. Im Hinblick auf die Tourismuspolitik im Allgemeinen ist der
Staat vor allem in seiner Rolle als Organisator, Koordinator und Geldgeber
für wirtschaftliche Aktivitäten gefragt. Die meisten Subventionen im
Tourismus werden als Investitionen gesehen, die in verschiedenen
Bereichen Renditen abwerfen, die nicht ausschließlich finanzieller Natur
sind.113 So zieht ein Wachstum der Tourismuswirtschaft, einer
beschäftigungsintensiven Branche, zwangsläufig die Schaffung neuer
Arbeitsplätze und gegebenenfalls Verbesserungen des Einkommensniveaus
nach sich. Zudem fördert Tourismuswachstum die regionale Entwicklung und
bringt, durch Steuern und Abgaben, die Steigerung öffentlicher Einnahmen
mit sich.
Zusätzlich zur Wirtschaftsförderung unterstützt der Staat auch die
touristischen Aktivitäten seiner Bürger. Im Rahmen der gesundheitlichen und
sozialen Bedeutung des Tourismus soll einkommensschwachen
Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit für längere Urlaubs- und
Erholungsaufenthalte geboten werden. In Deutschland wurde der so
113 Vgl. o. V., http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/tourismuspolitik.html 17.12.07.
49
genannte Sozialtourismus vom nationalsozialistischen Regime zwischen den
beiden Weltkriegen etabliert. Aufgrund des zusammengestrichenen
Sozialetats stehen heute kaum noch die Mittel zur Verfügung um Reisen für
die sozial schwächere Bevölkerung zu fördern, wodurch der Begriff
Sozialtourismus an Bedeutung verliert. Im Bereich des Jugendtourismus
allerdings unterstützt der Staat Organisationen, wie das Deutsch-
Französische und das Deutsch-Polnische Jugendwerk, die Jugendlichen
Begegnungsreisen ermöglichen. Auch das deutsche Kurwesen ist, zumindest
teilweise, dem Sozialtourismus zuzurechnen, da Kuraufenthalte, auf Basis
der gesetzlichen Bestimmungen, zu einem großen Teil von
Sozialversicherungsträgern oder Krankenkassen finanziert werden.114
Staatliche Eingriffe in die Tourismuswirtschaft sind hinsichtlich
übergeordneter Ziele, wie u. a. regionaler Entwicklung, wichtig und werden
auch von der Tourismusbranche gern angenommen. Allerdings kommt dem
Staat gegebenenfalls auch die unangenehme Aufgabe der Drosselung des
Tourismus zu. Sobald die natürlichen oder wirtschaftlichen Ressourcen einer
Destination zu stark beansprucht werden, müssen geeignete Maßnahmen
ergriffen werden, um diese zu schonen bzw. optimaler einzusetzen.
Die Diskussion über die Problematik einer ständigen Vergrößerung des
Wirtschaftskreislaufs kam erst in den 1970er Jahren auf. Bis dahin
entwickelte sich der Tourismus, ohne dass die Grundlagen des auf
Wirtschaftswachstum angelegten Systems in Frage gestellt wurden. In der
Folge gewann die Umweltpolitik als eigenes Politikfeld in Deutschland immer
mehr an Bedeutung. Die Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 war der
Auslöser zur Gründung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit. Damit wurde die Umweltpolitik institutionalisiert und mit
dem Umweltbundesamt und dem Bundesamt für Naturschutz wurden
Einrichtungen zur Dauerbeobachtung der Entwicklung und Politikberatung in
diesem Bereich geschaffen. Tourismus- und Umweltpolitik sind eng
miteinander verbunden. Es gehört zu den Aufgaben der Tourismuspolitik
negative Begleiterscheinungen des Reisens zu vermeiden. Somit ist
Tourismuspolitik auch Umweltpolitik. Die Zielstellungen scheinen auf den
114 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 485f.
50
ersten Blick eindeutig zu sein: Die Umwelt soll weniger belastet und die
natürlichen Ressourcen geschont werden. Kompliziert wird es allerdings,
sobald konkrete Messwerte festgelegt werden sollen. Problematisch gestaltet
sich auch die Diskussion der staatlichen Maßnahmen, da hierbei auch
politisch-ideologische Aspekte eine entscheidende Rolle spielen. Es stellt
sich die Frage, in welchem Ausmaß staatliche Einflussnahme mit den
Grundsätzen der Verfassung vereinbar ist.115 Grundsätzlich ist die
Tourismuspolitik gefordert über Gesetze und Verordnungen, die Auflegung
von Förderprogrammen, Vereinbarungen mit der Tourismuswirtschaft und die
Verbreitung von Informationen den notwendigen Rahmen für die Entfaltung
nachhaltiger Entwicklung im Tourismus schaffen.
Steuerpolitische Maßnahmen oder ökologische Anreize beispielsweise
können als Motivation für umweltschonendes Verhalten eingesetzt werden.
Das heißt knappe Ressourcen werden höher besteuert, um zu ihrem
effizienteren Gebrauch anzuhalten, umweltkonformes Verhalten wird
subventioniert und Umweltzertifikate in Form handelbarer Emissionslizenzen,
die den Gesamtverbrauch einer Periode festlegen und deren Preisbildung
dem Markt überlassen wird, werden eingeführt. Durch direkte staatliche
Maßnahmen, wie dem Bau von Umweltschutzeinrichtungen wie u. a.
Klärwerken und Lärmschutzwällen, leistet die Politik ihren Beitrag zum
Umweltschutz. Zudem kann innerhalb der Ordnungspolitik mittels
gesetzlicher Regelungen ein Rahmen für umweltrelevantes Verhalten
geschaffen werden. Dieser beinhaltet beispielsweise festgelegte
Emissionsgrenzwerte und ausgewiesene Naturschutzgebiete. Wichtig hierbei
ist die Einführung von Sanktionen, falls die Bestimmungen nicht eingehalten
werden. Begleitend zu diesen Maßnahmen besteht die Möglichkeit über
Umweltschäden aufzuklären und Appelle an das Umweltgewissen zu richten,
in der Hoffnung das entsprechende Verhalten positiv zu beeinflussen. Allein
durch Appelle und Aufklärungen kann jedoch nur dann eine Änderung
bewirkt werden, wenn das Erreichen des gewünschten Verhaltens nur mit
geringen Kosten verbunden ist. Neben Kosten finanzieller Art sind hierunter
auch andere Einschränkungen, wie der persönliche Verzicht auf Konsum
115 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 517ff.
51
oder Mobilität zu verstehen. Tab. 1 gibt einen zusammenfassenden Überblick
über die genannten Instrumente und den Grad ihrer Verbindlichkeit.116
Tab. 1 � Instrumentarium der staatlichen Tourismuspolitik117 Politikbereiche / Maßnahmen Grad der
Verbindlich- keit
Aufklärung Verhandlungssysteme mit den Akteuren (�runde Tische�, �Aktionsbündnisse� usw.) Ökonomische Anreize (Subventionen für die Erhaltung von Naturräumen, Kosteneinsparung durch geringeren Ressourcenverbrauch usw.) Steuerpolitik � Verstärkung des Marktpreismechanismus (höhere Besteuerung knapper Ressourcen, Einführung von handelbaren Emissionslizenzen usw.) Ordnungspolitik (Umweltauflagen, Verbote, Grenzwerte, Überwachung, Sanktionen bei Nichteinhaltung usw.) Maßnahmenpolitik (Bau von Kläranlagen, Lärmschutzwälle, an Umweltschutzvorgaben orientierte staatliche Beschaffungs- und Investitionspolitik usw.)
Die Tatsache, dass das Interesse der Tourismusunternehmen vorwiegend
der Sicherung bzw. Steigerung des eigenen Umsatzes gilt und sie die
negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit nicht bemerken oder
ignorieren, macht die Notwendigkeit der Einrichtung einer oder mehrerer
neutraler Stellen für die Steuerung und Koordination übergreifender
Aktivitäten der Tourismusindustrie offensichtlich. Im Folgenden werden die
wichtigsten Akteure der nationalen und internationalen Tourismuspolitik mit
ihren jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkten auch in Hinblick auf die nachhaltige
Entwicklung im Tourismus vorgestellt.
6.2 Akteure der Tourismuspolitik 6.2.1 Bundesebene
1975 äußerte sich die Bundesregierung erstmals offiziell zur
Tourismuspolitik. Seitdem werden in mehrjährigen Abständen
116 Vgl. Mundt, J. (2004), S. 312ff. 117 Vgl. Mundt, J. (2004), S. 312.
52
�Tourismuspolitische Berichte der Bundesregierung� erstellt, zuletzt im Jahr
2003. 1987 wurde auf parlamentarischer Ebene zunächst im
Wirtschaftsausschuss des Bundestages ein Unterausschuss für
Fremdenverkehr und Tourismus etabliert, der dann 1990 zu einem
Vollausschuss aufgewertet wurde und seitdem Ausschuss für Tourismus
heißt.118
Innerhalb der Bundesregierung liegt die Verantwortung für die
Tourismuspolitik in erster Linie beim Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie. 1977 wurde durch Erlass des Bundeswirtschaftsministers ein
Tourismusbeirat gegründet, dem maximal 30 Vertreter aus Unternehmen und
Spitzenverbänden der Tourismuswirtschaft, der Verkehrsträger, des
Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der Kommunen, der
Gewerkschaften, der Medien und der Wissenschaft angehören. Dieser dient
zum einen der Zusammenführung der unterschiedlichen Interessen und hat
zum anderen die Aufgabe den Bundesminister in Fragen der
Tourismuspolitik zu unterstützen. 2005 wurde per Kabinettsbeschluss ein
Tourismusbeauftragter ernannt und dem Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie als Berater zugeordnet. Dieser ist Ansprechpartner für die
Wirtschaft und ihre Verbände, vertritt tourismuspolitische Anliegen innerhalb
der Bundesregierung und im parlamentarischen Bereich, leitet den
Tourismusbeirat und steht in intensivem Dialog mit den Bundesländern.119
Eine nationale Strategie für nachhaltigen Tourismus gibt es auf
Bundesebene noch nicht, da der Bund lediglich die Rahmenbedingungen für
die Tourismusentwicklung vorgibt und den Ländern die Ausgestaltung im
Detail überlässt. Allerdings unterstützt der Bund die nachhaltige
Tourismusentwicklung in Deutschland u. a. durch die Förderung von
Projekten verschiedener Träger, die Entwicklung der Umweltdachmarke
Viabono, die nachhaltige Nutzung von nationalen Naturlandschaften sowie
Konferenzen und Fortbildungen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit
(BMZ) unterstützt internationale Bemühungen ii diesem Bereich und
118 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 501ff. 119 Vgl. o. V., http://www.bmwi.de/Navigation/Wirtschaft/Wirtschaftspolitik/tourismuspolitik.html 17.12.07.
53
kooperiert mit verschiedenen internationalen Initiativen, wie beispielsweise
CIPRA, EUROPARC oder ICLEI, die sich für eine nachhaltige
Tourismusentwicklung einsetzen.120
6.2.2 Länderebene
Auf Länderebene werden tourismuspolitische Fragen in den
Wirtschaftsausschüssen und in den Ausschüssen zur Landes- und
Entwicklungsplanung verhandelt. Das wichtigste Instrument der
Bundesländer für ihre Tourismuspolitik sind allerdings die
Landestourismusverbände. Deren Tagesgeschäft wird oftmals von
branchenerfahrenen Geschäftsführern abgewickelt, die Präsidenten, zumeist
Minister oder Landtagspräsidenten, kommen jedoch aus der Politik. Die
direkte Tourismusförderung, wie beispielsweise Werbung für das jeweilige
Bundesland, wird über diese Verbände angewickelt. Es fällt in den
Zuständigkeitsbereich der Länder zu bestimmen, welche speziellen
Finanzierungsmöglichkeiten Städte und Gemeinden im Bereich der
Tourismusförderung haben. Dazu gehören auch Landesentwicklungspläne,
über die die Tourismusentwicklung einzelner Regionen oder Kommunen
gefördert werden soll.121
Bezug nehmend auf den föderalen Aufbau der deutschen Politik ist der Bund
eher für die Rahmenbedingungen und die Länder für die Ausgestaltung des
Tourismus zuständig. Um die Abstimmung zwischen Bund und Ländern
hinsichtlich der gegenseitigen Unterrichtung und Koordination
tourismuspolitischer Aktivitäten zu gewährleisten, wurde der Bund-Länder-
Ausschuss Tourismus eingerichtet, in dem das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie und die für Tourismus zuständigen Ministerien
der Bundesländer vertreten sind. Dieser tagt in halbjährlichem Rhythmus und
diskutiert primär tourismuspolitische Konzepte und Maßnahmen und trägt
Sorge für deren Abstimmung zwischen den Ländern und zwischen Bund und
Ländern.122
120 Vgl. o. V., http://www.zukunft-reisen.de/bundesregierung.html, 17.12.07. 121 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 503ff. 122 Vgl. o. V., http://www.zukunft-reisen.de/bundesregierung.html, 17.12.07.
54
6.2.3 Kommunale Ebene
Tourismuspolitik ist keine �Pflicht�aufgabe der Kommunen, allerdings haben
diejenigen unter ihnen, für die Reisende und Touristen eine wichtige
Einkommens- und Beschäftigungsquelle darstellen, freiwillig Stellen zur
Förderung und Koordination von Tourismus eingerichtet. Diese Stellen
erbringen, ähnlich wie die nationalen Tourismusorganisationen, kollektive
Leistungen, wie u. a. Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Da die daraus
entstehenden Vorteile für die Unternehmen vor Ort nicht im Einzelnen
zurechenbar sind, ist es nahezu unmöglich ihnen die Kosten für diese
Leitungen in Rechnung zu stellen. Demzufolge sind kommunale
Tourismusstellen auf Subventionen angewiesen und folglich nicht
privatisierbar. Die Finanzierung kommunaler Tourismusstellen basiert also
üblicherweise auf allgemeinen Steuermitteln. Zusätzlich haben Kommunen
die Möglichkeit tourismusspezifische Steuern bzw. Abgaben, wie zum
Beispiel die Kurtaxe oder die Fremdenverkehrsabgabe, zu erheben.123 Im
Hinblick auf einen umweltgerechten Tourismus kommt den
Kommunalverwaltungen eine wichtige Schlüsselrolle zu. Durch ihre
Genehmigungspraxis und Flächennutzungspolitik besitzen sie ein
geeignetes Instrumentarium, um die tourismusrelevanten
Umweltproblemfelder Flächenverbrauch und Verlust von Biodiversität gezielt
anzugehen. Auch lokale Probleme, wie beispielsweise die verkehrsbedingte
hohe Lärmbelastung oder die Abfallentsorgung können auf kommunaler
Ebene gezielter gelöst werden, als auf Länder- oder Bundesebene. Zudem
können Sie mit ihren Fremdenverkehrsämtern, Tourismus- und
Kurbetriebsgesellschaften direkte touristische Anbieter und somit
umweltbewusste Tourismusangebote schaffen. Problematisch ist allerdings,
dass Kommunen ihr Maßnahmenspektrum oftmals nur unzureichend nutzen.
Politische Interessen und kommunale Haushalte schränken dies ein. Auch
durch die ökonomische Abhängigkeit vom Tourismus und durch das
Konkurrenzdenken der Gemeinden untereinander agieren kommunale
123 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 506ff.
55
Entscheidungsträger nicht immer im Sinne eines umweltgerechten
Tourismus.124
6.2.4 EU-Ebene
Lange Zeit gehörte die Tourismuspolitik nicht zu den europäischen
Gemeinschaftsaufgaben. Erst mit der Unterzeichnung Vertrags über die
Europäische Union 1992 in Maastricht wurde Fremdenverkehr als
potentielles Tätigkeitsfeld aufgenommen.125 Eine ausdrückliche Kompetenz,
beispielsweise in Form eines Tourismuskapitels im Vertrag, besteht jedoch
nicht. Die Kompetenz der Europäischen Union in touristischen Fragen wird
durch das im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
verankerte Subsidaritätsprinzip begrenzt. Demnach soll die EU nur aktiv
werden, wenn die Mitgliedsstaaten nicht in der Lage sind, geeignete
Lösungen hinsichtlich tourismuspolitischer Problemstellungen zu finden.126
Die Gremien der EU verfügen bezüglich direkter Tourismuspolitik nur über
eine vergleichsweise begrenzte Entscheidungsbefugnis. Allerdings sind
Politikbereiche wie die Verkehrs-, Umwelt- oder Verbraucherschutzpolitik, in
denen der Einfluss der EU deutlich ausgeprägter ist, von entscheidender
Bedeutung für den Tourismus. Die Reiserechtslinie beispielsweise, die u. a.
einen Insolvenzschutz für Pauschalreisende beinhaltet, wurde zwar im
Rahmen der EU-Verbraucherschutzpolitik erlassen, könnte allerdings auch
der Tourismuspolitik zugerechnet werden. Und die Verkehrspolitik zum
Beispiel betrifft einen Kernbereich des Tourismus. Tourismuspolitik wird
demzufolge sehr wohl auch auf EU-Ebene betrieben, zumindest in indirekter
Form. Problematisch wirken sich auch die grundverschiedenen
Interessenlagen der Mitgliedsstaaten auf eine EU-Tourismuspolitik aus. So
stellen die hochindustrialisierten Entsendeländer des europäischen Nordens
andere Anforderungen an die EU-Tourismuspolitik als die wirtschaftlich
weniger entwickelten Empfängerländer im Süden Europas. Die EU fungiert
124 Vgl. Schmied, M. (2002), S. 88ff. 125 Vgl. Kahlenborn, W., http://www.ecologic.de/download/projekte/800-849/840/840_Endbericht.PDF, 17.12.07. 126 Vgl. o. V. (2006), http://www.bmwa.gv.at/BMWA/Schwerpunkte/Tourismus/IntTourBeziehung/EU/default.htm, 17.12.07.
56
als Moderator und soll zum Ausgleich der unterschiedlichen Interessen
beitragen und eine gemeinschaftsorientierte Tourismuspolitik entwickeln.
Übergeordnetes Ziel ist es hierbei sowohl eine Qualitätssteigerung im
Tourismus als auch positive Arbeitsmarkteffekte vor allem im Bereich kleiner
und mittelständischer Unternehmen zu erreichen. Tourismus dient als
Instrument der Entwicklung. Zusätzlich soll er das kulturelle und politische
Zusammenwachsen der Mitgliedsstaaten fördern. Eine wesentliche
Errungenschaft der EU-Tourismuspolitik ist die Richtlinie �Über die Erhebung
statistischer Daten im Tourismus� von 1995. Bis dahin waren die
statistischen Daten der Mitgliedsstaaten, aufgrund zu unterschiedlicher
Ansätze hinsichtlich deren Erfassung, nicht vergleichbar und somit als
Grundlage tourismuspolitischer Entscheidungen unbrauchbar. Da
Tourismuspolitik ohne genaue Kenntnis der wirtschaftlichen Bedeutung des
Tourismus nicht effektiv betrieben werden kann, haben sich die EU-
Mitgliedsstaaten auf eine einheitliche Methodik zur Erhebung statistischer
Daten im Tourismus geeinigt.127
Grundsätzliches Problem der EU-Tourismuspolitik ist, dass die Kompetenzen
nicht klar geregelt sind und unter den Mitgliedsstaaten auch keine Einigkeit
herrscht. Während die nördlichen Mitgliedsstaaten einer verstärkten
Einflussnahme der EU eher ablehnend gegenüberstehen, würden die
klassischen Urlaubsstaaten dies begrüßen. Die EU ist in ihrer
Handlungsfähigkeit paralysiert. Vor diesem Hintergrund ist auch die
nachhaltige Entwicklung des Tourismus in Europa kritisch zu sehen. Im
Bereich Tourismus und Umwelt ist eine gewisse Stagnation zu beobachten.
Europa ist weltweit die wichtigste Destination des Tourismus und somit auch
besonders stark von dessen negativen Auswirkungen betroffen. Eine
Mitwirkung der EU ist erforderlich, um Lösungen für grenzüberschreitende
Probleme zu entwickeln. Hinsichtlich der Herausforderung einen
nachhaltigen und gleichzeitig wirtschaftlich tragbaren bzw. erfolgreichen
Tourismus zu etablieren, ist die tourismuspolitische Situation der EU
unbefriedigend.128
127 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 495 ff. 128 Vgl. o. V. (1999), http://www.tab.fzk.de/de/projekt/zusammenfassung/ab59.htm, 17.12.07.
57
6.2.5 Globale Tourismuspolitik
Die 1995 von der UNO als verantwortliche zwischenstaatliche Behörde für
den Tourismusbereich anerkannte Welttourismusorganisation (WTO),
bemüht sich sowohl um die Integration der ökologischen als auch der
ökonomischen Aspekte des Tourismus. Gemeinsam mit ihren
Kooperationspartnern, u. a. der UNEP und der CSD, engagiert sich die WTO
intensiv im nachhaltigen Tourismus und trug z. B. auch die Verantwortung für
das Internationale Jahr des Ökotourismus 2002.
Über die diversen Unterorganisationen, wie die WHO oder die Weltbank, war
die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) schon lange im Tourismus
aktiv, zum expliziten Schwerpunktthema wurde dieser allerdings erst 1997
erklärt. Die Hauptaufgabe der Kommission für Nachhaltige Entwicklung
(CSD) besteht in der Überwachung der Umsetzung der Agenda 21-
Beschlüsse, wobei sie hierbei auf die Berichte der
Nichtregierungsorganisationen (NRO) und der nationalen Regierungen
angewiesen ist. Die CSD ist nicht berechtigt völkerrechtlich verbindliche
Entscheidungen zu treffen oder Konventionen zu verabschieden, sie kann
lediglich Maßnahmen empfehlen. Die Welthandelsorganisation (WTradeO),
1993 in Marrakesch gegründet, wacht über die Einhaltung und
Weiterentwicklung des GATS und ist somit für den Tourismus von zentraler
Bedeutung. Die Weltbank, als ressourcenstärkste und einflussreichste
Institution der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, ist zuständig für
die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts in
Entwicklungsländern. Dieser Aufgabe kommt sie durch die gezielte Vergabe
von Krediten nach. Zusammen mit dem Internationalen Währungsfond (IWF)
engagiert sich die Weltbank für Modernisierungsprojekte und versucht das
Prinzip der Liberalisierung und Deregulierung durchzusetzen. Da
problematische Auswirkungen dieser Maßnahmen nicht ausbleiben, ist die
Weltbank hinsichtlich ihrer Strategien äußerst umstritten.129 Das World Travel
and Tourism Council (WTTC) entstand 1990, als sich die 100 weltweit
größten Tourismusunternehmen zusammenschlossen, um die wirtschaftliche
129 Vgl. Friedl H., Tourismusethik, München, 2002, S. 130
58
Bedeutung des Tourismus auf politischer Ebene bewusst zu machen. Die
Organisation hat sich folgende Ziele gesetzt: Öffnung der Märkte,
Wachstumssteigerung und nachhaltige Tourismusentwicklung � in dieser
Reihenfolge, wie sich anhand der Aktivitäten des WTTC vermuten lässt.
Durch das WTTC will die internationale Tourismuswirtschaft ihren
wachsenden Spielraum zur Beeinflussung der politischen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten des Tourismus nutzen. Die
vorgelegte Millennium Vision beinhaltet die folgenden Forderungen:
- den Sektoren Reisen und Tourismus Priorität hinsichtlich der
regierungsseitigen Entwicklungs- und Beschäftigungspolitik
einzuräumen
- die Märkte weiter zu öffnen
- eine beschleunigte Umsetzung des GATS zu verstärken
- die Liberalisierung des Flugverkehrs
- die Deregulierung des Telekommunikationssektors
- die Beseitigung der Wachstumsschranken im Tourismus
- die Modernisierung und Erweiterung der Infrastruktur130
Diese Forderungen sind jedoch nicht darauf ausgelegt, den negativen
Auswirkungen des Tourismus entgegenzuwirken. Im Sinne der nachhaltigen
Tourismusentwicklung hatte das WTTC 1996 an der Erstellung der Agenda
21 for Travel and Tourism Industry mitgewirkt und das
Zertifizierungsprogramm Green Globe für Unternehmen und Destinationen
realisiert.
Das Engagement um eine nachhaltige Tourismusentwicklung wächst auch
bei internationalen Nicht-Regierungsorganisationen, wie dem (WWF), der
International Union Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN)
und dem Earth Council und bei europäischen NRO�s, wie den Naturfreunden
International (NFI). Allerdings behindern personelle und finanzielle Engpässe
zumeist die Entwicklung und Durchsetzung von strategischen Visionen und
geschlossenen Gesamtkonzepten.131
130 Vgl. u. a. Kahlenborn, W. (2000), S. 49ff. 131 Vgl. Friedl H. (2002), S. 130ff.
59
6.3 Deklarationen und Initiativen
Im Hinblick auf das Thema Nachhaltiger Tourismus wurden zahlreiche
Versuche unternommen verbindliche Richtlinien durchzusetzen. Die
bedeutendsten werden im Folgenden vorgestellt:
Die Lanzarote Charta für einen verträglichen Tourismus (1995) war das
Ergebnis der Weltkonferenz für einen verträglichen Tourismus, die 1995
gemeinsam von der UNESCO, der UNEP und der WTO auf Lanzarote
veranstaltet wurde. Erstmals wurde anerkannt, dass Tourismus über das
Potenzial zur Völkerverständigung und zu sozioökonomischer und kultureller
Entwicklung verfügt, andererseits aber auch zur Ausbeutung der Umwelt und
zur Untergrabung der lokalen Identität beitragen kann. Die Charta sollte als
Grundlage zur Konkretisierung von Zielen, Kriterien und Plänen für eine
nachhaltige Tourismusentwicklung dienen, erhielt allerdings aufgrund zu
vager Formulierungen nur wenig Aufmerksamkeit.132
Ein Jahr später, 1996, veröffentlichten der WTTC, die WTO und der Earth
Council die Agenda 21 für die Reise- und Tourismusindustrie, in der die
Ergebnisse des Umweltgipfels 1992 in Rio de Janeiro auf den Tourismus
übertragen wurden. Im Wesentlichen beinhaltet die Agenda zwei Kriterien:
Zum einen soll die ortsansässige Bevölkerung in den Zielgebieten
hauptsächlicher Nutznießer des Tourismuswachstums sein, zum anderen
müssen eben diesem Wachstum Grenzen gesetzt sein, damit Landschaft,
Kultur und lokale Ressourcen erhalten bleiben.133 Der Schwachpunkt der
Agenda besteht in erster Linie im Fehlen eines konkreten
Maßnahmenkatalogs, �insofern kann die Agenda lediglich als Bekenntnis des
guten Willens bewertet werden.�134
1997 wird im Zuge der Weltkonferenz über die sozialen Auswirkungen des
Tourismus in Manila von 77 Teilnehmerländern die Manila Deklaration
verabschiedet. Dieses Dokument verpflichtet die Unterzeichnenden in erster
Linie zur Ausarbeitung eines Globalen Ethikkodex für den Tourismus, und
wird somit zum Vorbereiter für den Global Code of Ethics, der 1999 auf der
132 Vgl., Müller, H. (2007), S. 203ff. 133 Vgl. Kahlenborn, W. (2000), S.123ff. 134 Friedl H. (2002), S.123.
60
WTO-Generalversammlung in Santiago de Chile vorgestellt wird. Die zehn
Artikel des Katalogs umfassen die Rechte und Pflichten für alle
Tourismusteilnehmer, d. h. für Zielgebiete, Regierungen, Reiseveranstalter,
Reisemittler, Personal, Tourismusplaner und Touristen. Im zehnten Artikel
sind der Geltungsbereich, die Modalitäten der Anwendung, sowie das
Schlichtungsverfahren im Fall von Verstößen gegen den Kodex dargelegt,
weshalb der Global Code of Ethics als innovatives Instrument begrüßt
wurde.135
Die internationale Nichtregierungsorganisation ECPAT136 trug 2001 mit der
Lancierung des Code of Conduct for the Protection of Children from Sexual
Commercial Exploitation in Travel and Tourism wesentlich zur Realisierung
von sozialverträglichen Reisen bei. Die Organisation, die sich gegen die
sexuelle Ausbeutung von Kindern einsetzt, verpflichtet mit dem Code of
Conduct die unterzeichnenden Reiseveranstalter ihre Maßnahmen zum
Schutz von Kindern vor Missbrauch durch Touristen zu treffen. Die
Einhaltung des Verhaltenskodex wird durch ein unabhängiges
Evaluierungskomitee überprüft. Auf Regierungsebene wurden u. a. von
Deutschland und den USA strenge Gesetze erlassen, die das kommerzielle
Anbieten von Kindersex mit hohen Haft- und Geldstrafen bedrohen.137
2002 fand in Johannesburg der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung statt
mit dem Ergebnis, dass ein Umsetzungsplan für nachhaltige Entwicklung
verabschiedet wurde, der auch den Tourismus berücksichtigt. Den
vorgegebenen Zielen folgt allerdings kein konkreter Maßnahmenkatalog,
zudem geben sie laut der Einschätzung durch Nicht-
Regierungsorganisationen, wie Tourism Watch, �weder wirklich Neues, noch
halbwegs Konkretes� wieder.138 Problematisch ist vor allem die hohe
Wirtschaftslastigkeit der Erklärung. Spezifische Initiativen, wie die
International Hotels Environment Initiative oder die Tour Operators� Initiative
for Sustainable Development, verpflichten ihre Mitglieder die jeweiligen
135 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 12ff. 136 ECPAT = End Children Prostitution, Pornography and Trafficking 137 Vgl., o. V., http://www.drv.de/drv/fachbereiche/umwelt-kultur/code-of-conduct.html, 11.12.07. 138 Vgl. Kamp, C. (2002), http://www.tourism-watch.de/dt/28dt/28.johannesburg/index.html, 11.12.07.
61
festgelegten ökologischen und sozialen Anforderungen zu erfüllen und
dienen in erster Linie als Kommunikationsplattform.139
Derartige Absichtserklärungen, Programme und Maßnahmenkataloge stehen
in der Kritik das Papier auf dem sie geschrieben sind, nicht wert zu sein.
Hinter diesem massiven Gegenwind verbirgt sich die Unzufriedenheit an der
unkonkreten und wenig innovativen Schreibweise der Texte. Ein
gemeinsames Dokument muss, um die höchst unterschiedlichen Interessen
der beteiligten Partner zu vereinen, zwangsläufig diplomatische
Kompromisse eingehen, um überhaupt unterschrieben zu werden. Der
unbestimmten Formulierung der Texte fehlt oft der lokale Kontext, d. h. die
festgeschriebenen Prinzipien sind unmöglich auf die verschiedenen
Destinationen übertragbar und somit praktisch irrelevant.140 Allerdings
können auch unverbindliche Erklärungen eine wichtige Funktion
übernehmen, nämlich die der Vertrauensbildung. Trotz ihrer Defizite kann
sich die gemeinsame Erarbeitung der internationalen Absichtserklärungen
kooperationsstiftend und vertrauensbildend auf die beteiligten Parteien
auswirken. Durch das demonstrierte Problembewusstsein nach außen wird
zudem ein konstruktiver Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für
soziale und ökologische Aspekte geleistet. Trotzdem bleibt natürlich die
Umsetzung konkreter Maßnahmen das Maß aller Dinge. Alle erfreulichen
Signale können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
Nachhaltigkeitsbestrebungen oftmals noch im krassen Widerspruch zu den
Bestrebungen der Wirtschaftskräfte stehen. Pleumaron geht sogar so weit zu
behaupten, dass das Konzept Nachhaltiger Tourismus und die damit
verbundenen Aktivitäten zu einer cleveren Marketingstrategie für neue
Tourismusformen, wie den Ökotourismus, verkommen.141
6.4 Gegenmaßnahmen der Wirtschaft
Die Tatsache, dass der WTTC, dessen Interesse am Wachstum der
weltweiten Tourismusindustrie eindeutig dem Interesse an einer nachhaltigen
139 Vgl. Gurtner, R. (2006), S. 12ff. 140 Vgl. Friedl H. (2002), S. 130ff. 141 Vgl. Friedl H. (2002), S.130 ff.
62
Entwicklung überwiegt, an der Erarbeitung der meisten Deklarationen
beteiligt war, lässt die Schwierigkeiten bei der Findung konkreter
Formulierungen und der Festlegung verbindlicher Maßnahmen vermuten. Die
Bestrebungen der Wirtschaftskräfte um Deregulierung und Liberalisierung
widersprechen einem der Kernprinzipien der Nachhaltigkeit, nämlich
demokratisch legitimierter Regulierung durch lokale Partizipation. Von
überragender Bedeutung für die Tourismusindustrie ist das General
Agreement on Trade in Services (GATS), das 1995 als erstes multilateral
ausgehandeltes Abkommen mit rechtlich durchsetzbaren Regeln für den
Handel mit Dienstleistungen abgeschlossen wurde. Die
Globalisierungsdynamik wird durch die internationale Handelspolitik und
ihren derzeit geltenden Regelungsinstrumenten extrem forciert.142 Das GATS
mag den Aufschwung des Tourismuswachstums begünstigen, läuft allerdings
gleichzeitig der Nachhaltigkeitsbewegung zuwider. �Errungenschaften� des
GATS sind die Einschränkung des Handlungs- und Entscheidungsspielraums
der nationalen Politik. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass lokale
Dienstleistungsanbieter nicht in höherem Maß gefördert werden dürfen als
transnationale Unternehmen. Das heißt die betreffenden Länder verlieren
sämtliche Instrumente zur Förderung heimischer Industrien, wodurch diese
schutzlos den sich ohnehin schon im Vorteil befindlichen transnationalen
Unternehmen ausgeliefert sind. Im Hinblick auf den Tourismus werden
internationale Veranstalter ihre Geschäftstätigkeit in den Destinationen weiter
ausweiten, damit kleineren heimischen Anbietern zunächst konkurrieren und
diese dann zunehmend verdrängen. Die hohen Devisenabflüsse nehmen
weiterhin zu. Das Konzept der Nachhaltigkeit beinhaltet hingegen eine
stärkere Einbeziehung lokaler Anbieter, um die erwähnte hohe Sickerquote
zu verringern und das Kapital, das mit den Touristen ins Land fließt, auch
dort zu halten. Zudem berücksichtigt das GATS keine Mitwirkungs- und
Einspruchsrechte der lokalen Verwaltungen, Nicht-Regierungsorganisationen
sowie der Bevölkerung. Soziale Mindeststandards sind nicht konkret
142 Vgl. o. V., http://www.bmz.de/de/themen/globalisierung/hintergrund/Welthandel/GATS.html, 11.12.07.
63
festgelegt und die Regelungen zum Schutz der Umwelt weisen gravierende
Mängel auf.143
Das GATS als Beispiel für die Durchsetzungsfähigkeit der Wirtschaft macht
deutlich, wie das Kräfteverhältnis zwischen Wirtschaftsakteuren und
Nachhaltigkeits-Aktivisten aussieht. Während die Bestrebungen das Konzept
der Nachhaltigkeit im Tourismus zu verwirklichen, aufgrund fehlender
Einigkeit der Initiatoren, im Sande verlaufen, setzen die Wirtschaftskräfte
nach und nach den Globalisierungsprozess mit seinen negativen
Begleiterscheinungen fort.
143 Vgl. Friedl H. (2002), S. 126 ff.
64
7. Umweltauszeichnungen im Tourismus
7.1 Gütezeichen im Allgemeinen
Gütezeichen sind definiert als �Wort- oder Bildzeichen oder beides, die als
Garantieausweis zur Kennzeichnung von Waren oder Leistungen
Verwendung finden, die die wesentlichen, an objektiven Maßstäben
gemessenen, nach der Verkehrsauffassung die Güte einer Ware oder
Leistung bestimmenden Eigenschaften erfüllen [�].�144 Sie bezwecken die
Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen, die nach hohen
festgelegten Qualitätskriterien hergestellt bzw. angeboten werden. In
Deutschland werden die Anforderungen für die jeweiligen Gütezeichen von
der RAL festgelegt. Die RAL, der Reichsausschuss für Lieferbedingungen,
wurde 1925 gegründet und ist heute als Deutsches Institut für Gütesicherung
und Kennzeichnung bekannt. Mit der Gründung dieser neutralen
Organisation wurde das Ziel verfolgt, eine unkontrollierte Herausgabe
zahlreicher Gütezeichen und die damit verbundene Irreführung der
Verbraucher zu vermeiden. In Deutschland ist der Begriff des Gütezeichens
rechtlich geschützt, da die RAL alleinig berechtigt ist Gütezeichen zu
vergeben.145 Träger eines RAL-Gütezeichens ist in der Regel eine
Gütegemeinschaft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Hersteller
und Anbieter schließen sich zu einer solchen Interessengemeinschaft
zusammen und übernehmen somit die mit einem Gütezeichen verbundenen
speziellen Aufgaben. Sie vergeben das Recht zur Führung eines
Gütezeichens an Hersteller und Dienstleister. In ihren Aufgabenbereich fällt
außerdem die Verteidigung ihres Gütezeichens vor jedwedem Missbrauch.
Zudem überwacht die Gütegemeinschaft die Einhaltung der
Gütebedingungen und die korrekte Anwendung des Gütezeichens.
Gütezeichenbenutzer unterwerfen sich freiwillig der Erfüllung der Güte- und
Prüfbestimmungen sowie der Überwachung durch die Gütegemeinschaft.
Pro Gütezeichen wird eine Gütegemeinschaft gegründet. Momentan
existieren in Deutschland über 160 Gütezeichen aus den verschiedensten
144 Esch, F.-R. (2005), S. 464. 145 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 295 ff.
65
Bereichen.146 Es ist jeder Branche freigestellt überhaupt ein Gütezeichen zu
entwickeln und ferner gilt die Freiwilligkeit für Hersteller und Anbieter ein
Gütezeichen zu erwerben. Die RAL sieht den Zweck von Gütezeichen darin
Markt- und Gütertransparenz zu schaffen und gleichzeitig eine Steigerung
des Umweltbewusstseins zu bewirken. Die Qualität von Waren und
Dienstleistungen soll gekennzeichnet und im Rahmen des technischen
Fortschritts und der Markterwartung gesteigert werden. Der Verbraucher ist
auf zuverlässige Informationen angewiesen, um sich umweltbewusst zu
verhalten. Hierbei sollen ihm Gütezeichen helfen. Anbieter und Hersteller, die
sich entschließen ein Gütezeichen zu erwerben, können sich im Gegenzug
durch deren Werbewirksamkeit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Anreiz
und Motivation der Konkurrenzunternehmen den höheren Standart ebenfalls
zu erreichen, wird dadurch gesteigert.147
7.2 Gütezeichen im Tourismus
Umweltgütezeichen im Tourismus beziehen sich auf die bereits vorhandene
Umweltverschmutzung ohne den eigentlichen Verursacher zu
berücksichtigen oder Informationen über tourismusinduzierte
Verunreinigungen zu geben. Dem Touristen wird also Auskunft über die
Umweltlage Im Urlaubsland gegeben, das heißt z. B. über die Sauberkeit des
Meerwassers, über die Luftqualität, über den Waldbestand usw. Das
Umweltgütezeichen bietet dem Verbraucher die Möglichkeit sich zwischen
�sauberen� und ökologisch belasteten Zielgebieten zu entscheiden. Die
Nachfrage nach sauberen Destinationen steigt, wodurch bereits unter
Umweltverschmutzung leidende Urlaubsländer entlastet werden. Dies trägt
zur Lösung der Umweltproblematik auf dem touristischen und allen anderen
Gebieten bei, da touristische Destinationen erkannt haben, dass die
ökologische Qualität des Zielgebietes einen wesentlichen Anteil der
Reiseentscheidung der Touristen ausmacht. Allerdings liegt hier die
Verantwortung für ökologische Qualität allein bei den Destinationen selbst.
146 Vgl. o. V., http://www.ral.de/de/ral_guete/guetesicherung/guetegemeinschaften.php, 15.01.08. 147 Vgl. u. a. Haussmann, A. (1992), S. 28ff.
66
Umweltgütezeichen tragen nicht unbedingt dazu bei den Blick der Touristen
für tourismusinduzierte Umweltschäden zu schärfen.148
7.3 Weitere Umweltauszeichnungen
Nachdem die Idee eines Gütezeichens für den Tourismus aufgekommen
war, ließ sich vermuten, dass dessen Vergabe für die gesamte deutsche
Tourismusbranche durch die RAL vorgenommen werden würde. Die übliche
Entwicklung von Gütezeichen für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen lässt
sich allerdings nur schwer auf die Tourismusbranche übertragen. Daher ist
es nicht weiter verwunderlich, dass momentan lediglich die folgenden vier
Gütezeichen existieren:
- Buskomfort
- Urlaub auf dem Bauernhof
- Traditionelle Kneippkureinrichtungen
- Diätverpflegung
Ohne näher auf die einzelnen Gütezeichen einzugehen, fällt auf, dass damit
nicht der gesamte touristische Markt abgedeckt werden kann. Da sich das
touristische Produkt wesentlich von den Industrieprodukten unterscheidet,
gestaltet sich die Festlegung der Kriterien schwierig.149 Das touristische
Produkt setzt sich aus zahlreichen Teilprodukten zusammen, die nicht mit
einheitlichen Kriterien beurteilt werden können. Zudem ist das touristische
Produkt räumlich an die Destination gebunden, weshalb die Qualität der
jeweiligen Destination in direktem Zusammenhang zur Qualität des
touristischen Gesamtproduktes steht. Umweltauszeichnungen für
Industrieprodukte geben Informationen über den Einfluss der betreffenden
Produkte auf die Umwelt. Im Tourismus wird der Begriff
�Umweltauszeichnung� oft fälschlicherweise gleichgestellt mit dem Begriff
Ökoqualität der touristischen Destination. Umweltauszeichnungen für
touristische Produkte geben vorwiegend Informationen über die ökologische
Qualität der touristischen Destination, beachten aber nicht den Einfluss
dieses touristischen Produktes auf die Umwelt. Bei Umweltauszeichnungen
148 Vgl. Mundt, J. (2006), S. 525f. 149 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 297.
67
für Industrieprodukte sind die Industrieprodukte selbst Träger der
Auszeichnung. Im Tourismus können allerdings sowohl die gesamten oder
partiellen Tourismusprodukte, als auch touristische Organisationen, wie z. B.
Hotels, Gaststätten oder Reisebüros, sowie touristische Destinationen, wie z.
B. Orte, Marinas, Strände oder Skigebiete, ausgezeichnet werden.150 Da der
Begriff des Gütezeichens in Deutschland rechtlich geschützt ist und alleinig
durch die RAL vergeben werden darf, werden zahlreiche andere
Bezeichnungen, wie u. a. Umweltgütesiegel, Umweltzeichen, Umweltsiegel,
Umweltwettbewerbe und Umweltpreise genutzt. Im Sinn der allgemeinen
Verkehrsauffassung werden diese Begriffe synonym verwendet.151 Ein Hotel,
ein Reiseveranstalter, eine Region kann sich mit einer neutralen,
glaubwürdigen Auszeichnung von Konkurrenzangeboten abheben und seine
Chancen verbessern, die Touristen für sich zu gewinnen. Dem Thema
Umweltbewusstsein im Tourismus wird mittlerweile von einer wachsenden
Zahl von Tourismusteilnehmern Beachtung geschenkt. Allerdings gehen
Umweltauszeichnungen angesichts der Vielzahl an Auszeichnungen zu allen
möglichen Qualitäten des touristischen Angebots oft unter.152
Ziel dieser Auszeichnungen ist es in erster Linie einen sanfteren Tourismus
zu forcieren. Um Touristen, die umwelt- und sozialverträglich reisen wollen,
die Möglichkeit zu geben die entsprechenden Produkte aus der Vielzahl von
Angeboten auszuwählen, wurden verschiedene Umweltauszeichnungen
entwickelt. Diese sollen den Reisemarkt transparenter machen, denn ohne
die entsprechenden Informationen kann auch ein verantwortungsvoll
denkender Reisender nicht gemäß seinen Einstellungen handeln.153 Der
Markt wird überflutet mit einer zunehmenden Zahl an Angeboten, die den
Zusatz �sanft� tragen und auch die Anzahl an touristischen
Marketingaktionen, die unter dem Aspekt �Öko� kommuniziert werden, wächst
ständig. Derartige Auszeichnungen sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn
bekannt ist, welche Kriterien sie bewerten. Umwelt- und sozialverträgliche
Formen des Tourismus sollen aus dem Gesamtangebot herausgefiltert und
150 Vgl. Mihalic, T. (1996), S. 117. 151 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83ff. 152 Vgl. Mundt, J. (2006), S.525f. 153 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08.
68
prämiert werden und dadurch möglichst viele Leistungsträger zur freiwilligen
Senkung von Umweltbelastungen motivieren.154 Bislang ist das Interesse von
Hotels, Freizeitzentren und Campingplätzen, sowie anderen touristischen
Anbietern trotz der Aussicht auf Imagegewinne und Marktvorteile gering. Ein
Grund für dieses Desinteresse ist, dass mittlerweile in vielen Regionen
verschiedene Umweltauszeichnungen in Konkurrenz zueinander stehen. So
hat beispielsweise ein Hotelier in Saalbach-Hinterglemm in Österreich eine
schwierige Entscheidung zu treffen: Soll er sich für die lokale Grüne Hand,
für das Umweltsiegel Tirol-Südtirol oder für das nationale Österreichische
Umweltzeichen für Tourismusbetriebe bewerben? Auch die Blaue Schwalbe
von Verträglich Reisen oder das Grüne Bäumchen im ADAC-Reisekatalog
könnten sein Umweltengagement unter Beweis stellen. Neben dem geringen
Interesse der Leistungsträger tauchen bisher auch in den Katalogen der
führenden Reiseveranstalter kaum Umweltauszeichnungen auf. Das heißt,
dass Umweltauszeichnungen, zusätzlich zu der Konkurrenz untereinander,
der mächtigen Konkurrenz der Marken, die mit großen Budgets vermarktet
werden, ausgesetzt sind. Bei der Einführung des Österreichischen
Umweltzeichens für Tourismusbetriebe hat sich gezeigt, dass sich eine
Umweltauszeichnung ohne Marketing, d. h. ohne ein entsprechendes
Werbebudget, nicht durchsetzen kann. Dieses eine Beispiel hat zwar dank
finanzieller Unterstützung seitens des Staats gute Chancen sich gegenüber
den regionalen Konkurrenten durchzusetzen oder zumindest als Alternative
zu behaupten, ist allerdings trotzdem darauf angewiesen in den Katalogen
der Reiseveranstalter erwähnt zu werden, um die breite Masse der Touristen
anzusprechen.155 Ein Großteil der Touristen weiß gar nicht, dass es
Umweltauszeichnungen im Tourismus gibt bzw. was diese beinhalten.
Vorreiter der Umweltauszeichnungen im Tourismus waren 1987 die FEE mit
ihrem Wettbewerb �Blaue Europa Flagge� und der DRV mit seinem
Umweltpreis. Seitdem hat die Anzahl an Umweltauszeichnungen und
Wettbewerben deutlich zugenommen. Die weltweit größte Dichte findet man
im Alpenraum und hier besonders in Österreich. Das Gros der
154 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 313. 155 Vgl., u. a. Spittler, R.(1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08.
69
Umweltauszeichnungen wird heute im Gastgewerbe vergeben.156 Die
Akademie für Umweltforschung und -bildung in Europa (AUbE e.V.) hat 1998
eine umfassende Beschreibung und Bewertung der Umweltauszeichnungen
im Tourismus vorgenommen. Während 1989 lediglich drei touristische
Umweltauszeichnungen existierten, waren es 1998 bereits 46.157 Die Frage
wie viele Umweltauszeichnungen es zur Zeit im Tourismus gibt, ist nicht zu
beantworten, da einige eingestellt wurden und neue hinzu gekommen sind.
Tab. 2 im Anhang gibt einen Überblick über die von AUbE e.V. untersuchten
Auszeichnungen.158
Die positive Seite dieser vielen Auszeichnungen ist, dass das Engagement
hinsichtlich des Umweltschutzes offensichtlich stark zugenommen und sich in
vielen Variationen entwickelt hat. Problematisch ist allerdings die Tatsache,
dass zu viele Engagierte ihre Projekte allein durchsetzen anstatt sich mit
Gleichgesinnten zu verbünden. Als Resultat kommen zahlreiche
Umweltauszeichnungen mit ganz unterschiedlichen Kriterien auf den Markt,
wodurch das eigentliche Ziel, nämlich Transparenz zu schaffen, unerreichbar
wird. Die Vielzahl an Auszeichnungen führt zu einer Verunsicherung der
Verbraucher und einem zunehmenden Glaubwürdigkeitsverlust der
Umweltpreise. Dazu kommt, dass es erhebliche Mängel bei einigen
Umweltauszeichnungen gibt. So berücksichtigen weniger als 40% der in Tab.
2 aufgeführten Auszeichnungen soziale Aspekte, sondern konzentrieren sich
lediglich auf die ökologische Seite. Bei einem Drittel der
Umweltauszeichnungen sind die Vorgaben zu niedrig angesetzt, d.h. es
müssen weniger als 80% der Anforderungen erfüllt sein, um die
Auszeichnung zu erhalten.159 Um der Konkurrenz etwas entgegen setzen zu
können, wird die Werbewirksamkeit von Umweltauszeichnungen gezielt
eingesetzt. So werden Touristen durch ein solches Alleinstellungsmerkmal
bei der Reiseentscheidung gelenkt, obwohl die gesetzten Forderungen nicht
erreicht sind. Um solche Missbräuche zu vermeiden, muss einem
übertriebenen Engagement entgegengesteuert werden. Es gibt offenkundig
156 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83ff. 157 AUbE e.V. erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit 158 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08. 159 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_Tourismus.htm, 15.01.08.
70
zu viele Umweltauszeichnungen. Kurzfristig müssen die bereits existierenden
Auszeichnungen lokalisiert, systematisiert und qualitativ verbessert werden.
Langfristig müssen die Auszeichnungen in einem einheitlichen,
übersichtlichen System zusammengefasst werden, sodass dem Verbraucher
die notwendige Transparenz geboten wird.160 Um dem Thema
Umweltverträglichkeit im Tourismus international zu größerer Bedeutung zu
verhelfen, wäre die Entwicklung eines EU-einheitlichen Umweltzeichens ein
beachtlicher Fortschritt. Denn im Binnenmarkt Europa fällt die Orientierung
angesichts der Vielzahl an Umweltauszeichnungen schwer. Allerdings sind
hierbei die Vergleichbarkeit von Preisen und Leistungen und der leichte
Zugang zu verlässlichen Informationen für Verbraucher unabdingbare
Anforderungen.
Im Rahmen der ITB im Jahr 2000 in Berlin veranstaltete ECOTRANS161 eine
Podiumsdiskussion zum Thema �Eines oder Keines �
Umweltauszeichnungen im Tourismus�, an der u. a. Dr. Wolf Michael Iwand
vom Umweltmanagement der TUI, Susanne Chlan vom Österreichischen
Umweltzeichen, Walter Leu von der European Travel Commission in Brüssel
und Horst Nitschke von der ADAC Redaktion für Camping und Caravan
Führer teilnahmen. Alle Beteiligten standen dem Vorschlag ein einheitliches
Europäisches Umweltzeichen einzuführen eher skeptisch als euphorisch
gegenüber. Der Vorschlag von Walter Leu von der European Travel
Commission, eine Tourism Standard Agency zu ins Leben zu rufen, die
verbindliche Lizenzverträge eingeht und bei Nichteinhaltung der Richtlinien
Konventionalstrafen verhängt, stößt auf Kritik. Der TUI-Umweltbeauftragte
Dr. Iwand spricht am Beispiel der TUI einige kritische Punkte an. Die TUI
vergibt zwar kein eigenes Umweltzeichen, stellt aber über 200 Hotels für
umweltfreundliche Hotelführung in den Katalogen heraus. Ein kritischer
Punkt bei der Einführung eines europaweit einheitlichen Umweltzeichens ist
die Überprüfung der Richtlinien. Momentan kontrollieren die Initiatoren der
einzelnen Umweltzeichen die Einhaltung der Kriterien selbst, allerdings ist
die Frage nach der Handhabung bei einer EU-einheitlichen Lösung nicht
160 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 296. 161 ECOTRANS e.V. ist ein Europäisches Netzwerk von Experten und Organisationen aus den Bereichen Tourismus, Umwelt und regionale Entwicklung, die sich für einen langfristig umweltverträglichen Tourismus einsetzen.
71
unberechtigt. Wer trägt die Garantie dafür, dass die gekennzeichneten
Betriebe auch den Anforderungen entsprechen? Dazu kommt, dass seitens
der Verbraucher die Umweltverträglichkeit nicht oberste Priorität hat.
Wichtiger für TUI-Kunden sind Qualitäten wie Sicherheit, Gesundheit und
100% Geld-zurück-Garantie. Horst Nitschke vom ADAC sieht das Interesse
an Umweltzeichen grundsätzlich positiv, gibt allerdings zu bedenken, dass
die Rahmenbedingungen beispielsweise für Campingplätze in Europa zu
unterschiedlich sind, um sie nach einheitlichen Kriterien zu bewerten.
Speziell nach der EU-Osterweiterung müssten die Richtlinien auf niedrigerem
Niveau angesetzt werden, damit eine Chancengleichheit geschaffen und den
osteuropäischen Ländern die Möglichkeit gegeben wird am Europäischen
Umweltzeichen teilzuhaben. Für Susanne Chlan vom Österreichischen
Umweltzeichen ist ein niedrigeres dafür aber einheitliches Niveau keine
Lösung. Österreich hat mit seinem Umweltzeichen eine Auszeichnung
entwickelt, die zu den anspruchsvollsten in Europa gehört und mit Hilfe der
langjährigen Erfahrungen der Pioniere der Umweltauszeichnungen aufgebaut
und weiterentwickelt wurde. Man ist nicht bereit einen Rückschritt hinsichtlich
der Kriterien hinzunehmen. Da ein einheitliches Europäisches
Umweltzeichen aufgrund des starken Gegenwindes in der Tourismusbranche
unrealistisch erscheint, kommen Alternativen zur Sprache. Einhellig
befürwortet wurde der Vorschlag, dass die bestehenden
Umweltauszeichnungen von der EU geprüft und gekennzeichnet werden
sollen. Das EU-Label für Eco-Labels könnte mit dem Prädikat �Von der EU
anerkanntes Umweltzeichen für Tourismus� die Spreu vom Weizen
trennen.162
7.4 Einheitliche Umweltauszeichnung in Deutschland
Bedingt durch die unübersichtliche Entwicklung der vielfältigen
Umweltauszeichnungen Anfang der 90er Jahre, wurde auch in Deutschland
ein einheitliches nationales Umweltzeichen gefordert. Diesem Ziel kam man
1991 einen Schritt näher, als der Verein Ökologischer Tourismus in Europa
162 Vgl. o. V., http://www.eco-tip.org/Brennpunkt/brennpunkt.htm, 15.01.08.
72
(Ö.T.E. e.V.), mit dem Ziel ein solches Zeichen zu entwickeln, gegründet
wurde. Mit dem Grünen Koffer wurde ein Zeichen erarbeitet, welches sich,
mit den jeweiligen Kriterienkatalogen, an Fremdenverkehrsorte,
Beherbergungsbetriebe und Reiseveranstalter wendet. Die erste Vergabe
war für 1992 geplant. Da allerdings die Kriterien immer wieder Anlass zu
Diskussionen gaben und verschiedentlich neu verfasst wurden, fand die
Erstverleihung an Fremdenverkehrsorte erst 1994 statt.
Beherbergungsbetriebe und Reiseveranstalter wurden bis heute nicht
ausgezeichnet. Das wohl größte Hindernis bei der Etablierung des Grünen
Koffers war dessen Ausrichtung auf einen Sanften Tourismus und die
entsprechend einschränkenden Kriterien. So werden beispielsweise laut dem
entsprechenden Kriterienkatalog keine Reiseveranstalter ausgezeichnet, die
ausschließlich Flugreisen im Angebot haben.163 Die Zielsetzung den
Touristen von (vermeintlich) umweltschädlichen Flugreisen abzuhalten und
sie zu sanfteren Reiseformen zu erziehen, ist nicht praxisorientiert.
Besonders im Urlaub nehmen Menschen ungern Einschränkungen hin. Da
die Bewerbung um Umweltauszeichnungen wie dem Grünen Koffer in
Deutschland freiwillig ist, blieb dessen Bedeutung in der Tourismusbranche
gering. Die Tourismusbranche arbeitet nachfrageorientiert und solange unter
den Verbrauchern kein allzu großes Interesse an Sanftem Tourismus
besteht, sehen Veranstalter und Leistungsträger keine Veranlassung ihr
Angebot entsprechend einer solchen Auszeichnung zu ändern. Natur- und
Umweltschutzverbände sahen sich also einem massiven Widerstand aus
Teilen der Tourismusbranche gegenüber, wodurch die Einführung des
Grünen Koffers verhindert wurde.164 Ein Zeitinterview mit �dem� Grünen
Koffer reflektiert die Frustration und Verärgerung seiner Initiatoren (siehe
Anhang Abb. 2). Der Regierung und dem Umweltministerium wird die Schuld
für das Scheitern des Umweltzeichens nachgesagt, da sie allein auf die
Eigeninitiative der Tourismusbranche gesetzt haben und keinerlei staatliche
Unterstützung geleistet haben. Die Vielzahl an Umweltauszeichnungen wird
als Plage betrachtet, das Radolfzeller Umweltbäumchen als Beispiel für
163 Vgl. o. V., Der Grüne Koffer (Stand: 16.01.08) 164 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda21_1.htm, 15.01.08.
73
unsinnige Auszeichnungen aufgeführt. Die Blaue Europa Flagge, der Pionier
der Umweltsiegel, wird sogar des Etikettenschwindels bezichtigt. Der grüne
Koffer �sieht sich selbst� als rotes Tuch der Tourismuslobby und blickt einem
weiteren Versuch, ein einheitliches, nationales Umweltzeichen zu entwickeln,
resigniert entgegen.165 Trotz des umstrittenen Konzeptes des Grünen
Koffers, wird dieses Umweltzeichen als guter Ansatz in der Branche
gewertet. Die Idee einer einheitlichen Umweltauszeichnung ist nicht endgültig
aufgegeben worden. 1999 kehrten Tourismusverbände, Umwelt-,
Naturschutz- und Verbraucherverbände auf Einladung des
Bundesumweltministeriums an den Verhandlungstisch zurück und
diskutierten die Entwicklung einer gemeinsamen Umweltdachmarke für
möglichst alle touristischen Dienstleistungen. Obwohl das Projekt aufgrund
unterschiedlicher Ausgangspositionen der beteiligten Verbände mehrfach
vom Scheitern bedroht war, konnte 2001 zur ITB die Gründung der Viabono
GmbH bekannt gegeben werden. Im Oktober desselben Jahres wird die
Marke �Viabono � Reisen natürlich genießen� verabschiedet und im Frühjahr
2002 wird schließlich der Viabono Trägerverein e.V. als Kommunikations-
und Kooperationsplattform für Mitglieder und Partner gegründet. Zweck des
Trägervereins ist es einen nachhaltigen Tourismus in Deutschland zu
fördern. Unter der Marke Viabono wird die Nachfrage nach
umweltorientierten Reiseangeboten gebündelt und verstärkt, wodurch den
Anbietern Wettbewerbsvorteile verschafft werden sollen. Aus Sicht der
Mitglieder ist der Trägerverein ein interessantes Forum zur Präsentation
eigener Produkte und Dienstleistungen. Obwohl die Entwicklung von Viabono
unter staatlicher Federführung stand, stellt die Vergabe und Vermarktung
keine staatliche Aufgabe dar.166 Deshalb wurde von den beteiligten
Verbänden die Viabono GmbH gegründet. In ihren Aufgabenbereich fällt das
gesamte operative Geschäft, d.h. die Viabono GmbH prüft die umwelt- und
qualitätsorientierten Tourismusanbieter auf Eignung und trägt Sorge für eine
professionelle Vermarktung. Langfristig gesehen soll die Marke über ein
Lizenzgebührensystem finanziert werden. Bis dieses allerdings in der Lage
ist die Kosten zu decken, wurde die Finanzierung für Viabono mit 500.000
165 Vgl. u. a. Ermlich, G. (1999), http://www.zeit.de/1999/35/Der_Gruene_Koffer, 16.01.08. 166 Vgl. o. V. (2005), http://www.aube-umweltakademie.de/Viabono.htm, 16.01.08.
74
DM aus dem Bundeshaushalt angekurbelt. Der Erfolg der Dachmarke hängt
von den Marketingmaßnahmen ab. Eine intensive Kommunikationspolitik ist
notwendig, um die geschaffene Wort-Bild-Marke in den Köpfen der
Verbraucher und Tourismusanbieter zu verankern. Der Vorteil einer
Dachmarke mit einem immer wiederkehrenden Logo ist offensichtlich: Die
Initiatoren erwarten, zusätzlich zu einer höheren Kundenakzeptanz, eine
deutliche Verringerung der Marketingkosten infolge von Synergien.167 Nach
der offiziellen Einführung der Marke auf der ITB konzentriert sich Viabono
GmbH darauf Markenpartner zu finden, um auf dem Urlaubsmarkt mit einer
breiten Produktpalette vertreten zu sein. Zum Internationalen Jahr des
Ökotourismus 2002 waren dann die ersten Angebote buchbar. Hinsichtlich
der Kriterienkataloge verfolgt Viabono nicht die knallharte Philosophie von
Umweltauszeichnungen wie dem Grünen Koffer. Viabono erfüllt nicht die
Voraussetzungen eines Gütesiegels, sondern sieht sich eher als
Orientierungshilfe für Verbraucher. Viabono spricht in erster Linie die
Themen Gesundheit, Erholung und Spaß an und soll durch emotionale
Kommunikation Leute ansprechen, die vernünftig genießen wollen. Erst mit
zunehmendem Erfolg soll die Nachhaltigkeitsdebatte stärker in den
Vordergrund gestellt werden. Viabono steht und fällt mit den Kriterien, die
weniger streng sind als beim Grünen Koffer, allerdings werden auch hier
beispielsweise Reiseveranstalter mit einem nicht ausschließlich
umweltverträglichen Angebot ausgegrenzt168. Das größte Problem Viabonos
dürfte der zu geringe Bekanntheitsgrad sein. Wirtschaftsunternehmen
investieren über mehrere Jahre hinweg Millionenbeträge, um eine Marke
aufzubauen, was trotzdem oft misslingt. Viabono fehlen für eine aggressive
Werbestrategie die nötigen finanziellen Mittel. Das Ziel der breiten Masse der
Verbraucher eine Orientierungshilfe hinsichtlich eines mit der Marke
verbundenen (Umwelt-) Qualitätsversprechens zu sein, konnte in den ersten
Jahren nicht erreicht werden. Aus diesem Grund werden Unternehmen kaum
stolz darauf sein, die Marke Viabono zur Produktauszeichnung nutzen zu
dürfen. Viabono hat in den letzten sechs Jahren keinen entscheidenden
Durchbruch erreichen können und es ist fragwürdig, ob sich die Marke in der
167 Vgl. o. V., http://www.eco-tip.org/Hotspot/hotspot_mf.htm, 14.01.08. 168 Vgl., o. V., http://www.eco-tip.org/Umweltaz/umweltaz.htm, 14.01.08.
75
Zukunft durchsetzen kann.169 Wenn man allerdings einen Blick über die
Landesgrenzen hinaus wirft, scheint die Lage nicht aussichtslos. Einigen
europäischen Ländern ist es durchaus gelungen nationale Umweltzeichen zu
etablieren, auch ohne Rückschritte hinsichtlich der Mindestanforderungen
hinnehmen zu müssen. In Österreich beispielsweise hat das nationale
Umweltzeichen gute Chancen seine regionalen �Konkurrenten� zu
verdrängen.
7.5 Internationale Gütesiegelinitiativen
Europaweit können Unterkünfte, Restaurants, Urlaubsorte und �regionen,
internationale und lokale Reiseanbieter die Umweltqualität ihrer Produkte
durch unabhängige Umweltauszeichnungen kennzeichnen lassen. Diese
Umweltzeichen versprechen, dass das gekennzeichnete Angebot besser als
viele andere ist, weil es Umweltleistungen über die gesetzlichen Vorschriften
hinaus erbringt. Da der Verbraucher aber erst von der Qualität und Seriosität
dieser Auszeichnungen überzeugt werden will, haben sich sieben der
führenden Umweltzeichen in Europa 2004 im Rahmen des Europäischen
Projektes VISIT zusammengeschlossen.170 Gemeinsam repräsentieren sie
über 2000 Tourismusunternehmen. VISIT steht für Voluntary Initiative for
Sustainability in Tourism. Die Organisation, die einzige ihrer Art in Europa,
verfolgt in erster Linie das Ziel, sicher zu stellen, dass Umweltzeichen
erfolgreich, praxisorientiert und verantwortlich arbeiten.171 Aus diesem Grund
haben sich die teilnehmenden Umweltzeichen auf einen Katalog von 21
Mindestanforderungen in den Bereichen Umwelt, Organisation und
Prüfverfahren geeinigt. Bestehende Umweltzeichen in Europa werden einer
Prüfung unterzogen und mittels Marketingstrategien bekannter gemacht. Die
zertifizierten Produkte der VISIT-Umweltzeichen sollen in einer
Onlinedatenbank aufgelistet werden. Diese ist allerdings noch in der
Entwicklung, da wichtige touristische Zielgebiete noch nicht aufgeführt
169 Vgl. Kirstges, T. (2003), S. 308ff. 170 Vgl. Hamele, H., http://www.eco-world.de/scripts/basics/eco-world/service/main/basics.prg?a_no=122, 14.01.08. 171 Vgl. o. V., http://www.visit21.net/, 14.01.08.
76
werden.172 Finanziell angeschoben wurde VISIT durch das LIFE-Programm
der EU, welches zur Förderung von Umwelt- und Naturschutzprojekten ins
Leben gerufen wurde. Seit 1992 wurden 2750 solcher Projekte mit insgesamt
1,35 Milliarden Euro durch LIFE unterstützt.173
Der letztendliche Erfolg von Umweltauszeichnungen ist nur schwer zu
beurteilen, und muss vor allem aus verschiedener Sichtweise betrachtet
werden. Die ursprüngliche Zielstellung der Initiatoren muss genauso
untersucht werden, wie die ökologische Zielsetzung, d. h. der Verbesserung
der Umweltqualität, und die Frage nach der Bedeutung der Auszeichnungen
für den Verbraucher. Bisher findet man das Gros der Umweltauszeichnungen
im Gastgewerbe, kaum jemand wagt sich an Auszeichnungen für Reisen,
Reiseveranstalter, oder auch Regionen. Experten scheint es zu illusorisch,
umfassende Umweltzeichen für ganze Zielgebiete zu entwickeln, welche die
Badewasser- und Luftqualität, Vielfalt von Flora und Fauna,
Abfallbehandlung, Verbrauch und Entsorgung von Wasser, Energienutzung
und -erzeugung berücksichtigen. Grundsätzlich stellt sich für die
Umweltauszeichnungen, ebenso wie für die Dachmarke Viabono, die Frage,
ob derartige alternative Angebote überhaupt die �Masse� der Touristen
erreichen können.174
172 Vgl. http://www.verbraucherbildung.de/projekt01/d/www.verbraucherbildung.de/im_brennpunkt/fair_reisen_komplett.html, 14.01.08. 173 Vgl. o. V., http://ec.europa.eu/environment/life/, 14.01.08. 174 Vgl. u. a. Kreisel, W. (2000), S. 83.
77
8. Umfrage zum Thema Sanfter Tourismus
8.1 Beschreibung der Problemsituation
Neben der notwendigen Einstellung und dem Willen der Reisenden zur
Beteiligung am Sanften Tourismus ist aber auch die Anbieterseite wichtig.
Entsprechende Rahmenbedingungen und Angebote müssen gegeben sein,
damit dieses Konzept umgesetzt werden kann. Manche Reiseveranstalter
sowie Zielgebiete haben erkannt, dass eine nur langfristige (nachhaltige)
Tourismusentwicklung den ökonomischen Erfolg und den gesellschaftlichen
Fortschritt sichern kann. Als erster Reiseveranstalter hat Studiosus sich offen
zu seiner Verantwortung für die Erhaltung von Umwelt und Kultur bekannt.
Reisekataloge werden auf umweltverträglichem Papier gedruckt und Kunden
werden gebeten, die nicht mehr benötigten Kataloge in die Reisebüros
zurückzubringen. Um den Straßenverkehr zu entlasten ist die Anreise mit der
Bahn zum Abflughafen bei jeder Buchung inklusive. Zudem erhalten
Reisende Empfehlungen, wie sie sich im Gastgeberland umwelt- und
sozialverträglich verhalten sollen.175 Als Urlaubsregion engagiert sich
beispielsweise Bayern, das Konzept einen umwelt- und sozialverträglicheren
Tourismus in der Praxis umzusetzen. Bayrische Fremdenverkehrsorte bieten
umfangreiche Beschreibungen hinsichtlich umweltverträglicher Aktivitäten vor
Ort. So werden z. B. erdgasbetriebene Busse zur Beförderung der
Urlaubsgäste zum Ausgangspunkt einer Wanderung eingesetzt. Mit Hilfe
derartiger umwelt- und sozialverträglicher Alternativangebote sollen Urlauber
zu einer Mitwirkung an einer sanfteren Tourismusentwicklung bewegt
werden.
Das Bewusstsein für negative tourismusinduzierte Auswirkungen in der
Tourismuswirtschaft setzte erst 1987 ein. Seitdem engagieren sich immer
mehr Branchenvertreter für eine umwelt- und sozialverträglichere
Entwicklung. Auf allen Stufen der Wertschöpfungskette werden die
Leitgedanken des Sanften Tourismus in unterschiedlich starker Ausprägung
in die Praxis umgesetzt. Letztendlich steht und fällt eine nachhaltige
Tourismusentwicklung mit dem Reiseverhalten der Urlauber.
175 Vgl. o. V., http://www.studiosus.com/unternehmen/nachhaltigkeit/unternehmensoekologie/ index.php, 02.01.08.
78
Es liegt der Verantwortung aller Vertreter der Reisebranche diesen für
ökologische und gesellschaftliche Probleme des Tourismus zu
sensibilisieren. Da 44% der Touristen ihren Urlaub im Reisebüro buchen,
kommt diesem hierbei eine bedeutsame Rolle zu.176 Um heraus zu finden,
inwiefern Reisemittler diese Aufgabe wahrnehmen, wurde der folgende
Fragebogen konzipiert. Umweltwissen und die Einstellung der Expedienten
gegenüber Sanftem Tourismus sollten erfragt werden.
8.2 Definition der Grundgesamtheit
In Hinblick auf das Untersuchungsziel wurden von der Verfasserin
Reisebüros in Deutschland als Grundgesamtheit, d. h. als Menge aller
potenziellen Untersuchungsobjekte, definiert. Laut einer DRV-Statistik aus
dem Jahre 2005 gibt es in Deutschland insgesamt 12.639 Reisebüros. Da
sich die Befragung lediglich auf den freizeittouristischen Bereich beziehen
sollte, musste hierbei noch nach Reisebüroart unterschieden werden. 980
Büros in Deutschland sind dem Business Travel-Bereich zuzuordnen, d. h.
sie wickeln überwiegend Dienstreisen ab und konzentrieren sich auf
Geschäftsreisekunden. 3.636 sind als klassisches Reisebüro zu bezeichnen,
d. h. sie verfügen über min. eine Reiseveranstalter- und über min. eine
Verkehrsträgerlizenz. Der überwiegende Teil, 8.023, sind touristische
Reisebüros, welche min. zwei Reiseveranstalter- allerdings keine
Verkehrsträgerlizenz besitzen.177 Weiterhin ist es wichtig zwischen
veranstaltergebundenen und unabhängigen Reisebüros zu unterscheiden.
Die TUI AG ist in Deutschland mit 1.419 Reisebüros, darunter 411 eigenen
und 1.008 Franchise Agenturen, vertreten. Davon decken insgesamt 1.040
den freizeittouristischen Vertriebsbereich der TUI, TUI Leisure Travel
genannt, ab. Dazu gehören die Marken FIRST REISEBÜRO, Hapag-Lloyd
Reisebüro und TUI ReiseCenter.178 Die Rewe Group ist mit 2.700 Büros am
stärksten im Reisebürovertrieb vertreten. Sie nennt 662 DER Reisebüros und
Atlas Reisen und Derpart Agenturen ihr Eigen. Ferner sind 2.000 Atlas
176 Vgl. o. V., http://www.fur.de/downloads/FUR_Ergebnisse_2006.pdf, 30.01.08. 177 Vgl. o. V., http://www.drv.de/fileadmin/user_upload/2007_DRV_FZD_2006.pdf, 02.01.08. 178 Vgl. o. V., http://www.tui-group.com/uuid/d1e6f76a113b439187edd55fd0868cc5, 02.01.08.
79
Franchise Agenturen und RSG (Reise Service GmbH) Büros dem Konzern
angeschlossen.179 Thomas Cook verfügt über 1.080 Büros, die sich in 140
eigene und 940 Franchise Agenturen, wie Holiday Land und Neckermann,
aufgliedern.180 Zusätzlich zu den drei marktbeherrschenden Konzernen
verfügen auch kleinere Veranstalter, wie u. a. FTI oder Alltours, über eigene
oder Franchise Vertriebsagenturen.181 Konzerneigenes Reisebüro oder
Franchise Agentur zu sein, heißt allerdings nicht, dass nur der jeweilige
Leitveranstalter gebucht werden darf. Die Reisebüros sind angehalten,
beispielsweise durch Umsatzziele, bevorzugt die Produkte ihres jeweiligen
Partners zu verkaufen, dürfen aber seit der Abschaffung der
Vertriebsbindung im Jahre 1994, frei entscheiden, welches Produkt sie dem
Kunden anbieten.
8.3 Erhebungsmethode und Stichprobenauswahl
Im Rahmen der Befragung sollten möglichst die gesamte Breite des
deutschen Reisebüromarktes abgedeckt werden. Aus Zeit-, Kosten- und
Organisationsgründen wäre es allerdings nicht möglich gewesen eine
Vollerhebung durchzuführen, demzufolge wurde aus der Grundgesamtheit
eine Stichprobe gewählt. Die Verfasserin hat sich gegen eine probalistische
Auswahl entschieden, weil es ihr nicht möglich war ein wirklichkeitsgetreues
Abbild der Grundgesamtheit wiederzugeben. Unter den nicht-probalistischen
Auswahlverfahren entschied sie sich für das Quotaverfahren. Das heißt die
Grundgesamtheit wurde hinsichtlich bestimmter Merkmale unterteilt.
Dementsprechend wurden Reisebüros mit Leitveranstalterbindung ebenso
befragt, wie unabhängige oder auf bestimmte Zielgebiete oder Reisearten
spezialisierte Agenturen. Ziel der Befragung war es qualitative
Zusammenhänge zu erkennen und Tendenzaussagen treffen zu können.
Eine Hochrechenbarkeit der Ergebnisse auf die Grundgesamtheit wurde
nicht angestrebt, da es aus Kosten- und Zeitgründen unrealistisch erschien
eine repräsentative Anzahl an Reisebüros zu befragen. Um regionen- oder
179 Vgl. o. V., http://www.rewe-group.com/fileadmin/download/imagebroschuere.pdf, 02.01.08. 180 Vgl. o. V., http://www5.thomascook.info/tck/downloads/Unternehmenspraesentation_2007.pdf, 02.01.08. 181 Vgl. o. V., http://www.drv.de/fileadmin/user_upload/2007_DRV_FZD_2006.pdf, 02.01.08.
80
ortsspezifische Antworten zu vermeiden, wurde die Befragung in
verschiedenen Orten Deutschlands durchgeführt. Infolgedessen wurden
Reisebüros in Großstädten (Frankfurt am Main, Leipzig), in Kleinstädten im
Alpenvorland (Deggendorf), in Franken (Coburg, Erlangen), in den neuen
Bundesländern (Altenburg) sowie in Norddeutschland (Salzgitter) befragt.
8.4 Konzeption des Fragebogens
Zum Einstieg in den Fragebogen wurde eine leicht zu beantwortende
Eisbrecherfrage gestellt, mit dem Ziel den befragten Expedienten die
Befangenheit zu nehmen und ihr Interesse zu wecken. Diese erste Frage
sollte zudem Auskunft darüber geben, inwiefern sich die Befragten mit dem
Thema �Sanfter Tourismus� und dessen �Vermarktung� auskennen. Daraufhin
folgten sechs Kernfragen, mit denen in die Tiefe des Themas vorgedrungen
wurde. Zum einen wurde nach dem Verhalten der Kunden gefragt, zum
anderen aber auch nach der Eigeninitiative des Reisebüros in Bezug auf die
Aufklärung über ausgezeichnete Reiseangebote oder Umweltschädigungen
und Menschenrechtsverletzungen im Zielgebiet. Diese Fragen zielten nicht
darauf ab, den Wissensstand der Expedienten zu erforschen. Es ging
vielmehr darum herauszufinden, ob Reisebüromitarbeiter umwelt- und
sozialverträglichem Reisen eher positiv oder negativ gegenüberstehen.
Zudem sollte die intuitive Einschätzung hinsichtlich der Umwelt- und
Sozialverträglichkeit der größten deutschen Reiseveranstalter erfragt
werden. Diese Frage zielte nicht darauf ab herauszufinden wie
verantwortungsvoll diese Veranstalter sind, sondern wie sie wahrgenommen
werden. Zusätzlich wurde, mit Hinblick auf die Bereitschaft nach alternativen
Angeboten zu suchen, nach dem Bekanntheitsgrad einiger �Öko�veranstalter
und touristischer Umweltorganisationen und �marken gefragt. Der
Fragebogen schließt mit drei Statistikfragen zum Unternehmen ab. Zum
einen wurde nach einer eventuellen Spezialisierung auf eine oder mehrere
Reisearten, zum anderen nach einer eventuellen Leitveranstalterbindung
gefragt. Die Frage nach den drei am häufigsten verkauften Produkten, sollte
Aufschluss über die Klientel geben.
81
8.5 Durchführung der Befragung
Aus Rücksicht auf den Arbeitsalltag in einem Reisebüro hat sich die
Verfasserin dafür entschieden, den Fragebogen persönlich im Reisebüro
abzugeben und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzuholen. Der Vorteil
dieser Variante ist, dass die Befragten die Möglichkeit erhalten, selbst zu
bestimmen zu welchem Zeitpunkt sie die Fragen beantworten. Dahinter
verbirgt sich das Ziel einer möglichst hohen Rücklaufquote. Bei einer
persönlichen Befragung, könnte der Expedient in die Situation geraten sich
zwischen einem Kunden und der Fortführung der Befragung entscheiden zu
müssen. Mit der gewählten Variante konnte dieses Problem umgangen
werden. Zudem wurde den Befragten auf diese Art und Weise mehr Zeit
gegeben, um über das Thema nachzudenken und durchdachte Antworten zu
geben.
Die Einführung in das Thema sowie der Zweck und die Dauer der Umfrage
wurden bei Aushändigung des Fragebogens von der Verfasserin persönlich
übermittelt. Tiefer gehende Informationen wurden nicht vermittelt, um
möglichst unbefangene Antworten zu erhalten. In einigen Fällen waren die
befragten Expedienten am Thema interessiert und diskutierten bei Rückgabe
des Fragebogens einige Aspekte mit der Verfasserin und gaben interessante
Einblicke aus der Sicht der Reisebüros. Die Befragung wurde im Verlauf von
zwei Monaten durchgeführt, die Befragten hatten jeweils ein Zeitfenster von
bis zu einer Woche zwischen Abgabe und Abholung des Fragebogens.
Insgesamt wurden 60 Reisebüros befragt, effektiv liegen 38 ausgefüllte
Fragebögen vor, was einem Rücklauf von 63% entspricht.
82
8.6 Auswertung
Frage 1 Welche der folgenden Umweltauszeichnungen / Gütezeichen kennen Sie?
71
53
3 5 8 1118
813
8
010
203040
5060
708090
100
Blaue F
lagge
Blauer
Engel
Grüner
Koffer
Blaue Sch
walbe
Grüne P
alme
Ecotel
ADAC Eich
hörnch
en
Grünes
Blatt
Eur. Preis
für T
ouris
mus un
d Umwelt
Weite
re
Umweltauszeichnungen
in %
Diese erste Frage sollte Auskunft darüber geben wie hoch der
Bekanntheitsgrad einzelner Umweltauszeichnungen ist. Die eindeutig
höchste Bekanntheit erreicht die Blaue Europa Flagge, die 71% der
Befragten kannten. Auch der Blaue Engel, das Umweltzeichen für
Industrieprodukte, war etwa der Hälfte der Expedienten geläufig. Das ADAC
Eichhörnchen, eine Auszeichnung für Campingplätze und Raststätten,
erreichte noch einen Wert von 18%. Die übrigen Umweltzeichen waren nur
vereinzelt bekannt. Als weitere Zeichen wurden die Auszeichnungen der TUI,
d. h. der TUI Umweltchampion, der TUI Delphin und TUI Ecoressort,
genannt. Diese sind allerdings keine richtigen Umweltzeichen, da lediglich
TUI-Produkte damit ausgezeichnet werden. Die geringe Bekanntheit der
meisten Umweltzeichen lässt sich damit begründen, dass Reiseveranstalter
darauf verzichten diese Zeichen zur Vermarktung ihrer Produkte zu
83
verwenden. Lediglich die Blaue Europa Flagge ist als positives Beispiel
hervorzuheben. Einige Veranstalter, wie u. a. DERTOUR, verwenden dieses
Umweltzeichen in ihren Katalogen und nutzen es somit als �Beweis� für eine
gute Strandqualität.182 Diese Frage hebt die Bedeutung der
Veranstalterkataloge nochmals hervor. Reisebüros verkaufen Produkte auf
Basis der Kataloge. Umweltzeichen, die darin nicht erwähnt werden, haben
es ungleich schwerer sich beim Verbraucher als Qualitätshinweis
durchzusetzen. Zusätzlich erschwert die Vielfalt der touristischen
Umweltzeichen ihre Durchsetzung am Markt. Der Verbraucher verliert leicht
den Überblick. Zudem werden nicht alle Zeichen nach ausreichend strengen
Kriterienkatalogen vergeben. Ihrer Vermarktung stehen finanzielle Probleme
im Weg. Zur Einführung einer Marke sind hohe Summen erforderlich, die
nicht allein durch Lizenzgebühren und eventuelle staatliche Subventionen
aufgebracht werden können.
Der Blaue Engel kennzeichnet keine touristischen Angebote, ist allerdings
das führende Umweltzeichen unter den Industrieprodukten. Es wurde in die
Fragestellung mit aufgenommen, um einen ersten Eindruck über das
Umweltwissen im Allgemeinen zu gewinnen.
Frage 2: Machen Sie Ihre Kunden auf derartige
Auszeichnungen aufmerksam?
ja32%
nein68%
Nachdem der Bekanntheitsgrad der Auszeichnungen erfragt wurde, war es
wichtig zu wissen, ob die Expedienten auch auf diese hinweisen. Der
182 Vgl. o. V. (2008), DERTOUR Griechenland/Zypern Katalog, S. 29ff.
84
überwiegende Teil der befragten Reisebüromitarbeiter tut dies nicht. Der
Hauptgrund ist wahrscheinlich, dass die Umweltzeichen unter den
Verbrauchern weitestgehend unbekannt sind und somit nicht als
Verkaufsargument taugen. Weiterhin haben Expedienten, selbst wenn sie die
Umweltzeichen kennen, nicht zwangsläufig Kenntnisse darüber, welche
Destinationen oder Betriebe ausgezeichnet sind. Da die meisten
Umweltzeichen, wie bereits erwähnt, nicht in den Veranstalterkatalogen
aufgeführt sind, müssten sich Expedienten selbständig darüber informieren.
Frage 3:Wie schätzen Sie die Chancen von umwelt- und sozialverträglicheren "sanften" Reisen ein? Als Trend, Nische oder Flop? Bitte begründen Sie
Ihre Antwort.
Trend32%
Nische39%
Flop13%
keine Angaben16%
32% der befragten Expedienten schätzen die Chancen von umwelt- und
sozialverträglicheren Reisen optimistisch ein und sehen diese als Trend.
Folgende Begründungen wurden genannt:
- Das Umweltbewusstsein und das soziale Gewissen der Menschen /
Kunden steigen.
- Der Trend geht vom Massentourismus und den damit verbundenen
Hotelbunkern weg in Richtung Ökotourismus / verantwortungsvoller
Tourismus.
- Das Umweltbewusstsein der Reiseveranstalter steigt.
85
- Back to Nature: Menschen / Kunden sehnen sich nach unberührter
Natur.
- Der Klimawandel ist in aller Munde. Die Menschen haben Angst vor
den Auswirkungen in Zukunft und werden sich folglich auch auf
Reisen mit dem Umweltschutz auseinandersetzen.
Etwas vorsichtiger sehen 39% der Befragten die Zukunftsaussichten für den
Sanften Tourismus. Sie begründeten ihre Entscheidung für die Nische mit
folgenden Argumenten:
- Die Kunden fragen noch zu wenig danach. Es ist keine
Nachfragesteigerung erkennbar.
- Zu wenige Menschen verhalten sich verantwortungsbewusst
gegenüber der Umwelt.
- Mit verstärkten Klimaproblemen wird auch die Nachfrage nach
Sanftem Tourismus steigen.
- Wenn man den Kunden richtig erklärt, kann es eine Chance für unsere
Welt sein.
- Umwelt- und sozialverträglichere Angebote sind preisintensiver und
haben deshalb �nur� Potenzial zur Nische. Den Kunden ist der Preis
am wichtigsten.
- Wenn der Kunde über die finanziellen Mittel verfügt und der Preis
keine vordergründige Rolle spielt, sind andere Faktoren, wie Luxus
und Komfort, dennoch wichtiger als die Umwelt- und
Sozialverträglichkeit.
- Viele Reiseziele leben vom Massentourismus und richten sich nach
den Bedürfnissen der Touristen. Es wird nur wenig in den
Umweltschutz investiert.
- Umwelt- und sozialverträgliche Angebote sind zu unbekannt.
- Flugreisen sind für Kunden enorm wichtig.
Nur 13% sehen keine Chance für umwelt- und sozialverträglichere Reisen
und betrachten den Sanften Tourismus aus folgenden Gründen als Flop:
- Es besteht keine Nachfrage, daher ist Sanfter Tourismus im
Reisebüro kein Thema.
- Massenziele sind notwendig. Es liegt am jeweiligen Urlaubsland
entsprechende, umweltverträgliche Zonen einzurichten.
86
- Kunden werden Ihre Reisegewohnheiten nicht ändern.
- Die meisten Kunden haben daran kein Interesse. Nur der Preis ist
ausschlaggebend.
16% machten keine Angaben zu dieser Frage.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass 71% der Befragten den Sanften
Tourismus zumindest als Alternative am Reisemarkt wahrnehmen, auch
wenn sich der überwiegende Teil der Expedienten eher skeptisch äußerte. In
den Begründungen finden sich allerdings auch unbewiesene Vorurteile
wieder. Die gängige Behauptung, dass Ökotourismus weniger
umweltschädlich sei als Strandurlaub in den Bettenburgen am Meer muss
nicht zwangsläufig richtig sein. Ökotouristen suchen die unberührte Natur
und bewegen sich in hochsensiblen Ökosystemen. Auch sie können große
Schäden anrichten und stören schon durch ihre pure Anwesenheit Tiere und
Pflanzen. Ökotourismus wird besonders von Zielgebieten in Mittelamerika,
wie beispielsweise Costa Rica, angeboten. Die Klientel sind in erster Linie
Touristen aus Nordamerika und Europa. Bei der Einschätzung der
Umweltverträglichkeit darf die weite Anreise, zumeist mit dem Flugzeug,
nicht unbeachtet bleiben.
Weiterhin werden Flugreisen grundsätzlich als umweltschädlicher
angesehen, als Anreisen mit anderen Verkehrsmitteln. Stellt man sich
allerdings vor, dass alle Flugpassagiere plötzlich mit dem eigenen PKW
anreisen würden, wären die Umweltschäden, durch Lärm und Autoabgase,
kaum geringer.
Nur einer der befragten Expedienten gab an, dass sich die Chancen eines
Sanften Tourismus erhöhen würden, wenn man den Kunden ausdrücklich die
negativen tourismusinduzierten Auswirkungen erklärt und sie auf alternative
Angebote aufmerksam macht. Ansonsten wurde die Verantwortung an die
Kunden (�zu geringe Nachfrage�) und an die Reiseveranstalter (�kein
ausreichendes Angebot�) weitergereicht.
87
Frage 4:Geben Sie an wie oft Ihre Kunden selbständig nach
umwelt- und sozialverträglichen Reisen fragen?
häufig0%
gelegentlich5%
manchmal11%
selten41%
nie43%
Die vierte Frage bestätigt die skeptischen Zukunftsaussichten für den
Sanften Tourismus, die aus der Frage 3 hervorgingen. Insgesamt 84% der
Kunden fragen selten oder nie nach umwelt- und sozialverträglichen
Angeboten. 16% fragen gelegentlich bzw. manchmal danach. Eine häufige
Nachfrage seitens der Kunden konnte keines der befragten Reisebüros
angeben.
Frage 5: Weisen Sie Ihre Kunden auf Umweltsünden oder Menschen-
rechtsverletzungen in touristischen Zielgebieten hin?
ja54%
nein46%
Beide Extreme befinden sich in etwa im Gleichgewicht, wobei die knappe
Mehrheit der Befragten die Kunden doch auf Missstände im Zielgebiet
88
hinweist. Ein Grund für die 46% der Expedienten, die nicht darauf
aufmerksam machen, ist die Tatsache, dass Ungerechtigkeiten ein
Verkaufshindernis darstellen. Beobachtet man die Situation am deutschen
Reisebüromarkt, so wird deutlich, dass in den letzten Jahren zahlreiche
Reisebüros schließen mussten und viele am Existenzminimum arbeiten.
Expedienten können es sich schlicht und einfach nicht leisten Kunden zu
Gunsten des Umweltschutzes zu verlieren. Reisewarnungen, die sich auf
Sicherheit der Touristen beziehen, wie beispielsweise Informationen über
Naturkatastrophen oder Aufstände, werden weitergeleitet. Hinweise
bezüglich umweltschädlicher und respektloser Aktivitäten im Zielgebiet
werden in vielen Fällen gar nicht oder nicht in vollem Umfang vermittelt.
Frage 6: Wie umwelt- und sozialverträglich schätzen Sie die
Produktpalette der folgenden Reiseveranstalter ein? Ordnen Sie in einer Reihenfolge von 1-8. Beginnen Sie mit dem umweltfreundlichsten Angebot.
1. Studiosus
2. TUI
3. Thomas Cook
4. REWE Bausteintouristik (u. a. Dertour)
5. Neckermann
6. REWE Pauschaltouristik (u. a. ITS, Tjaereborg)
7. FTI
8. Alltours
TUI und Studiosus werden mit großem Abstand als umwelt- und
sozialverträglichste Reiseveranstalter empfunden. Mit einigem Abstand
folgen Thomas Cook und REWE Baustein Touristik, Neckermann und REWE
Pauschaltouristik halten sich in etwa die Waage. Weit abgeschlagen als
verantwortungsloseste Reiseveranstalter schätzten die Befragten FTI und
Alltours ein. Natürlich ist es nicht ohne weiteres möglich das Bewusstsein für
ökologische und soziale Aspekte in einer solchen Reihenfolge darzustellen.
Ziel der Frage war es lediglich die Wahrnehmung der Expedienten
herauszustellen.
89
Frage 7a:Welche der folgenden Reiseveranstalter / Verbände /
Organisationen sind Ihnen bekannt?
2,6 7,9 13,2 2,6 2,6 13,2 023,7 26,3
020406080
100
Via
bono
ReN
atou
r
Foru
man
ders
reis
en
VIS
IT
Sta
ttRei
sen
Nat
ours
Nat
urfre
unde
Inte
rnat
iona
l
Trav
el-to
-na
ture
Dem
eter
Rei
sen
alternative Veranstalter / Organisationen
in %
Sämtliche, hier aufgeführte, Reiseveranstalter, Verbände und Organisationen
erreichten unter den Befragten Expedienten nur einen geringen
Bekanntheitsgrad. Der VISIT Dachverband für europäische
Umweltgütezeichen und Viabono, als deutsche Umweltmarke waren lediglich
2,6% der Befragten ein Begriff. Die geringe Bekanntheit Viabonos gewinnt
vor dem Hintergrund, dass die Marke auf Bundesebene gefordert, initiiert und
subventioniert wurde, an Bedeutung im negativen Sinne. Naturfreunde
Internationale ist keine touristische Organisation, setzt sich allerdings u. a. für
die umweltgerechte Gestaltung von touristischen Aktivitäten in der Natur
sowie für die Vermittlung zwischen den Interessen der Bereisten und der
Reisenden ein. NFI gehört mit mehr als 500.000 Mitgliedern zu den weltweit
größten Nichtregierungsorganisationen und ist u. a. Mitglied im European
Environmental Bureau und bei den Green 10, den zehn größten
europäischen Umweltorganisationen.183 Umso erstaunlicher ist es, dass
keinem der Befragten die Organisation bekannt war. Auch die
Reiseveranstalter ReNatour, Natours, Travel-to-Nature und Demeter Reisen
waren nur weniger als einem Drittel der befragten Expedienten bekannt,
wobei die beiden Letzteren noch vergleichsweise gute Werte erreichten. Das
Forum Neue Städtetouren ist ein Zusammenschluss von Veranstaltern von
Stadterkundungen, die meist unter dem patentrechtlich geschützten Begriff
StattReisen agieren. Der Verband ist in zahlreichen deutschen Städten mit
183 Vgl. o. V., http://www.nfi.at/index.php?option=com_content&task=view&id=2&Itemid=8, 04.01.08.
90
seinen Mitgliedsorganisationen vertreten, die vor Ort Städteerkundungen
anbieten. Ziel dieser Organisation ist es einen auf die Stadt bezogenen
umwelt- und sozialverträglichen Tourismus zu fördern.184 Obwohl StattReisen
große Veranstaltungen wie u. a. die Messe Reisepavillon in Hannover, die
bereits seit 1991 stattfindet und mittlerweile 300 Aussteller und 18.000
Besucher anzieht, organisiert, kannten nur 2,6% der Befragten den
Verband.185 Auch das Forum anders reisen, ein Zusammenschluss kleiner
und mittelständischer Unternehmen, erreichte lediglich einen
Bekanntheitsgrad von 13,2% unter den Befragten. Angesichts dieser
geringen Bekanntheit stellt sich die Frage, ob derartige alternative
Reiseveranstalter und Verbände die �Masse� der Touristen mit ihrem Angebot
erreichen können.
Als Hauptproblem ist die fehlende Einigkeit unter den Akteuren
hervorzuheben. Die marktbeherrschenden Reiseveranstalter, setzen
übergeordnete Interessen gemeinsam durch, und wirken als Gegner
übermächtig.
Frage 7b:Geben Sie außerdem an, ob Sie deren Reisen anbieten.
0 0 2,6 0 2,6 2,6 07,9 2,6
0102030405060708090
100
Viabon
o
ReNato
ur
Forum an
ders
reisen
VISIT
StattReis
en
Natours
Naturfr
eund
e Inter
nation
al
Travel-to
-natur
e
Demete
r Reis
en
alternative Veranstalter / Organisationen
in %
Infolge der geringen Bekanntheit der aufgeführten
Veranstalter/Organisationen, ist auch ihre Präsenz im Angebotssortiment der
184 Vgl. o. V., http://www.stattreisen.de/, 04.01.08. 185 Vgl. o. V., http://www.reisepavillon-online.de/, 04.01.08.
91
Reisebüros gering. Lediglich fünf unter ihnen sind überhaupt im Reisebüro
vertreten. Allerdings stellen VISIT und Viabono auch keine eigenen Reisen
zusammen, sondern präsentieren die Angebote ihrer Mitglieder. Ein
möglicher Grund für die mangelnde Bereitschaft die Veranstalter in das
eigene Sortiment aufzunehmen ist, dass diese Veranstalter ihre Produkte in
erster Linie direkt verkaufen und keine Provision an Reisemittler zu zahlen
bereit sind. Somit ist eine Aufnahme ihrer Produkte in das Angebot für
Reisebüros in betriebswirtschaftlicher Hinsicht unattraktiv und erfolgt, wenn
überhaupt, vorrangig aus moralischen Gründen.
Frage 8:Ist Ihr Reisebüro spezialisiert auf eine oder mehrere
Reisearten? Wenn ja, auf welche?
89,6
2,6
2,6
2,6
2,6
0 20 40 60 80 100
Vollreisebüro
Sprachreisen
Last Minute
Asien/Thailand
Afrika
Spez
ialis
ieru
ng
in %
89,6% und somit das Gros der befragten Reisebüros verkauft alle Arten von
Reisen. Um eventuelle Unterschiede in Bezug auf die Einstellung gegenüber
Sanftem Tourismus hervorzuheben, wurden auch Reisebüros befragt, die
sich auf ein bestimmtes Zielgebiet oder eine bestimmte Reiseart spezialisiert
haben. Alle spezialisierten Büros schätzen den Sanften Tourismus als Trend
oder Nische ein. Dies könnte in der kleineren Produktpalette begründet sein.
Reisebüros, die sich auf nur ein Zielgebiet oder nur eine Reiseart
spezialisiert haben, verfügen in Bezug auf regionale Besonderheiten und
alternative Angebote jenseits der marktbeherrschenden Reiseveranstalter
über tiefergehende Informationen.
92
Frage 9:Nennen Sie Ihre 3 am häufigsten verkauften Produkte.
39,5
76,3
10,521,1
89,5
5,3
23,7
10,5
0102030405060708090
100
Stud
ienr
eise
n
Städ
tere
isen
Kreu
zfah
rten
Clu
burla
ub
Stra
nd- /
Bad
e- /
Sonn
enur
laub
srei
sen
Spor
t- un
dAk
tivur
laub
srei
sen
Wel
lnes
s- u
ndG
esun
dhei
tsur
laub
srei
sen
Wei
tere
verkaufte Produkte
in %
Die mit Abstand umsatzstärksten Produkte sind Strand-/ Bade-/
Sonnenurlaubsreisen (89,5%), Städtereisen (76,3%) und Studienreisen
(39,4%). Die weiterhin aufgeführten Reisearten werden mehr oder weniger
gleich stark verkauft. Unter weitere Produkte wurden individuelle Flüge,
Baustein- und Rundreisen genannt.
Frage 10:Ist Ihr Reisebüro an einen Leitveranstalter
gebunden? Wenn ja, an welchen?
50
21,1
15,8
7,9
2,6
2,6
0 20 40 60 80 100
kein Leitveranstalter
Thomas Cook
Rewe-Touristik
TUI
FTI
Reiseland
Leitv
eran
stal
ter
in %
93
Die Hälfte der befragten Reisebüros arbeitet unabhängig von einem
Leitveranstalter, ansonsten wurden vorwiegend die konzerngebundenen
Reisebüros, wie Thomas Cook (21,1%), Rewe (15,8%) und TUI (7,9%),
befragt. Ziel dieser Frage war es u. a. herauszustellen ob
veranstaltergebundene Reisebüros zugunsten Ihres Leitveranstalters
antworten. Zudem können anhand dieser Frage mögliche Unterschiede
hinsichtlich des Umweltwissens und des Verantwortungsbewusstseins betont
werden.
Es fällt auf, dass sich unter all jenen Befragten, die Sanftes Reisen als Trend
einschätzen, kein einziges TUI Reisebüro befindet. Thomas Cook und
Neckermann Agenturen sehen die Chancen dieser Reisen vorrangig in der
Nische. Rewe-Büros beurteilen sie optimistisch als Trend oder Nische. Kein
Rewe-Büro schätzt Sanfte Reisen als Flop ein. Das Erstaunliche hierbei ist,
dass gerade die Expedienten der TUI, welcher von der Mehrheit der
Befragten Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich ökologischer und sozialer
Aspekte bescheinigt wurde, dem Sanften Tourismus eher skeptisch
gegenübersteht.
Bei Frage 6, welche sich auf die intuitive Einschätzung der Produktpalette
der Veranstalter in Bezug auf Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung
bezieht, bestand die Vermutung, dass leitveranstaltergebundene Reisebüros
zugunsten �ihres� Veranstalters antworten würden. Dies hat sich nicht
bestätigt. TUI und Studiosus wurden von allen Büros mit Bestnoten
versehen. Und auch die Einschätzung des jeweiligen Leitveranstalters
erfolgte realistisch. Rewe-Büros werteten ihre Bausteinreisen nach Studiosus
und der TUI auf Rang 3 und ihre Pauschalreisen auf Rang 5. Zwar
verbessern sich beide in dieser Auswertung um eine Position, aber die
Abstände zwischen Position 3 und 4 beziehungsweise 5 und 6 waren so
gering, dass dies nicht als Übervorteilung gewertet werden kann. Gleiches
gilt für Thomas Cook Agenturen, die ihre Veranstalter Thomas Cook und
Neckermann ebenso realistisch auf Position 3 beziehungsweise Position 4
sahen.
94
8.7 Zusammenfassung
Ziel der Umfrage war es herauszustellen, inwiefern Reisebüromitarbeiter
über Informationen in Bezug auf Tourismusauswirkungen und
umweltverträgliche und sozialverantwortliche Reiseangebote verfügen und
inwiefern sie bereit sind dieses Wissen an ihre Kunden zu vermitteln.
Positiv hervorzuheben ist die Tatsache, dass über zwei Drittel der Befragten
dem Sanften Tourismus zumindest in der Nische eine Chance einräumten.
Zudem kannten 97,4% der Expedienten zumindest eine der unter Frage 1
aufgeführten Umweltauszeichnungen.
Allerdings ist die Bereitschaft das vorhandene Wissen an die Kunden
weiterzugeben steigerungsfähig. Reisewarnungen werden selbstverständlich
vermittelt, aber Hinweise, wie man sich umweltschonend und
sozialverträglich im Urlaubsland verhält, werden zumeist nicht
ausgesprochen. Die Expedienten befürchten dadurch Kunden und den damit
verbundenen Umsatz zu verlieren. Der Wettbewerb unter den Reisemittlern
ist hart. Reisebüros konkurrieren nicht nur untereinander, sondern auch mit
dem Direktvertrieb von Airlines, Hotels sowie Reiseveranstaltern. Tendenziell
sinkende Provisionen wirken sich zusätzlich negativ auf ihre finanzielle
Situation aus.186 Vor diesem Hintergrund ist es durchaus verständlich, dass
Reisebüros keine Risiken zugunsten des Umweltschutzes eingehen.
Tatsache ist, dass Reisebüros meist nur dann auf Umwelt- und
Sozialverträglichkeit eingehen, wenn die Kunden selbständig danach fragen.
Alternative Anbieter sind teilweise bekannt, werden aber nur von einigen
wenigen Büros ins Angebot aufgenommen. Letztendlich gilt für Reisebüros
das gleiche, wie in allen anderen Tourismusbereichen: Sanfter Tourismus
kann derzeit nur in der Nische erfolgreich sein.
186 Vgl. o. V., http://www.eti.de/cgi-bin/cms?_SID=fake&_sprache=ar&_bereich=artikel&_aktion= detail&idartikel=100106, 05.01.08.
95
9. Fazit
Die Diskussion um einen Sanften Tourismus erreichte in den 1990er Jahren
ihren Höhepunkt. Die gesamte Tourismuswelt folgte den Spuren der
Vordenker. Der Sanfte entwickelte sich zum Nachhaltigen Tourismus. 1990
erschien der Artikel �Mit grünen Tupfen� von K. Wulf in der Frankfurter
Rundschau und brachte die Situation auf den Punkt: �Die Macher im
Reisegeschäft nennen die �grünen Spinner� von einst jetzt respektvoll
Mahner, und diese akzeptieren, dass halt Geld die Welt regiert. Nach mehr
als zehn Jahren Tourismuskritik soll nun gehandelt werden.�187 Mit
sarkastischem Unterton wies Wulf darauf hin, dass zu viele Kompromisse,
eingegangen werden und den Worten zu selten Taten folgen. Heute scheint
die Aufbruchstimmung der 1980er/1990er Jahre verflogen. Ein
Gewöhnungsprozess hat eingesetzt, man kennt ihn jetzt den Sanften
Tourismus. Neue Impulse sind notwendig um wieder Schwung in die
Bewegung zu bringen.
Die Verantwortung allein an die Reiseveranstalter weiterzureichen ist falsch.
Die Entwicklung eines sanfteren Tourismus kostet den Reiseveranstalter
zunächst einmal Geld. Umweltschutzbeauftragte mögen sich, aufgrund der
hohen Werbewirkung, langfristig als rentable Mitarbeiter erweisen, kurzfristig
fallen jedoch Kosten an, wie sie gerade für mittelständische Unternehmen
kaum tragbar sind.
Zudem laufen Pioniere des Öko-Marketings Gefahr, dass ihre potenziellen
Kunden von den Informationen über Umweltschäden und umweltschädliches
Verhalten von Touristen abgeschreckt werden und empfänglich für die �Heile-
Welt-Werbung� anderer Veranstalter sind. Konzepte eines Sanfteren
Tourismus sind notwendig, aber bieten noch keine ökonomische Sicherheit.
Ähnlich hoch ist das betriebswirtschaftliche Risiko für Reisemittler. Durch die
große Anzahl an Reisebüros in Deutschland stehen diese unter enormem
Wettbewerbsdruck. Auch wenn das Wissen hinsichtlich ökologischer und
soziokultureller Auswirkungen vorhanden ist, so wird es dem Kunden oftmals
187 Wulf, K. (1990), S.12.
96
nicht vermittelt. Verantwortungsbewusstsein ist in diesem Fall ein
Verkaufshindernis, dass sich nur die wenigsten leisten können.
Die Notwendigkeit den Tourismus sanfter zu gestalten ist nach wie vor
vorhanden und gewinnt, betrachtet man die gravierenden negativen
Auswirkungen und das stetige Tourismuswachstum, mehr und mehr an
Bedeutung. Momentan haben Anbieter von Sanften Reisen lediglich eine
Chance in der Nische. Positiv zu bewerten ist das Umweltbewusstsein auf
hohem Niveau, sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch unter den
Branchenvertretern. Ein Sanfter Tourismus in Reinform ist angesichts der
heutigen Reiseströme nicht realisierbar. Jede Massenbewegung widerspricht
grundsätzlich seinen Idealen. Ziel für die Zukunft muss es sein auf einen
Sanfteren Tourismus hinzuwirken. Jeder Tourismusteilnehmer trägt hierfür
einen Teil der Verantwortung:
- Die Reisebranche muss die Umweltqualität ihrer Produkte erhöhen
und entsprechend gekennzeichnete sanfte Reisen anbieten.
- Aufgabe der politischen Entscheidungsträger ist es den Spagat
zwischen dem gewünschten Wirtschaftswachstum und dem Erhalt
lokaler und globaler Umweltqualität zu schaffen.
- Reisende sollen sich ihrem Wissen und Gewissen entsprechend
verhalten und der Umwelt und Kultur im Zielgebiet
verantwortungsbewusst und respektvoll begegnen.
Tourismus hat, wenn er richtig betrieben wird, auch positive Auswirkungen
und kann beispielsweise als Instrument des Naturschutzes dienen oder zu
einer Verbesserung der Lebensbedingungen beitragen. Die Idee des Sanften
oder Nachhaltigen Tourismus muss attraktiv und bekannt gemacht und als
intelligentes, zukunftsfähiges Konzept dargestellt werden.
97
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http://www.aube-umweltakademie.de/LokaleAgenda
21_1.htm, Stand: 05.01.08
103
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und
ohne unerlaubte Hilfe angefertigt habe, andere als die angegebenen Quellen nicht
benutzt und die den benutzen Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen
als solche kenntlich gemacht habe.
Frankfurt am Main, 04.02.2008 _____________________
Nicole Vogel
104
Anhang A: Tab. 2 - Umweltauszeichnungen im Tourismus188 Titel Ver-
gabe Gültigkeits- bereich
Zielgruppen Initiatoren
ADAC-Eichhörnchen 1996 bundesweit spezielle Zielgruppen ADAC Blaue Schwalbe 1990 international
europaweitweltweit
Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser
Verträglich Reisen
Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb
1994 regional Hotels und Gaststätten Hotel- und Gaststättenverband Hessen
Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb
1993 regional Hotels und Gaststätten Dehoga Lippe
Der umweltfreundliche Hotel- und Gaststättenbetrieb
1994 regional Hotels und Gaststätten Hotel- und Gaststättenverband Schleswig-Holstein
Die beste Wahl für die Umwelt
1992 regional Hotels und Gaststätten Collegium Touristicum Carinthae
Distinction Award ? internationaleuropaweitweltweit
Hotels Green Globe
Grüne Hand 1991 Kommunal Hotels und Gaststätten, Privatvermietungen
Gemeinde Saalbach
Grüne Schlüssel 1994 bundesweit Hotels HORESTA Dänemark
IH&RA Environmental Award
1990 internationaleuropaweitweltweit
Hotels und Gaststätten IH&RA Int. Hotel und Restaurant Association
Öko-Grischun 1994 regional Hotels und Gaststätten, Agrarproduzenten
Verein Ökomarkt Graubünden
Österreichisches Umweltzeichen für Tourismusbetriebe
1997 bundesweit Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Jugendherbergen, Campingplätze, Erholungsheime und Bildungszentren
Gesellschaft für ökologische Projektent-wicklung
188 Vgl., u. a. Spittler, R. (1998), http://www.aube-umweltakademie.de/Umweltauszeichnungen_im_ Tourismus.htm, 15.01.08.
105
Q for you 1992 regional Städte, Orte, Ortsteile, Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze, Cafes, Bars, Skischulen
Verkehrs-verein Saas-Fee
Spanisches Ökozertifikat für Hotels
1997 regional Hotels, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser
Vereinigung Biosphären-Hotels
TUI International Environment Award
1991 internationaleuropaweitweltweit
Hotels, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser
TUI
TUI-Umwelt-Champion
1997 internationaleuropaweitweltweit
Hotels, Verwaltungen TUI
TUI-Umweltschonende Hotelführung
1997 internationaleuropaweitweltweit
Hotels, Jugendherbergen TUI
Umweltbewusster Hotel- und Gaststättenbetrieb
1991 regional Hotels und Gaststätten Bayrische Staatsre-gierung
Umweltfreundliches Gastgewerbe
1995 regional Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof
Fremden-verkehrs-verband Mecklen-burg-Vor-pommern
Umweltorientierte Betriebe in Niedersachsen
1997 regional Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof
Dehoga Nieder-sachsen
Umweltpalette �Der Umwelt zuliebe�
1992 Kommunal Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser
Inselge-meinde Juist
Umweltsiegel Kleinwalsertal �Silberdistel�
1988 Kommunal Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser
Gemeinde Mittelberg
106
Umweltsiegel Lurgau 1992 regional Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze
Ökoaus-schuss Lurgau
Umweltsiegel Tirol-Südtirol
1994 Kommunal Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze
Tirol und Südtirol Werbung
Umweltzeichen Abfallvermeidung
1990 Kommunal Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof, Verwaltungen, Jugendherbergen, Campingplätze
Stadt Borkum
Wir führen einen umweltorientierten Betrieb
1993 Bundesweit Hotels und Gaststätten Dehoga
Wir führen einen umweltorientierten Betrieb
1993 Regional Hotels und Gaststätten, Privatvermieter, Apartments, Ferienwohnungen bzw. �häuser, Ferien auf dem Bauernhof
Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg
Blaue Europa Flagge 1987 International europaweit, weltweit
Städte, Orte, Ortsteile F.E.E.
Bundeswettbewerb umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte
1996 bundesweit Städte, Orte, Ortsteile DFV
Bundeshauptstadt für Umwelt- und Naturschutz
1990 bundesweit Städte, Orte, Ortsteile Deutsche Umwelthilfe
Dorfurlaub in Österreich
1991 bundesweit Städte, Orte, Ortsteile Verein Dorfurlaub in Österreich
Europäischer Preis für Tourismus und Umwelt
1995 International europaweit, weltweit
Städte, Orte, Ortsteile EU-Kommission
Grüner Koffer in Pla-nung
bundesweit Städte, Orte, Ortsteile Ö.T.E.
107
Internationale Umweltauszeichnung des DRV
1987 International europaweit, weltweit
Städte, Orte, Ortsteile, Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe
DRV
Schwedischer Umwelt- und Tourismuspreis
1995 bundesweit Städte, Orte, Ortsteile, Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe
Schwedenwerbung
TAT-Orte 1995 regional Städte, Orte, Ortsteile, Tourismus- und Umweltinitiativen
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
ADAC-Eichhörnchen Autobahn-Raststätte
1993 bundesweit Autobahn-Raststätten ADAC
British Airways Tourism for Tomorrow Awards
1992 International europaweit, weltweit
Tourismus- und Umweltinitiaven
British Airways
Empfehlenswerte Reiseveranstalter
1998 bundesweit Reiseveranstalter BUND
Europa Nostra Awards
1997 International europaweit, weltweit
Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe
Europa Nostra Awards
Landschaft des Jahres
1989 International europaweit weltweit
grenzüberschreitende Landschaften
Naturfreunde International
National Ecotourism Accreditation Program
1991 Bundesweit Einzelpersonen, Gruppen, Organisationen, Betriebe
Ecotourism Association
Top-Team-Natur 1999 bundesweit Jugendreisen AG Jugendreisen mit Einsicht
Umweltpreis des Deutschen Golfverbandes
1991 bundesweit Golfanlagen Deutscher Golfverband