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Schulbuch online für Deutsch Schulbuch online für Deutsch Schulbuch online für Deutsch Schulbuch online für Deutsch Vorwort zu den Kurzfassungen der Literatur-Epochen nach Stichwort Literatur (© VERITAS Verlag, Linz) Liebe Kolleginnen und Kollegen, Zweck der vorliegenden Kurzfassungen – basierend auf Stichwort Literatur. Geschichte der deutschsprachigen Literatur – ist es, Ihnen einen schnellen und effizienten Überblick über alle Epochen der deutschsprachigen Literatur zur Verfügung zu stellen. Nicht zu vermeiden ist durch die (gewollte) Reduzierung auf ein „Skelett“ eine natürlich verkürzte Sichtweise, die eine intensive Auseinandersetzung und Beschäftigung mit der Literatur der einzelnen Epochen keinesfalls ersetzen kann. Aus diesem Grund liegt es selbstverständlich in Ihrer Verantwortung als Lehrerin / Lehrer, ob Sie die Kurzfassungen in dieser Form an Ihre Schülerinnen und Schüler weitergeben möchte. Diese Internetseite ist deshalb auch nur Lehrerinnen und Lehrern mit Passwort zugänglich. Eva und Gerald Rainer Norbert Kern Verzeichnis der Epochen - Mittelalter (750–1450) - Renaissance – Humanismus – Reformation (1470–1600) - Literatur des Barock (17. Jahrhundert) - Das Jahrhundert der Aufklärung (18. Jahrhundert) - Sturm und Drang (1770–1785) - Klassik (1786–1805) - Abseits der literarischen Strömungen: Heinrich von Kleist und Friedrich Hölderlin - Romantik (1795–1830) - Biedermeier und Vormärz – Literatur zwischen 1815 und 1848 - Bürgerlicher Realismus (1848–1885) - Naturalismus (1880–1900) - Gegenströmungen zum Naturalismus (1890–1920) - Expressionismus (1910–1920) - Bürgerliche Literatur vor dem Ersten Weltkrieg - Die Literatur der Weimarer Republik (1918–1933) - Österreichische Literatur zwischen 1918 und 1938 - Literatur im deutschen Faschismus 1933–1945 - Literatur des Exils - Literatur in der BRD nach 1945 - Literatur in der ehemaligen DDR - Die deutschsprachige Literatur der Schweiz - Österreichische Literatur nach 1945

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Vorwort zu den Kurzfassungen der Literatur-Epochen nach Stichwort Literatur(© VERITAS Verlag, Linz)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Zweck der vorliegenden Kurzfassungen – basierend auf Stichwort Literatur. Geschichte derdeutschsprachigen Literatur – ist es, Ihnen einen schnellen und effizienten Überblick über alleEpochen der deutschsprachigen Literatur zur Verfügung zu stellen.Nicht zu vermeiden ist durch die (gewollte) Reduzierung auf ein „Skelett“ eine natürlich verkürzteSichtweise, die eine intensive Auseinandersetzung und Beschäftigung mit der Literatur der einzelnenEpochen keinesfalls ersetzen kann.Aus diesem Grund liegt es selbstverständlich in Ihrer Verantwortung als Lehrerin / Lehrer, ob Sie dieKurzfassungen in dieser Form an Ihre Schülerinnen und Schüler weitergeben möchte. DieseInternetseite ist deshalb auch nur Lehrerinnen und Lehrern mit Passwort zugänglich.

Eva und Gerald RainerNorbert Kern

Verzeichnis der Epochen

- Mittelalter (750–1450)- Renaissance – Humanismus – Reformation (1470–1600)- Literatur des Barock (17. Jahrhundert)- Das Jahrhundert der Aufklärung (18. Jahrhundert)- Sturm und Drang (1770–1785)- Klassik (1786–1805)- Abseits der literarischen Strömungen: Heinrich von Kleist und Friedrich Hölderlin- Romantik (1795–1830)- Biedermeier und Vormärz – Literatur zwischen 1815 und 1848- Bürgerlicher Realismus (1848–1885)- Naturalismus (1880–1900)- Gegenströmungen zum Naturalismus (1890–1920)- Expressionismus (1910–1920)- Bürgerliche Literatur vor dem Ersten Weltkrieg- Die Literatur der Weimarer Republik (1918–1933)- Österreichische Literatur zwischen 1918 und 1938- Literatur im deutschen Faschismus 1933–1945- Literatur des Exils- Literatur in der BRD nach 1945- Literatur in der ehemaligen DDR- Die deutschsprachige Literatur der Schweiz- Österreichische Literatur nach 1945

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Mittelalter (750-1450)

Frühes Mittelalter (750–1170)Frühes Mittelalter (750–1170)Frühes Mittelalter (750–1170)Frühes Mittelalter (750–1170)

GrundzügeGrundzügeGrundzügeGrundzüge

Es gibt kaum deutschsprachige Literatur, der Großteil der Literatur ist in lateinischer Sprache verfasst.Davon ist wenig erhalten geblieben, vieles an volkssprachlicher Literatur wurde nur mündlichweitergegeben (oral oral oral oral poetrypoetrypoetrypoetry).Es gibt im frühen Mittelalter keine einheitliche deutsche Literatursprache, sondern regionale Dialekte(bairisch, fränkisch …).Eine Aufzeichnung volkssprachlicher Texte beginnt ca. ab Mitte des 8. Jahrhunderts, einekontinuierliche Literaturproduktion gibt es aber erst ab ca. Mitte des 11. Jahrhunderts.

Literaturbetrieb: Publikum, Themen, Autoren, AuftraggeberLiteraturbetrieb: Publikum, Themen, Autoren, AuftraggeberLiteraturbetrieb: Publikum, Themen, Autoren, AuftraggeberLiteraturbetrieb: Publikum, Themen, Autoren, Auftraggeber

Der Literaturbetrieb im Frühmittelalter ist wenig erforscht, da es kaum Quellen gibt. Zentren der Zentren der Zentren der Zentren derLiteratur Literatur Literatur Literatur sind die Klöster, sie verwalten den Handschriftenbestand. Mönche schreiben Texte ab,übersetzen und bearbeiten diese. Die Handschriften sind sehr teuer in der Produktion, deshalb gibt esauch nur sehr wenige.Nur die Geistlichen Geistlichen Geistlichen Geistlichen können lesen und schreiben, Laien in Ausnahmefällen. Geistliche sind auch dieAutoren frühmittelalterlicher Texte (theologische, historische und wissenschaftliche Werke), zumeist inLatein. Es gibt kaum kaum kaum kaum volkssprachliche literarische Textevolkssprachliche literarische Textevolkssprachliche literarische Textevolkssprachliche literarische Texte, sie wurden als nicht aufzeichnungswürdig(hohe Kosten) angesehen.

Zur LiteraturZur LiteraturZur LiteraturZur Literatur

Es wird fast ausschließlich Prosa Prosa Prosa Prosa verfasst. Die Entwicklung geht im Verlauf des Frühmittelalters vomLateinischen zum Volkssprachlichen und von geistlichen Schriften zu dichterischen Werken imengeren Sinne.Wichtige Literaturgattungen Wichtige Literaturgattungen Wichtige Literaturgattungen Wichtige Literaturgattungen sind Glossen, Glossare Glossen, Glossare Glossen, Glossare Glossen, Glossare und ÜbersetzungenÜbersetzungenÜbersetzungenÜbersetzungen von Gebeten, Predigten,Glaubensbekenntnissen u. Ä. in althochdeutsche Dialekte.

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Hochmittelalter (1170 bis Ende des 13. Jahrhunderts)Hochmittelalter (1170 bis Ende des 13. Jahrhunderts)Hochmittelalter (1170 bis Ende des 13. Jahrhunderts)Hochmittelalter (1170 bis Ende des 13. Jahrhunderts)

GrundzügeGrundzügeGrundzügeGrundzüge

Die französische Literaturfranzösische Literaturfranzösische Literaturfranzösische Literatur ist das Vorbild für die höfische DichtungVorbild für die höfische DichtungVorbild für die höfische DichtungVorbild für die höfische Dichtung (romans antiques und romanscourtois für die hochhöfischen deutschen Epen; die südfranzösische Lyrik hat Vorbildfunktion für dieMinnelyrik). Auch die französische Gesellschaftskultur (Umgangsformen, Kleidung …) dient dendeutschen Fürstenhöfen als Ideal.Literarische Zentren Literarische Zentren Literarische Zentren Literarische Zentren sind die adeligen Höfe, erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts verlagert sich dieliterarische Produktion immer mehr in die Städte.Die Wirklichkeit Wirklichkeit Wirklichkeit Wirklichkeit des Hochmittelalters ist – im Gegensatz zu der in der höfischen Dichtung be-schworenen heilen Welt der Höfe – grausam und geprägt von Kriegen, Gewalt, Unterdrückung undHungersnöten.Der Begriff „RitterRitterRitterRitter“ ist der Zentralbegriff Zentralbegriff Zentralbegriff Zentralbegriff der höfischen Literatur. Er hat, wenn er den höfischenIdealen entsprechen will, PflichtenPflichtenPflichtenPflichten zu erfüllen: „staete“ (Beständigkeit, Frauendienst), „mâze“(Mäßigung), „ere“ (ehrenhafte Haltung und Gesinnung, Ansehen, Ruhm), Schutz der Armen undSchwachen, „triuwe“ (Vertrags- und Lehenstreue, Liebe zu Gott).Der Begriff „ höfisch“ „ höfisch“ „ höfisch“ „ höfisch“ ist im 12. Jahrhundert entstanden, er bezeichnet die adelige Gesellschaftskulturund steht im übertragenen Sinne für Glanz, Schönheit, edle Gesinnung, ritterliche Tugend,Frömmigkeit … Das sind die zentralen Werte der Hofgesellschaft. Der adelige Hof ist natürlich der Ortdieser Dichtung.

Die mittelalterliche FeudalgesellschaftDie mittelalterliche FeudalgesellschaftDie mittelalterliche FeudalgesellschaftDie mittelalterliche Feudalgesellschaft

Sie ist streng hierarchisch gegliedert, es gibt keine rechtliche Gleichstellung. An der Spitze derfeudalen Pyramide feudalen Pyramide feudalen Pyramide feudalen Pyramide steht der König König König König als oberster Lehens- und Gerichtsherr, von ihm abhängig ist derweltliche weltliche weltliche weltliche (hohe und niedere) AdelAdelAdelAdel und der geistliche Adelgeistliche Adelgeistliche Adelgeistliche Adel. Der LehensnehmerLehensnehmerLehensnehmerLehensnehmer ist zu Treue undGefolgschaft verpflichtet, der Lehensherr muss ihn im Gegenzug beschützen. Der Lehensnehmer, derdie Grundherrschaft (Rechtssprechung) ausübt, kann selbst wieder Lehen vergeben.Die BauernBauernBauernBauern als große Masse der Bevölkerung sind grundhörig und persönlich unfrei. Die müssenDienste und Abgaben leisten.Die Ritter Ritter Ritter Ritter – Angehörige des niederen Adels – bilden das Rückgrat des Heeres. Sie finanzieren ihrenUnterhalt und ihre teure Kriegsausrüstung aus Lehen.

LiteraturbetriebLiteraturbetriebLiteraturbetriebLiteraturbetrieb

Literaturzentren Literaturzentren Literaturzentren Literaturzentren sind die großen Fürstenhöfe. Adelige sind die Gönner und Förderer der Literatur; dieDichter sind von ihnen anhängig. Die Adeligen als Mäzene Mäzene Mäzene Mäzene bezahlen Schreiber, Übersetzer, das teurePergament und den Lebensunterhalt der Schriftsteller.PublikumPublikumPublikumPublikum: Hofgesellschaft (Laienadel), vor allem adelige Frauen: Sie werden oft auch als Adressatender Werke genannt und können meist lesen und/oder schreiben. Die Texte höfischer Literatur wurdenzumeist im Kreis der Hofgesellschaft vorgetragen vorgetragen vorgetragen vorgetragen oder vorgevorgevorgevorgesungensungensungensungen; die Minnelieder wurdenvorgesungen.Wenig bekannt ist über den Stand bzw. die Biografien der Autoren Autoren Autoren Autoren, da im Mittelalter das Werk zählteund nicht der Dichter.

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Frühhöfischer Frühhöfischer Frühhöfischer Frühhöfischer Minnesang (~1150 bis ~1170)Minnesang (~1150 bis ~1170)Minnesang (~1150 bis ~1170)Minnesang (~1150 bis ~1170)

Die wichtigsten Vertreterwichtigsten Vertreterwichtigsten Vertreterwichtigsten Vertreter (Der von Kürenberg, die Burggrafen von Regensburg und Rietenburg,Meinloh von Sevelingen, Dietmar von Aist) leben im Raum zwischen Regensburg und Wien. Über ihreBiografie ist wenig bekannt.MerkmaleMerkmaleMerkmaleMerkmale: Die Lieder bestehen meist nur aus einer Strophe; in der Frühzeit des Minnesangs sprichtoft die Frau (Frauenstrophe oder Frauenlieder). Einfache Sprache, leicht verständliche Symbole, oft sogenannter Natureingang.MotiveMotiveMotiveMotive: Ichlyrik: Die geliebte Frau ist das Ziel der Dichtung. Es werden aber keine individuellenGefühle beschrieben, das Ich existiert nur als Rolle, als Leitbild der höfischen Gesellschaft. Dichtungals Spannungsfeld zwischen vröude und leit. Weitere Motive: Untreue des Mannes, Sehnsucht nachMinneglück und Aufpasser, die das verhindern.

Höfischer Minnesang (~1170 bis ~1250)Höfischer Minnesang (~1170 bis ~1250)Höfischer Minnesang (~1170 bis ~1250)Höfischer Minnesang (~1170 bis ~1250)

Auch als „Hoher Minnesang“ bezeichnet ist er stark von provenzalischen Troubadours und nord-französischen Trouvères beeinflusst.Wichtige VertreterWichtige VertreterWichtige VertreterWichtige Vertreter: Heinrich von Rugge, Heinrich von Veldeke, Friedrich von Hausen, Hartmann vonAue, Heinrich von Morungen, Reinmar von Hagenau, Walther von der Vogelweide.Minnelyrik ist FormkunstFormkunstFormkunstFormkunst: ca. 80% der Lieder sind in der Form der Kanzonenstrophe Kanzonenstrophe Kanzonenstrophe Kanzonenstrophe oder Stollen-Stollen-Stollen-Stollen-strophe strophe strophe strophe verfasst.Idealvorstellungen der LiebeIdealvorstellungen der LiebeIdealvorstellungen der LiebeIdealvorstellungen der Liebe: Die Liebe ist keine Privatsache zwischen zwei Menschen, sondernöffentlich, eine Form des vorbildlichen Verhaltens. Sie unterliegt bestimmten Normen (mâze, triuwe,zuht, êre …) und Regeln der höfischen Gesellschaft. Meist bleibt die Liebe unerfüllt, denn HoherMinnesang ist ein Preislied auf eine anwesende Dame (güete, tugend, êre, schoene), im Vordergrundsteht der fiktionale Frauendienstfiktionale Frauendienstfiktionale Frauendienstfiktionale Frauendienst. Der Ritter ordnet sich der (anonym bleibenden) Dame unter.Die Frau wird idealisiert, sie ist keusch und asexuell. Die handelnden Personenhandelnden Personenhandelnden Personenhandelnden Personen sind Idealtypen.Der Sänger (Ich-Sprecher) spielt eine Rolle, die aus Hoffnung auf Lohn (lôn), aus sinnraubender Liebeund dem Schmerz des vergeblichen Werbens besteht. Er reflektiert über die Liebe und die geliebteFrau, seine Wünsche sind aber unerfüllbar. Trotzdem harrt er aus, denn sein Weiterwerben bringthöfisches Ansehen. Er ist der Repräsentant der höfischen Gesellschaft, vermittelt ihre Normen.

Höfisches EposHöfisches EposHöfisches EposHöfisches Epos

Wichtige VertreterWichtige VertreterWichtige VertreterWichtige Vertreter: Heinrich von Veldeke (Eneide), Hartmann von Aue (Gregorius, Der armeHeinrich, Erec, Iwein), Wolfram von Eschenbach (Parzival, Willehalm), Gottfried von Straßburg(Tristan und Isolde).Französische Vorbilder (besonders Chrétiens von Troyes); Ziel der Literatur ist es, das Bild desidealen Ritters zu entwerfen.ArtusepikArtusepikArtusepikArtusepik: König Artus ist das Ideal des Ritters, er steht im Zentrum und an seinem runden Tisch sinddie (gleichrangigen) Ritter versammelt. Von der Tafelrunde gehen die Abenteuer aus und führenwieder dorthin zurück. DoppelwegstrukturDoppelwegstrukturDoppelwegstrukturDoppelwegstruktur: Der Held ist am Hofe glücklich, wird aber schuldig undmuss auf ÂventiurenÂventiurenÂventiurenÂventiurenfahrt. Wenn er sich in Kämpfen gegen andere Ritter und Fabelwesen sowieweiteren Abenteuern bewährt, wird er wieder in die Gesellschaft eingegliedert.Themen der Artusdichtung Themen der Artusdichtung Themen der Artusdichtung Themen der Artusdichtung sind richtiges und falsches Rittertum, soziales bzw. unsozialesVerhalten, falsche und ideale Minne und Ehe, die Suche nach Gott (Gralsthematik).

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Das NibelungenliedDas NibelungenliedDas NibelungenliedDas Nibelungenlied

Das Nibelungenlied ist wahrscheinlich an der mittleren Donau, vielleicht in Passau, entstanden (vgl.Sie dazu die geografischen Angaben im Nibelungenlied). Es wird gesungen, besteht aus 39Âventiuren und ist in zwei Abschnittezwei Abschnittezwei Abschnittezwei Abschnitte geteilt (Siegfried- und Nibelungenhandlung). DieNibelungenstrophe Nibelungenstrophe Nibelungenstrophe Nibelungenstrophe besteht aus vier Langzeilen, Anvers und Abvers sind durch eine Zäsur von-einander getrennt.Das Epos zeichnet ein negatives Gesellschaftsbildnegatives Gesellschaftsbildnegatives Gesellschaftsbildnegatives Gesellschaftsbild, denn Mord, Hass, Betrug, Rache und Hinterlistdominieren. Das steht im krassen Gegensatz zum idealisierten Bild, das die höfische Epik zeichnet.

Spätmittelalter (1250–1470)Spätmittelalter (1250–1470)Spätmittelalter (1250–1470)Spätmittelalter (1250–1470)

GrundlagenGrundlagenGrundlagenGrundlagen

Das Lehenswesen und der Ritterstand verlieren auf Grund des Niedergangs des Kaisertums bzw. dermilitärischen Entwicklung ihre Bedeutung. Agrarkrisen im 14. Jahrhundert ruinieren den niederen Adelund schwächen damit das feudale System noch mehr. Insgesamt ist das 14. Jahrhundert durchinstabile soziale und politische Verhältnisse gekennzeichnet. Seit Beginn des 13. Jahrhundertsentwickelt sich ein nichtadeliges Stadtbürgertum.

Das literarische UmfeldDas literarische UmfeldDas literarische UmfeldDas literarische Umfeld

Literatur wird im Spätmittelalter in Städten, an Fürstenhöfen und Universitäten produziert; dieLesefähigkeit nimmt zu. Die Erfindung des Buchdrucks ermöglicht eine – im Vergleich zu vorher –rasante Steigerung der Auflage von Texten, lateinische überwiegen allerdings.

Die LiteraturDie LiteraturDie LiteraturDie Literatur

Umfangreich ist die geistliche Literatur der Zeit wie z. B. Passionsspiel, Osterspiel undWeihnachtsspiel. Aufgeführt werden diese Spiele an den hohen kirchlichen Feiertagen am Marktplatz,wo eine Simultanbühne aufgebaut ist.Neben der dominanten moralisch-lehrhaften Dichtung gibt es die Maerendichtung, deren Themen vonder moralisierenden Beispielerzählung bis zur Zote reichen.Meistersinggesellschaften pflegen den Meistersang, im weiteren Sinne eine Weiterentwicklung desMinnesangs. Thematisch im Mittelpunkt stehen die Vermittlung von Bildungsgut und die ethisch-moralischen Grundlagen bzw. die Regeln des Meistersangs. Der bekannteste Meistersinger ist derNürnberger Hans Sachs.Aus der breiten Palette der spätmittelalterlichen Literatur ist die sehr weit verbreitete Fachliteraturhervorzuheben – Ausdruck dafür, wie wichtig dem spätmittelalterlichen Menschen der Erwerb vonWissen jeglicher Art ist.

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Renaissance – Humanismus – Reformation (1470-1600)

Technisch, politisch, wirtschaftlich, sozial und wissenschaftlich stellen Renaissance, Humanismus undReformation eine Zeit der VeränderungZeit der VeränderungZeit der VeränderungZeit der Veränderung dar.

Renaissance und Humanismus in DeutschlandRenaissance und Humanismus in DeutschlandRenaissance und Humanismus in DeutschlandRenaissance und Humanismus in Deutschland

In Deutschland findet eine Verschiebung der sozialen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse statt.Das RittertumRittertumRittertumRittertum verliert seine Lebensgrundlagen (Raubrittertum), das BürgertumBürgertumBürgertumBürgertum kämpft gegen Adelund Klerus um seine soziale Anerkennung, die BauernBauernBauernBauern kämpfen um soziale Gerechtigkeit(Bauernkriege).Im Gegensatz zu Italien stehen reformatorische reformatorische reformatorische reformatorische Bestrebungen in Deutschland im Mittelpunktim Mittelpunktim Mittelpunktim Mittelpunkt.Die religiöse Frage umfasst auch politische, soziale und wirtschaftliche Probleme.Die LiteraturLiteraturLiteraturLiteratur ist diesen Problemen untergeordnet: Häufige Gattungen sind FlugblätterFlugblätterFlugblätterFlugblätter undSendbriefeSendbriefeSendbriefeSendbriefe.

Studia humanitatisStudia humanitatisStudia humanitatisStudia humanitatis

Durch „Wanderhumanisten“ gelangt die humanistische Lehre (antike Sprachen, Rhetorik, Poesie undGeschichte) an deutsche Universitäten.Das bedeutet intensive Beschäftigung mit den römischen, griechischen und hebräischenOriginaltexten. Humanisten spüren sie auf und veröffentlichen sie. Ziel ist die Wissenschaft undBildung von der Vormundschaft der Kirche zu befreien.Bei den Humanisten kann man deutlich ein deutsches Nationalgefühl feststellen. Es entsteht ein neuerStand humanistisch gebildeter GelehrterStand humanistisch gebildeter GelehrterStand humanistisch gebildeter GelehrterStand humanistisch gebildeter Gelehrter; wichtige Vertreter sind Johannes ReuchlinJohannes ReuchlinJohannes ReuchlinJohannes Reuchlin (Grammatikdes Hebräischen), Erasmus von RotterdamErasmus von RotterdamErasmus von RotterdamErasmus von Rotterdam (Neues Testament in lateinischer Übersetzung mitKommentar), Martin Luther Martin Luther Martin Luther Martin Luther (Übersetzung der Bibel nach dem griechischen und hebräischen Urtext).

ReformationReformationReformationReformation

Unter dem Schutzmantel der religiösen Massenbewegung der Reformation kommt die sozialeUnzufriedenheit der Bauern Unzufriedenheit der Bauern Unzufriedenheit der Bauern Unzufriedenheit der Bauern zum Ausdruck. Die Reformation nimmt ihren Ausgang in der Empörungüber die Korruption in der Kirche. Die Bauern nehmen an, die Worte der Bibel vom Himmelreich aufErden beziehe sich auf sie. Bürger, die zunächst auf der Seite der Reformation stehen, ziehen sichbald aus Angst um ihre Privilegien zurück.Luthers Lehre erweckt bei den Bauern große Hoffnung, er schlägt sich jedoch auf die Seite derMächtigen.

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FlugschriftenFlugschriftenFlugschriftenFlugschriften

Flugschriften beschäftigen sich mit den sozialen Missständen der Zeit. Durch die Erfindung derErfindung derErfindung derErfindung derbeweglichen Letternbeweglichen Letternbeweglichen Letternbeweglichen Lettern durch Johannes GutenbergJohannes GutenbergJohannes GutenbergJohannes Gutenberg können Druckerzeugnisse einem breiterenPublikum zugänglich gemacht werden. Flugschriften sind meist nur eine oder ein paar Seiten lang underreichen eine Auflage von bis zu1 500 Stück.Der lesende Bauer lesende Bauer lesende Bauer lesende Bauer ist allerdings eine glorifizierende IllusionIllusionIllusionIllusion. Die Autoren geben sich den Anscheinfürs Volk zu schreiben. Tatsache ist, dass die Unterschichten nicht lesen können und ihnenvorgelesen werden muss.Thomas Müntzer Thomas Müntzer Thomas Müntzer Thomas Müntzer kämpft auf der Seite des Volkes; für ihn ist religiöse Revolution nur mit einerpolitisch-sozialen sinnvoll.

Luthers BibelübersetzungLuthers BibelübersetzungLuthers BibelübersetzungLuthers Bibelübersetzung

Luthers Bibelübersetzung ist ein wichtiger Beitrag zur Schaffung der neuhochdeutschen SpracheSchaffung der neuhochdeutschen SpracheSchaffung der neuhochdeutschen SpracheSchaffung der neuhochdeutschen Spracheauf Grundlage der ostmitteldeutschen Kanzleisprache und der Umgangssprache.

Wichtige Autoren dieser Zeit: Wichtige Autoren dieser Zeit: Wichtige Autoren dieser Zeit: Wichtige Autoren dieser Zeit: Ulrich von Hutten, Johannes Tepl, Hans Sachs

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Literatur des Barock (17. Jahrhundert)

Grundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der Epoche

Das Lebensgefühl im BarockLebensgefühl im BarockLebensgefühl im BarockLebensgefühl im Barock ist von Gegensätzen geprägt; WeltabkehrWeltabkehrWeltabkehrWeltabkehr (Memento-mori-Gedanke)und LebensgenussLebensgenussLebensgenussLebensgenuss (Carpe-diem-Gedanke) bestimmen das Weltbild der Menschen. Diese scheinbarwidersprüchlichen Existenzerfahrungen sind einerseits bedingt durch die Schrecken desDreißigjährigen KriegesDreißigjährigen KriegesDreißigjährigen KriegesDreißigjährigen Krieges, durch Pest, Seuchen, Mißernten, Hungersnöte und die dadurchentstehenden Ängste und andererseits durch den auch gerade dadurch ausgelösten Wunsch nachLebensglück, Schönheit, Freude und gelebter Sinnlichkeit. Ein Teil der barocken Literatur (z. B. vonGryphius oder Grimmelshausen) sieht die Hinwendung zu Gott und die göttliche Ordnung alsSynthese dieser gegensätzlichen Lebensgefühle; der Mensch sucht Trost und Erfüllung in einergeistig-religiösen Welt.Die Auseinandersetzungen zwischen der protestantischen Reformation und der katholischenRestauration haben das Vertrauen in die kirchlichen Institutionen angegriffen, auch deshalb lebt einepersönliche und undogmatische Gottesschau wieder auf, die MystikMystikMystikMystik.Barocke Kunst (Literatur, Baukunst, Theater- und Hofleben) wird zum Ausdruck der Macht weltlicherund geistlicher Fürsten.Nikolaus KopernikusNikolaus KopernikusNikolaus KopernikusNikolaus Kopernikus und Galileo Galilei Galileo Galilei Galileo Galilei Galileo Galilei entwickeln das heliozentrische Systemheliozentrische Systemheliozentrische Systemheliozentrische System gegen denWiderstand der Kirche.

Autoren und DichtkunstAutoren und DichtkunstAutoren und DichtkunstAutoren und Dichtkunst

Die Autoren sind keine freien Schriftsteller, sondern abhängige Lohnempfänger (Professoren, Ärzte,Beamte, Theologen ...), denn von der Literatur kann ein Dichter nicht leben.Barockdichtung ist bis auf wenige Ausnahmen keine subjektive Erlebnisdichtung, sondern gesellige,öffentliche, verallgemeinernde und auch erlernbare Dichtkunst (rhetorische Figuren). Wirunterscheiden Gelegenheitsdichtung (z. B. Fürstenhuldigung oder Auftragsarbeiten für bürgerlicheFeste), Dichtung mit lehrhaftem Charakter und lebensbejahende Unterhaltungsliteratur.

Sprach- und LiteraturreformSprach- und LiteraturreformSprach- und LiteraturreformSprach- und Literaturreform

Die Sprachgesellschaften (z. B. „Die Fruchtbringende Gesellschaft“) wenden sich gegen dieÜberfrachtung der deutschen Sprache mit Fremdwörtern, besonders aus dem Französischen undItalienischen, und setzen sich für die Bereicherung des deutschen Sprachgutes und für dieAufrechterhaltung traditioneller Tugenden ein.In seiner Poetik Buch von der deutschen Poeterey stellt Martin Opitz (Mitglied der „FruchtbringendenGesellschaft“) wichtige Regeln für die Dichtkunst auf (Ständeklausel, Fallhöhe, Versmaß, Form desSonetts).

LyrikLyrikLyrikLyrik

Bedeutende Lyriker: Andreas Gryhius, Martin Opitz, Paul Fleming, Christian Hofmann vonHofmannswaldau, Simon Dach, Angelus Silesius.Weltliche Gedichte sollen weniger etwas Persönliches ausdrücken, sondern eine allgemeingültigeBehauptung, ein Lob oder eine Lehre, sie sind öffentlich und gesellig. Die geistliche Lyrik führt dasKirchenlied des 16. Jahrhunderts weiter.Beliebt sind auch Epigramme, Sinngedichte mit geistlichem, gesellschaftsbezogenem oder kritisch-satirischem Inhalt.

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EpikEpikEpikEpik

Der deutsche Barockroman gliedert sich in drei Hauptgruppen:Der höfisch-historische Romanhöfisch-historische Romanhöfisch-historische Romanhöfisch-historische Roman spielt in hohen adeligen Kreisen, fernen Ländern und vergangenenZeiten. Er beschreibt die abwechslungsreiche Lebens- und Liebesgeschichte eines jungen Paares mitglücklichem Ausgang. (Daniel Caspar von LohensteinDaniel Caspar von LohensteinDaniel Caspar von LohensteinDaniel Caspar von Lohenstein Arminius, Philipp von ZesenPhilipp von ZesenPhilipp von ZesenPhilipp von Zesen Assenat, AntonAntonAntonAntonUlrichUlrichUlrichUlrich Aramena)Der „unhöfische“ SchäferromanSchäferromanSchäferromanSchäferroman beschreibt Liebesabenteuer in idyllischen Landschaften, die durchVernunft beendet werden, und bietet dem bürgerlichen und kleinadeligem Leser eine Flucht aus dersozialen Realität.Der SchelmenromanSchelmenromanSchelmenromanSchelmenroman (Vorbild ist der spanische Pikaroroman) erzählt von den Abenteuern eines ausder niedrigsten Gesellschaftsschicht stammenden Helden, der das Leben demaskiert undUnterschiede zwischen Sein und Schein aufdeckt. Weiter entwickelt wird diese Form des Romans beiHans Jakob Christoffel von GrimmelshausenHans Jakob Christoffel von GrimmelshausenHans Jakob Christoffel von GrimmelshausenHans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch) unddem Spanier Miguel de CervaMiguel de CervaMiguel de CervaMiguel de Cervannnntes tes tes tes (Don Quijote).Grimmelshausens Simplicissimus ist der erfolgreichste deutsche Barockroman und vermittelt einrealistisches Zeugnis des 30jährigen Krieges, der Text ist zugleich Schelmenroman, zeitkritischeSatire und moralisch-religiöse Erbauungsschrift.

Abraham a Sancta ClaraAbraham a Sancta ClaraAbraham a Sancta ClaraAbraham a Sancta Clara (Ulrich Megele) wirkt am Wiener Hof. Viele seiner Predigten, die sich involkstümlicher Sprache gegen die allgemeine Sittenverwilderung seiner Zeit wenden, sind schriftlichüberliefert, z. B. Mercks Wienn oder Auff, auff, ihr Großchristen.

DramatikDramatikDramatikDramatik

Zur dramatischen Dichtung des 17. Jahrhunderts zählt man das protestantische Dramaprotestantische Dramaprotestantische Dramaprotestantische Drama (AndreasGryphius, Daniel Caspar von Lohenstein), das katholische Schul- und Ordensdramakatholische Schul- und Ordensdramakatholische Schul- und Ordensdramakatholische Schul- und Ordensdrama(Jesuitendrama im Dienst der Gegenreformation, , , , Jakob Bidermann, Simon Rettenbacher) und dasdeutschsprdeutschsprdeutschsprdeutschspraaaachige Kunstdramachige Kunstdramachige Kunstdramachige Kunstdrama (Andreas Gryphius, Christian Weise).Die deutsche Dramatik erreicht nicht die Höhe der zeitgenössischen englischen, französischen undspanischen Dichtung: In England wirkt William ShakespeareWilliam ShakespeareWilliam ShakespeareWilliam Shakespeare (Hamlet, Königsdramen ...), inFrankreich schreiben die Klassiker Pierre CorneillePierre CorneillePierre CorneillePierre Corneille (Le Cid), Jean RacineJean RacineJean RacineJean Racine (Iphigenie) und Jean-Jean-Jean-Jean-Baptiste MolièreBaptiste MolièreBaptiste MolièreBaptiste Molière (Tartuffe, Der Menschenfeind) und in Spanien Lope de VegaLope de VegaLope de VegaLope de Vega und PPPPeeeedro Calderondro Calderondro Calderondro Calderonde la Barcade la Barcade la Barcade la Barca.Englische Wandertruppen, die durch Personalaustausch zu deutschsprachigen Schauspieltruppenwerden, verbreiten Themen und Stücke von William Shakespeare und Christopher Marlowe (Faust-Stoff).

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Das Jahrhundert der Aufklärung (18. Jahrhundert)

Geistesgeschichtliche Grundlagen, ZieleGeistesgeschichtliche Grundlagen, ZieleGeistesgeschichtliche Grundlagen, ZieleGeistesgeschichtliche Grundlagen, Ziele

Die Aufklärung ist eine gesamteuropäische Bewegunggesamteuropäische Bewegunggesamteuropäische Bewegunggesamteuropäische Bewegung. Ihr zentrales Motiv zentrales Motiv zentrales Motiv zentrales Motiv ist die VernunftVernunftVernunftVernunft, diedurch logische Schlüsse (rationalrationalrationalrational) und die Erfahrung der Sinne (empirischempirischempirischempirisch) alle Probleme desLebens lösen könne.Vorbilder dieser Denkmethode Vorbilder dieser Denkmethode Vorbilder dieser Denkmethode Vorbilder dieser Denkmethode sind Francis Bacon, Thomas Hobbes, John Locke, Davis Hume(EmpirismusEmpirismusEmpirismusEmpirismus); René Descartes, Voltaire (RationalismusRationalismusRationalismusRationalismus). Der Empirismus Empirismus Empirismus Empirismus sieht in der Beobachtungvon Vorgängen und der Sinneswahrnehmung die Quelle der Erkenntnis. Der Rationalismus Rationalismus Rationalismus Rationalismus hält diemenschliche Vernunft für maßgeblich für die Erkenntnis.Die Aufklärung ist eine politische Bewegungpolitische Bewegungpolitische Bewegungpolitische Bewegung, die den absolutistischen Staat abschaffen will. Diepolitisch rechtlosen BürgerBürgerBürgerBürger – die Träger der aufklärerischen Gedanken – fordern die Gleichheit derMenschen und Menschenrechte für alle.Weil diese Bürger (meist Beamte, Gelehrte, Professoren, Studenten, niederer Adel …) oft vomabsolutistischen Staat beruflich abhängig sind, wollen sie eine Reform Reform Reform Reform und keine Revolutionkeine Revolutionkeine Revolutionkeine Revolution.

StrömungenStrömungenStrömungenStrömungen

! PietismusPietismusPietismusPietismus: entstand Ende des 17. Jahrhunderts. Von der Aufklärung beeinflusst, glauben seineVertreter daran, dass das Individuum die Vermittlung der Kirche beim persönlichen Erleben dergöttlichen Gnade nicht benötige. Der Pietismus betont das Subjekt und das persönliche Gefühl,die Selbstbeobachtung und -analyse.

! EmpfindsamkeitEmpfindsamkeitEmpfindsamkeitEmpfindsamkeit: entsteht in den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts. Der Begriff „Empfindung“bedeutet, dass die sinnliche Wahrnehmung als Grundlage für das vernünftige Erkennen dient. DieEmpfindsamkeit reagiert auf die Überbetonung der ratio durch die Frühaufklärung.Als literarische Bewegungliterarische Bewegungliterarische Bewegungliterarische Bewegung meint sie, dass sich das individuelle Subjekt, von Verstand undGefühl bestimmt, durch eine „éducation sentimentale“ des Herzens bilden soll.Einen Höhepunkt der EmpfindsamkeitHöhepunkt der EmpfindsamkeitHöhepunkt der EmpfindsamkeitHöhepunkt der Empfindsamkeit stellt Goethes Briefroman Die Leiden des jungenWerthers (1774) dar. Sowohl Pietismus als auch Empfindsamkeit bevorzugen GattungenGattungenGattungenGattungen wieBrief, Tagebuch und Autobiografie, da beiden Bewegungen eine starke Tendenz zurSelbstreflexion und Sensibilität eigen ist.

Politik und GesellschaftPolitik und GesellschaftPolitik und GesellschaftPolitik und Gesellschaft

Deutschland ist im 18. Jahrhundert in ca. 300 verschieden große absolutistische TerritorialstaatenTerritorialstaatenTerritorialstaatenTerritorialstaatenzerfallen, es gibt also keinen einheitlichen Staat. In diesen Staaten hat der Adel Adel Adel Adel dieFührungspositionen inne, die Bürger Bürger Bürger Bürger sind politisch völlig rechtlos, obwohl sie im Wesentlichen dieTräger von Wirtschaft und Bildung sind.Die Stadtbürger Stadtbürger Stadtbürger Stadtbürger tragen zwar die Ideen der Aufklärung, sind aber nur ein Teil der gesamtenStadtbevölkerung, die selbst wiederum nur einen geringen Teil der Gesamtbevölkerung ausmacht:80% der Territorialstaaten sind Agrarland. Die „Unterschichten“ haben an der städtischenaufklärerischen Bewegung keinen Anteil.

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Die Literatur als Instrument der AufklärungDie Literatur als Instrument der AufklärungDie Literatur als Instrument der AufklärungDie Literatur als Instrument der Aufklärung

Der bürgerliche Leser soll durch die Literatur aufgeklärt und – besonders in der Frühaufklärung – aucherzogen werden („ prodesse et delectare“„ prodesse et delectare“„ prodesse et delectare“„ prodesse et delectare“ : Nutzen und Vergnügen). Der eigentliche Zweck der Kunstist belehrendes Vergnügen und eine Verbesserung der Moral. Besonders eignet sich dafür die FabelFabelFabelFabel(Christian Fürchtegott Gellert Fabeln und Erzählungen, Gotthold Ephraim Lessing Fabeln).Johann Christoph Gottsched Johann Christoph Gottsched Johann Christoph Gottsched Johann Christoph Gottsched geht bei seiner literarischen Produktion von einem „lehrreichenmoralischen Satz“ aus und erfindet „eine ganz allgemeine Begebenheit, worin eine Handlungvorkömmt, daran dieser erwählte Lehrsatz sehr augenscheinlich in die Sinne fällt.“Die „Moralischen WochenschriftenMoralischen WochenschriftenMoralischen WochenschriftenMoralischen Wochenschriften“ (Der Biedermann, Die vernünftigen Tadlerinnen) wollenebenfalls die Ideen der Aufklärung verbreiten und informieren. Sie verwenden einfache literarischeFormen (Dialog, Brief, Kurzerzählung), haben meist einen Umfang von 8 Seiten und eine Auflage von400 bis 4 000 Stück.

Der literarische MarktDer literarische MarktDer literarische MarktDer literarische Markt

Das LesebedürfnisLesebedürfnisLesebedürfnisLesebedürfnis wächst in den Jahren 1730–40 zwar stark, es können aber nach Berechnungen1770 erst ca. 15 % und 1800 ca. 25 % der Bevölkerung lesen. Zur BuchproduktionBuchproduktionBuchproduktionBuchproduktion im 18.Jahrhundert vergleichen Sie die Statistik in Stichwort Literatur, S. 74.Der Lesertyp Lesertyp Lesertyp Lesertyp verändert sich vom intensiven Leser zum extensiven Leser, auch Frauen werden alsLesepublikum interessant. Um Geld zu sparen entstehen Lesegesellschaften Lesegesellschaften Lesegesellschaften Lesegesellschaften und LeihbibliothekenLeihbibliothekenLeihbibliothekenLeihbibliotheken.Am Buchmarkt Buchmarkt Buchmarkt Buchmarkt vollzieht sich eine Trennung von Verlagswesen und Buchhandel. Der freie Schrift-freie Schrift-freie Schrift-freie Schrift-steller steller steller steller muss von seiner schriftstellerischen Arbeit leben, was ihn zwar einerseits freier in seiner Arbeitmacht, ihm aber nur ein unsicheres Einkommen beschert. Viele Schriftsteller müssen auch ausdiesem Grund andere Berufe ausüben.

Das Theater der AufklärungDas Theater der AufklärungDas Theater der AufklärungDas Theater der Aufklärung

Die Schauspieler Schauspieler Schauspieler Schauspieler des 17. und 18. Jahrhunderts sind sozial deklassiert und ziehen von Ort zu Ort(WanderbühneWanderbühneWanderbühneWanderbühne). Sie agieren aus dem Stegreif und bieten dem Publikum viel Aktion. Die Sprache istoft derb und obszön, jeden Abend wird ein anderes Stück gespielt, bis das Repertoire erschöpft ist.Das Publikum Publikum Publikum Publikum nimmt lautstark an den Aufführungen teil, es wird während der Vorstellungen gegessenund getrunken.An vielen Höfen existieren HoftheaterHoftheaterHoftheaterHoftheater, an denen vor allem französische Stücke und italienischePrunkopern gespielt werden. Aufklärerische Stücke werden kaum gespielt. Bürgerliche StadttheaterBürgerliche StadttheaterBürgerliche StadttheaterBürgerliche Stadttheatergibt es erst ab dem 19. Jahrhundert.

Gottsched und das TheaterGottsched und das TheaterGottsched und das TheaterGottsched und das Theater

GottschedGottschedGottschedGottsched will das Theater für die erzieherischen Zwecke der Aufklärung nutzen. Das Stück, dasgespielt wird, soll logisch und vernünftig nachvollziehbar sein.Gottsched hält die drei Einheiten des aristoteleschen Theatersdrei Einheiten des aristoteleschen Theatersdrei Einheiten des aristoteleschen Theatersdrei Einheiten des aristoteleschen Theaters (Ort, Zeit, Handlung) streng ein.Seine Ständeklausel Ständeklausel Ständeklausel Ständeklausel besagt, dass in Tragödien, Staatsromanen und Heldengedichten nur Adelige alsHandelnde auftreten dürfen; in Komödien und Romanen sind Bürger und Bauern die Akteure.Gottscheds Literaturtheorie besagt weiters, dass es Aufgabe der Dichtung sei, die Naturnachzuahmen (mimesismimesismimesismimesis). Es darf zwar etwas erfunden werden, aber das muss „möglich“ sein.

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Gotthold Ephraim LessingGotthold Ephraim LessingGotthold Ephraim LessingGotthold Ephraim Lessing

Er ist ein Vertreter der Hochaufklärung und der schärfste Kritiker Gottscheds. Lessing will keinemoralische Belehrung wie Gottsched. Literatur soll seiner Meinung nach Werte wie MitleidMitleidMitleidMitleid undundundundMenschlichkeitMenschlichkeitMenschlichkeitMenschlichkeit vermitteln und die Menschen sittlich läutern. Der neue Menschentyp soll emotionalreagieren, weinen. MitleidMitleidMitleidMitleid können aber nur handelnde Personen erregen, die einen „mittlerenmittlerenmittlerenmittleren“(gemischtengemischtengemischtengemischten) CharakterCharakterCharakterCharakter haben, also weder extrem gut noch extrem böse sind und am eigenenUnglück keine Schuld haben. Der Zuschauer muss sich mit dieser Person identifizieren können unddas sei nur möglich, wenn er auf der Bühne ihm ähnliche Gestalten sehe.

Dichter der SpätaufklärungDichter der SpätaufklärungDichter der SpätaufklärungDichter der Spätaufklärung

Sie betonen die eigenständig denkende Individualität. Leidenschaften und Gefühle sind erlaubt,trotzdem sind Vernunft und Rationalität weiter wichtig. BekannteBekannteBekannteBekannte DichterDichterDichterDichter sind Georg Forster, GeorgChristoph Lichtenberg, Friedrich Maximilian Klinger und Johann Gottfried Seume. Sie haben keinegemeinsame Programmatik, gemeinsam ist ihnen aber ein universalesuniversalesuniversalesuniversales ErkenntnisinteresseErkenntnisinteresseErkenntnisinteresseErkenntnisinteresse, dasauch Wissenschaft, Technik, Ökonomie oder Geografie umfasst, wie z.B. an denReisebeschreibungenReisebeschreibungenReisebeschreibungenReisebeschreibungen der Spätaufklärung ersichtlich wird.

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Sturm und Drang (1770-1785)

Epochenbegriff – Wegbereiter – GeniebegriffEpochenbegriff – Wegbereiter – GeniebegriffEpochenbegriff – Wegbereiter – GeniebegriffEpochenbegriff – Wegbereiter – Geniebegriff

Es handelt sich dabei um eine kurze literarische Jugendbewegungkurze literarische Jugendbewegungkurze literarische Jugendbewegungkurze literarische Jugendbewegung in der Zeit vor derFranzösischen Revolution, die sowohl als Fortführung (Gesellschaftskritik, Verwirklichung allermenschlichen Kräfte, Zusammenführung von Verstand und Gefühl) als auch als Gegenströmung zurAufklärung (gegen einseitig rationalistisch ausgerichtete Tendenzen) gesehen werden kann. DerName der Epoche Name der Epoche Name der Epoche Name der Epoche stammt von einem Schauspiel von Friedrich Maximilian KlingerFriedrich Maximilian KlingerFriedrich Maximilian KlingerFriedrich Maximilian Klinger, dasursprünglich Wirrwarr heißt.Wegbereiter der EpocheWegbereiter der EpocheWegbereiter der EpocheWegbereiter der Epoche sind der Kulturphilosoph Johann Gottfried HerderJohann Gottfried HerderJohann Gottfried HerderJohann Gottfried Herder (sammelte Volksliederund gibt die Sammlung Stimmen der Völker in Liedern heraus) und der Franzose Jean JacquesJean JacquesJean JacquesJean JacquesRousseauRousseauRousseauRousseau mit seiner Zivilisationskritik („Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers der Dingehervorgeht, alles verdirbt unter den Händen der Menschen“).Das Leitbild des Sturm und Drang, das GenieGenieGenieGenie, erlaubt keine Einschränkung durch ästhetische odermoralische Normen, verlangt stattdessen Emanzipation des Bürgertums, Freiheit, Natürlichkeit,Lebensechtheit, Originalität, Spontaneität, Individualität, Liebe und Fantasie (Edward Young, AnthonyShaftesbury). Das große Vorbild der Stürmer und Dränger ist William ShakespeareWilliam ShakespeareWilliam ShakespeareWilliam Shakespeare, nicht mehr diefranzösischen Klassiker Pierre Corneille, Jean Racine oder Voltaire.

Schriftsteller und deren epochentypische WerkeSchriftsteller und deren epochentypische WerkeSchriftsteller und deren epochentypische WerkeSchriftsteller und deren epochentypische Werke

Die AutorenAutorenAutorenAutoren, fast alle zwischen 20 und 30 Jahre alt, schließen sich, im Gegensatz zur Aufklärung, zuGruppen zusammen: In Straßburg/FrankfurtStraßburg/FrankfurtStraßburg/FrankfurtStraßburg/Frankfurt sammeln sich um Johann Wolfgang Goethe dieSchriftsteller Johann Gottfried Herder, Jakob Michael Reinhold Lenz und Heinrich Leopold Wagner; inGöttingenGöttingenGöttingenGöttingen schreiben Johann Heinrich Voss, Gottfried August Bürger und die beiden Grafen Stolberg;im SchwäbischenSchwäbischenSchwäbischenSchwäbischen entsteht ein Kreis um Friedrich Schiller und Christian Friedrich Daniel Schubart, imUmfeld dieser Gruppierungen arbeiten Friedrich Maximilian Klinger und Heinrich Wilhelm vonGerstenberg. Die meisten Schriftsteller entstammen kleinbürgerlichen und armen Familien. Das so ameigenen Leib erfahrene soziale Elend spiegelt sich in ihren Gedichten und Dramen wider.

! Johann Wolfgang GoetheJohann Wolfgang GoetheJohann Wolfgang GoetheJohann Wolfgang Goethe: Mailied, Willkommen und Abschied (Erlebnislyrik), Prometheus,Mohamets Gesang, Ganymed, An Schwager Kronos (Hymnen), Die Leiden des jungen Werthers(Briefroman), Götz von Berlichingen, Urfaust, Egmont (Dramen in offener Form: keine Beachtungder drei Einheiten von Handlung, Ort und Zeit)

! Friedrich SchillerFriedrich SchillerFriedrich SchillerFriedrich Schiller: Die Räuber, Kabale und Liebe, Die Verschwörung des Fiesco zu Genua, DonCarlos (Dramen)

! Jakob Michael Reinhold LenzJakob Michael Reinhold LenzJakob Michael Reinhold LenzJakob Michael Reinhold Lenz: Der Hofmeister, Die Soldaten (Dramen in offener Form)! Heinrich Leopold WagnerHeinrich Leopold WagnerHeinrich Leopold WagnerHeinrich Leopold Wagner: Die Kindermörderin (Drama)! Gottfried August BürgerGottfried August BürgerGottfried August BürgerGottfried August Bürger: Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen (politische Lyrik),

Lenore (erste deutsche Kunstballade)! Christian Friedrich Daniel SchubartChristian Friedrich Daniel SchubartChristian Friedrich Daniel SchubartChristian Friedrich Daniel Schubart: Die Fürstengruft (politische Lyrik)

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Klassik (1786-1805)

Der Begriff „ Klassik“ und andere wichtige BegriffeDer Begriff „ Klassik“ und andere wichtige BegriffeDer Begriff „ Klassik“ und andere wichtige BegriffeDer Begriff „ Klassik“ und andere wichtige Begriffe

Ästhetischer NormenbegriffÄsthetischer NormenbegriffÄsthetischer NormenbegriffÄsthetischer Normenbegriff: Eine Reihe von Dichtern oder deren Werke werden als mustergültigmustergültigmustergültigmustergültigangesehen.Literarischer EpochenbegriffLiterarischer EpochenbegriffLiterarischer EpochenbegriffLiterarischer Epochenbegriff: Bestimmte Epochen werden in einzelnen Ländern als „klassisch“angesehen. In Deutschland ist dies die Zeit von 1786 (Goethes Italienreise) bis 1805 (Schillers Tod).Weitere wichtige Begriffe: Weitere wichtige Begriffe: Weitere wichtige Begriffe: Weitere wichtige Begriffe: ästhetische Autonomie, Humanitätsideal, ästhetische Erziehung undBildung

Die Französische RevolutionDie Französische RevolutionDie Französische RevolutionDie Französische Revolution

In der Französischen Revolution werden 1789 die Menschen- und Bürgerrechte erklärt.Obwohl die deutschen Dichter die Französische Revolution zunächst begrüßen, wenden sie sichspäter von ihr ab. Sie glauben, dass Deutschland noch nicht reif für eine Revolution ist, sind sich abersicher, dass es Veränderungen geben muss. Die Literatur soll zur „Verbesserung der Moral“ dienen.Da nur eine kleine Schicht des Bildungsbürgertums die Werke der Klassiker liest, ist die angestrebteWirkung der Literatur eine Illusion.

Goethe und SchillerGoethe und SchillerGoethe und SchillerGoethe und Schiller

Die Freundschaft zwischen den beiden Dichtern ermöglicht eine intensive Zusammenarbeitintensive Zusammenarbeitintensive Zusammenarbeitintensive Zusammenarbeit, siekritisieren und animieren sich gegenseitig. Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind z. B. die ZeitschriftHoren oder die Herausgabe von BalladenBalladenBalladenBalladen im Musenalmanach.

Goethes Drama Iphigenie auf Tauris gilt als Musterbeispiel für klassisches Theater. Goethe verändertdie griechische Sage insofern, als kein „deus ex machina“ auftritt, sondern Iphigenie durch ihre reineMenschlichkeit die Probleme löst.

Friedrich Schillers Dramen basieren auf historischen Untersuchungen. Zunächst sind sie dem Sturmund Drang verpflichtet.Wichtige klassische Dramen: Wallenstein (17. Jahrhundert), Maria Stuart (England des 16.Jahrhunderts), Die Jungfrau von Orleans (Frankreich des 15.Jahrhunderts). In fast allen Stücken gehtes um die „ innere Freiheit“„ innere Freiheit“„ innere Freiheit“„ innere Freiheit“ .Don Carlos behandelt in erster Linie das Thema Freundschaft zwischen Don Carlos und MarquisPosa. Das zweite wichtige Thema ist die „Gedankenfreiheit“, sie ist gleichbedeutend mit politischerFreiheit und Selbstbestimmung.

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Klassikerverehrung und KlassikwirkungKlassikerverehrung und KlassikwirkungKlassikerverehrung und KlassikwirkungKlassikerverehrung und Klassikwirkung

Im Gegensatz zu anderen europäischen Nationen gibt es in Deutschland keine Nationalliteraturkeine Nationalliteraturkeine Nationalliteraturkeine Nationalliteratur, dader deutsche Staat erst 1871 entsteht. Die Klassik wird auf Goethe und Schiller beschränkt. Ab 1850kommt es zu einer Kanonisierung von „ klassischen“ WerkenKanonisierung von „ klassischen“ WerkenKanonisierung von „ klassischen“ WerkenKanonisierung von „ klassischen“ Werken. Goethe, Schiller, Lessing und Herdergelten z.B. als mustergültig, Kleist, Hölderlin oder Forster werden nicht als Klassiker bezeichnet.Ihre große Bedeutung verdankt die klassische Literatur der Geschichtsschreibung des 19.Jahrhunderts. Die „großartige Dichtung“ Schillers und Goethes gilt als Ersatz für die mangelndepolitische Größe.Im 20. Jahrhundert 20. Jahrhundert 20. Jahrhundert 20. Jahrhundert betont die Geschichtsschreibung zunächst die „deutsche Komponentedeutsche Komponentedeutsche Komponentedeutsche Komponente“. Siewird von den Nationalsozialisten missbraucht,von den Nationalsozialisten missbraucht,von den Nationalsozialisten missbraucht,von den Nationalsozialisten missbraucht, wenn sie sich auf eine Sonderstellung derDeutschen im kulturellen, politischen und rassischen Sinn berufen.Um 1970 1970 1970 1970 beginnt die KlassikerkritikKlassikerkritikKlassikerkritikKlassikerkritik, man verzichtet auf den Epochenbegriff, erst jetzt wird dieBedeutung von Kleist und Hölderlin gewürdigt. Die damals marktbeherrschenden Trivialromanewerden gewürdigt (z. B.: Christian August Vulpius Rinaldo Rinaldini; das bürgerliche Rührstück vonIffland und Kotzebue).

Buchmarkt und VerlagswesenBuchmarkt und VerlagswesenBuchmarkt und VerlagswesenBuchmarkt und Verlagswesen

1771 bis 1800 verdoppelt sich die Buchproduktion, von 1760 bis 1802 verdreifacht sich die Zahl derBuchhandlungen. Allerdings geht die Buchproduktion nach 1800 wegen der kriegerischen Ereignisseetwas zurück. Nach 1813 steigt der Umsatz des Buchhandels wieder und zwischen 1815 und 1830herrscht eine Blütezeit. 1817 gibt es die erste Druckmaschinenfabrik.

Der RomanDer RomanDer RomanDer Roman

Die Wurzeln für den Roman der Goethezeit liegen in der Aufklärung. Er ist Ausdruck einerbürgerlichen Lebensformbürgerlichen Lebensformbürgerlichen Lebensformbürgerlichen Lebensform: Seine Kennzeichen sind Regellosigkeit, Formlosigkeit und Offenheit.Seine Absicht ist es zu unterhaltenunterhaltenunterhaltenunterhalten und zu belehrenbelehrenbelehrenbelehren.

Goethes Wilhelm Meister gilt als Musterbeispiel eines Bildungsromans: Ein Mensch gelangtnach vielen Irrwegen schließlich zum Ziel, der Integration in die Gesellschaft als tätigesMitglied.

Wichtige Bildungsromane Wichtige Bildungsromane Wichtige Bildungsromane Wichtige Bildungsromane in der Tradition Wilhelm Meisters:! Ludwig TieckLudwig TieckLudwig TieckLudwig Tieck Franz Sternbalds Wanderungen! Friedrich SchlegelFriedrich SchlegelFriedrich SchlegelFriedrich Schlegel Lucinde! Joseph von EichendorffJoseph von EichendorffJoseph von EichendorffJoseph von Eichendorff Ahnung und Gegenwart! Gottfried KellerGottfried KellerGottfried KellerGottfried Keller Der grüne Heinrich! Adalbert StifterAdalbert StifterAdalbert StifterAdalbert Stifter Nachsommer! Hermann HesseHermann HesseHermann HesseHermann Hesse Glasperlenspiel! Peter HandkePeter HandkePeter HandkePeter Handke Der kurze Brief zum langen Abschied! Günther Grass Günther Grass Günther Grass Günther Grass Die Blechtrommel

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Abseits der literarischen Strömungen: Heinrich von Kleist und Friedrich Hölderlin

Beide Dichter lassen sich weder der Klassik noch der Romantik zuordnen, sie fühlten sich auch keinerGruppierung zugehörig. Ihre Werke werden erst im 20. Jahrhundert intensiv rezipiert.

Heinrich von Kleist (1777–1811)Heinrich von Kleist (1777–1811)Heinrich von Kleist (1777–1811)Heinrich von Kleist (1777–1811)

Biografie: Biografie: Biografie: Biografie: Das Leben dieses unglücklichen Menschen – er endet durch Selbstmord – erscheint heutenoch rätselhaft. Kleist ist unangepasst, will keinen Brotberuf ausüben und hat immer Geldsorgen.Seine Werke sind zu seiner Zeit erfolglos, er wird andauernd von Selbstzweifeln geplagt. Von siebenvollendeten Stücken werden zu seinen Lebzeiten nur drei uraufgeführt.StückeStückeStückeStücke wie Der zerbrochne Krug oder Prinz Friedrich von Homburg gehören heute jedoch zumStandardrepertoire deutschsprachiger Bühnen.ThematischThematischThematischThematisch beschäftigt sich das Kleistsche Werk mit Gewalt, Sexualität, Entfremdung, Gefühlsver-wirrungen, Identitätskonflikten und deren Darstellung. Ungewöhnlich für die damalige Zeit.Kleist muss sich eingestehen (ErkenntniskriseErkenntniskriseErkenntniskriseErkenntniskrise), dass die objektive Wahrheit nicht erkannt werdenkann. Er sieht den Beobachter sich in seiner Vorstellungswelt eingeschlossen, unfähig einen Zugangzur Wirklichkeit und zu anderen Menschen zu finden. Kleist bezweifelt, ob die Sprache als Medium derKommunikation tauglich ist, und er befürchtet, falsch verstanden zu werden.Wichtige StückeWichtige StückeWichtige StückeWichtige Stücke: Der zerbrochne Krug, Prinz Friedrich von Homburg, Penthesilea, Das Käthchen vonHeilbronn, Amphytrion. Vergleichen Sie zu Der zerbrochne Krug die Seiten 150–155.Die ErzählungenErzählungenErzählungenErzählungen zeichnen sich durch einen kunstvollen und komplizierten SatzbauSatzbauSatzbauSatzbau aus. KleistsSpracheSpracheSpracheSprache ist genau, sein StilStilStilStil sachlich. Er vermeidet es aber, sich festzulegen: Konflikte und Gefühlewerden nur indirekt beschrieben, sie erscheinen in ihrer Zwiespältigkeit.Wichtige ErzählungenWichtige ErzählungenWichtige ErzählungenWichtige Erzählungen bzw. NovellenNovellenNovellenNovellen: Michael Kohlhaas, Die Marquise von O…, Das Erdbeben inChili, Das Bettelweib von Locarno.

Friedrich Hölderlin (1770–1843)Friedrich Hölderlin (1770–1843)Friedrich Hölderlin (1770–1843)Friedrich Hölderlin (1770–1843)

Wie Kleist wird er von seinen Zeitgenossen kaum oder wenig beachtet. Erst hundert Jahre später wirdsein Werk „wiederentdeckt“.BiografieBiografieBiografieBiografie: Auf Wunsch seiner Mutter soll er Pfarrer werden, besucht die Klosterschule und studiert amTübinger Stift Theologie. Die Französische Revolution – ihren Idealen bleibt er treu – lässt Hölderlinrevoltieren, er will eine Demokratie nach Athener Vorbild. Der Mensch soll in Einklang mit der Naturleben.Nach dem Studium wird Hölderlin Hofmeister. Er lernt Goethe kennen und wird von Schiller gefördert.Nach der unglücklichen Liebe zur Frankfurter Bankiersfrau Susette Gontard wird er 1798 entlassen.Als Schriftsteller scheitert er, wird 1802 geisteskrank. Ab 1807 verbringt er die restlichen 36 Jahreseines Lebens im Tübinger „Hölderlin-Turm“. Seine Geisteskrankheit wird heute von einigenForschern als selbst gewähltes Exil interpretiert. Seine späten Gedicht seien verschlüsselteBotschaften. Diese These ist umstritten.Hölderlin ist einer der größten deutschsprachigen Lyriker einer der größten deutschsprachigen Lyriker einer der größten deutschsprachigen Lyriker einer der größten deutschsprachigen Lyriker.

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Romantik (1795–1830)

BegriffsbestimmungBegriffsbestimmungBegriffsbestimmungBegriffsbestimmung

„Romantisch“ bedeutet „im Roman vorkommend, erfunden, wunderbar, fantastisch, irreal, unwahr,lebensfern“.Die Strömung „Romantik“ hat wechselnde Zentren. Philosophische Grundlagen liefert der JenaerJenaerJenaerJenaerKreis um die Brüder Schlegel. Weitere Zentren sind Berlin Berlin Berlin Berlin (Ludwig Tieck)Tieck)Tieck)Tieck) und Heidelberg Heidelberg Heidelberg Heidelberg (Achimvon ArnimArnimArnimArnim, Clemens BrentanoBrentanoBrentanoBrentano).Als eigentliche Romantiker gelten die Vertreter der Spätromantik:Vertreter der Spätromantik:Vertreter der Spätromantik:Vertreter der Spätromantik: Adelbert von ChamissoChamissoChamissoChamisso, Josephvon EichendorffEichendorffEichendorffEichendorff und E.T.A.HoffmannHoffmannHoffmannHoffmann.Die Romantiker fühlen sich als zusammengehörige Gruppe.Die Romantik ist als Ergänzung zur Klassik zu verstehen, sie vereinigt rationale und irrationale Kräfte,es überwiegt aber das Gefühl als BeurteilungskriteriumGefühl als BeurteilungskriteriumGefühl als BeurteilungskriteriumGefühl als Beurteilungskriterium.

Merkmale der romantischen DichtungMerkmale der romantischen DichtungMerkmale der romantischen DichtungMerkmale der romantischen Dichtung

! Entdeckung des Unbewussten und Irrationalen! Wiederbelebung des deutschen Mittelalters! Bemühen um deutsches Volksgut (Märchen, Sagen)! Neigung zu offenen Formen, zum Fragment , zur Improvisation! Literarische Mischformen! Streben nach Universalpoesie! Interesse für fremde Länder und Sprachen! Romantische Ironie

Die Romantiker lehnen die Französische Revolution ab und wehren sich überhaupt gegengegengegengegen dieVerwendung der Literatur als politisches Instrument.Literatur als politisches Instrument.Literatur als politisches Instrument.Literatur als politisches Instrument. Den Dichtern wird im realen Leben dieFreiheit versagt, sie finden sie in der Literatur. Leben und Kunst werden romantisiert. Aus dieserGrundeinstellung entwickelt sich auch ein Hauptthema der Romantiker: Der romantische Menschgerät in Konflikt mit den PhilisternKonflikt mit den PhilisternKonflikt mit den PhilisternKonflikt mit den Philistern, den Vertretern der bürgerlichen Welt.

PhilosophiePhilosophiePhilosophiePhilosophie

Die Dichter wählen aus philosophischen Erkenntnissen, was in ihr literarisches Konzept passt.Größten Einfluss hat Johann Gottlieb Fichte mit seiner Wissenschaftslehre: Das Ich Ich Ich Ich steht im Zentrumder Weltbetrachtung. Es fühlt sich als Schöpfer der Welt,Schöpfer der Welt,Schöpfer der Welt,Schöpfer der Welt, der sie sich durch die Macht des Willensunterwirft. Auf die Dichtung übertragen verkörpert der Dichter das Ich, seine Welt, die Dichtung, ist ihmunterworfen, mit ihr kann er schalten und walten. Von dieser schöpferischen Allmacht des Dichtersleitet auch die romantische Ironieromantische Ironieromantische Ironieromantische Ironie ihre Berechtigung ab: Der Dichter kann jederzeit seine Illusionzerstören und mit dem Leser spielen.

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Schriftsteller der RomantikSchriftsteller der RomantikSchriftsteller der RomantikSchriftsteller der Romantik

! Friedrich SchlegelFriedrich SchlegelFriedrich SchlegelFriedrich Schlegel liefert die theoretischen Grundlagentheoretischen Grundlagentheoretischen Grundlagentheoretischen Grundlagen für die Strömung. Gemeinsam mitseinem Bruder gibt er die Zeitschrift Athenäum heraus, in der das poetische Programm derRomantik veröffentlicht wird.

! Novalis Novalis Novalis Novalis entspricht nicht dem lebensfrohen, optimistischen Typ des Romantikers. Er interessiertsich für Philosophie und Naturwissenschaft. Auffallend an seinem Werk ist die geheimnisvolle,geheimnisvolle,geheimnisvolle,geheimnisvolle,bilderreiche und mythische Sprachemythische Sprachemythische Sprachemythische Sprache. Die NachtNachtNachtNacht ist für ihn das schöpferische Geheimnis desLeben und des Todes. Dieses Thema steht im Mittelpunkt seiner Hymnen an die Nacht.

! Die Werke von E.T.A. HoffmannE.T.A. HoffmannE.T.A. HoffmannE.T.A. Hoffmann sind europaweit bekannt. Hoffmann betätigte sich alsSchriftsteller, Zeichner, Maler, Karikaturist, Musiker und Komponist.In seinen Fantasie- und Nachtstücken stehen Dämonisches, Wahnsinn und Verbrechen imMittelpunkt. Er interessiert sich für die Nachtseiten des Menschen: Persönlichkeitsspaltung,Doppelgängertum, Identitätsverlust, Wahnsinn sind seine Themen. Als Grundprinzip seinesWerkes kann der Konflikt zwischen Künstler und Bürger Konflikt zwischen Künstler und Bürger Konflikt zwischen Künstler und Bürger Konflikt zwischen Künstler und Bürger gesehen werden. PersönlicheWünsche stoßen mit den Ansprüchen der Gesellschaft zusammen. Das Problem wirdmärchenhaft gelöst (Der goldene Topf), endet in Mord (Das Fräulein von Scuderie) oderSelbstmord (Der Sandmann).

! Joseph von Eichendorff Joseph von Eichendorff Joseph von Eichendorff Joseph von Eichendorff lehnt in seinem Werk Aus dem Leben eines Taugenichts bürgerlicheWerte ab. Für ihn zählen romantische Werteromantische Werteromantische Werteromantische Werte wie Natur, Musik, Ungebundenheit, Freundschaftund Reisen.

Schriftstellerinnen in der RomantikSchriftstellerinnen in der RomantikSchriftstellerinnen in der RomantikSchriftstellerinnen in der Romantik

Frauen bekommen Freiraum, um am literarischen Leben teilnehmen zu können, sie müssen allerdingswie Männer schreiben. Im Jenaer Kreis können sich Frauen emanzipieren. Sie führen literarischeliterarischeliterarischeliterarischeSalonsSalonsSalonsSalons.Vertreterinnen: Caroline Schlegel-Schelling, Dorothea Veith, Rahel Levin, Sophie Tieck, SophieCaroline Schlegel-Schelling, Dorothea Veith, Rahel Levin, Sophie Tieck, SophieCaroline Schlegel-Schelling, Dorothea Veith, Rahel Levin, Sophie Tieck, SophieCaroline Schlegel-Schelling, Dorothea Veith, Rahel Levin, Sophie Tieck, SophieMereau-Brentano.Mereau-Brentano.Mereau-Brentano.Mereau-Brentano.Trotz aller Emanzipation erscheinen die Werke der Romantikerinnen anonym oder unter dem Namenihrer Männer (vgl. Sophie Mereau).Besonders tragisch ist das Schicksal der Karoline von GünderodeKaroline von GünderodeKaroline von GünderodeKaroline von Günderode. Nach unglücklichen Beziehungenzu verschiedenen Männern begeht die Lyrikerin Selbstmord.

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Biedermeier und Vormärz – Literatur zwischen 1815 und 1848

Grundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der Epoche

Die Zeit des Biedermeier dauert von der Neuordnung Europas nach Napoleon (1814/15 WienerKongress) bis zur bürgerlichen Märzrevolution 1848. Die Zeit ist gekennzeichnet durch denWiderstreit zwischen restaurativen und revolutionären TendenzenWiderstreit zwischen restaurativen und revolutionären TendenzenWiderstreit zwischen restaurativen und revolutionären TendenzenWiderstreit zwischen restaurativen und revolutionären Tendenzen.Der Name Biedermeier stammt von Ludwig EichrothLudwig EichrothLudwig EichrothLudwig Eichroth, der in seinen Gedichten des schwäbischenSchullehrers Gottlieb Biedermaier das Spießertum seiner Zeit verspottet. Der Name wird als Begriff indie Kunst- und Kulturgeschichte übernommen, ab 1900 wird er positiv verstanden und zurBezeichnung der gesamten Kulturepoche verwendet.Im Gegensatz zu den Dichtern des Biedermeier stehen die Autoren der Vormärzdichtung, die Kritik anden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen ihrer Zeit üben.

BiedermeierBiedermeierBiedermeierBiedermeier

Biedermeier steht für den resignierenden Rückzug in die unpolitische, konservativ bestimmtePrivatheit (Geselligkeit in der Familie und im Freundeskreis), den Weg in die Idylle und für die Nicht-bzw. geringe Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Fragen. Es erfolgt ein literarischerRückgriff auf Klassik und Romantik, auch auf Tendenzen der Aufklärung und Empfindsamkeit; diebiedermeierlichen Autoren suchen Halt in sittlichen Gesetzen und der Ordnung der Vergangenheit, sieresignieren und geben sich auch einem Weltschmerz hin (Lord Byron, Byronismus).

Dichter des BiedermeierDichter des BiedermeierDichter des BiedermeierDichter des Biedermeier

Jeremias Gotthelf nimmt eine vom Christentum geprägte Gegenposition zum antikirchlichen und zumTeil atheistischen Liberalismus der Vormärzzeit ein. Er ist Begründer des realistischen Bauernromans(Uli, der Knecht; Uli der Pächter) und Meister der Novellenkunst (Die schwarze Spinne).Annette von Droste-Hülshoff schreibt Natur- und Bekenntnislyrik, Balladen, Novellen (DieJudenbuche)Eduard Mörike steht zwischen Romantik und Realismus. Sein Roman Maler Nolten weistspätromantische Züge auf: Künstlerproblematik, Schauerromantik; lyrische Einlagen. Bekannt sindauch Mozart auf der Reise nach Prag, eine Novelle, und seine Gedichte.

Österreichische Dichter des Biedermeier („ Wiener Klassik“ )Österreichische Dichter des Biedermeier („ Wiener Klassik“ )Österreichische Dichter des Biedermeier („ Wiener Klassik“ )Österreichische Dichter des Biedermeier („ Wiener Klassik“ )

Das dramatische Werk des für das Wiener Burgtheater schreibenden Franz GrillparzerFranz GrillparzerFranz GrillparzerFranz Grillparzer wurzelt in derösterreichischen Ausprägung der Aufklärung (Josephinismus), im Vanitas-Empfinden und derbarocken Theatertradition, im Humanitätsgedanken der Weimarer-Klassik und in der traditionellenOrdnung der Habsburger-Monarchie.Wichtige Dramen: Die Ahnfrau (in der Tradition des Schicksalsdramas); Sappho (Motiv Leben -Kunst); Das goldene Vließ (Trilogie: Der Gastfreund, Die Argonauten, Medea); König Ottokars Glückund End, Ein Bruderzwist im Hause Habsburg (Geschichtsdramen); Der Traum ein Leben, Weh dem,der lügt (Komödien); Des Meeres und der Liebe Wellen, Libussa.Das Prosawerk Grillparzers umfasst Tagebücher, Briefe, eine Selbstbiografie, Studien und zweiNovellen, Das Kloster bei Sendomir und Der arme Spielmann.

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Der Autor und Schauspieler Ferdinand RaimundFerdinand RaimundFerdinand RaimundFerdinand Raimund schreibt Theaterstücke (Zauberpossen,„Originalstücke“) in biedermeierlicher Tradition, wonach das wahre Glück, die wirkliche Größe desMenschen in der Selbstbescheidung und im Verzicht liegt: Der Bauer als Millionär, Der Alpenkönigund der Menschenfeind, Der Verschwender.

Johann Nepomuk NestroyJohann Nepomuk NestroyJohann Nepomuk NestroyJohann Nepomuk Nestroy, ein im Gegensatz zu Raimund realistischer, kritischer und illusionsloserDichter, schreibt 79 dramatische Texte. Diese gliedern sich in Zauberpossen (Der böse GeistLumpazivagabundus), Charakterpossen (Der Talisman, Der Zerrissene, Einen Jux will er sichmachen) und Revolutionspossen (Freiheit in Krähwinkel, Zu ebener Erd und erster Stock).

Der in Linz wirkende Adalbert StifterAdalbert StifterAdalbert StifterAdalbert Stifter ist Vermittler traditioneller Werte, das Leben der „Helden“ seinerProsadichtungen ist geprägt durch Streben nach Harmonie, leidenschaftslose Zuneigung, Verzicht,Resignation und Demut vor der Schöpfung. Stifter steht in der Tradition der mittelhochdeutschenKlassik und der Weimarer Klassik, indem er die Menschen nicht so schildert, wie sie sind, sondern wiesie sein und werden könnten. Bekannte sind Bunte Steine (Erzählsammlung), Brigitta (Erzählung), DerHochsommer (Erziehungs-, Bildungs- und Entwicklungsroman), Witiko (geschichtlicher Roman).

Nikolaus LenauNikolaus LenauNikolaus LenauNikolaus Lenau schreibt in seinen politischen Gedichten gegen die Macht des Adels, gegen dieUntertanenmentalität des österreichischen Volkes und für politische und religiöse Freiheit. Die Motivein seinen Natur- und Liebesgedichten sind Schwermut, Melancholie, Verzweiflung, Sehnsucht undTod. Die wichtigste Gedichtsammlung trägt den Titel Schilflieder, er schreibt auch ein Faust-Drama.

VormärzliteraturVormärzliteraturVormärzliteraturVormärzliteratur

Die Dichtung der Vormärzautoren hat liberale, später sozialpolitische Ziele. Man unterscheidet dieLiteratur des Jungen Deutschland Literatur des Jungen Deutschland Literatur des Jungen Deutschland Literatur des Jungen Deutschland und die eigentliche Vormärzdichtung (politischeVormärzdichtung (politischeVormärzdichtung (politischeVormärzdichtung (politischeTeTeTeTennnndenzdichtung)denzdichtung)denzdichtung)denzdichtung).

Das Junge DeutschlandDas Junge DeutschlandDas Junge DeutschlandDas Junge Deutschland

Darunter versteht man eine lose Vereinigung politisch engagierter Schriftsteller (Karl Gutzkow,Karl Gutzkow,Karl Gutzkow,Karl Gutzkow,Heinrich Laube, Theodor Mundt, Anastasius Grün, Ludwig Börne, Heinrich HeHeinrich Laube, Theodor Mundt, Anastasius Grün, Ludwig Börne, Heinrich HeHeinrich Laube, Theodor Mundt, Anastasius Grün, Ludwig Börne, Heinrich HeHeinrich Laube, Theodor Mundt, Anastasius Grün, Ludwig Börne, Heinrich Heiiiinenenene). Sie sprechensich für eine Erneuerung der Literatur und die Überwindung der klassischen und romantischenÄsthetik aus, sowie gegen Zensur und Willkür der Herrscher, gegen Konventionen und Feudalismus,für die Emanzipation der Frauen, für Bürgerrechte, Pressefreiheit und die Trennung von Staat undAmtskirche.Bevorzugte literarische Formen:Bevorzugte literarische Formen:Bevorzugte literarische Formen:Bevorzugte literarische Formen: lyrische Texte, Romane, Reiseberichte, Briefe, Flugblätter,journalistische Texte, Feuilletons. Am 10. Dezember 1835 werden die gesamten Schriften des JungenDeutschland durch den Deutschen Bundestag verboten. Heine und Börne emigrieren nach Paris.

Heinrich HeineHeinrich HeineHeinrich HeineHeinrich Heine, ein Dichter zwischen Romantik und neuem Realismus, zwischen Sentimentalität undkritischer Distanzierung, rebelliert gegen das zweckfreie Stimmungsgedicht und setzt seine Dichtungals Kritik gegen Zensur, Militarismus, Staatskirche, geistige Erstarrung des Bürgertums undgesellschaftliche Konventionen ein. Das Buch der Lieder beinhaltet romantische Stimmungs- undStilmittel, die er teilweise zynisch zerstört. Zu seinem Werk gehören auch die Versepen Atta Troll. EinSommernachtstraum; Deutschland. Ein Wintermärchen oder der späte Gedichtband Romanzero.

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Politische Lyrik – Tendenzdichtung nach 1840Politische Lyrik – Tendenzdichtung nach 1840Politische Lyrik – Tendenzdichtung nach 1840Politische Lyrik – Tendenzdichtung nach 1840

Literatur dient auch nach dem Verbot der Schriften des Jungen Deutschland als Medium impolitischen Emanzipationskampf (Pamphlete, Aufrufe, Agitationsgedichte, Studien, Skizzen, Satiren).Die soziale Situation des Arbeiterstandes (Verarmung, Elend, Rechtlosigkeit) findet zum ersten MalEingang in die Literatur. Vertreter dieser politischen Tendenzdichtung sind Georg Weerth, FerdinandGeorg Weerth, FerdinandGeorg Weerth, FerdinandGeorg Weerth, FerdinandFreilFreilFreilFreil iiiigrath, Georg Herwegh, Hoffmann von Fallersleben, Robert Prutzgrath, Georg Herwegh, Hoffmann von Fallersleben, Robert Prutzgrath, Georg Herwegh, Hoffmann von Fallersleben, Robert Prutzgrath, Georg Herwegh, Hoffmann von Fallersleben, Robert Prutz.

Literatur und Revolution – Georg BüchnerLiteratur und Revolution – Georg BüchnerLiteratur und Revolution – Georg BüchnerLiteratur und Revolution – Georg Büchner

Georg BüchnerGeorg BüchnerGeorg BüchnerGeorg Büchner: wendet sich wie Christian Dietrich Grabbe gegen die klassische Dramenästhetik undgegen die idyllische Scheinwelt der Biedermeierzeit; er ist aufgrund seiner innovativen Dramen undseines politisch-sozialen Engagements von großer Bedeutung. Er gibt zusammen mit FriedrichFriedrichFriedrichFriedrichLuLuLuLuddddwig Weidigwig Weidigwig Weidigwig Weidig die revolutionäre Flugschrift Hessischer LandboteHessischer LandboteHessischer LandboteHessischer Landbote heraus. Büchners Werke:Dantons Tod (Revolutionsdrama), Woyzeck (Außenseiterdrama), Leonce und Lena (Komödie), Lenz(Novelle, Thema ist das seelische Leiden des Sturm-und-Drang-Dichters Jakob Michael ReinholdLenz).Das soziale Drama WoyzeckWoyzeckWoyzeckWoyzeck, in dessen Mittelpunkt ein einfacher, macht- und sprachloser Menschsteht, gehört zum offenen Dramentyp offenen Dramentyp offenen Dramentyp offenen Dramentyp (vgl. Stichwort Literatur, S. 205f).

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Bürgerlicher Realismus (1848 – 1885)

Bild der EpocheBild der EpocheBild der EpocheBild der Epoche

Diese Epoche beginnt 1848 mit dem Scheitern der bürgerlichen Revolution und endet mit demAufkommen des Naturalismus, der das Leben und die sozialen Probleme des Arbeiterstandes und dernotleidenden Menschen beschreibt.Das gebildete Bürgertum (Träger der Revolution) verzichtet nach 1848 auf politische Macht underkauft sich so Wohlstand, soziale Ruhe und Ordnung. 1871 kommt es zur Einigung Deutschlands,das einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt (Gründerzeit). Deutschland wird zum hochentwickeltenIndustriestaat, während Österreich bis ins 20. Jahrhundert ein Agrarstaat bleibt.Soziale Folgen der IndustrialisierungSoziale Folgen der IndustrialisierungSoziale Folgen der IndustrialisierungSoziale Folgen der Industrialisierung sind das Anwachsen der Städte (Fabriken, Mietskasernen),starkes Bevölkerungswachstum, Verelendung der Industriearbeiter, Verschärfung der Gegensätzezwischen Industriekapitalismus (Besitzbürgertum) und Proletariat (4. Stand), Auswanderungswellen.Trotz erster Sozialgesetze verarmt der 4. Stand immer mehr. Karl MarxKarl MarxKarl MarxKarl Marx und Friedrich EFriedrich EFriedrich EFriedrich Ennnngelsgelsgelsgelsschreiben das Manifest der kommunistischen Partei.Viele Dichter (und auch Bildungsbürger) ziehen sich in eine apolitische Innerlichkeit apolitische Innerlichkeit apolitische Innerlichkeit apolitische Innerlichkeit zurück unddamit erfolgt auch eine geistige Abgrenzung von der radikalen Wirklichkeit. Humor Humor Humor Humor und Ironie Ironie Ironie Ironie in derDichtung sollen den Widerspruch zwischen persönlicher Wunschvorstellung und objektiver Wirklichkeitauflösen.Die Literaturproduktion erlebt einen Aufschwung: Leihbüchereien und Volksbibliotheken entstehen,Wochenzeitschriften (Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt) und Illustrierte werden verlegt, vieleAutoren unterwerfen sich den Zwängen der Massenproduktion und dem Geschmack breiterLeserschichten.

Programm und Formen des poetischen RealismusProgramm und Formen des poetischen RealismusProgramm und Formen des poetischen RealismusProgramm und Formen des poetischen Realismus

Der Name „ poetischer Realismus“ „ poetischer Realismus“ „ poetischer Realismus“ „ poetischer Realismus“ stammt von Otto LudwigOtto LudwigOtto LudwigOtto Ludwig; er wendet sich gegen dieidealisierenden Tendenzen der Romantik und Klassik und auch gegen die Tendenzpoesie des JungenDeutschland und Vormärz. Im Mittelpunkt der Dichtung steht der Bürger (Gelehrter, Kaufmann,Handwerker) in der Gemeinschaft; der Mensch wird ohne Beziehung zum Metaphysischen gesehenund es werden eher die Sonnenseiten des Lebens beschrieben.Bevorzugte Gattungen Bevorzugte Gattungen Bevorzugte Gattungen Bevorzugte Gattungen realistischer Dichtung sind neben der Lyrik (auch Balladen), die sich teilweisean klassischen und romantischen Lyrikformen orientiert, und dem Drama (Friedrich Hebbel, LudwigFriedrich Hebbel, LudwigFriedrich Hebbel, LudwigFriedrich Hebbel, LudwigAnzengruberAnzengruberAnzengruberAnzengruber) die Novelle und der Roman (Gesellschaftsroman, Bildungsroman, historischer Roman).

SchriftstellerSchriftstellerSchriftstellerSchriftsteller

! Gottfried Keller Gottfried Keller Gottfried Keller Gottfried Keller ist neben Jeremias GotthelfJeremias GotthelfJeremias GotthelfJeremias Gotthelf und Conrad Ferdinand MeyerConrad Ferdinand MeyerConrad Ferdinand MeyerConrad Ferdinand Meyer der bekanntesteSchweizer Erzähler dieser Zeit; er schreibt Die Leute von Seldwyla (darin enthalten ist Romeo undJulia auf dem Dorfe) und Züricher Novellen (Novellensammlung), Der grüne Heinrich(Bildungsroman) und Lyrik.

! Der in Norddeutschland geborene Jurist Theodor StormTheodor StormTheodor StormTheodor Storm schreibt vor allem von derGrundstimmung der Vergänglichkeit getragene Gedichte, Erzählungen und Novellen: SpäteRosen, Viola Tricolor, Aquis submersus, Pole Poppenspäler, Immensee, Der Schimmelreiter.

! Theodor FontaneTheodor FontaneTheodor FontaneTheodor Fontane ist der Schöpfer des deutschen realistischen Gesellschaftsromans, beliebt sindauch seine Balladen: Archibald Douglas, Die Brücke am Tay, John Maynard, Herr von Ribbeck.Seine bekanntesten epischen Texte sind Irrungen Wirrungen, Effie Briest, Der Stechlin (Romane)und Grete Minde, Schach von Wuthenow, Unterm Birnbaum (Erzählungen).

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Österreichische SchriftstellerInnen der EpocheÖsterreichische SchriftstellerInnen der EpocheÖsterreichische SchriftstellerInnen der EpocheÖsterreichische SchriftstellerInnen der Epoche

In der österreichischen Literatur kommt es bereits in der Zeit des späten Realismus zu einerHinwendung zu naturalistischen Inhalten.Die aus Mähren stammende Adelige Marie von Ebner-Eschenbach beobachtet sehr kritisch ihreadeligen Standesgenossen und die Lebensverhältnisse der unterdrückten ländlichen Bevölkerung. Sieschreibt vor allem Romane (Bozena, Das Gemeindekind) und Erzählungen (Krambambuli, Er lässt dieHand küssen).Ferdinand von Saar, ein verarmter Adeliger, beschreibt in seinen Novellen aus Österreich (DieSteinklopfer) das Leben adeliger Menschen, aber auch das der Armen und Hilflosen.

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Naturalismus (1880-1900)

Grundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der EpocheGrundzüge der Epoche

Die NaturalistenNaturalistenNaturalistenNaturalisten (die „Modernen“, „Jüngstdeutsche“) wenden sich gegen alle Konventionen, gegendie bestehende gesellschaftliche Ordnung, gegen das kapitalistische Bürgertum, gegen die etabliertenSchriftsteller der Gründerzeit, gegen soziale Missstände und gegen eine idealisierende undpoetisierende Darstellung der Wirklichkeit (Ende des Idealismus).

Die soziale FrageDie soziale FrageDie soziale FrageDie soziale Frage

Durch Wirtschaftskrisen und Verstädterung wird die soziale Frage immer brennender. 1870 leben 36%der Deutschen in Städten, 1910 bereits 60%. Große Einkommensunterschiede bestehen instädtischen Ballungsgebieten, besonders in Berlin. Erste Arbeitervereine werden gegründet, jungeSchriftsteller ziehen in die Arbeiterviertel vornehmlich von Berlin und München, um das Elend derMenschen des 4. Standes am eigenen Leib zu erfahren, wissenschaftlich zu untersuchen und zubeschreiben.

Die Schriftsteller und ihre ThemenDie Schriftsteller und ihre ThemenDie Schriftsteller und ihre ThemenDie Schriftsteller und ihre Themen

Themen sind die objektive, uneingeschränkte, fotografisch genaue Wiedergabe der Wirklichkeit unddie Schattenseiten menschlichen Daseins (Elend des Proletariats, …). Alles Metaphysische undTranszendente und die Beschreibung der Sonnenseiten menschlicher Existenz werden abgelehnt.Beeinflusst sind die Dichter durch die materialistische Philosophie von Ludwig FeuerbachLudwig FeuerbachLudwig FeuerbachLudwig Feuerbach, durch diesozialen Theorien von Karl MarxKarl MarxKarl MarxKarl Marx und Friedrich EngelFriedrich EngelFriedrich EngelFriedrich Engel (Manifest der kommunistischen Partei), durchdie Abstammungslehre und die Vererbungslehre von Charles DarwinCharles DarwinCharles DarwinCharles Darwin bzw. Gregor MendelGregor MendelGregor MendelGregor Mendel und durchden Gedanken der Determination (Festlegung) des menschlichen Handelns durch Vererbung, Rasseund soziales Milieu. Weitere Grundlagen des Naturalismus sind die Erkenntnisse der modernenNaturwissenschaften, besonders der Soziologie und die Gedanken des Positivismus (Philosophie, dieihre Forschung auf das tatsächlich Erlebbare beschränkt).Wichtige naturalistische AutorenWichtige naturalistische AutorenWichtige naturalistische AutorenWichtige naturalistische Autoren: Heinrich und Julius Hart, Hermann Conradi, Arno Holz, JohannesSchlaf, Gerhart Hauptmann, Hermann Bahr, Michael Georg Conrad.

Literarische VorbilderLiterarische VorbilderLiterarische VorbilderLiterarische Vorbilder

! Emile Zola Emile Zola Emile Zola Emile Zola (1840-1902): französischer Schriftsteller, Vertreter der Determinationslehre, Le romanexperimental (Der Experimentalroman)

! Henrik IbsenHenrik IbsenHenrik IbsenHenrik Ibsen (1828-1906): Norweger, schreibt Dramen in analytischer Technik, entlarvtpersönliche und öffentliche Lebenslügen der bürgerlichen Gesellschaft, Gespenster, Nora oderEin Puppenheim, Ein Volksfeind, Die Wildente.

! Leo TolstojLeo TolstojLeo TolstojLeo Tolstoj (1828-1910): russischer Schriftsteller, aus altem Adel, Offizier, Pädagoge, späterausschließlich als Dichter tätig, Krieg und Frieden (historischer und geschichtsphilosophischerRoman), Anna Karenina (Eheroman), Die Macht der Finsternis (Drama)

! Fjodor DostojewskyFjodor DostojewskyFjodor DostojewskyFjodor Dostojewsky (1821-1881): russischer Schriftsteller, früher Anhänger eines utopischenSozialismus, zum Tode verurteilt, dann zu vierjähriger Verbannung nach Sibirien begnadigt,später Offizier, dann ausschließlich Schriftsteller, viele Reisen durch Europa, hatte in seinemHeimatland wenig Erfolg; schreibt Romane, in denen er persönliche und gesellschaftlicheProbleme psychologisch durchleuchtet: Schuld und Sühne, Der Idiot, Die Dämonen, Die BrüderKaramasow (unvollendeter Roman).

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LyrikLyrikLyrikLyrik

Die meisten naturalistischen Lyriker schreiben politisch-revolutionäre Gedichte in einer eherkonventionellen Form. Viele Gedichte weisen auch schon auf den Impressionismus hin (Lautmalerei,Ausdrucksbilder). Nur Arno HolzArno HolzArno HolzArno Holz versucht eine „Revolution der Lyrik“ (Phantasus), indem er demRhythmus einen wichtigeren Stellenwert zuschreibt als z. B. dem Reim oder der Stropheneinteilung.Bekannte Lyriker neben Arno Holz sind Detlev von LiliencronDetlev von LiliencronDetlev von LiliencronDetlev von Liliencron und Richard DeRichard DeRichard DeRichard Dehhhhmelmelmelmel.

EpikEpikEpikEpik

Wichtige epische Texte: Papa Hamlet von Arno HolzArno HolzArno HolzArno Holz und Johannes SchlafJohannes SchlafJohannes SchlafJohannes Schlaf (mit den Prosa-Neuerungen des Sekundenstils und des „Dialogs mit Regieanweisungen“) und Bahnwärter Thiel vonGerhart HauptmannGerhart HauptmannGerhart HauptmannGerhart Hauptmann.

DramatikDramatikDramatikDramatik

Ein Vorläufer des naturalistischen Dramas ist Ludwig Anzengruber Ludwig Anzengruber Ludwig Anzengruber Ludwig Anzengruber mit Das vierte Gebot, DerMeineidbauer; der wichtigste Vertreter ist Gerhart HauptmannGerhart HauptmannGerhart HauptmannGerhart Hauptmann (Vor Sonnenaufgang, Die Weber, DerBiberpelz, Fuhrmann Henschel, Die Ratten).

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Gegenströmungen zum Naturalismus (1890–1920)

Bereits zur Blütezeit des Naturalismus gibt es Gegenströmungen, die zumindest einen Aspekt mit ihmgemeinsam haben. Wien, MünchenWien, MünchenWien, MünchenWien, München und BerlinBerlinBerlinBerlin entwickeln sich zu KulturzentrenKulturzentrenKulturzentrenKulturzentren. Die Autorenstammen aus dem bürgerlichen Milieu, verurteilen aber dessen Lebensstil. Die Vertreter derGegenströmungen sind Gegner der Verfahrensweisen des Naturalismus: Sie wehren sich gegenVerstädterung, wirtschaftliche und politische Expansion und fühlen sich eng mit Geschichte undTradition verbunden. Die Autoren reagieren unterschiedlich auf den „Fortschrittsglauben“: mit demWeltschmerz des „Fin de siècle“, mit der Psychoanalyse, mit dem Rückzug aus dem Alltagsleben, mitder Propagierung des Herrenmenschen oder dem Rückgriff auf Traditionen des Mittelalters.

Das Ende der DonaumonarchieDas Ende der DonaumonarchieDas Ende der DonaumonarchieDas Ende der Donaumonarchie

Um 1890189018901890 befindet sich die Donaumonarchie in ihrer EndphaseEndphaseEndphaseEndphase. Nationale SpannungenNationale SpannungenNationale SpannungenNationale Spannungen werdengrößer.Das deutsch-österreichische Bürgertum fühlt sich durch den wirtschaftlichen Aufstieg nichtdeutscherbürgerlicher Schichten in seiner Stellung bedroht. Programme gegen Überfremdung werdenausgearbeitet.

SprachskepsisSprachskepsisSprachskepsisSprachskepsis

Die Autoren und Philosophen zweifeln immer mehr an der Fähigkeit, die Wirklichkeit zu erkennen undsie mit Hilfe der Sprache darzustellen. Die traditionelle Aufgabe der Sprache, wahre Aussagen zumachen und zur Kommunikation zu dienen, wird fragwürdig, dies gilt besonders für die Alltagssprache.Dieses Phänomen ist besonders bei Dichtern des Jungen Wien das Thema ihrer Werke (vgl. Hugovon Hofmannsthal Der Lord-Chandos-Brief und Der Schwierige).

Sigmund Freud und die PsychoanalyseSigmund Freud und die PsychoanalyseSigmund Freud und die PsychoanalyseSigmund Freud und die Psychoanalyse

Durch die Methode der Psychoanalyse gibt es neue Möglichkeiten der Menschendarstellung. DieVorstellung vom Menschen als einheitliches Wesen wird angezweifelt. Freud unterscheidet in dermenschlichen Seele das Über-IchÜber-IchÜber-IchÜber-Ich (Gebote, Gewissen, Moral; die Kontrollinstanz des Menschen), dasEsEsEsEs (Gesamtheit der unbewussten Triebe) und das Ich Ich Ich Ich (die Vermittlerin zwischen beiden). Aus derDiskrepanz zwischen Über-Ich und Es ergeben sich psychische Störungen, Krankheiten, die auchkörperliche Symptome zeigen, so genannte NeurosenNeurosenNeurosenNeurosen. Mit Hilfe der PsychoanalysePsychoanalysePsychoanalysePsychoanalyse, einer ArtGesprächstherapie, soll Heilung erzielt werden. Freuds Erkenntnisse werden besonders von ArthurSchnitzler in Literatur umgesetzt.

Der SymbolismusDer SymbolismusDer SymbolismusDer Symbolismus

Diese Strömung hat ihre Wurzeln in Frankreich, besonders bei Charles BaudelaireCharles BaudelaireCharles BaudelaireCharles Baudelaire. In seinenGedichten, die reine Poesie darstellen, werden Assoziationen realer Gegenstände getilgt. DieGedichte leben von Rhythmus, Reim, Assonanzen, Farb- und Lautsymbolik. Sie zeigen eine engeVerwandtschaft zur Musik. Die Autoren des Symbolismus ziehen sich bewusst aus der Wirklichkeitzurück.Vertreter des Symbolismus im deutschsprachigen Bereich sind z. B. Stefan GeorgeStefan GeorgeStefan GeorgeStefan George, Hugo vonHugo vonHugo vonHugo vonHofmannsthalHofmannsthalHofmannsthalHofmannsthal und Rainer Maria von RilkeRainer Maria von RilkeRainer Maria von RilkeRainer Maria von Rilke.

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Die Wiener ModerneDie Wiener ModerneDie Wiener ModerneDie Wiener Moderne

WienWienWienWien mit den Prunkbauten der Ringstraße ist zum kulturellen Zentrumzum kulturellen Zentrumzum kulturellen Zentrumzum kulturellen Zentrum geworden. 9% derBevölkerung sind Juden; sie stellen einen Großteil der Intellektuellen. Bereits jetzt werden sie alsSündenböcke für den Kapitalismus in der Wirtschaft hingestellt. Die jungen Autoren veröffentlichenmeist in Deutschland.Das Kaffeehaus Das Kaffeehaus Das Kaffeehaus Das Kaffeehaus (z. B. Café Griensteidl) wird zu einer kulturellen Institution; hier treffen sich Leutealler Klassen, um zu lesen oder Konversation zu treiben. Die Form des FeuilletonsFeuilletonsFeuilletonsFeuilletons entspricht demLeben im Kaffeehaus. Ein Vertreter der so genannten Kaffeehausliteraten ist Peter AltenbergPeter AltenbergPeter AltenbergPeter Altenberg.

Arthur SchnitzlerArthur SchnitzlerArthur SchnitzlerArthur Schnitzler

Von Beruf Arzt fühlt er sich als Jude in Wien nicht ganz heimisch. Seine naturwissenschaftlicheAusbildung und seine praktische Erfahrung als Arzt prägen sein literarisches Werk. Er steht derPsychoanalyse positiv gegenüber und interessiert sich für psychische Erkrankungen undunkonventionelle Behandlungsmethoden.Schwierig gestalten sich seine Beziehungen zu Frauen, sein HauptthemaHauptthemaHauptthemaHauptthema ist daher auch dieBeziehung zwischen Mann und FrauBeziehung zwischen Mann und FrauBeziehung zwischen Mann und FrauBeziehung zwischen Mann und Frau in vielen Varianten.Einakter Einakter Einakter Einakter und Dramenzyklen Dramenzyklen Dramenzyklen Dramenzyklen (Anatol, Der Reigen; vergleichen Sie dazu Stichwort Literatur, S. 279ff.)sind die bevorzugten Dramenformen. Das dramatische Geschehen tritt zurück, das Hauptaugenmerkliegt auf der Konversation; Konflikte werden in Schwebe gelassen.

Der ImpressionismusDer ImpressionismusDer ImpressionismusDer Impressionismus

Der Begriff stammt aus der Malerei und wird auf Musik und Literatur übertragen. Er verkörpert dieästhetische Grundhaltung, die vom Wechsel der PerspektivenWechsel der PerspektivenWechsel der PerspektivenWechsel der Perspektiven lebt. Im Mittelpunkt steht der sinnlich-sinnlich-sinnlich-sinnlich-subjektive Eindruck,subjektive Eindruck,subjektive Eindruck,subjektive Eindruck, der einmalige Augenblick, der flüchtige Reiz.Der innere Monologinnere Monologinnere Monologinnere Monolog gilt als Errungenschaft des literarischen Impressionismus. DerBewusstseinsstrom einer Person wird wiedergeben, aus Erinnerungen, Hoffnungen, Gedanken,Assoziationen, optischen und akustischen Eindrücken, Fetzen von Gesprächen entsteht das Bild einerPerson.SchnitzlerSchnitzlerSchnitzlerSchnitzler gilt als Meister dieser Darstellungsform (Leutnant Gustl und Fräulein Else). (VergleichenSie dazu Stichwort Literatur, S. 284f.)

Der JugendstilDer JugendstilDer JugendstilDer Jugendstil

Auch dieser Begriff ist der bildenden Kunst entlehnt. Das Ornament Ornament Ornament Ornament steht im Vordergrund. Obwohlflorale Motive vorherrschen, ist es dennoch keine realistische Darstellungkeine realistische Darstellungkeine realistische Darstellungkeine realistische Darstellung.Literarisch strebt der Jugendstil nach einem kunstvoll gestalteten Ganzen, die Details erhalten Kontur.Der literarische Jugendstil vertrittvertrittvertrittvertritt einerseits einen vitalen Lebensbegriffvitalen Lebensbegriffvitalen Lebensbegriffvitalen Lebensbegriff, andererseits aber auchaber auchaber auchaber auchLust am VerfallLust am VerfallLust am VerfallLust am Verfall, an Neurosen, Dekadentem und Morbidem.Vertreter des Jugendstils mit einem Teil ihres Werkes sind z. B. Rilke, George, Hofmannsthal,Rilke, George, Hofmannsthal,Rilke, George, Hofmannsthal,Rilke, George, Hofmannsthal,Hauptmann.Hauptmann.Hauptmann.Hauptmann.

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Expressionismus (1910-1920)

Die Bezeichnung „Expressionismus“ wird in Anlehnung an die bildende KunstAnlehnung an die bildende KunstAnlehnung an die bildende KunstAnlehnung an die bildende Kunst (Van Gogh, Matisse,Cezanne) verwendet. In Deutschland bezeichnet man Franz MarcFranz MarcFranz MarcFranz Marc, August MackeAugust MackeAugust MackeAugust Macke, WassilijWassilijWassilijWassilijKandinskyKandinskyKandinskyKandinsky und Ernst Ludwig KirchnerErnst Ludwig KirchnerErnst Ludwig KirchnerErnst Ludwig Kirchner als Expressionisten.Sie treten gegen Tradition und Realismus gegen Tradition und Realismus gegen Tradition und Realismus gegen Tradition und Realismus auf, die ästhetische Komponente der Kunst wird durch die„ethische“ ersetzt. Wesentlich ist die IntensitätIntensitätIntensitätIntensität.Während der Nazizeit sind die Werke der Expressionisten als „entartet“ verboten. Nach 1945 kommtes zu einer neuen positiven Bewertung der Epoche.

Technische Welt und PoesieTechnische Welt und PoesieTechnische Welt und PoesieTechnische Welt und Poesie

Einerseits richtet sich der Expressionismus gegen alle Errungenschaften des Naturalismus undPositivismus, andererseits bewertet bewertet bewertet bewertet er die technischen Erneuerungentechnischen Erneuerungentechnischen Erneuerungentechnischen Erneuerungen durchaus positivpositivpositivpositiv. DieseMeinung wird vor allem vom FuturismusFuturismusFuturismusFuturismus verkörpert. (Vertreter: Filippo Tommaso MarinettiFilippo Tommaso MarinettiFilippo Tommaso MarinettiFilippo Tommaso Marinetti) DieSchönheit der Geschwindigkeit wird gepriesen, das Auto und das Flugzeug verherrlicht. Hinter dieserBewunderung steckt der Glaube daran, dass der Mensch etwas Neues schaffen kann, die Gesetzeder Natur durchbrechen kann.Der futuristische LiteraturbegriffLiteraturbegriffLiteraturbegriffLiteraturbegriff betont die Zerstörung der traditionellen Dichtersprache Zerstörung der traditionellen Dichtersprache Zerstörung der traditionellen Dichtersprache Zerstörung der traditionellen Dichtersprache. Syntaxund Grammatik werden „zertrümmert“, es entstehen Lautmontagen, Wortspiele oder freieAssoziationen.

ZeitschriftenZeitschriftenZeitschriftenZeitschriften

Expressionistische Texte werden zuerst in Zeitschriften veröffentlicht, in denen alle Künste behandeltwerden. Der Stil ist ähnlich einer Tageszeitung, das Layout nüchtern und einfach.Beispiele Beispiele Beispiele Beispiele für Zeitschriften:Der Sturm (1910) nimmt sich besonders um Else Lasker-Schüler und August Stramm an.Die Aktion (1911-1932) ist das wichtigste Organ des Expressionismus.

AutorInnenAutorInnenAutorInnenAutorInnen

Die bedeutenden AutorInnen bleiben Einzelgänger, die eine wirklichkeitsfremde Einstellung zurwirklichkeitsfremde Einstellung zurwirklichkeitsfremde Einstellung zurwirklichkeitsfremde Einstellung zurPolitik Politik Politik Politik haben. Sie stellen unrealistische und illusorische Forderungen. Ihre Ohnmacht zeigt sichbesonders bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der als Zusammenbruch jeglicher Menschlichkeitangesehen wird.Die Autoren stammen aus bürgerlich-intellektuellen Kreisenbürgerlich-intellektuellen Kreisenbürgerlich-intellektuellen Kreisenbürgerlich-intellektuellen Kreisen, wenden sich aber gegen diegegen diegegen diegegen dietraditionellen Bildungsinhaltetraditionellen Bildungsinhaltetraditionellen Bildungsinhaltetraditionellen Bildungsinhalte und bürgerlichen Wertvorstellungenbürgerlichen Wertvorstellungenbürgerlichen Wertvorstellungenbürgerlichen Wertvorstellungen. Es ergibt sich natürlich dieSchwierigkeit der Existenzsicherung, da ja nur bürgerliche Kreise ihre Werke lesen.In den Werken geht es um Leid, Not, Mitleid mit Unterdrückten und Bedrängten, Weltverbesserung,Schaffung eines „neuen“ Menschen, Appelle an Menschlichkeit, Friede und Versöhnung.Gedichtsammlungen wie Menschheitsdämmerung verdeutlichen diese Inhalte.

ProsaProsaProsaProsa

Die künstlerischen Intentionen des Expressionismus lassen sich in der Prosa nur schwerverwirklichen. Ein Vertreter ist Kasimir EdschmidKasimir EdschmidKasimir EdschmidKasimir Edschmid. Die Hauptfiguren seiner Erzählungen sindKraftmenschen, Abenteurer, die die modernde Zivilisation ablehnen.

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LyrikLyrikLyrikLyrik

Gedichtsammlungen wie Weltfreund, Menschheitsdämmerung verdeutlichen das Widerspruchsvolleder Lyrik, Weltverbesserungsfanatismus und Motiv des Weltuntergangs markieren einerseits denGlauben an eine bessere Welt, andererseits die Gewissheit, dass die gegenwärtige Welt zugrundegehen muss.Kontraste finden sich auch im Formalen: Neben Festhalten an alten Formen wie dem Sonettentstehen Gedichte, die dem Futurismus verpflichtet sind.VertreterVertreterVertreterVertreter der expressionistische Lyrik: Trakl, Lasker-Schüler, Heym, Benn Trakl, Lasker-Schüler, Heym, Benn Trakl, Lasker-Schüler, Heym, Benn Trakl, Lasker-Schüler, Heym, Benn

DramaDramaDramaDrama

Das Drama kommt erst spät zur Wirkung; die meisten Theaterstücke werden erst in den ersten Jahrender Weimarer Republik aufgeführt. Sie sind Ausdruck der Abrechnung mit der „alten“ Welt und derDarstellung der neuen Weltanschauung. Es steht im starken Gegensatz zum naturalistischen Drama.VorbilderVorbilderVorbilderVorbilder sind Grabbe, Büchner, Wedekind, Maeterlinck und Strindberg.Grabbe, Büchner, Wedekind, Maeterlinck und Strindberg.Grabbe, Büchner, Wedekind, Maeterlinck und Strindberg.Grabbe, Büchner, Wedekind, Maeterlinck und Strindberg.

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Bürgerliche Literatur vor dem Ersten Weltkrieg

Die Zeit von 1890 bis zum Ersten Weltkrieg bildet keine literaturgeschichtliche Einheit. Es gibtunterschiedliche Epochenunterschiedliche Epochenunterschiedliche Epochenunterschiedliche Epochen wie z. B. den Naturalismus, den Symbolismus, den Impressionismus oderden Expressionismus.Heinrich und Thomas Mann sowie Carl Sternheim lassen sich keiner dieser literarischen Bewegungenzuordnen. Gemeinsam ist den drei Autoren eine kritische Sicht der bürgerlichen Gesellschaft.

Was wird gelesen?Was wird gelesen?Was wird gelesen?Was wird gelesen?

Die HeimatHeimatHeimatHeimatkunstkunstkunstkunst steht für Zivilisationsfeindlichkeit, Antiintellektualismus, Antikapitalismus undverherrlicht den heimatbezogenen, bodenständigen und gesunden Menschen der ländlichenGesellschaft. Die Heimatkunst verklärt die Provinz, richtet sich gegen die „verkommene Großstadt“und gegen die moderne Technik. Sie lehnt literarische Strömungen wie den Naturalismus oder diepolitische Literatur ab. Erfolgreiche Vertreter Erfolgreiche Vertreter Erfolgreiche Vertreter Erfolgreiche Vertreter dieser Literatur sind z. B. Ludwig Ganghofer und PeterRosegger.Auch Dichter wie Karl May oder Eugenie Marlitt verkaufen Millionenauflagen, ihre Werke vermittelnIllusionen und Identifikationsangebote.

Thomas Mann (1875–1955)Thomas Mann (1875–1955)Thomas Mann (1875–1955)Thomas Mann (1875–1955)

Die Hauptfiguren der frühen Werke bis 1914 (Königliche Hoheit, Tristan, Der Tod in Venedig, TonioKröger) sind allesamt Künstler, die ein gespanntes Verhältnis zur Gesellschaft haben und scheitern.Die Romane und Erzählungen sind unpolitisch, soziale Themen werden kaum berücksichtigt. ThomasMann beschreibt die bürgerliche Welt, die Welt der Gründerzeit, als Zeit der bürgerlichen „Sicherheit“und des Friedens.Mit seinem Roman Buddenbrooks (1902) ist er erfolgreich, für ihn bekommt er auch 1929 denNobelpreis. Vergleichen Sie dazu Stichwort Literatur, S. 305–308.Den Ersten Weltkrieg begrüßt Thomas Mann als Exponent des kriegsbegeisterten deutschenBürgertums. 1918 wendet er sich in seiner Schrift Betrachtung eines Unpolitischen gegen dieDemokratie, die er als „Fortschrittsradikalismus“ bezeichnet. Thomas Mann spricht sich für eine„konservative Revolution“ aus. 1922 votiert er aber überraschend in seiner Rede Von deutscherRepublik für die Demokratie.1933 muss Thomas Mann in die Schweiz und später in die USA emigrieren.

Wichtige WerkeWichtige WerkeWichtige WerkeWichtige Werke: Buddenbrooks. Verfall einer Familie (1902), Der Zauberberg (1924), DieGeschichten Jakobs, Joseph und seiner Brüder (1933), Der junge Joseph, Joseph und seine Brüder(1934), Joseph in Ägypten, Joseph und seine Brüder (1936), Joseph der Ernährer, Joseph und seineBrüder (1943), Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt voneinem Freunde (1947), Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1954); viele Erzählungen, Novellenund Essays.

Heinrich Mann (1871–1950)Heinrich Mann (1871–1950)Heinrich Mann (1871–1950)Heinrich Mann (1871–1950)

Das Frühwerk Heinrich Manns ist vom „Fin de siècle“ und Tendenzen zum Konservativismus geprägt.Ab 1904 wird er aber zum engagierten politischen Schriftsteller, der sich gegen Militarismus undChauvinismus wendet. 1933 flieht Heinrich Mann nach Frankreich, 1940 emigriert er in die USA.Wichtige RomaneWichtige RomaneWichtige RomaneWichtige Romane: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen (1905), Der Untertan (1918; vgl.Sie dazu Stichwort Literatur, S. 308–310), Die Jugend des Königs Henri Quatre, Die Vollendung desKönigs Henri Quatre (1938).

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Die Literatur der Weimarer Republik (1918–1933)

Die politische und wirtschaftliche SituationDie politische und wirtschaftliche SituationDie politische und wirtschaftliche SituationDie politische und wirtschaftliche Situation

Die Weimarer Republik, die erste demokratische Republikerste demokratische Republikerste demokratische Republikerste demokratische Republik auf deutschem Boden, ist von vielenKrisen, Widersprüchen und politischen Kämpfen gekennzeichnet.Die wirtschaftliche Stabilisierungsphase von 1924 bis 1929, als die „ goldenen zwanziger Jahre“„ goldenen zwanziger Jahre“„ goldenen zwanziger Jahre“„ goldenen zwanziger Jahre“bezeichnet, dauert nur kurz, sie wird von amerikanischen Krediten finanziert. Durch die Kündigung derKredite bricht das wirtschaftliche System zusammen.Viele Menschen, viele politische Parteien glauben nicht an die Weimarer Verfassung. Wichtige Kräfteder Industrie, der Justiz und des Militärs sind anti-republikanisch eingestellt. Auch die demokratischenParteien empfinden die Weimarer Republik nicht als funktionsfähig.Dem gegenüber steht die neue nationalsozialistische Bewegungneue nationalsozialistische Bewegungneue nationalsozialistische Bewegungneue nationalsozialistische Bewegung, ihr gehört nach eigenemVerständnis und dem großer Bevölkerungskreise die Zukunft.Das politische System politische System politische System politische System der Weimarer Republik ist instabilinstabilinstabilinstabil, von Ende 1923 bis Frühjahr 1930wechseln sich sieben Regierungen ab. Die letzten Jahre der Weimarer Republik sind von politischemTerror und MordTerror und MordTerror und MordTerror und Mord, von Straßenschlachten zwischen nationalsozialistischen Schlägertrupps undpolitisch Andersdenkenden geprägt. Die ArbeiterbewegungArbeiterbewegungArbeiterbewegungArbeiterbewegung ist in SozialdemokratenSozialdemokratenSozialdemokratenSozialdemokraten undKommunistenKommunistenKommunistenKommunisten aufgespaltet, die untereinander verfeindetverfeindetverfeindetverfeindet sind. Sie können gegen die NSDAP keinegemeinsame Front bilden.Die ReparationszahlungenReparationszahlungenReparationszahlungenReparationszahlungen sind eine zusätzliche BelastungBelastungBelastungBelastung und verschärfen die wirtschaftlicheSituation. Politisch benutzen die Nationalsozialisten den Versailler Vertrag als Hauptargument gegendie Weimarer Koalition, die Deutschland in den Untergang treiben würde.Die Massenarbeitslosigkeit Massenarbeitslosigkeit Massenarbeitslosigkeit Massenarbeitslosigkeit radikalisiert die Bevölkerung, verschärft die politischen Gegensätze underleichtert erleichtert erleichtert erleichtert den NationalsozialistenNationalsozialistenNationalsozialistenNationalsozialisten den Weg an die MachtWeg an die MachtWeg an die MachtWeg an die Macht.

Literarische Öffentlichkeit und LiteraturtheorienLiterarische Öffentlichkeit und LiteraturtheorienLiterarische Öffentlichkeit und LiteraturtheorienLiterarische Öffentlichkeit und Literaturtheorien

In einer gesellschaftlich und kulturell unübersichtlichen Situation existieren unterschiedlichsteunterschiedlichsteunterschiedlichsteunterschiedlichsteliterarische Programme und Richtungen.literarische Programme und Richtungen.literarische Programme und Richtungen.literarische Programme und Richtungen.Literatur wird politisiert und hat Appellcharakter Appellcharakter Appellcharakter Appellcharakter. Kommunistische Schriftsteller Kommunistische Schriftsteller Kommunistische Schriftsteller Kommunistische Schriftsteller sehen die Kunstals „Waffe der Klassen im KlassenkampfWaffe der Klassen im KlassenkampfWaffe der Klassen im KlassenkampfWaffe der Klassen im Klassenkampf“. Dichtung wird zur „Agitationsliteratur“. EineSonderstellung nimmt dabei Bertolt Brecht Bertolt Brecht Bertolt Brecht Bertolt Brecht ein, der die politisch-soziale Aufgabe politisch-soziale Aufgabe politisch-soziale Aufgabe politisch-soziale Aufgabe immer inVerbindung mit künstlerischen AnforderungenVerbindung mit künstlerischen AnforderungenVerbindung mit künstlerischen AnforderungenVerbindung mit künstlerischen Anforderungen sieht.Die Polarisierung in proletarische und bürgerliche Literatur führt so weit, dass gegen „linksbürgerliche“Autoren wie Alfred Döblin, Ernst Toller oder Kurt Tucholsky polemisiert wird.Die so genannte völkische Literatur völkische Literatur völkische Literatur völkische Literatur fördert die faschistische Kulturpolitik. Die Literatur desNationalsozialismus hat ihre Wurzeln in der Weimarer Republik und ist in der 1927 gegründeten„Nationalsozialistischen Gesellschaft für deutsche Kultur“ organisiert.Der Begriff bürgerliche Literaturbürgerliche Literaturbürgerliche Literaturbürgerliche Literatur umfasst konservativekonservativekonservativekonservative und so genannte linksbürgerliche linksbürgerliche linksbürgerliche linksbürgerliche Autoren(Heinrich Mann, Alfred Döblin, Kurt Tucholsky) oder heute bereits zu Klassikern Klassikern Klassikern Klassikern gewordenen(Thomas Mann, Hermann Hesse, Gottfried Benn).

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Der Zeitroman der Neuen SachlichkeitDer Zeitroman der Neuen SachlichkeitDer Zeitroman der Neuen SachlichkeitDer Zeitroman der Neuen Sachlichkeit

Der ZeitromanZeitromanZeitromanZeitroman erlebt seine Blüte gegen Ende der Weimarer Republik und ist prinzipiell nur aus derwirtschaftlichen, sozialen und politischen Situation verstehbar. Er gehört in die literarische Bewegungder Neuen Sachlichkeit, Neuen Sachlichkeit, Neuen Sachlichkeit, Neuen Sachlichkeit, die die „objektive“ Wirklichkeit sachlich, fast dokumentarisch undreportagenhaft darstellen will, indem sie die gesellschaftlich-soziale Realität, den Alltag, beschreibt.

Ein experimenteller Großstadtroman: Berlin Alexanderplatz

Der Held in Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz ist der Arbeiter Franz Biberkopf, der ein hartesSchicksal erleidet und am Ende als Fabrikportier arbeitet.Das wichtigste Strukturmerkmal ist die Montage Montage Montage Montage von Sprache, Form und Erzählgegenständen. Dieseneuartige Erzählweise fügt Lieder, Reklame, Formeln, Statistiken, Wettervorhersagen, Fahrpläne undanderes zu einem Mosaik der WirklichkeitMosaik der WirklichkeitMosaik der WirklichkeitMosaik der Wirklichkeit zusammen. Eine Vielfalt der Stile, bei der die Technik desStream of Conciousness, der innere Monolog, Parodie, Erzählerkommentare, Lieder miteinandervermischt werden, kommt zur Anwendung.

Der Kriegsroman der Weimarer RepublikDer Kriegsroman der Weimarer RepublikDer Kriegsroman der Weimarer RepublikDer Kriegsroman der Weimarer Republik

Diese Gattung ist epochenspezifisch für die Literatur der Weimarer Republik. 200 Romane über denErsten Weltkrieg erscheinen. Erich Maria RemarquesErich Maria RemarquesErich Maria RemarquesErich Maria Remarques Roman Im Westen nichts Neues Im Westen nichts Neues Im Westen nichts Neues Im Westen nichts Neues (VergleichenSie Stichwort Literatur, S. 321ff.), der den Krieg nicht verherrlicht, löst heftige politische Diskussionenaus.Die Kriegsromane werden meist aus autobiografischer Ich-Perspektive erzählt. Ernst Jüngers Ernst Jüngers Ernst Jüngers Ernst Jüngers InInInInStahlgewittern Stahlgewittern Stahlgewittern Stahlgewittern schildert in Form von Kriegstagebüchern typische militärische Aktionen wieStoßtrupps, Patrouillen und der Stellungskrieg. Jüngers Interpretation des Krieges, seine Funktion fürdie Soldaten sind streckenweise kriegsverherrlichendkriegsverherrlichendkriegsverherrlichendkriegsverherrlichend. Seine Nähe zu den Nationalsozialisten Nähe zu den Nationalsozialisten Nähe zu den Nationalsozialisten Nähe zu den Nationalsozialisten undseine elitäre Einstellung führen 1982 bei der Verleihung des Goethe-Preises zu Skandalen.

Drama und LyrikDrama und LyrikDrama und LyrikDrama und Lyrik

Das Drama Drama Drama Drama erfährt durch die Theatertheorien von Erwin Piscator Erwin Piscator Erwin Piscator Erwin Piscator und Bertolt BrechtBertolt BrechtBertolt BrechtBertolt Brecht und dassozialkritische Theater Ödön von Horvaths sozialkritische Theater Ödön von Horvaths sozialkritische Theater Ödön von Horvaths sozialkritische Theater Ödön von Horvaths und Marieluise FleißersMarieluise FleißersMarieluise FleißersMarieluise Fleißers eine tief greifendeVeränderung. Zeitstücke lösen die idealistischen Stücke der Expressionisten ab. Themen sindAlltagsverhältnisse wie Inflation, Revolution, Gleichberechtigung der Frau, Kleinbürgertum, politischeKämpfe. Die Zeitstücke wollen den ZuschauerZuschauerZuschauerZuschauer aktivieren, zum Nachdenken Nachdenken Nachdenken Nachdenken und zum politischen politischen politischen politischenHandeln Handeln Handeln Handeln motivieren.Die Vorstellung der Schriftsteller von LyrikLyrikLyrikLyrik sind sehr oft von politischen Positionen geprägt. GottfriedGottfriedGottfriedGottfriedBenn Benn Benn Benn sieht allerdings Dichtung als unpolitischunpolitischunpolitischunpolitisch an. Erich Kästner Erich Kästner Erich Kästner Erich Kästner (Vergleichen Sie S.326!) und KurtKurtKurtKurtTucholskyTucholskyTucholskyTucholsky (Vergleichen Sie S. 327f.!) verfassen gesellschaftskritische Lyrikgesellschaftskritische Lyrikgesellschaftskritische Lyrikgesellschaftskritische Lyrik. Sie wenden sichgegen Militarismus, gegen den aufkommenden Faschismus und die zensurierende Weimarer Justiz,sind aber parteipolitisch nicht festgelegt. Hugo von HofmannsthalHugo von HofmannsthalHugo von HofmannsthalHugo von Hofmannsthal, Stefan GeorgeStefan GeorgeStefan GeorgeStefan George und Rainer MariaRainer MariaRainer MariaRainer MariaRilkeRilkeRilkeRilke sehen LyrikLyrikLyrikLyrik als ein artistisches Ereignisartistisches Ereignisartistisches Ereignisartistisches Ereignis an.

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Österreichische Literatur zwischen 1918 und 1938

Politisches, soziales und wirtschaftliches UmfeldPolitisches, soziales und wirtschaftliches UmfeldPolitisches, soziales und wirtschaftliches UmfeldPolitisches, soziales und wirtschaftliches Umfeld

1918 entstehen aus dem Vielvölkerstaat der österreichisch-ungarischen Monarchie mehrereNachfolgestaaten, darunter Deutsch-ÖsterreichDeutsch-ÖsterreichDeutsch-ÖsterreichDeutsch-Österreich, das den Anschluss an Deutschland erreichen will.Von 1918 bis 1922 kommt es zu einer großen InflationInflationInflationInflation. Die Folge davon ist eine Verelendung Verelendung Verelendung Verelendung großerTeile der österreichischen Bevölkerung. Die totale Entwertung der Staatspapiere (etwa derKriegsanleihen) führt zur Verarmung des Mittelstandes, der späteren potentiellen Wählerschaft derNationalsozialisten.Zwischen 1918 und 1938 stellt die Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit eines Großteils der Bevölkerung das größtegesellschaftliche Problem dar. Eine politische Radikalisierungpolitische Radikalisierungpolitische Radikalisierungpolitische Radikalisierung der Menschen ist die Folge.In Österreich herrscht ein latenter Bürgerkrieg; es gibt drei bewaffnete Wehrverbände: dieFrontkämpfervereinigungFrontkämpfervereinigungFrontkämpfervereinigungFrontkämpfervereinigung, den Republikanischen SchutzbundRepublikanischen SchutzbundRepublikanischen SchutzbundRepublikanischen Schutzbund und die HeimwehrHeimwehrHeimwehrHeimwehr.1927 erreichen die Unruhen ihren ersten Höhepunkt. Im Februar 1934 kommt es zum BürgerkriegBürgerkriegBürgerkriegBürgerkrieg,den die Sozialdemokraten verlieren. Der autoritäre Ständestaat Ständestaat Ständestaat Ständestaat des Austrofaschismus wirdgegründet. Am 11. und 12. März 1938193819381938 wird ÖsterreichÖsterreichÖsterreichÖsterreich von deutschen Truppen besetzt und an dasan dasan dasan dasgroßdeutsche Reich angeschlossengroßdeutsche Reich angeschlossengroßdeutsche Reich angeschlossengroßdeutsche Reich angeschlossen.

Literarische TendenzenLiterarische TendenzenLiterarische TendenzenLiterarische Tendenzen

In der Ersten Republik gibt es wenige politische Autoren, aber solche mit radikal ethischemradikal ethischemradikal ethischemradikal ethischemAnspruchAnspruchAnspruchAnspruch, z. B. Karl KrausKarl KrausKarl KrausKarl Kraus, Robert MusilRobert MusilRobert MusilRobert Musil, Hermann Broch Hermann Broch Hermann Broch Hermann Broch und Johannes FreumbichlerJohannes FreumbichlerJohannes FreumbichlerJohannes Freumbichler.Ab 1927 werden Werke geschrieben, die eine Rückschau auf Österreich-Ungarn Österreich-Ungarn Österreich-Ungarn Österreich-Ungarn bieten: FranzFranzFranzFranzWerfel Werfel Werfel Werfel Barbara oder die Frömmigkeit, Joseph RothJoseph RothJoseph RothJoseph Roth Radetzkymarsch, Alexander Lernet-Holenia Alexander Lernet-Holenia Alexander Lernet-Holenia Alexander Lernet-Holenia DieStandarte oder Franz Theodor CsokorFranz Theodor CsokorFranz Theodor CsokorFranz Theodor Csokor Dritter November 1918.Der Ständestaat bringt keine eigenständige Literatur hervor. Die Dichtung, die gefördert wird, ist nichtnichtnichtnichtantisemitischantisemitischantisemitischantisemitisch und katholischkatholischkatholischkatholisch orientiert. Mit der faschistischen Literatur gemeinsam Mit der faschistischen Literatur gemeinsam Mit der faschistischen Literatur gemeinsam Mit der faschistischen Literatur gemeinsam hat sieFeindbilderFeindbilderFeindbilderFeindbilder (Stadt, Intellektualismus, Wurzellosigkeit) und Vorbilder Vorbilder Vorbilder Vorbilder (ländliches Leben, Bauerntum,Bodenständigkeit). Deshalb ist der Übergang in den NS-Kulturbetrieb 1938 für viele im Ständestaatgeförderte Autoren nicht schwierig.

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AutorenAutorenAutorenAutoren

! Theodor KramerTheodor KramerTheodor KramerTheodor Kramer und Johannes FreumbichlerJohannes FreumbichlerJohannes FreumbichlerJohannes Freumbichler lassen sich nicht in die offizielle Kulturpolitik desStändestaats einfügen.

! Hermann BrochHermann BrochHermann BrochHermann Broch beschreibt in seiner Trilogie Der Schlafwandler in 30 Jahren dargestellterRomanwirklichkeit den Zerfall der deutschen bürgerlichen Gesellschaft.

! Franz WerfelFranz WerfelFranz WerfelFranz Werfel ist beim Publikum äußerst beliebt, seine Kollegen kritisieren seine pathetische undgefühlsgeladene Sprache.

! Stefan ZweigStefan ZweigStefan ZweigStefan Zweig schreibt Novellen, die psychisch-emotionale Prozesse beschreiben, und vielebiografische Essays. Besonders bekannt ist die Schachnovelle.

! Ödon von HorvathÖdon von HorvathÖdon von HorvathÖdon von Horvaths Volksstücke und Romane kritisieren das Kleinbürgertum und dessenMentalität durch die Sprache.

! Jura SoyferJura SoyferJura SoyferJura Soyfer schreibt Gedichte, Lieder und Stücke für Wiener Kleinkunstbühnen, er verwendetElemente des Volkstheaters und der politischen Satire.

! Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Robert MusilArthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Robert MusilArthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Robert MusilArthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Robert Musil und Karl KrausKarl KrausKarl KrausKarl Kraus stellen Autoren dar,die aus der Monarchie in die Republik literarische Kontinuität verkörpern.

! Karl KrausKarl KrausKarl KrausKarl Kraus gründet 1899 die Zeitschrift Die Fackel, die er fast völlig allein schreibt. Sie behandelthauptsächlich gesellschafts- und pressekritische Themen. Sein Antikriegsdrama Die letzten Tageder Menschheit ist ein früher Vorläufer des Dokumentarstücks. Es stellt die Gesellschaft desErsten Weltkriegs mit Techniken der Collage, des Filmschnitts, des Dokumentarismus, der Satireund der Allegorie dar.(Vergleichen Sie Stichwort Literatur, S. 353f.)

! Zu Robert MusilsRobert MusilsRobert MusilsRobert Musils Lebzeiten findet nur seine Novelle Die Verwirrungen des Zöglings TörleßAnerkennung. Erst nach seinem Tod löst sein Roman Der Mann ohne Eigenschaften einespektakuläre Rezeption aus. Schauplatz des Romans ist die k.u.k. Monarchie. Auch Elemente derErsten Republik, des Austrofaschismus, des deutschen Nationalsozialismus und des ZweitenWeltkriegs werden verarbeitet. Die Figuren verkörpern verschiedene Machtgruppen, Denkweisen,Ideologien oder Weltanschauungen. „Ohne Eigenschaften“ bedeutet, dass die Identifikation mitsich selbst fehlt. Darum versucht der Held Ulrich verschiedene Utopien um in einen Zustand zukommen, in dem er sich akzeptieren kann. (Vergleichen Sie Stichwort Literatur, S. 355f.)

! Joseph Roth Joseph Roth Joseph Roth Joseph Roth stammt aus Galizien, das auch den Hintergrund für seine Romane Radetzkymarschund Juden auf der Wanderschaft bildet. Glossen, FeuilletonsGlossen, FeuilletonsGlossen, FeuilletonsGlossen, Feuilletons und BerichteBerichteBerichteBerichte bestimmen seineliterarische Tätigkeit. Er ist politisch linksorientiertlinksorientiertlinksorientiertlinksorientiert. 1923 erscheint Das Spinnennetz, in demHitler als Vorbild der Hauptfigur negativ gezeichnet wird. 1933 emigriert Roth nach Paris undarbeitet verstärkt gegen den Nationalsozialismus. Er sieht die Rettung Österreichs vor demFaschismus in der Wiedereinführung der Habsburgermonarchie. Sein Roman Radetzkymarschverarbeitet den Anschluss Österreichs. (Vergleichen Sie Stichwort Literatur, S. 357f.)

! Franz KafkaFranz KafkaFranz KafkaFranz Kafka stammt aus PragPragPragPrag. Diese Stadt prägt sein Leben und Werk. Dort leben dreiGruppierungen nebeneinander: Tschechen, Deutsche Tschechen, Deutsche Tschechen, Deutsche Tschechen, Deutsche und Juden.Juden.Juden.Juden. Die Deutschen sindwohlhabend, die Juden leben im Getto. Kafka hat Anteil an allen drei Gruppierungen, er schreibtDeutsch, ist Jude und umgeben von tschechischem Volkstum. Auf Wunsch des Vaters studiert erJus, er arbeitet erfolgreich, aber todunglücklich in einer Versicherungsanstalt. Unter demZwiespalt zwischen Beruf und Familie einerseits und seiner Berufung als Schriftsteller, die einendauernden Kampf um die Selbsterhaltung bedeutet, leidet er besonders.Problematisch ist das Verhältnis zu seinem VaterVerhältnis zu seinem VaterVerhältnis zu seinem VaterVerhältnis zu seinem Vater, der sich einen „starken“ Sohn erwartet, einBild, dem Kafka nicht entsprechen kann. Auch seine Beziehung zu Frauen gestalten sichproblematisch.Mit 34 erleidet Kafka einen Blutsturz. Die Krankheit stellt sich als Lungentuberkulose heraus, ander er schließlich stirbt. (Vergleichen Sie Stichwort Literatur, S. 359ff.)Wichtige WerkeWichtige WerkeWichtige WerkeWichtige Werke sind die Romane Der Prozess, Das Schloss und Amerika und die ErzählungenDie Verwandlung und Das Urteil.

! Ein zentrales Thema von Elias CanettisElias CanettisElias CanettisElias Canettis Roman Die Blendung (1935) ist Sprachkritik und dasNicht-Funktionieren der Kommunikation zwischen den Personen, die monologisieren. Wenn siemiteinander reden, führt das nur zu Missverständnissen. (Vergleichen Sie Stichwort Literatur, S.362f.)

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Literatur im deutschen Faschismus 1933–1945

Der KulturkampfDer KulturkampfDer KulturkampfDer Kulturkampf

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten werden am 10. Mai 1933 an vielen deutschenUniversitäten die Bücher von politisch missliebigen und „nicht-arischen“ Autoren verbrannt. DiesenBücherverbrennungenBücherverbrennungenBücherverbrennungenBücherverbrennungen folgen schwarze Listen schwarze Listen schwarze Listen schwarze Listen „verbrennungswürdiger“ Bücher.In den Kulturinstitutionen besetzen Nationalsozialisten alle wichtigen Positionen. Es kommt zu einerGleichschaltungGleichschaltungGleichschaltungGleichschaltung des kulturellen Sektors. NS-InstitutionenNS-InstitutionenNS-InstitutionenNS-Institutionen wie z. B. das Reichsministerium fürVolksaufklärung und Propaganda bestimmen die Literaturpolitik, die Mitgliedschaft in derReichsschrifttumskammer ist Voraussetzung, um publizieren zu können.Das Ziel der nationalsozialistischen Kulturpolitik nationalsozialistischen Kulturpolitik nationalsozialistischen Kulturpolitik nationalsozialistischen Kulturpolitik ist es, Kunst und Literatur für dienationalsozialistische Propaganda einzusetzen.

Die nationalsozialistische LiteraturDie nationalsozialistische LiteraturDie nationalsozialistische LiteraturDie nationalsozialistische Literatur

Vorläufer und Vorbilder der „Blut-und-Boden-LiteraturBlut-und-Boden-LiteraturBlut-und-Boden-LiteraturBlut-und-Boden-Literatur“ des Dritten Reichs finden sich bereits in derHeimatkunstbewegung Heimatkunstbewegung Heimatkunstbewegung Heimatkunstbewegung des 19. Jahrhunderts. Ein weiterer Vorreiter der NS-Literatur ist dievölkisch-konservative Dichtung völkisch-konservative Dichtung völkisch-konservative Dichtung völkisch-konservative Dichtung der Weimarer Republik.Wie die Heimatkunstbewegung verdammen auch die Nationalsozialisten die Stadtkultur undidealisieren im Gegenzug das Landleben. Die „Weimarer Moderne“ (Expressionismus, Dadaisten …),die sich mit den Entfremdungserfahrungen der Großstadt auseinandersetzt, wird denunziert, währenddie „VolksgemeinschaftVolksgemeinschaftVolksgemeinschaftVolksgemeinschaft“ idealisiert wird. In dieser „Volksgemeinschaft“ erscheint der Bauer alsGrundlage des Staates, er garantiert die „Reinheit des Blutes“. Die komplexe Welt des 20.Jahrhunderts wird in der nationalsozialistischen Literatur undifferenziert und vereinfachend dargestellt.Die völkisch-konservative Dichtung befriedigt das Bedürfnis großer Teile des Bildungs- undKleinbürgertums nach irrationalen Erklärungsmustern für die schlechte wirtschaftliche Situation in den20er und 30er Jahren.Die NS-Schriftsteller gehen sozialdarwinistisch sozialdarwinistisch sozialdarwinistisch sozialdarwinistisch davon aus, dass das stärkste Volk überlebt. Eine„Krankheit des Volkskörpers“ gilt es zu heilen, um die biologisch „guten Kräfte“ zu retten. DerVolksbegriff wird von der völkisch-nationalistischen Literatur mythisiert.Nationalsozialistische Literatur ist PropagandakunstPropagandakunstPropagandakunstPropagandakunst, ihr Ziel ist es auch, die EmotionenEmotionenEmotionenEmotionen derMenschen zu mobilisieren. SprachlichSprachlichSprachlichSprachlich geschieht das mit sakralen und archaisierenden Metaphernund Phrasen, mit Schlüsselwörtern wie Volksgemeinschaft, Rasse, Blut, arteigen, artfremd, heroisch,heldisch.

Das Drama als Beispiel für faschistische LiteraturDas Drama als Beispiel für faschistische LiteraturDas Drama als Beispiel für faschistische LiteraturDas Drama als Beispiel für faschistische Literatur

Im Zentrum des NS-Dramas steht meist der Idealtyp des nationalsozialistischen HeldenIdealtyp des nationalsozialistischen HeldenIdealtyp des nationalsozialistischen HeldenIdealtyp des nationalsozialistischen Helden (vgl. Siedazu Schlageter von Hanns Johst in Stichwort Literatur, S. 369f.) mit typischen Tugenden wie Willens-und Entschlusskraft, Opferbereitschaft und soldatischen Gehorsam. Frauen Frauen Frauen Frauen spielen selten einetragende Rolle im NS-Drama. Wenn sie vorkommen, sind sie zarte Frau und/oder Mutter, deren Platzder heimische Herd ist.Die negativen Figuren negativen Figuren negativen Figuren negativen Figuren im Drama sind der ideologische Gegner, der „dunkle Hintergrund“ für den„positiven Helden“. Oft sind es „Rassenfeinde“, Slawen und Juden, „biologisch Minderwertige“; siebesitzen ein ekelhaftes Äußeres, sie werden als Mörder, Plünderer und Feiglinge dargestellt – imGegensatz zum nationalsozialistischen Helden.Das Thingspiel Thingspiel Thingspiel Thingspiel ist eine Erfindung der Nazis. Diese faschistischen „Weihe- und Kultspiele“ werden inriesigen Freianlagen durchgeführt, wobei das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund steht.Charakteristisch ist die MassenhaftigkeitMassenhaftigkeitMassenhaftigkeitMassenhaftigkeit.

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Faschistische ProsaFaschistische ProsaFaschistische ProsaFaschistische Prosa

Der faschistische Geschichtsroman faschistische Geschichtsroman faschistische Geschichtsroman faschistische Geschichtsroman dient natürlich der Propaganda. Deutsche Geschichte – ver-und gefälscht – erscheint hier als eine Abfolge von heroischen deutschen Herrscher- undHeldengestalten, die sich oft für die deutsche „Volksgemeinschaft“ aufopfern.Neben dem so genannten SA-RomanSA-RomanSA-RomanSA-Roman, einer kurzlebigen Gattung, sind noch der affirmativeaffirmativeaffirmativeaffirmativeKriegsroman Kriegsroman Kriegsroman Kriegsroman (Führerprinzip, Kampf und Opfer) und der Bauernroman Bauernroman Bauernroman Bauernroman weit verbreitet.

Die „ innere Emigration“Die „ innere Emigration“Die „ innere Emigration“Die „ innere Emigration“

Als „innere Emigranten“ bezeichnen sich Schriftsteller, die nicht emigrierten, aber auch nicht mit demRegime zusammenarbeiteten, z. B.: Ernst Wiechert, Jochen Klepper, Werner Bergengruen,Ernst Wiechert, Jochen Klepper, Werner Bergengruen,Ernst Wiechert, Jochen Klepper, Werner Bergengruen,Ernst Wiechert, Jochen Klepper, Werner Bergengruen,Ricarda Huch, Ernst BarlachRicarda Huch, Ernst BarlachRicarda Huch, Ernst BarlachRicarda Huch, Ernst Barlach.In den Geruch eines illegitimen Rechtfertigungsversuchs illegitimen Rechtfertigungsversuchs illegitimen Rechtfertigungsversuchs illegitimen Rechtfertigungsversuchs kommt die „innere Emigration“ deshalb,weil viele dem System angepasste Schriftsteller versuchten, sich damit nachträglich als eine ArtWiderstandskämpfer hoch zu stilisieren.Umstritten ist zum Beispiel, ob die NaturlyrikNaturlyrikNaturlyrikNaturlyrik verfassenden Schriftsteller wie Oskar Loerke, PeterHuchel oder Wilhelm Lehmann Widerstand leisten oder sich in die Innerlichkeit zurückziehen.Junge deutsche Autoren wie Günter Eich, Peter Huchel, Marie Luise Kaschnitz, Wolfgang Koeppen,Karl Krolow, Hermann Lenz verweigern sich dem System und ziehen sich in eine private Welt zurück.Keine Autoren der „inneren Emigration“ sind Ernst Jünger und Gottfried Benn, obwohl oft dazu erklärt.Zu offensichtlich ist ihre Nähe zum Nationalsozialismus.

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Literatur des Exils

Flucht und EmigrationFlucht und EmigrationFlucht und EmigrationFlucht und Emigration

1933 müssen 2 500 Schriftsteller, tausende Künstler und Akademiker aus politischen und rassischenGründen flüchten. Vielen missliebigen Kulturschaffenden wird die deutsche Staatsbürgerschaftaberkannt. Die Flüchtlinge sind keine einheitliche Gruppe, ihre Flucht ist unterschiedlich motiviert. Jenach ideologischer Einstellung bilden sie verschiedene Exilfraktionen.Die Massenflucht Massenflucht Massenflucht Massenflucht erreicht ihren Höhepunkt, als die deutschen Truppen in fast alle der europäischenEmigrationsländer einmarschieren. Da nur wenige europäische Länder als Exil in Frage kommen,flüchten viele nach Nord- und Südamerika Nord- und Südamerika Nord- und Südamerika Nord- und Südamerika oder ShanghaiShanghaiShanghaiShanghai. In den USA sehen sie sich gezwungen,sich in eine völlig neue Kultur einzuleben, die Sprache zu erlernen und damit ihr vorläufiges Exilbeenden. Nach 1945 kommen nur manche Exilanten sofort nach Deutschland zurück, ein Großteilbleibt im Ausland.

Lesen und Schreiben im ExilLesen und Schreiben im ExilLesen und Schreiben im ExilLesen und Schreiben im Exil

Die Emigranten werden nur anfangs freundlich aufgenommen, später machen ihnen die BehördenSchwierigkeiten, besonders jene der Schweiz: es werden Aufenthaltsgenehmigungen, Dokumente,Pässe, Visa, Transitvisa und ähnliche Papiere verlangt. Die ArbeitsbedingungenArbeitsbedingungenArbeitsbedingungenArbeitsbedingungen werden durch dieBürokratie erschwert,erschwert,erschwert,erschwert, oft unmöglich gemacht. In der Schweiz ist die befristeteAufenthaltsgenehmigung an ein politisches und publizistisches Betätigungsverbot gebunden.Zu den rechtlichen Problemen rechtlichen Problemen rechtlichen Problemen rechtlichen Problemen kommen noch finanziellefinanziellefinanziellefinanzielle. Der überwiegende Teil muss an derGrenze zum Existenzminimum leben. Einige wenige können in Exilverlagen und -zeitschriftenpublizieren.Psychisch leiden die Exilanten unter der fremden Lebensumgebungunter der fremden Lebensumgebungunter der fremden Lebensumgebungunter der fremden Lebensumgebung, unter demAbgeschnittensein von der eigenen Sprache und Kultur Abgeschnittensein von der eigenen Sprache und Kultur Abgeschnittensein von der eigenen Sprache und Kultur Abgeschnittensein von der eigenen Sprache und Kultur und vom gewohnten Leserpublikum. Sieverlieren ihr Publikum, der Absatzmarkt für deutschsprachige Literatur ist klein.

Österreichische SchriftstellerInnen im ExilÖsterreichische SchriftstellerInnen im ExilÖsterreichische SchriftstellerInnen im ExilÖsterreichische SchriftstellerInnen im Exil

Bereits 1934 emigrieren führende Sozialdemokraten und Kommunisten; das System des Ständestaatsvertreibt z. B. Stefan ZweigStefan ZweigStefan ZweigStefan Zweig und Hilde SpielHilde SpielHilde SpielHilde Spiel. Der Anschluss bedeutet für angesehene LiteratenÖsterreichs das Exil: Robert Musil, Franz Werfel, Joseph Roth, Hermann Broch, Alfred PolgarRobert Musil, Franz Werfel, Joseph Roth, Hermann Broch, Alfred PolgarRobert Musil, Franz Werfel, Joseph Roth, Hermann Broch, Alfred PolgarRobert Musil, Franz Werfel, Joseph Roth, Hermann Broch, Alfred Polgar.

Themen der ExilliteraturThemen der ExilliteraturThemen der ExilliteraturThemen der Exilliteratur

Je nach politischer Einstellung und Weltsicht behandeln die Schriftsteller verschiedenste Themen undverwenden verschiedenste Gattungen. Autoren, die sich vor 1933 mit dem Untergang derDonaumonarchie beschäftigten wie Joseph Roth, Robert Musil, Hermann Broch oder StefanJoseph Roth, Robert Musil, Hermann Broch oder StefanJoseph Roth, Robert Musil, Hermann Broch oder StefanJoseph Roth, Robert Musil, Hermann Broch oder StefanZweigZweigZweigZweig arbeiten auch nach der faschistischen Machtergreifung an diesen Themen weiter. Anderewidmen sich in ihrer Literatur dem Kampf gegen den Faschismus.Eine wichtige Gattung stellt der historische Romanhistorische Romanhistorische Romanhistorische Roman dar. Die Autoren kommen aus denverschiedensten Lagern, z. B. Heinrich Mann Heinrich Mann Heinrich Mann Heinrich Mann Henri Quatre, Lion FeuchtwangerLion FeuchtwangerLion FeuchtwangerLion Feuchtwanger Der falsche Nero,Bertolt BrechtBertolt BrechtBertolt BrechtBertolt Brecht Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar.Einen eigenen Bereich bilden die antifaschistischen Gesellschafts- antifaschistischen Gesellschafts- antifaschistischen Gesellschafts- antifaschistischen Gesellschafts- und ZeitromaneZeitromaneZeitromaneZeitromane, z. B. AnnaAnnaAnnaAnnaSeghersSeghersSeghersSeghers Das siebte Kreuz, Transit oder Lion FeuchtwangersLion FeuchtwangersLion FeuchtwangersLion Feuchtwangers Exil.

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Literatur in der BRD nach 1945

Nachkriegsliteratur 1945-1949Nachkriegsliteratur 1945-1949Nachkriegsliteratur 1945-1949Nachkriegsliteratur 1945-1949

Die Alliierten streben nach Kriegsende die politische Umerziehung („reeducation“) der Deutschen an;es werden bei den Nürnberger-Kriegsverbrecher-Prozessen führende Nationalsozialisten verurteilt. DaWestdeutschland im „Kalten Krieg“ als wichtiger Vorposten gegen den kommunistischen Blockgebraucht wird, enden diese Bestrebungen relativ bald. Aus diesem Grund fördern die USA denwirtschaftlichen Wiederaufbau Westdeutschlands („Marshallplan“: Kredite), auch auf Reparationenwird verzichtet. Der Wiederaufbau gelingt auch: 1950 erreicht die industrielle Produktion in der BRDden Vorkriegsstand, 1960 ist sie schon doppelt so hoch. Das deutsche „Wirtschaftswunder“ beginnt.Die Spaltung Deutschlands in BRD und DDR wird mit der Währungsreform im Westen(1948) und die Gründung der BRD und der DDR (1949) perfekt.Die „Entnazifizierung“ wird nach anfänglichem Elan bald nur mehr halbherzig betrieben, vieleehemalige Nationalsozialisten bleiben ungestraft. Die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit wird verdrängt, findet in der öffentlichen Diskussion – außer inIntellektuellenkreisen – nicht statt.Bis Mai 1949 kann nicht einfach publiziert und veranstaltet werden: Die Alliierten vergeben Lizenzenfür Zeitungen, Zeitschriften und Bücher bzw. für kulturelle Ereignisse (Theater, Konzerte ), siezensieren auch.

1945/1946: Eine „ Stunde Null“ für die deutsche Literatur?1945/1946: Eine „ Stunde Null“ für die deutsche Literatur?1945/1946: Eine „ Stunde Null“ für die deutsche Literatur?1945/1946: Eine „ Stunde Null“ für die deutsche Literatur?

Das Jahr 1945 stellt nicht – wie immer wieder behauptet wird – einen radikalen Neubeginn in derLiteratur dar, denn viele Autoren bzw. ihre Strömungen und ästhetischen Positionen prägen das Bildder Literatur, die bereits in der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus Einflusshatten. Die meisten dieser Autoren (z.B. Agnes Miegel, Hans Grimm) publizieren bald nach 1945wieder so, als ob nichts geschehen wäre.Besonders junge Autoren wie z.B. die der „Gruppe 47“ (Alfred Andersch, Hans Werner Richter ...) sindenttäuscht, da sich ihrer Meinung nach nicht viel verändert hat. Sie wollen einen radikalen Neubeginn,der so aber nicht stattfindet. Im Gegenteil: Autoren, die bereits vor 1933 publizierten (Hans Carossa,Georg Britting, Stefan Andres, Werner Bergengruen, Ernst Wiechert …) schreiben besinnlicheLiteratur, die eine heile Welt vorspiegelt.

Die „ Poesie des Kahlschlags“ und die „ Gruppe 47“Die „ Poesie des Kahlschlags“ und die „ Gruppe 47“Die „ Poesie des Kahlschlags“ und die „ Gruppe 47“Die „ Poesie des Kahlschlags“ und die „ Gruppe 47“

Schriftsteller wie Günter EichGünter EichGünter EichGünter Eich verlangen einen neuen Ton in der Literatur, einen „Kahlschlag“ (vgl. Siedazu das Gedicht Inventur in Stichwort Literatur, S. 389).Die „Gruppe 47“, von Hans Werner RichterHans Werner RichterHans Werner RichterHans Werner Richter gegründet, ist anfangs nur eine lose Vereinigung vonSchriftstellern, die sich – ohne festes Programm – gegen die Abstraktion in der Literatur und gegenPathos und Innerlichkeit wenden. Sie veranstaltet Sitzungen, in denen Schriftsteller ihre Textevorlesen. Wird der vorlesende Autor akzeptiert, ist er Mitglied der Gruppe.Die Literatur der „Gruppe 47“ will den Einzelnen verändern, so soll jeder z. B. eigenverantwortlichseine Rolle im Nationalsozialismus überdenken (vgl. Sie dazu auch Hans Werner RichtersZielsetzungen in Stichwort Literatur, S. 390).Die „Gruppe 47“ wird im Literaturbetrieb bald sehr einflussreich: Wichtige Verleger, Kritiker undLektoren nehmen an ihren Sitzungen teil, die Gruppe zählt Schriftsteller wie Heinrich BöllHeinrich BöllHeinrich BöllHeinrich Böll, IngeborgIngeborgIngeborgIngeborgBachmannBachmannBachmannBachmann, Günter GrassGünter GrassGünter GrassGünter Grass und Martin WalserMartin WalserMartin WalserMartin Walser zu ihren Mitgliedern. Sie wird aber auch als„demagogischer Clan“ und als unpolitischer Vertreter des „Establishment“ kritisiert. 1967 verkündetHans Werner Richter offiziell das Ende der „Gruppe 47“.

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TrümmerliteraturTrümmerliteraturTrümmerliteraturTrümmerliteratur

Zum Begriff „Trümmerliteratur“ vergleichen Sie Heinrich BöllsHeinrich BöllsHeinrich BöllsHeinrich Bölls Bekenntnis zur Trümmerliteratur inStichwort Literatur, S. 391.Heinrich Böll, Wolfdietrich SchnurreWolfdietrich SchnurreWolfdietrich SchnurreWolfdietrich Schnurre und Wolfgang BorchertWolfgang BorchertWolfgang BorchertWolfgang Borchert erteilen einer pathetischen undsymbolüberfrachteten Sprache eine Absage. Sie schreiben von schrecklichen Kriegserfahrungen, denzerbombten deutschen Städten, von der Zeit des Nationalsozialismus, von Gefangenschaft, von derWirklichkeit einer zerstörten Welt. Die Sprache ihrer Literatur ist einfach, alltagsnah, ohne Schnörkel.

Die 50er Jahre (1950-1959)Die 50er Jahre (1950-1959)Die 50er Jahre (1950-1959)Die 50er Jahre (1950-1959)

Die Phase der so genannten Adenauer-Restauration ist von antikommunistischem Klima, derWiederaufrüstung der BRD, ihrem Eintritt in die NATO und weltweiter atomarer AufrüstungAufrüstungAufrüstungAufrüstunggekennzeichnet.Militärische Konflikte wie z.B. in Algerien und Korea und Aufstände in Polen und Ungarn machendeutlich, dass aus dem „Kalten Krieg“ jederzeit ein heißer werden könnte.Die Literatur beschäftigt sich mit diesen Themen, engagiert sich in Aufrufen und Appellen, wendet sichgegen die Wiederbewaffnung der BRD, gegen die weltweite atomare Aufrüstung.Große Teile der deutschen Öffentlichkeit der „WirtschaftswunderzeitWirtschaftswunderzeitWirtschaftswunderzeitWirtschaftswunderzeit“ beschäftigen sich allerdingslieber mit dem Nachholen jahrzehntelang versäumter Konsumgenüsse; eine moderneÜberflussgesellschaftÜberflussgesellschaftÜberflussgesellschaftÜberflussgesellschaft entsteht. Die Nazi-Zeit und aktuelle politische Themen werden verdrängt. DieWirtschaftslage in der BRD ist von Konjunktur und Vollbeschäftigung gekennzeichnet.

Der RomanDer RomanDer RomanDer Roman

Häufige Themen sind Krieg, Nationalsozialismus, Nachkriegszeit und deutsche Gegenwart. Autorenwie Heinrich BöllHeinrich BöllHeinrich BöllHeinrich Böll, Günter GrassGünter GrassGünter GrassGünter Grass (Die Blechtrommel, Katz und Maus, Hundejahre), Martin WalserMartin WalserMartin WalserMartin Walser,Wolfgang KoeppenWolfgang KoeppenWolfgang KoeppenWolfgang Koeppen (Tauben im Gras, Das Treibhaus, Der Tod in Rom) und Alfred AnderschAlfred AnderschAlfred AnderschAlfred Andersch setzensich kritisch damit auseinander. Die Erzählweise ihrer Romane ist sozialkritisch-realistisch. Sieglauben daran, dass Literatur die „Realität“ und ein „beschädigtes Leben“ erzählen könne.

LyrikLyrikLyrikLyrik

Die Lyrik dieser Zeit ist schwer verständlich, verschlossen („hermetisch“), wie ein Rätsel, „chiffriert“.Die Dichter dieser Lyrik misstrauen der vom Nationalsozialismus missbrauchten Sprache, sieversuchen mit Hilfe der „schönen poetischen Sprache“ aus der Realität zu flüchten.Wichtige Lyriker: Gottfried BennGottfried BennGottfried BennGottfried Benn, Günter EichGünter EichGünter EichGünter Eich, Ingeborg BachmannIngeborg BachmannIngeborg BachmannIngeborg Bachmann, Hans Magnus EnzensbergerHans Magnus EnzensbergerHans Magnus EnzensbergerHans Magnus Enzensbergerund Vertreter der konkreten Lyrik (Helmut Heißenbüttel ...)

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Die Literatur politisiert sich (1960-1968)Die Literatur politisiert sich (1960-1968)Die Literatur politisiert sich (1960-1968)Die Literatur politisiert sich (1960-1968)

In den 60er Jahren kommt es zu einer Rezession, Massenentlassungen und Arbeitslosigkeit und inder Folge zu ersten Streiks.Der Bau der Berliner Mauer 1961 zeigt die fortschreitende Polarisierung der beiden Machtblöcke, einemilitärische Konfrontation in Europa droht.APO, die Studentenbewegung in der BRD (als Teil einer internationalen Bewegung), willgesellschaftliche Veränderungen. Es kommt zu Massendemonstrationen und Auseinandersetzungen,besonders in den Jahren 1968 und 1969. Zentrale Themen der „antiautoritären Revolte“ sind derVietnamkrieg, die Probleme der Dritten Welt und die Ausbeutung der Entwicklungsländer und dieUnterstützung von Feudal-Regimen. Innenpolitisch geht es um die Nichtaufarbeitung der jüngstendeutschen Geschichte, es wird gegen „erstarrte autoritäre Strukturen“ angekämpft. Kritisiert wird dasgesamte kulturelle „Establishment“.Viele Schriftsteller engagieren sich politisch. Es gibt aber auch Autoren, die öffentlich keine politischenAussagen tätigen. Die Politisierung der Literatur hält bis in die frühen 70er Jahre an, dann kommt eszu Gegenbewegungen.

Das Theater als Instrument der PolitikDas Theater als Instrument der PolitikDas Theater als Instrument der PolitikDas Theater als Instrument der Politik

In den 60er und frühen 70er Jahren entstehen viele Bühnenstücke, teilweise mit politischen undzeitgeschichtlichen Themen. Das politische Theater mit dem Zeit- und VolksstückZeit- und VolksstückZeit- und VolksstückZeit- und Volksstück von RainerRainerRainerRainerWerner FassbinderWerner FassbinderWerner FassbinderWerner Fassbinder, Martin Sperr Martin Sperr Martin Sperr Martin Sperr und Franz Xaver KroetzFranz Xaver KroetzFranz Xaver KroetzFranz Xaver Kroetz beruft sich auf Brecht und das sozial-realistische Volksstück. Ziel ist die Kritik und Veränderung der Gesellschaft, wichtig ist weniger dieÄsthetik als die Wirkung eines Stückes auf die Zuschauer. Das bringt den Autoren den Vorwurf derreinen Agitation ein, die mit Kunst nichts zu tun habe.Die Vertreter des DokumentartheatersDokumentartheatersDokumentartheatersDokumentartheaters, etwa Heiner KipphardtHeiner KipphardtHeiner KipphardtHeiner Kipphardt, Rolf HochhuthRolf HochhuthRolf HochhuthRolf Hochhuth und Peter WeissPeter WeissPeter WeissPeter Weiss,verarbeiten authentisches Material (Dokumente, Zeugenaussagen, Fotos, Filme …), um dieWirklichkeit darzustellen. Vergleichen Sie dazu Peter Weiss‘ Die Ermittlung in Stichwort Literatur,S.403ff.

Politische Lyrik der 60er JahrePolitische Lyrik der 60er JahrePolitische Lyrik der 60er JahrePolitische Lyrik der 60er Jahre

Politische Themen sind bestimmend, aber Gegentendenzen – weg vom Politischen, hin zu Privatem,Innerlichem – sind schon Ende der 60er Jahre auszumachen, wie z.B. in der Lyrik Rolf DieterRolf DieterRolf DieterRolf DieterBrinkmannsBrinkmannsBrinkmannsBrinkmanns.Wichtige Lyriker:Wichtige Lyriker:Wichtige Lyriker:Wichtige Lyriker: Hans Magnus Enzensberger, Erich Fried, Güter Grass, Peter Rühmkopf, FriedrichChristian Delius, Ludwig Fels, Peter Schneider, Yaak Karsunke, Christoph Meckel.

Die Literatur der ArbeitsweltDie Literatur der ArbeitsweltDie Literatur der ArbeitsweltDie Literatur der Arbeitswelt

1962 gründen die Schriftsteller Max von der GrünMax von der GrünMax von der GrünMax von der Grün und Fritz HüserFritz HüserFritz HüserFritz Hüser die Dortmunder Gruppe 61, alsderen Ziel sie die Darstellung der industriellen Arbeitswelt und ihre sozialen Folgen sehen.1969 wird der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt gegründet. Günter WallraffGünter WallraffGünter WallraffGünter Wallraff, Mitglied desWerkkreises, setzt Beispiele der Reportage- und Dokumentarliteratur.

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Der Roman der 60er und frühen 70er JahreDer Roman der 60er und frühen 70er JahreDer Roman der 60er und frühen 70er JahreDer Roman der 60er und frühen 70er Jahre

Wichtige Vertreter des Romans der 60er und 70er wie Heinrich BöllHeinrich BöllHeinrich BöllHeinrich Böll, Günter GrassGünter GrassGünter GrassGünter Grass und MartinMartinMartinMartinWalserWalserWalserWalser schreiben schon in den 50er Jahren über gesellschaftspolitische Themen. Propaganda undAgitation ist aber nicht ihr Stil, was sich Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre unter dem Eindruckder Politisierung teilweise ändert.

Ernüchterung und „ Tendenzwende“ – Die 70er JahreErnüchterung und „ Tendenzwende“ – Die 70er JahreErnüchterung und „ Tendenzwende“ – Die 70er JahreErnüchterung und „ Tendenzwende“ – Die 70er Jahre

Die Mitte der 70er Jahre propagierte „Tendenzwende“ lässt sich mit Begriffen wie „Rückzug insPrivate“, „neue Sensibilität“, „neue Subjektivität“ oder „neue Innerlichkeit“ beschreiben. Das heißt abernicht, dass sich die Autoren ins Privatleben zurückziehen, die politische Öffentlichkeit plötzlich meiden,es keine politische Literatur mehr gibt.Viele Autoren beschäftigen sich aber nun mit der eigenen Biografie. Persönliche Probleme,Krankheitsabläufe, Emotionen und Empfindungen sind ihre vorrangigen Themen. Das ist sicher aucheine Reaktion auf das politische Engagement, das eigene Probleme und Gefühle in den Hintergrundgedrängt hat, was jetzt als Defizit erlebt wird.Beispiele für die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie sind Christoph MeckelsChristoph MeckelsChristoph MeckelsChristoph Meckels Suchbild.Über meinen Vater, Helga M. NovaksHelga M. NovaksHelga M. NovaksHelga M. Novaks Die Eisheiligen und Alfred AnderschAlfred AnderschAlfred AnderschAlfred Andersch‘ Der Vater einesMörders. (Vgl. Sie dazu Stichwort Literatur, S. 417ff.).

LyrikLyrikLyrikLyrik

Wichtig ist die Beschreibung des Alltags. Themen sind also alltägliche Dinge wie Glück, Freude,Trauer und Emotionen. Beschreibende Schlagworte dieser Lyrik sind Begriffe wie „AlltagslyrikAlltagslyrikAlltagslyrikAlltagslyrik“,„neue Innerlichkeit“, „neuer Realismus“ oder „Neosubjektivismus“.Autoren distanzieren sich von der „hermetischen Lyrik“ der 50er Jahre, die die Wirklichkeit nichtdarstellen könne. Formal, stilistisch und inhaltlich sind die 70er Jahre von einer großen Bandbreitegekennzeichnet, alles scheint möglich zu sein; auch die Umgangssprache wird bewusst verwendet.Wichtige Lyriker: Wichtige Lyriker: Wichtige Lyriker: Wichtige Lyriker: Jürgen Theobaldy, Guntram Vesper, Hans Magnus Enzensberger, Günter Kunert,Ulla Hahn

DramaDramaDramaDrama

Botho StraußBotho StraußBotho StraußBotho Strauß, Heiner MüllerHeiner MüllerHeiner MüllerHeiner Müller und Thomas BernhardThomas BernhardThomas BernhardThomas Bernhard prägen das Drama der 70er Jahre.Botho Strauß, der Jüngste, beschreibt die Gefühlskälte einer Gesellschaft, in der bleibendeBeziehungen unmöglich sind, da sich die Menschen nur auf sich selbst und ihre eigenen Gefühlkonzentrieren. Die Figuren von Botho Strauß leben in einer künstlichen Welt, sind entfremdet, sieleiden an Kommunikationsverlust und an der Welt.

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Die Literatur der 80er JahreDie Literatur der 80er JahreDie Literatur der 80er JahreDie Literatur der 80er Jahre

GrundstimmungenGrundstimmungenGrundstimmungenGrundstimmungen

Die 80er Jahre erscheinen vielen Beobachtern als eine Zeit der „Neuen Unübersichtlichkeit“, in dereine „Neue Beliebigkeit“ dominiert. Begriffe wie „Posthistorie“ und „Postmoderne“, die von Literatur-wissenschaftern und Philosophen verwendet werden, sind wissenschaftlicher, meinen aber dasselbe.Kennzeichnend für die 80er Jahre ist eine gewisse Orientierungslosigkeit und eine Endzeitstimmung,ausgelöst bzw. verstärkt durch Ereignisse wie die Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986, diemilitärische Aufrüstung, die Umweltzerstörung und die massive Energie- und Rohstoffverschwendung.Zu konstatieren ist weiter der Vormarsch von Nützlichkeitsdenken und damit verbunden das forcierteStreben nach Lebensgenuss und Egoismus.

Themen der LiteraturThemen der LiteraturThemen der LiteraturThemen der Literatur

Selbstbeobachtung, Selbstfindung und Selbsterforschung dominieren viele Texte der 80er Jahre. DieAutoren verwenden deshalb auch Textsorten wie Autobiografie, Tagebuch oder Protokoll, womitAuthentizität vermittelt werden soll.Wichtiges Thema der Literatur ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Kindheit und damitnatürlich mit Vater- und Mutterbildern.Im bereits 1989 in Dresden uraufgeführten Drama Die Ritter der Tafelrunde trifft sich eine traurigeTafelrunde zum Abgesang auf den untergehenden „real existierenden Sozialismus“. Eine traurigeRunde trifft sich da zu Gesprächen und Reflexionen, zu Meinungsaustausch und Streit. Am Endebleibt die Hoffnung auf ein freieres Leben, einen neuen Anfang.Der Fall der Berliner Mauer 1989 und die darauf folgende Vereinigung verändern die politische undnatürlich auch die literarische Szene der beiden deutschen Staaten. Die Art, wie die Vereinigung 1990vor sich geht, stößt auf herbe Kritik seitens vieler Schriftsteller, auch solcher aus der BRD.

Die 90er JahreDie 90er JahreDie 90er JahreDie 90er Jahre

Probleme der beiden vorhergehenden Jahrzehnte wie Arbeitslosigkeit, Staatsdefizit, wirtschaftlicheGlobalisierung, Rationalisierung und Umstrukturierung bestimmen auch die 90er Jahre.Die politische Debatte, an der sich auch viele Schriftsteller beteiligen, ist von der Wiedervereinigunggeprägt, die „äußere Vereinigung“ scheint in den Herzen und Köpfen vieler Menschen noch nichtvollzogen zu sein.Immer wieder werden in den 90er Jahren Schriftsteller der Ex-DDR als Informanten des DDR-Staatsicherheitsdienstes enttarnt. Misstrauen beherrscht die Szene.Dichter wie z. B. Gert Heidenreich, Guntram Vesper oder Thomas Brussig bieten Rückblicke auf dieDDR. Memoiren schreiben u.a. Heiner Müller, Günter de Bruyn und Ulla Berkéwicz.Unterschiedlich fallen die Antworten auf die wichtige Frage aus, ob mit der Vereinigung der beidendeutschen Teilstaaten auch eine Wiedererlangung der Einheit der deutschen Literatur verbunden sei.Das ist zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht eindeutig zu klären.

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Literatur in der ehemaligen DDR

Die Frage, ob es zwei deutsche Literaturen zwei deutsche Literaturen zwei deutsche Literaturen zwei deutsche Literaturen gebe, beantwortet der vierte Schriftstellerkongress 1956positiv, was seit 1949 auch der politischen Lage entspricht. 1986 vertritt Christoph Hein dieselbeAnsicht, für ihn gibt es kaum Verbindendes zwischen Ost- und Westdeutschland.

Der Begriff „ sozialistischer Realismus“Der Begriff „ sozialistischer Realismus“Der Begriff „ sozialistischer Realismus“Der Begriff „ sozialistischer Realismus“

! RealismusRealismusRealismusRealismus: Er schließt an der „kritischen“ Realismus des 19. Jahrhundert an. Es geht umDarstellung der konkreten WahrheitDarstellung der konkreten WahrheitDarstellung der konkreten WahrheitDarstellung der konkreten Wahrheit. Wichtig ist, dass Klassenbeziehungen dargestellt werden,indem materielle Verhältnisse und soziale Stellung als Triebfeder menschlichen Verhaltensbezeichnet werden.

! ParteilichkeitParteilichkeitParteilichkeitParteilichkeit: Der LiteratLiteratLiteratLiterat muss Sozialist Sozialist Sozialist Sozialist sein und offen den Standpunkt der ArbeiterklasseStandpunkt der ArbeiterklasseStandpunkt der ArbeiterklasseStandpunkt der Arbeiterklassevertreten. Er wird durch die Themenwahl, die Wahl des Konflikts und die dargestellten Charaktereersichtlich.

! VolksverbundenheitVolksverbundenheitVolksverbundenheitVolksverbundenheit: Literatur soll helfen die Kluft zwischen Kunst und Volk zu überbrücken.„ Anspruchsvolle Verständlichkeit“„ Anspruchsvolle Verständlichkeit“„ Anspruchsvolle Verständlichkeit“„ Anspruchsvolle Verständlichkeit“ wird verlangt.

Entwicklung der staatlich gelenkten LiteraturEntwicklung der staatlich gelenkten LiteraturEntwicklung der staatlich gelenkten LiteraturEntwicklung der staatlich gelenkten Literatur

! Phase der „antifaschistisch-demokratischen Erneuerung“ (1945 – Gründung der DDR)! Phase des „sozialistischen Aufbaus“ (1950–1957)! Bitterfelder Weg und Bau der Berliner Mauer (1957–1961)! „Das entwickelte sozialistische System“ (1962–1970)! Heiß-kalt unter Erich Honecker (1971–1989)! Die letzten Jahre (Fall der Mauer – heute)Vergleichen Sie zu den einzelnen Phasen Stichwort Literatur, S. 422ff.

Drama in der DDRDrama in der DDRDrama in der DDRDrama in der DDR

Von 1949 bis 1961Von 1949 bis 1961Von 1949 bis 1961Von 1949 bis 1961 wird das Theater in der DDR von der Dramaturgie und Schreibweise Brechts Brechts Brechts Brechtsbeeinflusst. Das Theater der 60er Jahre hat wenig Resonanz, da die wichtigsten Stücke nur unterAusschluss der Öffentlichkeit aufgeführt werden, weil sie Kritik am Regime üben.Das Drama der 70er Jahre70er Jahre70er Jahre70er Jahre steht unter dem Zeichen dreier Dramatiker, Heiner Müller, Peter HacksHeiner Müller, Peter HacksHeiner Müller, Peter HacksHeiner Müller, Peter Hacksund Volker BraunVolker BraunVolker BraunVolker Braun. Alle drei stehen unter dem Einfluss Brechts, distanzieren sich aber später von ihm.In den 80er Jahren80er Jahren80er Jahren80er Jahren schreiben neben Hacks und Müller auch Christoph HeinChristoph HeinChristoph HeinChristoph Hein und Thomas BraschThomas BraschThomas BraschThomas BraschDramen. Sie behandeln die Rekonstruktion ihrer Entwicklungsgeschichte.

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Lyrik in der DDRLyrik in der DDRLyrik in der DDRLyrik in der DDR

Lyrik unterliegt aufgrund ihres Wesens nicht so sehr politischen Programmen wie Dramatik oderProsa. Zunächst schreibt man angepasste Lyrik, aber die „Bitterfelder“ Dichtung verherrlicht Arbeitnicht nur, sondern betont auch die Mühe. Die zunehmende Politisierung der Kunst führt dazu, dassLyrik in den Dienst der Politik gestellt wird: Es dominieren Aggression und Abgrenzung gegen denWesten. Bei Peter Huchel kann man eine intensive Aufarbeitung der Vergangenheit feststellen.Anfang der 60er Jahre 60er Jahre 60er Jahre 60er Jahre erlebt die DDR eine wahre „LyrikwelleLyrikwelleLyrikwelleLyrikwelle“, die schnell verebbt, da die Werkenicht den Vorstellungen des Regimes entsprechen.1976197619761976 wird Reiner KunzeReiner KunzeReiner KunzeReiner Kunze aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossenausgeschlossenausgeschlossenausgeschlossen, Wolf BiermannWolf BiermannWolf BiermannWolf Biermannausgebürgert.ausgebürgert.ausgebürgert.ausgebürgert.Beispiele für Lyrik in der DDR: Sarah KirschSarah KirschSarah KirschSarah Kirsch, Wolf BiermannWolf BiermannWolf BiermannWolf Biermann (Vergleichen Sie dazu StichwortLiteratur, S. 427ff.)

Epik in der DDREpik in der DDREpik in der DDREpik in der DDR

Wichtige Themen sind Konzentrationslager (z. B. Anna SeghersAnna SeghersAnna SeghersAnna Seghers Das siebte Kreuz, Jurek BeckerJurek BeckerJurek BeckerJurek BeckerJakob der Lügner), Widerspruch zum System (Christa WolfChrista WolfChrista WolfChrista Wolf Nachdenken über Christa T.),Aufarbeitung der Vergangenheit (Christa WolfChrista WolfChrista WolfChrista Wolf Kindheitsmuster) und Abrechnung mit dem Regime(Monika Maron Monika Maron Monika Maron Monika Maron Stille Zeile sechs).

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Die deutschsprachige Literatur der Schweiz

Seit 1933 verlegen deutsche Verlage keine Schweizer Schriftsteller mehr. Dennoch ist die Schweizkulturell nicht im Abseits. 1945 endet die Isolation. 1968 ist ein Signal zur Auseinandersetzung mitdem eigenen Land (etwa von Muschg in Albisser Grund und Leutenegger in Vorabend verarbeitet).Neuere Literatur tritt erst mit MaxMaxMaxMax FrischFrischFrischFrisch (Stiller, Homo Faber, Biedermann und die Brandstifter,Andorra) und Friedrich Dürrenmatt Friedrich Dürrenmatt Friedrich Dürrenmatt Friedrich Dürrenmatt (Der Besuch der alten Dame, Die Physiker) in Erscheinung.Es entstehen RomaneRomaneRomaneRomane nach dem Vorbild FrischsVorbild FrischsVorbild FrischsVorbild Frischs: Otto F. WalterOtto F. WalterOtto F. WalterOtto F. Walter Die ersten Unruhen, AdolfAdolfAdolfAdolfMuschgMuschgMuschgMuschg Albissers Grund, Walter Matthias DiggelmannWalter Matthias DiggelmannWalter Matthias DiggelmannWalter Matthias Diggelmann Das Verhör des Harry Wind, GertrudGertrudGertrudGertrudLeuteneggerLeuteneggerLeuteneggerLeutenegger Vorabend. Durchgängige Themen sind die SchweizSchweizSchweizSchweiz als gesellschaftliches gesellschaftliches gesellschaftliches gesellschaftliches undpolitisches Gefügepolitisches Gefügepolitisches Gefügepolitisches Gefüge, die Rolle des Einzelnen, Flüchtlingspolitik oder Antikommunismus.Das Thema Suche nach der Identität Suche nach der Identität Suche nach der Identität Suche nach der Identität findet man bei Peter Bichsel Peter Bichsel Peter Bichsel Peter Bichsel (Eigentlich möchte Frau Blumden Milchmann kennen lernen) und Max Frisch Max Frisch Max Frisch Max Frisch (Mein Name sei Gantenbein).Autoren, die dem Schweizer Image nicht entsprechen, sind: Robert Walser Robert Walser Robert Walser Robert Walser (Renaissance in den 60erJahren), Ludwig HohlLudwig HohlLudwig HohlLudwig Hohl (Traumbilder, Unbewusstes), Friedrich GlauserFriedrich GlauserFriedrich GlauserFriedrich Glauser (Kriminalromane mit derHauptfigur Wachtmeister Studer)Seit 1970 1970 1970 1970 entsteht Frauenliteratur: Gertrud LeuteneggerGertrud LeuteneggerGertrud LeuteneggerGertrud Leutenegger: Reisen in Unbewusste, Verena StefanVerena StefanVerena StefanVerena Stefan:Entdeckung weiblicher Sinnlichkeit, neues Selbstverständnis (1975 Häutungen), Maja BeutlerMaja BeutlerMaja BeutlerMaja Beutler:prägende Krankheit; Margit Baur:Margit Baur:Margit Baur:Margit Baur: Berufswelt als Entfremdung.

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Österreichische Literatur nach 1945

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiten Autoren verschiedener Generationen undunterschiedlicher Vergangenheit mit- bzw. nebeneinander. Als Beispiele seien Heimitto von DodererHeimitto von DodererHeimitto von DodererHeimitto von Dodererund Karl Heinrich WaggerlKarl Heinrich WaggerlKarl Heinrich WaggerlKarl Heinrich Waggerl – diese haben sich während des Krieges dem Hitler-Regime angepasst –, Hans WeigelHans WeigelHans WeigelHans Weigel und Friedrich TorbergFriedrich TorbergFriedrich TorbergFriedrich Torberg – unmittelbar nach dem Krieg aus der Emigrationzurückkommende Dichter – oder Ilse AichingerIlse AichingerIlse AichingerIlse Aichinger, Paul CelanPaul CelanPaul CelanPaul Celan und Ingeborg BachmannIngeborg BachmannIngeborg BachmannIngeborg Bachmann – junge,gesellschaftskritische Autoren – genannt. Torberg, Weigel und Hilde SpielHilde SpielHilde SpielHilde Spiel sind Mentoren vieler jungerNachkriegsliteraten.1945 erscheinen zwei wichtige literarische MonatszeitschriftenMonatszeitschriftenMonatszeitschriftenMonatszeitschriften, der eher konservative und politischharmonisierende TurmTurmTurmTurm von Egon Seefehlner und der auch der faschistischen VergangenheitÖsterreichs gegenüber kritisch eingestellte PlanPlanPlanPlan von Otto Basil. In dieser Zeitschrift erscheint 1946Ilse Aichingers viel beachteter Aufruf zum Misstrauen.In den frühen 50er Jahren beginnt nun eine Polarisierung Polarisierung Polarisierung Polarisierung zwischen traditionell-restaurativenTendenzen und einer Erneuerung und Öffnung der Literatur. 1952 lesen Ilse Aichinger, IngeborgIlse Aichinger, IngeborgIlse Aichinger, IngeborgIlse Aichinger, IngeborgBachBachBachBachmann und Paul Celanmann und Paul Celanmann und Paul Celanmann und Paul Celan bei der Jahrestagung der Gruppe 47, was sie auch in der deutschenLiteraturszene bekannt macht.

Österreich-Tradition in der ErzählprosaÖsterreich-Tradition in der ErzählprosaÖsterreich-Tradition in der ErzählprosaÖsterreich-Tradition in der Erzählprosa

Der Roman der fünfziger JahreRoman der fünfziger JahreRoman der fünfziger JahreRoman der fünfziger Jahre steht im Zeichen einer gesellschaftlich-politischen Harmonisierungund einer traditionellen Österreichbesinnung, die vom Staat auch unterstützt wird. Ab 1955 erscheintin Wien die staatlich subventionierte Literaturzeitschrift Wort in der Zeit (der erste Herausgeber istRudolf Henz), deren Ziel es ist, die historische Kontinuität der österreichischen Literatur seit denTagen der Monarchie zu belegen. Viele der zu dieser Zeit erscheinenden Romane unterstützen dieherrschenden Meinung, die Literatur könne nahtlos an die von 1938 anknüpfen.

Wichtige Vertreter:! Heimitto von DodererHeimitto von DodererHeimitto von DodererHeimitto von Doderer: Die erleuchteten Fenster, Die Strudlhofstiege, Die Dämonen! Albert Paris GüterslohAlbert Paris GüterslohAlbert Paris GüterslohAlbert Paris Gütersloh: Sonne und Mond! Fritz von Hermanovsky-OrlandoFritz von Hermanovsky-OrlandoFritz von Hermanovsky-OrlandoFritz von Hermanovsky-Orlando: Der Gaulschreck im Rosennetz, Maskenspiel der Genien! George SaikoGeorge SaikoGeorge SaikoGeorge Saiko: Auf dem Floß, Der Mann im Schilf! Albert DrachAlbert DrachAlbert DrachAlbert Drach: Protokoll gegen Zwetschkenbaum! Franz TumlerFranz TumlerFranz TumlerFranz Tumler: Ein Schloss in Österreich! Gerhard FritschGerhard FritschGerhard FritschGerhard Fritsch: Moos auf den Steinen, Fasching

Die „ Wiener Gruppe“Die „ Wiener Gruppe“Die „ Wiener Gruppe“Die „ Wiener Gruppe“

Die „Wiener Gruppe“ ist eine Vereinigung Wiener Autoren, zu der gehören Hans Carl ArtmannHans Carl ArtmannHans Carl ArtmannHans Carl Artmann(Gedichtband med ana schwoazn dintn),,,, Gerhard RühmGerhard RühmGerhard RühmGerhard Rühm, Friedrich AchleitnerFriedrich AchleitnerFriedrich AchleitnerFriedrich Achleitner, Konrad BayerKonrad BayerKonrad BayerKonrad Bayer undOswald WienerOswald WienerOswald WienerOswald Wiener.Die Gruppe ist seit 1952 im literarischen Untergrund tätig, hält aber erst am 20. Juni 1957 die ersteöffentliche Gemeinschaftslesung ab. In loser Verbindung zu ihr stehen Friederike MayröckerFriederike MayröckerFriederike MayröckerFriederike Mayröcker undErnst JandlErnst JandlErnst JandlErnst Jandl.Literarische WurzelnLiterarische WurzelnLiterarische WurzelnLiterarische Wurzeln: Barockdichtung, Traditionen des Wiener Volkstheaters, Expressionismus,Dadaismus, Surrealismus, Sprachskepsis (Hugo von Hofmannsthal), Sprachkritik (Karl Kraus).Literarische AusdrucksformenLiterarische AusdrucksformenLiterarische AusdrucksformenLiterarische Ausdrucksformen: Dialektgedichte, Lautgedichte, Textmontagen, Wortspielereien,Auflösung der Grenzen zwischen den literarischen Gattungen, Happenings.

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Das österreichische Drama nach 1945Das österreichische Drama nach 1945Das österreichische Drama nach 1945Das österreichische Drama nach 1945

Drama und Theaterleben stehen bis zu den frühen sechziger Jahren im Zeichen der Tradition. DasTheater ist keine Stätte des Experiments oder der provozierenden Aktion, sondern Ort der Kontinuitätund Bewahrung religiös-ethischer und konservativer Werte, die in der Zeit des Nationalsozialismusunterdrückt sind. Neben Inszenierungen französischer, englischer und amerikanischer Autoren stehenbesonders Dichter der österreichischen Theatertradition seit dem Barock (Nestroy, Raimund,Grillparzer, Anzengruber) auf dem Spielplan österreichischer Schauspielhäuser.Ab Mitte der 60er Jahre werden auch Theatertexte von aus dem Exil heimkehrenden Autorenaufgeführt: Franz Theodor Csokor, Ferdinand Bruckner, Fritz Hochwälder Franz Theodor Csokor, Ferdinand Bruckner, Fritz Hochwälder Franz Theodor Csokor, Ferdinand Bruckner, Fritz Hochwälder Franz Theodor Csokor, Ferdinand Bruckner, Fritz Hochwälder (Das heiligeExperiment, Der Himbeerpflücker).Andere Autoren der mittleren Generation wie Helmut QualtingerHelmut QualtingerHelmut QualtingerHelmut Qualtinger (Der Herr Karl) oder HerwigHerwigHerwigHerwigSeeböckSeeböckSeeböckSeeböck (Häfenelegie, Selbstmord leicht gemacht) versuchen, die unmittelbare österreichischeVergangenheit aufzuarbeiten bzw. einen kritischen Blick auf die österreichische Gegenwart zu werfen.

Zerstörung der ländlichen IdylleZerstörung der ländlichen IdylleZerstörung der ländlichen IdylleZerstörung der ländlichen Idylle

Der traditionelle Heimatromantraditionelle Heimatromantraditionelle Heimatromantraditionelle Heimatroman, der im 19. Jahrhundert entsteht, definiert Heimat als idealisierten,auch sentimental und emotional verklärten Raum und das bäuerliche Leben als heile undharmonische Lebensform: Beispiele sind die Romane und Erzählungen Peter RosseggersPeter RosseggersPeter RosseggersPeter Rosseggers und dasWerk von Karl Heinrich Waggerl (Karl Heinrich Waggerl (Karl Heinrich Waggerl (Karl Heinrich Waggerl (Brot, Jahr des Herrn und die autobiografische Erzählung FröhlicheArmut).Ab den 60er Jahren wird diese Art des Heimatbegriffs und des Heimatromans problematisiert.Beispiele sind:Fasching von Gerhard FritschGerhard FritschGerhard FritschGerhard Fritsch; Die Wolfshaut von Hans LebertHans LebertHans LebertHans Lebert; das frühe Prosawerk ThomasThomasThomasThomasBernhards Bernhards Bernhards Bernhards Frost, Verstörung, Kalkwerk; Geometrischer Heimatroman von Gert F. JonkeGert F. JonkeGert F. JonkeGert F. Jonke; Aus demLeben Hödlmosers. Steirischer Roman mit Regie von Reinhard P. GruberReinhard P. GruberReinhard P. GruberReinhard P. Gruber und die autobiografischenRomane Schöne Tage und Schattseite von Franz InnerhoferFranz InnerhoferFranz InnerhoferFranz Innerhofer.

Die „ Grazer Gruppe“Die „ Grazer Gruppe“Die „ Grazer Gruppe“Die „ Grazer Gruppe“

Wichtige Vertreter der in den vierziger Jahren geborenen österreichischen Autoren fasst man unterder Sammelbezeichnung „Grazer Gruppe“ zusammen. Lose Verbindung von Dichtern, sie wollengegen das literarisch und kulturell rückständige Klima in Graz ankämpfen und provozierend wirken.Integrationsfigur ist Alfred Kolleritsch,Alfred Kolleritsch,Alfred Kolleritsch,Alfred Kolleritsch, der seit der Gründung des Grazer „Forum Stadtpark“ 1960 dieLiteraturzeitschrift manuskripte herausgibt. Darin treten neben den Dichtern der „Wiener Gruppe“ dieAutoren der „Grazer Gruppe“ an die literarische Öffentlichkeit: u. a. Wolfgang Bauer,Wolfgang Bauer,Wolfgang Bauer,Wolfgang Bauer, BarbaraBarbaraBarbaraBarbaraFrischmuth,Frischmuth,Frischmuth,Frischmuth, Reinhard P. Gruber,Reinhard P. Gruber,Reinhard P. Gruber,Reinhard P. Gruber, Peter Handke,Peter Handke,Peter Handke,Peter Handke, Elfriede Jelinek,Elfriede Jelinek,Elfriede Jelinek,Elfriede Jelinek, Gert F. JonkeGert F. JonkeGert F. JonkeGert F. Jonke, Gerhard RothGerhard RothGerhard RothGerhard Roth.In engem Zusammenhang mit der Gruppe stehen die Vertreter eines parteilichen Realismus im SinneBertolt Brechts: Josef Haslinger, Gustav Ernst, Christian Wallner, Helmut Zenker, HaraldJosef Haslinger, Gustav Ernst, Christian Wallner, Helmut Zenker, HaraldJosef Haslinger, Gustav Ernst, Christian Wallner, Helmut Zenker, HaraldJosef Haslinger, Gustav Ernst, Christian Wallner, Helmut Zenker, HaraldSommer, Gernot Wolfgruber, Michael Scharang Sommer, Gernot Wolfgruber, Michael Scharang Sommer, Gernot Wolfgruber, Michael Scharang Sommer, Gernot Wolfgruber, Michael Scharang und Peter Turrini Peter Turrini Peter Turrini Peter Turrini.

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Die 70er und 80er Jahre – Ausgewählte BeispieleDie 70er und 80er Jahre – Ausgewählte BeispieleDie 70er und 80er Jahre – Ausgewählte BeispieleDie 70er und 80er Jahre – Ausgewählte Beispiele

! Thomas BernhardThomas BernhardThomas BernhardThomas Bernhard setzt sich in seinen frühen Prosawerken mit der äußerlichen und innerlichenAbsonderung und Entfremdung des Einzelnen von der bürgerlichen Gesellschaft auseinander. Inden 70er Jahren wendet er sich seiner eigenen Lebensgeschichte zu und reflektiert in seinerfünfbändigen Biographie seine persönlichen Entwicklungsbedingungen: Die Ursache. EineAndeutung, Der Keller. Eine Entziehung, Der Atem. Eine Entscheidung, Die Kälte. Eine Isolation,Ein Kind.Seit den 80er Jahren dominieren die Theaterstücke in Bernhards Werk, lange Monologeeinsamer, mitunter grotesk komischer Menschen, die alle außerhalb der Gesellschaft stehen: EinFest für Boris, Der Ignorant und der Wahnsinnige, Die Jagdgesellschaft, Die Macht derGewohnheit, Minetti, Der Theatermacher, Heldenplatz, Elisabeth II.

! Franz InnerhoferFranz InnerhoferFranz InnerhoferFranz Innerhofer und Gernot WolfgruberGernot WolfgruberGernot WolfgruberGernot Wolfgruber schreiben „sozialkritische Autobiografien“. Innerhofererzählt in seiner Trilogie den sozialen Aufstieg des Franz Holl vom sprachlosen „Leibeigenen“ aufdem Bauernhof seines Vaters zum Germanistik-Studenten in der Stadt Salzburg: Schöne Tage,Schattseite, Die großen Wörter. Die Romane Auf freiem Fuß, Herrenjahre,

! Niemandsland und Verlauf eines Sommers von Wolfgruber sind ebenso wie die RomaneInnerhofers literarische Verarbeitungen eigener Erfahrungen.

! Peter HandkePeter HandkePeter HandkePeter Handke beginnt mit seinen Romanen Die Angst des Tormanns beim Elfmeter undWunschloses Unglück, beide Texte sind in den frühen 70er Jahren erschienen, fortlaufend undsubjektbezogen zu erzählen (neue Innerlichkeitneue Innerlichkeitneue Innerlichkeitneue Innerlichkeit).

! Der in Steyr (Oberösterreich) geborene Autor Erich HacklErich HacklErich HacklErich Hackl feiert mit Auroras Anlass, Abschied vonSidonie und Sara und Simon große Erfolge bei Kritik und Publikum.

! Wichtige Neuerscheinungen in den 80er Jahren sind noch Einer von Norbert GstreinNorbert GstreinNorbert GstreinNorbert Gstrein und dieRomane von Christoph RansmayrChristoph RansmayrChristoph RansmayrChristoph Ransmayr: Die Schrecken des Eises und der Finsternis und Die letzteWelt.

! Andere wichtige österreichische Autoren der späten 70er und 80er Jahre sind: Erich FriedErich FriedErich FriedErich Fried(Gedanken in und an Deutschland, Liebesgedichte); Waltraut Anna MitgutschWaltraut Anna MitgutschWaltraut Anna MitgutschWaltraut Anna Mitgutsch (Die Züchtigung,Das andere Gesicht); Felix MittererFelix MittererFelix MittererFelix Mitterer (Kein schöner Land, Die Kinder des Teufels, Sibirien); PeterPeterPeterPeterRoseiRoseiRoseiRosei (Die Wolken, Der Aufstand); Julian SchuttingJulian SchuttingJulian SchuttingJulian Schutting (Hundegeschichte, Traumreden); BrigitteBrigitteBrigitteBrigitteSchwaigerSchwaigerSchwaigerSchwaiger (Der Himmel ist süß, Schönes Licht)

Die 90er Jahre – Ausschnitte neuerer österreichischer DichtungDie 90er Jahre – Ausschnitte neuerer österreichischer DichtungDie 90er Jahre – Ausschnitte neuerer österreichischer DichtungDie 90er Jahre – Ausschnitte neuerer österreichischer Dichtung

StichworteStichworteStichworteStichworte: keine einheitliche Richtung, keine Tendenzen besonderer Art; „neue Innerlichkeit“, vorallem in der Lyrik; Neorealismus in Roman und Erzählung; Pluralismus auch in der Literatur, der demallgemeinen politisch-gesellschaftlichen Trend entspricht.

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Neuere österreichischer Dramatik – Ein ÜberblickNeuere österreichischer Dramatik – Ein ÜberblickNeuere österreichischer Dramatik – Ein ÜberblickNeuere österreichischer Dramatik – Ein Überblick

Mit dem Tod von Thomas BernhardThomas BernhardThomas BernhardThomas Bernhard im Jahre 1989 geht ein bedeutender Abschnitt derösterreichischen Theatergeschichte zu Ende. In seinem umfangreichen dramatische Gesamtwerk –Bernhard schreibt zwanzig Bühnenwerke – variiert der Autor von Stück zu Stück seine Grundthemen:den aussichtslosen Kampf gegen Krankheit, Verfall und Tod, die Auseinandersetzung mit dernationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs, die Machtrituale zwischen voneinanderabhängigen Menschen, das Streben des Künstlers nach Perfektion in einer kunst- undkulturfeindlichen Welt und seine Kritik an der österreichischen Politik und am Kulturbetrieb in diesemLand.Nach Thomas Bernhards Stücken werden nun die von Peter TurriniPeter TurriniPeter TurriniPeter Turrini am Wiener Burgtheater unter derRegie von Claus Peymann uraufgeführt (Tod und Teufel, 1990; Alpenglühen, 1993; Die Schlacht umWien, 1995).

Die überzeugte Feministin Marlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene Streeruwitz versteht ihre antipsychologischen Theatertexte alsKampfansage an die klassische Dramatik. Die Handlung ihrer Dramen spielt immer an öffentlichenOrten, wo die Autorin die alltägliche Gewalt in Szene setzt: Waikiki Beach, 1992; Sloane Square,1992; New York. New York., 1993; Elysian Park., 1993; Ocean Drive., 1993; Brahmsplatz., 1995.

Auch Elfriede JelinekElfriede JelinekElfriede JelinekElfriede Jelinek schreibt gezielt gegen den Kanon der traditionellen Theaterästhetik undversucht durch Dekonstruktion von Sinnzusammenhängen und durch Verfremdung der dramatischenForm (z. B. Montagetechnik) auf die Unterdrückung der Menschen – die Hauptopfer seien die Frauen– im Rahmen der modernen Konsum- und Mediengesellschaft hinzuweisen, darunter Clara S., einemusikalische Tragödie, in der Jelinek die Stellung der Künstlerin in der bürgerlichen Gesellschaftthematisiert, Burgtheater, eine Posse mit Gesang, die in den Jahren 1941 bis 1945 spielt und sich mitder faschistischen Anfälligkeit prominenter österreichischer Schauspieler auseinandersetzt, oderWolken.Heim, eine Textkollage, die ebenfalls Jelineks Engagement gegen Faschismus, politischenOpportunismus und „Vergesslichkeit“ in Bezug auf die faschistische Vergangenheit Österreichsunterstreicht. Mit Raststätte oder Sie machens alle, Stecken, Stab und Stangel – Eine Handarbeit(1996) und Ein Sportstück (1998) festigt Elfriede Jelinek in den neunziger Jahren ihren Ruf alsbedeutende deutschsprachige Schriftstellerin der Gegenwart.

Der Grazer Werner SchwabWerner SchwabWerner SchwabWerner Schwab ist mit den Uraufführungen seiner beiden ersten „Fäkaliendramen“ DiePräsidentinnen und Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos der Shooting-Star desdeutschsprachigen Theaters der Saison 1991/92. Bis zu seinem Tod produziert Schwab 18 Stückedarunter Der reizende Reigen nach dem Reigen des reizenden Herrn Arthur Schnitzler, von denen dieHälfte erst nach seinem Tod aufgeführt werden.

Neuere österreichische Prosa – Romane nach 1995Neuere österreichische Prosa – Romane nach 1995Neuere österreichische Prosa – Romane nach 1995Neuere österreichische Prosa – Romane nach 1995

1995 erscheinen Morbus Kitahara von Christoph RansmayrChristoph RansmayrChristoph RansmayrChristoph Ransmayr, Sara und Simon von Erich HacklErich HacklErich HacklErich Hackl,Opernball von Josef HaslingerJosef HaslingerJosef HaslingerJosef Haslinger, Der See von Gerhard RothGerhard RothGerhard RothGerhard Roth, Schubumkehr von Robert MenasseRobert MenasseRobert MenasseRobert Menasse,Telemach von Michael KöhlmeierMichael KöhlmeierMichael KöhlmeierMichael Köhlmeier, Die Kinder der Toten von Elfriede JelinekElfriede JelinekElfriede JelinekElfriede Jelinek, Der Kommerzialratvon Norbert GstreinNorbert GstreinNorbert GstreinNorbert Gstrein, 1996 Verführungen von Marlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene Streeruwitz, 1997 In einer dunklen Nacht gingich aus meinem stillen Haus von Peter HandkePeter HandkePeter HandkePeter Handke, Kalypso von Michael Köhlmeier Michael Köhlmeier Michael Köhlmeier Michael Köhlmeier, 1998 Das JüngsteGericht des Michelangelo Spatz von Michael ScharangMichael ScharangMichael ScharangMichael Scharang, Die Luftgängerin von Robert SchneiderRobert SchneiderRobert SchneiderRobert Schneider, DerPlan von Gerhard RothGerhard RothGerhard RothGerhard Roth, Vermutungen über die Liebe in einem fremden Haus von Ulrike LängleUlrike LängleUlrike LängleUlrike Längle,1999 Die englischen Jahre von Norbert GstreinNorbert GstreinNorbert GstreinNorbert Gstrein, Nachwelt von Marlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene Streeruwitz und Entwurfeiner Liebe auf den ersten Blick von Erich Hackl.Erich Hackl.Erich Hackl.Erich Hackl.

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Ausgewählte Beispiele

Der 1955 in Zwettl/Niederösterreich geborene Josef HaslingerJosef HaslingerJosef HaslingerJosef Haslinger wird durch den Band Politik derGefühle. Ein Essay über Österreich (1987) und die Erzählungen Der Tod des Kleinhäuslers IgnazHajek (1985) und Die mittleren Jahre (1990) – beide Texte spielen in der Heimat des Dichters undthematisieren familiäre Verstrickungen und die schwierigen Lebensbedingungen bäuerlicherMenschen im ländlichen Raum – einem größeren Publikum bekannt.1995 erscheint der „aufklärende Unterhaltungsroman“ Opernball, ein spannender und mitprofessioneller Souveränität geschriebener Medienroman und Politthriller, der ein Panorama einer vonTerroristen bedrohten Wohlstandsgesellschaft entwirft. Er zeigt die grotesken politischenWidersprüche auf zwischen Liberalität und Bedürfnis nach Sicherheit, den kaum kontrollierbarenEinfluss des Fernsehens auf Alltagsleben und Regierungsentscheidungen sowie das fataleZusammenwirken von wiederaufflammenden Nationalismus, Fremdenfurcht und politisch motivierterGewalt.

Die als Dramatikerin bekannt gewordene Marlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene StreeruwitzMarlene Streeruwitz veröffentlicht 1996 ihren erstenRoman, Verführungen. Mit diesem realistischen und auf jeden Deutungsversuch verzichtenden Textgelingt der Autorin ein beklemmendes Psychogramm einer jungen Frau, die den Widrigkeiten desAlltags einer alleinerziehenden Mutter ausgesetzt ist. Die Sprache ist nüchtern - nicht zuletzt, um dieBanalität täglicher Ärgernisse pointiert aufzuzeigen – und der Rhythmus der kurzen Sätze legt denAkzent auf den mühsamen Versuch der Heldin, den Schwierigkeiten des äußeren Lebens und denBeziehungsfallen auszuweichen.

1999 erscheint der Bestseller-Roman Die englischen Jahre von Norbert GstreinNorbert GstreinNorbert GstreinNorbert Gstrein, in dem der Autoreine Geschichte aus dem englischen Exil erzählt, eine Geschichte von Zugehörigkeit undNichtzugehörigkeit, die auch eine Geschichte darüber ist, was am Ende ein Leben ausmacht und obes neben den Bildern, die man davon hat, überhaupt so etwas wie ein wahres Leben gibt.

Der Grazer Gerhard Gerhard Gerhard Gerhard RothRothRothRoth lebt heute als freier Schriftsteller in Wien und der Südsteiermark. 1995 und1998 veröffentlicht er seine erfolgreichen Romane Der See und Der Plan. Im Jahre 2000 erscheint derliterarisch anspruchsvolle Thriller Der Berg, in dem der Journalist Gartner nach einem serbischenDichter fahndet, der unfreiwillig Zeuge eines Massakers während des bosnisch-serbischen Kriegeswird. Roths neuer Roman, der sowohl mit politischen als auch mythischen Motiven spielt, lebt von derpräzise geschilderten Atmosphäre in den südeuropäischen Ländern und dem Detailwissen des Autorsüber die Methoden des investigativen Journalismus.