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1 Serendipity | März 2012 März 2012

Serendipity Ausgabe März 2012

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Serendipity - music is our Substitute for life. Magazin über Musik, Lifestyle, Kunst und Kultur.

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März 2012

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Editorial

Serendipity März 2012

Liebe Leser,

nun ist auch schon der März rum, endlich ist Frühling, endlich haben wir die Som-merzeit wieder – und es schneit.

Wir haben diesen Monat Berichte der Konzerte von Einar Stray, Me & Cassity, kettcar und M83 für Euch, außerdem haben wir ein Interview mit The Dashwoods geführt (die uns übrigens auch einen fabelhaften Flamingo gezeichnet haben).

Sascha hat sich für Euch das aktuelle Honig-Album angehört, Honig selbst hat uns einen wunderschönen Elch gezeichnet.

Viel Spaß mit unserer März-Ausgabe und genießt die ersten Sonnenstrahlen!

Carolin & Silvia

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Inhalt

Serendipity März 2012

Editorial 2

Feature100 Mappen für Halbgrieche 4Das gesellschaftliche Highlight der Stoner-Rock-Szene 2012 11

InterviewThe Dashwoods 8

PlattenNicht immer gleich Elektropop: Olli Schulz – „S.O.S. – Save Olli Schulz“ 12Damien Jurado - „Maraqopa“ 18Honig – Empty Orchestra 20

LiveEinar Stray - Sinfonie. In meiner Stadt. 6kettcar live@Kampnagel, Hamburg 12.03.2012 14Konzert Review M83 live@Theaterfabrik München 16Dirk Darmstaedters Me & Cassitiy live@Knust Hamburg 24

FotosDer März 2012 23

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100 Mappen für Halbgrieche

Simone Bauer

Im Siegeszug des Internets gibt es mittlerweile nichts, das man sich nicht personalisiert bestellen kann:

T-Shirts, Kaffeebecher, Thermoskan-nen, Stifte, Armbänder - die Liste ist unendlich weiterzuführen. Dagegen folgt der Trend des Individuellen - we-niger mit dem eigenen Namen auf dem Revers, dafür selbstgemacht und eben aus dem Internet. Ein charman-ter junger Mann schafft es nun, beides zu verbinden: Zum einen den Wunsch nach auf persönliche Favorisierung zugeschnittenem, das zum anderen individuell und selbstgemacht ist.

Er ist nicht gerade unbekannt, auch, wenn sein Name (Dimi Melitis) dem ein oder anderen nichts sagt. Sein Twitter-name Halbgrieche dafür umso mehr. Im Buch „PONS - Ich kann auch ohne dich unglücklich sein! Die besten Sprüche rund um die Liebe aus Twitter“ waren seine Tweets mit am häufigsten vertre-ten, auch als Erfinder der Fanfiction-Plattform Virtual TV sorgte er schon für Aufsehen. Im „echten“ Leben ist er al-lerdings Student in Graz. Aus der Geld-not heraus gebar der Freund von allem, was schön ist, eine Produktidee und die Seite „100 Mappen für Halbgrieche“.

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Das Konzept: Mitstudenten hadern oft mit Blöcken, die falsch kariert sind, zu wenige Zeilen bieten und oben-drauf auch noch hässlich sind. Die Lö-sung: Dimi fertigt nach Maß Mappen für Schüler, Studenten und andere Schreiberlinge. Obendrauf kann man sich aus seinem Fundus an Geschenk-papier hübsche Oberflächen suchen. Zwischen 15 und 20 Euro muss man zwar schon hinlegen, unterstützt da-bei aber nicht nur die berufliche Zu-kunft des Erfinders (der später einmal Professor der Sprachwissenschaften

werden will), sondern besitzt auch wunderschöne Mappen mit Seele. Wer jetzt laut „Haben will!“ schreit, kann seinen Wunsch an Dimi rich-ten. Und unterstützt dabei auch noch einen wundervollen Menschen. h t t p : // v e n e z k y . w o r d p r e s s .com/2012/02/10/100-mappen-fur-halbgrieche/

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Sinfonie. In meiner Stadt.

Review zum Einar Stray Konzert von Daniel Buchhauser

Wenn man in einer nicht ganz so großen Stadt wohnt, ist es sehr leicht aus der Viel-

zahl guter Konzerte die kleinen - aber feinen - Highlights auszuwählen, wobei „Vielzahl“ hier auch ein etwas über-schwängliches Wort ist. Zeit ist etwas, was man sich hier sehr gut nehmen kann, um sich mit neuer Musik zu beschäfti-gen. Der erst einundzwanzig Jahre alte Norweger Einar Stray ist so ein Fall. Nicht viele Menschen kannten ihn hier, möchte ich spekulieren, und so ging ich zwar mit hohen Erwartungen an die Band zum Konzert – denn ich hatte sie natürlich vorher angehört – aber gerin-gen Erwartungen an die Anzahl der Zu-seher und Zuhörer. Trotz alledem hatte

ich meine Karte schon im Vorverkauf erstanden und kam deshalb relativ spät. Der Raum, über dessen Bar ein überdi-mensionierter Spiegel hängt, welcher den Blick des Geschehens meist et-was zu manipulieren scheint, war in ein dunkles, düster und morbid wirkendes Blaugrün getaucht. Jedoch ließ ein an-derer Aspekt den Abend schon jetzt vielversprechend werden: Er war voll. Verdammt voll für Montagabend. Und es lag etwas in der Luft: Man spürte die große Vorfreude auf das Konzert. Ich fing an, mich mit Menschen, die ich kannte, was an diesem Abend schon recht viele waren, zu unterhalten. Sie alle erzählten mir, wie gespannt sie aufgrund des bevorstehenden Konzerts seien. Innerlich jubelte ich: Vielleicht ist

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meine Stadt noch nicht ganz verloren. Bevor Einar nun die Bühne betrat, gab die Vorband - wenn man sie so nennen möchte - noch einen Song, der die Zuhö-rer sehr gut auf das Folgende einstimm-te, zum Besten. Ich formuliere das so salopp, denn die Vorband bestand aus der Cellistin und dem Tour-Busfahrer, die beide auch später noch in das musi-kalische Geschehen eingreifen sollten. Als sich Einar Stray an sein Klavier setz-te und das Konzert mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Chiaroscuro“ einleitete, war es um das Publikum nach wenigen Augenblicken geschehen. Der wahrscheinlich jüngste Mann im Raum spielte und sang mit einer Empathie, die einem keine Luft mehr ließ, die es

unmöglich machte, sich zu entziehen. Der bedrohliche und zugleich so lieb-liche Klang der Stimme spiegelte sich in einer Sinfonie aus Klängen der Band wieder. Einar Stray zelebrierte sein ganzes Album in höchster Vollendung und schaffte es mit der Elegie, die aus jedem Zentimeter seiner Darstellung heraussprühte, zu begeistern. Ein klei-ner Wermutstropfen bleibt jedoch: Es wird wohl einige Zeit bis zum nächsten Konzert in meiner Stadt dauern, das an dieses heranreichen könnte.

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1. Da wir leider nicht vor Ort sein konn-ten: Wie war das Release-Konzert in der Hanseplatte? „Alles in allem ist das Release-Konzert für Hamburger Verhältnisse gut verlau-fen, denn es waren insgesamt zirka 70 Zuhörer da. Darunter waren auch viele Freunde und Bekannte der Band. Die Hanseplatte war also rappelvoll. Es war das erste Mal das wir in einem CD-, be-ziehungsweise Klamottenladen gespielt haben. Dementsprechend war es auch für einige der Band ungewohnt ohne

eine Bühne zu spielen. Man war auf di-rekter Augenhöhe mit dem Publikum – eine recht intime Atmosphäre also. Nachdem sich die anfängliche Aufre-gung gelegt hatte, hat man das Set so-lide gespielt. Als Zugabe haben wir den Song „Evaporate“ gespielt, der wie di-verse andere Lieder gut beim Publikum ankam. Ein Gast hat direkt nach dem ersten Song beim Merchstand gefragt, ob dieser auf der CD sei. Nachdem die-se Frage mit „Ja.“ beantwortet wurde, war auch schon die erste CD verkauft. Sehr amüsant....“

The Dashwoods

Interview

The Dashwoods haben uns einen Flamingo gezeichnet:

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2. Seit der ersten EP „Loony bin“ in 2010 ist viel passiert - Ihr habt ver-schiedene Preise gewonnen, große Festivals gespielt und für international etablierte Bands eröffnet. Inwieweit hat sich das dadurch aufkommende In-teresse der Öffentlichkeit und auch die Bestätigung, die Ihr dadurch bekom-men habt, auf Eure Zusammenarbeit als Band ausgewirkt? Geht Ihr an die 2. EP mit anderen Ansätzen oder Vor-sätzen heran? Ist das Grundgefühl ein anderes als noch bei der ersten EP?

„Wir laufen auf Radiostationen in Rota-tion, verschiedene Online-Portale oder Blogs schreiben Rezensionen. Das ist schon ein ganz anderes Gefühl, zu er-fahren, wie andere Leute die Musik auf-fassen und was sie dabei fühlen. Das letzte Jahr war wirklich ereignisreich und aufregend für uns, aber gleichzei-tig werden wir kritischer, wir arbeiten härter an uns, damit das Interesse be-stehen bleibt.

Unsere erste Ep haben wir komplett selbst promotet, so gut es eben mög-lich war. Bei der Zweiten Ep wollen wir uns besser aufstellen und arbeiten mit PopUpRecords zusammen, die unse-re Ep präsentieren. Dadurch wird es uns ermöglicht, dass die EP nicht nur bei Konzerten, sondern auch online via Amazon oder Itunes erhältlich ist. An der EP selbst gibt es auch etwas Neu-es. Erstmals wurden unsere Songs von befreundeten Bands geremixt, für uns eine ganz neue Erfahrung. Wir sind ge-spannt wie es bei den Leuten ankommt.Das Grundgefühl zwischen den zwei Ep’s hat sich schon sehr verändert. Zum einen hat sich die Besetzung der Band verändert, wir sind alle älter und reifer geworden, zum anderen haben wir an den Songs mit einem Produzenten zu-sammengearbeitet. Er wurde mehr re-flektiert und kritischer mit den Songs umgegangen. Auch der Songwriting-prozess hat weitaus mehr Zeit bean-sprucht als noch bei der ersten Platte,

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der Sound hat sich verändert, wirkt jetzt reifer, durchdachter und ausba-lancierter. Wir sind sehr zufrieden mit dem Mix aus Originalsongs und Remi-xen und denken eine wirklich schöne platte produziert zu haben.“

3. Seid Ihr bei der Entstehung der Re-mixes Eurer Songs dabei oder in ir-gendeiner Form involviert und am kre-ativen Prozess beteiligt? Fallsnein: Wie ist es, das erste Mal einen Remix der Songs zu hören? Mit wel-chen Erwartungen geht man an so et-was heran?

„Direkt am kreativen Prozess der Remi-xe waren wir, mit einer Ausnahme, nicht beteiligt, jedoch haben wir kleine Ver-besserungsvorschläge und –wünsche eingeworfen, als wir die ersten Versi-onen der Mixe gehört haben. Die Aus-nahme ist der Remix von `FUCK ART, LET’S DANCE!´in dem Daniela und Nico gemeinsam zu hören sind.Das interessante war, und was die Span-nung auf die Tracks erhöht hat, wie die

anderen Bands unsere Songs hören und wie sie sie interpretieren.Die Erwartungen waren auch nicht hoch angesetzt; Hauptsache die Remixe pas-sen zu uns, sie verkörpern die andere Band und sind ein bisschen tanzbar.“4. Von welchem Song würdet Ihr gern eine Coverversion aufnehmen?„‚Freestyler‘ von den Bomfunk MCs oder ‚ABC‘ von den Jackson 5. Beides sind tolle Lieder auf ganz eigene Art und Weise.

5. Es gibt ja häufig solch originelle Merch-Artikel, Mexican Elvis hatten z.B. Kühlschrankmagneten im Sorti-ment, Hello Piedpiper hat Notizblöcke mit dem Albumcover, kettcar verkau-fen neuerdings Geschirrtücher. Was würdet Ihr gern in Eurem Sortiment an Merch haben, wenn Ihr frei wählen könntet?

„Ein Toaster, der den Bandnamen auf das Brot toastet wäre noch Etwas, das in unserem Sortiment fehlt.“

Interview

The Dashwoods

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Das gesellschaftliche Highlight der Stoner-Rock-Szene 2012

von Simone Bauer

Als Boots Electric verkündet, Mitte März einige Termine in Deutschland zu spielen, wird

es Zeit, nochmal das Wissen über den Mann mit dem Schnauzbart aufzufri-schen. Man möchte ja nicht nur nicht mit seinen vielen Namen durcheinan-der kommen (Jesse Hughes bürgerlich, The Devil hochheilig), sondern auch nicht mit den Songs seiner erster So-loplatte „Honkey Kong“. Immerhin ist es das gesellschaftliche Highlight der Stoner-Rock-Szene! Da müssen ne-ben den Texten auch die Tanzschuhe und die Spitzenunterwäsche sitzen! Dass Jesse Hughes sich von den Ea-gles Of Death Metal weiterentwickelt hat, ist nicht sofort ersichtlich. Das Vi-deo zur ersten Single ist ähnlich witzig wie beispielsweise das zu „Speaking in Tongues“. Doch dieser Song kommt mit schweren Gitarren daher, ebenso wie „Wannabe in L. A.“, um nur einen Song zu nennen. Da hat der Kaliforni-er aber auch schon elektronische Spie-lereien eingeführt, die er bei „Honkey

Kong“ fortführt. „Oh Girl“ besticht hier mit einem lässigen Groove, ebenso chillig geht es bei „Dreams Tonight“ zu. Jesses Stärke ist der Sexappeal und die Art, über die schönste Hauptsache der Welt zu singen. Das ist abseits von All-Time-Low-Platitüden oder anderem Rockschwülst. Und es gibt noch mehr als das! „Speed Demon“ hält nämlich, was es verspricht, und kommt dämo-nisch daher. „Swallowed By The Night“ ist ein Song, der sich über Countryge-schrammel lustig macht, der aber im Hundegebell endet und gleichzeitig den Redneckgesang gefallen lässt. Und „You’ll Be Sorry“ ist der Glam-Funk, für das das Album zu recht gelobt wurde. Favorit ist und bleibt „Boots Electric Theme“, live ja bedauerlicherweise ohne Brody Dalle. An den Frauen mangelt es auf der Bühne trotzdem nicht: Seine Freundin, die er in „Love You All The Time“ besingt, spielt Bass. Da sitzt die Spitzenunterwäsche auch ganz sicher … http://www.boots-electric.com/

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Eine Rezension von Simone Bauer

Nicht immer gleich Elektropop: Olli Schulz – „S.O.S. – Save Olli Schulz“

Olli Schulz betitelte sein drit-tes Album vorausschauend mit „Warten auf den Bumerang“.

Bei Album Nummer 5, das am 16. März erschienen ist, denken wir, dass der Bumerang vielleicht haarscharf an ihm vorbeigezogen ist. Doch um einer fal-schen Vorahnung vorzubeugen - das ist ja nichts Schlechtes. Dass der Hambur-ger Singer/Songwriter sich nicht mehr mit dem „schwierigen“ zweiten Album befassen muss, ist ja klar. Dass er mit jeder neuen Aufnahme eine persönliche Weiterentwicklung proklamiert, eben-so. Einen völlig neuen Sound findet er

nicht, das finden wir aber freilich nicht besonders schlimm. Doch was erwartet uns jetzt wirklich genau bei der neuen Erscheinung aus dem Hause Schulz? Erstmal genau die Mischung, die der handelsübliche Olli-Schulz-Fan benö-tigt. Im Trailer zum neuen Album meint ein Fangirl, dass sie wegen seinen Ge-schichten eigentlich hinginge zum Kon-zert. Und die Anekdoten, die bei Live-auftritten das Publikum auflockern, sind auch diesmal wieder vertont worden. Zum Beispiel kurze, abgerissene Song-spielereien („Briefmarke“, „Vorspiel“,

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„Crew“), ausgefeilte Geschichten („Spielerfrau“, „Koks & Nutten“) und kluge Catchphrases („In der Kathedrale meines Herzen brennen für dich die Ker-zen“ in „Irgendetwas fehlt“). Dazu viel Akustikgitarre. Einzig bei „Schrecklich schöne Welt“ und „Ich kenn‘ da Ein“ fällt er mit chilligeren Klängen aus der Reihe. Der Neu-Fan, angelockt vielleicht durch seine Erotikkolumne in der ZDF Neo Show „Neo Paradise“, wird sich freuen, im Olli-Schulz-Kosmos angekommen zu sein. Der alteingesessene Liebha-ber jedoch erkennt Gemeinsamkeiten

zu früheren Werken. So eröffnet er das Album in „Jetzt gerade bist du gut“-Manier, in „Phosphormann“ trifft „Song Ohne Grund“ auf „Bettmensch“. Bei „Ich kenn‘ da Ein“ prallt dann etwas „Rock‘n‘Roll Lifestyle“ auf den Rag-gaesound. Und wenn das die Weiter-entwicklung ist, dann findet das auch der langjährige Fan gut. Es muss ja nicht immer gleich Elektropop sein.

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besucht von Silvia Maraun

kettcar live@Kampnagel, Hamburg 12.03.2012

kettcar sind wieder einmal auf gro-ßer Deutschlandtournee. kettcar sind in Hamburg wieder einmal

ausverkauft, zwei Mal hintereinander Große Freiheit 36, jeweils 1500 Leute passen da rein. Ein Zusatzkonzert muss her, auf Kampnagel, im K6, teilbestuhlt und ebenfalls sehr schnell ausverkauft. kettcar wären jedoch nicht kettcar, wür-de es nicht eine besondere Aktion ge-ben, um den Hamburgern dafür zu dan-ken: Am Tag des Kampnagel-Konzerts spielen kettcar vor Ort nachmittags ein Gratiskonzert. Wer es schafft, ist also bereits um 13 Uhr am Start, die einen mit Bier in der Hand, die anderen mit Liebe im Herzen, die Schnittmenge ist groß. Wer durchhält, bleibt direkt vor Ort und freut sich am Abend darauf, Mo-ritz Krämer als Support zu sehen, des-sen rotzig-poetisches Storytelling in

eingängige Melodien verpackt und von einer wundervollen Band mit multiinst-rumentalen Arrangements den meisten nicht unbekannt ist: Seit Jahren geistert Moritz Krämer, mal solo, mal mit Band, durch die Herzen der Singer-Songwri-ter-Indie-Pop-Anhänger, brachte in 2011 endlich sein langerwartetes Debütal-bum bei tapeterecords heraus und fiel zuletzt durch das Projekt „Die höchste Eisenbahn“ auf, welches er gemeinsam mit Francesco Wilking und wechseln-den Gästen hauptsächlich in Berlin auf die Beine stellt. Die meisten Anwesen-den sind bereits bekannt mit der Nich-te, die den Apfelkrapfen reinstopft und deren Muskeln im Gesicht zucken, wenn es sie juckt (und es juckt sie nicht) und mit Lea, der Mitbewohnerin von einem Freund, die vergisst zu grüßen, weil der Toast ihr so viel Mühe macht.

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kettcar beginnen dramatisch mit einer stockfinsteren Halle und starten mit „Rettung“, dem Opener der aktuellen Platte „Zwischen den Runden“ - ein Song über die Liebe des Lebens, die Nacht des großen Elends und die Tat-sache, dass Liebe nicht ist, was man fühlt, sondern das, was man tut: Ham-burg ist ein Fort, Hamburg hält zu-sammen, Hamburg singt mit und Ham-burg tanzt. Moderat, von oben nach unten und nicht von rechts nach links, wer trotzdem versehentlich angerem-pelt wird, bekommt eine Entschuldi-gung. Keiner der nervt, keiner zerstört. Die Setlist ist ungewöhnlich, aber gut: Den Rahmen bauen die schnelle-ren Songs, diejenigen, welche sich die Menschen als Parole, nicht aber als Tri-but an das Elend auf die Oberschenkel tätowieren; das, was auf „Zwischen den

Runden“ häufig den Unterton des Ab-findens mit der Trostlosigkeit trägt, be-kommt im Kontext des Konzerts einen trotzigen Gesichtsausdruck: Solang die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zu Ende. Untermalt von wun-dervoller Beleuchtung (besonders bei „Schwerelos“) finden sich die neuen Songs mit den alten in ein Werk, wel-ches nicht wie über Jahre traditionell mit dem Song „Balu“ endet, sondern Hamburg mit „Landungsbrücken raus“ in die Nacht entlässt. Auch das ein Statement: In Städten mit Häfen haben die Menschen noch Hoffnung. www.moritzkraemer.de www.kettcar.net

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Konzert Review M83 live@Theaterfabrik München

von Daniel Buchhauser

Couleurs = Farben. Farben ver-binden Dinge und transportie-ren etwas, das sich nur schwer

greifen lässt. Die Farben des Lichts, der Klänge schwirren irgendwo im Nichts und warten auf eine über-mächtige Instanz, die die Ordnung der Dinge wiederherstellen kann. Der Philosoph Michel Foucault formulier-te hierzu einst: „Das bisherige Anhäufen von naturgemäß ungenauen Ähnlich-keitsbeziehungen genügt nicht mehr; stattdessen steht der Sinn nach eindeu-tigen ‚Identitäten oder Differenzen‘“. Identität und Differenz – zwei Schlag-worte die man im hier vorliegenden Dis-kurs mit einem Namen recht treffend be-schreiben kann: Anthony Gonzales alias M83. Er ist das Mastermind hinter einer

Dekade, die er für sich und die Welt mu-sikalisch geschaffen hat. In diesem Jahr feiert sein Erstlingswerk Zehnjähriges . Und das feiert auch Gonzales mit einer Tour, die alle für ihn bisher da gewese-nen Grenzen sprengt. Konzerte wurden geplant und mussten dann kurzer Hand in größere Hallen verlegt werden, denn die Nachfrage war immens. Natürlich ist ein Teil dieser Geschichte vielleicht auf den ungeheuren Erfolg seiner Hitsing-le „Midnight City“ zurückzuführen, die ihm letztes Jahr eine Vielzahl an neu-en Bewunderern bescherte und in allen Diskotheken rauf und runter gespielt wurde. Nichtsdestotrotz, M83 feierten an diesem Abend die Musik, das Licht, den Tanz. Der Song „Couleurs“ aus dem Album „Saturdays = Youth“ wurde zur Hymne des Abends. Es wurden ausge-dehnte Versionen sowohl am Anfang

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des Konzerts als auch noch einmal in der Zugabe dargeboten und versetzten die Zuschauer in eine Art Rausch. Die Band ließ sich treiben von den Klängen ihrer Soundmaschinen und der Light-show, die meiner Meinung nach ihres-gleichen erst noch finden muss. Alles schien zu verschwimmen im Traum des Dreampop, der Attitüde des Shoegaze und dem Wahnsinn der Elektronik. Es ist schwer, Gefühle zu beschreiben, die man in diesem Zustand in sich trägt, da man nicht nachdenkt. Man ist ein-fach da - befangen von Eindrücken auf so vielen Ebenen, dass man schon fast ins Chaos abzudriften scheint. Jedoch, kurz davor, knapp vor dem Abgrund, entdeckt der Zuhörer dann doch immer wieder die Ordnung der Dinge. Gonza-les gibt in seiner Oper den Dirigent, den Steuermann, der alles zusammenhält

und zu einem Ganzen formt. Er brauch-te nicht viele Worte zu sprechen an die-sem Abend, denn die Menschen schie-nen verzaubert. Nun blicken M83 schon auf eine lange Bandhistorie zurück und manch einer hätte sich in seiner Wunschplaylist des Abends gerne noch Hits wie „Kim & Jessie“ gewünscht, doch muss man schweren Herzens zugeben: Es hätte nicht reingepasst. Die Ordnung der Dinge war vorgegeben. Und mehr bleibt dazu nicht zu sagen. Couleurs.

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Allein seine Stimme ist schon so ungewöhnlich, dass sich Damien Jurado von seinen Singer/Song-

writer-Kollegen abhebt. Auf „Maraqo-pa“ zeigt er, wie man es auch machen kann: Die melancholischen Songs wer-den nicht von Akustikgitarrenakkorden

dominiert, sondern leben jeder durch einen ganz individuellen Sound - mal getragen, mal ein wenig psychedelisch und immer anspruchsvoll, nie belanglos. Nicht, dass wir uns hier falsch verste-hen, ich liebe Akustikgitarre, allein das

Damien Jurado - „Maraqopa“

gehört von Carolin Pröger

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reicht wahrscheinlich schon, damit ich Fan werde. Das ist einfach meine Mu-sik. Aber bei „Maraqopa“ war ich be-geistert, wie viel mehr es noch gibt, wie man es eben auch machen kann. Damien Jurados Stimme erinnert mich immer ein bisschen an die Hippie-Songs der 70er, ruft bei mir immer diesen leicht entrückten und verträumten Blick hervor und entführt mich in eine andere Welt. Ein wenig Urlaub vom Alltag. Und genau das unterstützt er auf diesem Album durch die Arrangements seiner Stücke und nicht zuletzt auch durch die Texte: „Free is all we are. Free is all we are.Everyone a Star. Everyone a star.“ Auf „Maraqopa“ wechseln sich ruhigere Stücke mit hoffnungsvollen, aufwändig arrangierte mit fast spontan anmuten-den ab. Damien Jurado schafft es nicht nur, nach mittlerweile 20 Jahren und 10

erschienenen Alben, immer wieder neu zu begeistern, ihm gelingt dies auch im kleineren Rahmen, auf einem Album. Jeder Song so besonders und so anders und doch ist das Album eine Einheit. Als ich das Album das allererste mal hör-te dachte ich, dass es anders ist, eben nicht belanglos, nicht egal, nicht wie alles andere. Ich wollte es direkt noch einmal hören. Und auch jetzt, nach-dem ich das Album schon bestimmt mindestens 6 mal gehört habe, möch-te ich es noch einmal hören, weil ich bisher jedes Mal etwas entdeckt habe und weiß, dass es auch beim 7. oder 8. Hören wieder so sein wird. Das ist eins dieser Alben, die man immer wieder hören kann und wenn man sie dann, nachdem man sie lange nicht gehört hat, wieder auflegt, freut man sich dar-über, dass man sie wieder entdeckt hat. www.damienjurado.com

Alben:1997 Waters Ave S.1999 Rehearsals for Depature 2000 Ghost of David 2002 I break Chairs [mit Gathered in Song] 2003 Where shall you take me? 2005 On my way to absence 2006 And now that I‘m in your Shadow 2008 Caught in the Trees 2010 Saint Bartlett 2011 Live at Landlocked (Live) 2012 Maraqopa

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Honig – Empty Orchestra

von Sascha Krokowski

Meine erste Begegnung mit der Musik von Honig liegt bereits rund vier Jahre zurück. Es war

die Zeit, in der ich zwar VISIONEN, aber kaum noch Geld hatte, weshalb ich An-fang 2008 auch unbedingt das Abo ei-nes großen Musikmagazins kündigen wollte. Leider war ich zwei Tage zu spät dran, das Abonnement verlängerte sich um ein Jahr, in dem ich aus Frust nur noch sporadisch in die Zeitschrift blickte. Wie das Schicksal es so woll-te, überflog ich irgendwann im Som-mer dann aber doch die Rubrik, in der

noch recht unbekannte Künstler vor-gestellt wurden. Dort las ich zum ers-ten Mal von Honig, bestellte mir ob der warmen Worte auch gleich das großar-tige Album „Treehouse“ und war vor al-len Dingen vom Übersong „Brand New Bike“ ganz hin und weg. Ein Lied zum Dahinschmelzen, mit seichter Akustik-gitarre, dezent pluckernden Beats und einem Kinderchor, der dem Sänger am Ende unter die Arme greift. Allen mei-nen Freunden spielte ich das Album und speziell „Brand New Bike“ vor, und auch sie waren (fast) alle restlos begeistert.

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In einer besseren Welt wäre Honig da-mit der Sommerhit 2008 gelungen, und nicht Marquess, Mark Medlock, Mon-rose oder Mika. Anders ausgedrückt: Hätte ich damals mehr Freunde ge-habt – die Welt wäre 2008 vermutlich eine bessere geworden. Aber Facebook steckte ja noch in den Kinderschuhen. Erst 2011 ließ Stefan Honig wieder ver-mehrt von sich hören: Seine Band Be-nevolent hatte der Düsseldorfer just mit einem Abschiedskonzert im Zakk zu Grabe getragen, die volle Konzentration

sollte nun endgültig auf das Soloprojekt gerichtet werden. Nach der bereits rüh-renden „Contraband“-EP liegt nun also endlich das zweite Album vor: „Emp-ty Orchestra“. Mit leiser Akustikgitar-re und seiner beruhigenden Stimme legt er im Opener „Sleep Driver“ los. Als nach etwa 100 Sekunden plötzlich Streicher, Trompeten, Schlagzeug und Hintergrundgesang einsetzen, schmilzt man endgültig dahin. Honig ist zwar nominell eine One-Man-Show, doch da der Kindergärtner in den vergangenen Jahren im Musikgeschäft viele Freunde

von Honig für Serendipity gezeichnet

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gemacht hat, wird er auf „Empty Or-chestra“ an allen Ecken und Enden un-terstützt. Genau diese Momente sind es, die aus einem guten ein heraus-ragendes Album machen: Das Schif-ferklavier in „For Those Lost At Sea“, die Handclaps in „This Old House“, die verträumte E-Gitarre in „In My Drun-ken Head“ oder aber die begleitende Frauenstimme und das Glockenspiel in „Song For Julie“, um nur ein paar Bei-spiele zu nennen. All dies macht „Empty Orchestra“ zu deutlich mehr als einem weiteren Singer/Songwriter-Album. Stefan Honig ist ein großartiges Zweit-werk gelungen, das sogar Erstling „Treehouse“ in den Schatten stellt.

Einen Übersong à la „Brand New Bike“ sucht man zwar vergeblich, doch den hat er auch gar nicht mehr nötig. Da ihn mittlerweile das Hamburger La-bel Grand Hotel van Cleef unter seine Booking-Fittiche genommen hat, darf Honig im Vorprogramm von kettcar, Tomte und dem musikalischen Seelen-verwandten Tim Neuhaus – der ihn auch im schwelgerischen „This Old House“ auf dem Album unterstützt – auftreten und sich seine Fans zusammensam-meln. Sein Album aber veröffentlicht er in Eigenregie. Erhältlich ist es daher nur auf Konzerten von Honig oder auf seiner Homepage www.honigsongs.de.

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Der März 2012

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Dirk Darmstaedters Me & Cassitiy live@Knust Hamburg

besucht von Silvia Maraun

Dirk Darmstaedter, welcher zu-letzt unter anderem mit sei-nem 2011er Solo-Album „The

wrong Boy“ und einer fabelhaften Platte mit Bob-Dylan-Songs namens „Dirk sings Dylan“ von sich reden machte, ist mit Me & Cassity zurück. Für Dirk Darmstaedter heißt es Heim-spiel an diesem Abend im Hamburger Knust, dem alten Schlachthof an der Feldstraße: Das Knust ist gefüllt mit sehr unterschiedlichen Menschen, die – wo doch die Hamburger quasi weltweit für ihre stocksteife Zurückhaltung und

Unterkühltheit bekannt sind – von An-fang an beschlossen haben, gemeinsa-me Sache zu machen. Unterkühltheit? Fehlanzeige. Wo bei anderen Künstlern skeptisch eine Augenbraue hochgezo-gen und leise „mutig“ gemurmelt wird, wenn gleich zu Beginn des Konzerts eine Publikumsaktion wie Mitklatschen, näher an die Bühne kommen oder gar SINGEN angefragt wird, ist das bei Me & Cassity ein Selbstgänger. Mitgemacht wird vom ersten bis zum letzten Song (übrigens der alte The Jeremy Days-Hit „Brand New Toy“, welcher in Ermange-lung eines eingeprobten Endes stilvoll

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ausgeblendet wird) und trotz der vie-len Menschen, die in diese mittelgroße Halle passen, hält sich die ganze Zeit über eine familiäre Atmosphäre: Dirk Darmstaedter wirkt nicht wie ein Mann, der seit Jahrzehnten auf den Bühnen der Welt unterwegs ist und dem man somit eine gewisse Routine unterstel-len könnte, sondern spielt für jeden Einzelnen der Anwesenden im Publi-kum, macht aus der „Masse Mensch“ im Raum eine Ansammlung von Freunden. Die Songs der aktuellen Me & Cassity-Platte „Appearances“ fügen sich ins Gesamtwerk ein, werden kleine Perlen

in einem Meer aus ruhigen und schnel-leren Stücken und lassen am Ende nur ein Fazit zu: Eigentlich ist es egal, un-ter welchem Namen Dirk Darmstaedter auf der Bühne steht, es ist stets eine Ehre, zu den Anwesenden zu gehören. www.dirkdarmstaedter.com www.meandcassity.com

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Herausgegeben von Silvia Maraun und Carolin Pröger. www.serendipity-magazin.de