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Uwe Rösler Seuchen- und Umwelthygienische Aspekte von Biogasanlagen Fachbereich Veterinärmedizin, Institut für Tier- und Umwelthygiene

Seuchen- und Umwelthygienische Aspekte von Biogasanlagen · ESP/ASP Hygienerisiken Klassische enteritische Zoonoseerreger Klassische Tierseuchenerreger . Institut für Tier- und Umwelthygiene

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Seite 2 Institut für Tier- und Umwelthygiene

für die Verwertung organischer Materialien

als Gärprodukte (e.g Methan) und Komposte

Biogasanlagen

Seite 3 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Abfallrechtliche

Regelungen

Hygienevorschriften für

Tierische

Nebenprodukte

Düngemittel-

rechtliche

Regelungen

KIRSCH, 2006

Rechtliches

für die Verwertung organischer Materialien

als Komposte und Gärprodukte

Seite 4 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Zuordnung

der Einsatzstoffe in Rechtsbereiche

Stoffe, ausschließlich

pflanzlichen Ursprungs

Stoff, mit Anteilen

tierischen Ursprungs

Stoff weist keine

Abfalleigenschaften auf

(NaWaRo)

Stoff weist Abfall-

eigenschaften auf Stoff unterliegt

der EG-VO 1069/2009

Stoff unterliegt nicht

der EG-VO 1069/2009

Düngemittelverordnung, Düngeverordnung

Richtlinie für Abfälle

Kreislaufwirtschafts-

Abfallgesetz (KrW/AbfG),

Bioabfallverordnung (BioAbfV)

EG-VO 1069/2009,

TierNebG,

TierNebV

mod. nach KIRSCH, 2006

Rechtliches

Institut für Tier- und Umwelthygiene

Human- und Tierpathogene

Pflanzen-Pathogene

Sonstige Umwelt-Risiken

• Bakterien

Tierpathogene Zoonoseerreger Multiresistente Erreger

• Pilze

• Viren?

• Parasiten?

• Bakterien

• Pilze

• Viren?

• Parasiten?

• Unkrautsamen?

• Chemische

Verbindungen mit Risikopotenzial Bakterielle

Toxine Mykotoxine Antibiotika und

andere Arzneistoffe

• Gerüche

• Allergisierende Stoffe

Seuchen- und Umwelthygienische Risiken

Erreger-assoziierte Hygienerisiken können durch geeignete Behandlungsverfahren minimiert werden!

Seite 7 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Vorkommen von Tierseuchen- und Krankheitserregern in Gülle und TNBs Erreger

Salmonella enterica Escherichia coli (ESBL) Yersinia enterocolitica Campylobacter spec. Clostridium spec. C. perfringens C. botulinum C. difficile Erysipelothrix rhusiopathiae Leptospira interrogans Listeria monocytogenes Staph. aureus (MRSA) Enterococcus spec. (VRE) Brucella spp. MKS ESP/ASP

Hygienerisiken

Klassische enteritische Zoonoseerreger

Klassische Tierseuchenerreger

Seite 8 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Hygienerisiken

Seite 9 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Hygienerisiken

Inaktivierungskinetik bakterieller, viraler und parasitärer Erreger abhängig von Art (Betriebstemperatur) der Anlage

Mesophile Anlagen Termophile Anlagen ≠

32 – 38°C 42 – 55°C

Seite 10 Institut für Tier- und Umwelthygiene

D-Wert = Dezimalreduktionszeit

Mesophile A. Thermophile A. EHEC 78,48 0,08

Salmonella Senftenberg 56,40 0,11

Enterococcus faecalis 186,24 1,70

D-Werte (in h) von Bakterien in Co-Fermentationsanlagen

(BÖHM et al., 2000)

Inaktivierungszeiten in Biogasanlagen

Seite 11 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Temperatur 55 °C Parvovirus (Schwein) ca. 6 h MKS-Virus ca. 12 min ESP ca. 12 min AK ca. 6 min ASP ca. 12 min

Inaktivierungszeiten in Biogasanlagen

D-Werte (in h) von Viren in Co-Fermentationsanlagen (BÖHM et al., 2000)

Seite 12 Institut für Tier- und Umwelthygiene

TCS 3

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

03

711

1519

2327

3135

Exposure time (hours)

Reduction of different test germs in a thermophilic biogas plant (cattle slurry, 54,5°C; FKS: Fecal streptococci; BPV: Bovine Parvovirus; S. senft.:

Salmonella senftenberg; ERV: Equine Rhinovirus; ECBO: Bovine Enterovirus)

Temp. 54,5

log

10

PF

U/m

l o

r lo

g1

0

TC

ID5

0/g

erm

ca

rrie

r

BPVFKS enr.

FKS native

S. senft.

ERV

ECBO

Inaktivierungszeiten in Biogasanlagen

(BÖHM et al., 2000)

Seite 13 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Tenazität von Salmonella senftenberg und Coliphagen in einer Praxisanlage bei Temperaturen zwischen 45-49 °C für 24 h;

Ausgangskonzentration der Salmonellen 3,3 x 108 KBE/g Gülle Coliphagen 1,3 x 108 pro g Gülle

(ADE-KAPPELMANN, 2004)

Salmonellen qualitativ quantitativ Coliphagen 24h qualitativ quantitativ

1a - n.n 1a + 5,0x103

1b - n.n 1b + 3,3x104 2a - n.n 2a + 1,8x104 2b - n.n 2b + 1,8x105 3a - n.n Coliphagen 48 h 3b - n.n 1a + 5,2x103 4a + 0,36x100 1b + 1,3x103 4b - n.n 2a + 1,5x103 5a + 2,3x100 2b + 8,0x103 5b - n.n n.d n.d n.d

Inaktivierungszeiten in Biogasanlagen

Seite 14 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Tenazität von Kryptosporidien (Meyer, 2002)

Mesophile Biogasanlage (38-43 °C)

= keine Abtötung der Kryptosporidien innerhalb von 24 Stunden

Thermophile Biogasanlage (55 °C) = fast vollständige Abtötung innerhalb 24 Stunden vollständige Abtötung innerhalb 48 Stunden

Inaktivierungszeiten in Biogasanlagen

Seite 15 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Risikominimierung

Co-Fermentationsanlagen (mit Speiseabfällen/Nebenprodukten)

(Anhang 2 der BioAbfV)

Mesophile Anlagen:

• Vorbehandlung der Bioabfälle eine Stunde bei 70°C, oder

• Nachbehandlung der Gärrückstände für eine Stunde bei 70°C, oder

• Kompostierung (aerobe Nachrotte) der festen Gärrückstände

Thermophile Anlagen:

• 55°C über einen zusammenhängenden Zeitraum von 24 Stunden sowie eine Verweilzeit im Reaktor von mindestens 20 Tagen, sonst

• Nachbehandlung der festen Gärrückstände für eine Stunde bei 70°C.

Seite 16 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Risikominimierung

Diese Maßgaben nach BioAbfV gelten jedoch nicht für Wirtschaftsdünger (Gülle und Festmist) in landwirtschaftlichen Kofermentationsanlagen!

Aber auch hier Empfehlung:

• Vorbehandlung der Bioabfälle eine Stunde bei 70°C, oder

• Nachbehandlung der festen Gärrückstände für eine Stunde bei 70°C, oder

• Kompostierung (aerobe Nachrotte) der festen Gärrückstände

Seite 17 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Wie effektiv ist die Nachbehandlung?

Drca, 2007

Inaktivierung von verschiedenen Testbakterien während der Erhitzung des Materials im Hygienisierungsbehälter

Seite 18 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Wie effektiv ist die Nachbehandlung?

Inaktivierung von verschiedenen Testviren während der Erhitzung des Materials im Hygienisierungsbehälter

Drca, 2007

Seite 19 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Wie effektiv ist die Nachbehandlung?

Clostridien?

Bagge, 2009

Nachweis von C. chauvoei

Bacillus spec.?

Bekanntermaßen deutlich höhere Temperaturresistenz aber keine Vermehrung …..

Institut für Tier- und Umwelthygiene

Mit der Validierung des geplanten Verfahrens muss nachgewiesen werden, dass das Verfahren folgende Gesamtrisikominderungen erreicht: bei thermischen und chemischen Verfahren durch: Verminderung von 5 log10 von Enterococcus faecalis oder Salmonella Senftenberg (DSM775W, H2S negativ),

Verminderung des Infektiositätstiters von thermoresistenten Viren, wie z.B.

Parvovirus um mindestens 3 log10

Verfahrensprüfung TNP

Prüfkörper zur Validierung von

Biogas- und Kompostieranlagen

Nach VO (EG) Nr. 208/2006

Institut für Tier- und Umwelthygiene

„Rest-Risiko?!“

Umwelthygienische Fragen: • Was geschieht mit Arzneimitteln und Antibiotika?

• Resistenzinduktion • Abbau

(Seuchen-) Hygienische Fragen:

• Clostridien-/Botulismus-Problem

• Was geschieht im Tierseuchenfall? • Keine ausreichende Inaktivierung zu gewährleisten

• Mögliches alternatives/komplimentäres Verfahren zur Dungpackung und Gülle-Desinfektion

Institut für Tier- und Umwelthygiene

Desinfektion von Biogasanlagen im

Tierseuchenfall

Umwelthygienische Fragen: • Was geschieht mit Arzneimitteln und Antibiotika?

• Resistenzinduktion • Abbau

(Seuchen-) Hygienische Fragen:

• Clostridien-/Botulismus-Problem

• Was geschieht im Tierseuchenfall? • Keine ausreichende Inaktivierung zu gewährleisten

• Mögliches alternatives/komplimentäres Verfahren zur Dungpackung und Gülle-Desinfektion

Seite 23 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Gärreste (Festmist, Streu, Futterreste):

Düngerpackung unter Zusatz eines geeigneten Desinfektionsmittels

– idR Branntkalk in einem Verhältnis von 100 kg auf 1 m³ Mist, gründlich und

gleichmäßig vermischt und durchfeuchtet

– Folienabdeckung

– Lagerzeit mindestens 5 Wochen

– danach sofort unterpflügen oder mindestens 10 Wochen zu lagern.

Desinfektion von Biogasanlagen im

Tierseuchenfall gemäß Desinfektions-RL (BMEL)

Seite 24 Institut für Tier- und Umwelthygiene

Biotechnische Verfahren unter Nutzung der Biogasanlage: a) die aerob-thermophile Güllebehandlung mesophile Biogasanlagen

bei diesem Verfahren wird Luft in die Gülle eingebracht und damit ein Teilabbau organischer Substanzen durch Oxydationsprozesse bei gleichzeitiger Wärmegewinnung erreicht;

b) die anaerobe, alkalische, thermophile Güllefaulung thermophile Biogasanlagen mit 55°C; Zeiten nicht festgelegt. Aber Haltezeit von 1 Tag (Batch-Verfahren) bei 55°C empfehlenswert plus 20 Tage

Gesamtverweilzeit.

c) die Güllepasteurisierung bei allen Anlagentypen mgl.

Richtlinie des BMELV über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion bei

anzeigepflichtigen Tierseuchen

Seite 25 Institut für Tier- und Umwelthygiene

d) chemische Desinfektion mesophilen Biogasanlagen

- 40 %-ige Kalkmilch (60 kg/m3), Kalkstickstoff (20 kg/m3) Empfehlung

- Formalin (15 kg/m3), - 50%-ige Natronlauge (30 l/m3) - 15%-ige Peressigsäure (30 l/m3) Schaumbildung!

Richtlinie des BMELV über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion bei

anzeigepflichtigen Tierseuchen

Seite 26 Institut für Tier- und Umwelthygiene

e) Langzeitlagerung

Sie kann nach der Richtlinie des BMELV zur Anwendung kommen, wenn eine Desinfektion nicht durchführbar ist und diese Möglichkeit bei den Anweisungen für die einzelnen Tierseuchen ausdrücklich erwähnt wird, dies ist der Fall bei der

- Ansteckenden Schweinelähmung, - AK, - MKS, - Vesikulären Schweinekrankheit,

ohne dass die Lagerungsdauer festgelegt wird, bei der

- ASP/KSP mit einer Lagerungsdauer im Sommerhalbjahr von zwei und im Winterhalbjahr von drei Monaten.

Richtlinie des BMELV über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion bei

anzeigepflichtigen Tierseuchen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!