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Prospective HR Media Guide 2009 13 Social Networks bieten ein grosses Potenzial für die Rekrutierung von Andrea Iltgen und Simon Künzler Social-Networking-Plattformen wie Facebook, Xing oder LinkedIn erfreuen sich unter den Usern wachsender Beliebtheit. Insbesondere für jüngere User sind solche Plattformen mittlerweile zu einer zweiten, virtuellen Heimat geworden. Wer als Recruiter die Zielgruppe dort abholen möchte, wo sie sich regelmässig aufhält, sollte den Einsatz von Social Networks im Recruiting in Erwägung ziehen. Seit Monaten erfahren soziale Netzwerke einen regelrechten Boom. Face- book ist zur stärksten Plattform avanciert und zählt weltweit mehr als 175 Milli- onen Mitglieder. In der Schweiz sind 1,2 Millionen Personen registriert, davon stattet die Hälfte der Plattform täglich einen Besuch ab. Das Business-Network Xing – in der Schweiz führend – verzeichnet mittlerweile 7 Millionen registrierte User, davon 3 Millionen im deutschen Sprachraum. Das weltweit grösste Busi- ness-Netzwerk LinkedIn zählt etwa 35 Millionen Mitglieder. Durch die Überset- zung ins Deutsche soll die Zahl an Usern im deutschen Sprachraum innerhalb Jahresfrist verdoppelt werden. Aber nicht nur wegen der astronomischen Nutzungszahlen ist das Thema Social Networking gegenwärtig in aller Munde. Es sind insbesondere die Dyna- mik der Masse und der Einfallsreichtum der User, die über Social Networks Botellones und Partys organisieren, die Jagd nach Verbrechern in die eigene Hand nehmen oder politische Petitionen über die Gruppenfunktionalität lancie- ren sowie die datenschutzrechtlichen Bedenken, die die Social Networks derzeit häufig in die Presse bringen. Weil die Plattformen sich bei den Nutzern grösster Beliebtheit erfreuen, greifen einige Unternehmen zu drastischen Massnahmen und unterbinden den Zugriff der Mitarbeiteneden auf die virtuellen Treffpunkte. Dabei wird oftmals vergessen, dass diese Plattformen für die Rekrutierung enorme Potenziale bieten. Und zwar nicht nur für die profane und datenschutz- rechtlich grenzwertige Überprüfung von potenziellen Kandidaten (Background- Checking, Bewerber-Screening). Möglichkeiten und Anforderungen für die Rekrutierung über Social Networks Social Networks können in unterschiedlicher Form in den Recruiting-Prozess eingebunden werden. Ziel ist es dabei immer, Kandidaten auf sich aufmerksam

Social Networks bieten ein grosses Potenzial für die Rekrutierung

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Redaktioneller Beitrag in der Broschüre Prospective HR Media Guide 2009

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Prospective HR Media Guide 2009 13

Social Networks bieten ein grosses Potenzial für die Rekrutierungvon Andrea Iltgen und Simon Künzler

Social-Networking-Plattformen wie Facebook, Xing oder LinkedIn erfreuen sich unter den Usern wachsender Beliebtheit. Insbesondere für jüngere User sind solche Plattformen mittlerweile zu einer zweiten, virtuellen Heimat geworden. Wer als Recruiter die Zielgruppe dort abholen möchte, wo sie sich regelmässig aufhält, sollte den Einsatz von Social Networks im Recruiting in Erwägung ziehen.

Seit Monaten erfahren soziale Netzwerke einen regelrechten Boom. Face-book ist zur stärksten Plattform avanciert und zählt weltweit mehr als 175 Milli-onen Mitglieder. In der Schweiz sind 1,2 Millionen Personen registriert, davon stattet die Hälfte der Plattform täglich einen Besuch ab. Das Business-Network Xing – in der Schweiz führend – verzeichnet mittlerweile 7 Millionen registrierte User, davon 3 Millionen im deutschen Sprachraum. Das weltweit grösste Busi-ness-Netzwerk LinkedIn zählt etwa 35 Millionen Mitglieder. Durch die Überset-zung ins Deutsche soll die Zahl an Usern im deutschen Sprachraum innerhalb Jahresfrist verdoppelt werden.

Aber nicht nur wegen der astronomischen Nutzungszahlen ist das Thema Social Networking gegenwärtig in aller Munde. Es sind insbesondere die Dyna-mik der Masse und der Einfallsreichtum der User, die über Social Networks Botellones und Partys organisieren, die Jagd nach Verbrechern in die eigene Hand nehmen oder politische Petitionen über die Gruppenfunktionalität lancie-ren sowie die datenschutzrechtlichen Bedenken, die die Social Networks derzeit häufig in die Presse bringen.

Weil die Plattformen sich bei den Nutzern grösster Beliebtheit erfreuen, greifen einige Unternehmen zu drastischen Massnahmen und unterbinden den Zugriff der Mitarbeiteneden auf die virtuellen Treffpunkte.

Dabei wird oftmals vergessen, dass diese Plattformen für die Rekrutierung enorme Potenziale bieten. Und zwar nicht nur für die profane und datenschutz-rechtlich grenzwertige Überprüfung von potenziellen Kandidaten (Background-Checking, Bewerber-Screening).

Möglichkeiten und Anforderungen für die Rekrutierung über Social NetworksSocial Networks können in unterschiedlicher Form in den Recruiting-Prozess eingebunden werden. Ziel ist es dabei immer, Kandidaten auf sich aufmerksam

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zu machen und diesen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme anzubieten. Die ein-fachste Methode ist das proaktive, zeitintensive, aber wenig Erfolg verspre-chende Durchforsten von Nutzerprofilen.

Viel zielführender ist das Veröffentlichen von Online-Job-Inseraten auf Platt-formen wie Xing oder LinkedIn. Derartige Online-Anzeigen haben einige Vorteile: Zum einen sind die Kosten überschaubar – der Inserent bezahlt pro Abruf durch einen Nutzer (etwa 0,6 Eurocent) und er kann den Betrag begrenzen, welchen er maximal ausgeben möchte. Zum anderen werden den Mitgliedern in Abhängig-keit ihrer Profildaten und mit einem automatisierten Matching-Mechanismus ent-sprechende Anzeigen vorgeschlagen. Ein weiterer Vorteil: Der Interessent kann direkt mit derjenigen Person Kontakt aufnehmen, welche das Inserat aufgege-ben hat, wobei deren Daten und die Beziehung zum Interessenten oftmals eben-falls einsehbar sind.

Gruppen und Pages – ein niederschwelliges Angebot für MitgliederEine weitere Möglichkeit besteht in der Gründung von Gruppen in einem Social Network für ehemalige Mitarbeiter, Absolventen, Praktikanten oder andere am Unternehmen oder einem bestimmten Thema interessierten Benutzern. Über dieses niederschwellige Angebot können die Mitglieder nicht nur direkt auf Events, Stellenanzeigen usw. aufmerksam gemacht werden, sondern sie werden darüber hinaus über thematische Diskussionen an das Unternehmen herange-führt. Zudem können die User so direkt mit den Mitarbeitern des Unternehmens kommunizieren und sich so ein besseres Bild des Unternehmens machen1. Die Gruppenfunktionalität wird von verschiedenen Unternehmen bereits erfolgreich genutzt. IBM zum Beispiel führt auf Xing gleich mehrere Gruppen. Mit einer davon, «The Greater IBM Connection Germany», hat IBM laut eigenen Angaben eine globale und mehr als 3000 Mitglieder zählende Community auf XING geschaffen, die eine weltweite Kommunikation mit und die Integration von früheren und aktuellen IBM-Kollegen ermöglicht. Hier treffen und verbinden sich Menschen, Ideen und Visionen im angeregten Dialog. Gemäss der Gruppenbe-schreibung will IBM mit dieser Initiative eine Plattform schaffen, die aktives Net-working mit Inhalten verknüpft, die speziell für diese Community produziert werden. Darüber hinaus geht es auch darum, mit ehemaligen IBM-Mitarbeitern in Kontakt zu bleiben – um diese bei Gelegenheit wieder einzustellen. Dies trägt offenbar Früchte – so wurden 50 Prozent der Gruppenmitglieder, die einst bei diesem Unternehmen gearbeitet haben, wieder angestellt.

1 vgl. http://www.stepstonesolutions.de/_pdf/News/Whitepaper_Social_Networking-Seiten_als_Recruiting-Werkzeug.pdf

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Es müssen nicht zwingend Business Communities sein, die im Recruiting einge-setzt werden. Ernst & Young beispielsweise setzt auf Facebook. Auf der Fanpage «Ernst & Young Careers» präsentiert sich das Beratungsunternehmen mit Fotos, Videos, einem Discussion Board und vielem mehr als interessanter und sympa-thischer Arbeitgeber (Stichwort Employer Branding). Die mittlerweile mehr als 26 000 «Fans» sprechen für den Erfolg dieser Seite.

Wichtig ist das ZusammenspielUnabhängig von der Art des Einsatzes von Social Networks (und auch anderen Social-Media-Komponenten) im Recruiting muss es immer das Ziel sein, mög-lichst viele Kanäle zu nutzen, um potenzielle Bewerber dort abzuholen, wo sie sich bevorzugt aufhalten. Dabei sollen die Bewerber wenn immer möglich auf die eigene Karriere-Website geleitet/gelenkt werden, damit sich diese an zentraler Stelle bewerben – und die gewonnenen Daten so optimal verarbeitet werden können. Dabei ist es selbstredend, dass die Career-Sites entsprechend ange-passt und auf die verschiedenen Social-Media-Aktivitäten proaktiv verwiesen – also verlinkt – werden müssen.

Klare Strategie, Know-how und RessourcenWelche Massnahmen rund um Social Networks zum Einsatz kommen sollen, hängt vom Einzelfall ab. Denn es braucht eine klare Strategie, wie Social Media im Allgemeinen und Social Networks im Speziellen helfen sollen, Kandidaten zu gewinnen. Nebst einer klaren Strategie braucht es zudem professionelle Kon-zepte und Umsetzungen.

Und last but not least: Der Aufbau und die Pflege von Dialogen mit Interes-senten brauchen Zeit. Daher müssen im Rahmen einer langfristigen Strategie ausreichend Ressourcen bereitgestellt werden, und das Wissen über die neuen Möglichkeiten im Recruiting muss unternehmensintern verbreitet werden.

Andrea Iltgen, lic. oec .HSG, ist Geschäftsführerin der Online-Agentur «xeit GmbH». Die Agentur ist auf Online-Marketing und soziale Medien spezialisiert.

Simon Künzler, lic. oec. HSG, ist geschäftsführender Partner der Online-Agentur «xeit GmbH». Er ist zudem Dozent und Projektleiter für Online-Kommunikation am IKM Institut für Kommunikation und Marketing an der Hochschule Luzern.

xeit GmbH bringt Unternehmen, Marken und Produkte über digitale Medien an den Markt und ins Gespräch – mittels Online-Marketing, Social Media und Websites.

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