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22 FIRMEN IM FOKUS Sieghard Fischereder, Wigtec Fischereder GbR „Ich sehe ein Unternehmen nicht nur im materiellen Sinne, sondern auch als Entwicklungsmöglichkeit in einem definierten Raum.“

Sieghard Fischereder, Wigtec Fischereder GbR · leiten, ohne an der Schweinaht zu erhitzen. Aufgrund unserer Kompe-tenzen konnten wir bei vielen For-schungsvorhaben unser Know-how

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    FIRMEN IM FOKUS

    Sieghard Fischereder, Wigtec Fischereder GbR„Ich sehe ein Unternehmen nicht nur im materiellen Sinne, sondern auch

    als Entwicklungsmöglichkeit in einem defi nierten Raum.“

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    Haben wir beim Gedanken an den Physikunterricht und die Zahl 10-6 mbar irgendeine Erinnerung?

    Wozu braucht man diese Zahl und was bewirkt dieser Druck? Für Sieghard Fischereder, Inhaber von

    Wigtec, ist diese Zahl Teil des Tagesgeschäfts, man kann fast sagen, er ist mit dieser Zahl (unterneh-

    merisch) groß geworden. Seine Firma ist auf die Entwicklung und den Bau von Hochvakuum-Löt-

    öfen, den Sonder-Anlagenbau sowie auf Präzisionsteile spezialisiert und dabei ist diese Druckangabe

    mit den vielen Nullen hinter dem Komma ein entscheidender Faktor.

    „Wer Single-Source-Anlagen baut,

    muss an alles denken“

    Der Hochvakuumofen – die wesentliche Komponente im Firmenkonzept von Wigtec

    Man kann Sieghard Fischereder durchaus als Chamäleon bezeichnen, nicht was seine Erscheinung angeht – aber sein Berufsleben zeigt sich doch äußerst facettenreich. Angetrieben wird der Forscher und Entwickler ständig davon, das Optimum zu er-reichen. „Wenn ich eine Anlage baue, beginne ich mit den Fragen: `Ist das Ziel mit vorhandenem Wissen, realis-tischen Kosten und verfügbaren Mate-rialien realisierbar? Welches Ergebnis will mein Kunde erzielen und ist es adäquat zu seinen Bedürfnissen?` Wir adaptieren nicht eine Maschine, die wir im Portfolio haben, sondern schaf-fen eine maßgeschneiderte Lösung, die in den Workfl ow passt.“

    Bei Hochvakuum-Öfen zum Löten, vor allem von PKD, CBN und pCBN, bedeutet dies: Die Vakuum-Lötanlage muss jederzeit ein stabiles Vakuum im Bereich 10-5 bis -6mbar liefern. Va-kuum ist letztlich die Reduktion der Gasteilchen gegen Null in einem defi -nierten Raum, um es einfach zu sagen. Bei 10-6mbar gerät Fischereder rich-tig ins Schwärmen. Die hochgestellte Zahl hinter der 10 bemisst den Grad der Unreinheit. Mehr als zwanzig Jahre Berufserfahrung und Entwick-

    lungsarbeit liegen hinter ihm und so-mit sind wir schon mittendrin in der spannenden Wigtec-Unternehmens-geschichte: Das „Vorwissen“ für den Hochvakuum-Lötofen hat Fischereder, der gelernter Betriebsschlosser ist und die Lehre mit dem Bayerischen Staats-preis abgeschlossen hat, in ganz un-terschiedlichen Bereichen gesammelt und dazu merkt er an: „Meine Aufgabe

    _________von Tilo Michal

    war es schon oft, Theorie in die Praxis zu bringen. Wissenschaftliche Arbei-ten sowie Hochschul-Studien dienen mir heute oft als Wissensquelle und Impulsgeber. Ich abstrahiere die be-nötigten Aspekte und setze sie dann technisch im Maschinenbau ganz kon-kret um.“

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    FIRMEN IM FOKUS

    WACHSTUMSMOTOR LICHT

    In die Hightech-Selbständigkeit starte-te Fischereder mit Gloveboxen für das Unternehmen M. Braun. Dies brachte ihn dann mit dem Thema „Licht“ in Berührung: Die Beteiligung an der Entwicklung und Fertigung der ext-rem ultra violetten Lichtquellen (EUV) von Philips sorgte bei Wigtec für einen enormen Schub, die Firma erwarb in diesem Zusammenhang aber auch ver-tiefte Kenntnisse beispielsweise beim Schweißen von Titan oder bei Fragen zum Verzug der Bauteile. Licht blieb ein steter Begleiter der Entwicklung: Xenonlicht und Beamerlampen waren nach der Jahrtausendwende hoch in-novative Lampen-Typen, gefolgt von LED und OLED Lichtquellen. Ab 2006 hat Wigtec mit den großen Namen der Branche zusammengearbeitet.

    EINSTIEG INS VAKUUM

    „Mit Vakuumöfen hat Wigtec schon 2002 erste Berührungspunkte“, erin-nert sich Fischereder. „Mit Kryopum-pen ging es dann in die Richtung von Temperaturen weit unter dem Gefrier-punkt. Und das Vakuum spielte dann bei Wigtec weiter eine Rolle: Bei ei-nem Verfahren für die Lebensmittel-branche wird in PET-Flaschen durch das Zünden von Plasma eine dünne amorphe Schicht erzeugt. Dadurch werden diese Flaschen gasdicht und säurebeständig.

    In der Medizintechnik ist Wigtec Zu-lieferer von Vakuumkammern für die Beschichtung von Herzschrittma-chern. „Spannend war die Entwick-lung von Drehdurchführungen für medizinische CT- und MRT-Geräte unseres Kunden. So müssen die Leis-tungsbahnen sehr hohe Stromstärken leiten, ohne an der Schweißnaht zu erhitzen. Aufgrund unserer Kompe-tenzen konnten wir bei vielen For-schungsvorhaben unser „Know-how kalibrieren“ – denn es war und ist im-mer spannend mit Universitären Insti-tuten zusammenzuarbeiten“, berichtet Fischereder. Die Kette der berufl ichen Stationen ist länger aber wir wollen hier nicht überall „hängen“ bleiben und Chamäleon ist Fischereder doch: Nach der Mittleren Reife machte er zunächst eine Schlosserlehre, führte mit seinem Bruder einen GaLa-Bau in Oberbayern, kam auf diesem Weg immer mehr mit der Metallbearbei-tung in Berührung, was dann im Jahr 2000 in Wigtec mündete. „Es war je-

    weils notwendig, sich mit Geduld und Konzentration voll auf die Aufgabe zu fokussieren, von daher waren all diese Erfahrungen auch eine optimale Vor-bereitung auf den Maschinenbau.“

    ANTREIBER HOCHVAKUUMOFEN

    Seit fünf Jahren steht der Hochvaku-umofen und damit der Lötprozess mit Aktivloten im Mittelpunkt der Arbeit. Bestimmte zunächst die Entwicklung und Verbesserung der Anlage (Hard-ware) die Agenda, so rückte Mitte 2014 der Zyklusverlauf und seit 2016 das Lot immer mehr in den Fokus. Hier erfuhr das Unternehmen tatkräf-tige Hilfe durch einen renommierten Schweizer Fachmann. „Da wir für die Versuche für Kunden einen Ofen bei uns im Haus benötigen, steht dieser auch für unsere internen Entwicklun-gen und Versuche zur Verfügung. Dass wir außer unserem Versuchsofen ak-tuell elf Maschinen im Feld haben, ist dem Erkenntnisgewinn extrem zuträg-lich. Die sehr vertrauensvolle Zusam-menarbeit mit unseren Kunden und unserem Vertriebspartner Ceratonia ermöglicht uns auf der einen Seite, die Entwicklungen unserer Kunden zu wahren und auf der anderen Seite, das generelle Niveau anzuheben - was dann wieder unseren Kunden zugute kommt.“ Aktuell plant Wigtec die Fer-tigung eines voluminöseren Modells des Hochvakuum-Ofens, um auch grö-ßere Werkzeuge fertigen zu können. „Bei der Fertigung von Wendeschneid-platten bietet bereits unser aktuelles

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    System Platz für bis zu 800 Stück. Der Ofen verfügt über ausreichende Re-serven, um an Neuerungen angepasst zu werden - schließlich sind wir ein forschendes Unternehmen. Anderer-seits ist nicht jede mögliche Änderung für jeden Kunden nötig.“ Bei einem Hochvakuum-Lötofen sind ihm vie-le kleine Details wichtig, die in der Summe zu einer hohen Performance führen: eine großzügige Kammer, die Möglichkeit einer hohen Einzelchar-ge, Online-Fernzugriff sowie allseiti-ger Zugang zur Lotcharge. „Intensiv haben wir uns auch mit dem Feld der Aufheizphase beschäftigt, um thermi-sche Schocks zu vermeiden und so Mikrorissen im Material vorzubeugen. Die Möglichkeit von Scherproben und Probelötungen, die freie Wahlmöglich-keit der Diamanttypen- und Lotsorte sowie die hohe Applikationsmöglich-keit der Anlage sollen den Kunden ein Höchstmaß an Investitionssicherheit garantieren“, berichtet Fischereder. Wir versuchen den individuellen An-forderungen unserer Kunden an unser Produkt mit hohem Antrieb gerecht zu werden und nicht nur den noch zu-lässigen Minimalanforderungen. Wir garantieren die langfristigen Vorteile eines Qualitätsprodukts.

    RAUS AUS DER ENTWICKLERNISCHE

    Seit 2013 „laufen“ WTH 200-Lötauto-maten in vier Ländern. „Das positive Feedback unserer Kunden und die einhundertprozentige Zuverlässigkeit

    sind für uns Motivation den einge-schlagenen Weg weiter zu gehen. Die Firma, die auf 100 Quadratmetern und mit 40.000 Mark Startkapital begann, hat expandiert, den Standort gewech-selt und ist auf 1.400 Quadratmeter gewachsen, bietet neun Hightech-Ar-beitsplätze mit null Fluktuation, „Ich bin kein Mensch, der hierarchisch denkt, dazu bin ich als Entwickler viel zu lösungsorientiert und lege großen Wert auf Eigeninitiative, Verantwor-tung und das Mitdenken meiner Mit-arbeiter. Sie dürfen Wigtec als ihre Firma verstehen. Wir wollen gemein-sam weiter wachsen. Ich sehe uns auf dem Sprung raus aus der Entwickler-nische ins Rampenlicht des Hightech-Marktes.“ Und ja, auf die Frage, ob er denn so gar nicht irgendwann ans Herunterfahren denkt, berichtet er, da würde er sich sehr unruhig fühlen, zu groß ist der Ansporn, Probleme lösen zu wollen. Was er aber einräumt, ist, dass er heute das Tempo der Gründer-zeit mit damals bis zu 15 Arbeitsstun-den am Tag nicht mehr gehen möchte. „Die geplante Kleinserienfertigung ist nun ein Schritt für mich hin zu einer Art Normalisierung.“ Damit bleibt dann etwas Raum für eine große, fast nicht mehr gepfl egte Leidenschaft: das Bergsteigen! Und irgendwie drängt sich dabei der Gedanke auf: „Hütten-wirt oder staatlich geprüfter Bergfüh-rer sind zwei Berufe, die Fischereder tatsächlich noch nicht ausgeübt hat… Aber zunächst fokussiert er sich erst einmal wieder 200 Prozent auf Wigtec.

    • Weiter zum Interview

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    FIRMEN IM FOKUS

    Ein Schlaglicht auf das „Hochvakuumlöten“

    Sechs Fragen an Sieghard Fischereder

    DIAMOND BUSINESS: Es steht im-

    mer wieder der Wunsch nach schnel-

    leren Prozesszyklen im Raum…

    Sieghard Fischereder: Das war bisher nach dem Verkauf eines Vakuumlöt-ofens vom Typ WTH 200 aber kein Thema mehr. Eine Verkürzung der Zykluszeiten sehe ich skeptisch und halte es auch für eine eher akademi-sche Frage. Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn eine Supply Chain von mehreren Millionen Euro wegen ein paar Minuten Zeitersparnis einem Risiko auszusetzen. Trotzdem konn-ten wir auf unserem Versuchsofen bereits vor mehreren Jahren zeigen, dass ein schnelleres Abkühlen mög-

    lich ist. Eine Zykluszeit von rund 200 Minuten für eine PKD-Lötung konnte ich letzten Monat sogar nachweisen. Aufgrund unserer Produktphilosophie wäre es selbstverständlich auch mög-lich, unsere bereits verkauften Öfen mit diesem System nachzurüsten.

    Wie bewerten Sie die konkurrie-

    renden Lötverfahren „induktive Lö-

    sung“ versus „Vakuumlötung“?

    Grundsätzlich ist die Vakuumlötung einer Induktiven Lötung nicht nur Dank des Vakuums überlegen. Unsere Kunden berichteten auch über die Ver-

    besserung der Lötqualität (Scherfestig-keit). Insgesamt sehe ich den Vorteil unseres Systems in einem Zusammen-spiel von vielen Faktoren: Fehlerfreie Lötnaht an den Kontaktflächen, kein Flussmittel, keine thermische Schä-digung des PKD, stressfreieres Arbei-ten beim Beloten, mehrere Schneiden werden in einem Lötvorgang fertigge-stellt. Man kann eine geringere Nei-gung zur Mikrorissbildung des PKD und des Hartmetalls feststellen und hat eine stabile Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Wirtschaftlich zwin-gend ist kein Trocknen nötig, der Löt-prozess erfolgt im Mannlos-Betrieb, der Platzbedarf ist gering.

    Nicht nur beim Bergsteigen und auf Exkursionen

    ist Uta Fischereder mit von der Partie: sie ist auch

    eine feste Größe im Unternehmen

    FIRMEN-INFORMATION

    Wigtec Fischereder GbRGegründet: 2000

    Schossbergstraße 2465201 WiesbadenTel.: (+49) (0)[email protected]

    Vertriebspartner:

    Ceratonia GmbH & Co. KGAn der Lohwiese 2997500 Ebelsbach

    Tel: (+49) (0)[email protected]

    Mitarbeiter: 7Exportanteil: derzeit in vier europäischen Ländern präsent

    Produktportfolio: • Hochvakuumlötöfen • Präzisons- und Sonderbauteile• Sonderwerkzeuge• Anlagenbau

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    Ihr starker Partner

    für Schleifoele!

    Human-Technologyfür Mensch, Naturund Maschine

    Unsere Produkte stehen für:

    Bearbeitung

    Geringeren

    www.oelheld.de

    PKD reagiert bei Temperaturen über

    700 Grad sensibel?

    Der PKD-Schneidstoff auf Hartmetall wird bei der Lötung zwar thermisch höher belastet, dies führt jedoch bei unserem hohen Vakuum zu keiner Schädigung. Aussagen, dass man auch im Vakuum PKD nicht über 710 Grad Celsius erhitzen soll, können wir für unser System nicht bestätigen. Unsere aktuelle Erkenntnis ist, dass bei einer Belastung des PKD durch eine zu ra-sche Abkühlung mit Mikrorissen zu rechnen ist. Begründet wird diese Ein-schätzung durch die unterschiedliche Wärmeausdehnung von Diamant und Hartmetall.

    Ähnlich wie beim Vakuum und der Sauberkeit gibt es bei der Fehlerfrei-heit im Materialgefüge kein Absolut, das heißt auch im homogensten Ge-füge wird man Fehler entdecken kön-nen. Bei einer zu raschen Abkühlung kommt es aufgrund der schnellen je-doch unterschiedlichen Längenände-rung zu Spannungen im Material. Da diese Spannungen bei Gefügefehlern nicht vom Werkstoff aufgenommen werden, kann es zu Mikrorissen füh-ren. Diese Mikrorisse spielen bei der Standzeit der Werkzeuge eine große Rolle.

    Beim Aufheizen hat der Faktor Zeit ebenfalls eine nicht zu unterschätzen-de Funktion. Sei es um die Position der Platten auf dem Werkzeug nicht zu verschieben, ein Verschleppen der Lösemittel zu vermeiden und dem Binder Zeit zum Ausdiffundieren zu geben.

    Die Prozesszeit sehen Sie also nicht

    als ausschlaggebende Komponente?

    Die Verkürzung der Zykluszeiten bringt mehr neue Aufgaben als Vortei-le mit sich. Generell verschließen wir uns aber keinen Kundenwünschen oder technischen Anforderungen, al-lerdings möchten wir unsere Kunden immer bedarfsgerecht beraten.

    Welche Strategien verfolgen Sie ge-

    genüber dem Mitbewerber?

    Qualitativ sollen unsere Anlagen der Normal-Situation einer Singelsour-ce, die nicht ausfallen darf, gerecht werden. Innovativ werden wir in den kommenden Jahren neue Möglich-keiten vorstellen. Prozesstechnisch möchten wir unsere Kunden optimal unterstützen. Unser Ziel ist es, dass sich unsere Kunden am Markt durch den Einsatz unseres Ofens einen Vor-teil verschaffen können.

    Welchen Nutzen hat Ihr Kunde, wenn

    er Ihre Produkte zum Einsatz bringt?

    Sicher und jederzeit reproduzierbare Prozesse sowie hohe Flexibilität: der Ofen ist für die unterschiedlichsten Anwendungen geeignet. So können beispielsweise Wendeschneidplatten, rotierende Werkzeuge, Abrichtschei-ben mit Silber-, Bronze- oder Nickel-basisloten gelötet werden.