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Seniorpferden - vfdnet.de · zielsicher durch den Pfälzer Wald Foto: Claus In der letzten Bundesdelegiertenversammlung wurde ver- ... Tschöpe übergaben dem Vertreter der FN, Thies

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Gruppenhaltung vonSeniorpferden

Rationsgestaltung undFütterung

Häufige Krankheitenbei alten Pferden

Hundert Tage mit derRekener Charta

2 Nachrichten aus dem Bundesverband6 VFDKids8 Im knackigen Alter: Häufige Erkrankungen

alter Pferde12 Senioren im Laufstall. Management in der

Gruppenhaltung17 Mahlzeit! Betagte Pferde bedarfsgerecht

füttern22 Lesenswert. Neue Bücher54 Krafttraining und Kuscheln. Angepasste

Aufgaben halten alte Pferde mobil55 Sensible Wesen. Alte Pferde brauchen

uns – und wir sie23 Marktnotizen56 Impressum

Deu

tsch

land undEuropa

Liebe VFD-Familie!

26 Baden-Württemberg28 Bayern32 Berlin/Brandenburg34 Hamburg/Schleswig-Holstein35 Hessen38 Mecklenburg-Vorpommern39 Niedersachsen/Bremen42 Nordrhein-Westfalen46 Rheinland-Pfalz49 Saar51 Sachsen52 Sachsen-Anhalt53 ThüringenEuropa54 Schweiz55 Österreich56 VFS Südtirol

Titel: Lady Go, 24, genießt ihre letzten Jahre – bei einerFreizeitreiterin und nicht bei denjenigen, die sie vieleJahre sportlich genutzt haben.

Beilage: Firma Haas Reitsport

Hanspeter HartmannErster Vorsitzender

In dieser Ausgabe der Pferdund Freizeit geht es um dieHaltung alter Pferde. DiesesProblem kommt schlei-chend, und es betrifft sehrviele von uns Pferdehaltern. Bei vielen VFD-Mitgliedernleben die Pferde mit derFamilie, oft gleich hinterdem Haus. Unauffällig wer-den die Pferde älter. Als siejung waren, standen dieAusbildung, die weiten Rit-te am Wochenende und dieWanderritte im Vordergrund.Einer unserer Vollblutara-ber ist nun 28 Jahre alt.Regelmäßige Sorge um dasPferd wie Zahnpflege, jähr-liche Vorführung beim

Osteopathen, Hufpflegeund abgestimmte Fütterunghaben dazu beigetragen,dass wir immer noch einfröhliches, fittes Pferd aufunserer Weide stehen haben. Wir dürfen erleben,wie diese ältere Stute unseren jungen Pferden Benimm beibringt. Das Alter ist eine Lebens-phase unserer Pferde, diees gut zu managen gilt,denn wir haben Verantwor-tung übernommen – auchfür den Lebensabend.Unsere Freizeitpferde wer-den als Familienmitgliederheute oft sehr alt, und daraus ergeben sich ganz

neue Fragen, von denen indieser Ausgabe hoffentlicheinige beantwortet werdenkönnen.Fragen haben wir auch andie Mitglieder der VFD. Wirwollen gewissenhaft undzukunftsorientiert die VFDgemeinsam weiter entwi -ckeln. Dazu benötigen wirAnregungen, Wünsche undSituationsbeschreibungen –am besten direkt von unse-ren Mitgliedern. Künftig wird es zu wichtigenThemen Mitgliederbefra-gungen geben (siehe Sei-te 2). Der Bundesvorstandbittet darum, dass sichmöglichst viele von euch

einbringen und die Befra-gung durch ihre Teilnahmeunterstützen – so könnenalle Mitglieder den Kurs derVFD unmittelbar mit beein-flussen!

44 88 1212 1717

Inhalt 1

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Sagt uns die Meinung!Künftig Umfragen bei den Mitgliedern

VFD wohin? Um die Meinungen der Mitgliederzu aktuellen VFD-Themen zu erfahren, gibt eskünftig Mitgliederfragungen im VFDnet. ImBild reiten Andrea und Gerd mit der VFD Saarzielsicher durch den Pfälzer Wald Foto: Claus

In der letzten Bundesdelegiertenversammlung wurde ver-einbart, die Mitglieder der VFD künftig intensiv und aktiv indie Vereinsgestaltung mit einzubeziehen. Um eure Wünsche und Anregungen zu erfahren, eure Ziele und eure kreativen Ideen wird es ab sofort immerwieder im VFDnet kurze anonyme Mitgliederbefragungengeben. Denn nur gemeinsam sind wir stark und jedes

Mitglied soll gehört werden. Dazu wurde die Kategorie „Mit-gliederbefragung“ eingerichtet, die zu den jeweils aktuel-len Umfragen führt. Nutzt eure Chance und gestaltet die VFD aktiv mit! Seid da-bei und lasst uns eure Stimme hören – denn die VFD ist einestarke Gemeinschaft.Hier geht es zur ersten Umfrage: umfrage.vfdnet.de

Erste Hochschule ist VFD-Partner Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geis-lingen (HfWU) ist die erste wissenschaftliche Organisati-on, die mit der VFD aktuell einen Partnerschaftsvertrag ab-geschlossen hat. Darin vereinbaren die Partner, sich für diewissenschaftliche Erforschung von Umgang, Nutzungund Haltung von Pferden und anderen Equiden in Biologie,Medizin, Verhaltensforschung und anderen relevantenFachbereichen einzusetzen. Die Universität wird in unter-schiedlichen Themenblöcken semesterweise Ausbildungenanbieten, an denen auch VFD-Mitglieder teilnehmen kön-nen. Den Beginn dieser Reihe macht ein zwölfwöchiges Se-minar mit Professor Dr. Winter über Pferdefütterung, das am18. September startet. Partnerschaftsverträge mit weiteren Hochschulen sollen fol-gen. Kurze Abrisse von für uns relevanten Facharbeiten undDissertationen oder Hinweise darauf werden in der Pferd& Freizeit veröffentlicht.

Rittführer nötig für VFDKids-Zertikat In den letzten zwei Jahren wurden die ersten VFDKids- Betriebe zertifiziert. Das Pilotprojekt, das von der Uelzenerunterstützt wird, kam sehr gut an, und auch in der Öffent-lichkeit werden die VFDKids und ihre hohen Standards ernst genommen. Die VFD-Ausbildung steht hierbei natürlich imFokus, deshalb werden solche Kinderreitbetriebe zertifiziert,die von VFD-Übungsleitern, Sportwarten oder Prüferngeführt werden. Jedoch wird auch Betrieben aus anderen Verbändenweiterhin die Möglichkeit der Zertifizierung gegeben. Al-lerdings wurde hierfür zusätzlich, um dem Grundgedankender VFD gerecht zu werden, das Auswahlkriterium der Ritt-führer-Lizenz hinzugenommen. Für VFD-Ausbildungsbe-triebe und VFD-Übungsleiter ist das Standard, für Inter-essierte anderer Verbände innerhalb von zwölf Monaten beider VFD zu erwerben. Fragen beantwortet gern Bundes-sportwartin Jutta Steenmann, Mail: [email protected].

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Nachrichten aus dem Bundesverband 3

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Personalia

Nina Binder neue Hauptstadt-Referentin: Nina Binder, Vor-sitzende der VFD Berlin-Brandenburg, betreibt schon seitJahren erfolgreiche Lobbyarbeit für die VFD in der Bun-deshauptstadt und als Kontaktperson zum Kuratorium Sportund Natur. Nun wurde sie vom Bundesvorstand offiziell zurHauptstadt-Referentin ernannt. Vor allem in Umweltbelan-gen im Zusammenhang mit Pferdehaltung, Reiten und Fah-ren in der Natur engagiert, war eine ihrer ersten Amts-handlungen dann auch die Teilnahme an der Veranstaltungim Umweltministerium zum zehnjährigen Bestehen der Na-tionalen Biodiversitäts Strategie (NBS). Aktuelles Projekt isteine Kooperation mit dem NABU auf Ebene des Landes-verbands Berlin-Brandenburg. Und auch die Haltung derVFD zum Kutschenverbot in der Hauptstadt wird von Um-welt-, Tierschutz und Ethikgesichtspunkten bestimmt. Hiersoll es gelingen, einen tragbaren Kompromiss zu finden.Kontakt: [email protected](r) gesucht: Der VFD-Bundes-verband sucht nach dem Ausscheiden der bisherigen Datenschutzbeauftragten eine(n) Nachfolger(in) für diesesEhrenamt. Der Bewerber oder die Bewerberin benötigt dieerforderliche Fachkunde und Sensibilität im Umgang mit per-sonenbezogenen Daten. Gegebenenfalls kann eine Schu-lung erfolgen.Zur Vermeidung von Interessenskonflikten kommen Per-sonen, die mit der Datenerfassung in der VFD betraut oderVereinsvorstände sind, für das Amt nicht infrage.Bewerbungen bitte per E-Mail an die Bundesgeschäftsstelle:[email protected] der Sportwartin: In der Bundesgeschäftsstel-le hat ein personeller Wechsel stattgefunden. Krista Perez

Sanchez ist wieder da und als Assistentin der Bundes-sportwartin künftig auch Ansprechpartnerin für Fragen rundum die Ausbildung in der VFD. Bestellungen von Sport-abzeichen bitte rechtzeitig vor Prüfungen per Mail [email protected] und Tourismus: Sonja Schütz wurde in Teilzeit alsReferentin für Umwelt, Pferdetourismus und Pferdesteuerangestellt. Sie betreut seit langer Zeit diese Themen für dieVFD ehrenamtlich als Beauftragte. Der Umfang der Auf-gaben war ehrenamtlich nicht mehr zu leisten, sodass derBundesvorstand Sonja nun als Teilzeitmitarbeiterin ange-stellt hat. Im VFDnet berichtet Sonja regelmäßig über dieAktivitäten.Arbeitskreis Marketing: David Wewetzer ist nach zwei Jah-ren Pause wieder Leiter des Arbeitskreises Marketing. DerArbeitskreis Marketing hat in den vergangenen fünf Jahrenviele richtungsweisende Projekte initiiert und begleitetund die VFD-Außendarstellung entscheidend verbessert.In enger Zusammenarbeit mit VFD-Aktiven und Fachleutenin anderen Gremien ist der Arbeitskreis Marketing zustän-dig für die Innen- und Außendarstellung der VFD-Inhalte undVFD-Projekte. Er wirkt außerdem maßgeblich auf die Op-timierung der internen und externen Kommunikation ein. DerArbeitskreis greift aktuelle und gesellschaftliche Themen auf,soweit sie die Kernziele der VFD betreffen, und überlegt mitdem Bundesvorstand und den Arbeitskreisen, welcheMaßnahmen sinnvoll sind.Ideen und Engagement: Der Arbeitskreis Ausbildung suchtnoch Vertreter aus einigen Landesverbänden. Wer Ideenin Sachen Ausbildung in der VFD hat und sich einbringenmöchte, meldet sich für weitere Informationen gern bei der Bundessportwartin Jutta Steenmann, Mail: [email protected].

Franz Schmitz, verdientes Ehren-mitglied des Landesverbands Nord-rhein-Westfalen, ist tot. Über 40Jahre hat er viel mehr als nur dieKasse des Landesverbands ge-führt. In den vielen Jahren seinesWirkens hat Franz Schmitz schon soeinige Landesvorstände kommenund gehen sehen. Erst 2016 wurdeer auf der Jahreshauptversammlungin NRW mit großen Ehren in den Ru-hestand entlassen.Franz Schmitz war Gründungsmit-glied der VFD NRW, Weggefährtevon Dr. Helmut Hasselmann undSelma Keienburg. Zusammen mitdiesen beiden hat er sehr lange dieGeschicke der VFD gelenkt und de-ren Gesicht nachhaltig geprägt.Über Jahrzehnte hat er auch diePferd & Freizeit gedruckt, vom

schwarz-weißen A5-Heftchen biszum farbigen Magazin.Franz war sowohl der Kassenwar-tin als auch der Geschäftsstelle inNRW noch nach seinem Ausschei-den aus dem Vorstand ein weiserRatgeber.Behalten wir ihn in Erinnerung, wieer beim Sternritt beim Lindedancemittanzt, verschmitzt eine FlascheRotwein als Geschenk bei einerseiner Ehrungen annimmt oder mitFreude und Stolz die goldene Kra-wattennadel bei seinem Abschiedträgt.Wir sind traurig, dass er nicht mehrda ist – und sehr dankbar, ihn ge-kannt zu haben.Ohne ihn wäre die VFD nicht das,was sie jetzt ist. Danke, Franz!

Der Bundesvorstand Franz Schmitz beim Druck der Pferd &Freizeit.

Wir trauern um Franz Schmitz

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4 Nachrichten aus dem Bundesverband

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Mitglieder aus VFD und VFD-Ethikrat nahmen aktiv an derVeranstaltung „Nutzung und Wohlergehen von Pferden: einWiderspruch?“ der Internationalen Gesellschaft für Nutz-tierhaltung IGN auf dem Schweizer Nationalgestüt am 29.und 30. Juni teil. Im idyllischen Schweizer Nationalgestütin Avanches wurden in einem Forum aus Ethologen, Tier-schützern, Reitverbänden, Behördenvertretern und Prak-tikern Fragen rund Nutzung von und Umgang mit Pferdenin Sport und Freizeit erörtert. Anerkannte Wissenschaftler stellten zunächst die neuestenForschungsergebnisse vor, demonstriert von den Freiber-gern des Schweizer Nationalgestüts. Ein Gremium aus Wissenschaftlern, Behördenvertretern,Reitverbänden und Praktikern diskutierte anschließend ineiner Podiumsdiskussion, wie die wissenschaftlichen Er-kenntnisse auch in die Praxis Einzug halten können. VFD-Ethikrat-Mitglied Kathrin Kienapfel, Ruhruniversität Bochum, und die Chefredakteurin der Cavallo MelanieTschöpe übergaben dem Vertreter der FN, Thies Kaspareit,die Unterschriften der Aktion „Einführung eines einheitlichenMesssystems zur Kontrolle von Sperr- und Nasenriemen“.An dieser Aktion hatte sich die VFD beteiligt.Horst Brindel, Mitglied im VFD-Ethikbeirat, zieht Bilanz: „Dieeinzelnen Disziplinen des Pferdesports in Wettbewerb und

Freizeit brauchen einen Gesinnungswandel. Die klassischeAusbildung muss sich auf ihre Wurzeln besinnen. Immernoch höher, weiter und schneller ist in Verbindung mit über-zogener Ausrüstung und unsensibler Reit- und Fahrweisekein Mittel zum nachhaltigen Erfolg. Besinnen wir uns statt-dessen auf die motivierenden Grundlagen im Umgang mitunseren Pferden. Die Wissenschaft hilft beim Erreichen derbestmöglichen Harmonie zwischen Pferd und Mensch. DasWohl des Pferdes ist zu sichern durch unser Wissen, un-seren Respekt und unsere Geduld. Demut beim Menschenhilft den Pferden.“

Von Athen nach Kassel unter der Schirmherrschaft derVFD – doch nun sind alle wieder gesund und munter zuhause angekommen. Die Reiter werden sich in ihrem Alltag wiederfinden. Schwer ist es, sich nach so langer Zeitwieder in festen Räumen aufzuhalten, keine Pausen mehran schönen Wiesen, nicht mehr im flotten Trab durch dieWälder fliegen.Unterwegs mit der Rekener Charta – das bedeutete für uns,immer darauf zu achten, die Natur zu achten und ein gu-tes Beispiel als Reiter in der Landschaft zu sein. Es hieß,überall für das Kulturgut Pferd einzutreten und für den Er-halt des Betretungsrechts der Landschaft zu werben, ja auchverbal zu streiten. Schön war es, zu erleben, wie die Reisefreiheit in der EUfunktioniert – und wie frustrierend dies mit den Pferden seinkann, weil es keine (Grenz-) Prozedere für Wanderreiter und-fahrer gibt. Reiter sind den Ideen der Grenz-Veterinäre be-liebig ausgesetzt.Hundert Tage Rekener Charta bedeutet auch, das Wohl dervierbeinigen Kameraden vornan zu stellen. Wo gibt es Heu,wo Wasser? Bekommen wir genug Kraftfutter für die ei-gentlichen Helden dieser Reise? Nicht immer haben wir des-halb alle Pferde geritten, sondern zwei von ihnen sogar inbeste Versorgung zur Erholung gebracht.Das große mediale Echo des Rittes im Rahmen der docu-menta14 und der gelungene Einritt von gut 30 Reiter(inne)nmit ihren Pferden war nicht nur in Deutschland eine Wer-bung für nachhaltigen Tourismus – in jedem Land von Grie-chenland bis zu uns berichteten die Fernsehstationen undZeitungen darüber. So kam es immer wieder vor, dass die

Leute unterwegs wussten, wer da des Weges kommt – nurin Österreich und Deutschland hieß es häufiger: „Sie wis-sen schon, dass Sie hier nicht reiten dürfen!“Nach Erklärung des Vorhabens oder dem Hinweis aufschriftliche Genehmigungen des Forstamts war die Stim-mung sehr schnell wieder positiv, denn niemand wollte diePferde wirklich aus dem Wald haben: nicht die Betreiber derverschiedenen Hütten in Österreich, nicht die Spaziergängerund Forstmitarbeiter auf dem Rennsteig. Alle waren sich einig: „Pferde gehören in die Landschaft – auch hier undheute!“ David Wewetzer

Pferde in unserer Welt – zwischen Nutzung und Ausnutzung

Hundert Tage mit der Rekener Charta

Um das Pferdewohl ging es in Avanches. Foto: Tegtmeyer

In der freien Natur kamen die Reiter gut voran. Grenz-übergänge jedoch waren problematisch. Foto: Wewetzer

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Nachrichten aus dem Bundesverband 5

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LeserpostBetr.: 2017/2, Seite 13 „Gift im Mist“

Ich habe gerade obigen Artikel gelesen, im Besonderen denAnteil Gift im Mist. Das kann man so nicht unkommentiertstehen lassen.1. Grundsätzlich kann kein Glyphosat im Stroh sein. Die An-wendungsbestimmungen vom Glyphosat verbieten die Ver-wendung derartig behandelten Strohs für Einstreu und Füt-terung – das gilt mindestens seit circa 2011. DieVorerntebehandlung zur gleichmäßigen Abreife ist zudemseit circa 2014 stark eingeschränkt, hier darf dann auch nurdas Korn verwertet werden.2. Grundsätzlich kann auch kein Simplex im Heu sein. DieAnwendungsbestimmungen verbieten die Schnittnutzungund den Verkauf von Futter von Simplex behandelten Flä-chen, sei es als Silo, Gras oder Heu.Natürlich kann es immer vorsätzliches, kriminelles Verhal-ten von Lieferanten geben – das ist nicht auszuschließen,aber sicherlich nicht die Regel. Im Falle eines Falles sinddiese Rückstände ohnehin sehr einfach nachzuweisen undes greift die erweiterte Produkthaftung des Landwirts, jenach Schwere der Schuld zahlt dann seine Versicherungoder er selbst kann den Laden zumachen. Das sind kei-ne Kavaliersdelikte.Viel wichtiger ist da der Hinweis, Futter und Einstreu nur auszuverlässiger, nachvollziehbarer Herkunft zu kaufen undnicht blind per Vorkasse irgendwo aus Osteuropa.

Marcus Cortnum

Anlässlich der Einweihung der Europäischen Route d’Ar-tagnan begrüßte die Stadt Chantilly Gäste aus ganzEuropa. Vertreter der Verbände aus Belgien, Dänemark, Ita-lien und Deutschland (VFD) folgten der Einladung; die VFDwar durch Sonja Schütz, Vanessa Tegtmeyer und Nicola Die-drich bestens vertreten. Die Route d’Artagnan als „kultu-relle europäische Reiseroute“ mit einer Reitstrecke von mehrals 4000 Kilometern soll die Entdeckung von Kulturerbe mitdem Erhalt von Kulturlandschaften verbinden. Den Höhepunkt der Festlichkeiten bildete die Parade amSonntag, 9. Juli. 150 Pferde und andere Equiden zogendurch den Schlosspark zum Museum und durch die StadtChantilly wieder zurück zum Poloclub, wo die Einwei-hungszeremonie ihren Abschluss fand.Die europäische Route d´Artagnan steht für eines der Zie-le, welche die VFD in der Rekener Charta 2013 formulierthat: freies Reiten in einem grenzenlosen Europa! Die Tour, gewidmet d’Artagnan, Musketier zur Zeit LudwigsXIV., führt von seinem Geburtsort Lupiac über einigeSchauplätze seines Lebens bis nach Brühl. Vanessa Tegt-meyer von der VFD Aachen erarbeitete die Route auf deut-scher Seite. Näheres: www.route-dartagnan.eu/la-route

VFD bei Einweihung der Route d’Artagnan in Chantilly

Feierlich eröffnet wurde die Route d’Artagnan am 9. Juliin Chantilly. Über 4000 Kilometer führt sie bis nach Brühl.

Anmerkung der Redaktion:Leider sieht es in der Realität so aus, dass sich

immer wieder mit Simplex behandeltes Heu oderStroh in Pferdeställen findet. Für den Landwirt sind

die entsprechenden Hinweise leicht zu übersehen,denn das Verbot verbirgt sich hinter Kürzeln, die erst

nachgeschlagen werden müssen. Explizit benannt ist hin-gegen im Text der Gebrauchsanweisung eine Wartezeit vonsieben Tagen – sehr irreführend!So bedeuten die verwendeten Kürzel beispielsweise:WP681: „Das Mittel darf nur auf Flächen mit dauerhafter Wei-denutzung oder nach dem letzten Schnitt ange-wendet werden. Keine Schnitt-nutzung (Gras,Silage oderHeu) im sel-ben Jahrnach der An-wendung.“WP683: „Gülle, Jauche,Mist oder Kom-post von Tieren,deren Futter ...von mit dem Mit-tel behandeltenFlächen stammt,darf nur auf Grün-land, zu Getreideoder Mais ausge-bracht werden.“

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6 VFDKids

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Bestimmt hast du schon von „Horsemanship“ gehört – man-che sagen auch „Natural Horsemanship“. Gemeint ist da-mit ein pferdefreundlicher und natürlicher Umgang mit demPferd. Ein guter Horseman versteht die Pferdesprache undkann diese auch selbst sprechen. Pferde kommunizieren untereinander den ganzen Tag. Sieverwenden dazu kaum ihre Stimme, sondern nutzen ihreKörpersprache. Es sind manchmal nur Kleinigkeiten, winzige Bewegungen oder Anspannen von Muskeln – dasgenügt, damit andere Pferde wissen, was gemeint ist. WirMenschen müssen versuchen, dies zu erkennen.Setz dich doch mal an eine Koppel und schau den Pferdeneine Weile zu. Du wirst sehr schnell erkennen, welche Pfer-de befreundet sind und wer sich vielleicht nicht so mag. DieTiere reden über ihre Körperhaltung miteinander – ein ent-spanntes Pferd hält zum Beispiel den Kopf meist eher un-ten, ein aufgeregtes trägt ihn hoch, denn das beunruhig-te Fluchttier möchte alles im Blick haben. Vielleicht kommtauch ein ungewöhnliches Geräusch, dann erkennst du amhochgestellten Schweif Aufregung – dieser kann aber auchFreude und Übermut bedeuten. Wenn dein Pferd beim Rei-ten immer wieder wild mit dem Schweif schlägt, ohne dassFliegen zu verscheuchen sind, kann dies ein Zeichen fürProbleme sein.Die Ohren zeigen das sogenannte „Ohrenspiel“. An den Oh-ren kannst du sehen, wo das Pferd gerade seine Auf-merksamkeit hat und hinhört. Außerdem erkennt man an denOhren auch den aktuellen Zustand des Pferdes. Sind die

Ohren angelegt oder freundlich und aufmerksam nach vor-ne gespitzt? Auch an den Augen kannst du viel erkennen– sind sie entspannt oder weit aufgerissen? So ist das Pferdentweder ruhig und gelassen oder ängstlich und aufgeregt.Ähnlich ist es mit den Nüstern. Eine ruhige gleichmäßigeAtmung ist gut, große aufgeblähte Nüstern können dir zeigen, das etwas anders ist. Du findest noch viele weite-re Anzeichen, an denen du erkennst, wie Pferde miteinandersprechen, wenn du sie mehr beobachtest.Nun können wir Menschen zwar nicht die Ohren anlegenoder mit dem Schweif wedeln. Doch Pferde können unstrotzdem lesen. Wir haben ebenfalls eine Körpersprache –Arme, Beine, Hände, unsere Stimme und unsere Mimik. DasPferd spürt genau, ob wir selbstbewusst aufrecht gehenoder unsicher sind und uns eher klein machen beim Ge-hen. Es erkennt an unserer Stimme, ob wir gelassen sindoder einen schlechten Tag hatten und mies gelaunt sind.Teste doch mal, wie du auf andere Menschen wirkst, undstell dich einem Freund gegenüber. Diesen musst du ohneWorte von seinem Platz verdrängen, oder er soll erkennen,wie du gelaunt bist.Hormanship findet immer dann statt, wenn du mit deinemPferd zusammen bist, also auch schon auf der Weide, wenndu es holst. Wenn du regelmäßig am Boden übst und dabei auf deineKörpersprache achtest, wirst du merken, dass ihr euch im-mer besser und feiner verständigen könnt.

Constanze Flemming

Pferde verstehenWarum Ponys nicht sprechen müssen

Ihr könnt uns ganzeinfach erreichen! Wirfreuen uns über Postvon euch. Schickt ein-fach eine Mail [email protected]

Ein sehr interessiertes Pony. Wie ein Pferd sich fühlt,lässt sich mit etwas Übung erkennen – doch nochviel, viel feiner erkennen die Pferde unsMenschen. Foto: Flemming

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VFDKids 7

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Jugendcamps organisierenIn Thüringen gibt es seit Jahren unser dreitägiges VFD- Jugendcamp. So ein Camp stellt einen natürlich vor Herausforderungen. Zuerst einmal braucht man eine guteÖrtlichkeit. Im Bildungscamp in Christes sind die Kinder inkleinen Hütten untergebracht, es gibt gute sanitäre Anla-gen und einen Raum für Schlechtwetter-Aktivitäten.Die Kinder sind ohne die Eltern da, das heißt, man mussfür gute Betreuung sorgen. Die Verpflegung muss stimmenund natürlich die Unterbringung von Mensch und Tier. Beiuns in Thüringen bringen die Kinder ihre eigenen Pferdemit zum Camp. Wer kein eigenes hat, bekommt ein Leih-pferd von der Greenland-Ranch. Aber auch ohne viele gute Schulpferde ist ein Jugendcampmöglich – man muss einfach nur das Thema entsprechendwählen. Unsere Themen der vergangenen Jahre waren beispielsweise Gelassenheitstraining, Quadrillereiten oderBodenarbeit. Indianer, Karte und Kompass und vieles andere sind weitere mögliche Themen.Wir befassen uns dann zwei Tage intensiv mit dem Themain Theorie und Praxis, und als Abschluss gibt es immer einfreiwilliges kleines Turnier oder eine Prüfung. Hier könnendie Eltern zuschauen, was die Kinder gelernt haben. Sehroft sehen wir beeindruckende Verbesserungen.Abends sitzen wir gemeinsam am Lagerfeuer oder bemalenunsere Camp T-Shirts.An erster Stelle stehen das Miteinander und der Spaß. Ei-nige Kinder sind seit Jahren konsequent dabei, und dasist toll. Aber auch neue Kinder werden in der Gemeinschaftherzlich aufgenommen.Dazu machen wir beson-dere Spiele, damit sichalle besser kennenlernen.Ob jemand klassisch oderwestern reitet, ist völligegal. Jeder ist willkom-men. Wer in seinem Landes-verband so etwas organi-sieren möchte und nochTipps braucht, kann sichgerne an uns wenden.Kontakt: [email protected].

Reitbetriebe zertifiziertIm Juli haben sich in Bayern zwei neue Reitbetriebe er-folgreich der VFDKids-Zertifizierung unterzogen.Landessportwartin Angela Voigt und Manuela Hammer prüf-ten die Anlage „Fendsbacher Hof“ im Landkreis Erding.VFD-Übungsleiterin und Reittherapeutin Birgit Bormann lei-tet den Betrieb. Beim Stallrundgang waren die Prüferinnenbegeistert über die neu umgebaute Anlage mit mehrerenOffenstalltrakten, die erkennen lässt, wie viel Wissen überPferde darin steckt. Auch die Unterrichtsproben ließen kei-ne Wünsche offen. Die zweite Anlage wird von der bayrischen JugendwartinChristine Schemmerer, Reitlehrerin A/P und Reittherapeu-tin, und ihrem Mann geführt und liegt in Dieterzhofen. Ne-ben einem neu errichteten Reitplatz, der kleinen Bewe-gungshalle, dem hervorragend konzipierten Offenstall mitweitläufigem Weideland bietet auch hier das herrliche Aus-reitgelände alle Möglichkeiten, Kinder ans Pferd und dieNatur heranzuführen. Durch ihr fundiertes Wissenüber Pferde, hervorragen-de pädagogische Konzepteund die eigene Freude anKindern, Pferden und Reitenzeichnen sich beide Ausbil-derinnen aus, was die bei-den Betriebe zu einer großenBereicherung für die VFDmacht.

Bahnregeln und Hufschlagfiguren sind wichtig – doch siezu lernen kann ein bisschen langweilig sein. Das Lernenlässt sich aber wunderbar versüßen, und danach werdenZirkel, Handwechsel und Volten auch nicht so schnell wie-der vergessen!Und so geht das: Einen Sandkuchen auf einem Backblechbacken. (Aber bitte: Damit ist nicht der Sand vom Reitplatzgemeint!) Euren Lieblingskuchen, also etwa Schoko, Zi-tronen- oder Nusskuchen, nach Rezept backen. Dann Scho-koglasur auf den Kuchen verstreichen und warten, bis der

Guss getrocknet ist. Mit Le-bensmittelfarben aus der Tubeverzierst du den Kuchen mitBahnfiguren: ganze Bahn,durch die ganze Bahn wech-seln, Zirkel, Volte und nochmehr, so viele Figuren, wieihr Farben habt. Viel Spaßdabei und guten Appetit!

Kolly Holland-Nell

Finger ablecken – dann Volte marsch

Im Jugendcamp. Foto: Flemming

Fendsbacher Hof, Erding

Reitbetrieb Schemmerer in Dieterzhofen.

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Im knackigen AlterHäufige Erkrankungen alter Pferde

Von Anke Rüsbüldt

Nicht ein Pferd ist wie dasandere, sondern die Indivi-dualität nimmt mit den Jahren zu – auch bei dengroßen und kleinen Weh-wehchen und Problemen!Natürlich gibt es bei Pferdengesundheitliche Beein-trächtigungen, die mit denJahren häufiger vorkommenoder vom Körper wenigergut alleine geregelt werdenkönnen. Viele Beeinträchtigungenkönnen wir Pferdemenschenheute besser erkennen undbegleiten als noch vor eini-gen Jahren. Einige Sachenkommen auch gar nichtmehr vor, wenn unsere Pfer-de ein gewisses Alter er-reicht haben. In jedem Fall ist es großartig,wenn ein Pferd bei guterLaune und hoher Lebens-

qualität in unserer Obhut altwerden kann. Ältere Pferde müssen gutbeobachtet werden, aller-dings ist es wichtig, dassihre Menschen das unbe-schwert und heimlich tun.Pferde, die schon viele Jah-re mit Menschen sind, ha-ben sich daran gewöhnt,uns gut zu beachten. Stehtdie Besitzerin also jedenAbend besorgt und mit zweibetroffenen Freundinnen da-bei, wenn das Pferd frisstoder ruht, wird es sichschlechter fühlen!

Auf den Zahn gefühlt

Ein wichtiger Aspekt ist dieZahngesundheit und damitdie Fähigkeit, Futter gut auf-zunehmen. Mit Ausnahmeder Erkrankung EOTRH sindfast alle Zahngeschichtenlange nicht so schmerzhaft

wie bei uns. Mindestens einmal im Jahr, bei Auffäl-ligkeiten öfter, sollen beim älteren Pferd die Zähne kontrolliert werden. Mit demHerausschieben aus demZahnfach wird der Abriebungleichmäßig, die Zähnekönnen sich lockern oderschließlich ausfallen. Je älter ein Pferd wird, umsoweniger Schwierigkeitenzieht das nach sich, der ge-genüberliegende Zahnschiebt sich nicht so massivin die Lücke und der Kieferbaut sich nur langsam um.Entgegen landläufiger Mei-nung können Pferde auchohne Schneidezähne lebenund sogar Gras rupfen,wenn die Länge des Grasespasst.Fehlende Backenzähneoder schlechte Okklusionführen dazu, dass Raufutternicht mehr oder nicht mehrgut aufgenommen werden

kann. Ein nicht mehr opti-males Gebiss kann dazuführen, dass ein Pferd stü -ckige Futter nicht mehr auf-nehmen kann oder beimVersuch eine Schlundver-stopfung bekommt. Lose, leicht wacklige oderentzündetet Zähne führenzu gestörtem Kauen undmüssen raus. Entzündun-gen an Zahnwurzel oderZahnfach können nur beieiner gezielten Zahnunter-suchung gefunden werden.Wenn das Pferd bereits ausdem Maul riecht oder dieFutteraufnahme einstellt, istes sofort zu behandeln.Zahnstein, der sich über-mäßig bildet und zu Zahn-fleischentzündungen führt,sollte regelmäßig entferntwerden. Durch den Zustandder Zähne kann es auch zuAnsammlungen von Futter inden Backen oder unter derOberlippe kommen. Diese

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Je älter ein Pferd wird, desto wichtigerwird die genaue Beobachtung durch denHalter. Ein Tagebuch kann helfen, objektivzu bleiben. Foto: Ilka Garbers

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Aufstehen kann für Pferde mit Arthrosezum Problem werden. Foto: Fersing

Typische Fesselverletzung nach Sturz –schläft dieses Pferd genug? Foto: Fersing:

müssen ebenfalls immerwieder entfernt werden. Ambesten gelingt das mitSchlauch oder Drench undSpülungen. Die Fütterung muss demZustand der Zähne ange-passt werden. (Siehe hierzuauch Seite 17 ff.)Zur Kontrolle des Körper-gewichts ist es sinnvoll, dasPferd regelmäßig zu wie-gen. Hilfreich ist es, einmalpro Quartal Fotos von vorne,von hinten und von beidenSeiten zu machen – so kannman Veränderungen sachli-cher beurteilen.Ebenfalls eine Folge derGebissveränderung kannsein, dass die Selbsttränkenicht mehr gerne aufge-sucht wird. Da ältere Pferdeohnehin meist nicht so vieltrinken, viel trinken aber sehrwünschenswert ist, ist essinnvoll, Wasser mit freierOberfläche zusätzlich, zumBeispiel aus einem Eimer,oder Kübel anzubieten oder umzu rüsten auf Schwim-mertränken.

Wenn die Gelenkeschmerzen

Ein weiterer wichtiger Aspektist die Mobilität. Häufig haben Pferde im Alter Arthrosen, Bindegewebs-schwächen und Abnut-zungserscheinungen am

Bewegungsapparat. Wichtigist, dass keine Schmerzenentstehen und dass dasPferd zurechtkommt – wie esaussieht oder was die Rönt-genbilder sagen, ist demPferd egal! Dafür kann manden Takt beim Laufen be-obachten und die Fähigkeit,der Gruppe zu folgen. Arthrosen erfordern in nichtakut schmerzhaften Phasengleichmäßige Bewegung ambesten rund um die Uhr.

Hufpflege beim alten Pferd

Eine regelmäßige Hufbear-beitung ist unbedingt erfor-derlich. Vom Korrigieren derStellung oder des Abroll-punktes ist dringend abzu-raten. Alle Strukturen ober-halb des Hufes haben sichja über Jahre an diese Be-wegung angepasst.Das Anbringen stoßbre-chender Beschläge kannauch dann sinnvoll sein,wenn ein Pferd nicht mehrgeritten wird. Sollte aufgrund von Arthro-sen der Besuch desSchmiedes nicht mehr gutmitgemacht werden kön-nen, weil ein Bein nicht mehrlange und hoch aufgehaltenwerden kann, können fürden Tag der Hufbearbei-tung Schmerzmittel oder Se-dativa verabreicht werden.

Schlafmangel kannzum Problem werden

Wichtig auch: Wie oft legtdas Tier sich noch hin undkann es gut wieder aufste-hen? Pferde, die sich nichtmehr gut ablegen könnenoder sich nicht sicher genug fühlen, bekommen Schlaf-mangel. Sie fallen dann zeit-weilig in eine Art Sekun-denschlaf. Oft beobachten wir dasnicht, da es in Ruhephasenpassiert. Auffallen könnenaufgeraute oder wunde Stel-len auf der Vorderseite derFesselgelenke der Vorder-beine oder der Vorderseiteder Karpalgelenke. Wenn derartige Stellen be-obachtet werden, empfiehltes sich, das Pferd für eineNacht in eine kameraüber-wachte Box zu stellen. Dannwird deutlich, wie oft eswegnickt.

Altersgerechte Umgebung

Wenn Pferde in ihrer Mo -bilität eingeschränkt sind,sollten sie so untergebrachtsein, dass sie selber ent-scheiden können, wievielund wie schnell sie sich be-wegen wollen. (Hierzu mehrab Seite 12.) Auch Stufenbeim Betreten der Box sindzu vermeiden.

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Bei vielen Störungen amBewegungsapparat könnenspezielle Futterzusätze undAkupunktur helfen. Mit ma-nuellen Verfahren sollte beibestehenden Arthrosenwenn überhaupt nur sehrvorsichtig gearbeitet wer-den. Die Futterzusätze könnenebenso wie Phytotherapeu-tika und Homöopathika nichtgenerell beworben werden.Hier sind eine Einzeltierdia-gnose und ein individuellerTherapieplan der Weg derWahl. Als Beispiel hierzu sei derbeliebte Ingwer erwähnt,der vielen Pferden gut bekommt und hilft. Ein Teilseiner Wirksamkeit ist schul-medizinisch über die darinenthaltenen schmerz- undentzündungshemmendenGingerole erklärbar. Nachder traditionell chinesischenSichtweise ist Ingwer er-wärmend und beeinflusstdie Körperenergie. EinigePferde vertragen das je-doch nicht und werden ma-ger und struppig – oft sinddas tatsächlich die Pferde,die ihn auch nicht freiwilligfressen.

Sehen, hören,reagieren

Die Sinnesleistungen las-sen mit den Jahren nach. Oftkönnen alte Pferde schlechtsehen und sich nur verzö-gert veränderten Lichtver-hältnissen anpassen. VomStall ins Freie und zurücksollte man genug Zeit zurOrientierung geben. NeueZäune müssen gut sichtbarsein und am besten anfangsgenau gezeigt werden. Auch das Hören lässt nach!Alte Pferde wirken manch-mal leicht dement – daskann ein Problem der ver-ringerten Außenwahrneh-mung sein.

Entgleiste Biochemie

Im Alter kommt es oft zuStoffwechselerkrankungen.Herausragende Bedeutunghat hier das ECS, das so-genannte Equine CushingSyndrom. Jedes fünfte Pferdüber 15 ist davon betroffen.Viele der Pferde zeigendeutliche Fellwechselstö-rungen, hierdurch fällt die Er-krankung häufig zuerst auf.Die Haare selbst erscheinenweich und lockig. Einige Pferde entwickeln inFolge dieser Störung eineHufrehe. Das ist sehrschmerzhaft und hat in die-sen Fällen nur sehr indirekt

mit der Futteraufnahme zutun. Das Equine CushingSyndrom ist mit einer Blut-untersuchung nachweisbarund heute sehr gut zu be-handeln. Der Goldstandardist Pergolid, in Tabletten-form erhältlich. Die Dosismuss individuell angepasstund die Therapie kontrol-liert werden. Die Behand-lung dieser Erkrankung istaus Tierschutzsicht zur Ver-meidung von Folgeerkran-kungen sehr wichtig unddurch eine tägliche Tablet-tengabe gut durchzuführen. Über andere, weniger häu-fig vorkommende Stoff-wechselerkrankungen, aberauch Entgiftungsstörungen,

wie sie bei eingeschränkterNieren oder Leberfunktionentstehen können, und Man-gelerkrankungen kann mansich gut orientieren, wennman zweimal jährlich eineBlutuntersuchung vorneh-men lässt. Viele Labore bieten inzwischen Unter -suchungsprofile an, die speziell auf ältere Pferdeausgerichtet sind, soge-nannte Geriatrieprofile.

Herz und Kreislauf

Mit den Jahren nimmt dieFähigkeit zur Anpassung anextreme Temperaturen ab.Alte Pferde frieren leichter(siehe hierzu auch Seite 18)und bekommen eher Kreis-laufschwierigkeiten bei Hitze. Letzteres erfordertwieder menschliche Um-sicht. Bei schöner Sonnegenießt unser altes Pferd inder Gruppe die Wärme, döstund merkt möglicherweisenicht, wann der beste Zeit-punkt ist, aus der Sonne zugehen.Viele ältere Pferde bekom-men auch Schwierigkeitenmit dem Herzen.

10 Krankheiten

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Viele Pferde sind im hohen Alter von Cushing betroffen. Die tägliche Tablettengabe hilftihnen – und in manchen Fällen eine Schur plus Winterdecke. Foto: Bertelsmeier

Alte Pferde frieren leichter und sind je nach Wetter für eineDecke dankbar. Foto: Fersing

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Das fällt oft auf duch ange-laufene Beine: Wasseran-sammlungen vor allem inden Hinterbeinen nach län-gerem Stehen (da gab es jaauch noch die oben er-wähnte Bindegewebs-schwäche – Bandagierenhilft auf Dauer nicht), beimAbhorchen des Herzensoder durch die Beobach-tung eines Venenpulses amHals. Schließen Klappen nichtmehr vollständig, kann esbei der Arbeit des Herzensdazu kommen, dass Blut indie Vene zurückgedrücktwird, also nicht nur wie in Ve-nen üblich herzwärts fließt.Das ist eventuell zu sehen. Vielen älteren Pferden istphytotherapeutisch mitWeißdornextrakten gehol-fen. Zur Abklärung einerHerzerkrankung sind aller-dings eine sonografischeUntersuchung und oft einEKG erforderlich.

Harmlos oder böse: Tumoren

Die Neigung zu Tumorennimmt für fast alle Variantenmit den Jahren zu. Häufig istes auch im höheren Alternoch sinnvoll, Veränderun-gen zu entfernen, soweitdas möglich ist. In allen Fällen ist eine guteBeobachtung wichtig: Wel-che Einschränkungen ent-stehen und welche Pflege-maßnahmen sind sinnvoll?

Parasiten, Viren und Bakterien

Für Parasiten sind alte Pfer-de sehr unterschiedlichempfänglich. Es scheint so,dass in Kotproben alter Pfer-de oft weniger Parasitennachgewiesen werden als indenen der jungen Herden-mitglieder. Die tatsächlicheParasitenbelastung kanndennoch gleich sein. Mögli-cherweise hängt das mitdem sich verändernden Im-munsystem zusammen. Pferde, die auf Dauerweidenaufgrund ihrer im Alter oftrangniedrigen Position inder Gruppe dort fressenmüssen, wo die anderennicht fressen wollen, neh-men mehr Parasiten auf.Das Immunsystem verän-dert sich ebenfalls: Natürlichhat ein älteres Pferd auchbeim Umgang mit Infektio-nen mehr Erfahrung. In jun-gen Jahren immer vor-schriftsmäßig gegenWundstarrkrampf (Tetanus)geimpfte Pferde scheinenfür diese Erkrankung im hö-heren Alter weniger anfälligzu sein. Die Anfälligkeit für Influenzawird dagegen möglicher-weise höher.Bakterielle Erkrankungenkönnen oft weniger gut vomKörper beantwortet werden,wenn dieser bereits alt undgegebenenfalls auch nichtmehr in optimalem Ernäh-rungszustand ist.

Tipps zurVorsorge

Im Großen und Ganzen las-sen wir unser betagtes Pferdeinfach Pferd sein und indi-viduell altern. Der Unsi-cherheit, ob das alles sorichtig ist und ob Hand-lungsbedarf besteht, kannman durch einige Maßnah-men begegnen:Lassen Sie regelmäßig,

am besten zweimal proJahr, Vorsorgeuntersu-chungen durchführen.

Zeigen Sie das Pferd inAbständen einem ver-lässlichen Menschen, derSie beide gut kennt.

Führen Sie eine Art Kurz-tagebuch und markierenSie im Kalender gute undbesonders schlechteTage. Solange das Ver-hältnis fünf zu eins oderbesser ist, machen Siesich keine Sorgen.Notieren Sie darin auchbesondere Vorkommnis-se, etwa wenn das Pferdder Herde nicht folgt, dieFutterzeit verschläft,schlecht hochkommt oderÄhnliches.

Sie schaffen so eine sachli-che Grundlage, auf derauch das irgendwann nötigeLoslassen einfacher ist alsbei einem schwammigen„Doch, das war schon mal“. Wenn Sie es dann irgend-wann gehen lassen müs-sen, wählen Sie – wenn dasmöglich ist – einen für Sieund Ihr Pferd guten Ort undguten Zeitpunkt. Geben SieVerantwortungsdruck undFurcht keinen Raum. Su-chen Sie sich eine gute Be-gleitung und stellen Sie dieLiebe und die Dankbarkeitfür die gemeinsame Zeit inden Vordergrund. Ihr Pferd wird sich auf demWeg zur Regenbogen -brücke noch einmal von Ihren Gefühlen ansteckenlassen.

Weißdorn unterstützt bei Herzschwäche. Fehlt die Selbst-bedienungsmöglichkeit, hilft die Apotheke. Foto: Fersing

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Senioren im LaufstallManagement in der Gruppenhaltung

Von AnnetteWagener-Kettler

Der Alterungsprozess desPferdes geht mit diversenkörperlichen Einschränkun-gen einher, die direkten Ein-fluss nehmen auf die Hal-tungsanforderungen. Sonehmen Seh- und Hörver-mögen ab, die Beweglich-keit ist eingeschränkt, Mus-kulatur wird abgebaut, Kraftund Ausdauer lassen nach.Das Kauvermögen ist ein-geschränkt, worunter dieVerdauung leidet, der Fell-wechsel kann unvollständigund die Thermoregulationbeeinträchtigt sein. AuchErkrankungen der Atemwe-ge und des Stoffwechselstreten häufiger auf als beijüngeren Tieren.In vielen Laufstall-Anlagenist die demografische Ent-wicklung – immer mehr äl-tere Pferde – längst ange-

kommen. Zum einen, weildie eingestellten Pferde, ge-rade in gut geführten Anla-gen, oft viele Jahre bleibenund zum anderen, weil vie-le Besitzer ihre Rentner-pferde ganz gezielt aus derBox in Laufstallgruppenüberstellen, wenn sie nichtmehr geritten werden.Was bedeutet dies konkretfür Pferde, Besitzer und Stall-betreiber? Zunächst: Diegrundsätzlichen Anforde-rungen in einer Gruppen-haltung sind unbedingt einzuhalten, denn mit zu-nehmendem Alter der Tiereleiden sie noch mehr unterMissständen.

Wenig Stress durchgute Haltung

Alten Pferden muss einstressfreies und möglichstbeschwerdefreies Leben er-möglicht werden. Dazu

brauchen sie als Herden tierein erster Linie geeignete Art-genossen. Geeignet sind ausgegliche-ne, gelassene Pferde. Dieserreicht man durch Bereit-stellung aller von den Pfer-den benötigten Ressourcenin ausreichender Menge,sodass jederzeit auch dasrangniedrigste Pferd zu sei-nem Recht kommt – dennalte Pferde brauchen häufigmehr Ruhe und können nichtmehr so schnell ausweichenwie Jungspunde.So muss jedes Pferd Zugang zu ausreichendGrundfutter haben. Das be-deutet, es muss ungestörtmindestens zwölf Stundenam Tag Heu oder Heulageund zur Ergänzung etwasFutterstroh aufnehmen kön-nen. Ein ständiger Zugang zu fri-schem Wasser ist natürlichnotwendig.

Eine stressfreie Haltungbraucht viel Platz und aus-reichende Flächen für diePferdeanzahl!So müssen sich sämtlichePferde der Gruppe, auchdie rangniedrigen, sich gemeinsam mit anderenPferden auf tro ckenem undverformbaren Untergrundablegen können. Ebenso müssen alle Pferdegleichzeitig Schutz vor Son-ne und Regen finden. Undsie brauchen einen geeig-neten Rückzugsort, um demTrubel des Herdenlebensaus dem Weg gehen zukönnen – das ist für alteTiere noch wichtiger als fürfitte junge.Natürlich sollten sich allePferde gleichzeitig aufmatschfreiem Untergrundaufhalten und alle Bereicheder Laufstallanlage jeder-zeit trockenen Hufes errei-chen können.

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Pferde brauchen auch im Alter sozialenAnschluss und passende Kumpel. Einegute Haltung sorgt für ausgeglichenePferde und Ruhe in der Herde. Fotos: Fersing

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Untergründe und Bodenbe-läge müssen rutschfest sein– auch das wird mit zuneh-mendem Alter immer wich-tiger. Verletzungsgefahrenwie Engstellen, tote Winkelund schlecht sichtbare Ein-zäunungen sind grundsätz-lich zu vermeiden. Und lässtdie Sehkraft nach, sind festeHolz- oder Gurtbandzäuneangesagt anstelle von Elek-tro litzen.

Leben in der Herde

Für die Besitzer und Stall-betreiber gilt es zu beden-ken, dass Pferde mit ab-nehmender Fitness ihrenursprünglichen Platz in derRangordnung oft nicht be-haupten können. Viele wer-den regelrecht nach untendurchgereicht. Hier heißt esaufmerksam beobachten,ob es dem alten Pferd in derGruppe noch gut geht.Schwierig ist es oft, ein altesPferd in eine ihm fremdeGruppe zu integrieren. Er-schwert wird dies zusätzlich,wenn das Tier vorher langeJahre oder ausschließlichin Einzelhaltung gehalten

wurde. Dazu muss man wis-sen, dass das Sozialverhal-ten des Pferdes im Großenund Ganzen von den Art-genossen erlernt ist, idea-lerweise in der Jugend. Und was Hänschen nichtgelernt hat, wird für den alten Hans dann zum Problem. Er versteht dieKommunikation in der Herdenicht oder nur teilweise undwird in seinem altersbedingteingeschränkten Gesund-heitszustand dadurch Opferhandfester Aggressionen.Deshalb ist es ratsam, einPferd möglichst in jüngerenJahren an die Gruppenhal-tung zu gewöhnen oder sichzumindest sehr viel Zeit fürdie Integration zu nehmen.So ein Vorgang kann meh-rere Monate in Anspruchnehmen. In manchen Fällengelingt die Integration nichtund es ist für das alte Pferdbesser, eine andere Lösungzu suchen.Für Stallbetreiber führt dieHaltung alter Pferde zu ei-nem erhöhten Aufwand anRessourcen und Arbeitszeit,sie erfordert eine hohe Ma-nagementkompetenz undeinen guten Blick für die

Verfassung der Tiere. Dochdie Laufstallhaltung alterPferde kann in der Praxisdurchaus gelingen und stelltdann eine ideale Haltungs-form für die Senioren dar.

Raufutter, Kraftfutter, Gras

Ideal ist, außer bei Stoff-wechselstörungen wie Reheoder EMS (equines meta-bolisches Syndrom), der un-eingeschränkte Zugang zuqualitativ hochwertigemRaufutter. Die Fresszeit kanndurch den Einsatz von Net-zen verlängert werden, so-lange die Zahngesundheitder Pferde dem nicht ent-gegensteht. Pferde mit chronischenAtemwegserkrankungen to-lerieren oft Heu aus Netzenbesser; wenn nicht, ist dasVerfüttern von Heulage odervon bedampftem Heu an-zuraten. Bei Zahnproblemen, dieeine ausreichende Aufnah-me von Raufutter verhin-dern, sollte eine Möglichkeitgegeben sein, dass einge-weichte Heucobs gefüttertwerden können.

Haltung 13

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Weidegang für die Hochbetagten aber nicht für die anderen – ein Einwegtor kann helfen,durch das alte Tiere jederzeit zurück zur Herde können.

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Fresspausen von mehr alsvier Stunden gilt es zu ver-meiden. Baulich lässt sichdies umsetzen durch eineausreichende Anzahl vonFressplätzen. Bei Futter-ständern bedeutet dies, ei-nen Fressplatz pro Pferdanzubieten. Bei Durchfress-gittern ist nicht jeder Durch-lass einem Fressplatzgleichzusetzen, denn dieseliegen dicht nebeneinanderohne schützenden Raum-teiler. Insbesondere bei zeit-lich begrenzter Grundfütte-rung kann der tatsächlicheBedarf bei zwei oder nochmehr Durchlässen pro Pferdliegen. Dabei ist jedoch die Gruppegenau zu beobachten, esgibt durchaus Pferde, die inder Lage sind, ein altes undlangsam fressendes Pferdsogar aus seinem Futter-ständer zu vertreiben. Passiert das, sollte die Gruppenzusammensetzunggeändert werden.In der Praxis bewährt hatsich, Fressstand-Systememit transpondergesteuerterZufütterung von Grundfutterzu kombinieren. Hier wirddas Pferd beim Betreten ei-nes Fressstandes anhandeines Responders – als Im-plantat, am Halsband odereiner Fußfessel – erkannt

und bei Berechtigung indi-viduell zusätzlich gefüttert. Zur Zufütterung alter oderanderweitig gehandicapterPferde besonders geeignetist ein Selektionsbereich, zudem berechtigte Pferde mit-tels einer Torschleuse trans-pondergesteuert Zutritt er-halten. Hier kann ad libitumhochwertiges Heu gefüttertwerden oder beispielsweisebedampftes Heu für Allergi-ker.

Umsicht ist wichtigerals Technik

Für rehegefährdete Pferdekann mittels eines Weide-zugangs über ein Selek -tionstor der Weidegang eingeschränkt oder unter-bunden werden. Hierbei istzu beachten, dass nie eineinzelnes Pferd zurückblei-ben darf, wenn die Gruppeauf die Weide geht.Alternativ zu transponder-gesteuerten Systemen, dieman in der Regel nur in grö-ßeren Pferdegruppen findet,kann man Kleingruppen jenach Futterbedarf zusam-menstellen oder einzelnealte Tiere für einige Stundenpro Tag aus der Gruppenehmen und gezielt zufüt-tern. Das geht jedoch nur,wenn die Tiere das gelassen

tolerieren! Manche Pferdesind auch noch nach meh-reren Tagen der Gewöh-nung durch die kurzzeitigeTrennung von der Gruppe sogestresst, dass sie sich auf-regen, anstatt zu fressen –diese Methode funktioniertalso nicht in jedem Fall.Eine weitere Zufütterungs-variante ist die Einrichtungeines gesonderten Berei-ches, in den man mindes-tens zwei alte Pferde ein-oder mehrmals täglichzwecks Zufütterung ver-bringt und den sie selb-ständig über ein Einwegtorwieder verlassen können,um in die Gruppe zurück-zukehren.

Tränken für Senioren

Ideal für Pferde als Saug-trinker sind beheizteSchwimmertränken, die imWinter leicht erwärmtesWasser bereitstellen. Diesanimiert alte Pferde, diemanchmal dazu neigen, zuwenig Wasser aufzuneh-men, zu vermehrtem Trin-ken. Ein Grund könnte da rinliegen, dass diese Pferde oftempfindliche Zähne haben.An einer Tränke sollten ma-ximal 15 Pferde versorgtwerden. Die Tränken solltenicht übermäßig weit vomRaufutter entfernt sein, damit

auch Pferde mit Bewe-gungseinschränkungen sieleicht erreichen können.Auch sollten die Tränkenvon allen Seiten frei zu-gänglich sein, um rang-niedrigen Pferden den Zutrittzu erleichtern.Häufig kommen alte Pferdemit Zungentränken, wie sieleider noch in vielen Ställenin Gebrauch sind, nichtmehr gut zurecht. In demFall sollten zusätzliche Bot-tiche aufgestellt werden, unddas gegebenenfalls auchim abgetrennten Senioren-bereich hinter dem Einweg-tor.

Schlafen ist lebensnotwendig

Die Liegefläche soll trockenund verformbar sein, unddas erfordert in unseren kli-matischen Breiten eineÜberdachung. Für Groß-pferde müssen nach aktu-ellen Richtlinien mindestenssieben Quadratmeter Platzpro Pferd zur Verfügung ste-hen, nach Empfehlung derLAG e. V. sollten es min-destens zehn Quadratmetersein. Wünschenswert undgerade für alte Pferde sinn-voll sind deutlich größereLiegebereiche, damit wirk-lich alle Pferde unter Wah-rung der Individualdistanzgleichzeitig liegen können.

14 Haltung

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Alte Pferde brauchen eine ruhige, entspannte Atmosphäreund dürfen nicht gejagt werden. Foto: Rösler

Schlaf ist immens wichtig. Auch unter Dach muss es einenausreichend großen Liegebereich geben.

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Hilfreich ist eine Untertei-lung mittels Raumteilern,hinter die sich vor allem alteund rangniedrige Pferdegern zurückziehen.Hat man die Möglichkeit,sollte man einer größerenGruppe mehrere Liegeflä-chen, möglichst mit räumli-cher Distanz, anbieten. So-fern ein Selektionsbereichvorhanden ist, kann manhier eine Liegefläche inte-grieren, die zum Beispielnur den zutrittsberechtigtenalten Pferden zur Verfügungsteht.Wichtig ist, Liegeflächen im-mer mit mehr als einem Ein-und Ausgang zu bauen.Der Untergrund mussrutschfest und hinreichendweich sein, da alten Pferdendas Ablegen und Aufste-hen oft schwerfällt. Deshalbkann es sinnvoll sein, ihneneine Liegefläche mit vielAusblick, etwa unter einemAnschleppdach, anzubie-ten, da freie Rundumsichtdem erhöhten Sicher -heitsbedürfnis bewegungs-eingeschränkter Pferde entgegenkommt.

Ausläufe für altePferde sind anders

Alte und damit oft rangnie-dere Pferde sind in derGruppe in besonderemMaße darauf angewiesen,sich aus dem Geschehenzurückziehen und ranghö-heren Pferden ausweichenzu können. Auch ist einSchutz vor Sonne, Regenund Insekten vonnöten.Demnach sollte eine Lauf-stallanlage neben Raumtei-lern im Ruhebereich auchRaumteiler wie etwa Baum-stämme, Hecken oder Sträucher, die zusätzlichSichtschutz bieten, im Aus-laufbereich aufweisen.Weite Laufwege an sich sindwünschenswert, aber: Wer

alte und eventuell lahmePferde in der Gruppe hat,sollte Lücken in die Weg-führungen einbauen, damitdie Oldies nicht gezwun-gen sind, über einen Baum-stamm zu springen oderüber eine längere Streckevor einem aggressiven Art-genossen zu fliehen.Der Auslauf sollte mindes-tens 100 Quadratmeter Flä-che pro Pferd umfassen undbei ansonsten weiten Lauf-wegen auch die Möglichkeitbieten, Strecken abzukür-zen, und so Rücksicht aufweniger mobile Pferde neh-men. Neben dem Vermei-den von Engstellen und spit-zen Winkeln ist es sinnvoll,enge Kurven und Wendun-gen zu entschärfen, dennauch diese machen bewe-gungseingeschränkten Pfer-den oft zu schaffen.

Barrierefreies Wohnenfürs Pferd

Neben der Forderung, dasssich alle Pferde jederzeitauf trockenem Untergrundaufhalten und alle Stationenohne Matschpassagen er-reichen können müssen, gilt

für alte Pferde im Besonde-ren, dass der Boden rutsch-fest sein muss und nicht zuuneben sein darf. Hier mussein Ausgleich gefunden wer-den zwischen dem Wunschnach Training des Gleich-gewichtsinns und des Band-apparates der unterenGliedmaße und den Ein-schränkungen, denen älterePferde unterliegen. Einemögliche Lösung ist auchhier die Schaffung von Ab-kürzungen und Umge-hungsstrecken, sprich derweitgehende Verzicht aufZwangsführung, die in Her-den mit gesunden Pferdenfür mehr Bewegung sorgensoll.

Leben in der Rentergang?

In der Praxis findet man al-tersgemischte Gruppen und„Rentnergruppen“.Rentnergruppen haben denVorteil, dass besser auf dieGrundbedürfnisse alter Pfer-de eingegangen werdenkann, zum Beispiel eineHeufütterung mit freiem Zu-gang für schwerfuttrige Pfer-de. Auch die oft aufwendige

Fütterung mit bedampftemHeu oder Heulage für Allergiker kann in einer ein-heitlichen Gruppe besserumgesetzt werden.Auch sind alte Pferde mitdem tendenziell unruhigenLeben in einer Herde vonJungspunden oft überfor-dert und dementsprechendgestresst. Pferde, die dasLeben in einer Gruppe injüngeren Jahren nicht ge-wohnt waren, haben oft nurin Rentnergruppen dieChance, sich überhauptnoch zu integrieren.Allerdings ist die Rentner-gruppe auch nicht in jedemFall die Lösung: Spätestensbei sich widersprechendenBedürfnissen der an ver-schiedensten Gebrechenleidenden Senioren kommtder Stallbetreiber an seineGrenzen. Der eine soll aufdie Weide, weil er wenig-stens auf Gras noch ein we-nig zunimmt, der andere hatCushing und darf nicht aufsGras wegen Rehegefahr, einer braucht Heulage wegen seiner chronischenLungenerkrankung, der an-dere verträgt sie nicht – daslässt sich beliebig fortsetzen.

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Haltung 15

Sie brauchen Platz neben sich: Bei Durchfressgittern sollten pro Pferd mindestens dreiFressdurchlässe vorgesehen werden – bei einer ruhigen Herde.

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16 Haltung

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Gute Zäune für schlechte Augen: Zuerst wird das Holz berührt.

In vielen Ställen ist das Be-dienen so unterschiedlicherBedürfnisse schwer bis garnicht zu leisten. Oft werden dann statt etwasgrößerer Gruppen Klein-gruppen von vier oder sechsPferden gebildet. Dann lei-det in der Regel durch dasmeist geringere Flächenan-gebot der Bewegungsan-reiz, der gerade alten Pfer-den geboten werden sollte,damit sie in Bewegung blei-ben, und bestehende Un-verträglichkeiten unter denPferden werden zum Pro-blem. In größeren Gruppenkann man sich besser ausdem Weg gehen. Hier ist eingutes Auge für die Grup-penzusammensetzung ge-fragt.Soweit das alte Pferd es to-leriert, das heißt, nicht inStress gerät und ausrei-chend zu seinem Rechtkommt, haben altersge-mischte Gruppen einen ähn-lichen Effekt wie die emp-fohlene Praxis, die Pferde solange wie möglich zu ar-beiten: Die Gruppe hält dieAlten jung. In altersge-mischten Gruppen herrschtmehr Bewegung und Spiel,das ist für manche Pferdeein regelrechter Jungbrun-nen. Allerdings mit der Ein-schränkung, dass der kör-perliche und seelischeZustand des Pferdes dashöhere Tempo der Bewe-gung und die größere Un-

ruhe erlauben. Keinesfallsdarf es dazu kommen, dassein altes Pferd von seinenArtgenossen ständig gejagtwird, schon gar nicht in ho-hem Tempo um enge Kur-ven oder durch tiefenMatsch. In diesem Fall mussman unbedingt eingreifenund die unverträglichen Tie-re voneinander trennen.

Gute Gründe für den Laufstall

Eine Laufstallanlage bietetprinzipiell viele Vorteile füralte Pferde. Gerade für be-wegungseingeschränkte, Ar-throse-geplagte Tiere gilt:„Wer rastet, der rostet“. Dieständige Bewegung imSchritt verbessert dieSchmierung der Gelenkeund die Ernährung der Ge-lenkknorpel. Dies hält dasPferd bewegungsfähig undkonditionell fit. Auch unter-stützt die Bewegung dieDarmaktivität und beugt soKoliken vor. Der ständige Aufenthalt ander frischen Luft und diedamit einhergehende ge-ringere Belastung mit Staubund Schadgasen könnenbestehende Lungenerkran-kungen bessern oder zu-mindest ihr Fortschreitenverlangsamen.Ein gelungenes Herdenle-ben führt zu einer ent-spannten Grundhaltung, die-se und die vielfältigen

Klimareize stärken das Immunsystem.

Was tun mit altenBoxenpferden?

Es gibt eine Grenze derGruppenfähigkeit, die imPferd selbst liegt. ManchePferde sind, bedingt durchHaltungsfehler in der Ver-gangenheit, dem sozialenKontakt mit Artgenossennicht oder nur in geringemMaße gewachsen. Hinzu kommen oft Aspekteder sogenannten erlerntenHilflosigkeit, wie zum Bei-spiel das in vielen Jahren inder Box ohne Freilauf aner-zogene Unvermögen man-cher Tiere, selbständig eineFutterstelle aufzusuchenoder ihre Umgebung zu er-kunden. In solchen Fällen muss eineGewöhnung sehr langsamund unter engster Beob-achtung erfolgen und wird invielen Fällen an ihre Grenzenstoßen. Manche dieser nichtartgerecht sozialisierten Pferde sind schlussendlichin einer Box mit täglichemmehrstündigen Auslauf miteinem oder wenigen Ge-fährten besser aufgehoben.Ansonsten kann man für fastalle Herausforderungen eineLösung finden, wenn manMühe und Kosten nichtscheut. Allerdings kann derAufwand, zum Beispiel beitäglicher Zufütterung mit

Spezialfutter, der Notwen-digkeit ständiger Medika-mentengabe, des Einde -ckens bei nasskaltem Wetteroder eines kompliziertenWeideregimes sehr hochsein. Viele private Pferde-halter kommen hier an dieGrenzen ihrer Belastbarkeit,und Pensionsbetriebe kön-nen dies oft im Rahmen ih-rer personellen und finan-ziellen Struktur auch nichtleisten.Die weit verbreitete Auffas-sung, man könne seinemRentnerpferd mit geringemAufwand einen Lebens-abend auf der Weide gönnen, ist klar ein Irrweg.Keinesfalls kann man alteund kranke Tiere auf derWeide oder im Offenstallsich selbst überlassen. Vielmehr bedarf es einesan gemessenen eigenen En-gagements oder des ent-sprechenden finanziellenEinsatzes, um einen Stall-platz in einem gut organi-sierten Pensionsstall undalle nötigen zusätzlichenVersorgungsleistungen derdort arbeitenden Menschenzu entlohnen. Sind allerding die richtigenRahmenbedingungen ge-geben und wird die Hal-tung der Herde rundum gutgemanagt, dann könnenauch alte und gebrechlichePferde durchaus ein pfer-degerechtes Leben in derGruppe führen.

Hoher Zeitaufwand: Zum Füttern wird getrennt.

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Mahlzeit!Betagte Pferde bedarfsgerecht füttern

Von ConstanzeRöhm

Die Zahl der vermeintlichalten Pferde steigt inDeutschland kontinuierlich.Auch wenn, befeuert durchZahlen der Versicherungenüber das Ableben von le-bensversicherten Pferden,sich noch stets der Irrglau-be hält, das Durchschnitts-pferd würde höchstens achtJahre alt. In der Realität wirddas deutsche Hauspferd –und hier vor allem das Frei-zeitpferd – deutlich älter.Das liegt vor allem an denviel artgerechteren Hal-tungsformen, die heutzutageStandard sind, aber natür-lich auch an der weniger in-tensiven Nutzung unsererPferde. Noch nie gab es in Deutsch-land daher einen so altenPferdebestand wie heute.Besonders aus den Reihen

der VFD kann man seltenhören, dass Pferde das 20.Lebensjahr nicht erreichthaben. Das Gegenteil istder Fall: Pferde, die 25 odersogar 35 Jahre alt werden,sind durchaus keine Selten-heit mehr. Und ein paarkommen sogar noch dar-über.

Dem Rentner mit Respekt begegnen

Auch wenn alte Pferde ir-gendwann vielleicht nichtmehr geritten werden kön-nen, verdienen sie natürlichweiterhin Aufmerksamkeitund Respekt. Sie einfachnur abzuschieben, auf Rent-nerweiden zu parken undalle paar Monate mal da-nach zu sehen oder sie nurnoch aufzubewahren, bissie einfach tot umfallen, istnicht tiergerecht. Als Pfer-debesitzer hat man die Ver-

pflichtung, sich auch dannnoch um sein Pferd zu küm-mern, wenn es nicht mehrtaufrisch ist und spezielleAnforderungen an Haltungund Fütterung hat.Wann ein Pferd beginnt zualtern, ist individuell. Meistzeigen sich die Anzeichenab dem 15. Lebensjahr. Dieersten Haare werden grau,die Gesichtszüge etwasmarkanter. Das Bindegewe-be ist nicht mehr so straff.Die Oberlinie bildet sichlangsam zurück und dieZahnsubstanz wird oftschlechter. Dazu kommentypische Altersbeschwer-den wie Arthrose. Bietet derMarkt auch einen buntenStrauß Wundermittel gegenAlterungsprozesse an, sobleiben eine punktgenaueErnährung, eine altersge-rechte und artgerechte Hal-tung und Bewegung das Aund O.

Der Nährstoffbedarfändert sich

Der gesamte Körper verän-dert sich beim alterndenPferd und damit auch derNährstoffbedarf. Die Be-schaffenheit der Futtermittelmuss sich ebenfalls an dieGegebenheiten anpassen.Sind Anzeichen der Alte-rung sichtbar, sollte mandie Ernährung überprüfen. Zu den bedeutenden An-zeichen zur Fütterungsan-passung gehört natürlichdie Veränderung des Ge-wichts, des Fells und vor al-lem der Zustand der Zähne.Sind diese abgenutzt, zeigtsich das im Kauprozess.Die Kaubewegung verän-dert sich. Ob Röllchen, Wi -ckel oder eine Veränderungder Kiefermechanik, der Be-sitzer sollte das Pferd immerwieder einmal bewusst beimKauen beobachten.

Alte Pferde benötigen in der Regel mehrNährstoffe. Das erfordert eine angepasteVersorgung. Sind die Zähne schlecht,müssen die Futtermittel entsprechendausgewählt und zudem oft eingeweichtwerden. Fotos: Fersing

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Auch die Appetitsgrenzemuss gemessen werden. Esreicht nicht, zu wissen, dassimmer Heu zur Verfügungsteht. Man muss auch mes-sen, wie viel das Pferd wirk-lich davon frisst. Je weniger effektiv die Zäh-ne arbeiten, desto eher se-hen wir als Folge Anzeichenfür Mangelerscheinungen. Nicht nur ein Verlust derMuskelmasse, sondernauch stumpfes Fell, Huf-und Hautprobleme, Störun-gen der Verdauung wie Kotwasser oder Durchfälle,Aufgasungen sowie Im-munprobleme können sol-che Anzeichen sein.

Beschaffenheit und Gehalte des Futters

Der Anspruch des Pferdesan die Futtermittel ist alsomehrschichtig: Für das Pferdzählt die Materialbeschaf-fenheit des Futtermittels wiezum Beispiel die Kaubarkeitund die Faserlänge desRaufutters und der speziell

gesteigerte Nährstoffbedarfbei Pferderentnern, denn Alterung und Mehrbedarfgehen meist Hand in Hand. Und natürlich kann durchFutter auch eine Abmilde-rung von Schmerz durch al-tersbedingte Zerfalls- undAuflösungserscheinungenwie Arthrose oder Spat er-reicht werden. Auch dieseMöglichkeit sollte man heut-zutage ausschöpfen.

Mehrbedarf an Nährstoffen

Je älter ein Pferd wird, destomehr Nährstoffe benötigt es.Das liegt vor allem an derschlechter werdenden Ver-wertung einerseits durch dieabgenutzten Zähne, abernatürlich funktioniert auchein 30-jähriger Darm nichtmehr so gut wie ein fünfjäh-riger. Die tatsächliche Re-sorption wird schlechter,denn im Laufe des Lebenssteckt der Darm des Pferdesso manche Verletzung, Reizung oder auch mal

Entzündung ein. Auch Pa-rasitenbefall lässt einenDarm gelegentlich vernar-ben.Um dieser schlechter wer-denden Verwertung unddem Mehrbedarf durch diephysiologische Alterung ent-gegen zu wirken, rechnetman mit einem Eiweißmehr-bedarf von rund zehn Pro-zent. Je vielfältiger die Pro-teinmatrix ist, desto besser.Vor allem die essenziellenAminosäuren Lysin, Threoninund Methionin sollten imAuge behalten werden. Durch Futtermittel wie Lein-saat, Bierhefe, Luzerne oderReiskleie können, wenn siegut in die Gesamtbilanz derRation passen, solche Ami-nosäuren einfach zugeführtwerden.Je nach Zustand des Pfer-des kann der Bedarf anKohlenhydraten stark stei-gen. In Einzelfällen kannsich der Bedarf sogar bei-nahe verdoppeln. Das be-deutet, dass aus dem ehe-mals pummeligen Shetty

eine klapprige kleine Pony -oma werden kann. Sind die Fettpolster erst ein-mal weg, verliert das Pferdoft die volle Fähigkeit derThermoregulation. Das hatauch zur Folge, dass mandem alten Pferd mit einerwarmen Winterdecke mehrnützt als schadet – auchwenn das gelegentlich un-populär ist. Pferde könnenzwar normalerweise mit jeg-lichen Temperaturen inDeutschland umgehen, siesparen aber deutlich anEnergie, wenn diese nichtzur Erwärmung aufgewen-det werden muss oder dortverloren geht.Selbst Pferde mit Stoff-wechselerkrankungen wieInsulinresistenz oder demequinen metabolischen Syn-drom können bis auf wenigeFettreserven komplett ab-magern. Die Krankheitenbestehen jedoch weiterhin.Die Gabe von Kohlenhy-draten muss daher mit Au-genmaß erfolgen, denn einerAbmagerung sollte man ent-gegen wirken – zumindestso lange wie möglich.Die Speicherfähigkeit vonNährstoffen wie Mineralienund die Eigenproduktion vonVitaminen werden im Alterebenfalls schlechter. Bei-des sorgt für einen gewissenMehrbedarf, der vor allemdie Gruppe der B-Vitaminetrifft, aber auch das VitaminC sowie den Bedarf an Zinkund Kupfer. Welches Mineralfutter dasbeste ist, hängt jedoch vomGrundfutter, also Gras undHeu, ab. Sobald eine Ana-lyse des Grundfutters vor-liegt, kann man das Bestefür den Senior heraussu-chen.Eine grundsätzliche Fehl-einschätzung ist es, dassdas alte Pferd „weniger“brauchen würde – meist istdas Gegenteil der Fall.

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Verkaufsschlager der Futtermittelindustrie: aromatisiertes Müsli mit Fruchtstückchen – aberwas soll der Halter tun, wenn der mäkelige Oldie einfach nichts anderes mehr fressen will?

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Dazu gehört, sich einge-hend mit der Ernährung zubefassen, denn „einfach malmehr“ zu geben ist in derRegel keine gute Idee. Heut-zutage gibt es ausreichendBildungsangebote in Kurs-oder Webinarformat, umsich mit diesem Thema ganzspeziell zu befassen. Der Bedarf eines Pferdessollte immer bestimmt underrechnet werden – bei altenwie bei jungen Pferden. Diebeste Zeit für einen Check -up der Ernährung ist rundum die Sonnenwenden,denn das ist der physiolo-gische Jahreswechsel fürPferde. Regelmäßig gehörtauch ein Blutbild dazu, dennnur das Quartett aus derjährlichen Raufutteranalyse,dem Erscheinungsbild desPferdes, dem Blutbild undnatürlich den Futteraufnah-meparametern gibt Auf-schluss darüber, ob die Ra-tion verändert werden mussoder nicht.

Wenn der Senior mäkelt

Neben dem Bedarf an Nähr-stoffen und der Beschaffen-heit der Futtermittel sowie

der Möglichkeit, dem al-ternden Pferd mit Zusatz-futtermitteln das Leben et-was zu erleichtern, ist auchder Faktor der Futterakzep-tanz nicht zu unterschät-zen. Nicht selten trifft manauf einen mäkelnden Rent-ner, der mit den Jahren be-schließt, nur noch das zufressen, was ihm geradepasst. Egal, ob der Altersstarrsinnoder die Veränderung derGeschmacksknospen dafürverantwortlich sind: Diebeste Ration ist wertlos,wenn das edle alte Rosssie verschmäht. Dann ist Ideenreichtum ge-fragt – und viel Humor. Dennnicht selten passiert es,dass das alte Pferd nur nochstark aromatisierte, bunteFuttermittel mit Erdbeerge-schmack frisst oder ähnlicheAuswüchse der Futtermit-telindustrie. Generell ist ge-gen solche Futtermittel inMaßen bei alten Pferdennichts einzuwenden. Dennhier steht ein ethischer Gedanke im Vordergrund:lieber Erdbeergeschmackals verhungern. Es ist also meiner Auffas-sung nach absolut zu ver-

treten, die verschrobenenMarotten sehr alter Pferde zuakzeptieren, um den Appe-tit und die Futteraufnahmeso lange wie möglich auf-recht zu erhalten.

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Eine Löffelchen übers Futter gestreute Bierhefe bietet nichtnur B-Vitamine, sondern erhöht die Akzeptanz.

Das Erscheinungsbild des Pferdes ist ein Hinweis darauf,ob die Futterbilanz noch stimmt.

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Dazu kann eine kleine Menge Bierhefe helfen, denAppetit anzuregen.

Heu bleibt das wichtigste Grundfutter

Das wichtigste Futtermittelmuss jedoch auch im hohenAlter das Raufutter sein.Sind die Zähne abgenutzt,bleibt oft nur der Griff zusehr weichem Heu oderauch zu Heucobs. Auch Lu-zerne und Luzernecobs hel-fen, den gesteigerten Bedarfzu decken. Allerdings ist der Einsatzder sehr teuren Heucobsnicht nur eine finanzielle Be-lastung und die Zuberei-tung ein großer zeitlicherAufwand, Heucobs sindauch dauerhaft keine Lö-sung, denn dem Darm fehltdie Grobfaser. Natürlichkann man ein altes Pferdeine Weile mit reinen Heu-cobs und einer Kraftfutter-mischung am Leben erhal-ten, aber nicht unendlich.Die Cobs werden aufgrundder wenigen Struktur weni-ger gekaut, dadurch wirdweniger Speichel produ-ziert, und durch die perma-nente Weichfütterung mitsehr viel Wasser kann es zu

Verdauungsproblemen biszur Darmentzündung kom-men. In letzter Folge führtdas zu Einblutungen in denDarm.Daher gilt die Devise: Je län-ger ein Pferd Heu fressenkann – im Zweifelsfalle auchsehr weiches –, desto bes-ser ist es. Ist der Punkt je-doch gekommen, an demdas Pferd sein Gewicht nichtmehr stabilisieren kann undder Darm so geschädigt ist,dass es zu schweren Ent-zündungen kommt, muss –trotz aller oder gerade we-gen der Pferdeliebe – dieEntscheidung getroffen wer-den das Pferd zu erlösen.

Brei hilft bei der Verwertung

Wenn Heucobs und Heu al-leine nicht ausreichen undKraftfuttermittel dazu gege-ben werden müssen, solltenauch diese als Brei ange-boten werden. Ob ge-quetscht oder geschrotet,hydrothermisch aufge-schlossen oder einfach nurgeschreddert – alles hilft,Futtermittel besser verwert-bar zu machen. Warm und als Brei kannman Kraftfutter den meisten

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Eine Bedarfsberechnung für das einzelne Pferd ist uner-lässlich. „Viel hilft viel“ kann dem Tier schaden.

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Pferden anbieten. Dabei istes beinahe unerheblich, obes sich um Hafer oder Gerste handelt. Auch Mais -flo cken können mit in dieGesamtration einfließen. Na-türlich gilt auch beim altenPferd die Stärketoleranz-grenze von zwei GrammStärke pro Kilo Körpermas-se, und diese Menge auf-geteilt in mindestens zweiMahlzeiten. Das bedeutet,dass man auch die oft stär-kearme Reiskleie mit ein-beziehen muss.Braucht das Pferd mehrEnergie, kann die gezielteGabe von Öl helfen. Aberauch hier gibt es eine Ober-grenze von 200 Millilitern,die in mehrere Rationen auf-zuteilen sind.

Wahl der Futtermittel

Die Wahl der Futtermittelrichtet sich nach der Auf-gabenstellung, nach denfehlenden Mengen an Ener-gie und Eiweiß sowie den je-weiligen Erkrankungen desTiers. Jedes Futtermittel,das passend das jeweiligeLoch in der Bilanz füllt, istentsprechend der Grund-sätze der Pferdeernährung

und den besonderen An-forderungen, die sich ausder Situation ergeben, dasrichtige. Das können Ge-treide sein, andere Raufut-tersorten, Kleien und Öl-saaten sowie alle weiterenzugelassenen und empfoh-lenen Futtermittel für Pferde.Die Futtermittelbilanz istdazu unumgänglich. EineGeneralisierung ist generellabzulehnen. Es gibt keinPauschalrezept. Jede Pau-schalisierung ohne genauesHinsehen geht auf Kostendes Pferdes und wider-spricht damit dem Tier-schutzgesetz und den ethi-schen Richtlinien der VFD.Wir kämpfen seit Jahren ge-gen die Fütterung nachFaustformeln in Ignoranzbesonderer Lebenssitua -tionen und genetischer Va-rianz. Aber: Jedes Pferd istein Individuum – auch beider Fütterung.

Wer rastet, der rostet

Nicht nur die Ernährung istbeim alten Pferd zu beach-ten, sondern das Gesamt-konzept aus Fütterung, Hal-tung und Umgang. ManchePferde benötigen im Alter

mehr Schutz, um in Ruhefressen und schlafen zu kön-nen. Daher ist es manchmalunumgänglich, im Alter dieHaltung anzupassen undzu ändern. Was viele Jahregut gewesen ist, kann plötz-lich nicht mehr gut sein.(Hierzu mehr ab Seite 12.)Gleichzeitig gilt der Grund-satz: Wer rastet, der rostet.Besonders bei körperlichenEinschränkungen wie Ar-throse ist jede ruhige Bewegung förderlich. Alte Pferde sollten täglich ru-hig und ihren Möglichkeitenentsprechend bewegt wer-den. Herumstehen und Lan-geweile sorgen für übermä-ßige Oxidationsprozesse imKörper. Ohne Bewegunghilft jedoch auch die Gabeantioxidativer Zusatzfutter-mittel nur bedingt – Man-gelbewegung kann nichtweggefüttert werden.Es ist am Besitzer, sich inFuttermittelkunde und Nähr-stofflehre fortzubilden undsich im Zweifelsfalle profes-sionelle Hilfe durch einenPferdewissenschaftler zu ho-len. Die Landesverbändeund Ortsgruppen der VFDbieten bundesweit Kursezum Thema Pferdeernäh-rung an.

Ob gequetscht, geschrotet oder hydrothermisch aufgeschlossen – alles hilft, Futtermittel besserverwertbar zu machen. Kraftfutter lässt sich gut als warmer Brei anbieten. Foto: Bertelsmeier

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