9
Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie Band 294 Miirz 1958 Heft 1-2, S. I-ii? Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsauren. 1111) Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate Von E. STEGER und A. SIMON Nit 2 Abbiltlungen Inhalt siibersicht Die bei Ale(P40J3 und (S-H4)4P4012 rontgcnographisch erniittc*ltrn verschicdcnen Strukturen des Anions werden durch RAMAN-hfuahmm an den Kristallpulvern bestatigt Die schlechte Streufahigkeit des Salzps legt innmgittrrartige Bindungsvcrhattnissc nahe. Die beiden Modifikationen dcs Na,PiO,, . 4 H20 untcrscht>iden sicli spektroskopisch durch dic Lage der totalsymiuetrischrn 1'0-Valcnzschwirignng und folglich in der Art der Wasserbindnng. Fur die sonstigen thcrniisch darstellbaren Tctramctapliosphate (Cu,P,O,, und Gruppe des &fg,P,O,,) werdcn Strukturvorschlage auf Grund voii Zahl uiid Starkc der beobachtetcn PO-Valcnzschwingungeii bcschricbni. Dcninach zcigt der Tetranieta- phosphatring einc 1 on Salz zii Salz rariicrrndc Stroktur. Vorboinerkungen In dcr vorangehenden Veroffentlichung dicser Reihcl) ist uber die Struktur des Tetrametaphosphations in 1,iisung berichtet worden. Als wichtig wurde dio Frage nach dcr Struktur des Tctrametaphos- phations angesehen, weil ihre Beantwortung mit FIilfe von Rontgen- untersuchungen fur 3 kristallisierte Salze (Ns-, NH,- iind Al-Sslz) ver- schiederi ausgefallen war, uiid so fur clas freie Anion in 12jsimg vollige Unklarheit herrschte. Das crste rontgcnograpliisch iiaher untersuchtc 3Ictaphosphat war clas Aluminium- tctranietaphosphat 2) 3), das durch kubische Syminctric ausgczeiclinrt ist. Fur das Anion hatte sich dabci cin Ring init drr Eigensymnictrie S, crgeben. ANDRESS, GEHRINQ und 1) E. STEGER u. A. SIMON, Z. anorg. allg. Chom. 291, 76 (1957). 2) 1,. PAULINC u. J. SHERMAK, %. Kristallogr., hlincralog. Pctrogr., Abt. A 06, 481 3) S. B. HENDRICKS u. R. W. G. WYKOFE', Amcr. J. Sci. 13, 491 (1927). (1937). X. anorg. allg. Wimie. Bd. 291. 1 a

Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie Band 294 Miirz 1958 Heft 1-2, S. I - i i?

Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsauren. 1111)

Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

Von E. STEGER und A. SIMON

Nit 2 Abbiltlungen

Inhalt siibersicht Die bei Ale(P40J3 und (S-H4)4P4012 rontgcnographisch erniittc*ltrn verschicdcnen

Strukturen des Anions werden durch RAMAN-hfuahmm an den Kristallpulvern bestatigt Die schlechte Streufahigkeit des Salzps legt innmgittrrartige Bindungsvcrhattnissc nahe. Die beiden Modifikationen dcs Na,PiO,, . 4 H20 untcrscht>iden sicli spektroskopisch durch dic Lage der totalsymiuetrischrn 1'0-Valcnzschwirignng und folglich in der Art der Wasserbindnng. Fur die sonstigen thcrniisch darstellbaren Tctramctapliosphate (Cu,P,O,, und Gruppe des &fg,P,O,,) werdcn Strukturvorschlage auf Grund voii Zahl uiid Starkc der beobachtetcn PO-Valcnzschwingungeii bcschricbni. Dcninach zcigt der Tetranieta- phosphatring einc 1 on Salz zii Salz rariicrrndc Stroktur.

Vorboinerkungen In dcr vorangehenden Veroffentlichung dicser Reihcl) ist uber

die Struktur des Tetrametaphosphations in 1,iisung berichtet worden. Als wichtig wurde dio Frage nach dcr Struktur des Tctrametaphos- phations angesehen, weil ihre Beantwortung mit FIilfe von Rontgen- untersuchungen fur 3 kristallisierte Salze (Ns-, NH,- iind Al-Sslz) ver- schiederi ausgefallen war, uiid so fur clas freie Anion in 12jsimg vollige Unklarheit herrschte.

Das crste rontgcnograpliisch iiaher untersuchtc 3Ictaphosphat war clas Aluminium- tctranietaphosphat 2 ) 3), das durch kubische Syminctric ausgczeiclinrt ist. Fur das Anion hatte sich dabci cin Ring init drr Eigensymnictrie S, crgeben. ANDRESS, GEHRINQ und

1) E. STEGER u. A. SIMON, Z. anorg. allg. Chom. 291, 76 (1957). 2 ) 1,. PAULINC u. J. SHERMAK, %. Kristallogr., hlincralog. Pctrogr., Abt . A 06, 481

3) S. B. HENDRICKS u. R. W. G. WYKOFE', Amcr. J . Sci. 13, 491 (1927). (1937).

X. anorg. allg. Wimie. Bd. 291. 1 a

Page 2: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

2 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 294. 1958

FISCHER~) hahrii das Salz KarP,O,, . 4 IS?O untcrsucht. DarJ diescs in 2 bIodifilrationen auftritt5), ist erst spater entdeckt worden. Aus Clem Charakter der Punlitlagen in dcr ge- fundeiien Rauingruppe wurde gefolgert, daB das tetramere Anion ein Syminetriezcntrum hahrn niufi. Es wird ihrn die Symmetrie C, zugeschriebcn. Dainit ist gezeigt, daB die yon PALLIXG uiid SHERMAN fur Al4(P4O,.J3 festgestellte Struktur hier nicht vorliegcn kann. Es \ \ i d clazu auf den Uiiterschied zw-isehcn stark iind schwach cleformiwenden Kationrn liiiigcir icseii.

ROYERS, BETELAAR und MACGILLAVRI-~) bestinimtcn die Struhtur von (~&)iP40,2. Die durch P A T T E R S O N - L ~ ~ ~ ~ Y S C gefundencn Atomkoordinatcn wurden durch FOLRIER-SptheSen naeh allen 3 Raumrichtungen auf einc Gmauiglicit VOII

- - 0,002 otlrr -5 0,004 A verbesscrt. Dazu wurden die Intensitaten von fast 500 Re- flexen \-;rrwcndct und slle Rechnungcn durcli Fchlersch&tzungen kontrollicrt. Das Ainion hat die Symmetric CZb. Diese letzterc Struktur hat auch das frcie Anion in Lbsungl), und zur Stutzung dicser Ansicht war cs wunschenswert naclizuprufen, ob die Losungsspchtren auch niit dem Spelrtrum dts festen (KK,),P,O,, uliereinstimnien.

Wunschenswcrt schicn auch die Beurteilung der so verschiedenen riintgenographischen Strukturaussagen vom Standpunkt der Spck- troskopie. Man war bisher geneigt, auch groBeren zusammengesetzten Anionen eine feste Gleichgewichtsform zuzuschreihcn. Selbst fur die Struktur unendlicher Kettenmolekel in Kristallen waren immer wieder einfache Zickzacli-Ketten oder die Bhnliche ,,Diopsid-Kettc" gefunden worden, und erst in der Zeit der vorliegenden Untersuchungen wurden auf diesem Gebiet inannigfaltigere Strukturmoglichkeiten bekannt7) 8).

Die Deutung von Kristallspektren setzt die Kenntnis der kristallo- graphischen Gegebenheitcn (Raumgruppc und Atomlagen) voraus, weil die Auswahlregeln sich aus dem Zusammenwirken von Kristall- und Molekulsymmetrie ergcben. DeshaIb wurden zunachst RAnfAN-Auf- nahmen der 3 riintgenographisch untersuchten Salze angestrebt. Die thermisch darsteIIbaren SaIze des Cu und des Mg wurden einbezogen, weil gepruft werden sollte, inwieweit ohne kristallographische Grundlagen Folgerungen &us den Spektren kristallisierter Substanzen gczogen werden konncn.

Darstellung und analytischc Kcnnzeichnung der Priiparate Die Darstellung von NH,- und Na-Tetrametaphosphat ist in 1 ) beschrieben. Beim

letztercn war die Gewinnung definierter Hydrate wesentlich. Reim Fallen der Losungen

4 ) K. R. ANDRESS, W. GEHRING u. K. FISCHER, Z. anorg. Chem. 2G0, 331 (1947). 5 ) R,. N. BELL, I,. F. AUDRIETH u. 0. F. HILL, Ind. Engng. Chem. 44, 568 (1952). 6 ) C. ROMERS, J. A. A. KETELAAR u. C. H. MACGILLAVRY, Acta crystallogr. [London]

7) K DORNBERGER-SCHIFF, F. LIBAC, E. THILO, Acta crystallogr. [Copenhagen J

8 ) F. L I E ~ A U , Acta crystallogr. [Copenhagcn] 9, 811 (1956); Z. physik. Chem. ?OG,

4, 114 (1931).

8, 752 (1955).

'7.3 (1956).

Page 3: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

13. STEGER u. A. SIMON, Die RAXAK-Spektrcn liristallisierter Tetrariietapliospliatc 3

mit Aceton oder Alkohol erhilt nian das 4-Hydrat, und zwar, wic wir an Hand von DEBYE- SCHERRER-Aufnahmen feststcllen konnten, ein Gemisch der beiden Modifiliationen. Bei tier Kristallisation erhblt inaii ineist Phascn, die ihr Existenzgebiet5) bci vie1 hoheren Teinperaturen besitzen. So wiirde die Hoehtcmpcraturform (Existenzbereich von 54 bis 100") gelegentlich bci 20' Raunitcniperatur erhalten und die Tieftemperaturform (stabil oberhalb 40") im Eisschranli bei 0" C. Darin liegt ein Vorteil. Versucht inan, die Hoch- temperaturforin durch Eindainpfen im Vakuurn h i 50' herzustellen, so bildcn sich bereits betraehtliche Mengen Pyrophosphat. Die erwahnten PrBparate erwieseii sich dem- gegciiuber auch nach den Analyscn uiid dcn DEBYE-SCHERRER-AUfilahmen als rein. (H,O wurde als Gluhverlust uiid Troc1;iiungsverlust bei 110" bcstinimt.) Die aus den D E B Y E - S C I I E R R E R - ~ U ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ C I ~ brrechnctcn h'etzcbenciiabstinde stimmeli bis auf Ab- wcichungen h i schwachcn Linic:n in i t tlcn voii HELL, AUDRIETH und H I L L ~ ) angcgebenen uhcrein.

Das von ANDRESS, G E I ~ I ~ I K ~ und FISCHER~) verijffentlichte Debgeogramin ist das cincr Zfischung von beidcn Modifilmtionen, wie man sic nacli niiseren R.ontgenaufnahmen inimcr bci der Fdlung ciner wBPJrigen Losung mit Alkohol erhalt.

Die Drel~lrristallaufiial~me~i sind anschcincnd init, besonders liergestcllten K r i s t ~ l l ~ i i gewonncn wordm uiid PS ist fur uiis iiicht zu cntschcidcn, an mclclier _l.Iodifilietion die Kristallstruktur bestimiiit wurdc. Auf Grund dcr Krist~allisatio~is~-crlialtnissc nchini.n wir an, (la13 es die Bochtciiipcraturforni war.

Uber die Cruppe der thcrinisch clarstellbarcn Tctrametap~osl)hatc ist nian durcli dic Arbeit von THILO und BORN informiertQ). Voii den Blctsllen der 1. Sebengruppr gibt nur dss Kupfcr diesen Kondensationsgrad. Von den Bwertigen AIetallcn sincl Mg, Ni, Co, Fc, Zn und A h zu seiner Bildung befaliigt. Diese stellen eiiie Gruppe isoinorphcr Verbindungen dar. Ca, Sr, Ba, Cd, Hg uiid Pb bildcn nur hochkondcnsierte Phosphate. Fur das Alui~iiniarntetrainctaphospliat war (lie Struktur roiitgeiiograp Iiiscli nachgewiesen worclena). Cr, FeIII uiid Bi bildcn ktxino Tetrametaphosphate.

Dio Darstcllung des Cu-Tetrainetapliosphates ist in 1) bcschricbcn, aul!crdein wurde das Al- und das Mg-Salz dargcstcllt.

Aluminium t e t rain e t a11 110s p ha t10) 11) : Aluniiniumoxyd wird niit ubcrschussigcr Phosphorsaure Iangcrt~ %it auf ctwa 400' C crhitzt. Es bilden sich oktaedrische Kri- stalle, zurii Teil init den Flaehen des Wurfels. Sic wurden ausgewaschrn und getrocknet. Die groBeren wurdcn mit einem Sieb von 0,1 inn1 Maschenweite abgetrennt und zur T"lABlAN-AUfnahme verwcndet. Das Salz ist unloslich selbst in konzcnt,riertcii Sluren.

;\rl agnesiuni t e t r am e t ap hosp h a t : Magnesiumoxyd wurde genau wie das Alu- ininiumoxyd behandelt. Es war moglich, von dcm ungesiebten Kristallpulrer ein aus- reichendes Spcktruni zu crhalten. Das Salz wird you HCI angcgrifffea und lost sich in konzentrierter Schwefclsiurc.

Spcktroskopischc Untersuchung Wir bedieliten uns der in Dresden besonders ausgestalteteii Xufnahnie-

technili fur feste Substaiizen12).

9) I. BORN, Angew. Chrm. B i , 408 (195:)). 10) P. HAUTERFECILLE u. J. NARGOTTET, C. It h c l ~ t l . E6anc( b Acad. Sci. 106, 137

( 1 88Q). 11) F. W'ARSCIIAUER, z. anorg. C h C J n . 36, 1 3 i (1903). lZ) A. SIMOX, H. KRIECSMAP;~, E. STEGER, %. phpili. Clic~m. ?K, 181 (1956).

1*

Page 4: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

4 Zeitschrjft fur anorganisclie und allgemeine Chernie. Band 294. 1958

Ein bc.sondtws Vcdialten zeigte das Co-Salz. Bei dieseni Snlz war cs rniiglicli, in t l ~ r ~EISS-HAMAN-I,altiPt' fiir l'liissigkeiten ein Spektrum von 2 ziemlich hraftiyen LinieIi / I I tdialtcn. Dar Pulvrr wurde daxu in einrm Kegelrijhrclien eingesetzt. \'on den anclererl Sa1xc.n war irntcbr dicwn J h h g u n g c n lceiu Spcktruin zu erziclen, und brim Mg- tlnti Al-

Salz wurclen so clcutliclic Spck- tritllinien srlbst mit der Frst-

a) korperapparatur niclit erhaltcn. Ursache fiir clas bcsondcrc

Vorhalten dcs Kupfcrsalzes ist b ) seine blaugrune Farbr. T)ir

Absorptionshurvc ist iiocli nicht bekannt. Fur das Krqifcr-

b) Erlg,Pa0,,. Apparatur nach 12) angcgebai (z.13. bci Kupfer- pcrchloratlosui~g~~). Maii kaiiii

iltbdiidlt vcwiutw, tlal.; liiw ('in nc.sonaii9-n~~a~-E:ffeI.t vorliegt. Dazu IiiuIjtc' fur di~s I~upf~.rtt~tl.aiiit~ta~~liosph;Lt dab Al~sor~~tioi isri iaxi~nu~~ dicht uiitcrhalb voii 4358 d liegeii . J)it&m~glichc iV(-ssunpru sollcii durchgcfdhrt werdcri. Wenil sicli die geaufkrtv Vcr- itiutuiig ti~stltigt, 50 wdrv drr I.:rfiilirunEsltcrcich diesrr Erscheinung in uberrasclicncler lVc%t* aucli cluf halzsrtige Stoffc aiisgcdehnt, init tlcrn iiitr. antcn Fall, dafl dcin Katioti dit . Absorption t l t ~ Prirnhr-Stralilung 11ric1 dein Anioii tlic, Eniissiori dcs Strruspektru~ii~ zufhllt. 12s ist idl(w1iiigs ouch vorstellbiw, dafi clas bcsondcre Yerhaltcn dt-s Kopfcrsalzrs iiur auf ciiier qutcvi Ihrclilassigkcit fur das gruiil~laue Strcrilicht untl cincr Al>borption dvs i i r r Sjw1,truril sttiiviid(w Pririi;irlichtc~s lwrulit.

Abh. 1. Kristallpulverspektrcn von a) Cu,P,O,,, ion wircl Absorption 1)f.i 4500

l5.i drn i i h i p i Suli~tniiic~ii gchtng 05 ckist init tler Iiiterferc~ilxfiltc~anordnuiig untl iiacli Eiiifuhruiig clrs zwcittbu Scliund.~rhlters iii tlrr Frstkdrpcrapparatur Spektroii zu t-r- z i th i , auf t l t * n t w d ic H auptlinitm t l w l'O-\'alciizschwiiigurigcn crkeniibar uiid aucli VCY-

iiirfibar hilid. Dit= Ihiutzuiig t1t.i 1<cy~lrolirchcn an Stclle dcr Kcgelkuvettcn fdlirtr daiin ~ i u c h I)(-i t l c i t i f(,iiil,l.ist~~llitit,ii h l ~ ~ n ~ ~ s i u i i r t t ~ t r ~ ~ i i ~ ~ t ~ i ~ ~ l i ~ ~ ~ i l ~ a t zuiii Erfolg.

Page 5: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

Tabelle 3 1 i A M A N - S p ek t r c‘11 t h e r ni i s c Ii d a r g es t el1 t c r T e t I’ ;I iii c t il p I t o b p 11 a t e

Tab. 1 bringt die a n den loslichen Salzcii geincsseiien Frequcnz- werte, Tab. 2 -die der thermisch <largestellten Tetrametaphosphate. Abb. 1 gibt zwei Beispicle fur die Qualitat der erzieltcn Spcktrcn.

Fur dss Spektruni des NI3,- Ions ist cs wichtig, die NH-Valcnz- -chwingungs-Frcqucrizcri von den Hg-Linien zu trennen, dic bci den -chr langen Belichtungszeiten sclbst (lurch dic Interferenzfiltcr hindurch- Lchen (vgl. Abb. 2) . Diesc Qucck- -ilbcrlinicn storen auch stark bei 1 lcn kristallwasscrhaltigcn Alkali- -alzcn, so dal3 Frequenzcii dcs Kii- -tallmassers nicht init Sichcrheit <rngegebcn wcrdcn konncn. Bcini Al,(P40& tretcn Glaslinien von der Wandung dcs cinfaehen Kcgclrohr- chcns stiirker als die Substanzlinicn <I uf .

Abb. 2 . N H -\‘aIcnzscliwirigungcli VOII

(NH,)jl’fO12 (I’lc~lativc~ Iiiteiisitat Ton Hg- trnd ~ A M A > u - L i n i f Y i Iwi clcr Intcrferenz- filt cra ppn r a t u r 12) mi t ciiicin Prim ar fil -

tcr lint1 2 Seliundarfiltern)

Deutuiig dcr Spektren a) Ergebnisse hinsichtlich der Symmetric des Anions

Das Ammoriiumsalz enthalt die Tetrametaphosphationen in ciner ilirer Eigensymmetrie gleichcn Umgebixngssymmctrie (site-symmetry). Die Auswahlregelii sind also dic gleichen, wie fur das Ion in wiiflriger

’ I ) Kiivettrrialas-Linifii

Page 6: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

6 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 294. 1938

Losung. Tatsachlich werden auch die gleichen PO-Valenzschwingungen gefunden. Ini Kristall sind die Werte etwas erniedrigt: 11-25 cm-1 gegen 1154 cin-l, 1227 cm-l gcgen 1246 cm-I. Bei der Gchsthbheren Frequcnz ist die Erniedrigung so grog, da13 die Koinzidcnz mit der NH- Deformationsschwingung aufgehoben ist. Die Liiiien A; = 1285 em-’ nnd 1384cm-l sind jetzt gctrennt. Das wird auch durch die groBerc 1,jnienschiirfc im festen Zustand ermoglicht.

Im Na,P,O,, - 4 II,O besteht fur das Anion die Umgcbungsspmetrie C1. Die Auswahlregclri dicser Punktgruppe lassen gegenuber C211 nur geringe Unterschiede im Polarisationszustand und vielleicht der Intensitdt erwarten. Bei den aufgefundcnen 3 PO-Valenzschwingungen (Y, PO. 7; PO, d’ as PO, vg1.l)) sind solelie Untcrschiedc nicht feststelllxx. Uberhaupt ware auch spektroskopisch nicht zu entscheiden, ob einc etwa uuf Grund von Depolarisatic,iisgradmessungen rielleicht feststellhare geringerc Symmetric als Cell auf cincr verandcrteii Forni des Anions odcr auf der geringercn T<ristallsyi-r?metrie bcruht.

Tin urngekehrten Fallc, wenn eiiic hijherc Synimetric als C2,1 ge- funden wird, mu13 cinc wirklichc Strulituranderung zugrunde liegen.

Das ist bciin Aluminiumtctraiiictaphosphat fcstzustellen. Wcnn bci dieser Verbindung die Spektrallinien auch schr schlecht zu erkenneii waren. so stcht doch fest, da13 cine auffallend grol3c Intensitat hier nicht in der Liriie der symmetrischen PO-Valenzschwingung konzentricrt ist ~

Im Gegenteil, antisymmetrische PO-Valcnzschwingungen lassen sich sogar noch besser ausmachen. (1314 u. 1260 cm-l.)

Damit l imn iiur eine Strulitur vorliegen, bei der 2 iniierhalh cler PO,-Gruppc antisymmetrische Val~nzschwingungcii zu den total- symmetrischcri der Moleliel gehorcn. Das la8t sich in Einlilang hringen mit den fur die Struktur S, geltenden Auswahlrcgcln. Nach den Tab. 2 uiid 3 in 1) findet man, da13 an symmetrischcn und antisyninietrischcn PO-Valenzschwingungen je 3 im Rmim-Effekt auftretcn lionnen, je cinc polarisiertc, eine teilpolarisiertc und cine depolarisierte (entartcte). Davon sind walirscheinlich die tcilpolarisierten nicht zur Beolxchtung gekommcn (Rasse U). ErfahrungsgemaB habcn polarisiertc und ent- artete Frequenzen groBc IntensitBten, das Spelitrum entspricht iiisofern den Erwartungen. Die weitgchend auf Strukturhypothcsen gcgriindete Roiitgenstru1iturbcstimmun;r wird also durch das RsJr-~N-SPektrLini des kristallisicrten Stoffes bestatigt.

b) Beobachtungen hinsichtlich intra- und intermoleliularcr Jiriifte

Fur das Aluininiumtetrametaphosphat muB auf Grund cler groljcn Schwierigkcit, iiberhaupt Rsnf~r;-Frequenzcn zu beobaclztm, betont

Page 7: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

J,:. STEGER u. A. SIMON, Die RAMAN-Spektren kristallisiertcr Tetramotaphosphate 7

werden, daB die Bindungsverhaltnisse sich schon denen eines Ionen- gitters annahern. So sind die .,Glaslinien" 1388 cm-l und 1229 cm-1 bedeutend deutlichcr als die Substanzlinien ; die PO-Bindungen bc- sitzen nur noch eine sehr geringe Streufahigkeit. Bei so starkem po- laren Bindungsanteil gelangt man nicht nur an die Grenze fur die An- wendbarkeit der von uns beschriebenen Festkorperapparatur, sondern wohl an die des RA&m-Effektes uberhaupt. Als stark polarisierend er- weist sich auch das Mg2+, auch hier mu13ten die Belichtungszeitcn soweit gesteigert werden, da13 schon Glaslinien erscheinen. DaB fur die Frequenzhohe und damit fur den Bindungsgrad der mehr oder weniger polare Bindungscharakter wenig bedeutet, steht fest 15). Er wirkt sich also nur in der Intensitatsabnahme des RAMAN-Spektrums aus.

Infolge der starkeren zwischenmolekularen Kriifte beobachtet man im festen Zustand gewohnlich eine Frequenzerhohung um etwa 20 cm-1 gegeniiber der Losung, weil die zusatzlichen Felder der Nachbarionen eine hinzugefugte Zwangskraft im Sinne des Satzes von RAYLEIGH darstellen. Frequenzerniedrigung beruht au€ Erhohung von resul- tierender Masse durch zusatzliche Kopplungen, gewohnlich durch Wasser- stoffbriicken, die sich auch im festen Zustand starker auswirken. Auf eine Erniedrigung beim festen (NH4),P4O1, wurde schon hingewiesen. Aber schon in Losung wird beim Vergleich der Alkalisalze mit dem Ammonium- salz eine gewisse Frequenzerniedrigung beim letzteren beobachtet. Merkwurdigerweise ergreift sie auch in hohem MaBe die Ringfrequenzen (F65 cm-I verschiebt sich nach 656 cm-l). Bei dem festen Salz ist sie verstarkt, und wahrend im Ammonsalz die Frequenzen um mindestens 10 cm-I absinken, steigen sie im K4P401, - 2 H,O und im Na,P,01,.4H,0 ganz normal uni einige cm-l an. (Beim K4P,01, - 2 H,O wurde nur eine Frequenz beobachtet: A; = 1140 cm-l.)

Das Spektrum des NH,-Ions (von 1384 bis 3171 cm-I) zeigt Ver- schiebungseffekte, die auf nicht sonderlich starke Wasserstoffbrucken- bindungen hinweisen.

Eine besondere Erscheinung ist der betrachtliche Lageunterschied der totalsymmetrischen PO-Valenzschwingung zwischen der Hoch- und der Tieftemperaturform des Na4P,01, - 4 H,O. Er ermoglicht eine sichere Unterscheidung der beiden Modifikationen. Eine stark unterschicdliche Anordnung der Struktureinheiten in der Elementarzelle ist also anzu- nehmen, etwa so, daB bei der Hochtemperaturform die PO,-Gruppen starker unter dem EinfluB der Na+-Ionen, bei der Tieftemperaturform mehr unter dem der Wasserstoffbriicken stchen.

15) J. GOUBEAU, Angew. Chem. 69, 7 7 (1957).

Page 8: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chcmie. Band 294. 1958

n n n m i n n n n

r ) Voraussagrn fur die Struktur der u brigen Tetramotaptiosphate

Fur die Struktur des Cu- und des Mg-Sakes ist an rontgenliristallo- graphischen Voraussetzungen nur be- kannt, daB beide verschieden, dem Xg-Salz aber die Tetrametaphosphate der iibrigen 2wertigen Ionen isomorph sind.

Die allgemeinc Diskussion erfor- dert hier die Berucksichtigung dei weiteren Strukturmoglichkeiten, die fur das freie Anion in Losung ausge- schlossen wordcn waren, weil sie un- symmetrische Deformationen der dae Anion konstituierenden PO,-Tet raedei roraussetzen. Solche Strukturen lionncii im Kristallgittcr aber vor- liegen, beziehentlich kann durch ent- sprecheiide Umgebungssy mmctrie pine solchc St,ruktur fur das Anion vor- getiiuscht werden. Die Punktgruppen. die zusiitzlich beriicksichtigt werden miissen, sind D,, C41i, C,, D21,, D, und C,. ?TTeil das Anion verschiedene Gruppen von 2zahligen Drehachsen haben kaiin (solche durch die P-Atome und solche durch die 0-Atome des Ringes und cine weitere zweizahlige Achse senkrecht zur Ringebene) sind in D, und D2,i zwei verschiedene und jn C, drei Strukturen denkbar. Die letzteren sind spcktroskopisch nicht unterschcidbar, weil es fur C, keine Verbotc gibt. Tabellen fur die Aus- wahlregeln dieser (etwas unwahr- scheinlichen) Punktgruppen sind ent- behrlich. Die Rassen der D-Gruppen entstehen aus deneii der D,-Gruppen durch Streichung der Indizes g und h an den Symbolen und die der

Page 9: Spektroskopische Untersuchungen an kondensierten Phosphaten und Phosphorsäuren. III. Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrametaphosphate

E. STEGER u. A. SIMON, Die RAMAN-Spektren kristallisierter Tetrainetaphosphate 9

C-Gruppen durch Streichung der Indizes 1 und 2 bei den Rassen der C,-Gruppen. Die Rassenzugehorigkeit der einzelnen PO-Valenz- schwingungen ist in Tab. 3 angegeben. Verbotene Rassen sind ein- geklammert, totalsymmetrische sind unterstrichen. Beim Kupfer- salz sind die beiden weitaus starksten Frequenzen des Spektrums eine symmetrische und eine antisymmetrische Valenzschwingung. Es ist also wohl eine Struktur anzunehmen, die derartige Schwingungen als totalsymmetrische erwarten laBt. Das Magnesiumsalz dagegen zeigt nur eine Frequenz mit entsprechend grol3er Intensitat. Die Tab. 3 weist aus, daB allein nach diesen Merkmalen die Zuordnung zu einer bestimmten Struktur nicht moglich ist. Es scheint aber die An- nahme berechtigt, dal3 die Salze des Magnesium und Kupfers groBere strukturelle Ahnlichkeit mit dem Aluminiumsalz haben als mit den kristallwasserhaltigen Alkalisalzen. Bei dem ersteren wird das Anion den Koordinationsbedurfnissen des mehrfach geladenen, kleinen Kations entsprechend gegenuber seiner in der w8Brigen Losung festgestellten entspannten Form stark deformiert. Die starke valenzmal3ige Be- anspruchung von allen Seiten erlegt dem Anion hohere Symmetrie auf. Mit dieser Betrachtung wird man fur die Struktur der Tetra- metaphosphationen im Kupfer- und Magnesiumsalz auf die unterein- ander und rnit S, unmittelbar verwandten Strukturen Vd 1 und v, 11 gefuhrt. Die beiden starken Frequenzen des Kupfersalzes und das Auf- treten nur einer beim Magnesiumsalz werden durch diese beiden Strukturen erklart.

Demnach scheint es bei den Tetrametaphosphaten auch hinsichtlich der Struktur des Anions hauptsachlich 2 Gruppen zu geben: Die ther- misch darstellbaren Tetrametaphosphate enthalten das ringformige Gebilde in einer mehrfach geknickten, 4zahlig-symmetrischen Form. Bei den aus Losung gewonnenen und meist kristallwasserhaltigen Salzen weicht sie weniger von der Gestalt des freien Anions ab. Wenn diese Schliisse etwas allgemein sind, so liegt das an der Unmoglichkeit, im Falle gerade dieser Stoffklasse vollstandige RAMAN-Spektren zu er- halten. Aber selbst dann noch ist mit Hilfe der Spektroskopie eine Sicherung und Verallgemeinerung rontgenographischer Ergebnisse moglich.

Dresden, Institut fur anorganische und anorganisch-techn. Chemie der Technischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. Juli 1957.

Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 284. l b