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Simulation von Personenströmen: Die Erfahrung sagt ja, die Norm nein – was tun? Hamburg, den 01.03.2018 Unfallkasse Nord © Andreas Mestka

Simulation von Personenströmen: Die Erfahrung sagt

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Simulation von Personenströmen: Die Erfahrung sagt ja, die Norm nein –was tun?

Hamburg, den 01.03.2018Unfallkasse Nord

© Andreas Mestka

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Über uns

› 2014 aus der Technischen

Universität München ausgegründet

› Personenstromsimulationen als

Dienstleistung oder als Software

Produkt

› Auszug Referenzen

› Oktoberfest München

› Humboldt Forum im Berliner

Schloss

› DB Netz AG

› FIFA World Football Museum

2014

2015

2016

2017

2018

Wo viele Menschen auf einem Raum zusammenkommen, kommt es immer wieder zu Katastrophen

Beispiele:

› 1989: Hillsborough Stadium UK, 97 Tote

› 2010: Loveparade Duisburg, 21 Tote

› 2015: Mekka, Saudi-Arabien, 2411 Tote

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Warum?

› Die Dynamik von großen Menschenmengen ist hochkomplex.

› Es ist schwer, Konsequenzen von kritischen Entscheidungen abzusehen.

› Planungsfehler, die im Vorfeld geschehen.

› Menschen verteilen sich nicht gleichmäßig auf einer Veranstaltung – hohe Dichten können entstehen.

Die Dynamik und Individualität der Menschen ist

schwer greifbar.

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Ein Blick auf die MVStättVO

© Andreas Mestka5

MVStättVO (2009): Machen alle Regeln Sinn?

Die in Abs. 4 geregelte Mindestbreite von 1,20 m

basiert auf der Überlegung, dass für eine Person

(in der Regel) eine Durchgangsbreite von 0,60 m

erforderlich ist und dass jeweils zwei Personen

ohne gegenseitige Behinderung einen

Rettungsweg nebeneinander nutzen können. [...]

Durch eine Türöffnung in der Breite des

Ausgangsmoduls von 1,20 m können also jeweils

zwei Personen gleichzeitig den Raum verlassen;

[…] Da durch eine Tür von 0,80 m, 0,90 m oder 1

m Breite jeweils nur eine Person gehen kann,

ändert sich diese Räumungszeit dafür nicht. Erst

bei einer Verdoppelung auf zwei Module à 0,60

m verdoppelt sich auch die Durchgangskapazität.

[…]

Aus: Seyfried, A.; Passon, O.; Steffen, B.; Boltes, M.; Rupprecht, T. & Klingsch, W., New Insights into Pedestrian Flow Through Bottlenecks, Transportation science, INFORMS, 2009, 43, 395 - 406

Aus: Erläuterung zur Verordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Versammlungsstättenverordnung - VStättV) - Fassung April 2009

vs.

VStättVo

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Das Thema Räumung in der MVStättVO (2014)

§7 Abs. 4:

Die lichte Mindestbreite eines jeden Teils von Rettungswegen muss 1,20 m betragen.

§7 Abs. 1:1Die Entfernung von jedem Besucherplatz bis zum nächsten Ausgang aus dem Versammlungsraum oder darf

nicht länger als 30 m sein. 2Bei mehr als 5 m lichter Höhe ist je 2,5 m zusätzlicher lichter Höhe über der für

Besucher zugänglichen Ebene für diesen Bereich eine Verlängerung der Entfernung um 5 m zulässig. 3Die

Entfernung von 60 m bis zum nächsten Ausgang darf nicht überschritten werden.

§42 Räumungskonzept

Abs. 1 (2)

[…] die Maßnahmen, die im Gefahrenfall für eine schnelle und geordnete Räumung der gesamten Ver-

sammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit

Behinderungen erforderlich sind, festzulegen[…]

Begründungsschreiben zur neuesten MVStättVO (§42, Abs.1, S.3):

„[…]Hierfür kann bei komplexen Versammlungsstätten eine Evakuierungssimulation notwendig werden.[…]“

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Normen müssen um den Faktor Mensch ergänzt werden

Aber auch der Faktor Mensch muss mit

einbezogen werden. Was ist mit…

› … Reaktionszeiten?

› … Einordnen vor Engstellen?

› … Staus, die sich dynamisch über die

Zeit entwickeln und wieder auflösen?

› … psychologischen Aspekten der

Besucher?

› … Ortskenntnis von Besuchern?

› … ungleichmäßige Füllgrade

unterschiedlicher Bereiche?

Simulationen unterstützen, den Faktor Mensch zu integrieren!

Normen bieten die Grundlage:

› MBO (Musterbauordnung) sowie MVStättVo (Musterversammlungs-stättenverordnung) als deskriptiveVorlage

› Statische Beschreibung von Flucht- und Rettungsweglängen sowie –breiten

› Keine Vorgaben von Entfluchtungs-oder Räumungszeiten

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9

Aktuelle Entwicklungen zum Thema Räumungssimulation: DIN 18009 –Teil 2

D

• RiMEA• DIN SPEC 91284• Leitfaden

Ingenieurmethoden

International

• ISO/TR 13387-4 / 16738• BSI PD 7974-6 (Britisch)• CFPA-E Guideline No. 19

Grundlagen Vorgehensweise

DIN-Norm 18009 – Teil 2: Räumungssimulation

• Aufbauend auf DIN 18009 – Teil I

• anwendbar auf schutzziel- und leistungsorientierte Beurteilung der Personensicherheit

• Gelbdruck in 2018

Definition von maßgeblichen Szenarien

• Leistungsbezogener Nachweis: bauordnungsrechtliche Schutzziele aufführen, mögliche Abweichungen benennen, Leistungskriterien definieren

-> maßgebliche Szenarien simulieren

Ziel

Anforderungen erfüllt?

Vorgehen und Aufbau der DIN Norm 18009-2 (Arbeitsstand)

Beurteilungs-grundlagen

Berechnung

Auswertung

Interpretation

Anlass / Fragestellung

Dokumentation

Ggf. Umplanung / Maßnahmen

aus: Arbeitsdokument_17-06-11.pdf, Arbeitsstand DIN 18009-2 vom 11.06.17

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Zusammensetzung der Räumungszeit als Zielgröße

aus: Arbeitsdokument_17-06-11.pdf, Arbeitsstand DIN 18009-2 vom 11.06.17

Warum helfen Simulationen?

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© accu:rate GmbH

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Abstimmen von Abläufen

Wo und wie lange bilden sich

Schlangen?Wann ist die

Kapazitätsgrenzeerreicht?

© accu:rate GmbH

Personenstromsimulation unterstützen, weil sie

› den Faktor Mensch in den Mittelpunkt stellen,

› die Dynamik von Menschen greifbar machen,

› einen umfassenden Blick auf das zu

betrachtende Szenario inkl. Wechselwir-

kungen werfen,

› nichts übersehen.

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© accu:rate GmbH

© accu:rate GmbH

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Sie unterstützen in unterschiedlichsten Anwendungsgebieten

Stadien

Infrastrukturelle Bauwerke

Denkmalgeschützte Gebäude

Veranstaltungen/ Versammlungsstätten

Nachweis für Räumungskonzepte

Überprüfen und Abstimmen von Abläufen

Kompensation / Äquivalenznachweis bei Nichteinhaltung von Normen

Virtuelles Testen von „Was-wäre-Wenn“-Szenarien

Evaluieren von Kapazitätsgrenzen

Bauplanung / Brandschutz

Sonderbauten

Betrieb / Facility Management

Die Zutaten für eine Simulation

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Simulation

Analyse

Requirements Engineering

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GeometrieFragestellung Population

?

Simulationsbeispiel - Überblick

› Veranstaltung auf der Innenfläche eines

Eishockeystadions

› Besucher: 5076

› Vorhandene Ausgänge: 6, davon 5 zugänglich

› Fragestellung:

› Wie lange dauert die Entfluchtung, wenn alle

Ausgänge passierbar sind?

› Um wieviel verlängert sich die Entfluchtungszeit,

wenn ein Ausgang blockiert ist?

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© Manuel Huber

Simulation der Räumung

Veranstaltungs-fläche

Bühne

CAD-Plan

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Simulation der Räumung

Räumungsbereiche festlegen

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Simulation der Räumung

Besucherverteilung festlegen

1020 P

1020 P

1196 P 920 P

920 P

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Simulation der Räumung

Sichere Bereiche und Fluchtrichtungenfestlegen

Sicherer Bereich

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Fluchtweg blockiert

Simulation der Räumung

Szenarien definieren

Sicherer Bereich

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Simulation der Räumung

Alle verfügbaren Fluchtwege begehbar Ein Fluchtweg blockiert

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D1D3

D4

D5

D6

Simulation der Räumung

Alle verfügbaren Fluchtwege begehbar Ein Fluchtweg blockiert

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Simulation der Räumung

Alle verfügbaren Fluchtwege begehbar Ein Fluchtweg blockiert

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Wie funktionieren Simulationen?

© accu:rate GmbH

Strategieebene

Navigationsebene

Lokomotionsebene

Verhaltensebene

Computergestützte Simulationsmodelle müssen unterschiedliche Wahrnehmungsebenen abbilden

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Beispiele für unterschiedliche Ergebnisausprägungen abhängig vom gewählten Modell

Diskrete Geometrie

› Bewegungsrichtung eingeschränkt

› Artefakte bei engen Gängen

Kontinuierliche Geometrie

› Keine Einschränkung der Bewegungsrichtung

› Der Schritt wird nachgeahmt

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Beispiele für unterschiedliche Ergebnisausprägungen abhängig vom gewählten Modell

Statisches Potentialfeld: Personen steuern alle auf die selbe Ecke hin

Dynamisches Potentialfeld: Personen weichen aus, um so schneller um die Ecke zu kommen

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Beispiele für unterschiedliche Ergebnisausprägungen abhängig vom gewählten Modell

Alle Personen nehmen den kürzesten Weg

Alle Personen nehmen den schnellsten Weg

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Praxis-beispiele

© accu:rate GmbH

Räumungsübung Hochschule

▪ TH Nürnberg: Räumungsübung

- 4 Stockwerke

- 349 Studierende

- Reaktionszeit: zwischen 30 und 90

Sekunden

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Simulation einer Räumung mit / ohne Ausfall Fluchtwegsbeschilderung

OG1: 25 Personen OG2: 20 PersonenEG

Hinterausgang

Hauptausgang

Bürogebäude mit 2 Stockwerken

Fragestellung:

Was passiert, wenn der Hinterausgang blockiert ist?

Szenarien:

› Beide Fluchtwege betretbar

› Hinterausgang nicht betretbar, Personen laufen alle zunächst in die falsche Richtung

› Hinterausgang nicht betretbar, aber dynamische Fluchtwegssteuerung

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Simulation einer Räumung mit / ohne Ausfall Fluchtwegsbeschilderung

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Simulation einer Räumung mit / ohne Ausfall Fluchtwegsbeschilderung

Verschiedene Szenarien durchgespielt

Räumungszeiten überprüft

Engstellen in verschiedenen Szenarien erkennen, ohne den laufenden Betrieb anzuhalten

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Äquivalenznachweis Räumungskonzept

Szenario: Flughafengebäude

Fragestellung:

Wie lange dauert die Entfluchtung des Terminals, wenn

a) die Fluchtwege bauordnungskonform sind?

b) Die Fluchtwege in der Mitte des Gebäudes entfallen?

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Beispiel: Äquivalenznachweis Räumungskonzept

Verschiedene Varianten analysiert und bewertet

Engstellen identifiziert

Nutzerkomfort verbessert

Die „eine“ Realität abbilden

Voraussagen von Verhalten einzelner

Individuen

Voraussagen der Zukunft

Chancen und Grenzen von Simulationen

dynamischen Effekte von

Personenmengen darstellen

Kombination von räumlich-zeitlichen

Zusammenhängen mit menschlichen

Interaktionen

Realistisches Abschätzen von

Entfluchtungszeiten

Virtuelles Durchspielen möglicher „Was-

Wäre-Wenn“-Szenarien, um so für den

Ernstfall gerüstet zu sein

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accu:rate GmbH : Rosental 5 : 80331 München+49 / 89 / 21 55 38 69 : [email protected]

www.accu-rate.de

Projektbeispiele:

www.accu-rate.de/de/referenzen

Videos auf youtube:

https://www.youtube.com/playlist?list=PL0Idqyo---Ssq52RlFL0F-rJ0QdH3nfqW