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IMU Institut GmbHBüro StuttgartHasenbergstraße 4970176 Stuttgart
Telefon (0711) 23 70 5-0Telefax (0711) 23 70 5-11E-Mail: [email protected]
IMU Institut GmbH
Schöne neue Arbeitswelt?
Digitalisierung – Chance oder Risiko?
Engineering-Forum der IG Metall Ulm
4.12.2017, Ulm
Bettina Seibold
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Themen
1. Digitalisierung
2. Lean Office
3. Folgen für Beschäftigte
4. Handlungsfelder für Betriebsräte
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Rationalisierung
Wertstrom-orientierung
EDV-/IT-Systeme
Die Haupttreiber der aktuellen „Büro-Entwicklungen“
Es gibt drei wesentliche Treiber der aktuellen betrieblichen Entwicklungen, die sich gegenseitig ermöglichen und überlagern:
� Verschiedene Rationalisierungsaktivitäten überlagern sich (und erschweren Betriebsräten damit die Einordnung).
� Wertstromorientierung setzt sich in den Bürobereichen durch (von funktions- zu prozessorientierter Organisation).
� EDV- und internetgestützte Systemeund die IT-Branche leiten eine neueDynamik ein, die die Gefahr für eineweitere extreme Rationalisierung
mit sich bringt (Digitalisierung).
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Digitalisierung
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Vision „Industrie 4.0“
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Digitalisierung
Digitalisierung
� verändert Märkte und Geschäftsmodelle
� verändert schleichend Unternehmensstrukturen und -organisation
� betrifft Produktion, Einkauf und Vertrieb, Forschung und Entwicklung
� integriert alle Geschäftsprozesse eines Unternehmens vertikal (vom Vertrieb über Produktion bis zur Finanzabteilung)
� verknüpft Unternehmen horizontal in Wertschöpfungsketten (Lieferanten, Kunden, Partner)
� erhöhte die Weltwirtschaftsleistung im Jahr 2011 um 193 Billionen US-Dollar (Sabbagh et al. 2013)
� führt zu Freisetzungs- und Kompensationseffekten
� in Form von digitaler Automatisierung gefährdet Arbeitsplätze
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„Arbeit 4.0? Das ist ein riesiges Feld. Arbeitswelt 4.0 ist immer noch an ganz vielen Stellen ein Blick in die Glaskugel.“ (Exp.)
„Es wird keine menschenleere Fabrik geben.“ (Exp.)
„Nach der Vertrauensarbeitszeit kommt jetzt der Vertrauensarbeitsort.“ (Exp.)
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Ergebnisse Fragebogen Industrie 4.0 der IG Metall Küste
Fragebogenaktion zu Industrie 4.0
Es antworteten: 140 Betriebe mit insgesamt 51.434 Beschäftigten
vom Kleinstbetrieb (8 Beschäftigte) bist zum Großbetrieb (12.500 Beschäftigte)
Befragung mit Blick auf betriebliche Veränderungen im Zeitraum seit 2010
• 66 % der Betriebe berichten über Veränderungen im Bereich der Produktions- und Verwaltungsabläufe (14 % im Ingenieursbereich).
• Größten Handlungsbedarf sehen die Befragten im Bereich Qualifizierung
(95 % der befragten Betriebsräte sehen hohen bis sehr hohen Bedarf) und
• Arbeitsorganisation (92 % der Befragten sehen hohen bis sehr hohen Bedarf).
• Für 58 % der befragten Betriebsräte (die drei Viertel der Beschäftigten repräsentieren) muss die Mitbestimmung im Bereich Arbeitsorganisation gestärkt werden.
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„Ich kenne aus dem Kundenkreis Firmen, in denen nicht Industrie 4.0, sondern Industrie 0.4 ist.“ (Exp.)
� Die Unternehmen bewegen sich in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeitenauf eine Wirtschaft 4.0 zu, aber viele habe sich bereits auf den Weg gemacht.
„Trotz Workflows und Automatisierung behält der fachliche Überblick seine große Bedeutung, weniger das jeweilige Detailwissen. Auch Wissen über die Funktionsweise von Systemen und Zusammenhängen, der Umgang mit Algorithmen wird wichtiger.“ (Exp.)
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Lean-Konzepte in den Bürobereichen von Unternehmen
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Lean-Konzepte wirken auf die Arbeitsorganisation und verschlechtern tendenziell die Arbeitsbedingungen auch wenn sie nur in Teilen umgesetzt sind und kein konsequentes Gesamtsystem besteht.
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Wertstromorientierung im Büro
Ziel: gleichmäßiger Fluss durch Wertstromdesign
durch Beseitigung interner Probleme:
• interne Schnittstellenprobleme
• umständliche interne Abläufe
• Schnittstellenprobleme mit Kunden/Lieferanten
• ungleichmäßige Auftragsverteilung
• Grenzen der Unternehmensplanungssoftware
• hohe Bestände an unfertigen Arbeiten
Chancen für Beschäftigte: stressfreieres Arbeiten, eigene Gestaltungsziele können in Verbesserungsprozess eingebracht werden.
Risiken für Beschäftigte: geringere Personalkapazitäten, Leistungsvorgaben und Personalbemessung gehen von vollkommen reibungslosen, störungsfreien, optimierten Prozessen aus, Arbeit im Takt, Fehler stören gesamten Prozess, Freiheitsgrade verschwinden. 4.
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Agile Entwicklung – Scrum
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Agiles Projektmanagement
Im Gegensatz zu Sachbearbeitungstätigkeiten, die sich weitgehend in Routinenuntergliedern lassen, braucht Produkt- und Softwareentwicklung Spielräume für Kommunikation und Kreativität.
Neue Ansätze im Entwicklungsbereich:
agiles Projektmanagement
� Interdisziplinäre Teams erstellen weitgehend selbst gesteuert einen Teil eines Produktes/Software im Takt in enger Abstimmung mit den Kunden.
� Kurzzyklische Entwicklungsintervalle (2-4-wöchige „Sprints“).
� Gesamtprozess, Prozesssteuerung und Arbeitsrollen werden standardisiert.
� Transparenz der Arbeit und Entwicklungsschritte/Fehler.
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In den administrativen Bereichen werden die einzelnen Arbeitstätigkeiten standardisiert.
In den Forschungs- und Entwicklungsbereichen werden der Gesamtprozess, die Prozesssteuerung und die Arbeitsrollen standardisiert.
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Auswirkungen auf die Beschäftigten
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Beschäftigungswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung?
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Qualitative Beschäfitungswirkungen
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Es werden massive Veränderungen vorhergesagt bei aktuell noch offenen Entwicklungspfaden:
� Prognosen mit Beschäftigungsabbau stehen Prognosen mit Aufbau gegenüber
� Veränderungen der Arbeitsorganisation (Szenarien der Automatisierung, Polarisierung oder des Upgradings)
� Verschiebungen zwischen Branchen (Tertiarisierung)
� Tätigkeiten verändern sich, fallen weg oder neue kommen hinzu
� Berufe verändern sich
� Arbeitsformen verändern sich
� Arbeitsorganisation wird zeitlich und räumlich flexibler
„Statt aktueller Kostensätze, die im System hinterlegt sind, werden dann Zusammenhänge und Funktionsweisen der Systeme geschult.“ (Exp.)
„Wir werden zukünftig nicht mehr den Elektriker brauchen. Wir brauchen den Mechatroniker mit Software-Kompetenz, mit Wissen der Gesamtzusammenhänge.“ (Exp.)
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Widersprüchliche Prognosen und Szenarien
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Pessimistische Sicht Optimistische Sicht
weitreichende Jobverluste Kompensation durch neue Arbeitsplätze, Beschäftigungssicherung durch Higtech-Strategie
Polarisierung von Qualifikationen durch Erosion mittlerer Tätigkeiten
Upgrading – Aufwertung von Arbeit und steigende Qualifikationen
erweiterte Leistungs- und Verhaltenskontrolle höhere Autonomie und Selbstorganisation
digitale Fließbandarbeit, entgrenzte und prekäre Arbeit (Bsp. Crowdwork)
verbesserte Work-Life-Balance und lebensphasenorientierte Arbeitsmodelle
Systeme lenken Menschen – Automatisierungsszenario
Menschen nutzen Systeme – Werkzeugszenario
forcierte Flexibilität alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung
Aushebelung Mitbestimmung (BetrVG) erweiterte Partizipation
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Betriebsbeispiele
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Service – nur ein neues Tool … (I)
Beispiel
„Tablets“ für Beschäftigte im Service/Rufbereitschaft/Vertrieb eines Konzernes
� Über das Tablet wird der komplette Kundenauftrag abgewickelt(Störungsansatz, Störungsberichte des Technikers, Stundenberichte, gefahrene Kilometer).
� Die KundIn unterschreibt digital auf dem Tablet und bestätigt damit die Arbeitsleistung direkt im System.
� Danach wird automatisch aus dem SAP heraus
• die Rechnung an den Kunden
• und die Gehaltsabrechnung für die Servicebeschäftigten generiert.
� Im alten System mit Notebooks müssen beispielsweise Stundenzettel usw. geschrieben werden, die dann in der Personalverwaltung übertragen und abgerechnet werden.
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Service – nur ein neues Tool … (II)
technische Grundlagen:
� flächendeckende SAP-Einführung
� SAP umfasst kompletten Serviceauftrag und Personalverwaltung
� digitale Verbindung der Bereiche Service/Vertrieb und Personalabteilung (Reisekostenabrechnung, Arbeitszeiten, Zuschläge) sowie Buchhaltung (Rechnungsstellung)
� mobile Endgeräte, die über mobiles Internet Zugang zum Unternehmensserver herstellen
Ziele des Arbeitgebers:
� Rationalisierung/Einsparungen
� Verbesserung der Abläufe und der Qualität
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Service – nur ein neues Tool … (III)
Belastungen
Servicebeschäftigte erleben eine Erleichterung, weil „Papierkram“ entfällt.
� Die technischen Möglichkeiten „blenden“ und täuschen darüber hinweg, dass in der Folge in der Sachbearbeitung Arbeitsplätze wegfallen werden.
� Beschäftigungsabbau in der Personalverwaltung
� Beschäftigungsabbau im Sekretariat
Bei Schwierigkeiten mit der EDV (kein Internetzugang, kein Zugang zum Unternehmensnetzwerk) steigt der Druck auf die Servicebeschäftigten, „Umgehungstrategien“ werden entwickelt, Ansprechpersonen in den Fachbereichen fehlen zur Klärung von Details/Problemen.
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Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte
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Strategien der Betriebsratsarbeit
Digitalisierung ist nicht per se schlecht, aber:
ohne eine gute Regulierung dient sie der Verdichtung von Arbeitsleistung.
Deshalb muss das strategische Ziel der Betriebsräte sein, die digitale Büroarbeit so zu gestalten, dass sie
• gesundheitliche Potenziale stärkt,
• neue Arbeitsformen sozial absichert,
• Stressrisiken vermindert und
• die entstehenden Produktivitätspotenziale auch für Beschäftigte nutzbarwerden.
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Betriebliche Interessenvertreter/innen können die fortschreitende Digitalisierung im Büro nicht aufhalten.
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Handlungsansätze
Dazu sind Vereinbarungen erforderlich,
� die den Stellenwert menschengerechter Arbeitsgestaltung im Konzept des Produktionssystems aufwerten (Beteiligung),
� die Verbesserung der Arbeitsbedingungen als eigenständiges Ziel enthalten (Kontrolle),
� sämtliche Methoden im Konzept des schlanken Büros auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz ausrichten,
� neue Arbeitsformen sozial absichern
� und Regelungen bieten, durch die der Betriebsrat die Einhaltung dieser Ziele überprüfen und einfordern kann.
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Kontakt
Bettina Seibold
IMU Institut GmbH
Büro Stuttgart
Hasenbergstr. 49
70176 Stuttgart
Tel.: 07 11 / 2 37 05 -31
E-Mail: [email protected]
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Literatur
• Brzeski, Carsten; Burk, Inga (2015): Die Roboter kommen. Folgen der Automatisierung für den deutschen Arbeitsmarkt, INGDiBaEconomic Research, 30. April 2015, Frankfurt am Main.
• Frey, Carl Benedikt; Osborne, Michael A. (2013): The Future of Employment: How susceptible are jobs to computerization? Quelle: http://www.oxfordmartin.ox.ac.uk/ downloads/academic/The_Future_of_ Employment.pdf (letzter Abruf: 22.05.2015).
• IG Metall (2015): Digitalisierung der Industriearbeit. Veränderungen der Arbeit und Handlungsfelder der IG Metall, Frankfurt am Main.
• Sabbagh, Karim; Friedrich, Roman; El-Darwiche, Bahjat; Singh, Milind; Koster, Alex (2013): Digitalization for EconomicGrowth and Job Creation: Regional andIndustry Perspectives. In: Bilbao-Osario, Benato; Dutta, Soumitra; Lanvin, Bruno (Hrsg.): The Global Information Technology Report 2013, Growth and Jobs in a Hyperconnected World, S. 35-42,Genf.
• ver.di (Hrsg.) (2015): Innovation durch GUTE ARBEIT. ver.di-Innovationsbarometer 2015, ausgewählte Ergebnisse, digitale Innovationen im Dienstleistungssektor –Bedeutung und Folgen, Berlin.
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