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„Solidarisch und subsidär gegen den Geiz“ Unterrichtsreihe für die Klassen 10 bis 13

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Geiz ist gottlos – Unterrichtsreihe für die Klassen 10 bis 13

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Unterrichtsreihe „Geiz ist gottlos.“ (Klassen 10 bis 13)

Die vorliegende Unterrichtsreihe für die Klassenstufen 10 bis 13 soll von ihrer Grundidee her das christliche Menschenbild und die Grundprinzipien der Subsidiarität und Solidarität der negativen Eigenschaft des Geizes („Geiz ist gottlos“) gegenüberstellen und zur aktiven Teilnahme an dieser von ADVENIAT initiierten Kampagne motivieren. Dazu gliedert sie sich in drei Module: 1. Teil: Das Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzip als christliches Gegenmodell zur Untugend des Geizes; 2. Teil: Sozialethische Maßstäbe als Weg zur sozialverträglichen Umsetzung der Globalisierung; 3. Teil: Wege des subsidiären und solidarischen Handelns im eigenen Leben. Bei der Konzipierung wurde bewusst auf eine vorgegebene Einteilung in einzelne Unterrichtsschritte verzichtet. Vielmehr bietet die Reihe mit ihren drei Unterrichtseinheiten flexible Module, die durch unterschiedliche Präsentations1- und Arbeitsformen2 zeitlich und inhaltlich individuell gestaltet und eingesetzt werden können. So ist es z. B. möglich, die im Anhang angebotenen Medien zusammenfassend im Lehrervortrag oder nach einer intensiven Gruppen- oder Partnerarbeitsphase als Schülerreferat zu präsentieren. Auf diese Weise kann der Unterrichtende das Material der ihm zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit didaktisch und methodisch anpassen und, bezogen auf die jeweiligen Unterrichtsziele, eigene inhaltliche Schwerpunkte setzen. Zu den jeweiligen Medien werden übergreifende Fragestellungen angeboten, die auf die verschiedenen Arbeitsformen übertragen werden können.

Impressum

Bischöfliche Aktion ADVENIAT Postfach 10 01 52 45001 Essen Carmen Garcia Telefon: 0201-1756-221 Telefax: 0201-1756-222 E-Mail: [email protected] www.geizistgottlos.de www.adveniat.de Redaktion Dr. Christiane Schmidt, Essen August 2007

1 LA= Lehreraktion; LV = Lehrervortrag; SchV = Schülervortrag; SchA = Schüleraktion; entG = fragend-entwickelndes Gespräch. 2 KU = Klassenunterricht; PA = Partnerarbeit; GA= Gruppenarbeit; EA= Einzelarbeit.

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Geiz ist gottlos. – Unterrichtsreihe für die Klassen 10 bis 13

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1. Unterrichtseinheit Die Bedeutung des Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzips als christliches Mittel gegen den Geiz Die Bedeutung des Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzips als christliches Mittel gegen den Geiz

- Vorlegen (am besten auf OHP-Folie) und lautes Vorlesen der Fabel „Was hat Gott dagegen getan?“ (M

1) (L/KU)

- Brainstorming zum Inhalt der Fabel (SV/KU)

- Analysieren der Fabel (entG/KU)

- Anschreiben der Hauptaussage (LA/KU)

Fragestellungen: Wie gliedert sich die Fabel?

Welche sprachlichen Besonderheiten gibt es?

Welche Hauptaussage hat die Fabel?

Mit welchem „Slogan“ kann man diese zusammenfassen?

Wovor warnt sie?

- Anschreiben des Zitates Papst Johannes XXIII. aus der Enzyklika Mater et magistra Nr. 218 („Der

Mensch ist Träger, Schöpfer und Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen“) an Tafel bzw. auf OHP-

Folie (LA/KU)

- Analysieren des Zitates vor dem Hintergrund der in 1.1 behandelten Fabel (entG/KU)

Fragestellungen: Was sagt das Zitat über die Rolle(n) des Menschen?

Welche Unterschiede zeigen die drei angeführten „Aufgaben“ auf?

Welche Bedeutung hat dabei Gott? (Verknüpfung mit der Fabel)

Was fordert das Zitat vom Menschen in der Gesellschaft?

- Analysieren des Textes von Josef Stegmann, Die Grundprinzipien der christlichen Gesellschaftslehre (M

2), und Entwickeln eines Schaubildes zu den Grundprin-zipien auf Folie oder Plakat (entG/KU oder

GA/SV/KU)

- Zusammenfassen des Solidarität- bzw. Subsidiaritätsprinzips mit jeweils einem Schlagwort (z. B. „Einer

für alle, alle für einen“ „Hilfe zur Selbsthilfe“) (entG/KU)

- Erläutern der Prinzipien anhand der Fabel von Sa’di (M 1) (entG/KU)

- Sammeln von Beispielen für die Grundprinzipien aus Alltag (entG/KU)

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- Präsentieren aktueller (eventuell durch Schülerinnen und Schüler gesammelter) Werbeslogans zum

Thema „Geiz/Sparsamkeit“ als Collage oder einzelner Anzeigen und Auswertung im Hinblick auf Form

und Inhalt (entG/KU)

Fragestellungen: Wie wird Geiz dargestellt?

Was ist der Unterschied zwischen Geiz und Sparsamkeit?

Wie wird Geiz bewertet?

- (kommentarloses) Gegenüberstellen der Werbeslogans und der Adveniat –Postkarten bzw. e-cards der

Kampagne „Geiz ist gottlos.“ (KU)

- Erarbeiten der Unterschiede zwischen beiden (entG/KU)

Fragestellungen: In welcher Hinsicht unterscheiden sich die Slogans voneinander?

Welche Haltung zum „Geiz“ vermitteln die beiden jeweils?

Was bedeutet der Begriff „gott-los“?

Warum ist Geiz „gottlos“?

- erneutes Auflegen einer Folie oder Anbringen eines Plakates mit Schaubild aus 1.3 (LA/KU)

- Integrieren von Werbeslogans und „Geiz ist gottlos.“–Postkartenmottos (auf Folie) bzw. Aufkleben

dieser (auf Plakat) mit Hilfe einfacher Zeichen (z. B. =, O) (entG/KU)

Fragestellungen:::: Wie verhält sich der Geiz zu den Grundprinzipien?

Warum ist demnach „Geiz gottlos“?

Aus welchen Gründen passt der Geiz als vermeintliche Tugend nicht in das christliche

Menschenbild?

Was setzt das Christentum dem Geiz entgegen?

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2. Unterrichtseinheit Perspektiven eines sozialverträglichen Umgangs mit der Globalisierung „Der Tor schmäht in liebloser Weise, die Gabe des Geizigen macht die Augen traurig“ (Sir 18,18) - Auflegen der Karikatur (M 3) (LA/KU)

- Beschreiben der Karikatur (entG/KU)

- Analysieren der Karikatur (entG/KU)

Fragestellungen:::: Welche anderen Naturgesetze kennt ihr?

Wie wird der Begriff „Naturgesetz“ definiert?

Was prägt ein Naturgesetz?

Ist die Globalisierung demnach ein Naturgesetz?

Was bedeutet dies für den Umgang mit ihr?

- Arbeitsteilige Gruppenarbeit zum Thema „Globalisierung in unserem Alltag“ (M 4 – M 5) (GA)

- Präsentieren der Ergebnisse im Plenum und Auswertung der Ergebnisse (SV/KU)

- Zusammenfassende Alternative: Gemeinsames Analysieren des Arbeitsblattes „Dimensionen der

Globalisierung“, evtl. auf Folie (M 6) (entG/KU)

Fragestellungen:::: Welche Bereiche sind von der Globalisierung betroffen?

Wo erleben wir Globalisierung in unserem Alltag?

Wie sind unsere Einflussmöglichkeiten?

- Ersetzende bzw. ergänzende Möglichkeit:

Analyse des Textes von Johannes Rau, Von der Globalisierung sind wir alle betroffen (M 7)

Fragestellungen:::: Wie definiert Johannes Rau die „Globalisierung“?

Wie bewertet er sie?

Welche Chancen und Risiken sieht er?

Wozu ruft er auf?

- Anschreiben und Auswerten des Zitats von Johannes Rau „Wer sind – bisher – Gewinner, wer sind –

bisher – die Verlierer der Globalisierung?“ (LA/entG/KU)

Fragestellungen:::: Wen meint Johannes Rau mit „Gewinnern“ und „Verlierern“?

Warum gibt es diese Aufteilung?

Was bedeutet für Johannes Rau das Adverb „bisher“?

Worauf deutet dies hin?

Was setzt eine Veränderung voraus?

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- Analysieren des Textes „Sozialethische Maßstäbe“ (M 8) (entG/KU), evtl. als Gruppenarbeit mit der

Aufgabe, den Textinhalt in einem Schaubild/einer Graphik zusammenzufassen (GA/KU)

Fragestellungen:::: Welche Schwerpunkte setzt der Text?

Welche Verbindungen knüpft er?

Wem weist er welche Verantwortlichkeiten zu?

Welche Bedeutung nimmt dabei das Subsidiaritätsprinzip ein?

An welchen Stellen sind wir gefordert?

Warum ist unser Engagement notwendig?

- Gruppenarbeit zum eigenen Engagement gemäß behandelten „sozialethischen Maßstäben“ (evtl.

verknüpft mit einer Internetrecherche oder einem Besuch in der Adveniat-Geschäftsstelle in Essen)3

(GA)

- Präsentieren der Ergebnisse der Gruppenarbeit (evtl. im Rahmen einer Ausstellung) (SV/KU)

3 Als Beispiele für konkretes Handeln können hier auch Themen aus der Unterrichtsreihe „Geiz ist gottlos“ (2004) sowie aus der Kommunion- und Firmkatechese (2004) herangezogen werden. (Quelle: http://www.geizistgottlos.de/)

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3. Unterrichtseinheit Solidarisch und subsidiär gegen den Geiz

- Auflegen der Karikatur (M 9) (LV/KU)

- Beschreiben der Karikatur (SV/KU)

- Analysieren der Karikatur (entG/KU)

Fragestellungen:::: Wo werden hier die von uns behandelten Grundprinzipien, das christliche

Menschenbild und auch der Geiz deutlich?

Wie werden sie dargestellt?

Was fällt dabei auf?

Was hat dies mit uns zu tun?

Welche Funktion hat diese Karikatur?

- Entwerfen von Karikaturen, Plakaten oder Postkarten bzw. Planen und Ausführen eines Werbespots als

Gegenmodell zur Karikatur M 9 (GA/SV/KU)

- Vorbereiten und Durchführen von Informations- und Spendenveranstaltung über/für Adveniat auf

Klassen-, Stufen- oder Schulfesten.

- Spenden der Erlöse eigener Aktionen (Waffelbacken, Kuchenbüffet, Spielenachmittage, Einkaufsdienste,

Flohmarkt, Autowasch-Aktionen, Altpapier-Aktionen, Spendenessen zum Erntedankfest etc.) für

Adveniat.

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Medien M 1 Was hat Gott dagegen getan? Eine Fabel des arabischen Mystikers Sa’di:

Unterwegs im Wald sah ein Mann einen Fuchs, der seine Beine verloren hatte.

Er wunderte sich, wie das Tier wohl überleben konnte.

Dann sah er einen Tiger mit einem gerissenen Wild. Der Tiger hatte sich satt gefressen und überließ dem

Fuchs den Rest.

Am nächsten Tag ernährte Gott den Fuchs wiederum mit Hilfe desselben Tigers.

Der Mann war erstaunt über Gottes große Güte und sagte zu sich:

„Auch ich werde mich in einer Ecke ausruhen und dem Herrn voll vertrauen,

und er wird mich mit allem Nötigen versorgen.“

Viele Tage brachte er so zu, aber nichts geschah, und der arme Kerl war dem

Tode nahe, als er eine Stimme hörte:

„Du da, auf dem falschen Weg, öffne die Augen vor der Wahrheit! Folge dem Beispiel des Tigers, und nimm

dir nicht länger den behinderten Fuchs zum Vorbild.“

Auf der Straße traf ich ein kleines, frierendes Mädchen, zitternd in einem dünnen Kleid, ohne Hoffnung,

etwas Warmes zu essen zu bekommen.

Ich wurde zornig und sagte zu Gott: „Wie kannst du das zulassen? Warum tust du nichts dagegen?“

Eine Zeitlang sagte Gott nichts. Aber in der Nacht antwortete er ganz plötzlich:

„Ich habe wohl etwas getan. Ich habe dich geschaffen.“

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M 2 Die Grundprinzipien der christlichen Gesellschaftslehre (Quelle: J. Stegmann, Die katholische Kirche in der Sozialgeschichte. Die Gegenwart, München 1983, 163f.) Die biblische Botschaft vermittelt ein gewisses Vorverständnis vom Menschen, vom Sinn seines Daseins, seinem letzten Ziel. Sie berichtet, dass der Mensch als Ebenbild Gottes erschaffen wurde und in ihm sein Ziel, seine Vollendung finden soll. Zum christlichen Menschenbild gehört also wesentlich, dass der Mensch Geschöpf und dass er Ebenbild Gottes ist – ausgestattet mit unantastbarer Würde und ebenso wesenhaft hingeordnet auf das Du des Mitmenschen und verantwortlich für ihn. Die Spanne zwischen Geburt und Tod ist die kurze, aber alles entscheidende Bewährungszeit dafür, ob der Mensch das die jetzige geschichtliche Welt transzendierende Ziel seines Lebens erreicht. Die irdische Gesellschaft als Ort der Bewährung erhält damit sowohl den Charakter der Vorläufigkeit wie den höchster Bedeutsamkeit. Beide Doppelbestimmungen bleiben also festzuhalten: die transzendente Bestimmung des Menschen und seine Pflicht zur Weltverantwortung, die unantastbare Würde und Einmaligkeit des Individuums und seine Hinwendung auf das Du, die Gemeinschaft. Aus diesem Licht der biblischen Offenbarung gedeuteten Personsein des Menschen leitet die katholische Soziallehre für die konkrete Gestaltung menschlichen Zusammenlebens das Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzip als zentrale Strukturprinzipien der Gesellschaft ab. Das Solidaritätsprinzip besagt, dass die menschliche Person ihrem Wesen nach angewiesen ist auf Mitmenschen, auf die Gemeinschaft, dass die Gemeinschaft in dieser Sozialnatur der Person wurzelt und dass jeder Einzelne deshalb verpflichtet ist, seine Kräfte

auch in den Dienst der anderen, des Ganzen zu stellen, so Verantwortung zu übernehmen und Solidarität zu üben. Daher ist das Solidaritätsprinzip eng verbunden mit der Gerechtigkeit, vor allem mit der sozialen Gerechtigkeit. Solidarität und Gerechtigkeit sind zwar nicht identisch, aber sie zielen doch in die gleiche Richtung. – Diesem zentralen gesellschaftlichen Strukturprinzip entspricht es, wenn die katholische Soziallehre (ebenso auch die evangelische Sozialethik) die Notwendigkeit und Bedeutsamkeit des Engagements für die Gemeinschaft hervorhebt, wenn sie im weltweiten Horizont der Entwicklungsproblematik der südlichen Erdhälfte einen besonderen Stellenwert beimisst und wenn sie vor allem auf die Hilfe für jene Schichten und Gruppen in unserer Gesellschaft hinweist, die wegen der ungenügenden Organisierbarkeit ihrer Interessen heute die wirklich Schwachen und Bedürftigen sind. Das Subsidiaritätsprinzip besagt: Die Gemeinschaft darf nur „subsidiär“ eingreifen, um nicht die Eigenkräfte des Einzelnen zu töten; die Gemeinschaft muss aber „subsidiär“ eingreifen, wenn der Einzelne überfordert wird, und die Gemeinschaft muss schließlich die Voraussetzungen schaffen, dass der Einzelne seine Kräfte sinnvoll betätigen und seine Aufgaben optimal erfüllen kann. Damit knüpft das Prinzip der Subsidiarität an die Bestimmung der Person als Individuum an, regelt die Zuständigkeiten zwischen dem Einzelnen bzw. den kleinen Sozialgebilden und der umgreifenden Gemeinschaft und ist so – in seiner primären Funktion – auf die Ermöglichung und Sicherung der Freiheit hingeordnet.

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M 3 Bildbetrachtung (Karikatur Thomas Passmann, Quelle: http://www.e-globalisierung.org/kapitel1/aufgabe/karikatur_globalisierung.jpg)

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M 4 Gruppenarbeit: Globalisierung Gruppe 1 - Wo und wie wird Globalisierung in Ihrem Alltag deutlich?

Geben Sie Beispiele!

- Überlegen Sie, welche Chancen und Schwierigkeiten Sie hier im Zusammenhang mit der Globalisierung erleben!

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M 5 Gruppenarbeit: Globalisierung Gruppe 2 - Wie und wodurch wird im Alltag unserer Schule Globalisierung deutlich?

Geben Sie Beispiele!

- Überlegen Sie, welche Chancen und Schwierigkeiten Sie hier im Zusammenhang mit der Globalisierung erleben!

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M 6 Dimensionen der Globalisierung (Quelle: Uli Jäger, in: Themenblätter im Unterricht, Frühjahr 2003_Nr. 28, Seite A.)

Globalisierung weltweit

Kommunikation Ökonomie Gesellschaft Sicherheit

„Vernetzte Welt“

„Weltbinnenmarkt“

„Welt als globales Dorf“

„Welt als

Risikogemeinschaft“

Merkmale Innovationen in der Mikroelektronik und der Telekommunikation

Abbau von Handelsschranken, Mobilität des Kapitals, sinkende Transportkosten

Nationalstaaten und nationale Eigenheiten verlieren an Bedeutung

Globale Gefährdungen (Klimakatastrophe, Armut, Migration) bedrohen die Menschen grenzüberschreitend

Chancen (+) und Gefahren (-)

+ Teilhabe an weltweiter Kommunikation

+ Schaffung neuer Arbeitsplätze im Weltmaßstab

+ Demokratisierung

+ Erkenntnis der „Einen Welt“

+ Vertiefung internationaler Kontakte und Beziehungen

+ Verbilligung der Produktionskosten

+ wachsendes Zusam- mengehörigkeitsgefühl („Eine Welt“)

+ Zwang zur Kooperation

+ Mehr Wissen über die Welt und rasche Verbreitung von Informationen

- Konkurrenz auf dem Weltmarkt

+ globale Handlungs- möglichkeiten gesell- schaftlicher Gruppen Verlust von Identität und Heimat

- Komplexität der Problematik Überforderung für einzelne Regierungen

+ Abbau von Vor- urteilen Entstehung einer Informationselite Überflutung mit Informationen

- Verlust von Arbeitsplätzen in Regionen und Branchen; Soziale Unsicherheit Vertiefung der Aus- beutung im Süden

- Neuer Nationalismus als Gegenbewegung

- Schäden teilweise irreversibel Delegation von Verantwortung

- Entsolidarisierung

- Starker Einfluss von Multis auf politische Entscheidungen; Unkontrollierbarkeit

- Umweltzerstörung

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M 7 Von der Globalisierung sind wir alle betroffen (Quelle: J. Rau, „Die Globalisierung gestalten“ (Berliner Rede 13.05.2002) Das Wort „Globalisierung“ begegnet uns nun beinahe täglich als Argument, als Argument allerdings für alles Mögliche: Für radikale Bildungsreformen, für Englisch lernen schon im Kindergarten, aber auch für den Abbau von Arbeitsplätzen, für die Lockerung von ethischen Standards, zum Beispiel in der Gentechnik, für die Verlagerung von Firmensitzen, für den Zusammenschluss von Unternehmen – und schließlich als Grund dafür, dass es das ganze Jahr über Erdbeeren gibt. Die einen sagen, die Globalisierung führe zum Verlust vertrauter Bindungen und zur Schwächung des Nationalstaates – und sie haben Angst davor. Andere feiern, dass die Herrschaft des Marktes und seiner Gesetze bald überall und für alles gilt. Manchen erscheint all das wie ein unentrinnbares Schicksal, wie ein Verhängnis, anderen wie die Verheißung eines goldenen Zeitalters. Das Stimmengewirr ist groß und auch die Unsicherheit darüber, was Globalisierung bedeutet. (...) Aus der Geschichte wissen wir: Nichts, keine technische Erfindung, keine politische Entwicklung, keine gesellschaftliche Veränderung führt automatisch und für alle ausschließlich zum Schlechteren oder zum Besseren. Auch bei der Globalisierung kommt es darauf an, was wir aus den neuen Möglichkeiten machen.

Viele fragen heute aber: Kann man denn überhaupt etwas machen? Ist die Globalisierung nicht unbeeinflussbar, ist sie nicht wie ein Naturereignis, dem wir ausgeliefert sind? Dann wäre es tatsächlich sinnlos, auch nur zu überlegen, wie man gestaltend eingreifen kann, und wer das tun sollte. Nein, die Globalisierung ist kein Naturereignis. Sie ist von Menschen gewollt und gemacht. Darum können Menschen sie auch verändern, gestalten und in gute Bahnen lenken. Man muss aber genau hinsehen: (...) Es gibt großartige neue Chancen – und es gibt handfeste Interessen. Es gibt mehr Wohlstand und mehr kulturellen Austausch – und es gibt Länder und Regionen, die werden abgehängt. Wir können und wir müssen fragen: Wer sind – bisher – die Gewinner, wer sind– bisher – die Verlierer der Globalisierung? Wo erschließt uns die Globalisierung Zugang zu fremden Kulturen? Und wo führt sie zu einem undefinierbaren Einerlei der Lebensstile, dazu, dass alle das Gleiche essen und dieselben Filme sehen? (...) Von der Globalisierung sind wir alle betroffen – noch bevor alle genau wissen, wie sie eigentlich funktioniert. Darum müssen wir zu begreifen versuchen, was geschieht und warum es geschieht.

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M 8 Sozialethische Maßstäbe4 Im Zentrum aller Entwicklung und damit auch der Wirtschaft und ihrer politischen Gestaltung müssen immer die Menschen stehen. Diese Prämisse darf keinen anderen Zielen oder ideolo-gischen Interessen geopfert werden. Sie gründet in der Menschenwürde, die allen Menschen unterschiedslos und in gleicher Weise zukommt und die Grundlage der Menschenrechte ist, was nicht nur die bürgerlichen und politischen Rechte (Zivilpakt), sondern auch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (Sozialpakt) einschließen muss. In der Logik dieses Ansatzes liegt eine Option für die von diesen Rechten Ausgeschlossenen. Vorrangige Aufmerksamkeit müssen darum jene erhalten, die nicht einmal ihre elementaren Grundbedürfnisse befriedigen können und von besonderen Notlagen betroffen sind. Alle Politik auf nationaler wie inter-nationaler Ebene muss daher armutsorientiert oder, genauer gesagt, armenorientiert sein. Dies hat ökonomische, sozio-kulturelle und umweltbezogene Konsequenzen. Die verantwort-liche Gestaltung einer humanen Ordnung muss sich auf all diesen Feldern bewähren, um allen Menschen eine menschenwürdige Existenz zu ermöglichen und zu sichern. Wirtschaft, Markt, technologischer Fortschritt und Globalisierung sind folglich kein Selbstzweck, sondern haben instrumentellen Charakter. Ein Ökonomismus, der die Regeln wirtschaftlicher Rationalität und des Marktes zum alleinigen Maßstab macht, ist damit unvereinbar. Dies gilt auch für eine Arbeits- und Konsumeinstellung, die nur auf ständig wachsenden persönlichen Wohlstand ausgerichtet ist und die Sozialbindung auch persönlichen Eigentums vergisst. Wirtschaftliches Handeln ist vielmehr immer auch eine kulturell geprägte Tätigkeit. Als solche erfordert sie persönliche wie gesellschaftliche Investitionen in die Menschen, ihre Fähigkeiten und ihr Lebensumfeld. Das damit entstehende Human- und Sozialkapital ist nicht nur ökonomisch von

4 Die vielen Gesichter der Globalisierung. Perspektiven einer menschengerechten Weltordnung. Eine Studie der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik” und der kirchlichen Werke Adveniat, Caritas international, Misereor, missio Aachen, missio München und Renovabis. Herausgegeben von der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz Bonn, November 1999, 46-50.

immer größerer Bedeutung, sondern zugleich Voraussetzung für alte und neue Sozialtugenden wie Kreativität, Partizipation, Eigeninitiative und Solidarität, ohne welche die globalen Probleme nicht zu bewältigen sind. Eine menschenwürdige globale Entwicklung muss auf das Gemeinwohl der ganzen Menschheit und die Lebenschancen künftiger Generationen ausgerichtet sein. Dies erfordert, sollen nicht Einzelne hoffnungslos überfordert werden, eine gestufte Verantwortlichkeit. Dabei sind individual-ethische und sozialethische Orientierung, obwohl sie aufeinander bezogen sind, dennoch deutlich zu unterscheiden. Mit beiden hat die Aktivität der kirchlichen Werke zu tun. Die Werke appellieren einerseits an die individuelle Verantwortung der Menschen in Deutschland und rufen zum Teilen mit denen auf, die erheblich geringere Lebenschancen haben. Dies verlangt auch Änderungen im eigenen Lebensstil, etwa beim Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen, der auch an den Bedürfnissen künftiger Generationen zu bemessen ist. Das Wirken der Werke zielt in dieser Hinsicht auf die Entwicklung einer grundlegenden Wert-orientierung der Solidarität mit den Armen in der Welt, die aufgrund ihrer Armut ihre fundamentalen Rechte nicht wahrnehmen können. Kriterien sind aus den Grundbedürfnissen und der Möglichkeit, durch gezielte Hilfe zu ihrer Befriedigung beizutragen, zu entwickeln. Zahlreiche Initiativen einzelner zeigen, dass durch sie Lebenschancen eröffnet werden können. Gleichwohl reichen persönlicher Einsatz und -einzelne Hilfeleistungen bei weitem nicht aus, um das Ziel von mehr Gerechtigkeit zu erreichen, zu-mal sie durch globale Entwicklungen oder auch schon durch politische Veränderungen in einem Land schnell zunichtegemacht werden können. Dennoch behalten sie ihre unerlässliche Bedeutung, weil sie ein wichtiger Ansporn sind, innerhalb der Gesellschaft auch sozialpolitische Verantwortung wahrzunehmen.

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Die Werke appellieren einerseits an die individuelle Verantwortung der Menschen in Deutschland und rufen zum Teilen mit denen auf, die erheblich geringere Lebenschancen haben. Dies verlangt auch Änderungen im eigenen Lebensstil, etwa beim Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen, der auch an den Bedürfnissen künftiger Generationen zu bemessen ist. Das Wirken der Werke zielt in dieser Hinsicht auf die Entwicklung einer grundlegenden Wertorientierung der Solidarität mit den Armen in der Welt, die aufgrund ihrer Armut ihre fundamentalen Rechte nicht wahrnehmen können. Kriterien sind aus den Grundbedürfnissen und der Möglichkeit, durch gezielte Hilfe zu ihrer Befriedigung beizutragen, zu entwickeln. Zahlreiche Initiativen einzelner zeigen, dass durch sie Lebenschancen eröffnet werden können. Gleichwohl reichen persönlicher Einsatz und einzelne Hilfeleistungen bei weitem nicht aus, um das Ziel von mehr Gerechtigkeit zu erreichen, zumal sie durch globale Entwicklungen oder auch schon durch politische Veränderungen in einem Land schnell zunichtegemacht werden können. Dennoch behalten sie ihre unerlässliche Bedeutung, weil sie ein wichtiger Ansporn sind, innerhalb der Gesellschaft auch sozialpolitische Verantwortung wahrzunehmen. Die Hilfe im Einzelfall muss daher ergänzt werden durch eine politische Verantwortung, die sich zum einen auf die Wirksamkeit von Hilfsorganisationen erstreckt, zum anderen auf die Gestaltung politischer und gesetzlicher Rahmenbedingungen gerichtet ist. Diese Aufgaben können im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr in nationalem Alleingang bewältigt werden. Die Lösung der länderübergreifenden sozialen und ökologischen Probleme erfordert vielmehr die Bereitschaft der jeweiligen Länder, in solidarischer Zusammenarbeit Verantwortung für andere auf internationaler Ebene zu übernehmen. Zur konkreten Umsetzung dieser Ziele braucht es eine internationale Ordnungspolitik mit institutionellen Regelungen und Organen, für deren politische Macht noch Formen demokratischer Kontrolle zu suchen sind. Andernfalls bleiben die Armen in den Entwicklungs- und Transformationsländern, aber auch in den Wohlstandsländern auf der Strecke.

Wenn es um die Verteilung der mit solchen Reformen verbundenen Lasten geht, sind vor allem diejenigen gefordert, die sich materiell einschränken können, ohne große Einbußen in ihrer Lebensqualität hinnehmen zu müssen. Dazu gehören die meisten Menschen in den reichen Ländern, aber auch die Reichen in den armen Ländern. Angesichts einer höchst ungleichen globalen Verteilungssituation, die sich noch weiter zu ver-schärfen droht, bedarf es entschlossener Maßnahmen, um dem Prinzip (intragenerationeller) sozialer Gerechtigkeit wieder mehr Gewicht in der Politik zu verleihen. Zumindest sollte das gerechtigkeitstheoretische Differenzprinzip beachtet werden, das besagt, dass wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten nur insoweit rechtfertigbar sind, als sie den Ärmsten und Ausgeschlossenen einen größtmöglichen Vorteil bringen. Insofern ge-winnen auch die Maßstäbe globaler Chancen- und vor allem Bedürfnisgerechtigkeit immer mehr Bedeutung gegenüber reiner Besitzstands- und Leistungsgerechtigkeit. Besondere Aufmerksamkeit verlangt das Prinzip der intergenerationellen Gerechtigkeit, das im Kern besagt, dass die ökonomischen und sozialen Probleme der Gegenwart nicht getrennt von der Frage des Erhalts und der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen für künftige Generationen gelöst werden dürfen. Die Erkenntnis, dass ökonomische, soziale und öko-logische Entwicklung jeweils nur gesellschaftliche Teilziele sind, die man nicht ungestraft gegeneinander ausspielen darf, liegt dem Konzept der nachhaltigen bzw. dauerhaft-umwelt-gerechten Entwicklung (sustainable development) zugrunde, das seit der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro von der internationalen Staatengemeinschaft als verbindliches Leitbild anerkannt ist. Das umweltethische Prinzip, das diesem Ansatz zugrunde liegt, ist die Vernetztheit des Menschen mit seiner natürlichen Umwelt. Es bringt zum Ausdruck, dass der Mensch seiner Verantwortung nur dann gerecht wird, wenn er die Dynamik seiner zivilisatorischen Tätigkeit an die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen und die Tragekapazität der ihn umfassenden Natur anpasst.

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Wenn der Mensch Ausgangspunkt und Ziel aller Entwicklung ist, so verlangt dies eine Entwick-lung von unten. Genau dies besagt das Prinzip der Subsidiarität, das den Einzelnen und untergeordnete gesellschaftliche Ebenen (Familie, Kommune, zivilgesellschaftliche Akteure usw.) vor der Allmacht des Staates und bürokratischem Zentralismus schützt. Umgekehrt verlangt dieses Prinzip aber auch ein Handeln der übergeordneten Ebene, wo es deren Hilfe bedarf. Dies gilt auch für die Gestaltung der globalen Gesellschaft. Daher ist zunächst immer die Solidarität unter den Betroffenen selbst gefragt, d. h. ihre Eigeninitiative und Zusammenarbeit zur Überwindung ihrer Benachteiligung. Ebenso wichtig sind politische Maßnahmen, die solche individuellen und gemeinschaftlichen Initiativen von unten ermöglichen, unterstützen und ergänzen. So sehr es nämlich auf die Menschen selbst ankommt, ohne förderliche Rahmen-bedingungen (z. B. Rechtssicherheit) sind ihre Eigenanstrengungen meist zum Scheitern verurteilt oder nicht von Dauer. Im Bedarfsfall, wenn die Solidarität unter den Betroffenen nicht ausreicht, muss die Solidarität der Bessergestellten und Privilegierten mit und für diese Benachteiligten hinzukommen, d.h. von Einzelnen und kleinen Gruppen bis hin zur (Welt-)Gesellschaft. In einer pluralen Welt bewegt sich jede ethische Reflexion im Spannungsfeld von Universalität und Partikularität. Das Dilemma besteht darin, dass eine partikulare Begründung einerseits zwar konkret, in die jeweiligen kulturellen Kontexte eingebunden und damit für die dort lebenden Menschen gut nachvollziehbar ist, andererseits aber für Menschen anderer Kulturkreise unverständlich und insofern nur bedingt Grundlage für so etwas wie ein Weltethos sein kann. Diese Spannung, die sich infolge der Globalisierung noch verschärft, lässt sich nur durch einen möglichst breiten interkulturellen Dialog verringern und im Idealfall vielleicht sogar überwinden. Ein solcher Dialog kann nur gelingen, wenn ihn alle Teilnehmer als einen fairen und auf Verständigung zielenden Austausch wahrnehmen, der auf Bevormundung und Manipulation verzichtet. Ethische Argumente zielen nämlich immer auf die begründete Zu-stimmung aller, die von dem zu beurteilenden Handeln betroffen sind.

Die Teilnehmer an diesem interkulturellen Dialog können auf verschiedenen Wegen versuchen, universale Normen zu finden. Eine Brücke zwischen den verschiedenen ethischen Traditionen lässt sich wahrscheinlich am leichtesten dadurch schlagen, dass man von gemeinsamen mensch-lichen Leiderfahrungen wie etwa Hunger, Armut, Ungerechtigkeit oder Diskriminierung ausgeht. In solchen Erfahrungen gründen nämlich alle partikularen Moralvorstellungen. Im Hinblick auf diese Erfahrungen erschließen sich die Dialogpartner dann gegenseitig ihre kulturellen Deutungen und ihre darin wurzelnden Werte und Normen. Sie werden dabei Gemeinsamkeiten wie Unterschiede entdecken. Aus dem gemeinsamen Verständnis menschlicher Würde, das so entsteht, versuchen sie zumindest einige ethische Grundkriterien zu gewinnen, die einerseits einen universalen Anspruch erheben, andererseits aber in einer Vielfalt von Kulturen ihre spezifische Ausprägung finden. Ziel solcher Bemühungen ist eine Ethik, in der Einheit und Differenz miteinander verwoben sind. Diese beinhaltet zum einen gemeinsame Normen, deren Deutungen und Begründungen in den verschiedenen Kulturen nicht völlig deckungsgleich sein müssen. Zum anderen belässt sie jeder Kultur den Freiraum für kontextuell verwurzelte ethische und moralische Überzeugungen, sofern diese nicht im Widerspruch zu den universalen Normen stehen.

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M 9 Bildbetrachtung (Quelle: http://kompass.humanrights.ch/cms/upload/bilder/358.jpg)

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Geiz ist gottlos. – Materialhinweis

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