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7/29/2019 SATIRE. Die Papst Aktie
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Tanzen und lieben
Ostertango. Sie haben sich ber das Tanzen kennen- undbald darauf lieben gelernt. Dieses Wochenende veranstaltenCcile Sidler und Romeo Orsini bereits zum 14. Mal dasBasler Ostertango-Festival. Seite 27| Donnerstag, 28. Mrz 2013 | Seite 25
Kultur.Woche.
Es gibt kaum neueWitze zur PolitikDie Ukraine stagniert, die Politiker sind korrupt:
Dem Autor Andrej Kurkow ist das Lachen vergangenVon Muriel Gnehm
Sein Hndedruck ist warm, sein Lachenherzlich. Und Andrej Kurkow lacht viel.Zwischen den Fragen, zwischen denStzen, manchmal sogar zwischen denWorten. Der 51-Jhrige, der siebenSprachen fliessend spricht, unterhltsich mit uns auf Deutsch. Er trinkt Kaf-fee im Nebenraum des LiteraturhausesBasel, isst Schokolade und erzhlt.
BaZ: Andrej Kurkow, Sie werfen in IhrenBchern gerne einen ironischen Blickauf die Ukraine und die postsowjetischeGesellschaft. War frher alles besser?
Andrej Kurkow: Vor 15 Jahren wrees mir einfacher gefallen, diese Fragezu beantworten. Man darf keineErwartungen an die Zukunft derUkraine haben, weil die postsowjeti-sche Identitt immer noch sehr starkist. Es wird keine schnelle Entwick-lung in Richtung Demokratie oderZivilgesellschaft geben. Ich bin esleid, ber die ukrainische Situationzu lachen. Es gibt kaum neue Witzezur Politik.
Wird die Politik vom Volk akzeptiert?
Die Politiker ignorieren die Menschenund die Menschen die Politik. Es gibtzwei Welten in einem Land: eine klei-ne, sehr korrupte Welt, zu der Politi-ker, Beamte und Geschftsleute zh-len, und eine normale Welt. Dieoberste Schicht mit dem Prsidentenund seiner Familie das hat nichtsmit der Ukraine zu tun. Ausser, dasssie das Staatsbudget fr sich selbernutzt und denkt, dass sie regiert.
Kommt Ihre Ironie bei den Lesern an?
Die Mehrheit der Ukrainer guckt fern,sie liest nicht. Die Auflagen derBcher sind fr ein Land mit 46 Mil-lionen Einwohnern sehr tief. Norma-lerweise wird ein Buch bloss 3000 bis4000-mal verkauft. Mein RomanPicknick auf dem Eis erzielte eineAuflage von 200 000 Stck. JimiHendrix Tournee nach Lemberg, einBuch, das ich 2012 verentlichthabe, ging in Lemberg 12 000-malber den Ladentisch.
Sie schreiben also fr Ihre Leser imWesten?
Nein, ich schreibe fr mich selbst.Und fr meine Leser. Fr mich spieltes keine Rolle, wo diese zu Hausesind. ber Facebook bin ich mit vie-len in Kontakt. Es gibt Leute ausMexiko, die mir schreiben, aus Japan,aus Brasilien. Ich schreibe einfachfr Menschen. Fr Menschlichkeit.
Ihr jngstes deutsches Buch Der Grt-ner von Otschakow spielt auf zwei Zeit-ebenen: auf der sowjetischen und derpostsowjetischen. Beim Lesen hat mandas Gefhl, dass die Menschen zu
Sowjetzeiten glcklicher waren Sie hatten ein einfacheres Leben undkeine grossen Erwartungen. Sie hat-ten mehr Honungen und Trume alsdie Menschen heute. Und sie hattenweniger Geld, weniger Mglichkeiten,Karriere oder Reisen zu machen. Ichschrieb diesen Roman, um zum Nach-denken zu bewegen. Die Schler ler-nen, was im 17. und 18. Jahrhundertgeschah, und landen dann pltzlichbei der unabhngigen Ukraine, ohne
zu erfahren, wie das Leben zu Sowjet-zeiten war. So knnen sie die heutigenProbleme nicht verstehen. Pltzlichtauchten die Leute aus der Vergangen-heit in der heutigen Politik auf
Also Ehemalige der sowjetischen Elite ...
Ja. Man muss auf eine neue Genera-tion von Politikern warten. Siekommt, aber sie ist nicht sehr gut aus-gebildet. Sie denkt, dass es nicht sowichtig ist, ber die VergangenheitBescheid zu wissen.
Das stellen Sie auch im Roman dar. Die
sich auf seinen Zeitreisen im Jahr 1957auffhren soll.
Wenn Sie hundert ukrainische Stu-denten nehmen und sie fragen, was1957 passiert ist, werden Sie keineeinzige Antwort erhalten. Dabei wardas ein wichtiges Jahr. Es steht freine gewisse nung der Sowjetuni-on. Die Leute dachten damals, dasssich nun alles schnell entwickelnwird. Leider ist das nicht geschehen.
Die jungen Erwachsenen kommen inIhrem Buch generell nicht gut weg.
Jener in der sowjetischen Zeit verkauftgeklauten Wein, Igor, der in der Gegen-wart lebt, ergeht sich in sssemNichtstun.
Das heisst, dass sich die Mentalitt inder Zwischenzeit nicht stark vern-dert hat. Der Weindieb ist aber akti-ver als Igor. Er muss berleben, Igorberlebt ohne Arbeit.
Gibt es in der Ukraine viele Jugendliche,die auf der faulen Haut liegen und vom
Familienbesitz leben wie Igor?
Nach der Auflsung der Sowjetunionim Jahre 1991 waren es viele. Heute
gibt es in den Stdten nicht mehr soviele, auf dem Land sind sie immernoch zahlreich.
Ist die Jugend so hoffnungslos?
Eine Umfrage unter Studenten hatkrzlich ergeben, dass 60 Prozent anEmigration denken. Sie glauben nichtdaran, in der Ukraine etwas erreichenzu knnen.
Vorschau bis 4. 4. 2013
Erste Werke imSamisdat verffentlicht
Andrej Kurkowwurde 1961 inSt.Petersburggeboren. Seit seinerKindheit lebt er inder ukrainischenHauptstadt Kiewheute mit seinerFrau und seinen
drei Kindern. Kurkow besuchte dasFremdspracheninstitut und wollteDiplomat werden, wofr ihm die Bezie-hungen fehlten. Seine ersten Werkeverentlichte er im Samisdat (Selbst-verlag), sein erstes ozielles Buch kamkurz vor dem Zusammenbruch derSowjetunion heraus. Kurkows berhm-tester Roman Picknick auf dem Eiswurde in 65 Sprachen bersetzt. Seinjngstes auf Deutsch publiziertes Werkist Der Grtner von Otschakow. NachBasel reiste der Schriftsteller auf Ein-ladung des Osteuropa-Forums. mgn
Brand mit starkem Wiedererkennungseffekt. Wie wrde sich der neue Papst in einer Vatikan bewhren?Foto Keystone
Eine Satire
Die Papst-AktieVon Claude Cueni
Nach dem Urbi et orbi ernete derneue Papst einen Twitter-Account undteilte der verblten Community mit,dass er das serbelnde Christentum denGlubigen zurckgeben wolle. Vor-schlge seien erwnscht. Ich empfahlihm gleich einen Brsengang, eine Vati-kan AG, und jeder Katholik knnte dannAktien zeichnen und Teilhaber werden.Ich mailte, ich htte Erfahrung mit dem
Texten von IPO-Prospekten (InitialPublic Oering) und es sei wirklich rat-sam, einen Profi zu engagieren, dennProspektbetrug sei ein schweres Deliktund ende mittlerweile hinter Gittern,und das sei nun etwas, das sich der Vati-kan nach all den Finanz-, Schwarzgeld-,Korruptions- und Sexskandalen nunwirklich nicht leisten knne.Der Heilige Geist begann zu leuchtenund der Papst verstand, dass er michverpflichten musste. Zuerst musstenwir ber die Produktpalette der neuenVatikan AG diskutieren, ber den USP,den Unique Selling Point. Inhalt waralso die Vermarktung der Figur Christus.War die Marke schon eingetragen?War die Story urheberrechtlichgeschtzt?Hier gabs schon die ersten Probleme,denn der neue Papst klrte mich dar-ber auf, dass alles nur geklaut sei, dassdas Christentum auf den archaischenLichtreligionen der Bronzezeit basiere,auf der Verherrlichung der gttlichenSonne, die spter in den Kult um denSonnengott Mithras einfloss, den Lieb-lingsgott der rmischen Legionre. Nungut, sagte ich, irgendwie ist ja alles nurgeklaut. Wer hat die Maus erfunden?Apple? Nein, Xerox. Wer hat den Eiel-turm erfunden? Gustave Eiel? Nein,Maurice Koechlin.Welche immateriellen Werte wird dieVatikan AG haben? Der Papst meinte,die ganze Story sei doch etwas wert,die knne man in der Bilanz aktivieren.Die sei werthaltig, selbst Papst Leo X.habe gesagt, dass alle Welt wisse, wie
viel uns diese Fabel von Christus einge-bracht hat. Also hatte die Vatikan AGdie Urheberrechte an dieser Fabel?Nein, das Urheberrecht erlischt (dort,wo es existiert) rund 70 Jahre nachdem Tod des Autors. Wer hat die Bibelgeschrieben? Die Gebrder Grimm?Der Papst war ratlos.Ich versuchte, das Thema zu bersprin-gen und lsbare Probleme zu errtern.Wie sollte die neue Vatikan AG auftre-ten? Vielleicht knnte McDonalds ein
Vorbild sein mit seinem weltweitenFranchise-System. Einheitliche Einrich-tungen, einheitliche Kostmierung derAngestellten, ein Brand mit starkemWiedererkennungseekt. Der Papst gabmir recht, aber er befrchtete, dass dieKirche gar keinen Brand mehr habe.Warum? Weil ihr mit dem Zeitgeistgeht! Wer dem Zeitgeist hinterher-hechelt, wird vom Zeitgeist pulverisiert.
Ihr msst wieder Kult werden. Ein Kultbesteht darin, dass er sich nie wandelt.Wie damals der Ku-Klux-Klan. Die lie-fen konsequent in weissen Nachthem-den rum. Oder Coca-Cola. Die Erken-nungsfarbe ist und bleibt rot und derFont ist in Glas gemeisselt. Also zurckzu den Wurzeln, zu den unterirdischenHhlen des Mithras-Kultes, Fackelnan den Felswnden, gregorianischeGesnge und alles in lateinischerSprache. Versteht ja eh keiner. Dafrknnte man sogar Eintritt verlangen.H. R. Giger knnte eine neue Gtter-statue entwerfen, wie die kolossaleZeus-Statue des Phidias. Aber einbisschen mehr naturnah positionieren,damit man all die neuen Patchwork-Religionen absorbieren kann. An denSonnenkult anknpfen kme gut an,zurck zur Natur und so.
Beim Inkasso wre es hingegen sinn-voll, dem Zeitgeist zu folgen. Mit NFC(Near Field Communication) ausgers-tete Smartphones knnten das rituelleInkasso vereinfachen. Die kmen dannbeim Eintritt in die Hlle zur Anwen-dung und selbstverstndlich, hnlichwie bei McDonalds, auch bei der Ver-pflegung mit der McHostie. Den Preisknnte man ruhig hoch ansetzen, dennschliesslich ist eine gesegnete Hostiedie Reinkarnation Jesu. Das Fleisch
Christi. Eigentlich ein Fall von Kanniba-lismus. Man knnte auch den Bereichaktive Sterbehilfe verstrken, wie dasder Vatikan bereits heute mit demKondomverbot in der Dritten Welterfolgreich praktiziert.An den bisherigen Finanzanlagenmsste man eigentlich nichts ndern,da ist in den Aktiendepots des Vatikansschon alles enthalten, was man so zumLeben und Sterben braucht. Wrdeman nach und nach die Schtze desVatikans in der Bilanz im Wert berich-tigen, htte die Kirche der Armen einKapital von ber einer Billion zusam-men. Dagegen wren Apple, Googleund Microsoft arme Kirchenmuse.Auch das Merchandising htte enormesPotenzial. Empfehlenswert wre eineKooperation mit Nestl, dem Welt-marktfhrer fr Mineralwasser.Gesegnetes Perrier-Wasser. Da kannman sich den mhsamen Gang nachLourdes sparen. Oder besondere Weinewie einen gesegneten Chteau PapeClment.Zum Schluss die Mutter aller Details:Wie regelt man den Rcktritt des Papstesim Falle von Burn-out, pdophilenVerfehlungen, Teilnahme an Bunga-Bunga-Partys und Korruption? Ichdenke jetzt nicht gerade an eine vasel-lanische 72-Millionen-Entschdigung,um einen bertritt zum Islam zu ver-hindern, aber Gottes Lohn wre ein-deutig nicht mehr zeitgemss.
Claude Cueni ist Schriftsteller und Dreh-buchautor. Soeben erschien sein neuerhistorischer Roman Der Henker von Paris.
Fortsetzung auf Seite 26
Wer hat die Bibelgeschrieben?Die Gebrder Grimm?Der Papst war ratlos.
GrosseOrchester.GrosseS
olisten.
GrosseSchweizerTalente.
KleinePreise.
MIGROS
KULTURPROZENT
CLASSICS
Mittwoch, 10. April 2013 Stadtcasino Basel, 19.30 Uhr
ORCHESTRA DELLACCADEMIA NAZIONALE DI SANTA CECILIA
Antonio Pappano (Leitung), Thomas Grossenbacher (Violoncello)Marie-Nicole Lemieux (Alt) Schweizer Solist
Werke von Chausson, Tschaikowski, RespighiVorverkauf: Migros Claramarkt Basel, MParc Dreispitz Basel, Migros Schnthal Fllinsdorf, Migros ParadiesAllschwil, Stadtcasino Basel, bei Bider&Tanner, Ihr Kulturhaus mit Musik Wyler Basel, sowie an allenbekannten Ticketcorner Vorverkaufsstellen und unter www.ticketcorner.ch
www.migros-kulturprozent-classics.chSirAntonioP
appano
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