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INFORMATIONSTECHNIK UND ARMEE Vorlesungen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich im Wintersemester 1993/1994 Leitung: Bundesamt für Übermittlungstruppen Divisionär E. Ebert, Waffenchef der Übermittlungstruppen SDH in militärischen Netzen Referent: A. Schär und B. Rhomberg Diese Vorlesung wurde durch die Stiftung HAMFU digitalisiert und als PDF Dokument für www.hamfu.ch aufbereitet.

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INFORMATIONSTECHNIK UND ARMEE

Vorlesungen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürichim Wintersemester 1993/1994

Leitung:Bundesamt für Übermittlungstruppen

Divisionär E. Ebert, Waffenchef der Übermittlungstruppen

SDH in militärischen Netzen

Referent: A. Schär und B. Rhomberg

Diese Vorlesung wurde durch die Stiftung HAMFU digitalisiert und alsPDF Dokument für www.hamfu.ch aufbereitet.

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2 - 1

SDH in militärischen Netzen

A. Schär und B. Rhomberg

Inhalt

1. Warum ein neues Transportnetz?2. Unterschied zwischen PDH und SDH3. SDH- Multiplexierungsstruktur4. SDH- Netzelemente5. Richtfunk als SDH- Transportmedium

5.1. Vorteile und Randbedingungen5.2. Technische Massnahmen5.3. Neue Qualitätsforderungen im zivilen Richtfunk5.4. Richtfunk im SDH- Einsatz

6. SDH-Protection und Network-Management7. SDH-Netzschutzmechanismen

7.1. Ersatzschaltungstypen7.2. Einsatz von Systemredundanz

8. Schutzschaltungen der Uebertragungswege8.1. Abschnitte eines Uebertragungsweges8.2. Verfahren der Ersatzschaltung

9. SDH-Networkmanagement9.1. Das "Telecommunications Management Network" (TMN)9.2. Informationsarchitektur des TMN9.3. Schnittstellen des TMN

10. Schlussfolgerung

Adresse der Autoren:

Alcatel STR AGFriesenbergstrasse 75 Informationstechnik und ArmeeCH-8055 Zürich 33. Folge, 1993/94

20549

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Die optimale Führung der Landesverteidigung erfordert eine Vielzahl von Informatio-nen, die eingeholt, übertragen und ausgewertet werden müssen. Stand bisher die Über-tragung von Sprachinformation im Vordergrund, wird heute der Daten- und Bildüber-tragung ein immer wichtigerer Platz eingeräumt. Diese neuen Bedürfnisse verlangenein flexibles Netz hoher Bandbreite, das auch während kriegerischen Handlungen intaktbleibt.

Als Basis für ein weltweit normiertes Übertragungsnetz entwickelte das CCITT die Syn-chrone Digitale Hierarchie (SDH). SDH ist fast beliebig breitbandig. Der Aufbau desSDH- Netzes aus flexibel steuerbaren Elementen erlaubt den Aufbau eines Maschen-netzes, das gegen den Ausfall einzelner Verbindungen optimal geschützt werden kann.

Während für zivile Anwendungen die Hauptverbindungen mit optischen Fasern reali-siert werden, hat der Richtfunk für militärische SDH- Netze den höheren Stellenwert,weil er besser geschützt und wesentlich schneller und flexibler realisiert werden kann.

Die Entwicklung der zivilen und der militärischen Telecom- Anwendungen verlangt einleistungsfähigeres Transportnetz mit:

• höheren Datenraten• besserem Schutz gegen Ausfall einzelner Verbindungen• verbesserter Überwachung des Netzes und der Verbindungen (Pfade)• höherer Flexibilität• tieferen Kosten

Ein Übertragungsnetz, das auf der Synchronen Digitalen Hierarchie (SDH) beruht, wirddiese Anforderungen erfüllen und rasch den sich ändernden Bedürfnissen angepasst werdenkönnen. Die SDH ist in den USA unter dem Namen SONET (Synchronous Optical Network)entstanden, wurde vom CCITT zum weltweit gültigen Standard weiterentwickelt und ist inden Empfehlungen G.707 bis G.709 festgehalten. Darin ist für das Übertragungsnetz eineSchnittstelle mit einer Bitrate von 155 Mbit/s definiert worden, welche die unterschiedlichenDigitalhierarchien von Europa, den USA und Japan vereinigt.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen PDH und SDH sind in der Tabelle 1zusammengefasst. Die konstante Rahmenlänge in allen Hierarchiestufen ermöglicht in derSDH den einfachen Zugriff auf Teilsignale. Durch die Pointertechnik in der SDH werden diein der PDH zur Synchronisation benötigten elastischen Speicher überflüssig. Für denNetzbetreiber und den Kunden ist das wesentlichste Merkmal der Ersatz festverdrahteterKonfigurationen durch softwaregesteuerte Elemente.

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PDH SDHMultiplexierung bitweise byteweiseRahmenlängen In den verschiedenen Hierar- In allen Hierarchiestufen gleich

chiestufen unterschiedlich (125 us)Extrakapazität für keineManagement

Über 12% (in SOH und POH)

Synchronisation Stopftechnik mit elastischen PointertechnikSpeichern

Konfiguration fest verdrahtet gesteuert durch Software

Tabelle 1 : Unterschied zwischen PDH und SDH

Ein Teil der in der Tabelle 1 zusammengefassten Unterschiede ist in den Figuren 1 und 2nochmals illustriert: Bei den PDH- Hierarchiestufen im linken Teil der Figur 1 erkennt mandie bekannten Bitraten 2, 8, 34 und 140 Mb/s und die Transportrate von 565 Mb/s. Die ein-zelnen Hierarchiestufen sind durch Multiplexer verknüpft. Wenn man aus einem 140 Mb/s-Signal zu einem 2 Mb/s- Bündel kommen will, muss man die ganze Kette von Multiplexerndurchlaufen. Der SDH- Standard unterstützt neben den europäischen Raten 2, 34 und 140Mb/s auch die amerikanischen Raten 1.5, 6 und 45 Mb/s. Die kleinste SDH- Transportrate istein 155 Mb/s- Signal, bezeichnet als STM-1 (Synchronous Transport Modul). Höhere Trans-portraten sind ganzzahlige Vielfache dieser Grundbitrate, nämlich STM-4 und STM-16. EinSDH- Multiplexer hat direkten Zugriff auf jedes Bündel, er kann also direkt aus einem STM-16- Signal ein 2 Mb/s- Bündel herausholen.

565

140

34

8

PDH SDH

2

2488 Mb/s

622 Mb/s

155 Mb/s

45 Mb/s6 Mb/s1,5 Mb/s

Figur 1: Hierarchiestufen für PDH und SDH

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Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen PDH und SDH liegt in der Konfiguration einesNetzknotens: Während die Verteilung bei PDH auf die verschiedenen, abgehenden bzw. an-kommenden Leitungen über ein manuell zu betätigendes Bügelfeld erfolgt, könnenÄnderungen der Konfiguration im SDH- Fall computergesteuert über den O+M- (Operatingund Maintenance) Eingang lokal oder von einem Zentrum aus vorgenommen werden.

LA-34o p t .

el

C C S

- I O -

O+M

\ Q o + Mj S B L

Figur 2: Konfigurierung PDH im Vergleich zu SDH

Die SDH-Multiplexierungs- Struktur gemäss CCITT unterstützt die Bitraten 140, 45, 34, 6, 2und 1,5 Mb/s. Sie werden jeweils in Container C-n mit einer entsprechenden Kapazität proSTM- Rahmen verpackt. Gleichzeitig erfolgt, wenn nötig, eine Taktanpassung mittels Stopf-technik. Die Container werden mit dem "Path Overhead" (POH) zum Virtuellen ContainerVC-n ergänzt.

Virtuelle Container und Tributary Units :Zu den VC gehören der VC-11, VC-12, VC-2, VC-3 und der VC-4. Ihr "Path Overhead" be-steht aus 9 Bytes im VC-3 und VC-4 bzw. 4 Bytes in den übrigen VC und enthältHilfssignale zur Identifikation und Überwachung des Pfades. Ergänzt mit einem Pointer,welcher den Anfang des VC markiert, bildet der VC-n die "Tributary Unit" TU-n. DieAnpassung der Datenrate des VC an den lokalen Systemtakt erfolgt dabei durch Voreilen oderZurücklaufen des VC-Beginns, was durch den Pointerwert angezeigt wird. Mehrere solcherTU-n werden durch byteweises Multiplexieren zu einer "Tributary Unit Group" TUG-nzusammengefasst. Die VC-4 werden mit einem weiteren Pointer zu einer "AdministrativeUnit" (AU-n) ergänzt.

Als Beispiel veranschaulicht die Figur 3 die Zusammensetzung eines STM-1 zurÜbertragung von 3xTUG-3.

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Administrative UnitMultiplex Section OverheadPath OverheadRegenerator Section OverheadSynchrones Transport-ModulTributary UnitVirtueller Container

Figur 3: Aufbau eines STM 1 Bündels

Der Regenerator Section Overhead (RSOH) enthält insgesamt 27 Bytes, der MultiplexSection Overhead 45 Bytes. Die Overhead Bytes, von denen jedes einer Bitrate von 64 kb/sentspricht, enthalten eine Vielzahl von Information. Die wichtigsten sind Rahmenerkennung,Fehlerüberwachung, mehrere Datenkanäle für das Netzwerkmanagement und Dienstkanäle.Einige Bytes sind als Reserve für spätere Normung vorgesehen. Der Pointer besteht aus 9Bytes. Er zeigt auf den Beginn der Nutzlast. Eine Störung des Pointers führt daher zu einemVerlust der Nutzlast und damit zu einer enormen Fehlervervielfachung.

STM-N:Die STM-4- und STM-16-Signale entstehen durch byteweises Multiplexieren von 4 bzw. 16AU-4 zu einer "Administrative Unit Group" (AUG), welche mit einem gemeinsamen SOH er-gänzt wird.

Gemäss der CCITT Ree. G.784 ist ein Netzelement definiert als selbstständige, physikalischeEinheit, die wenigstens eine Netzwerk Element Funktion erfüllt.

Bei den Multiplexern unterscheidet man die beiden Netzelemente Cross Connect und ADM(Add-Drop-Multiplexer). Von der Funktionalität her sind beide gleich. Beide haben eineReihe von Ein- und Ausgängen und eine Umschaltmatrix. Der Unterschied liegt vor allem inder Granularität (Feinheit der Verbindungen, angegeben in Virtuellen Containern) und derFlexibilität im Aufbau und in der Erweiterung.

Der Cross Connect wird vor allem in grossen Knoten eingesetzt. Er kann alle Kanäle mitallen anderen blockierfrei verbinden und ist beliebig und unterbruchsfrei erweiterbar. In derFigur 4 ist der Grundaufbau eines Crossconnects gezeigt. Ein grosser Crossconnect kannHunderte STM-1, STM-4 und STM-16 Ein- und Ausgänge haben und Tausende 2 Mb/sZubringer. Er enthält eine Matrix , die jedes 2Mb/s Bündel einer beliebigenEingangsschnittstelle mit einer beliebigen Ausgangsschnittstelle verbinden kann. DieseZuordnung wird durch die Konfigurierung festgelegt und kann durch dasNetzwerkmanagement lokal oder von Ferne geändert werden.

270 Spalten (Bytes)

Î RSOH

9 Zellen AU-Pointer

I MSOH

9 Bytes

STM-1

\

TU-Pointer VC-4

85 Bytes

k

AUMSOHPOH

,VC-3 R S 0 H

STMTUVC

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O HSer ver

— •

CentralProcessor

• C 3 S S

^ L o c a l a l a r m s ^

Figur 4: Elemente eines Crossconnects

Der Add-Drop-Multiplexer ist sehr viel kleiner. Meist kann er nur eine begrenzte Anzahlvon Kanälen umrangieren, während der Hauptstrom unverändert durch den Multiplexerhindurch läuft. Add-Drop-Multiplexer verwendet man vornehmlich in kleineren Knoten undin Ringen, bei denen ja der Hauptverkehr durch den Multiplexer hindurch läuft. Im Aufbausind ADM's einfacher. Sie haben zwar ebenfalls eine blockierfreie Matrix, die Flexibilität istaber eingeschränkt. Im Ausbau ist der ADM nur begrenzt unterbruchsfrei erweiterbar.

STM-1(4) STM-1(4)

I/O 2 / 34 / 140 / STM-1 t

O S S

Figur 5: Elemente eines Add-Drop-Multiplexers

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Als Übertragungsmedium für SDH eignen sich die optische Übertragung und der Richtfunk.

Bei einer optischen Verbindung sind heute die Datenraten 155 Mb/s (STM-1), 620 Mb/s(STM-4) und 2.5 Gb/s (STM-16) pro Faser gebräuchlich. Je nach Entfernung sind unter-schiedliche optische Leistungen erhältlich. Gegen Geräteausfall sind die optischen Verbin-dungen doppelt geführt. Mit 2.5 Gb/s sind Verbindungslängen ohne Repeater von 30 bis50 km problemlos erreichbar, mit optischen Verstärkern kann die Verbindungslängewesentlich gesteigert werden. Der Trend bei den optischen Verbindungen geht dahin, dass sieaus Kostengründen bereits in die Multiplexer eingebaut sind, so dass sie kein eigenesNetzelement mehr sind. Im zivilen Bereich werden die optischen Verbindungen einen immerhöheren Prozentsatz der Kapazität tragen, da sie in der Bandbreite sozusagen unbeschränktsind.

Beim Richtfunk sind die Verhältnisse etwas komplizierter, weil sich die Stationen meistensnicht am selben Ort wie die Knoten befinden. Ausserdem enthält der Richtfunk ein schnellesSchutzschaltgerät zum Schutz gegen Ausbreitungsprobleme. Die Normierung, welche Teileals Netzelement zu gelten haben, ist noch nicht abgeschlossen. Gemäss Definition der CCITTkönnte man als Netzelement betrachten

• die ganze Verbindung• alle Ausrüstungen einer Verbindung an einem Ort• jedes einzelne Gerät für sich

Die Tendenz geht dahin, die Ausrüstungen einer Verbindung, die an einem Ort stehen, als einNetzelement zusammenzufassen. Diese Variante ist in der Figur 6 dargestellt.

- vV V

Figur 6: Netzelement Richtfunk

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Der Richtfunk wird in vielen Ländern als wichtiges Übertragungsmedium für militärischeAnwendungen genutzt. Auch in unserem Land setzt die Armee seit langemRichtfunkverbindungen als wesentliches Transportmedium für Information ein. Die Schweizist von der Topologie her sehr gut für Richtfunkverbindungen geeignet, denn durch dengebirgigen Charakter hat man von ausgewählten Standorten aus Sichtverbindung über grosseDistanzen. Wichtig ist auch die Tatsache, dass der Armee Frequenzbänder mit gutenAusbreitungseigenschaften zur Verfügung stehen, die für Breitbandübertragung geeignet sind.

5.1. Vorteile und Randbedingungen

Der Richtfunk hat gegenüber Kabelverbindungen folgende Vorteile:

• Hohe NetzsicherheitKabelverbindungen sind verletzlich auf der ganzen Strecke, auf der das Kabel verlegt ist.Häufig werden Kabel fahrlässig bei Bauarbeiten unterbrochen. Das Trassee kann aberauch durch Erdbeben, Brände und Überschwemmungen zerstört werden. Ebenso ist eineKabelverbindung sehr verletzlich durch Sabotage. Bei kriegerischen Handlungen wieArtilleriebeschuss sind Kabelbrüche zu erwarten, wenn das Trassee nicht extrem geschütztist. Die Reparatur eines eventuell mehrfach gerissenen Kabels ist zeitaufwendig und unterUmständen sehr gefährlich.Der Richtfunk ist nur bei den Terminalen gefährdet. Man kann Verbindungen im fixenNetz so aufbauen, dass nur die Antennen und die Zuleitungen exponiert sind. DasAusbreitungsmedium, die Luft, kann höchstens während kurzer Zeit durch Ionisationgestört werden.

• Flexibilität, GeschwindigkeitRichtfunkverbindungen sind sehr viel schneller realisierbar als Kabelverbindungen.

• WirtschaftlichkeitRichtfunk ist für Kapazitäten bis zu einigen (6..8) STM-1 - Verbindungen wirtschaftlicherals eine neu zu erstellende optische Verbindung, wenn bei beiden Verbindungen auf be-stehende Infrastruktur zurückgegriffen werden kann.

• Genügend KapazitätRichtfunk ist an sich breitbandig. Durch konsequente Anwendung neuester Technologienund Kodiermethoden konnte in bestehenden Frequenzplänen die Übertragungskapazitätverdoppelt werden, indem man zwei Kanäle auf derselben Frequenz in Kreuzpolarisationüberträgt.

Der Richtfunk muss folgende, teilweise widersprüchliche Randbedingungen und Wünsche er-füllen:

• Grosse Distanzen (100 km)Im zivilen Netz der Schweiz sind von etwa 30 wichtigen Verbindungen 7 Strecken im Be-reich von 60 bis 80 km und 4 Strecken über 100 km!

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• Dispersion durch MehrwegausbreitungGerade bei langen Streckenlängen und grossen Bandbreiten fällt das selektive Fading sehrstark ins Gewicht. Dieses Ausbreitungsproblem beschränkt auch die maximale Kanalzahlpro Träger auf ein STM-1 Signal.

• Koexistenz mit bestehenden VerbindungenDie Frequenzbänder unter 10 GHz, die für Langstreckenverbindungen geeignet sind, sindintensiv genutzt. Man darf bei der Einrichtung eines neuen Netzes die bestehendenVerbindungen weder stören noch stillegen. Deshalb müssen die SDH- Geräte inbestehende Frequenzpläne passen, und sie müssen mindestens temporär nebenbestehenden Verbindungen funktionieren.

• Neue Qualitätsforderungen im zivilen BereichDie neuen Qualitätsforderungen G.826 stellen an die zeitliche Verfügbarkeit einer Verbin-dung sehr hohe Ansprüche.

5.2. Technische Massnahmen

Der Richtfunk stellte sich dieser Herausforderung und erreichte einen grossen Fortschrittdurch folgende Massnahmen:

• VielstufenmodulationWar bis vor kurzem eine 16- stufige Modulation (16-QAM) das höchste der Gefühle, ver-wendet man heute 32 und 64 Stufen für ein 40 MHz- Raster beziehungsweise 128 und 256Stufen für ein 30 MHz- Raster. Mit höherer Stufenzahl verringert sich die Bandbreite. DerKanal passt damit in das alte Raster.

• Effiziente Modulationsmethoden und fehlerkorrigierende BlockcodesDamit erreicht man eine steilere Charakteristik von Fehlerrate gegen Rauschabstand, undes resultiert ein Gewinn am Systemwert. Zusätzlich werden Hintergrundfehler eliminiert.Sehr effizient in dieser Hinsicht ist die Trelliscodemodulation.

• Digitale, adptive EntzerrerBei zeitlich variierenden Ausbreitungsbedingungen benötigt man Entzerrer, die sichschnell an sich ändernde Verhältnisse anpassen können. Durch den Fortschritt in derDigitaltechnik ist es heute möglich, komplexe Funktionen relativ kostengünstig zurealisieren.

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ZF_

Adapt.Frequenz-

gang-entzerrer

<H1H2II-Träger

(0°)

> ZF-Oszll-lator

Q-Träger(90°)

0Adapt,

digitaler

Ent-

zerrer

Adapt,digitaler

Ent-zerrer

Uber-Viterbi- Uber-

Deco- rahmenDeco- —» undder FEC

STM-1-Daten

Takt

Dienstkanäle

Figur 7: Blockschema eines Demodulators

Als Beispiel für den Einsatz der digitalen Signalverarbeitung ist in der Figur 7 das Block-schema eines Demodulators für Trellis Code Modulation gezeigt. Bei diesem Aufbau han-delt es sich um einen Quadraturdemodulator. Analog ausgeführt ist nur der ZF- Teil, wäh-rend nach der eigentlichen Demodulation und einer analogen Vorfilterung das Signaldigitalisiert wird. Die adaptive Entzerrung und die Trägerrückgewinnung mit denentsprechenden Such- und Haltealgorithmen wird vollständig digital ausgeführt. EineBesonderheit liegt noch im Viterbi- Decoder: Er nützt die Tatsache aus, dass bei derTrellis Code Modulation nicht alle Kombinationen erlaubt sind. Zu seiner Entscheidungmisst er quasi analog die Differenzen vom Empfangssignal zu allen erlaubten Kombina-tionen und wählt die aus, die die beste Übereinstimmung ergibt.

Hinter der Entscheidungsbildung folgt noch ein hochintegrierter Baustein, der die gesamteSDH- Funktionalität enthält.

• Optimale DiversitymassnahmenRichtfunk ist wie jeder andere Funk mit einem nicht idealen Übertragungskanal kon-frontiert. Dabei ist besonders die Mehrwegausbreitung störend, bei der dasEmpfangssignal auf verschiedenen Wegen zur Empfangsantenne gelangt und sich dortunter Umständen aufhebt. Ist der Wegunterschied klein, bekommt man Flachschwund, beigrösserer Wegdifferenz spricht man von Selektivschwund. Die verschiedenen Wegeentstehen durch Reflexionen. Durch geeignete Streckenplanung kann man fixeReflexionen, zum Beispiel an Seen oder Wäldern, meist vermeiden. AusbreitungsbedingteReflexionen entstehen durch Schichtungen in der Atmosphäre, wie man sie beispielsweisebeim winterlichen Nebelmeer beobachten kann, und sind eine unvermeidlicheGegebenheit.

Durch zwei Antennen übereinander kann man zwei Empfangssignale ableiten. Es ist un-wahrscheinlich, dass beide Signale gleichzeitig gestört sind, weil die Weglängen zu denbeiden Antennen verschieden sind. Der Diversity- Kombinator muss die beiden Signale

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optimal zusammenfügen, und zwar so, dass das bessere Signal das grössere Gewicht hat.Da das Signal mit mehr Leistung nicht immer das bessere ist, verwendet man heuteKombinatoren, die ihre Auslese auf minimale Verzerrungen hin treffen.

Hat man mehr Funkkanäle bei verschiedenen Frequenzen zur Verfügung als übertragenwerden müssen, kann man immer diejenigen der Übertragung zuordnen, die gerade unge-stört sind. Die Umschaltung von einem zum anderen Kanal erfolgt auf Grund von Früh-warnkriterien fehlerfrei und voll synchron. Der Gewinnfaktor ist umso grösser, je wenigerdie Kanäle korreliert sind, das heisst, je weiter die Frequenzen auseinanderliegen. Fre-quenzbanddiversity ergibt die höchste Verbesserung.

5.3. Neue Qualitätsforderungen im zivilen Richtfunk

Bisher galt als Qualitätsforderung die CCITT- Empfehlung G.821. Die Messgrundlage wardie Bitfehlerrate in einem Kanal zu 64 kb/s. Diese Fehlerrate konnte nur gemessen werden,wenn man diesen Kanal zu Messzwecken unterbrach.

Der SDH- Standard ist völlig blockorientiert. Entsprechend ist der neue QualitätsstandardG.826 ausgerichtet. Die wichtigsten Unterschiede sind in der Tabelle 2 zusammengefasst.

G.821 G.826Basis Bit BlockMessung Out-of-service In-serviceEinfluss des Ubertragungs- Rücksichtnahme auf Richt- Unabhängig vom Über-mediums funk tragungsmediumHypoth. Referenzpfad 27'500 km, aufgeteilt in 27'500 km, aufgeteilt in

drei Qualitätsklassen (local, nationale und internat. An-medium, high) teile

Bezugsrate 64 kb/s ÜbertragungsrateBER für SES (155 Mb/s) 10" 3 2-10"5

SES/Monat (100 km hop) 58 (high grade, Rifu) 10

Tabelle 2: Unterschied zwischen G.821 und G.826

Für den Richtfunk ist die einschneidendste Änderung die Änderung derentfernungsabhängigen "Severely Errored Seconds (SES)", die pro Monat zugelassenen sind.Diese Sekunden geben die akkumulierte Ausfallzeit an.

In der Empfehlung G.826 sind die Ausfallzeiten in einem fixen und einem entfernungsab-hängigen Teil angegeben. In der Tabelle 2 wurde nur der entfernungsabhängige Teil berück-sichtigt. Andere Vorschläge zielen darauf hin, einen Teil der entfernungsunabhängigenAusfallzeit der Übertragung zuzuordnen. Trotzdem werden für zivile Anwendungen dieEntfernungen knapp, wie man in der Tabelle 3 sieht.

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Bedingung G.821 G.826ohne Diversity 37 km 22 kmFrequenz Diversity Af = 80 MHz 70 km 49 kmRaum Diversity D v e r t = 100-X. 74 km 52 kmFrequenzbandDiversity

4.4/8.0 GHz 115 km 80 km

Tabelle 3: Erzielbare Streckenlängen

Im ETSI (European Telecommunication Standard Institute) geht man davon aus, dass eineRichtfunk- SDH- Verbindung mit Raumdiversity und einem Ersatzkanal mindestens 60 kmüberbrückt und dabei die härteste Bereitschaftsforderung erfüllt. Da es beispielsweise imzivilen Schweizer Richtfunknetz mehrere Verbindungen zwischen 70 und 80 km und einigeüber 100 km gibt, wird man hier Ausnahmen oder Sondermassnahmen treffen müssen.

Für militärische Anwendungen sind diese Forderungen übertrieben. Für SchweizerVerhältnisse kann man die zugelassenen Ausfallsekunden ohne merkbare Einbusse derNetzqualität mindestens verzehnfachen. Damit erreicht man Entfernungen von 80 km mitFrequenzdiversity, und mit Banddiversity kann man sogar 120 km überbrücken.

5.4. Richtfunk im SDH- Einsatz

Wie die vorangegangenen Ausfuhrungen zeigen, ist Richtfunk bestens als Transportmedium fürSDH geeignet. Durch die hohen Anforderungen an die Netzbereitschaft und die grossen Band-breiten werden aber alle Reserven kleiner. Deshalb muss man ein grosses Gewicht auf die Netz-planung legen:

• Seriöse StreckenplanungGenaue Kenntnisse des Streckenprofils erlauben, unnötige Geländereflexionen zu vermei-den.

• Seriöse FrequenzplanungFür Militäranwendungen gibt es keine verbindlichen Frequenzpläne. Diese müssenoptimal auf die Landesbedürfnisse hin erstellt werden.

• Seriöse Netz-, Einsatz- und AblöseplanungHier gilt es, das bestehende Netz schrittweise zu ergänzen und abzulösen. DieNetzplanung muss allfällige Störungen eigener und fremder Anlagen berücksichtigen undmit planerischen Mitteln zu vermeiden suchen.

Ein Beispiel, wie wir durch einfache Massnahmen die Zuverlässigkeit einer gegebenen SDH-Versuchsverbindung (Dôle - Mt. Pèlerin) wesentlich steigern konnten, ist in den Figuren 8und 9 gegeben.

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1520m

Die Figur 8 zeigt das vertikal überhöhte Streckenprofil. Neben dem direkten Strahl erkenntman einen indirekten Strahl, der durch eine Reflexion am Genfersee zustande kommt. ImNormalfall haben diese beiden Pfade einen ähnlichen Pegel, aber einen grossenLaufzeitunterschied (89 ns). Das führt zu frequenzselektivem Fading mit Einbrüchen alle11 MHz!

[dB]

• 28-30

M 26-28

• 24-26

• 22-24

• 20-22

• 18-20

H 16-18

• 14-16

Durch Kippen der Antennen nach oben kann man den reflektierten Strahl stark abdämpfen.Andrerseits wird auch der Hauptpfad zusätzlich gedämpft und die Polarisationsentkopplungder Antennen wird schlechter.

Kippwinkel Mt Pèlerin

Figur 9: Systemreserve durch Antennenkippen

In der Figur 9 ist das theoretische Resultat der Berechnung gezeigt, die die wesentlichen Ein-flussfaktoren berücksichtigt. Man sieht, das man durch Kippen um ein halbes Grad eine Ver-

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besserung des Systemwertes um 12 dB erreicht. Allerdings muss man zum AntennenrichtenSondermassnahmen treffen, weil die übliche Methode nach der maximalen Leistung versagt.

Die Ergänzung bestehender Uebertragungssysteme durch SDH-Ausrüstungen erlaubt sowohleine starke Ausweitung der Uebertragungskapazität als auch eine wesentlich verbesserteFlexibilität der Nutzung des Netzes. Insbesondere erlauben die SDH-spezifischen Netzschutz-mechanismen, zusammen mit den Management-Systemen, die Verfügbarkeit des Netzesflexibel zu gestalten.

Der zweite Teil des Vortrags geht auf diesen Aspekt der SDH ein. Er zeigt, wie dasNetzwerkmanagement zusammen mit den Netzschutzmechanismen der SDH dafür sorgt, dassbei Ausfällen von Strecken oder von Knoten wichtige Verbindungen erhalten bleiben.

Den Benützer von Kommunikationsdiensten interessieren primär die Dienste einer "End-to-end"-Verbindung und deren Verfügbarkeit. Dabei dient das SDH-Netz als Transportnetz.Weitere Netze - nennen wir sie Anwendernetze - bauen auf diesem Uebertragungsnetz auf.Sie nutzen dabei Dienste dieses Transportnetzes, um ihre Dienste zu realisieren (Figur 10).Dazu gehören vermittelte Dienste (z.B. Telefon, Daten, ISDN), Mietleitungsdienste (z.B.Datenleitungen verschiedener Kapazität) oder Zeitleitungsdienste (z.B. Spezialdienste fürVideokonferenzen, TV und Radio).

Telecommunications Management Network (TMN)

Figur 10: SDH-Protection und Telecommunications Management Network TMN

Wir wollen nun im folgenden die End-to-end-Verfügbarkeit des SDH-Netzes betrachten. Wirsind uns bewusst, dass es sich dabei um einen Teilbeitrag zur Verfügbarkeit des Dienstes fürden 'Endkunden' handelt. Wir können uns die Dienste der Netze in hierarchischen Schichten

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vorstellen, wie es vom ISO/OSI-Referenzmodell her bekannt ist. Somit betrachten wir dieVerfügbarkeit zwischen den Referenzpunkten vom SDH-Netz zum Anwendernetz.

Die Verfügbarkeit des Netzes kann durch diverse Netzschutzmechanismen erhöht werden.Dazu braucht es ein Zusammenspiel zwischen den sogenannten Netzelementen (in diesemFall SDH-Ausrüstungen) und dem Network-Management System. WelcheNetzschutzmechanismen bietet nun die SDH?

• Funkstrecke:Einsatz von Redundanz, z.B. 1 + 1

• Netzelemente:Einsatz von Redundanz in den Systemen

• Verwendung von Schutzmechanismen der SDH(diese werden mittels Management-System konfiguriert, jedoch durch die Netzelementeselbständig durchgeführt)• Path Protection• Multiplex Section Protection

• Automatische oder manuelle Ersatzschaltung mittels Management System

7.1. Ersatzschaltungstypen

Die wichtigsten Ersatzschaltungstypen sind:. 1+1:

Hier wird das Signal von der Quelle permanent über zwei verschiedene Pfade zur Senkegeführt. Die Signalsenke kann selbständig den Pfad auswählen.

. 1:1:Für einen bestimmten Pfad existiert ein zweiter, vordefinierter Pfad, auf welchen Quelleund Senke im Störungsfall umschalten. Der Ersatzpfad kann bei Nichtgebrauch fürandere Verbindungen zweiter Priorität genutzt werden.

. 1:N:Entsprechend 1:1, jedoch mit einem Ersatzpfad für mehrere (N) Uebertragungspfade.

. M:N:Entsprechend 1:N, jedoch M Ersatzpfade für N Uebertragungpfade und damit Schutzgegen Mehrfachausfall.

7.2. Einsatz von Systemredundanz

Die Ausrüstungen der SDH können optional mit Redundanz ausgerüstet werden.Beispielsweise beinhaltet das Redundanzkonzept des SDH-Cross-Connect-System Alcatel1641 SX u.a. folgende Massnahmen für den Signalpfad:

• Alle zentralen Funktionseinheiten des Cross-Connect-Systems sind doppelt vorhandend.h., insbesondere auch die Schaltmatrix.

• Die Port-Einrichtungen (STM-1-, 140Mbit/s-, 34Mbit/s-, 2Mbit/s-Ports) sind durch (1:N)-Anordnungen abgesichert. Die Reservebaugruppe kann im Bedarfsfall eine ausgefalleneBaugruppe automatisch ersetzen.

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8.1. Abschnitte eines Uebertragungsweges

Die Uebertragungswege sind in verschiedene Abschnitte eingeteilt:• Path:

Der Pfad beginnt mit der Verpackung eines Containers C-n in einen virtuellen ContainerVC-n und endet mit der entsprechenden Zerlegung. Zur Ueberwachung dient der PathOverhead (POH).

• Multiplex Section:Sie beginnt mit der Zusammensetzung eines vollständigen STM-1-Signals in einem SDH-Multiplexer (CCS,ADM) und endet mit dessen Zerlegung. Zur Ueberwachung dient derMultiplex Section Overhead (MSOH).

• Regenerator Section:Sie ist eine Teilstrecke der Multiplex Section zwischen Multiplexern und Regeneratoren.Das STM-N-Signal wird bei der Terminierung der Regenerator Section nicht zerlegt; zuderen Ueberwachung wird lediglich auf die Bytes des Regenerator Section Overheads(RSOH) zugegriffen.

8.2. Verfahren der Ersatzschaltung

Bezüglich der Ersatzschaltung gibt es zwei prinzipiell unterschiedliche Verfahren:• Das Ersatzschalten der Verbindung von einzelnen Teilsignalen (z.B. 2Mbit/s oder

34Mbit/s). Bei diesem Verfahren spricht man - gemäss den oben definierten Abschnitteneines Uebertragungsweges - von Path Protection. Es ist dies eine (1+1) Ersatzschaltung.Bei der Quelle wird das Signal aufgesplittet. Der Ersatzweg kann völlig getrennt vomOriginalweg durch das Netz gelegt werden. Das Netzelement an der Senke entscheidetautonom, wann es umschaltet (siehe Figur 10).

• Das gemeinsame Ersatzschalten des gesamten 'Summensignals' STM-N (SynchronousTransport Modul). Bei diesem Verfahren spricht man von Section Protection. Es wirdein Leitungsabschnitt ersatzgeschaltet.

Wir schauen uns diese Verfahren am Beispiel von Ringstrukturen, aufgebaut mit sog. Add-Drop-Multiplexern, etwas genauer an.

Ringe lassen sich in unterschiedlichen Strukturen realisieren. So unterscheidet man zwischenunidirektionalen und bidirektionalen Ringen. Im unidirektionalen Ring werden die Signalenur in einer Rotationsrichtung übertragen, wobei zwischen zwei beliebigen Abzweigstellendie eine Uebertragungsrichtung über ein Segment des Rings geführt wird und dieGegenübertragungsrichtung über das komplementäre Segment des Rings. Beimbidirektionalen Ring werden die beiden Uebertragungsrichtungen parallel über das gleicheRingsegment geführt.

Durch Kombination der Ringtypen und der Ersatzschalte verfahren ergeben sich verschiedenemögliche Ringstrukturen, für welche sich auch schon Kurzbezeichnungen eingebürgert haben.Der USHR ist ein unidirektionaler selbstheilender Ring; der BSHR demnach einbidirektionaler Ring mit Ersatzschaltung.

Die möglichen Ringstrukturen sind damit:• USHR mit Path Protection• USHR mit Section Protection• BSHR mit Path Protection

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• BSHR mit Section Protection

Die Funktionsweise von USHR mit Path Protection ist Figur 11 zu entnehmen. Der Betriebs-und der Ersatzring übertragen dabei das gleiche Nutzsignal, jedoch in entgegengesetzter Rota-tionsrichtung. Nur der jeweilige Empfangsknoten prüft die Qualität der ankommendenSignale und wählt das bessere aus. Eine Steuerung durch ein Netzmanagementsystem ist dazunicht notwendig. Alarmmeldungen werden aber selbstverständlich erfasst.

Die Funktionsweise von USHR mit Section Protection ist in Figur 12 dargestellt. Hierbeiüberträgt der Ersatzring im normalen Betriebszustand nur ein Prüfsignal. Im Fehlerfall wirddas Summensignal vor der Störstelle in den Ersatzring umgeleitet. Die Ersatzschaltung mussin den beiden beteiligten Add-Drop-Multiplexern gleichzeitig ausgeführt werden.

Für die beiden anderen Ringstrukturen gilt ein analoges Vorgehen. Die Bilder zeigen nurAnalogie-Darstellungen; die entsprechenden Schaltvorgänge erfolgen elektronisch in derSchaltmatrix der Add-Drop-Multiplexer.

rI

STM-1

I

I

YI

2 Mbit/s Poi

STM-1

/Betriebs-Ring

Ersatz-Ring

I* I

<

•2 Mbit/s Port

Ersatz-' schalten

STM-1

Figur 11: Unidirektionaler Ring (2 Fasern), Path Protection

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STM-1

2 Mbit/s Porf*

STM-1

STM-1

.Betriebs-Ring

.Ersatz-Ring

2 Mbit/s Port

STM-1

Ersatzschalten

Figur 12: Unidirektionaler Ring (2 Fasern), Section Protection

Die Möglichkeiten effizienter Netzführung und von Schutzschaltungen in der SDH sind dannvon Nutzen, wenn das "Network Management" (NM) dem Betreiber entsprechend einsetzbareWerkzeuge zur Verfügung stellt. Wie bei der SDH selbst, spielt auch bei den Network-managementsystemen die Standardisierung eine wichtige Rolle. Wir wollen deshalb kurz aufeinige Aspekte dieser Standardisierung eingehen.

9.1. Das "Telecommunications Management Network" (TMN)

Die Forderung der Betreiber von Telekommunikationsnetzen nach einer Standardisierung zurFührung dieser Netze führte in der ITU zur Schaffung des TMN, welches ermöglicht, die ver-schiedenen Komponenten einer Telekommunikationsumgebung mittels einer einheitlichenArchitektur und standardisierten Protokollen und Schnittstellen miteinander zu verbinden.Das TMN umfasst "Operations Systems" (OS), welche die "Network Elements" (NE) über ein"Data Communication Network" (DCN) verwalten und über "Workstations" (WS) mit demBetreiber kommunizieren (Figur 10).

Die für den Benutzer des TMN wesentlichen Dienste werden von den Operations Systems OSzur Verfügung gestellt.

9.2. Informationsarchitektur des TMN

Mit der Informationsarchitektur wird beschrieben, welche Information zwischen Systemenausgetauscht wird.

Managed Objects (MO)Das objektorientierte Informationsmodell beschreibt die Information über das zu verwaltendeSystem in Form von MO. Bei einem solchen MO handelt es sich um die abstrakte Sicht(Modell) der entsprechenden Ressource für den Manager. Diese Ressource ist z.B. einphysikalisches Objekt (z. B. ein NE wie eine optische Leitungsausrüstung), eine logischeVerbindung (z. B. ein SDH-Pfad) oder die Sicht eines Netzes von NE.

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"Manager / Agent"-KonzeptAus computertechnischer Sicht handelt es sich beim NM um verteilte Applikationen. DerAustausch von Informationen erfolgt nach dem "Manager/Agent"-Konzept. Ein Prozess spieltentweder die Rolle eines Managers oder eines Agenten:Der Manager gibt dem Agenten Aufträge zu Operationen und empfängt spontane Meldungen("Notifications") des Agenten. Der Agent verwaltet die MO seines Systems. Er antwortet aufAufträge des Managers und sendet entsprechend dem Verhalten seiner MO unaufgefordertMeldungen an den Manager.

9.3. Schnittstellen des TMN

Bei der Aufteilung von Funktionsblöcken des TMN auf verschiedene Ausrüstungen ergebensich physikalische Schnittstellen. Um den Austausch von Management-Informationen überdiese Schnittstellen zu ermöglichen, werden mit Hilfe des OSI-Referenzmodells Protokollespezifiziert. Es handelt sich um eine Familie von sog. "Protocol Suites". Die Wahl des ver-wendeten Protokolls für die Schichten 1-6 muss auf Grund der Erfordernisse der Kommu-nikation und der Gestaltung des DCN erfolgen. Die Dienste und Protokolle des "ApplicationLayer" (Schicht 7) des OSI-Referenzmodells sind jeweils identisch, damit die Schnittstelle zuden Anwendungen vom verwendeten Transportnetz unabhängig bleibt. So stehen in derSchicht 7 neben allgemeinen Diensten auch der speziell für das NM eingeführte Dienst CMIS(Common Management Information Service) zur Verfügung.

Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass für die Verständigung zwischen Manager undAgent die Definition der Dienste und Protokolle für die Schichten 1-7 des OSI-Referenz-modells nicht genügt. Damit Manager und Agent Management-Informationen austauschenkönnen, ist es notwendig, dass sie sich darüber hinaus über das zu verwendende Informations-modell einig sind.

"Embedded Control Channel" (ECC)Eine besondere Eigenschaft der SDH ist, dass das "Data Communication Network" (DCN)des NM in das SDH-Netz integriert werden kann. In jeder SDH-Verbindung sind nämlichNM-Kommunikationskanäle (ECC) eingebettet. Diese erlauben einem NE, jedes benachbarteNE zu erreichen. Da aber jedes NE auf diesem Kanal nicht nur Meldungen senden undempfangen, sondern sie auch in Richtung des Adressaten weiterleiten kann, hat jedes NE zujedem anderen in demselben SDH-Netz einen "vermittelten" Zugriff.

Ohne zusätzliche Infrastruktur beinhaltet so beispielsweise ein SDH-Ring sein NM-Kommu-nikationsnetz. Eines der NE im Ring wird als "Gateway" ausgewählt und über ein externes"Data Communication Network" mit einem OS verbunden. Das OS hat nun die Möglichkeit,mit jedem Element zu kommunizieren: via das "Gateway"-Netzelement und innerhalb desSDH-Rings über das integrierte Netz der "Embedded Control Channel" (ECC).

10. Schlussfolgerung

Die obigen Ausführungen zeigten, dass mit den in der SDH vorgesehenen Netzschutz-mechanismen zusammen mit den Funktionen des Management Systems Netze mit hoher Ver-fügbarkeit flexibel realisiert werden können. Allerdings bedarf der Einsatz derentsprechenden Möglichkeiten sorgfältiger Planung. Es sind die Verkehrsbeziehungen, diebetrieblichen Bedürfnisse, die Bedrohungslage und vieles mehr zu berücksichtigen. Esmüssen Reservekapazitäten geschaffen werden. Die Grösse der notwendigenReservekapazitäten hängt von der Priorisierung der einzelnen Verkehrsbeziehungen ab.