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Sitzung vorn 14. October 1889. Vorsitzender: Hr. C. Liebermann. Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden bei ihrer ersten Zu- sammenkunft nach den Ferien bewillkommnet hat, weist er darauf bin, dass die Gesellschaft in Folge ihrer grossen Mitgliederzahl fast nach jeder langeren Ferienpause ihrer Trauer fiber Liicken Ausdruck zu geben habe, welche der Tod inzwischen in ihre Reihen gerissen. So beklage die Deutsche chemische Gesellschaft auch diesmal den Tod dreier ihrer Mitglieder, welche noch in der Vollkraft ihres Wirkens dahingerafft wurden. Am 24, Juli d. J. starb zu Leipzig, erst 35 Jahre alt, Dr. RUDOLF LEUCKART, Privatdocent in Gijttingen und Assistent des dortigen Universitats- 'laboratoriums. Durch Mittheilung zablreicher, wissenschaftlicher Ar- beiten in den ,Berichten< hat er wiihrend des letzten Jahrzehnts den Bestrebungen unserer Gesellschaft nahe gestanden. Am 24. August d. J. wurden uns gleichzeitig zwei Genossen Zu Rostock verschied an diesem Tage der dortige ordentliche durch den Tod entrissen. Professor der Chemiu und Director des Univei.sitatslaboratoriums, nr. OSCAR JACOBSEN {geb. 25. Juni 1840). Urspriinglich Apotheker, ffihrte ihn seine rast- lose Liebe zur Wissenschaft bald hiiheren Zielen zu. Von seinen Arbeiten siud auch in weiteren Kreisen seine sehr sorgfaltigen und interessanten Untersuchungen iiber die Luft des Meerwassers an ver- Berichte d. D. chem. Gesellschaft. Jahrg. XXII. 153

Sitzung vom 14. October 1889

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Sitzung vorn 14. October 1889.

Vorsitzender: Hr. C. L i e b e r m a n n .

Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden bei ihrer ersten Zu- sammenkunft nach den Ferien bewillkommnet hat , weist er darauf bin, dass die Gesellschaft in Folge ihrer grossen Mitgliederzahl fast nach jeder langeren Ferienpause ihrer Trauer fiber Liicken Ausdruck zu geben habe, welche der Tod inzwischen in ihre Reihen gerissen.

So beklage die Deutsche chemische Gesellschaft auch diesmal den T o d dreier ihrer Mitglieder, welche noch in der Vollkraft ihres Wirkens dahingerafft wurden.

Am 24, Jul i d. J. starb zu Leipzig, erst 35 Jahre alt,

Dr. RUDOLF L E U C K A R T ,

Privatdocent in Gijttingen und Assistent des dortigen Universitats- 'laboratoriums. Durch Mittheilung zablreicher, wissenschaftlicher Ar- beiten in den ,Berichten< hat e r wiihrend des letzten Jahrzehnts den Bestrebungen unserer Gesellschaft nahe gestanden.

Am 24. August d. J. wurden uns gleichzeitig zwei Genossen

Zu Rostock verschied an diesem Tage der dortige ordentliche durch den T o d entrissen.

Professor der Chemiu und Director des Univei.sitatslaboratoriums,

nr. OSCAR JACOBSEN {geb. 25. Juni 1840). Urspriinglich Apotheker, ffihrte ihn seine rast- lose Liebe zur Wissenschaft bald hiiheren Zielen zu. Von seinen Arbeiten siud auch in weiteren Kreisen seine sehr sorgfaltigen und interessanten Untersuchungen iiber die Luft des Meerwassers an ver-

Berichte d. D. chem. Gesellschaft. Jahrg. X X I I . 153

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Behiedenen Orten und Tiefen bekannt, welche e r in Folge seiner Be- theiligung als Chemiker an der wissenschaftlichen Expedition der pomerania in der Ost- und Nordsee (1871 und 1872) anstellte. Seine, durchweg sehr exact ausgefiihrten, specielleren chemischen Forschungen betrafen namentlich das Gebiet der homologen Benzole und derjenigen Steinkohlentheerkohlenwasserstoffe, welche in zahlreichen Homologen und Isomeren i n dem Temperaturintervall von 140-2000 sieden, und fiihrten zu wesentlichen Bereicherungen unseres Wissens auf diesem Gebiete. Ihrn verdanken wir nicht allein die Kenntniss mancher dieser Substanzen, welche fruher als fast untrennbare Gemische er- schienen, z. Th. erst in wirklich reinem Zustand, soodern auch zahl- reiche Trennungs- und Reinigungsmethoden, welche es erst ermijg- lichten, dass wir uns heute vieler dieser wichtigen Substanzen in reiaem Zustande als Handelspraparate bedienen kiinnen.

Am gleichen Tage starb zu Jena der Geh. Hofrath und Director des Universitatslaboratoriums

Prof. Dr. ANTON GEUTHER. Geboren am 23. April 1933 zu Neustadt im Herzogthum Sachsen- Koburg, wiirde er 1863 yon Gijttingen aus, wo er als Privatdocent und erster Assistent in W o h l e r ’ s Laboratorium thatig war , in seine spatrre Lebensstellung berufen.

G e u t h e r ’ s Arbeiten liegen gleichmassig auf anorganischem und organischem Gebiet und sind vie1 zu zahlreich und originell, um sie bier in wenige Worte zusammenfassen zii k6nnen.

Es wird geniigen, daran zu erinnern, dass G e u t h e r (1863) d e r Entdecker des Acetessigathers und mehrerer seiner wichtigsten Ver- bindungen (u. A. dcs Natrium-, Methyl- und Aethylderivats) ist, dieser Substanz, welche nach den fast gleichzeitigen schijnen Arbeiten F r a n k l a n d ’ s und D u p p a ’ s , spater diirch W i s l i c e n u s und dessen Schiilrr ihre theoretische Anfklarung fand, und dann in den Handen zahlreicher Forscher ihre heutige hohe Bedeutung als eine der fur d ie Syntlleje organischer Verbindungen fruchtbarsten Substaozcn er- laigte.

Obwohl es G e u t h e r nicht beschieden war , gleich anfangs die Constitution des Acetessigathers genugend scharf zu erkennen, so hat er doch auch noch spater, vielfach irn Verein mit seinen Schulern, zahlreiche wichtige Beitriige zur Kenntniss dieser interessanten Ver- bindungsgruppe geliefert und sich noch bis an sein Lebensende mit theoretischen und experimentellen Untersnchungen iiber diesen Gegen- stand beschiiftigt.

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Von Ge u t h er’s zahlreichen sonstigen Arbeiten sind viele kleinere auf anorganischem Gebiet, ferner auf organischem Gebiet von Interesse: die von ihm zuerst bewerkstelligte Synthese des Acetals; die Ent- deckung des Nitrosodiathylins , als erstes Beispiel der Nitrosoverbin- duogen secundiirer Basen; die Entdeckung der Dehydracetsaure; die auf breiter Grundlage von ibm und seinen Sehiilern ausgefiihrten merk- wiirdigen Synthesen von Kohlenstoffsauren mittelst Eohlenoxyd, Na- triumalkoholaten und Natronhydrat; die zahlreichen Versuche iiber die Affinitatsgr8ssen des Kohlenstoffs u. S. W.

I m Jahre 1870 gab G e u t h e r sein DLehrbuch der Chemie, ge- grtindet auf die Werthigkeit der Elementea heraus, die erste derartige Zusammenstellung, in der der Verfasser, von der Plurivalenz oder wechsrlnden Werthigkeit der Elemente ausgehend, sammtliche Ver- bindungen, auch die complicirtesten und losesten Doppelverbindungen, sowie die sammtlichen Mineralien gemass dieser Lehre zu formuliren versuchte. Trotz vieler anerkannt werthvoller Auffassungen einzelner Verbindungen, welche diese Formulirung ermijglichte, ergab sie doch aber auch andererseits eine derartige Complication und Willkiirlichkeit zahlreicher Formeln, dass wohl aus diesem Grunde das Lehrbuch keine sehr weite Verbreitung fand.

D e r Vorsitzende theilt hierauf mit, dass ihm soeben noch die Nachricht von dem am 8. September d. J. erfolgten Dahinscheiden eines anderen Mitgliedes der Gesellschaft, des Herrn

Dr. ALBRECHT MULLER, Besitzers der Cellulosefabrik Hertelsaue , zugehe.

Nachdem der Vorsitzende noch der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass eingehendere Biographien der Dahingeschiedenen am Jahres- schlusse den D Berichten c nicht fehlen wiirden, erbeben sich die An- wesenden \-on ibren Sitzen, um das Andenken, der Verstorbenen zu ehren.

Das Protocol1 der letzteri Sitzung wird genehmigt.

Zu ausserordentlichen Mitgliedern werden proclamirt die Herren:

P 1 a t n e r , W i l h e l m, Marburg; A c k e r e n , Dr. med. v a n , Berlin; B r o w n , R o b e r t J., Davenport.

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Zn ausserordentlichen Mitgliedern werden vorgeschlagen die

B o n h o f f e r , Dr. O., Chemiker in Schelploh, Station Eschede (durch H. B u n t e und F e r d . T i e m a n n ) ;

S c h a e f e r , Dr. E., Schiffbauerdamm 18 A , N.W. Berlin (durch 0. B e r g a m i und A. B i s t r z y c k i ) ;

R o c k w o o d , E l b e r t , J o w a City, Jowa, U. S. A. (durch V. M e y e r und K. B u c h k a ) ;

Q u i n c k e , Fraulein H e l e n , Industrial Institut and College, Columbus, Miss., U. s. A. (durch M. H o b e i n und G. B e n d e r ) .

Herren :

Fiir die Bibliothek sind ale Geschenke eingegangen :

396. Lactenburg, A. HandwBrterbuch der Chemie. 34. Lfrg. (Naphtalin- gruppe.) Breslau 1883.

450. G r a h a m - Ot to ' s ausfiihrliches Lehrbuch der anorganischen Chemie. Neu bearbeitet von A. Michaelis. 1V. Abthlg. 2. Hitlfte. (Schluss.) Braunschweig 1589.

565. X q q c r o p hvv06, A. K . EYXELQ~~LOV ~ q p e i a s . T6pos 8e&~qos. M+os zqizov. 'Oqyavixr) ~ q p e i a . %v 2 9 . & u s 1SS9.

612. Hi lger , A. Mittheilungen aus dem pharmaceutischen Institute und Laboratoriuin f i r angewandte Chemie der Universitat Erlangen. 11. Heft. Miinchen 1859.

D e r Vorsitzende: D e r Schriftfiihrer: c. L i e b e r m a n n . A. P i n n e r .