4
2 Zuchtwahl und Besamung 2017 / 177 Nicht nur bayernweit steigt die Nachfrage der Molkereien nach genfrei produzierter Milch, sondern in ganz Deutschland. In der Fütte- rung der Kühe hat dies vor allem im Bereich von zugekauften Eiweißfut- termitteln einen Einfluss. Genfrei produzierter Sojaschrot ist teurer als Rapsextraktionsschrot aus europäischer Produktion, der sowieso genfrei ist. Bei der Umstellung auf genfreie Milchproduktion wird häufig die bisherige Menge von verfütterten Sojaschrot durch die angepasste Men- ge an Rapsschrot ersetzt. In unter- schiedlichen deutschen Versuchsstati- onen, bei verschiedenen Grundfutter- voraussetzungen, wurde geprüft, wel- che Resultate der Verzicht auf Soja- schrot bringt und es gab keine negati- ven Ergebnisse. Von der Fütterungs- seite kann Sojaschrot durch Raps- schrot ausgetauscht werden. Ein Un- terschied zwischen Raps- und Soja- schrot der sich mit der Zeit in der Pra- xis auswirken kann ist, dass in Raps- produkten deutlich mehr Schwefel enthalten ist. Was kann das in der Fütterung bedeuten? Dazu muss man sich auch die Begrif- fe der DCAB oder FKAD genauer an- sehen. DCAB oder FKAD – in der Milch- viehfütterung Von diesen Begriffen hat man vor et- wa 20 Jahren in Verbindung mit der Trockensteherfütterung und der Milchfieberpropyhlaxe gehört. Dabei stand eine kaliumarme Fütterung oder der Einsatz von sauren Salzen in der Trockensteherzeit im Fokus. In- zwischen werden diese Begriffe und Rationsparameter auch in der laktie- renden Ration zunehmend wichtiger. Weshalb dies immer mehr an Bedeu- tung gewinnt, wird später erklärt. Zu- erst aber einige Grundsätze und Er- läuterungen. Was versteckt sich hinter diesen Ab- kürzungen? Die FKAD steht für Fut- ter-Kationen-Anionen-Differenz und die DCAB ist der englische Begriff da- für und bedeutet das Gleiche. Es ist die Dietary-Cation -Anion-Balance . Das bedeutet übersetzt: Futter- Kationen- Anionen-Bilanz . Die Kationen- Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den Mengenelementen mit einer positiven Ladung (Kationen: z. B. Natrium und Kalium aber auch Calcium und Mag- nesium) und den Elementen mit ei- ner negativen La- dung (Anionen: z. B. Phosphat, Chlor und Schwefel) aus. Dieses Gleichgewicht wird beschrieben in Milligrammäquivalenten (meq) je kg Trockensubstanz. Jedes Futtermittel hat einen unter- schiedlich hohen Gehalt an Mengen- elementen und demzufolge an ver- schiedenen Salzen. Diese können Ka- tionen sein, welche positiv geladene Elemente und Anionen, welche nega- tive Elemente sind. Die bedeutends- ten und stärksten Kationen sind Kali- um und Natrium und die stärksten Anionen sind Chlor und Schwefel. Aufgrund der chemischen Eigenschaf- ten liegen diese starken Ionen im Or- ganismus in dissoziierter Form vor. Die Gehalte der Anionen und Katio- nen beeinflussen nachhaltig den Säu- re-Basen-Haushalt im Organismus. Positive DCAB-Werte bedeuten eine mehr alkalisch wirkende Ration und negative Werte stehen für einen Überhang an starken Anionen, was zu einer Verschiebung des Säure- Basen-Haushaltes in Richtung einer sauer (acidotisch) wirkenden Ration führt. Die Gehalte an Kationen und Anio- nen schwanken vor allem bei Grund- futtermitteln sehr stark. Tabellenwerte sind hier nicht aussagekräftig. Da der Begriff und die Größe der DCAB der eingesetzten Futtermittel aber häufig unbekannt sind, wurden zur Informa- tion in Tabelle 1 Mittelwerte aufge- führt. Die großen Schwankungsberei- che der DCAB Werte von Grundfut- termitteln und von Voll-TMR‘s stehen in Tabelle 2. Zusätzlich aufgeführt sind in Tabelle 3 die Werte vom ZTT Schwefel in der Fütterung - Viel zu wenig beachtet! DCAB oder FKAD in der Milchviehfütterung von Dipl.-Ing. agr. (FH) Anna Maria Miller, VFR-GmbH . Futtermittel g Ca g K g Cl g S Meq DCAB Maissilage 2,5 14,0 1,7 0,9 263 Grassilage 5,9 29,0 8,0 2,5 426 Feldgras 6,0 33,0 5,6 2,6 564 Luzernesilage 15,0 24,0 6,5 2,6 305 Wiesenheu 4,8 19,0 7,8 2,1 162 Weizenstroh 2,9 10,5 3,6 1,8 94 Biertreber 3,4 2,7 0,5 1,5 -25 Pressschnitzel 13,6 4,1 1,4 2,2 -32 ZR-Melasse 2,2 48,0 9,9 3,1 1.147 Gerste, Weizen 0,6 5,0 1,0 1,6 10 Mais 0,5 3,4 0,7 1,7 -30 Sojaschrot 3,4 24,4 0,4 4,8 323 Rapsschrot 9,0 15,6 0,3 7,4 -48 Tabelle 1: Gehalte von Kationen und Anionen sowie der DCAB in ausgewählten Futtermitteln je kg TM. Quelle: Engelhard Iden, leicht angepasst und PRIES u. BAUM nach DLG Futterwert- tabelle ergänzt um CBV 2005, NRC 2001, LWK NRW 2005. Futtermittel DCAB, meq/kg TM Maissilagen +100 bis +200 Grassilagen -150 bis +550 Luzernesilagen +100 bis +600 Rapsextraktionsschrote -50 bis -200 Pressschnitzelsilagen 0 bis -100 Praxis TMR; n = 763 -400 bis + 600 Stroh n 83 -72 – +516 bei Mittelwert von 165 Tabelle 2: Schwankungsbreiten in Futtermitteln. (Variation der DCAB in Futtermitteln und Praxisrationen.) (Staufenbiel et al., 2016) Werte Stroh von Dr. M. Hoffmann, LKS Sachsen

Schwefel in der Fütterung - bvn-online.de · -Anion-Balance. Das bedeutet übersetzt: Futter-Kationen-Anionen-Bilanz. Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Schwefel in der Fütterung - bvn-online.de · -Anion-Balance. Das bedeutet übersetzt: Futter-Kationen-Anionen-Bilanz. Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den

2 Zuchtwahl und Besamung 2017 / 177

Nicht nur bayernweit steigt die Nachfrage der Molkereien nach genfrei produzierter Milch, sondern in ganz Deutschland. In der Fütte-rung der Kühe hat dies vor allem im Bereich von zugekauften Eiweißfut-termitteln einen Einfluss. Genfrei produzierter Sojaschrot ist teurer als Rapsextraktionsschrot aus europäischer Produktion, der sowieso genfrei ist. Bei der Umstellung auf genfreie Milchproduktion wird häufig die bisherige Menge von verfütterten Sojaschrot durch die angepasste Men-ge an Rapsschrot ersetzt. In unter-schiedlichen deutschen Versuchsstati-onen, bei verschiedenen Grundfutter-voraussetzungen, wurde geprüft, wel-che Resultate der Verzicht auf Soja-schrot bringt und es gab keine negati-ven Ergebnisse. Von der Fütterungs-seite kann Sojaschrot durch Raps-schrot ausgetauscht werden. Ein Un-terschied zwischen Raps- und Soja-schrot der sich mit der Zeit in der Pra-xis auswirken kann ist, dass in Raps-produkten deutlich mehr Schwefel enthalten ist. Was kann das in der Fütterung bedeuten? Dazu muss man sich auch die Begrif-fe der DCAB oder FKAD genauer an-sehen. DCAB oder FKAD – in der Milch-viehfütterung Von diesen Begriffen hat man vor et-wa 20 Jahren in Verbindung mit der Trockensteherfütterung und der Milchfieberpropyhlaxe gehört. Dabei stand eine kaliumarme Fütterung oder der Einsatz von sauren Salzen in der Trockensteherzeit im Fokus. In-zwischen werden diese Begriffe und Rationsparameter auch in der laktie-renden Ration zunehmend wichtiger. Weshalb dies immer mehr an Bedeu-tung gewinnt, wird später erklärt. Zu-erst aber einige Grundsätze und Er-läuterungen. Was versteckt sich hinter diesen Ab-kürzungen? Die FKAD steht für Fut-ter-Kationen-Anionen-Differenz und die DCAB ist der englische Begriff da-

für und bedeutet das Gleiche. Es ist die Dietary-Cation-Anion-Balance.Das bedeutet übersetzt: Futter-K a t i o n e n -Anionen-Bilanz.Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den Mengenelementen mit einer positiven Ladung (Kationen: z. B. Natrium und Kalium aber auch Calcium und Mag-nesium) und den Elementen mit ei-ner negativen La-dung (Anionen: z. B. Phosphat, Chlor und Schwefel) aus. Dieses Gleichgewicht wird beschrieben in Milligrammäquivalenten (meq) je kg Trockensubstanz. Jedes Futtermittel hat einen unter-schiedlich hohen Gehalt an Mengen-elementen und demzufolge an ver-schiedenen Salzen. Diese können Ka-tionen sein, welche positiv geladene Elemente und Anionen, welche nega-tive Elemente sind. Die bedeutends-ten und stärksten Kationen sind Kali-um und Natrium und die stärksten Anionen sind Chlor und Schwefel. Aufgrund der chemischen Eigenschaf-ten liegen diese starken Ionen im Or-ganismus in dissoziierter Form vor. Die Gehalte der Anionen und Katio-nen beeinflussen nachhaltig den Säu-re-Basen-Haushalt im Organismus. Positive DCAB-Werte bedeuten eine mehr alkalisch wirkende Ration und negative Werte stehen für einen Überhang an starken Anionen, was zu einer Verschiebung des Säure-Basen-Haushaltes in Richtung einer sauer (acidotisch) wirkenden Ration führt. Die Gehalte an Kationen und Anio-nen schwanken vor allem bei Grund-

futtermitteln sehr stark. Tabellenwerte sind hier nicht aussagekräftig. Da der Begriff und die Größe der DCAB der eingesetzten Futtermittel aber häufig unbekannt sind, wurden zur Informa-tion in Tabelle 1 Mittelwerte aufge-führt. Die großen Schwankungsberei-che der DCAB Werte von Grundfut-termitteln und von Voll-TMR‘s stehen in Tabelle 2. Zusätzlich aufgeführt sind in Tabelle 3 die Werte vom ZTT

Schwefel in der Fütterung - Viel zu wenig beachtet! DCAB oder FKAD in der Milchviehfütterung von Dipl.-Ing. agr. (FH) Anna Maria Miller, VFR-GmbH .

Futtermittel g Ca g K g Cl g S Meq DCAB

Maissilage 2,5 14,0 1,7 0,9 263

Grassilage 5,9 29,0 8,0 2,5 426

Feldgras 6,0 33,0 5,6 2,6 564

Luzernesilage 15,0 24,0 6,5 2,6 305

Wiesenheu 4,8 19,0 7,8 2,1 162

Weizenstroh 2,9 10,5 3,6 1,8 94

Biertreber 3,4 2,7 0,5 1,5 -25

Pressschnitzel 13,6 4,1 1,4 2,2 -32

ZR-Melasse 2,2 48,0 9,9 3,1 1.147

Gerste, Weizen 0,6 5,0 1,0 1,6 10

Mais 0,5 3,4 0,7 1,7 -30

Sojaschrot 3,4 24,4 0,4 4,8 323

Rapsschrot 9,0 15,6 0,3 7,4 -48

Tabelle 1: Gehalte von Kationen und Anionen sowie der DCAB in ausgewählten Futtermitteln je kg TM.

Quelle: Engelhard Iden, leicht angepasst und PRIES u. BAUM nach DLG Futterwert-tabelle ergänzt um CBV 2005, NRC 2001, LWK NRW 2005.

Futtermittel DCAB, meq/kg TM

Maissilagen +100 bis +200

Grassilagen -150 bis +550

Luzernesilagen +100 bis +600

Rapsextraktionsschrote -50 bis -200

Pressschnitzelsilagen 0 bis -100

Praxis TMR; n = 763 -400 bis + 600

Stroh n 83 -72 – +516 bei Mittelwert von 165

Tabelle 2: Schwankungsbreiten in Futtermitteln. (Variation der DCAB in Futtermitteln und Praxisrationen.)

(Staufenbiel et al., 2016) Werte Stroh von Dr. M. Hoffmann, LKS Sachsen

Page 2: Schwefel in der Fütterung - bvn-online.de · -Anion-Balance. Das bedeutet übersetzt: Futter-Kationen-Anionen-Bilanz. Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den

3Zuchtwahl und Besamung 2017 / 177

Iden, Sachsen-Anhalt, die Thomas En-gelhard auf den Managementtagen 2016 des Besamungsvereins Neustadt an der Aisch gezeigt hat. Die ZTT Iden untersucht die gefütterten Grund- und Kraftfuttermittel regelmä-ßig; auch deren DCAB. In der Tabelle ist deutlich zu sehen, dass diese Wer-te innerhalb eines Betriebes stark schwanken können. Allgemein werden die Werte der Mengenelemente durch die Dün-gung, hier vor allem Gülledüngung (Kalium und zunehmend mehr Schwefel in der Gülle), aber auch die empfohlene Schwefeldüngung auf dem Grünland, dem Boden, dem Pflanzenbestand und dem Erntezeit-punkt beeinflusst. Dadurch kommt es zu diesen großen Schwankungen. Es ist immer ratsam, die DCAB bei der Futteruntersuchung mit analysieren zu lassen, damit eine vollständige Ra-tionsberechnung erfolgen kann. Berechnet wird die DCAB/FKAD ei-nes Futtermittels unter Berücksichti-gung der Atommassen und der Wer-tigkeit mit der Formel:

Rationen mit ei-nem Überschuss an Kalium und Natrium haben ei-nen positiven DCAB Wert. Die Folge ist eine basi-sche (alkalische) Stoffwechsellage. Rationen mit ei-nem Überschuss an Chlor und Schwefel haben ei-nen niedrigen bis

negativen DCAB-Wert. Dadurch kommt es zu einer ansäuernden Wir-kung. Dies führt zu einer metaboli-schen Azidose. Ob sich dieser Effekt im Organismus tatsächlich so aus-wirkt, hängt von der resorbierten Io-nenmenge ab. Die Ration, gerade im Zusammenhang mit der Anfütterung, kann mit einer Harnuntersuchung und hier mit der NSBA, der Netto-Säuren-Basen-Ausscheidung, geprüft werden. Aber auch in der Fütterung der laktierenden Kühe geben die Har-nuntersuchung und die NSBA einen Hinweis auf die Stoffwechsellage der Kühe.

Je nach Laktationsabschnitt gelten an-dere Empfehlungen für die anzustre-bende DCAB (siehe Tabelle 4). Der Bedarf an Calcium und Phosphor in der Anfütterung orientiert sich stark an der DCAB der Ration, siehe Tabelle 5.

Futtermittel Anzahl Proben

Mittel-wert*

Min. bis Max.*

Maissilagen 20 +97 +52 bis +158 Grasssilagen, 1. Aufw. 18 +448 +236 bis +522 Luzernesilagen 16 +415 +291 bis +638 Rapsextraktionsschrot 2015 2016

10 54

-108 -132 -92

-139 bis -86 -139 bis -128

-86 bis -99 Feuchtkornmais 7 +25 +17 bis +32 Trockenschnitzel, mel. 5 +59 +53 bis +66

Tabelle 3: Die DCAB je kg TM von den in der Milchkuhherde in Iden eingesetzten Futtermit-teln, 2015/1. HJ 2016.

Quelle: T. Engelhard Iden

DCAB (meq/kg TM) [43,5XNa (g) + 25,6xK (g)] – [28,2x Cl (g) + 62,4x S (g)] /kg TM

Tabelle 5: Anforderungen an den Mineralstoffgehalt in Ratio-nen für Milchkühe ab 3. Woche a. p. (vor der Ge-burt) in Abhängigkeit von der DCAB je kg TS nach Dr. M. Hoffmann, LKS Sachsen.

DCAB meq/kg TM g Ca g P g Mg über +200 unter 4 3 - 3,5 3,5 +100 bis +200 4 - 6 3,0 - 3,5 3,5 +50 bis +100 6 - 9 3 – 3,5 3,5 (nach Staufenbiel sollen Rationen in diesem Bereich vermieden werden) unter +50 u. negativ 9 - 15 3,4 - 4 3,5 - 4

Tabelle 4: Empfehlungen für die DCAB in den Rationen nach Staufenbiel 2015

Trockenstehzeit Vorbereitung Vorbereitung Laktation Ca-arm Anionenration (Saure Salze) DCAB meq/kg TM +200 - +300 +100 - +200 -50 - +50 +150 - +350 NSBA mmol 100 - 200 100 - 200 -20 - +35 100 - 200 S (g(kg TM) 1,5 - 2 1,5 - 2 2 - 4 2 - 4 Cl (g/kg TM) 2 - 8 2 - 8 - 3 2 - 8 K (g/kg TM) 8 - 16 8 - 15 8 - 15 8 - 16 Na (g/kg TM) 1,5 - 2 1,5 - 2 1,5 - 2 1,5 - 2,5

(In anderen Literaturangaben werden in der Laktation mind. 10 g Kalium und höher empfohlen. Das K : Na-Verhältnis sollte nicht unter 5 : 1 liegen!)

Page 3: Schwefel in der Fütterung - bvn-online.de · -Anion-Balance. Das bedeutet übersetzt: Futter-Kationen-Anionen-Bilanz. Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den

4 Zuchtwahl und Besamung 2017 / 177

Absolut zu beachten ist, dass mehr Calcium benötigt wird, je geringer die DCAB der Ration ist. Der DCAB-Wert der Ration kann durch den Einsatz von „sauren Sal-zen“ verringert werden. Es gibt in der Praxis auch genügend Beispiele, wo der natürliche DCAB-Wert der einge-setzten Grund- und Kraftfuttermittel nur um 100 meq/kg TM und geringer ist. Wird das in der Fütterung nicht beachtet oder ist der DCAB-Wert der Ration nicht bekannt, kann es zu Schwierigkeiten kommen, da es zu einem gesteigerten Calciumverlust über den Harn kommt. Ist die DCAB in der Ration von laktie-renden Kühen zu gering, müssen die-se Rationen mehr Calcium enthalten. Versucht man in der Vorbereitungs-zeit eher eine saure Stoffwechsellage zu erreichen, so muss die DCAB in der Laktation positiv sein. Es kommt sonst zu gesundheitlichen negativen Folgen mit einer metabolischen Übersäuerung. Eine saure Stoffwech-sellage zeigt sich bei Kühen mit An-zeichen von subklinischen Acidosen, trotz ausreichender Faser- und Struk-turversorgung. Der pH-Wert des Blu-tes ist zu gering. Der Organismus ver-sucht ständig dagegen zu regeln, indem er Calcium aus dem Organis-mus nimmt. Weshalb kann es jetzt bei laktieren-den Kühen zu Rationen mit einem geringen DCAB-Wert kommen? Dazu sieht man sich Tabelle 1 mit den Durchschnittswerten von einigen Saft- und Kraftfuttermitteln an. An-

schließend be-trachtet man Ta-belle 2 und sieht dort die erhebli-chen Schwan-kungsbreiten von Grund- und Kraft-futtermittel in der Praxis. Aus Ta-belle 3 lässt sich erkennen, dass es selbst im gleichen Betrieb, je nach Schnitt, bei den Si-lagen und auch bei den Kraftfuttermitteln zu erhebli-chen Schwankungen kommen kann. Um die Auswirkungen dieser Schwankungen darzustellen, wird ei-ne vereinfachte Rationsberechnung gemacht. Nur die DCAB der Futter-mittel wird berücksichtigt (Tabelle 6). Zielwert: Je nach Quelle zwischen +100 meq/kg TS und +350 meq/kg TS. Wobei in vielen Quellen als Zielwert über +150 meq/kg TS angegeben wird. Beurteilung der vereinfachten Ra-tionsberechnung: Bei der Verwen-dung der Mittelwerte wäre die Ration der laktierenden Kühe im er-wünschten Bereich von +150 - +350 meq/kg TS (je nach Quelle). Wird die Ration mit den geringen DCAB-Werten (noch nicht den ge-ringsten untersuchten Gehalten) der verwendeten Futtermittel bilanziert, ist dieser für laktierende Kühe im viel zu niedrigen Bereich.

Bei der Ration mit dem niedrigen DCAB-Wert sollte zuerst der Calci-umgehalt der Rati-on erhöht werden und wenn die Kü-he Anzeichen von einer acidotischen Stoffwechsellage zeigen, ist darüber nachzudenken , mit Futtermitteln wie Melasse oder auch durch den Austausch von Futtermitteln den

DCAB-Gehalt in der Ration höher einzustellen. Vor dem Einsatz von Puffersubstanzen, wie Natriumcarbo-nat und Natriumbicarbonat ist die Ra-tion zu bilanzieren, damit das Kali-um : Natrium-Verhältnis nicht zu eng wird. In der Vorbereitungsfütterung wird bei Rationen, die einen DCAB-Wert von +50 - +100 meq/kg TM haben ein Calciumgehalt von 9 g Ca/kg TM empfohlen. Ein dauerhaft zu geringer DCAB-Gehalt der Ration führt zu einer aci-dotischen Stoffwechsellage der Kühe. Werden Kühe, die bereits in der Lak-tation eine Ration mit einem geringen DCAB-Wert erhalten haben und da-durch ständig ihre Calcium-Reserven benötigten, um den Blut pH-Wert im-mer wieder anzugleichen, in der Tro-ckenstehzeit zusätzlich noch calci-umarm gefüttert, dann liegen diese vermehrt fest, da kein Calcium mehr vorhanden ist, welches mobilisiert werden kann. Sollten Sie unerklärliche Probleme mit Festliegen oder nicht so fitten Kü-hen nach der Kalbung haben, dann denken Sie an die DCAB der Ration. Zeigen Kühe äußerlich Anzeichen ei-ner Acidose, obwohl genügend Faser gefüttert wird und auch die Ober-grenzen an Stärke und Zucker ein-gehalten werden, überprüfen Sie am besten im frischen Harn (Sammel-proben) die NSBA der Kühe, den pH-Wert und die Calciumkonzentration im Harn. Das gibt erste Hinweise dar-auf, ob evtl. die DCAB der Ration zu gering ist. Falls dies der Fall ist, müs-sen Sie reagieren. Lassen Sie die DCAB-Werte in Ihren Futtermitteln

Beispielrationen kg Mittelwerte geringe DCAB Werte MEW 32 kg meq je kg TM meq je kg TM 7 kg TS Maissilage +250 +100 5 kg TS Grassilage +450 +150 1,5 kg TS Biertreber -25 -25 0,5 kg TS Stroh +100 0

1 kg TS Melasseschnitzel +60 +50 2,5 kg TS Rapsschrot -50 -100 2,5 kg TS Getreide +10 0

1 kg TS Körnermais -10 -20

DCAB meq/kg TM 190 58

Tabelle 6: Vereinfachte Rationsberechnung.

Die DCAB der Ration hat Auswirkungen auf Stoffwechselstörungen zur und nach der Geburt.

Page 4: Schwefel in der Fütterung - bvn-online.de · -Anion-Balance. Das bedeutet übersetzt: Futter-Kationen-Anionen-Bilanz. Die Kationen-Anionen-Differenz drückt die Bilanz zwischen den

5Zuchtwahl und Besamung 2017 / 177

und in Ihrer Ration untersuchen und passen Sie die Ration an. Bedenken Sie bitte auch, dass bei Hit-zestress durch das Schwitzen und durch die vermehrte Harnausschei-dung Natrium verbraucht wird. Zu-

sätzl ich kann durch das He-cheln eine respira-torische Alkalose entstehen. Die Ra-tionen der laktie-renden Kühe soll-te deshalb bei Hit-zestress eine hö-here DCAB ha-ben. Ihre Kühe werden es Ihnen danken. Schwefelgehalt in der Ration Der Schwefelge-halt der eingesetz-ten Futtermittel

hat nicht nur einen Einfluss auf den DCAB Gehalt der Ration. Als Emp-fehlung für den Schwefelgehalt der Ration wird 2 - 4 g je kg TM angege-ben. In manchen Quellen liest man, dass bereits Gehalte über 3 g je kg TM Schwierigkeiten bereiten können.

Zu viel Schwefel wirkt als Antagonist zu verschiedenen Spurenelementen, wie Selen, Kupfer und Molybdän. Daneben findet man in der Literatur auch die Hinweise darauf, dass es bei zu hohen Schwefelgehalten in der Ration zu Pansenfermentationsstörun-gen kommen kann und zu einem Rückgang der Futteraufnahme. Fazit: Bisher wurde Schwefel in der Rati-onsberechnung kaum berücksichtig und bilanziert, obwohl schon länger in verschiedenen Artikeln immer wie-der auf die Bedeutung der Schwefel-versorgung hingewiesen wurde und das Problem mit den antagonisti-schen Wirkungen bei Spurenelemen-ten zunimmt. Es gibt inzwischen viele Gründe, zu-künftig den Schwefelgehalt und die DCAB/FKAD der eingesetzten Grund-futtermittel analysieren zu lassen und diese bei der Rationsgestaltung zu be-rücksichtigen.

Häufig werden Rationen nur nach Faser, Energie und Eiweiß bilanziert. Die DCAB-Werte der Ration werden viel zu selten berücksichtigt, da diese Kennwerte für den Betrieb nicht vorliegen.